Kapff, Sixtus Carl von - Am Pfingstmontag

Kapff, Sixtus Carl von - Am Pfingstmontag

Text: Apostelgesch. 10,42-48.
Und Er hat uns geboten zu predigen dem Volk, und zu zeugen, dass Er ist verordnet von GOtt ein Richter der Lebendigen und der Toten. Von diesem zeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen Alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfahen sollen. Da Petrus noch diese Worte redete, fiel der heilige Geist auf Alle, die dem Wort zuhörten. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, die mit Petro gekommen waren, entsetzten sich, dass auch auf die Heiden die Gabe des heiligen Geistes ausgegossen ward. Denn sie hörten, dass sie mit Zungen redeten, und GOtt hoch priesen. Da antwortete Petrus: Mag auch Jemand das Wasser wehren, dass diese nicht getauft werden, die den heiligen Geist empfangen haben, gleichwie auch wir? Und befahl sie zu taufen in dem Namen des HErrn.

Gestern feierten wir die wunderbare Ausgießung des heiligen Geistes über die nächsten Freunde JEsu, heute sehen wir gar Heiden als Genossen dieser Gabe aller Gaben. Unser Text erzählt die Ausgießung des heiligen Geistes über Cornelius und sein ganzes Haus. Diese Leute waren vorher Heiden, denn Cornelius war ein römischer Hauptmann und zu seinem Hause gehörten außer seiner Familie auch römische Sklaven und Sklavinnen und eine Anzahl römischer Soldaten. Cornelius hatte durch seinen Aufenthalt unter den Juden den wahren GOtt kennen gelernt und es mit der reinen Religion ernstlicher genommen, als die Juden selbst, so dass ihm im Anfang unseres Textkapitels das Zeugnis gegeben wird, dass er gottselig und gottesfürchtig war samt seinem ganzen Hause, und gab dem Volk viele Almosen und betete immer zu GOtt. Deswegen schickte der HErr durch ein besonderes Gesicht den Petrus zu ihm, und als der Apostel kam, war die ganze Familie und Dienerschaft des Hauptmanns versammelt und hörte mit Begierde der Predigt Petri zu, in welcher Christus gepriesen wurde als der Gekreuzigte und Auferstandene, als der Richter und HErr über Alles und als das Heil der Welt, in dem Alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden erlangen sollen. Während er noch also sprach, fiel der heilige Geist auf die ganze Versammlung und sie fingen an, mit fremden Sprachen zu reden.

Das waren die Erstlinge aus der Heidenwelt, denen der heilige Geist zu Teil wurde. Ihr Beispiel ist für uns höchst ermunternd, ja beschämend. Wenn Heiden ein solches Geistesverlangen hatten, dass der HErr sie fähig und würdig fand, ihnen seinen Geist so reichlich mitzuteilen, was sind das für Christen, die Alles wissen, was zum Seligwerden gehört, und doch so ungeistlich gesinnt sind, dass der heilige Geist sie bloß strafen und ermahnen, aber nicht trösten und bewohnen kann! Und je herrlichere Wirkungen wir gestern von dem Geiste rühmen durften, desto mehr muss uns Alle die Frage beschäftigen: „Hast du den heiligen Geist? oder stehst du noch weit zurück hinter den Leuten des Cornelius, und sollen sie vielleicht gar einmal in der Ewigkeit wider dich zeugen, da sie mit wenigen Mitteln so viel mehr erreichten, als du mit so reichem Schatz von Heilsmitteln?“ Es sollte doch billig Niemand Pfingsten feiern, ohne auch einige Gewissheit der Gemeinschaft des heiligen Geistes in sich zu finden, oder wenn Eins das nicht findet, sollte doch das zum ernstlichsten Bemühen um den Geist sich getrieben fühlen. Daher wollen wir uns die Frage vorlegen:

Hast du den heiligen Geist?

Darüber können wir urteilen nach den drei Hauptfragen: Lässt du durch den Geist und das Wort GOttes dich

  1. richten,
  2. trösten,
  3. heiligen?

HErr JEsu! gib Du uns doch das rechte Licht über diese wichtige Frage, von der unser ganzes Heil abhängt. Ach, wenn wir deinen Geist nicht haben, so sind wir die elendesten Menschen. O, gib uns erleuchtete Augen, dass wir uns selbst recht erkennen, und nicht ruhen, bis dein Geist selbst uns Zeugnis gibt, dass wir GOttes Kinder sind. Amen.

I.

Hast du den heiligen Geist? - das ist die wichtige Frage, über die heute Jedes von uns ins Reine kommen sollte. Zuerst müssen wir uns da fragen: lässt du durch den Geist und durch das Wort GOttes dich richten? Zu dieser Frage veranlasst uns gleich im Anfang unseres Textes die Rede des Petrus, der als einen Hauptinhalt der apostolischen Predigt das nennt, sie müsse zeugen, dass JEsus ist verordnet von GOtt ein Richter der Lebendigen und der Toten. Das soll nach Christi Befehl allem Volk gepredigt werden. Das Richteramt Christi hängt zusammen mit der ganzen Lehre von GOttes Gerechtigkeit, vom Gesetz, vom Verderben der Sünde, vom Elend aller derer, die ohne Vergebung der Sünde vor den Richterstuhl GOttes gestellt werden. Dadurch werden wir aufs Ernstlichste gewarnt vor aller fleischlichen Sicherheit, vor aller Zufriedenheit mit uns selbst und vor dem Sinn, der keiner Bekehrung und Erneuerung zu bedürfen glaubt.

Wenn GOtt freilich so wäre, wie unsere Zeit sich Ihn denkt, und wie alle leichtsinnigen Menschen Ihn denken, ein gutmütiger, schwacher Eli, der alle Fehler, wenn sie nur nicht gar zu grob sind, hingehenlasse; wenn JEsus bloß ein Sündenbüßer wäre, der Alles vergibt, wir mögen sein und bleiben wie wir wollen, dann wäre freilich die Bekehrung unnötig, dann hätte GOtt die Sendung seines Geistes unterlassen können und wir brauchten kein Pfingstfest zu feiern. Nun aber ist Christus verordnet von GOtt als Richter der Lebendigen und der Toten, und vor seinem Richterstuhl müssen wir Alle einst offenbar werden, auf dass ein Jeglicher empfahe, nachdem er gehandelt hat bei Leibesleben, es sei gut oder böse. Alles Gericht hat der Vater dem Sohne gegeben, und wenn Er sitzen wird auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, so werden vor Ihm alle Völker versammelt werden, und Alle, die zu jener Zeit leben, so wie Alle, die in allen Zeiten gestorben und noch nicht zur ersten Auferstehung gelangt sind, alle solche, Groß und Klein, werden stehen vor seinem Richterstuhle. Dabei wird seine Majestät so gewaltig sein, dass Himmel und Erde vor seinem Angesicht fliehen werden. Wenn Er dann die Völker zur Rechten und Linken scheidet, wie ein Hirte die Schafe und Böcke scheidet, da wird Er einem Jeglichen vergelten nach seinen Werken. Denn die Bücher werden aufgetan und nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken, werden die Seelen gerichtet. Da wird Er zu Manchen, die sich hier zu den Frommen zählten und: HErr! HErr! sagten und viele Taten im Namen JEsu getan zu haben glauben, zu denen wird Er sagen: „Ich habe euch noch nie erkannt, weichet Alle von mir, ihr Übeltäter!“ Ja Mancher, der hier viel gilt, wird da gewogen und zu leicht befunden werden.

Nun fragt es sich: sind dir diese Wahrheiten des Wortes GOttes auch schon zu Herzen gegangen? und stehst du im Glauben auch an diese ernsten Aussprüche des Wortes GOttes, oder nimmst du aus der Bibel bloß das heraus, was tröstlich und erfreulich lautet, lässt aber das liegen, was dir den heiligen Ernst GOttes wider deine Sünde verkündigt und deinen Wandel straft? Wer die ernsteren Worte GOttes nicht hören mag, wer die Strafe wider die Sünde nicht auf sich bezieht, wer seine Sünde entschuldigt und sich selbst rechtfertigt, der hat gewiss den heiligen Geist noch nicht. Denn das Hauptgeschäft des Geistes ist, dass Er die Welt straft um die Sünde und um die Gerechtigkeit und um das Gericht. Daher haben auch die Apostel in ihren Ermahnungen und Predigten dem Volk ihre Sünden vorgehalten und bei Allen, die durch wahre Bekehrung zur Kindschaft GOttes gekommen sind, ist es vorher durch die Tiefe der Buße gegangen, da sie schmerzlich betrübt wurden über ihre Sünden, und des Gerichtes und der Verdammnis sich schuldig geben mussten.

Da muss nun ein Jedes sich prüfen: wie weit lässt du den Geist an dir wirken, dich strafen und richten, so dass er dir alle deine Sünden, auch die geheimen Lieblingsneigungen und Schoßsünden aufdecken und dich über so vielen Unlauterkeiten, Versäumnissen und Untreuen beschämt und bekümmert machen kann? Ach, wenn Seelen hier sind, bei denen es der Geist noch nicht einmal zu Bußtränen gebracht hat, solche bitte ich, dass sie doch mit tiefer Beschämung die Heiden in unserem Texte ansehen, die mit inniger Heilsbegierde hörten, was ihnen Petrus sagte.

Bei manchen Seelen machen die ernstlichsten Worte keinen Eindruck mehr. Sie hören die Strafworte GOttes, sie hören, was der Geist in stilleren Augenblicken ihnen zur Strafe und Ermahnung sagt: aber sie sind's gewohnt und bleiben ohne Rührung, die Natur will ihre Rechte behaupten und weder die Sünde noch sich selbst aufgeben. O Geliebte! lasst uns nicht vergessen, dass wir nur so viel den heiligen Geist haben, als er sein Strafamt an uns frei üben darf. Und das gilt fortwährend auch für unseren ganzen Gnadenstand. Wenn eine Seele je die Gnade GOttes auf Mutwillen zieht und es mit der Sünde nicht mehr ernstlich nimmt, so ist das ein Beweis, dass der Geist nicht mehr sein Werk hat an ihr. Daher bittet ein Lied sich die Strafe des Geistes als besondere Gnade aus mit den Worten:

Ach, es strafe stets dein Geist, Was er Sündlich's an mir weißt,
Dass ich doch an diesem Werke Deinen Gnadenzug noch merke.

Oft sind Seelen sehr darüber angefochten, dass der Geist so viel an ihnen zu strafen hat, aber es ist besser, als wenn der Geist nicht strafte.

Besonders haben wir darauf zu merken, ob auch kleine Abweichungen, die in der Welt gar nicht als Sünde gelten, uns vom Geist aufgedeckt werden. Wenn die Sonne in ein Zimmer hineinstrahlt, so wird in solchem Strahl jedes Stäublein offenbar, das im gewöhnlichen Tageslicht gar nicht sichtbar war. So je mehr der Geist sein Licht in uns ausbreitet, desto mehr wird er uns auch das Geringste aufdecken und wir werden oft über einem ungeschickten Wort, über einem unlauteren Gedanken vom Geist so gestraft, dass wir nicht freudig beten können, ehe wir darüber Buße getan und Vergebung erlangt haben. Willst du demnach wissen, ob du den heiligen Geist hast, so prüfe dich, ob der Geist und das Wort Gottes dich über Alles straft, was irgend gegen GOttes Willen in dir aufsteigt.

Doch zum Strafen und Richten muss

II.

das Trösten hinzukommen; daher ist zur Entscheidung, ob wir den heiligen Geist haben, die zweite Frage die: kann das Wort und der Geist GOttes dich auch trösten? Als zweiten Hauptinhalt der Predigt von Christo nennt Petrus in unserem Texte das Zeugnis, das schon alle Propheten abgelegt haben, dass durch den Namen JEsu Alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfahen sollen. Ohne diesen Trost wäre die Lehre vom Ge-, richte JEsu etwas Schreckliches und alles Gericht des Geistes eine Pein. Daher sind alle die im gröbsten Irrtum, die nur bei dem Gerichtlichen, das im Wort GOttes liegt, stehen bleiben und dann vielleicht gar das Christentum beschuldigen, es sei eine harte Lehre, ein Amt, das die Verdammnis predige, wie Paulus den alten Bund nennt. Wer so das Christentum schwarz macht und das helle, himmlische Licht seiner tausend Freuden-, Trost- und Seligkeits-Verheißungen nicht sehen will, der trägt selbst die Schuld seiner Trostlosigkeit. Im heutigen Evangelio versichert der Heiland aufs Bestimmteste: „GOtt hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, dass Er die Welt richte, sondern dass die Welt durch Ihn selig werde.“ Nur ist keine Seligkeit möglich, so lange die Sünde nicht gerichtet und getilgt ist, wie man ein verbranntes Haus nicht wieder aufbauen kann, ehe der Schutt hinweggeräumt ist und wie ein Kranker nicht gesund werden kann, so lange der Sitz und die Ursache der Krankheit nicht gehoben ist.

Alles Gericht JEsu wider die Sünde ist lauter Liebe; denn wenn Er uns mit unserer Sünde in den Himmel selbst hineintäte, so wären wir selbst im Himmel unglücklich. Denn die Sünde beraubt uns GOttes, und wer GOtt nicht hat, der ist unselig, er sei in der Hölle, oder im Himmel. Deswegen richtet JEsus und es richtet sein Geist unsere Sünde, zuerst die groben und immer genauer auch die feinsten, weil GOtt uns Alles sein will, und weil jeder Teil unseres Herzens, in dem noch Sünde ist, nicht von GOtt eingenommen werden kann. Wenn aber eine Seele sich dem Gericht des Geistes unterwirft, sich schuldig gibt und in bußfertiger Zerknirschung um Gnade seufzt und fleht, o wie reich ergießen sich da bald auch die Tröstungen des Geistes! Wie weist da der Geist hin auf alle die vielen Worte GOttes, in denen ein unerschöpflicher Reichtum von Gnade und Vergebung und Verheißungen der freudenreichsten Zukunft enthalten sind! Da schließt der Geist einer heilsbegierigen Seele die Worte der Propheten und Apostel zu lauter Trost auf, wie sie vorher sie zu lauter Verdammnis hörte. Da ruft der Hohe und Erhabene wie vom Himmel herab in die Seele, die mit Tränen Ihn sucht, Er ruft: „der ich in der Höhe und im Heiligtum wohne und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen.“ Und spricht das Herz: „wie kann der Heilige wohnen bei den Unheiligen,“ so ruft der Geist als Wort des HErrn: „Ich vertilge deine Missetat, wie eine Wolke und deine Sünde wie den Nebel; kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich.“ Und spricht das Herz: „ach, meine Sünde ist zu groß, als dass sie mir vergeben werden könnte, „ so zeugt der Geist: „wenn eure Sünde gleich blutrot wäre, so soll sie doch schneeweiß werden und wenn sie wäre wie Scharlach, soll sie werden wie weiße Wolle.“

Solches zeugt der Geist durch den, der uns geliebt hat bis in den Tod und hat uns gewaschen von den Sünden mit seinem Blut, durch den daher nach unserem Text Alle, die an Ihn glauben, sollen empfangen die Vergebung der Sünden. O was sind das für Seligkeiten, wenn der Geist eine Seele unter das Kreuz JEsu hinstellt und ihr Alles, was da geschehen ist, so zueignet, als wäre es für sie allein geschehen, dass es ihr ist, als hörte sie aus JEsu eigenem Mund das Trost- und Friedenswort: „sei getrost, mein Sohn, meine Tochter, deine Sünden sind dir vergeben.“ Und wenn auch viele und große Sünden uns alles Recht auf GOttes Gnade absprechen, so ist Christi Leiden und Tod, Christi Auferstehung und Himmelfahrt so reich an Erlösungs- und Verherrlichungs-Kräften für die ganze Menschheit und für alle Sünden jedes einzelnen Lebens, dass selbst die tiefste Verzweiflung Trost und Friede daraus schöpfen kann, wenn der Geist es ihr gibt.

Nun fragt es sich: hat der Geist auch dir diesen Trost ins Herz geschrieben? Kannst du bei allem demütigenden Gefühl deiner Sünde und Fluchwürdigkeit es doch glauben, dass um des Sohnes GOttes willen, der am Kreuze auch für dich gestorben, alle deine Sünden dir vergeben werden, dass Christus auch dich rein gewaschen und erkauft hat mit seinem Blute und dass du als ein begnadigtes Kind GOttes dir die teuren Verheißungen zueignen dürfest, die der HErr den Gläubigen gegeben? Kannst du dich dessen getrösten, aber freilich nicht so getrosten, wie es Viele tun, die in der Sünde bleiben und ohne Zeugnis des Geistes in eigener Anmaßung sich Gnade zueignen? Der wahre Trost ist nur da, wo auch der Schmerz ist, der getröstet werden soll, und nur wer sich vom Geiste hat richten und strafen lassen, nur der kann auch gründlich von ihm getröstet werden. Daher sagt Luther, des Glaubens rechte Art sei die: sich als Teufelskind fühlen und als Gotteskind glauben. Neben tiefer Zerknirschung über die Sünde und mit heiligem Abscheu gegen sie doch sich des Reichtums der Gnade freuen und bei aller Unwürdigkeit doch eine Würdigkeit in Christo finden und um Christi willen sich aller Gnade getrösten - das ist das Werk des Geistes und wer solchen Trost auf solche Strafe in sich findet, der darf überzeugt sein, dass der Geist sein Wert in ihm habe.

So lange eine Seele bloß gestraft wird, aber nicht getröstet in Christo, so lange steht sie noch im Vorhof des Tempels; wer aber bloß sich trösten würde, ohne vorher die Strafe an sich kommen zu lassen, der wäre nicht einmal im Vorhof. Beides gehört zusammen: Trost ohne Strafe führte zum Leichtsinn, Strafe ohne Trost zur Verzweiflung. Daher hat Petrus in seiner Rede beides als Hauptpunkte der evangelischen Predigt neben einander gestellt: Christus der Richter aller Menschen, aber auch Christus die Vergebung der Sünden für alle Gläubigen.

Wenn denn eine Seele diese beiden Grunderfordernisse des geistlichen Lebens in sich finden und so glauben darf, dass der Geist in ihr lebe, so hat sie

III.

auch noch darauf zu sehen, ob der Geist und das Wort GOttes sie auch heiligen und täglich erneuern könne. Die Erstlinge, auf die der heilige Geist ausgegossen wurde, bekamen diese große Veränderung auffallend zu sehen, da sie auf Einmal in fremden, nie gelernten Sprachen reden konnten und sich in ihrem ganzen Wesen gehoben fühlten durch besonders helle Erkenntnis von Wahrheiten, wovon sie bisher Nichts gewusst hatten, durch außerordentliche Liebe zu GOtt, zu JEsu, zu den Brüdern und allen Menschen und durch ein Überwallen des Herzens von Loben und Danken gegen GOtt. - Das war bei den Seelen in unserem Text und bei den drei Tausenden, von denen wir gestern hörten, besonders aber bei den Aposteln der Fall.

So auffallend wie diese Erstlinge des Geistes können freilich wir die Zeichen der Geistesmitteilung nicht erwarten; was aber bei ihnen die fremden Sprachen waren, das ist bei uns die neue Sprache, die doch auch unser Geist reden lernt durch den heiligen Geist, die Sprache des Lobes statt des Murrens oder gar Fluchens, die Sprache der Liebe und Sanftmut statt des Schmähens und Zornes, die Sprache des offenen Bekenntnisses Christi vor der Welt, die Sprache in Versammlungen und sonstiger Unterredung über göttliche Dinge statt des Sprechens von eitel irdischen Sachen, die Sprache des Singens von geistlichen lieblichen Liedern, die Sprache des Gebets, das wie ein neu eröffneter Lebensquell aus dem Herzen emporsteigt zu GOtt. Das Alles sind Sprachen, die der Natur fremd sind und die der Welt oft an einem vorher rohen und leichtsinnigen Menschen so wunderbar vorkommen, als ob er arabisch oder russisch spräche.

Nun frage dich wiederum: hat der Geist auch dich diese der Natur fremden Sprachen gelehrt, diese Ausdrücke und Wirkungen eines GOtt geheiligten Herzens, das nicht bloß über die Sünde gestraft und dann in Christo getröstet ist, sondern das nun auch wirklich ein neues Leben anfängt und schöne Früchte des Geistes in seinem Wandel offenbart? Fühlst du dich auch zu solchem Lob GOttes gedrungen, wie die Erstlinge des Geistes GOtt hoch priesen nach unserem Texte? Ist auch unter Kreuz und Trübsal ein Lob GOttes in dir über so Vielem, was Er an dir tut und besonders in Christo getan hat, was ja unendlich mehr ist, als das höchste, irdische Glück? Und treibt dich solches Lob auch dazu, den Namen GOttes und deines Heilandes zu heiligen in allem deinem Wandel, dass du nicht aus Menschenfurcht Ihn verleugnest, sondern freudig bekennst vor den Menschen und auch gern eine Schmach auf dich nimmst um JEsu willen, wie die Apostel in Kraft des Geistes sich vom ganzen hohen Rat schelten und stäupen ließen und sich des nicht beschwerten, sondern fröhlich davon gingen, fröhlich, dass sie würdig gewesen waren, um des Namens JEsu willen Schmach zu leiden?

Und wie die ersten mit dem Geist getauften Ein Herz und Eine Seele waren, ist solche Liebe auch in dir und kann der Geist dich zu einem lebendigen Glied des heiligen Leibes JEsu machen? Oder stehst du mehr für dich allein, lässt durch allerhand Ärgernisse an Brüdern oder Schwestern dich erbittern, lässt durch Missgunst und Eifersucht und Selbstsucht und Eigenliebe, durch Empfindlichkeit und Unversöhnlichkeit dich in liebloses, liederisches Wesen verleiten und so deinen Wandel trüb und finster und dadurch traurig machen? Und kannst du auch wenigstens etwas von dem, was jene Erstlinge taten, die ihre Habe alle verkauften und Alles gemein hatten und mitteilten, wo einem von ihnen etwas Not tat? Und wie sie alle Versuchungen der Welt verleugneten und den Lüsten und Herrlichkeiten der Welt abstarben, kannst du auch so dein Fleisch kreuzigen samt seinen Lüsten und Begierden? Und wie sie ihr Leben nicht lieb hatten bis in den Tod, bist du auch so bereit, selbst das Liebste zu verleugnen, wenn es der HErr verlangt? Willst du deinem Eigenwillen sterben, das Kreuz Christo nachtragen und seinem Leiden ähnlich werden? Und ist seine Liebe ausgegossen in dein Herz, und ist diese Liebe der Trieb deines Lebens und Wirkens und stehst du in seinem Umgang, in seiner Gegenwart, im Warten auf Ihn, wie die Apostel täglich warteten auf seine Zukunft?

Nach solchen Fragen können wir beurteilen, was wir zu antworten haben auf die Frage: hast du den heiligen Geist? Der Geist will und soll Alles verklären. Nicht nach schönen Gefühlen und Rührungen, nicht nach bloßen Gedanken und auch nicht nach frommen Worten ist zu beurteilen, ob wir den Geist haben, die Hauptprobe ist der Wandel.

Doch soll dabei Niemand mutlos werden, wenn im Wandel noch so manche Blößen, Mängel, ja Sünden vorkommen. Der HErr will das zerstoßene Rohr nicht zerbrechen und das glimmende Docht nicht auslöschen. Das Leben des Geistes muss wachsen, wie das des Leibes. Ist nur der Anfang gemacht, so dürfen wir darin schon ein Unterpfand der Vollendung sehen, wenn nur wir redlich trachten, rechte Tempel des Geistes zu werden. Es ist schon viel, wenn eine Seele nur über sich weint und klagt, dass Alles in ihrem Leben unrein und sündig sei: aber noch viel mehr ist es, wenn solches Richten des Geistes sie zubereitet hat für den höchsten Trost der Vergebung in Christo JEsu; eine so begnadigte Seele ist schon ein Tempel GOttes, aber noch mehr ist sie es, wenn sie auch in ihrem Wandel neue Kräfte der Liebe zum Überwinden der Welt und zum Leben in GOtt und nach GOtt erfährt, wenn sie zu der bisherigen Lust sagen kann: ich mag dich nicht, und zum Kreuz: ich fürchte dich nicht; wenn sie tragen und dulden kann, was ihr bisher zu schwer war und wenn sie frei ist von dem, was bisher ihre Gedanken einnahm. Da ist der Geist selbst geschäftig, uns immer völliger zu machen, und in einem Stufengang von den ersten Anfängen seiner vorbereitenden Züge durch Strafen, Richten, Trösten und Beseligen hindurch zu führen bis zu dem Mannesalter Christi, in dem das Wort erfüllt ist: „Ich in ihnen und sie in mir. Ich will in ihnen wohnen und in ihnen wandeln und will ihr GOtt sein und sie sollen mein Volk sein.“ Solche Tempel des Geistes wollen wir werden nach dem Wort des Apostels: „Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“ Amen.

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