Johannes vom Kreuz - Achter Brief.

Ein Trostbrief in Trockenheit und Verlassenheit des Geistes.

Jesus sei in deiner Seele! Ihm sage ich Dank für die mir von Ihm verliehene Gnade, dass ich der Armen nicht vergesse, noch unter dem Schatten mich zur Ruhe niederlege, wie du sagst; es betrübt mich nicht wenig, wenn ich gedenke, ob du nicht vielleicht das so glaubst, wie du es sagst; denn ich würde gar zu undankbar sein, wenn ich, nach so vielen mir erwiesenen Wohltaten, gerade da ich solche am wenigsten verdiente, Deiner nun vergessen sollte. Denke doch, ob man das vergessen könne, was man in der Seele hat?

Meinst du, weil du in Finsternis und geistliche Leerheit gesetzt bist, du seist darum von allen verlassen? Doch ich wundere mich dessen gar nicht, da du sogar wähnst, du seist auch ohne Gott. Aber wahrlich, es fehlt dir nichts, es ist auch gar nicht nötig, dich mit jemand zu unterreden, du hast auch dergleichen nicht, wirst es auch nicht wissen noch finden, denn das ist alles nichts, als ein grundloser Wahn. Wer nichts will, als Gott, wandelt nie in der Finsternis, obgleich er sich arm und in Finsternis sieht, und wer keine besondere Ehre oder Geschmack sucht, weder in Gott, noch in den Geschöpfen, und weder in einem noch im anderen seinem Willen folgt, der leidet keinen Anstoß, und hat nicht nötig, mit andern sich zu unterreden.

Du wandelst wohl, meine Tochter, lass dich nur führen, und freue dich; denn wer bist du, dass du für dich sorgen wolltest? wahrlich, du würdest schön mit dir selbst umgehen! Niemals bist du in einem bessern Zustand gewesen, als eben jetzt, denn niemals bist du so gedemütigt, und so geschmeidig gewesen, nie noch hast du dich, und die weltlichen Dinge so gering geachtet; nie noch hast du dich so böse, und Gott so gut zu sein erkannt, als du jetzt Ihn und dich erkennst, nie Ihm noch so lauter und ohne Absicht auf eigenen Nutzen gedient, als jetzt, folgst nun nicht mehr den Gebrechen deines eigenen Willens und Selbstgesuches, wie du sonst pflegtest.

Was willst du denn? Welch einen Weg stellst du dir in diesem Leben vor? Was meinst du denn, dass Gott dienen heiße, als: abstehen vom Bösen, Gottes Gebote halten, und nach Vermögen Ihm dienen? Tun wir das, was fehlt dann noch? vielleicht die Einbildungen oder auch Erleuchtungen anderer, oder von da oder dorther geholten Tröstungen und Säfte? worin es größerenteils an Anstößen und Seelen-Gefahren nicht fehlt, die mit ihren Einbildungen und Begierden sich selbst täuschen und beunruhigen, und durch ihre eigenen Gemütskräfte in Irrtum verleitet werden. Darum ist es wohl eine große Gabe Gottes, wenn Er dieselbe verdunkelt, und die Seele so arm und trostlos macht, damit sie durch selbe nicht irren möge; und wenn man hierin nicht irrt, was wird denn sonst erfordert, als auf dem geraden Wege des Gesetzes Gottes und der Kirche wandeln in einem zwar dunklen, aber wahren Glauben, in gewisser Hoffnung und unverfälschter Liebe; und so erwarten die Güter unseres Vaterlandes, lebend hienieden als Fremdlinge, Pilger, Arme, Vertriebene, Waisen, Trostlose, Herumirrende, die hier nichts haben, dort aber alles erwarten.

So freue dich dann, und vertraue deinem Gott, der ganz gewiss dich führt; du sollst und mussst es tun, wo nicht, dann wäre es kein Wunder, dass Er deiner zürnte, wenn Er dich so unverständig und plump sähe, da Er auf einem dir so heilsamen Weg dich führt, und in einen so sicheren Stand gesetzt hat. So begehre denn nichts anders, als eben diese Weise, eben diesen Weg, und bequeme dich darein, dann wird es gut mit dir gehen.

Der Kommunion bediene dich nach deiner frommen Gewohnheit öfters, der Beichte aber dann, wenn du in einen wahren Fehler verfällst; doch es ist eben nicht nötig, viel darüber abzuhandeln; fühlst du etwas Besonderes, dann schreibe mir sogleich und öfters. Ich bin etwas krank gewesen, nun aber, Gott Lob, wieder gesund; der Bruder Johannes aber ist krank, bete zu Gott für ihn und für mich, meine Tochter in dem Herrn.

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