Hutter, Leonhard - Inbegriff ... - Zwölfter Artikel. - Von der Rechtfertigung des Sünders vor Gott.

Hutter, Leonhard - Inbegriff ... - Zwölfter Artikel. - Von der Rechtfertigung des Sünders vor Gott.

1. Was bezeichnet in diesem Artikel das Wort „Rechtfertigen“?

Es heißet nichts Anderes, als freisprechen von den Sünden und den ewigen Strafen der Sünden, oder gerecht erklären. In welchem Sinne dieses Wort hie und da in der heiligen Schrift genommen wird.

Sprüchw. 17,15. „Wer den Gottlosen gerecht spricht, und den Gerechten verdammet, die sind beide dem Herrn ein Greuel.“

Jes. 5,23. „Wehe denen, die den Gottlosen gerecht sprechen um Geschenke willen, und die Gerechtigkeit der Gerechten von ihnen nehmen.“ (S. 76)

Röm. 8,33. „Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht spricht,“ d. h. welcher von den Sünden losspricht. S. Conc. Form. Summ. Begr. Art. 2. S. 822. Erkl. Art. 3. S. 945.

2. Wie erklärest du die Rechtfertigung des Menschen vor Gott?

Die Rechtfertigung ist das Werk Gottes, durch welches er den Sünder, welcher an Christum glaubt, aus bloßer Gnade oder umsonst von den Sünden freispricht, demselben Vergebung der Sünden schenkt, und die Gerechtigkeit Christi ihm so zurechnet, dass er völlig versöhnt und, in die Kindschaft aufgenommen, von der Schuld und Strafe der Sünde befreit ist, und die ewige Seligkeit erlangt.

3. In wie viel Stücken nun wird unsere Rechtfertigung vor Gott vollbracht?

In zweien: von denen das eine ist das privative (wegnehmende). Gott nämlich nimmt das hinweg, was in uns ist, d. i. er vergibt die Sünden aus bloßer Gnade, ohne irgend eine Rücksicht auf unsere Werke. Das andere ist das positive (gebende), indem Gott das gibt, was nicht in uns ist, oder uns nicht anklebet: d. i. er rechnet uns zu die Gerechtigkeit des Gehorsams Christi. Diese beiden Stücke werden in der heil. Schrift Röm. 4 mit dem Einen Worte „Zurechnung“ ausgedrückt, weshalb unsere Gerechtigkeit auch die zugerechnete heißt.

4. Um dies deutlicher zu verstehen, möchte ich wissen, wie viele und welche Ursachen unserer Rechtfertigung du festsetzest?

Es gibt drei Ursachen unserer Rechtfertigung: 1) die Gnade Gottes; 2) das Verdienst Christi; 3) der Glaube, welcher diese Wohltaten Gottes in der Verheißung des Evangeliums ergreift. Conc. Form. Erkl. Art. 3. S.948.

5. Was verstehst du unter der Gnade Gottes?

Nicht einen eingegossenen Zustand der Liebe, wie die Katholischen träumen; sondern die freiwillige und wahrhaft väterliche Huld göttlicher Barmherzigkeit, und die unendliche Liebe Gottes, durch welche er, durchaus nicht von unserem Verdienst bewogen, sich unser zu erbarmen angetrieben worden ist, und beschlossen (S. 77) hat, wegen des alleinigen Verdienstes, oder Gehorsames seines Sohnes, wenn es im Glauben ergriffen ist, die Gläubigen zu Gnaden wieder anzunehmen, ihnen die Sünden zu vergeben, und endlich in Ewigkeit zu beseligen. Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 950 ff. u. S. 962 ff.

6. Erklärt denn auch die heilige Schrift die Gnade Gottes auf eben solche Weise in diesem Artikel?

Ja: Eph. 2,4-7: „Gott, der da reich ist von Barmherzigkeit, durch seine große Liebe, damit er uns geliebt hat, da wir tot waren in den Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht: auf dass er erzeigte in den zukünftigen Zeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade, durch seine Güte über uns.“

2 Timoth. 1,9. „Gott hat uns selig gemacht, nicht nach unsern Werken, sondern nach seiner Gnade, die uns gegeben ist in Christo Jesu vor der Zeit der Welt.“

Tit. 3,5. „Nach seiner Barmherzigkeit machte er uns selig.“

Röm. 3,24. „Und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade, durch die Erlösung, so durch Christum Jesum geschehen ist.“

7. Warum zählest du das Verdienst Christi unter die Ursachen unserer Rechtfertigung?

Aus zwei Gründen. Erstens: weil die Gnade und Barmherzigkeit Gottes in Christo gegründet ist, und ohne dieses Verdienst Christi Niemandem zu Teil wird. Zweitens: weil Christus allein die Kelter des göttlichen Zorns getreten (Jes. 63,3) und uns befreit hat von der Gewalt des Todes und der Hölle (Hos. 13,14), von dem Fluch des Gesetzes (Gal. 4,5), von der Knechtschaft des Todes, und der Herrschaft dessen, welcher des Todes Gewalt hatte, nämlich des Teufels (Ebr. 2,14,15); weil er durch seinen Gehorsam und seine Gerechtigkeit uns gerecht gemacht hat (Röm. 5,19. Kap. 10,4); weil endlich das Verdienst Christi der göttlichen Gerechtigkeit genuggetan hat.

8. Was verstehst du unter dem Verdienst Christi?

Ich verstehe darunter den Gehorsam Christi: nicht allein den, mit welchem er dem Vater gehorsam war durch sein ganzes Leiden und den Tod, sondern auch den, mit welchem er sich, um unsertwillen, dem Gesetz Gottes freiwillig unterwarf, und dasselbe durch solchen seinen Gehorsam erfüllte: so dass Gott wegen des ganzen Gehorsams Christi, welchen er im Tun und Leiden für uns geleistet hat, uns die Sünden vergibt, für gut und gerecht (S. 78) uns erklärt, und mit ewigem Heil beschenkt. Röm. 5,19: „Gleich wie durch Eines Menschen Ungehorsam viele Sünder geworden sind; also auch durch Eines Gehorsam werden viele Gerechte.“

Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 944.

„Dass also die Gerechtigkeit, die vor Gott dem Glauben, oder den Gläubigen aus lauter Gnade zugerechnet wird, ist der Gehorsam, Leiden und Auferstehung Christi, da er für uns dem Gesetz genuggetan, und für unsere Sünde bezahlet hat. Denn weil Christus nicht allein Mensch, sondern Gott und Mensch in einer unzertrennten Person, so ist er eben so wenig unter dem Gesetz gewesen, weil er ein Herr des Gesetzes, als dass er für seine Person leiden und sterben sollen, darum uns denn sein Gehorsam nicht allein im Leiden und Sterben, sondern auch dass er freiwillig an unser statt unter das Gesetz getan, und dasselbige mit solchem Gehorsam erfüllet, uns zur Gerechtigkeit zugerechnet, dass uns Gott um solches ganzen Gehorsams willen, so er im Tun und Leiden, im Leben und Sterben für uns seinem himmlischen Vater geleistet, die Sünde vergibt, uns für fromm und gerecht hält, und ewig selig machet.“

9. Ist denn unsere Gerechtigkeit nach der göttlichen Natur allein: oder nach der menschlichen Natur allein: oder nach beiden Naturen?

Nicht nach der göttlichen allein, wie Osiander geträumt hat; nicht nach der menschlichen allein, wie Stancarus gefabelt hat; sondern nach beider Natur ist Christus unsere Gerechtigkeit, welcher nämlich als Gott und Mensch, in seinem einigen, ganzen und vollkommensten Gehorsam, unsere Gerechtigkeit ist. Denn die menschliche Natur allein, ohne die göttliche, kann dem ewigen und allmächtigen Gott, weder durch Gehorsam, noch durch Leiden, für die Sünden der ganzen Welt genugtun, und den unendlichen Zorn Gottes versöhnen. Die Gottheit aber allein, ohne die Menschheit, hätte das Amt eines Mittlers zwischen Gott und uns nicht zu erfüllen vermocht.

Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 961.

„Demnach, weil in unsern Kirchen, zwischen den Theologen Augsburgischer Confession bekannt, dass alle unsere Gerechtigkeit, außerhalb unser und aller Menschen Verdienst, Werk, Tugend und Würdigkeit zu suchen, und allein auf dem Herrn Christo stehet, so ist wohl zu betrachten, welchergestalt Christus in diesem Handel der Rechtfertigung unsere Gerechtigkeit genannt wird, nämlich: dass unsere Gerechtigkeit nicht auf die eine oder die andere Natur, (S. 79) sondern auf die ganze Person Christi gesetzt, welcher als Gott und Mensch in seinem einigen, ganzen, vollkommenen Gehorsam unsere Gerechtigkeit ist. Denn da Christus gleich vom Heiligen Geist ohne Sünde empfangen und geboren, und in menschlicher Natur allein alle Gerechtigkeit erfüllet hätte, und aber nicht wahrer, ewiger Gott gewesen, möcht' uns solch der menschlichen Natur Gehorsam und Leiden auch nicht zur Gerechtigkeit gerechnet werden, wie denn auch, da der Sohn Gottes nicht Mensch worden, die bloße göttliche Natur unsere Gerechtigkeit nicht sein können. Demnach so glauben, lehren und bekennen wir, dass der ganzen Person Christi ganzer Gehorsam, welchen er für uns dem Vater bis in den allerschmählichsten Tod des Kreuzes geleistet hat, uns zur Gerechtigkeit zugerechnet werde; denn die menschliche Natur allein, ohne die göttliche, dem ewigen, allmächtigen Gott, weder mit Gehorsam, für aller Welt Sünde genugtun, die Gottheit aber allein, ohne die Menschheit, zwischen Gott und uns nicht mitteln mögen.“

10. Wolltest du wohl aus der Schrift beweisen, dass Christus nach beiden Naturen unsere Gerechtigkeit ist?

Jes. 35,4. „Gott, der da vergilt, kommt und wird euch helfen.“

Jerem. 23,6. „Und dies wird sein Name sein, dass man ihn nennen wird: Herr, der unsere Gerechtigkeit ist.“

Röm. 8,32. „Welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben.“

Gal. 4,4. „Gott sandte seinen Sohn, unter das Gesetz getan, auf dass er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste, dass wir die Kindschaft empfingen.“

1 Joh. 3,8. „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“

2 Korinth. 5,19. „Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber.“

Koloss. 1,20, „Gott hat in Christo Alles versöhnet, es sei auf Erden, oder in dem Himmel, damit dass er Frieden machte durch das Blut an seinem Kreuz durch sich selbst.“

1 Timoth. 2,5. „Denn es ist Ein Gott, und Ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus.“

11. Warum zählest du den Glauben unter die Ursachen unserer Rechtfertigung?

Weil der Glaube allein das Mittel und Werkzeug ist, mit welchem wir die Gnade Gottes, das Verdienst Christi, und in (S. 80) demselben diejenige Gerechtigkeit, welche vor dem Gericht Gottes bestehen kann, ergreifen und empfangen können.

Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 944.

„Denn der Glaube macht gerecht, nicht darum und daher, dass er so ein Werk und schöne Tugend, sondern weil er in der Verheißung des heiligen Evangelii den Verdienst Christi ergreift und annimmt, denn derselbige muss uns durch den Glauben appliziert und zugeeignet werden, wenn wir dadurch gerecht sollen werden.“

Und S. 951. „Es ist auch weder Reue oder Liebe, oder andere Tugend, sondern allein der Glaube das einige Mittel und Werkzeug, damit und dadurch wir Gottes Gnade, das Verdienst Christi und Vergebung der Sünden, so uns in der Verheißung des Evangelii fürgetragen werden, empfangen und annehmen können.“

12. Was ist der rechtfertigende Glaube?

Der rechtfertigende Glaube ist „nicht eine bloße Erkenntnis der Historien von Christo, sondern eine solche Gabe Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im Wort des Evangelii recht erkennen, und auf ihn vertrauen, dass wir allein um seines Gehorsams willen, aus Gnaden, Vergebung der Sünden haben, für fromm und gerecht von Gott dem Vater gehalten, und ewig selig werden.“ Conc. Form. Summ. Begr. Art. 3. S. 821f.

13. Behauptet die heilige Schrift dasselbe von dem rechtfertigenden Glauben?

Durchaus dasselbe. Denn dass der Glaube nicht eine bloße Kenntnis der Geschichte sei, oder nur eine allgemeine Zustimmung, welche auch in den Epikuräern, ja selbst in den Teufeln ist, die doch nicht gerechtfertigt werden, dies erhellet deutlich aus dem einzigen Wort Jacobi 1,19: „Du glaubst, dass ein einiger Gott ist. Du tust wohl daran; die Teufel glauben es auch, und zittern.“ S. Augsb. Confess. Art. 20. S. 52. Apolog. Art. 2. S. 145.

14. Also darf der rechtfertigende Glaube nicht erklärt werden durch Kenntnis der Geschichten?

Doch; denn solche Kenntnis selbst, oder allgemeine Zustimmung, wird beim rechtfertigenden Glauben so viel als möglich gefordert, und gleichsam vorausgesetzt. Jes. 53,11: „Durch sein Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen.“ (S. 81)

15. Woher beweisest du, dass der Glaube auch festes Vertrauen sei?

Dass der rechtfertigende Glaube das Vertrauen sei, welches die Verheißung des Evangeliums ergreift, erhellet daher, dass die Schrift ihn nennet „plerophorian“, das ist, eine feste Überzeugung der Seele von unserm Heil, Röm. 4,21. Koloss. 2,2. Ebr. 6,11; ferner ein völliges Vertrauen, Röm. 8,38. 2 Korinth. 3,4. Eph. 3,12; ferner eine Zuversicht, welche ohne alle Furcht und Zittern sich auf die göttliche Gnade und Barmherzigkeit verlässt, Eph. 3,12. Ebr. 3,6. 1 Joh. 2,28; ferner einen unbeweglichen Grund und Fundament, und zweifellose Zuversicht, mit welcher der Gläubige in seinem Gewissen von der Gewissheit der Dinge, welche er glaubt, versichert wird, Ebr. 11,1.

16. Was ist denn der wahre und eigentliche Gegenstand des rechtfertigenden Glaubens?

Es ist die eigentliche Verheißung des Evangeliums von der gnädigen Vergebung der Sünden durch und wegen des Verdienstes Christi mit festem Vertrauen ergriffen; oder was ebendahin ausgeht: der Gegenstand des rechtfertigenden Glaubens ist das Verdienst Christi, welches in der Verheißung des Evangeliums dargeboten wird. S. Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 943 ff.

17. Beweis' aus der heiligen Schrift, dass der Mensch durch den Glauben gerechtfertigt wird?

Röm. 3,28. „So halten wir es nun, dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, durch den Glauben.“

Galat. 2,16. „Weil wir wissen, dass der Mensch durch des Gesetzes Werke nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesum Christum; so glauben wir auch an Christum Jesum, auf dass wir gerecht werden durch den Glauben an Christum, und nicht durch des Gesetzes Werke.“

Philipp. 3,9. „Dass ich in Christo erfunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christum kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird, zu erkennen ihn, und die Kraft seiner Auferstehung.“

Ephes. 2,8.9. „Aus Gnaden seid ihr selig geworden, durch den Glauben; und dasselbige nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus den Werken, auf dass sich nicht Jemand rühme.“

Apol. der Augsb. Confess. Art. 2. S. 154.

„Wir halten, die Widersacher müssen bekennen, dass für allen Dingen zu der Rechtfertigung von nöten sei Vergebung der Sün- (S. 82) den, denn wir sind alle unter der Sünde geboren, darum so schließen wir nun also: Vergebung der Sünden erlangen und haben, dasselbige heißt für Gott gerecht und fromm werden, wie der 32. Psalm saget: Wohl dem, dem die Übertretung vergeben ist.

Allein aber durch den Glauben an Christum, nicht durch die Liebe, nicht um der Liebe oder Werke willen, erlangen wir Vergebung der Sünde, wiewohl die Liebe folget, wo der Glaube ist. Derhalben muss folgen, dass wir allein durch den Glauben gerecht werden. Denn gerecht werden heißt ja aus einem Sünder fromm werden, und durch den heiligen Geist neu geboren werden.“ Vgl. S. 162 ff.

18. Aber vielleicht wollen diese Zeugnisse nur das sagen, dass der Glaube den Anfang der Rechtfertigung gewähre, welche nachher durch die Werke zu Ende gebracht und vollendet wird?

Mit Nichten; denn das Gegenteil geht auch daraus aufs deutlichste hervor, „dass S. Paulus schreibet, dass Abraham vor Gott gerecht sei worden, allein durch den Glauben um des Mittlers willen, ohne Zutun seiner Werke, nicht allein, da er erstlich von der Abgötterei bekehret, u. keine gute Werke hatte (1 Mos. 11,31), sondern auch, da er hernach durch den heiligen Geist verneuert, und mit vielen herrlichen, guten Werken geziert war.“ 1 Mos. 15,6. Röm. 4,3. Ebr. 11,8ff.

Und der Apostel, indem er absichtlich die Frage erhebt: „Worauf denn Abrahams Gerechtigkeit vor Gott, dadurch er einen gnädigen Gott gehabt, ihm gefällig und angenehm gewesen zum ewigen Leben, gestanden sei? antwortet also: dem, der nicht mit Werken umgehet, glaubt aber an den, der den Gottlosen gerecht machet, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit: wie auch David saget: dass die Seligkeit sei allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit, ohne Zutun der Werke.“ Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 952.

19. Da in diesem Artikel die ausschließenden Partikeln (allein durch den Glauben, nur durch den Glauben usw.) häufig gebraucht werden, so möchte ich wissen, wegen welcher Ursachen ihr Gebrauch beizubehalten sei?

Vorzüglich um drei Ursachen willen. 1) Dass alle eigene Werke, die vorhergehenden sowohl, als die nachfolgenden und ge- (S. 83) genwärtigen, und alle Würdigkeit und Vertrauen derselben in dem Artikel der Rechtfertigung gänzlich ausgeschlossen werden.

2) „Dass das Amt und die Eigenschaft des Glaubens allein bleibe, dass er allein und sonst nichts Anderes, sei das Mittel oder Werkzeug, damit und dadurch Gottes Gnade und Verdienst Christi in der Verheißung des Evangelii empfangen, ergriffen, angenommen, uns appliziert und zugeeignet werde.“

3) „Dass weder die Erneuerung, noch die Heiligung, oder irgend welche andere Tugenden, gleichsam als die Form, oder ein Teil, oder die Ursache der Rechtfertigung, unter welchem Schein, Titel, und Namen es sei, in den Artikel der Rechtfertigung, als dazu nötig und gehörig, eingemengt werden sollen.“ Conc. Form. Erkl. Art. 3. S. 954.

20. Also kann der Glaube in dem Artikel der Rechtfertigung ohne gute Werke sein?

Durchaus nicht: denn Glaube und gute Werke werden hierdurch nicht also von einander geschieden, „dass ein wahrhaftiger Glaube unterweilen eine Zeitlang neben einem bösen Vorsatz sein und bestehen könnte, sondern es wird hiermit allein die Ordnung angezeigt der Ursachen und Wirkungen, und wie eins dem andern fürgehe oder nachfolge.“ Conc. Form. a. a. O. S. 955.

21. Erkläre dies deutlicher.

1) Die guten Werke gehen nicht vor dem Glauben vorher, sondern folgen ihm nach. Denn erst, wenn ein Mensch gerechtfertigt ist, wird er auch durch den heiligen Geist erneuert und geheiligt. Und aus dieser Erneuerung folgen darauf die Früchte, d. i. die guten Werke.

2) Obgleich (wie Luther spricht) Glaube und Werke sich fein zusammenreimen und schließen, und keines ohne das andere sein kann: so ist es doch der Glaube allein, welcher den Segen ergreifet ohne die Werke: und doch nimmer und zu keiner Zeit allein ist.

22. Noch beunruhigt mich das Eine Bedenken, dass nämlich Jacobus Kp. 2,22 versichert, der Mensch werde nicht gerecht durch den Glauben, sondern durch die Werke?

Dass Jacobus dem Paulus nicht widerstreitet, kann aus zwei Gründen dargetan werden. Denn erstens betrachtet Paulus den Glauben vor dem Angesicht Gottes (d. i. wie Gott ihn ansieht), wo er es allein ist, der das Verdienst Christi ergreift, und so von Gott zur Gerechtigkeit angerechnet wird. Jacobus (S. 84) aber untersucht, an welcher Sache und an welchem Zeichen der Mensch entweder bei sich selbst, oder bei andern Menschen, den wahren und lebendigen, ferner den toten und geheuchelten Glauben erkennen und unterscheiden könne? Und hier nennt Jacobus denjenigen einen toten Glauben (V. 20), dem nicht gute Werke und Früchte des Geistes folgen. Und deshalb leugnet er mit Recht, dass wir durch solchen Glauben, welcher ohne Werke, d. i. welcher tot ist, gerechtfertigt werden; ja welcher eigentlich kein Glaube, sondern ein eitler Wahn und Heuchelei ist. S. Apolog. Art. 3. S. 208 ff.

23. Welches ist der andere Grund der Verschiedenheit zwischen Paulus und Jacobus?

Der andere Grund besteht darin, dass Paulus von der Rechtfertigung des Menschen vor Gott handelt, wo der Glaube allein, welcher Gottes Gnade und Christi Verdienst ergreift, Statt hat: Jacobus aber handelt von Menschen, die schon durch den Glauben gerechtfertigt sind, welche aber durch die guten Werke auf dieser Erde erkannt werden sollen.

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