Harms, Ludwig - Auslegung der ersten Epistel Petri - Das 1. Capitel.

Harms, Ludwig - Auslegung der ersten Epistel Petri - Das 1. Capitel.

Vers 1-2.

Petrus, ein Apostel Jesu Christi, den erwählten Fremdlingen hin und her, in Ponto, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien. Nach der Vorsehung Gottes des Vaters, durch die Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Besprengung des Blutes Jesu Christi. Gott gebe euch viel Gnade und Frieden!

Unser Text hebt an mit den Worten: Petrus, ein Apostel Jesu Christi, den erwählten Fremdlingen hin und her, in Ponto, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien. Als der heilige Apostel Petrus diese Epistel schrieb, befand er sich in der großen Stadt Babylon, wo er eine große Christengemeinde gesammelt hatte, wie wir aus Cap. 5,13 sehen; und von Babylon aus schreibt er an die Gemeinden zu Ponto, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien. Das sind alles Länder in Kleinasien zwischen dem schwarzen und Mittelmeere. In diesen Ländern hatte der Apostel Paulus zahlreiche Gemeinden gestiftet, welche ein blühendes Glaubensleben führten, daß man wohl Ursache hat, sich daran zu erfreuen. An diese Gemeinden schreibt der Apostel Petrus seinen Brief. Daraus könnt ihr sehen, in welchem Verhältniß die Apostel zu einander standen, nämlich in dem der innigsten Liebe. Sie sehen sich nicht an als Viele, sondern als Einer, das Werk, was sie treiben, betrachten sie nicht als das ihrige, sondern als das des heiligen Geistes. Es war unter ihnen kein Neid, Zank, Streit, Eifersucht. Es fiel Petrus gar nicht ein, daß Paulus das übel nehmen konnte, wenn er an die von ihm gestifteten Gemeinden schrieb, und Paulus hat nichts anders darüber empfunden, als die innigste, herzlichste Freude, daß Petrus ihm ein Mithelfer werde am Reiche Gottes. Das ist in unserer betrübten Zeit ganz anders geworden, wo man von einem solchen gemeinschaftlichen Liebeswerke nichts mehr weiß. Jetzt ist es vielmehr so: der eine Pastor beneidet den andern und der eine sieht den andern scheel an. Besucht Jetzt z. B. ein Pastor ein Glied aus einer andern Gemeinde, dann heißt es in der Regel: der fällt mir in meine Gemeinde und in mein Amt. So herrscht Neid und Eifersucht allenthalben. Daß das Predigtamt Gottes Wert ist, woran alle gemeinsam arbeiten sollen, daß weiß beinah Keiner mehr. Der Grund davon liegt in der herrschenden Selbstsucht unserer Zeit. Nicht bloß in den Herzen der Gemeindeglieder und Ungläubigen ist diese Selbstsucht zu Hause, sondern auch in den Herzen der Prediger und Gläubigen. Unterschied findet sich nur wenig zwischen den Frommen und Gottlosen; die meisten Frommen schnacken fromm und sind gottlos, die Ungläubigen aber schnacken gottlos und sind auch gottlos, das ist der ganze Unterschied. Alle suchen für sich die Ehre, beinah keiner gibt sie dem HErrn. Darum geht es auch mit dem Christenthum so schlecht vorwärts. Die Ungläubigen sagen: Was sollen wir fromm werden, die Frommen sind kein haarbreit besser als wir. Und sie haben leider gar oft Recht. Wird der ganze Mensch nicht anders durch die Bekehrung, so ist die Bekehrung dem gleich, als ob Einer einen andern Rock anzieht und bleibt doch derselbe. Petrus nennt sich einen Apostel Jesu Christi. Seht daraus die merkwürdige Uebereinstimmung mit dem, wie Paulus seine Episteln beginnt. Da heißt es z. B. in der Epistel an die Galater: Paulus, ein Apostel, nicht von Menschen, auch nicht durch Menschen, sondern durch Jesum Christum. Von wem hat Petrus sein Amt? Etwa von Menschen oder durch Menschen? Nein, ein Apostel Jesu Christi ist er. Nicht von der Erde aus ist ihm dieses Amt gegeben, sondern vom Himmel, nicht von Menschen, sondern von Gott; darum nennt er sich einen Apostel Jesu Christi. Der theure Apostel hat Recht. Ein jeder rechte Prediger wolle doch sein Amt nicht anders ansehen, als ihm von Gott gegeben, sonst kann er es nicht recht verwalten. Wenn er predigt, wenn er die Sacramente verwaltet, muß er sich deß bewußt sein: Ich stehe hier in Jesu Namen, mein HErr Jesus hat mich gesandt, ich stehe hier als ein Diener Gottes und als ein Haushalter über Gottes Geheimnisse. Das ist ein unglücklicher Prediger, der sich deß nicht bewußt ist. Denn nur in solchem Bewußtsein kann Einer sagen: Nehmt ihr mein Wort an, so nehmt ihr Gottes Wort an, verachtet ihr mein Wort, so verachtet ihr Gottes Wort; wie unser HErr Jesus auch sagt: Wer euch hört, der hört Mich, und wer euch verachtet, der verachtet Mich. Darum nennt sich Petrus einen Apostel Jesu Christi, weil er sein Amt von Jesu bekommen hat und es in Jesu Namen führt. Solche Leute, die wissen und glauben, daß sie von Gott gesandt sind, das sind die einzigen, die nicht fragen nach Menschenfurcht und Menschengefälligkeit, die nicht darnach fragen, ob Menschen sie verfolgen oder ihnen wohl reden; sie können sagen: Nehmt ihr mich an, so nehmt ihr den HErrn Jesum an, verwerft ihr mich, so verwerft ihr den HErrn Jesum. Entweder ich bin Christi Knecht oder ich bin der Menschen Knecht. Bin ich aber Christi Knecht, so brauche ich der Menschen Knecht nicht zu sein. Ist darum ein Prediger wahrhaftig Christi Knecht, so fragt er nicht in der Predigt: Was beliebt der Gemeinde und was nicht? sondern was gefällt meinem HErrn? Was dem gefällt, das predigt er, was dem mißfällt, das bleibt aus seiner Predigt weg. Es zeigt sich dann aber auch bald, ob die Gemeinde eine gottselige oder eine gottlose ist. Eine gottselige Gemeinde will Gottes Wort hören und nicht Menschen Wort; eine gottlose Gemeinde will hören, wonach ihr die Ohren jucken und nicht was Gott gefällt. So wie sich ein Prediger dadurch als ein gottseliger zeigt, daß er der Gemeinde die lautere Predigt und die reinen Sakramente bringt, so zeigt sich die gottselige Gemeinde darin, daß sie die reine Predigt und die unverfälschten Sakramente verlangt. An wen schreibt der Apostel Petrus diesen Brief? An die erwählten Fremdlinge hin und her in Pontus rc. Wer sind die? Die Gelehrten haben viele Künste; und so haben sie sich auch mit ihren Künsten über dies Wort Fremdlinge her gemacht. Die einen sagen, der Apostel habe diesen Brief an die bekehrten Juden geschrieben, denn die seien Fremdlinge in den V. 1 genannten Ländern gewesen. Die andern sagen: Petrus hat diese Epistel nicht an die bekehrten Juden, sondern an die bekehrten Heiden geschrieben. Sie schließen das aus Joh. 7,35, wo es heißt: Da sprachen die Juden unter einander: Wo will dieser hingehen, daß wir Ihn nicht finden sollen? Will Er unter die Griechen gehen, die hin und her zerstreut liegen, und die Griechen lehren? So haben nun beide ihre Sachen recht gemacht. Das verstehn überhaupt die Gelehrten so schön, ihre Sachen immer recht zu machen. Ich rathe euch, glaubt nicht einem Gelehrten, weil er ein Gelehrter ist. Luther sagt schon: Die Gelehrtesten sind oft die Verkehrtesten. Fragt ihr mich: Was sagst du denn von den Fremdlingen? so antworte ich nicht als ein Gelehrter, sondern als ein Christ, und da habe ich die Erfahrung gemacht: Die Fremdlinge sind die Gläubigen. Sie stehen als die Fremdlinge mitten unter dem unschlachtigen Geschlechte dieser Welt, hie ein Häuflein und da ein Häuflein, als die, die nicht mit dazu gehören, als die Sonderlinge, als die Ausgeschiedenen, die wirklich in der That und Wahrheit nicht anders angesehen werden können. Als Fremdlinge tragen sie das Merkzeichen an ihrer Stirn: Wir haben hier keine bleibende Stätte, sondern die zukünftige suchen wir. Sie fühlen sich hier nicht heimisch, ihre Heimath ist droben im Himmel. Luther sagt einmal: Die wahren Gläubigen wohnen hier in einer Herberge, die führt an einigen Orten den Schild „zum Teufel“ und an andern Orten „zur Welt“. Darin kann sich doch der Fremdling nicht wohl fühlen und deßhalb geht sein Sehnen darnach, daß er in die himmlische Heimath komme. Deshalb nennt sie der Apostel Fremdlinge. Ob aus Juden oder Heiden stammend, das ist ihm einerlei, was sie gewesen sind, darauf kommt es ihm nicht an, sondern auf das, was sie sind und sie sind Fremdlinge, die von der Welt, von dem Satan und von ihren eignen Hausgenossen ausgestoßen sind und verfolgt werden. Kannst du als ein wahrer Christ dich da wohl fühlen, wo die Welt und der Teufel ihr Wesen haben? Es widert dich an, du fühlst dich in der Fremdlingschaft und Pilgrimschaft so unwohl und sehnst dich nach der Heimath. Es heißt in jenem bekannten Gesang unsers Gesangbuchs:

Mit der Welt sich lustig machen,
Hat bei Christen keine Statt.
Fleischlich Reden, Thun und Lachen
Schwächt den Geist und macht ihn matt.
Unter Christi Kreuzesfahn,
Geht es nun und nimmer an,
Mit verwegnem, rohen Herzen s
Sicher leben, sicher scherzen.

So ist's von jeher bei allen wahren Christen gewesen und so ist's heute noch. Aber Petrus nennt sie auch erwählte Fremdlinge. Wir sehen daraus, daß nur Einzelne aus der großen Masse heraus gewählt werden und das sind die erwählten Fremdlinge. Es wird allen das Evangelium gepredigt und so können alle aus der Welt heraus kommen, aber die meisten wollen darin bleiben; so sind Viele berufen, aber Wenige auserwählt. Alle, welche die Predigt hören und die Sakramente gebrauchen, gehören zu den Berufenen, aber nur die gehören zu den Auserwählten, die das durch Wort und Sakrament dargebotene Heil im Glauben annehmen. So sind die auserwählten Fremdlinge die wahren Christen, zu denen der Ruf zur Seligkeit gekommen ist und die denselben angenommen haben. In dem Worte erwählt liegt, wie man zum Christenthum gekommen ist, in dem Wort Fremdling was man ist, nämlich daß man nicht mehr zu dieser Welt gehört, sondern Bürger eines andern Vaterlandes ist. Wie steht es mit euch, meine Lieben? Daß ihr zu den Berufenen gehört, das ist klar, denn ihr seid getauft, genießt das heilige Abendmahl, höret und leset Gottes Wort. Aber fragt euch doch, ob ihr auch zu den Auserwählten gehört? ob ihr euch bekehrt habt? ob ihr euch von der Welt ausscheidet? ob euer Wandel im Himmel ist? - Laßt uns nun weiter gehen: Nach der Vorsehung Gottes des Vaters, durch die Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Besprengung des Blutes Jesu Christi. Gott gebe euch viel Gnade und Frieden. Die Christen, an die Petrus schreibt, sind erwählte Fremdlinge, wahre, zum Glauben gekommene und dadurch von der Welt ausgeschiedene Christen. Wem haben sie diese Seligkeit zu verdanken? sind sie das aus sich selbst geworden, aus ihrem eigenen Ruhm? Der Apostel gibt die Antwort: Nach der Vorsehung Gottes des Vaters. Daraus sehet, wie keiner aus sich selbst ein Christ geworden ist. Bin ich ein wahrhaft bekehrter Christ, so bin ich es durch die Vorsehung Gottes des Vaters. Gott hatte von Ewigkeit her den Rathschluß zu unserer Erlösung gefaßt, daß Jesus Christus kommen sollte, die Sünder selig zu machen. Bist du nun ein Christ, so bist du's nach der Vorsehung Gottes des Vaters, nach dem Rathschluß, wonach Er Seinen Sohn senden wollte zur Erlösung der Menschen. Denn von Ewigkeit her hat Gott es gewußt, daß die Menschen fallen würden durch den Betrug des Satans und deßhalb hat Er von Ewigkeit her den Rathschluß gefaßt, daß Jesus die Menschen erlösen sollte. Darum hat Er zu Seinem liebsten Sohne gesagt:

Geh' hin, Mein Kind, und nimm Dich an
der Kinder, die Ich ausgethan
zu Straf und Zornesruthen.
Die Straf ist schwer, der Zorn ist groß.
Du kannst und sollst sie machen los
durch Sterben und durch Bluten.

Und der Sohn hat geantwortet:

Ja, Vater, ja von Herzensgrund,
leg auf, Ich will Dir's tragen.
Mein Wollen hängt an Deinem Mund,
Mein Wirken ist Dein Sagen.

Dann fährt der Apostel fort: Durch die Heiligung des Geistes. Was Gott beschlossen hat, nämlich deine Erlösung, was Christus zu Stande gebracht hat durch Leiden und Sterben, das theilt Er dir mit durch die Heiligung des Geistes. Versteht ihr das auch? Die meisten Christen, ich will es euch nur gerade heraus sagen, verstehen es nicht, und daß sie es nicht verstehen, kommt daher, weil sie keine rechte Erkenntniß von den Sakramenten und namentlich von der Taufe haben. Was Gott beschlossen hat, was Christus zu Stande gebracht hat, nämlich deine Erlösung, das ist dir mitgetheilt in der heiligen Taufe. Gott hat beschlossen, daß du ein Kind Gottes werden sollst, und wodurch? Durch nichts anders, als durch die heilige Taufe. Du verlorner und verdammter Mensch sollst ein Kind Gottes werden und bist's geworden durch die heilige Taufe. Gott der heilige Geist hat dich in der heiligen Taufe gezeugt zu einem Kinde Gottes und deßhalb ist Er dein Vater, die heilige christliche Kirche hat dich geboren, so ist sie deine Mutter. So bist du geheiligt, dir sind vergeben alle deine Sünden, du bist von Tod und Verdammniß erlöset und die ewige Seligkeit ist dir geschenkt. Was Gott also von Ewigkeit beschlossen hat, das ist an dir ausgeführt durch die heilige Taufe. Seht, meine Lieben, das ist die Wunderkraft und Wundergnade der Taufe, und das ist es, worüber ein lutherischer Christ von ganzem Herzen jubiliert und deßhalb er lieber sterben will, als sich seine Taufe und seinen Glauben rauben lassen. Das ist auch der Grund, warum Luther den Rath gibt, daß wir jeden Morgen und jeden Abend in unsere Taufgnade hinein kriechen sollen durch die Erneuerung des Taufglaubens und des Taufgelübdes.

Weiter: Zum Gehorsam und zur Besprengung des Blutes Jesu Christi. Das ist der Zweck des Christenlebens, dazu bist du ein Kind Gottes geworden, daß du täglich wandelst im Gehorsam Jesu Christi und in der Besprengung des Blutes Jesu Christi. Also zuerst: Zum Gehorsam. Ich kann euch das nicht genug einprägen und ich unterlasse es auch beinah in keiner Predigt, daß dazu der Mensch geheiligt ist, daß er als ein Kind Gottes wandeln und in einem Stande guter Werke erfunden werde. Es geht beinah keine Predigt hin, in welcher ich euch nicht sage: Verflucht ist der Maulglaube, verflucht ist das Maulchristenthum. Der Gehorsam ist das Zeichen des Glaubens, der Ungehorsam ist das Zeichen des Unglaubens. Ist Einer auch noch solch ein schöner Glattschnacker, ist er aber nicht gehorsam, so gebe ich für sein Christenthum keine zwei Pfennig. Ein wahrer Christ, der an seinen Heiland glaubt, ist nothwendig auch seinem Heiland gehorsam, er trachtet darnach frei zu werden von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes. Also durch Gehorsam beweisest du deine Gotteskindschaft. Wenn es an den Gehorsam geht, so brauchst du nicht erst zu fragen: Was sagt mein Fleisch und Blut, oder meine kluge Vernunft, oder ein anderer Mensch dazu? sondern immer: Was sagt der HErr Jesus? - und was der sagt, das thue. Der Gehorsam aus Lust und Liebe ist ein viel leichterer als der aus Zwang. Aber wir sind leider solche Menschen, bei denen sich noch oft die rechte Lust und Liebe nicht findet, weil wir noch immer das alte böse Herz in unserer Brust haben. Sagt einmal, welch selige Menschen könnten wir sein, wenn wir so recht aus Lust und Liebe gehorsam wären und nicht bloß aus dem Grunde, weil wir müssen! Das merkt euch das bei, Gottes Wort nennt den Ungehorsam eine Zaubereisünde. -

Zur Besprengung des Blutes Jesu Christi. Wie stimmt das mit dem Vorigen? Sehr gut stimmt es damit überein, und ich danke meinem Gott, daß dieses Wort da steht. Stände es nicht da, sondern hieße es bloß: Zum Gehorsam, so triebe mich dieses letztere Wort gerade bis zur Verzweiflung. Stände es nicht da, so hieße diese Stelle: Zum vollkommnen Gehorsam; und den kann ich nicht leisten. Es geht kein Tag hin, obgleich Gott mein Zeuge ist, daß ich darnach ringe frei zu werden von der Sünde, da ich nicht sündige. Warum nicht? Weil die Sünde mir noch immer anklebt und mich träge macht. Darum, wenn ich des Abends zu Bette gehe, muß ich doch, trotz dem angestrengten Ringen nach der Heiligung, beten: Denn vom Morgen bis jetzund, pflegen Herze, Hand und Mund so geschwind und oft zu fehlen, daß es leider nicht zu zählen. Wohin kann ich anders mit allen diesen vielen Sünden fliehen, als zu dem Blute der Besprengung Jesu Christi? So bin ich bestimmt zum Gehorsam und doch auch zur Besprengung des Blutes Jesu Christi, um mich damit rein zu waschen, weil mein Gehorsam noch nicht vollkommen ist. -

Nachdem der Apostel das gesagt, entbeut er den Christen, an die er schreibt, seinen Gruß, indem er spricht: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden! Dasselbe wünscht auch Paulus in allen seinen Briefen den Gemeinden, an die er schreibt. Die Gnade besteht in Vergebung der Sünden, und Vergebung der Sünden bringt den Frieden. Ich Sünder kann nicht anders Frieden mit Gott haben, als wenn mir meine Sünden vergeben werden und das geschieht durch die Gnade. Die Gnade mußt du haben, die Gnade des HErrn Jesu, welche die Sünden vergibt und hast du die Gnade, dann zieht der selige Friede in dein Herz und du kannst sagen: Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der da gerecht macht. Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferwecket ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Willst du aber Gnade und Frieden haben, so mußt du zuvor deine Sünden beichten und bekennen, und zwar Gott und Menschen. Nachdem du deine Sünden gebeichtet und bekannt hast, sollen sie dir vergeben werden und dadurch strömt der Friede Gottes in dein Herz, der selige Friede, bei dem man jubeln kann: Was kann mir denn nun schaden der Sünden große Zahl? Ich bin bei Gott in Gnaden, die Schuld ist allzumal bezahlt durch Christi theures Blut; daß ich nicht mehr darf fürchten der Höllen Qual und Gluth. Habe ich Vergebung der Sünden, so ist Gott nicht mehr mein Richter, sondern Er ist mein lieber Vater, Er ist mit mir versöhnt und ich mit Ihm, weil die Sünde, die uns trennte, weggenommen ist. Amen.

Vers 3-5.

Gelobet sei Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren bat zu einer lebendigen Hoffnung, durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel, euch die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahret werdet zur Seligkeit, welche zubereitet ist, daß sie offenbar werde zu der letzten Zeit.

In der letzten Vesperpredigt haben wir den Gruß des heiligen Apostel Petrus an die Christen, an welche er schreibt, mit einander betrachtet. Nun folgt zuerst ein Lob und Preis Gottes für die wunderbaren Segnungen, welche Gott Seinen Christen gegeben hat. Er sagt: Gelobt sei Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung, durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten. Der Apostel richtet dieses Lob an Gott den Vater, denn er sagt: Gelobt sei Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi. Damit zeigt er an, daß wir überhaupt keinen Gott kennen, ohne allein durch Jesum Christum, Gottes Sohn, damit stimmt auch überein, was unser Heiland im Evangelio sagt: Niemand kennt den Sohn, denn nur der Vater und Niemand kennt den Vater, denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren. Daraus sehet ihr, alle Menschen, die den Sohn nicht haben, die haben auch den Vater nicht, alle, die nicht glauben an Jesum Christum, die haben keinen Gott, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt und sind weiter nichts als Heiden. Darum haben die wirklichen Heiden keinen Gott, ebenso auch die Juden nicht und auch allen denen fehlt Er, die sich Christen nennen und doch nicht glauben an Jesum Christum, Gottes eingebornen Sohn. Merket euch das, meine Lieben, damit ihr erkennt, welch eine Gnade ihr habt durch den Glauben an Jesum Christum, denn ihr könnt nun sagen: Wir haben einen Gott in Christo Jesu; und alle die das nicht sagen können, sind Heiden und Götzendiener. Das ist auch der Grund, warum ein Mensch, der an Jesum Christum glaubt, keine Gemeinschaft haben kann mit denen, die nicht an den HErrn Jesum glauben. Ein Diener Jesu Christi kann keine Gemeinschaft haben mit dem, der dem HErrn Jesu nicht dient. Das ist in der That und Wahrheit der einzig wirklich trennende Unterschied auf Erden: Ob Einer glaubt an Jesum Christum oder nicht.

Der Apostel sagt weiter: Gott hat uns wiedergeboren. Wo ist das geschehen? Denn indem er sagt: Gott hat uns wiedergeboren, zeigt er damit auf eine Thatsache hin, die an uns geschehen ist. Da merket euch: Gott hat uns wiedergeboren in der heiligen Taufe. Der in Sünden empfangene und geborene Mensch wird nirgend anders wiedergeboren, als in der heiligen Taufe. Darum sagt auch unser HErr Jesus zu Nicodemus: Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir: Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Diejenigen nun, die getauft sind, sagen mit dem Apostel: Gott hat uns wiedergeboren in der heiligen Taufe, und zwar, wie das mit dem Worte Wiedergeburt verbunden ist, zu Kindern Gottes. Durch die natürliche Geburt sind wir nicht Kinder Gottes, sondern Kinder des Teufels, denn durch die Sünde regiert der Teufel auf Erden und die Sünde ist zu allen Menschen hindurch gedrungen, weil alle von Adam abstammen. Darum sind wir alle, von Natur Kinder des Teufels und bleiben wir das, so fahren wir zu unserm Vater, dem Teufel, in die Hölle. Darum muß die Wiedergeburt geschehen, dadurch die Kinder des Teufels Kinder Gottes werden, und das geschieht in der heiligen Taufe. Ist das nun an uns geschehen, so sind auch wir wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, und das ist die Hoffnung der ewigen Seligkeit. Zu dieser Seligkeit sind wir berechtigt, denn sind wir Kinder, so sind wir auch Erben. Ich weiß kein Wort in der ganzen heiligen Schrift, worin ein höherer Trost liegt, als dieses: Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben. Wir haben die ewige Seligkeit als ein Erbe, Gott gibt sie uns, Seinen Kindern. Es fällt da alles Verdienst, alles eigne Werk weg und bleibt nichts übrig als die Gnade, die mit der Taufe anfängt und in das ewige Leben geht. Auch hier ist es wie bei irdischen Verhältnissen. Da stirbt ein Vater und hinterläßt drei Söhne, drei Knechte und drei Mägde. Nun soll das Erbe getheilt werden. Wer erbte? Ich will nehmen, der eine Sohn ist drei Jahr, der zweite fünf Jahr und der dritte sieben Jahr alt; alle drei haben noch nichts verdient; die Knechte und Mägde aber sind schon lange beim Vater im Dienst gewesen und haben sichs blutsauer werden lassen. Dazu sind die Kinder häßlich von Angesicht und schwach und kränklich, die Knechte und Mägde aber stark und schön. Wer erbt? Die drei Söhne. Aber die haben es doch nicht verdient, denn sie sind noch klein und schwach, dagegen die Knechte und Mägde haben viel gearbeitet. Dennoch erben nicht die Knechte und Mägde, ob sie auch noch so viel gearbeitet haben, sondern die Kinder, die noch schwach und ohnmächtig sind. Sagt, könnte Jemand in der Welt es unrecht finden, daß die Kinder und nicht die Knechte erben? Ein jeder würde sagen: Das versteht sich von selbst, daß die Knechte nicht erben, sondern die Kinder. Warum? Weil jene Knechte und diese Kinder sind. Knechte und Mägde bekommen Lohn für ihre Arbeit, aber die Kinder bekommen das Erbe, weil sie Kinder sind. So folgt aus dem Kindesrecht das Erbrecht. Das ist der Grund, warum Gott Seine Kinder, die Er in der heiligen Taufe wiedergeboren hat, zu Erben einsetzt. Da fällt alles Verdienst weg, der Himmel ist aus Gnaden unser Eigenthum.

Weiter: Durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten. Der Apostel zeigt damit an, daß das ganze Erlösungswerk versiegelt ist durch die Auferstehung Jesu Christi, denn wäre Christus nicht auferstanden, so wären wir noch nicht erlöst. Warum ist Christus gestorben? Um unsere Sünde zu versöhnen. Hatte Er die wirklich versöhnt, so konnte Ihn der Tod nicht halten, denn Jesus hat ihn überwunden. Wäre Er im Grabe geblieben, so hätten Sünde und Tod Ihn überwunden und nicht Er sie. Da er nun aber auferstanden ist, so zeigt er damit, daß Er Tod und Sünde überwunden hat und nicht sie Ihn. Und so gewiß wie Christus in den Himmel gegangen ist, nachdem Er auferstanden war, so gewiß müssen auch wir in den Himmel eingehen, nachdem wir auferstanden sind. Das ganze Erlösungswerk Jesu Christi hat durch Seine Auferstehung erst sein Siegel empfangen. Wäre Christus nicht auferstanden, wir würden allzu Schanden; weil Er aber auferstanden ist, so preisen wir den Vater unsers HErrn Jesu Christ. Nun wissen wir gewiß, daß wir erlöst sind, daß die Sünde vergeben ist, daß die ewige Gerechtigkeit an das Licht gebracht ist.

Laßt uns nun dieses ewige Leben, welches Christus uns so theuer erworben hat und in welches wir eingehen sollen, weil wir Kinder sind, näher kennen lernen. Drei Eigenschaften nennt der Apostel von diesem Erbe in unserm Texte: Es ist unvergänglich, unbefleckt und unverwelklich. Also erstens es ist unvergänglich, und ist es die ewige Seligkeit. Nun siehe dich einmal um, was ist auf Erden unvergänglich? Nichts, auch nicht das Geringste. Alles vergeht, denn alles Fleisch ist wie Heu und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras verdorret, die Blume verwelkt, denn des HErrn Geist bläset darein. Das wird uns täglich gepredigt. Heute ist Einer gesund und stark, und morgen krank, liegt wohl gar schon im Sarg, heute ist Einer blühend roth und morgen vielleicht schon todt, heute ist Einer reich und morgen arm, heute hat Einer Haus und Hof und morgen ist er nackt und bloß, heute ist Einer stark und morgen schwach. So ist nichts auf dieser Welt, was Bestand hat, Alles ist vergänglich. Sagt was sind das für entsetzliche Thoren, für jammervolle Narren, die ihr Herz hängen an das, was sich unter den Händen verzehrt! Und daß so viele es thun, das macht oft den Eindruck, als ob diese Erde ein großes Irrenhaus sei, wo alle ihr Herz an das Irdische hängen; es hat oft den Anschein, als ob man unter lauter wahnwitzigen Menschen wohnte.

Dieses Erbe ist zweitens ein unbeflecktes. Damit weist der Apostel darauf hin, daß in der Seligkeit eine Freiheit stattfindet, die ein neuer Grund ist für die Herrlichkeit des Erbes, nämlich die Freiheit von der Sünde. Hier ist alles befleckt mit Sünde; ich weiß nichts, das nicht damit befleckt wäre. Ich kenne keinen Menschen, kein Kind in der Wiege, keinen Pfennig von Kupfer, keinen Thaler von Silber, kein Haus von Holz oder Stein, kein Korn auf dem Boden, das nicht mit Sünde befleckt wäre. Ja selbst die Gaben, die Gott den Menschen gibt, werden durch die letzteren mit Sünde befleckt. Gar nichts ist auf der ganzen Welt, keine Person und keine Sache, die nicht mit Sünden verunreinigt ist. So finden sich in deinem Herzen sündliche Gedanken und Lüste, über deine Lippen kommen sündliche Worte und sündliche Thaten geschehen mit deinen Händen. Da ist kein Groschen, der nicht mit Sünden befleckt wäre und darum nennt Jesus alles ungerechten Mammon; bald wird es durch Geiz, bald durch Unbarmherzigkeit, bald durch Diebstahl und Betrug befleckt. Und das ist es gerade, was das Leben auf Erden so entsetzlich schwer macht: Ich selbst bin ein Sünder, alle andern Menschen sind Sünder, die ganze Kreatur ist mit Sünden befleckt. Man wird deßhalb so müde auf Erden, man sehnt sich so herzlich bei Christo zu sein und lediglich aus der Ursache, weil alles was wir sind und haben, mit Sünden befleckt ist, und die Sehnsucht nach dem Abschiede aus dieser Welt wird von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr immer größer. Dagegen die ewige Seligkeit ist das unbefleckte Erbe, wo keine Sünde mehr ist, denn die ist mit dem sterblichen Leibe begraben; um dich her ist keine Sünde mehr, denn du bist dort in der Gesellschaft von lauter Seligen, alles Erdenwesen hat zurückbleiben müssen. Es ist so, als ob ein Mensch, der an allen Seiten mit Centnerlasten behangen ist, davon auf einmal frei wird, selbst ein reines, seliges Gotteskind, nur umgehend mit reinen, seligen Gotteskindern. Das ist es, was das unvergängliche Erbe so köstlich macht: Es ist unbefleckt, und darum ist es drittens unverwelklich. Alles verwelkt auf Erden. Siehe den Baum an im Frühling, wie erquickt sich dein Auge an seinem frischen Grün, warte nur bis zum Herbst, dann werden die Blätter grau und gelb, der Wind bläst dazwischen und zerstreut sie und fahl steht der Baum da. Oder siehe an das wunderschöne Saatfeld, daran deine Augen ihre Lust haben, wie die Halme wallen im Winde; warte nur ein wenig, so ist das grüne Aehrenfeld ganz gelb geworden und nach ein paar Wochen schickt der Herr der Ernte die Sichel und läßt die Frucht einsammeln. Oder du siehst im Sommer die schöne Rose im Garten, sie strömt dir ihren süßen Duft entgegen und du erfreust dich an ihrer schönen Farbe; komm nach einigen Tagen wieder, und du wirst finden, daß die Rose verwelkt und ihre Blätter abgefallen sind. Seht die Menschen an, einen jungen Mann, ein junges Mädchen, wie gehen sie so fest einher, wie haben sie so ein junges, frisches, kräftiges, blühendes Aussehen; aber sie werden alt oder krank und nun schleichen sie nur dahin, die Brust röchelt, der Athem will stehen bleiben. Was ist aus ihnen geworden? Sie sind verwelkt, und der Tod kommt und mäht sie ab. Alles verwelkt, nur Eins ist unverwelklich, das ist die ewige Seligkeit, und in derselben ist nicht nur der Mensch, sondern auch Alles, was um ihn her ist, unverwelklich. Wer kriegt dieses Erbe? Nur die Gläubigen - denn es heißt in unserm Text: Euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, welche zubereitet ist, daß sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dieses Erbe wird behalten im Himmel; denn nachdem die Zeit vorbei ist, welche Gott für diesen Weltlauf bestimmt hat, wird diese alte Erde und dieser alte Himmel in Feuer vergehen, und dann wird eine neue Erde und ein neuer Himmel geschaffen, und diese neue Erde, über die sich der neue Himmel wölbt, ist der Schauplatz, auf welchem das unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbe offenbar wird. Aber merkt euch das, nur die Gläubigen sollen dieses Erbe haben, die ungläubigen sollen auf ewig davon ausgeschlossen sein.

Nur der Gläubige kann selig werden, alle Ungläubigen müssen nothwendig verdammt werden. Das merkt euch, meine Lieben, und schreibt es euch in das Herz. Ihr habt hier als Gläubige so viel zu leiden von den Kindern des Unglaubens, ihr müßt täglich das Wesen der Welt sehen, so daß ihr mit Rebekka sagen könnet: Es verdrießt mich zu leben unter den Kindern Heth 1. Mose 27, 46. Hier hast du deinen Trost, warte nur ein bißchen, es kommt bald die Zeit, wo das unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbe offenbar werden soll. Da soll es dich nicht mehr verdrießen, zu leben unter den Töchtern Heths und unter den Kindern des Unglaubens. Warum nicht? Die gibt es da nicht mehr. Wo sind die denn hingekommen? Sie sind zum Teufel gefahren in den Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt; da gehören die Ungläubigen hinein und dahin sollen sie auch kommen, aber nicht auf die neue Erde. Das ist es, weß ich nothwendig versichert sein muß, denn müßte ich an dem Ort, wo Ales ewig dauert, noch wieder mit den Ungläubigen zusammen, so wollte ich Gott bitten, daß er mich in Gnaden mit dieser Seligkeit verschonen möchte. Hier hat man schon seine Last mit den Ungläubigen - und dann sollte ich noch ewig mit ihnen zusammen sein, - ich müßte sprechen: HErr ich kann es im Himmel nicht aushalten, befreie mich von solcher Qual. Aber Gottlob und Dank, daß dieses Erbe nur den Gläubigen behalten wird und daß alle Ungläubigen davon ausgeschlossen sind. Nun kann ich mich deß getrösten: Da ist eine ewige Seligkeit, denn Ungläubige gibt es da nicht mehr. Ihr sehet, bestimmt ist die Seligkeit schon jetzt für die Gläubigen, aber sie ist noch nicht offenbar geworden, das soll erst am jüngsten Tage geschehen. Ich weiß auf das bestimmteste, daß sie dort vorhanden ist, aber ich habe sie noch nicht. Aber wenn einst der jüngste Tag kommt und dann die Sünde ganz weg ist aus mir und der Sündenfleck getilgt ist aus der Erde, dann wird auf der neuen Erde die vollkommene Seligkeit hergestellt, und die Seligkeit, die wir hier schon im Glauben haben, die werden wir dann im Schauen genießen. Und wenn man das weiß, dann kann man mit Freuden den guten Kampf weiter kämpfen, den Lauf vollenden und ausrufen: Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schaffet eine ewige und über alle Maße wichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig 2. Cor. 4,17-18 und: Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilandes Jesu Christi, des HErrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, daß er ähnlich werde Seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, damit Er kann auch alle Dinge Ihm unterthänig machen Phil. 3,20-21. So laßt uns ganz getrost weiter gehen als treue gläubige Christen und wahrlich, wir werden davon tragen das Ende unsers Glaubens, der Seelen Seligkeit. Amen.

Vers 6-9.

In welcher ihr euch freuen werdet, die ihr jetzt eine kleine Zeit (wo es sein soll) traurig seid in mancherlei Anfechtungen, auf daß euer Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold, das durchs Feuer bewährt wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn nun geoffenbaret wird Jesus Christus, welchen ihr nicht gesehen und doch lieb habt, und nun an ihn glaubet, wiewohl ihr Ihn nicht sehet, so werdet ihr euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, und das Ende eures Glaubens davon bringen, nämlich der Seelen Seligkeit.

Der heilige Apostel Petrus hatte in der letzten Vesperpredigt gesprochen von dem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, welches den Gläubigen im Himmel bewahrt wird. Dieses herrliche Erbe aber, welches er den Gläubigen versprochen hatte und was aufbewahrt wird im Himmel, das soll offenbar werden zu der letzten Zeit. Deshalb fügt er hinzu: In welcher, d. h. in der letzten Zeit, ihr euch freuen werdet, die ihr jetzt eine kleine Zeit (wo es sein soll) traurig seid in mancherlei Anfechtungen. Wenn der Apostel sagt: In der Zeit, wo das herrliche Erbe der Christen offenbar werden wird, da werdet ihr euch freuen, so zeigt er damit an, daß wir während unsers Laufs in der Pilgrimschaft nicht viel Freude finden werden. Ihr werdet euch freuen in der letzten Zeit, sagt der Apostel, hier werdet ihr das Gegentheil das von haben, denn hier ist Leiden und dort ist Freude. Aber wie stimmt das mit dem, was der Apostel Paulus sagt Phil. 4: Freuet euch in dem HErrn allewege und abermal sage ich euch, freuet euch? Da sagt er doch nicht den Christen: Ihr sollt euch in Zukunft freuen, sondern freuet euch in dem HErrn alle Wege; und hier sagt der Apostel Petrus: In der letzten Zeit werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit traurig seid, - ist das nicht gegen einander und in der Bibel darf doch nichts gegen einander sein? Merket, Petrus spricht in unserm Text von einer Freude, die auch äußerlich ist und Paulus spricht von einer Freude, die nur innerlich ist.

Und diese innerliche Freude haben wir hier schon, wenn wir wahre Christen sind, die äußerliche können wir noch nicht haben, weil wir äußerlich noch von der Welt umgeben sind und innerlich von unserm Fleische angefochten werden. Dagegen in der letzten Zeit, wenn der Satan überwunden, die Welt vernichtet und das Fleisch getödtet ist, dann wird unsere Freude offenbar, dann ist kein Kampf mehr. Die innerliche Freude genießen wir hier schon und die besteht darin: Ich habe Vergebung der Sünden und weiß, der Himmel soll einst mein Theil sein. Aber das ist Freude im Glauben, nicht im Schauen, sie soll erst noch offenbar werden. Die Freude ist groß, daß ich Vergebung der Sünden habe, daß ich des Himmels Erbe sein soll, ich vertausche sie nicht mit aller Lust und Ueppigkeit dieser Welt. Darum wartet meiner auch nichts anders als Kampf und Anfechtung von Seiten der Welt, des Teufels und meines eigenen Fleisches. Hört das Fleisch auf, so fängt die Welt an, und hört die Welt auf, so beginnt der Teufel. Darum muß man anhalten im Kampfe, auf daß wir den Sieg durch Christum erlangen. Daß es aber dabei nicht leicht hergeht, ist nicht schwer einzusehen. Daher kann man den wahren Christen schon an seinem Aussehen erkennen, er ist stets ernst und gesammelt, sein ganzes Herz ist auf seinen Gott gerichtet und auf den Kampf, den er zu bestehen hat. Wenn ihr nun hier eine kleine Zeit leidet und mancherlei Anfechtungen erduldet, so laßt euch das nicht verdrießen, denn erstlich, das Leiden dieser Zeit währt nicht lange. Wie lange dauert es denn? Unser Leben währt siebenzig Jahre und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig und die Wenigsten erreichen dieses Alter. Also höchstens können die Leiden siebenzig, achtzig Jahre dauern, und dann nach einer solchen kurzen Zeit kommt die ewige Seligkeit. Ist die nicht mehr werth, als die Leiden dieser kleinen Zeit? Darum nennt der Apostel Paulus die Leiden dieser Zeit zeitlich und leicht. Uber weiter: Warum muß solches geschehen? könnte der HErr, der uns doch so lieb hat, uns solchen Kampf nicht ersparen, könnte er uns nicht ohne denselben hindurch bringen? Nein, er kann es nicht, selbst der allmächtige Gott kann uns dieser Kampf nicht ersparen. Der Apostel gibt die Antwort: Auf daß euer Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold, das durchs Feuer bewährt wird. Es muß unser Glaube die Probe bestehen, ob er rechtschaffen sei, der Glaube muß im Kampf und in der Anfechtung geläutert werden, wie das Gold im Feuer. Darum darf uns Leiden und Trübsal nicht erspart werden, denn Gott würde sonst viel unechtes Gold in den Himmel bringen, und das kann Er dort nicht gebrauchen. Echtes Gold ist aber nur das, was von den Schlacken gereinigt ist. Echtes Glaubensgold ist nur das, was durch das Feuer der Leiden, des Kampfes und der Anfechtung gegangen und dadurch von den Schlacken der Sünde gereinigt ist, und nur das kann erst in den Himmel aufgenommen werden. Also das ist der zwiefache Trost: 1. daß Leiden währt nur eine kleine Zeit und 2. es kann und nicht erlassen werden. Ich sehe die Unmöglichkeit ein, daß ich nicht ohne Leiden in den Himmel kommen kann, und nun nehme ich's mit Freuden auf mich. Dasselbe finden wir allenthalben in der heiligen Schrift, ich will nur einige Beispiele aus dem Neuen Testamente anführen. Sehet den HErrn Jesum an, heißt es nicht von Ihm: Mußte nicht Christus solches leiden und zu Seiner Herrlichkeit eingehen? Luc. 24,26. Sehet weiter die heiligen Apostel an, ist wohl einer von ihnen ohne Leid vollendet worden? haben sie nicht alle viel erdulden müssen? Aber sie haben in der Anfechtung sagen können: Wir rühmen uns auch der Trübsal Röm. 5,3. Was nun Christus und den Aposteln widerfahren ist, - sollen wir meinen, daß es uns erspart werden könne? Würde es uns erspart, dann wären wir keine Nachfolger Christi und der Apostel, wir wären nicht Kinder, sondern Bastarde, denn es fehlte uns das Siegel der Gotteskindschaft. Nachdem durch die Leiden daß rechte Christenthum von dem falschen gereinigt ist, sollen wir in die ewige Freude eingehen. Denn, sagt er, solches geschieht zu Lob, Preis und Ehre, wenn nun geoffenbart wird Jesus Christus. Denn gerade diese, die durch Trübsal und Anfechtung hindurch gegangen und dadurch bewährt und vollendet sind, die sind es, die, wenn Jesus kommt, zu Seiner Rechten stehen werden, Ihm zu Lob, Preis und Ehre, die sind es, die mit dem HErrn Jesu auf die neue Erde gehen werden. Wann aber wird Jesus erscheinen? Am letzten oder jüngsten Tage. Da wird Er kommen mit aller Seiner Macht und Herrlichkeit vom Himmel her, in den Er zurück gekehrt ist bei Seiner Himmelfahrt und mit Ihm die himmlischen Heerscharen der heiligen Engel; aber nicht mehr als Knecht sondern als HErr, nicht als Heiland sondern als Richter und König. Dann wird Er Seinen Thron in die Wolfen des Himmels setzen. Ach hier auf Erden hatte Er keinen Königsthron, der Schandpfahl des Kreuzes war Sein Thron, war der Stuhl, auf dem Er saß; Er wollte ja sterben um unsertwillen. Seinen Stuhl der Herrlichkeit reckt Er in die Wolken und darauf setzt Er sich, um Gericht zu halten und mit Ihm sind die tausend mal tausend Engel und zu Ihm werden versammelt die treuen Christen, Ihm zu Lob, Preis und Ehre. Und wenn sie Ihn sehen, da wird das in Erfüllung gehen, was der Apostel weiter sagt: Welchen ihr nicht gesehen und doch lieb habt, und nun an Ihn glaubt, wiewohl ihr Ihn nicht sehet, so werdet ihr euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, und das Ende eures Glaubens davon bringen, nämlich der Seelen Seligkeit. Da beschreibt der Apostel mit kurzen Worten die ewige Seligkeit und die ganze Summa der Seligkeit besteht darin: Ich werde Jesum sehen. Alles Andere ist auch schön, was da den Menschen zu Theil wird. Schön ist es, auf der neuen Erde zu sein; schön ist es, den neuen Himmel zu sehen; schön ist es, bei den seligen vollendeten Menschen zu sein und den Chorgesang der heiligen Engel zu hören. Das alles ist aber im Vergleich damit, daß wir Jesum sehen sollen, eine Kleinigkeit. O welch eine Seligkeit, den HErrn Jesum zu sehen, mit dem wir durch den kindlichen Glauben und die innige Liebe verbunden sind. Wir haben Ihn hier auf Erden nicht gesehen mit den leiblichen Augen und doch lieben wir Ihn, doch glauben wir an Ihn. Wir glauben, daß Jesus Christus Gottes eingeborner Sohn ist, daß Er sich für uns hat todt geblutet, daß Sein Blut das Lösegeld für unsere Sünde ist, daß Er uns erlöset, erworben, gewonnen hat von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels, und darum lieben wir Ihn nun von ganzem Herzen wie nichts anders in der Welt. Aber das fehlt uns hier, wir sehen Ihn noch nicht. Wie oft sehnt sich das Herz, Jesum zu schauen! Dort soll diese Sehnsucht erfüllt werden. Was uns hier fehlt, das finden wir dort im vollkommsten Maße. Wir werden Ihn schauen, den unsere Seele liebt, heute, morgen und in alle Ewigkeit. Wir werden Ihn sehen, den Herzog unserer Seligfeit, wir werden schauen den Gottmenschen Jesum Christum, der auch noch auf dem Thron der Herrlichkeit an Seinen Händen und Füßen die Nägelmale trägt, damit wir erlöst sind. Das ist der Inbegriff aller Seligkeit. O, wenn wir Ihn sehen, dann sind wir selig, dann verlangt uns nach weiter nichts, dann haben wir das Ende unsers Glaubens, der Seelen Seligkeit, davon gebracht. Amen.

Vers 10-12.

Nach welcher Seligkeit haben gesuchet und geforschet die Propheten, die von der zukünftigen Gnade auf euch geweissaget haben. und haben geforschet, auf welche und welcherlei Zeit deutete der Geist Christi, der in ihnen war, und zuvor bezeuget hat die Leiden, die in Christo sind, und die Herrlichkeit darnach; welchen es geoffenbaret ist. Denn sie haben es nicht ihnen selbst, sondern uns dargethan, welches euch nun verkündiget ist durch die, so euch das Evangelium verkündiget haben, durch den heiligen Geist vom Himmel gesandt, welches auch die Engel gelüstet zu schauen.

Wir haben in der letzten Vesperpredigt gehabt, wie die wahren Gläubigen, nachdem sie hier eine Zeitlang gelitten haben, die ewige Seligkeit davon tragen werden, in welcher sie sich freuen mit ewiger und unaussprechlicher Freude, und werden da insonderheit den Anblick genießen, welcher der Inbegriff aller Seligkeit ist: Sie werden Jesum schauen, den sie hier schon geliebt und an den sie hier schon geglaubt haben, obgleich sie Ihn nicht sahen.

Ja das ist in der That eine Seligkeit, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und die in keines Menschen Herz gekommen ist, eine Seligkeit so groß, daß man sagen kann, wenn man sie erlangt hat: Uns ist das Los gefallen auf's Liebliche, und ist ein schön Erbtheil worden Ps. 16,6. Nachdem der Apostel das gezeigt hat, so wirft er nun einen Rückblick auf das Alte Testament, indem er spricht: Nach welcher Seligkeit haben gesucht und geforscht die Propheten, die von der zukünftigen Gnade auf euch geweissaget haben. Die Seligkeit ist allein in Christo Jesu; denn es ist in keinem Andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen sie selig werden können, als allein der hochgelobte Name Jesu Christi Ap. Gesch. 4,12. Und es kann auch kein Anderer der Heiland sein, es kann kein anderer Name den Menschen zur Seligkeit gegeben werden, weil allein Jesus Christus wahrer Gott und Mensch ist, der Sein Blut für uns in den Tod gegeben hat. Darum wer sich eines Heilands rühmt, der nicht Jesus ist, oder wer seinen Heiland zwar Jesum nennt, Ihn aber nicht anbetet als wahren Gott und wahren Menschen, der hat keinen Heiland. Nur der Jesus, wahrer Gott und wahrer Mensch, der nach Seiner Gottheit vom Vater in Ewigkeit geboren ist, und der nach Seiner Menschheit von der Jungfrau Maria in der Zeit geboren ist, der ist unser HErr, denn Er hat uns verlorne und verdammte Menschen erlöset, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels; und zwar nicht mit Gold oder Silber, sondern mit Seinem heiligen theuren Blute und mit Seinem unschuldigen Leiden und Sterben; das ist der rechte Heiland und wer an den von ganzem Herzen glaubt, der hat das ewige Leben. Nach dieser Seligkeit hatten schon die Propheten getrachtet. Die Propheten und Gläubigen des Alten Testaments wollten auch gern selig werden, und darum forschten sie in dem Worte, worin der Weg zur Seligkeit gezeigt wird. Wie sollen wir selig werden? so fragten sie, und sie haben keine andere Antwort erhalten als die wir auch haben: Glaube an den HErrn Jesum, so wirst du und dein Haus selig Ap. Gesch. 16,31. An Jesum haben sie geglaubt und in diesem Glauben sind sie entschlafen und selig geworden. Seht, meine Lieben, man kann nur durch den HErrn Jesum selig werden, der unsere Sünden gebüßt hat. Zwar konnten die Propheten nicht glauben an den, der unsere Sünden gebüßt hat, denn Jesus war noch nicht gekommen. Aber sie glaubten an den Jesum, der die Sünden tragen sollte und in diesem Glauben sind sie selig geworden, wie wir selig werden durch den Glauben an den Jesum, der die Sünde getragen hat. Das war ihnen von Gott gesagt, darum haben sie es geglaubt und weil sie es geglaubt haben, darum ist auch der Opfertod Jesu Christi die einzige Ursache ihrer Seligkeit. Gott sind Seine Wege bewußt von Anfang der Welt her. Er sah von Ewigkeit, daß die Menschen fallen würden, sind darum hat er von Ewigkeit her den Rathschluß zu unserer Erlösung gefaßt, und diesen Rathschluß hat er ausgeführt durch die Sendung Seines lieben Sohnes. Wer das glaubt, der ist selig geworden und wird selig. Darum wissen wir gewiß, daß Abraham, David, Elias, Jesaias rc. selig geworden sind, denn sie alle haben geglaubt an Jesum Christum und ihr Leben im Glauben an Ihn beschlossen, sie alle haben um Seines Namens willen gelitten und Er hat sie in diesem Leiden nicht im Stiche gelassen. Wenn der Apostel sagt: Sie haben darnach geforschet, so sehen wir daraus, daß sie mit aller Macht darnach getrachtet haben, selig zu werden. Die Propheten haben geweissagt von der zukünftigen Gnade auf uns. Sie forschten nach der Seligkeit, und da offenbarte es ihnen Gott, daß Jesus kommen sollte, und was Gott ihnen geoffenbart, das haben sie geglaubt, obgleich es damals noch nicht geschehen war. Darum heißt es eine zukünftige Gnade. Sie haben auf das Gewisseste geglaubt, daß Jesus kommen werde, daß die Gnade erscheinen sollte, und weil sie das geglaubt haben, darum ist ihnen ihr Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet worden, wie uns unser Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet wird. Paulus sagt von Abraham Röm. 4,3: Er hat Gott geglaubt und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Es heißt da nicht: Das soll ihm zur Gerechtigkeit gerechnet werden, sondern das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Er hat geglaubt, daß der, der aus seinem Samen kommen sollte, der Heiland der Welt sein würde. Das haben auch die Propheten geglaubt und davon haben sie geweissagt. Wie alle Gläubigen, die jetzt sterben, von den Engeln in Abrahams Schoß getragen werden, so sind auch alle Gläubigen des Alten Testaments von den Engeln dahin getragen worden. Wir werden bei Jesu im Paradiese nicht nur die Gläubigen des Neuen Testaments finden, sondern auch die des Alten Testaments. Daß es aber Gnade ist mit Ausschluß aller eignen Werke, das sehen wir daraus: Sie haben von der zukünftigen Gnade auf euch geweissagt. Gnade aber schließt alles Verdienst aus. Es heißt weiter: Und haben geforscht, auf welche und welcherlei Zeit deutete der Geist Christi, der in ihnen war. Sie haben also nicht nur gefragt: Was muß ich thun, daß ich selig werde? sondern sie hätten auch gar zu gern die Zeit gewußt, wann Christus kommen würde. Das hing nothwendig mit dem Ersteren zusammen, daß sie alle die herzliche Sehnsucht hatten, Jesum von Angesicht zu Angesicht zu schauen. Darum haben sie darnach geforscht, wann Jesus kommen würde, um daraus zu erkennen, ob sie Jesum auch noch schauen dürften. Haben sie darauf auch wohl Antwort bekommen, wann Jesus erscheinen würde? Jawohl. Es heißt in einer Weissagung: Es wird das Scepter nicht von Juda entwendet werden, noch ein Meister von seinen Füßen, bis daß der Held komme; und demselben werden die Völker anhangen 1. Mos. 49,10. So war also diese Zeitbestimmung gegeben: Juda sollte die Herrschaft verlieren, ein fremder König sollte über Israel regieren und wenn das geschahe, dann sollten sie wissen, daß der Messias ganz nahe sei. Das ist auch später gerade so erfüllt. Juda hat das Scepter geführt bis auf David, dann wieder von David bis zur babylonischen Gefangenschaft, und Juda hat es wieder gehabt, als das Volk aus der babylonischen Gefangenschaft kam bis kurz vor Christo, denn Serubabel war aus dem Stamme Juda. Kurz vor der Geburt Jesu herrschte nicht mehr einer aus Davids Geschlecht über Israel, sondern der heidnische Kaiser Augustus und der hatte einen Unterkönig, den Edomiter Herodes über sie gesetzt. Nun konnte man schließen: Jetzt kommt Jesus bald.

Eine andere klare Weissagung von der Zeit, in welcher der Messias kommen sollte, gibt uns der Prophet Daniel Cap. 9,24: Siebenzig Wochen sind bestimmt über Dein Volk und über Deine heilige Stadt, so wird dem Uebertreten gewehret, und die Sünde zugesiegelt, und die Missethat versöhnet, und die ewige Gerechtigkeit gebracht, und die Gesichte und Weissagungen zugesiegelt, und der Allerheiligste gesalbet werden. Und gerade 490 Jahre nachher hat die Jungfrau Maria den Messias geboren und der Allerheiligste ist dann gesalbet worden mit dem heiligen Geist. Haben sie das von dem Allerheiligsten gesagt, so merket, das hat der heilige Geist durch sie gesagt, der in ihnen war. Sie haben den heiligen Geist in sich gehabt und darum sind sie es nicht gewesen, die da geredet haben, sondern Gott der heilige Geist und ihre Weissagung ist also auch nicht menschliche Weissagung, sondern Weissagung Gottes des heiligen Geistes. Er hat ihnen auch bezeugt zuvor die Leiden, die in Christo sind, und die Herrlichkeit darnach. Darum gibt es nichts Lieberes für einen gläubigen Christen, als im Alten Testamente nachzuforschen, was darin über Christi Leiden und Herrlichkeit gesagt wird; und es ist das ein solch seliges Geschäft, daß ich kaum ein seligeres kenne. Es geht einem dabei so recht die ganze Gnade und das Erbarmen Gottes auf, und durch nichts wird der Glaube so gestärkt, als durch die alttestamentlichen Weissagungen von Christo und deren Erfüllung im Neuen Testamente. Betrachte ich die, so muß ich sagen: Ja, das hat Gott der heilige Geist bezeugt; ich erkenne daraus klar und deutlich, daß die Bibel unmöglich Menschenwort sein kann, sondern daß sie Gottes Wort sein muß, und auf Gottes Wort bin ich bereit zu leben und zu sterben. Und so fest muß der Glaube auch sein, sonst nützt er nichts. Nur mit solchem Glauben kann ich alle Bitterkeit des Todes und alle Schrecken des Gerichts verbannen.

Lasset uns einige von diesen herrlichen Weissagungen näher ansehen. Da heißt es z. B. Ps. 22,17: Sie haben meine Hände und Füße durchgraben, womit der Kreuzestod Christi klar und deutlich bezeugt wird. Nehmt eine andere Stelle, Jes. 50,6 heißt es: Ich hielt Meinen Rücken dar denen, die Mich schlugen, und Meine Wangen denen, die Mich rauften; Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel; und nun sehet an die evangelische Geschichte. Da wird uns erzählt, daß Pilatus Jesum hat geißeln lassen Joh. 19,1, daß Ihm Etliche Backenstreiche gegeben haben Matth. 26,27 und daß die Kriegsknechte Ihm ins Angesicht gespieen haben Marc. 14,65. Aber es wird nicht bloß geweissagt, was Er gelitten hat, sondern es wird auch gesagt, daß Sein Leiden ein stellvertretendes sei, deßhalb heißt es Jes. 53,4-6: Fürwahr, Er trug unsere Krankheit, und lud auf sich unsere Schmerzen. Er ist um unserer Missethat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen Alle in der Irre wie Schafe, ein Jeglicher sahe auf seinen Weg; aber der HErr warf unser Aller Sünde auf Ihn. Weiter wird uns beschrieben Seine himmlische Sanftmuth und Geduld mit den Worten: Da Er gestraft und gemartert ward, that Er Seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scheerer und seinen Mund nicht aufthut Jes. 53,7. Judas hat Ihn verrathen und Ps. 41,10 heißt es: Auch Mein Freund, dem Ich Mich vertrauete, der Mein Brot aß, tritt Mich unter die Füße. Man hat Ihn mit Galle und Essig getränkt, da Er am Kreuze hing, und Ps. 69,22 heißt es: Sie gaben Mir Galle zu essen, und Essig zu trinken in Meinem großen Durst. Ferner heißt es Ps. 22,19: Sie theilen Meine Kleider und um Mein Gewand werfen sie das Los, und nun lies Joh. 19,4, wo erzählt wird, daß die Kriegsknechte Jesu Kleider unter sich theilten und um Seinen Rock loseten. Ja die Worte werden geweissagt, die Jesus während der großen Finsterniß, da Er am Kreuze hing, ausrief: Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen! Ps. 22,2. Sehet mit welcher Klarheit hat der heilige Geist geweissagt von den Leiden, die in Christo sind; aber auch nicht minder von der Herrlichkeit darnach. Der heilige Geist hat geweissagt, daß Jesus nicht im Grabe bleiben, sondern auferstehen würde, und davon lesen wir Ps. 16,10: Denn Du wirst Meine Seele nicht in der Hölle lassen, und nicht zugeben, daß Dein Heiliger verwese; und Jes. 53,10: Wenn Er Sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, so wird Er Samen haben, und in die Länge leben, und des HErrn Vornehmen wird durch Seine Hand fortgehen. Ja Seine Himmelfahrt wird beschrieben Ps. 47,6: Gott fähret auf mit Jauchzen, und der HErr mit heller Posaune; und Ps. 110,1: Der HErr sprach zu meinem HErrn: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße lege. Und von Seiner herrlichen Regierung heißt es: Darum will Ich Ihm große Menge zur Beute geben, und Er soll die Starken zum Raube haben; darum, daß Er Sein Leben in den Tod gegeben hat, und den Uebelthätern gleich gerechnet ist, und Er Vieler Sünde getragen hat und für die Uebelthäter gebeten Jes. 53,12. Sehet so hat der heilige Geist geweissagt von den Leiden, die in Christo sind und von der Herrlichkeit darnach. Das haben die Männer des Alten Testaments geglaubt und in diesem Glauben sind sie selig geworden. „Welchen es geoffenbaret ist,“ also aus sich selbst haben sie es nicht gewußt. Denn sie haben es nicht ihnen selbst, sondern uns dargethan. Sie haben es geglaubt, aber nicht erlebt; und uns haben es die Apostel verkündigt. Die Apostel haben uns verkündigt, was sie mit ihren Augen gesehen, was sie mit ihren Ohren gehört und was sie mit ihren Händen betastet haben vom Worte des Lebens 1. Joh. 1,1. So wird es uns vor die Augen gemalt durch die Apostel in der Predigt von Christo, daß der Sohn Gottes erschienen ist, der sich für uns todt geblutet hat, der für uns gestorben ist und deß Blut uns rein wäscht von aller Sünde 1. Joh. 1,7. Daher haben wir nun das gewisse Zeugniß und unser Glaube ist auf einem Felsen gegründet, daß ihn uns Niemand rauben kann, weder Welt, noch Sünde, noch der Teufel. In diesem Glauben mußt du verharren bis ans Ende. Du hast Christum durch den Glauben, ist aber der Glaube weg, dann ist auch Christus weg, und ist Christus weg, dann ist der Himmel weg, und ist der Himmel weg, dann kommst du in die Hölle und bist ein verlorner und verdammter Mensch, den Niemand dann mehr erlösen kann. Darum bittet täglich: HErr, stärke uns den Glauben, und: Ich glaube, lieber HErr, hilf meinem Unglauben. Merket euch, der Glaube ist nicht Jedermanns Ding. Christus aber sagt: Das ist Gottes Werk, daß ihr glaubt an Mich. Gott will den Glauben in uns wirken, wenn wir treu darum beten und die Gnadenmittel gebrauchen, denn Er will, daß Allen geholfen werde und daß Alle zur Erkenntniß der Wahrheit kommen sollen. Wer verloren geht am jüngsten Tage, der hat es sich selbst zuzuschreiben, es ist seine eigene Schuld. Der Herr hat es versprochen, wer treu die Gnadenmittel gebraucht und treu betet, dem will Er den Glauben geben. Wer den Glauben nicht bekommt, der muß am jüngsten Tage bekennen: ich habe die Gnadenmittel untreu oder gar nicht gebraucht und ich habe nicht treu gebetet. Verscherzt euer Heil nicht, nehmt es ja genau mit dem Gebrauch der Gnadenmittel und mit dem Gebet; wisset, ein wenig Sauerteig versäuert den ganzen Teig, ihr könnt es nicht genau genug damit nehmen. Verharret ihr aber darin treu, so verspreche ich euch: Gott wirft in euch den Glauben, denn Er hat es verheißen in Seinem niemals lügenden Worte. Amen.

Vers 13-16.

Darum, so begürtet die Lenden eures Gemüths, seid nüchtern, und setzet eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird durch die Offenbarung Jesu Christi, als gehorsame Kinder, und stellet euch nicht gleich wie vorhin, da ihr in Unwissenheit nach den Lüsten lebetet; sondern nach dem, der euch berufen hat, und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem eurem Wandel. Denn es stehet geschrieben: Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig.

Der heilige Apostel Petrus hat uns in der letzten Vesperpredigt gezeigt die wunderbare Herrlichkeit der Seligkeit, welche von den Propheten in Christo geweissagt und die durch das Neue Testament in Christo offenbar geworden ist, eine solche Seligkeit, von der mit Recht gesagt wird, daß sie sei die unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Herrlichkeit und eine Freude, die kein Menschenmund aussprechen kann. Diese Seligkeit, geweissagt durch die Propheten und geoffenbart in und durch Christus, gehört uns, die wir glauben. Weil wir denn eine solche Seligkeit haben, so knüpft er daran die Ermahnung: Darum so begürtet die Lenden eures Gemüths. Was will er damit sagen? Er will uns damit ermuntern zum standhaften Kämpfen und zum unermüdeten Wallen zu dem Ziele, das unserer harrt, zu der Seligkeit. Die Leute nämlich in jener Zeit trugen ein Stück Tuch, welches sie um ihren Leib schlugen als Kleid. In dieser Kleidung konnten sie nicht anders tapfer kämpfen und unermüdet wallen als, sie mußten ihre Kleider aufschürzen und mit einem Gürtel um die Lenden befestigen. Dann hinderten sie sie nicht im Kampfe und im Wallen. Geschah das aber nicht, so war das Kleid ihrem Arme im Kampfe und ihren Füßen beim Wallen hinderlich. Auch die Soldaten, wenn sie in den Krieg zogen, befestigten ihr Kleid mit einem Gürtel. Wir sollen es eben so machen in geistlicher Weise, denn der Apostel sagt: Begürtet die Lenden eures Gemüths. Das ist auch sehr nöthig, denn wollen wir nach dem Himmel wallen, wo die Seligkeit ist, die Christus uns erworben hat, so haben wir zu kämpfen mit dem Teufel, mit der Welt und mit unserm eigenen Fleisch und Blut, und dabei dürfen wir nicht vergessen, daß diese Feinde ebenso listig als mächtig sind. Da gilt es, die Arme und Füße zu gebrauchen, da gilt es, zu kämpfen und zu wallen und darum ermahnt uns der Apostel: Begürtet die Lenden eures Gemüths. Seht also, meine Lieben, auf die Faulbank darf sich kein Christ legen, der in den Himmel will, bequeme Fleischestage darf er nicht erwarten, sondern er hat beständig zu kämpfen mit

Satan, Welt und Fleisch. Zu dem Kampfe mit dem Teufel gehören die vielen Versuchungen und Anfechtungen, besonders im Geistlichen; zu dem Kampf mit der Welt die Verlockungen und wenn das nicht hilft, das Spotten und Drohen; und zu dem Kampfe mit unserm Fleische die Ueberwindung all der bösen Lüste und Begierden unsers Herzens. Muß nun der Kampf tapfer gekämpft werden, so nicht weniger unermüdlich, denn bis zum letzten Odemzuge dauert er. In der Welt ist der Teufel der Hauswirth und unser Fleisch und Blut bleibt böse bis an's Ende, darum dürfen wir uns den Kampf nicht verdrießen lassen.

Der Apostel sagt weiter: Seid nüchtern. Er will damit anzeigen, daß jedes Taumelwesen uns zum Kampfe unfähig macht. Einen taumelnden Menschen, möchte ich sagen, kann ein Kind umstoßen. Deßhalb müssen wir uns vor jedem Taumel hüten. Es gibt vielerlei Taumel von Branntewein, Hochmuth, Zorn, Fleischeslust, Sorge, Schmerz, Freude. Alle diese Erregungen bringen einen Taumelgeist über die Menschen, und wer davon befallen wird, wankt von der einen Seite zur andern und kann den guten Kampf nicht kämpfen. Wir müssen, wenn wir den Sieg gewinnen wollen, nüchtern sein, auf daß wir den Weg, den wir zu wandeln und die Feinde, mit denen wir zu kämpfen haben, erkennen können. Ach, meine lieben, jegliche Leidenschaft bringt uns den Taumelgeist und macht uns die Augen dunkel und die Kraft schwach. Darum hütet euch vor jeder Leidenschaft; und das ist einerlei, ob es die Leidenschaft des Zorns, oder der Furcht, oder der Liebe ist. Ein Besoffner hat seine fünf Sinne nicht, und der, der in Zorn geräth, oder mit dem die Furcht, oder die Liebe, durchgeht, hat sie ebenso wenig. Darum sagt der Apostel: Seid nüchtern. Habe ich aber im ruhigen, besonnenen, stillen Wesen meinen Blick auf Gott gerichtet, dann treibt keine Leidenschaft mein Auge, ich kann alles ruhig ansehen und ohne zu straucheln meinen Weg wandeln. Ganz besonders wichtig ist aber, was der Apostel weiter sagt: Und setzet eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird durch die Offenbarung Jesu Christi. Seht, meine Lieben, bei dem noch so ernsten Kampfe geht es doch keinen Tag ohne Sünde ab. Gott weiß es, bin ich ein rechtschaffner Christ, so nehme ich mir jeden Morgen auf meinen Knieen vor, daß ich mich vor der Sünde hüten und vor Gottes Angesicht wandeln will, das ist mein ernstlicher Vorsatz. Und kommt nun der Abend, so prüfe ich mich vor Gottes Angesicht wie ich gewandelt habe, und was finde ich da? Eine Sünde über die andere in Gedanken, Worten und Werken. Da müßte ja ein solcher Mensch, wenn er das täglich und alle Tage wieder wahrnimmt, verzagen und denken, wie ist es möglich, daß ich selig werden kann? Alle Tage will ich nicht sündigen und doch sündige ich alle Tage, mich kann Gott nicht lieb haben, der Himmel kann mir nicht aufgethan werden. Da sagt der Apostel: Wenn ihr gethan habt was ihr könnt, wenn ihr redlich alle eure Kraft daran gesetzt habt, so müßt ihr, was die Seligkeit anbetrifft, doch euer Vertrauen ganz allein auf die Gnade setzen. Drehet wie nothwendig das ist, alles Vertrauen auf das eigene Verdienst wegzuwerfen, denn wer darauf nur im Geringsten bauen wollte, der würde doch an jüngsten Tage nichts vor Augen haben, als ewige Verdammniß. Wollte man also darauf, wie man gekämpft und gewandelt hat, die Seligkeit gründen, so könnte man nie selig werden. Setzet euer Vertrauen ganz allein auf die Gnade, nicht halb auf die Gnade und halb auf euch, oder nicht drei Viertel auf die Gnade und ein Viertel auf euch, auch nicht ein Viertel auf die Gnade und drei Viertel auf euch, sondern ganz allein auf die Gnade. Gottes Gnade ist mein Alles, Er muß Alles allein thun und Er bietet uns diese Gnade an und theilt sie uns mit durch Wort und Sakrament. Wenn ich meine Hoffnung ganz allein auf Gottes Gnade und Christi Verdienst setze bei allem meinem Kampf, dann muß ich selig werden, denn Christi Verdienst ist ohne Flecken und Makel, Gott selbst kann keinen Fehler daran finden. Wenn wir das nun thun, so sollen wir als gehorsame Kinder uns nicht gleichstellen wie vorhin, da wir in Unwissenheit nach den Lüsten lebten V. 14. Da sehet ihr was der Gehorsam ist, er ist die Folge des Glaubens. Zu deiner Seligkeit mußt du dich allein verlassen auf die Gnade Jesu Christi; hast du die aber empfangen, so soll die Folge davon sein, daß du ein gehorsames Kind wirst und nicht mehr wandelst in den Lüsten als vorhin. So ist es auch in der That, denn glaube ich von ganzem Herzen an den HErrn Jesum, der mir alle meine Sünden vergibt, glaube ich wahrhaftig, daß das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, mich rein wäscht von aller Sünde, so ist es gar nicht anders möglich, ich muß diesen Jesum lieb haben, der den letzten Tropfen Seines Bluts für mich vergossen hat. Es ist unmöglich, an Jesum glauben und Ihn nicht lieb haben; ich muß Ihn lieben, weil Er mich zuerst geliebt hat. Liebe ich Ihn aber, so ist es ganz unmöglich, daß ich Ihm absichtlich Kummer bereite. Ich hätte Ihn ja gar nicht lieb, wenn ich Ihm Kummer machte. Daher folgt: ich bin Sein gehorsames Kind und deßhalb nehme ich mich vor jeder Sünde in Acht, denn wenn ich sündige, so betrübe ich Ihn ja. So kommt aus dem Glauben die Liebe, und aus der Liebe der Gehorsam. Habe ich der Welt gedient und ich bekehre mich, so muß ich sagen: Ja es ist wahr, ich habe in Unwissenheit und Lüsten gelebt, die Lüste herrschten über mich und ich hatte keine Kraft dagegen zu kämpfen; nun habe ich mich bekehrt und deßhalb lebe ich nicht mehr in Unwissenheit, ich weiß was gut und böse ist, ich brauche nun nicht mehr die Lüste herrschen zu lassen in meinem sterblichen Leibe, ihnen Gehorsam zu leisten. Man kann daraus klar und deutlich erkennen, welches die Heuchler und welches die wahren Christen sind. Die Heuchler sind nicht gehorsam, die wahren Christen aber sind gehorsam. Warum besteht denn der rechte Gehorsam in dem Wandel der Heiligung? Darum: Nachdem, der euch berufen hat und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem euren Wandel. Denn es steht geschrieben: Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig. Seht, meine Lieben, darin besteht der Gehorsam, daß wir sollen heilig sein, denn zur Heiligung sind wir berufen. So verlangt der HErr von uns erstens, daß wir uns heiligen und reinigen lassen durch das Blut Jesu Christi und haben wir das gethan, dann sollen wir uns zweitens in Acht nehmen, daß wir das rein gewaschene Kleid nicht wieder aufs neue besudeln, sondern durch Gottes Gnade in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor Ihm wandeln. Ich habe durch Gottes Gnade das Kleid der vollkommenen Gerechtigkeit Christi angezogen und ich suche es nun rein zu erhalten. Kommt aber dennoch ein Fleck daran, was keinen Tag ausbleibt, dann gehe ich zu Christi Blut und wasche den Fleck wieder weg und bemühe mich, fortan rein zu bleiben. Und kommt wieder einer, so gebe ich wieder zu Christi Blut und wasche mich rein. Darum gehe ich auch so oft zur Beichte und zum heiligen Abendmahl. Je öfter ich mich wasche in Christi Blut, desto sorgfältiger werde ich in meinem Wandel. So geht es denn immer aus dem Glauben in die Heiligung und aus der Heiligung in den Glauben, das ist der tägliche Gang der Kinder Gottes. Das dauert so fort bis zum Tode, wo der HErr Jesus allem Kampf auf ewig ein Ende macht. Dann verlassen wir den befleckten Rock des Fleisches, auf daß er ganz gereinigt werde und wir am jüngsten Tage, nachdem unsere Seele so lange bei Jesu im Paradiese gewesen ist, mit dem unbefleckten Rocke des Fleisches bekleidet werden und dann mit Jesu auf die neue Erde gehen können. Amen.

Vers 17 - 21.

Und sintemal ihr den zum Vater anrufet, der ohne Ansehen der Person richtet, nach eines Jeglichen Werk, so führet euren Wandel, so lange ihr hier wallet, mit Furcht; und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöset seid von eurem eiteln Wandel nach väterlicher Weise; sondern mit dem theuren Blute Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes; der zwar zuvor versehen ist, ehe der Welt Grund gelegt ward, aber geoffenbaret zu den letzten Zeiten um euretwillen, die ihr durch Ibn glaubet an Gott, der Ihn auferwecket hat von den Todten, und Ihm die Herrlichkeit gegeben, auf daß ihr Glauben und Hoffnung zu Gott haben möchtet.

Der heilige Apostel Petrus verlangt von dem Christen, der gerechtfertigt ist durch den Glauben an Jesum Christum, daß er mit allem Ernst nachjagen solle der Heiligung, denn Gott habe geboten: Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig. Er spricht also die bestimmte Forderung aus, daß der durch den Glauben geheiligte Christ darnach trachten soll heilig zu sein, wie Gott es ist. Darnach fährt er fort und spricht: Sintemal ihr den zum Vater anrufet, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines Jeglichen Wert, so führet euren Wandel, so lange ihr hier wallet, mit Furcht. Der Apostel weiset uns hin mit der Aufforderung, ihr sollt heilig sein, weil Gott heilig ist, auf den Gott, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines Jeglichen Wert, und das ist das jüngste Gericht, worauf er hindeutet. Es kommt der jüngste Tag, da wird Gott richten ohne Ansehen der Person und da wird Er auch richten nach jener Forderung. Wer dieser Forderung nicht nachgekommen ist, den wird Gott als einen ungehorsamen Buben richten, verwerfen und verdammen und nur derjenige wird dann bestehen können, der den ganzen treuen Ernst seines Herzens auf die Heiligung gewandt hat, und daß deshalb, weil er als ein gerechtfertigter Mensch den Beweis seiner Rechtfertigung geführt hat durch die Heiligung. Merket euch, meine Lieben, daß viele Menschen den Glauben an den HErrn Jesum zum Ruhepolster für ihr Fleisch machen, da sie keine Lust haben der Heiligung nachzujagen. Fragt man die, ob sie auch glauben, daß sie selig werden, so antworten sie: Wir glauben an den HErrn Jesum, und der macht ohne Verdienst gerecht, was sollten wir nicht selig werden! Wer aber das Verdienst Christi zum Ruhepolster der Sünde macht, der wird beim jüngsten Gerichte das schwere Urtheil empfangen: du bist ein Lügner, ein Heuchler!

Da sollen wir uns nun prüfen, ob wir auch zu denen gehören, die den Glauben an den HErrn Jesum zum Ruhepolster ihrer Sünde machen. Wir sollen unsern Wandel, so lange wir hier wallen, mit Furcht führen, mit der heilsamen Furcht, ob wir auch unserer Seligkeit verlustig gehen, ob wir auch auf dem Wege sind, wo man mit Worten gläubig ist, aber mit dem Wandel dem Teufel dient. Zu solchem ernsten Wandel der Heiligung in der Furcht Gottes, da man alle Tage an das jüngste Gericht denkt, muß der Christ kommen. Es geht auch nicht anders, denn Gott ist heilig, Er hasset das Arge und hanget dem Guten an. Bin ich nun ein Christ, so muß ich mit meinem Gott das Gute lieben und das Arge hassen. Ich muß, wenn ich ein gerechtfertigter Christ bin, darnach trachten zu werden wie Gott ist, denn mein Heiland hat gesagt: Ihr sollt vollkommen sein, gleich wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Ich kann meinen Gott nicht lieben, wenn ich nicht suche Ihm ähnlich zu werden, und die Gottähnlichkeit besteht darin, daß ich von ganzem Herzen das Böse hasse und das Gute liebe. Daß nun solcher Ernst der Heiligung aus der Rechtfertigung hervorgehen muß, das zeigt der Apostel mit den Worten an: Und wisset, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöset seid von eurem eitlen Wandel nach väterlicher Weise; sondern mit dem theuren Blute Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er will sagen: Ihr seid erkauft, ihr seid theuer erkauft, nicht mit Gold oder Silber, das ist viel zu schlecht dazu, eben aus dem Grunde, weil man mit Gold oder Silber keine Seligkeit erkaufen und keine Sünden verkaufen kann. Was euch erkauft hat, das ist viel köstlicher. Was denn? Das Blut Jesu Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Jesus Christus ist Gottes Sohn, d. h. wahrer Gott wie der Vater und der heilige Geist, gelobet in Ewigkeit. Ist Jesus Christus wahrer Gott, was ist denn Sein Blut? So ist Sein Blut Gottes Blut, und weil Jesu Blut Gottes Blut ist, so sagt der Apostel: Ihr seid theuer erkauft mit diesem theuren Blute, dem köstlichsten Lösegeld das es gibt, das tausend Mal köstlicher ist als alles Silber und Gold. Ein solches Blut mußte es aber auch sein, ein Lösegeld so unbeschreiblich herrlich und ehrenwerth, daß man sagen kann: das Lösegeld ist viel köstlicher und größer, als alle Sünde und Schuld der Welt. Weder Thierblut noch Blut von Menschen konnte dieses Lösegeld sein, sondern Gottes Blut mußte solche Wunder thun und das war köstlich und herrlich genug, um die Sünden der ganzen Welt zu versöhnen. Deßhalb sagt der Apostel Paulus zu den Aeltesten in Ephesus: Weidet die Herde Christi, welche Gott erkauft hat mit Seinem Blut Ap. Gesch. 20. Jesu Blut ist Gottes Blut und dieses ist das köstliche Blut, das alle Flecken tilgt und lauter Wunder thut. Was sind alle Menschen gegen Gott? Ein Stäublein sind sie gegen den Gott Himmels und der Erden; und wenn der Gott Himmels und der Erden die Tropfen Seines Bluts vergießt, so ist das das genugsame Lösegeld für die Sünden aller Menschen. Darum ist es wahr was der Gesang sagt: Dein Blut, der edle Saft, hat solche große Kraft, daß auch ein Tröpflein kleine die ganze Welt kann reine und aus des Teufels Rachen frei, los und ledig machen; und: O Wunder ohne Maßen, wenn man's betrachtet recht! Es hat sich martern lassen der HErr für Seine Knecht; es hat sich selbst der wahre Gott für mich verlornen Menschen gegeben in den Tod. Darum sehet, meine Lieben, war Jesus nicht wahrer Gott, so konnte Er nicht der Heiland sein und dann laßt Ihn nur bleiben wo Er ist, Er kann Keinem helfen, Sein Blut hat keine Kraft, wenn es nicht Gottes Blut ist. Nun sagt der Apostel: Ihr seid nicht erkauft mit vergänglichem Silber oder Gold, sondern mit dem theuren Blute Jesu Christi und das soll uns treiben, der Heiligung nachzujagen. Das ist der Grund, warum ihr die Sünde lassen sollt, nämlich aus Dankbarkeit gegen den, der euch mit Seinem Blute erkauft hat. Wer nicht der Heiligung nachjagt, der hat seine Dankbarkeit gegen Christum und darum gehört er auch gewiß nicht zu den Gerechtfertigten, sein Glaube ist Maulglaube. Wer von Herzen dankbar ist und glaubt, durch das Blut Christi bin ich rein geworden, der wird, wenn ihm eine Sünde nahe kommt, sagen: ich kann die Sünde nicht thun, denn ich würde damit meinen hochgelobten Heiland betrüben, und was wäre ich, wenn ich das thäte? Nicht wahr, ein Schurke? Kommt mir etwas Gutes vor, so sage ich, das muß ich thun, denn damit mache ich meinem HErrn Jesu Freude, und ich wäre ein Schurke, wenn ich das nicht thäte. Diese Dankbarkeit wird noch größer, wenn wir die Liebe Gottes bedenken, die Christum in den Tod gegeben hat. Von dieser Liebe sagt der Apostel: Der zwar zuvor versehen ist, ehe der Welt Grund gelegt ward, aber geoffenbart zu den letzten Zeiten um euretwillen. Sehet welch eine Liebe! Ehe der Welt Grund gelegt war, also von Ewigkeit her, hat Gott den Rathschluß der Liebe gefaßt: Ich will Meinen Sohn senden, und hat Gott der Sohn beschlossen: Ich will kommen und Mein Blut vergießen für die Sünden der Menschen. Denn hat nicht Gott von Ewigkeit her gewußt, daß die Menschen fallen würden? Darum hat Er auch beschlossen, sie zu erlösen; sonst hätte Er sie gar nicht schaffen dürfen. Mit dem Bewußtsein, die Menschen, die Ich schaffen werde, werden fallen, faßt Er auch den Rathschluß: Ich will sie erlösen. Dieser Rathschluß ist unsertwillen geoffenbart. Denn als die Zeit erfüllet war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren von einem Weibe, und unter das Gesetz gethan. Als Jesus von Maria geboren wurde, da war die Zeit erfüllt. Da ist der Rathschluß Gottes, den Er von Ewigkeit her gefaßt hat, offenbar geworden, bis dahin war er verborgen. Nun sahe man, daß Gottes Sohn ins Fleisch gekommen war. Von da an ist er offenbar geblieben und auch auf uns gekommen, und zwar auch heute noch durch die Predigt. So sind wir nun, weil wir in der Zeit des Neuen Testaments leben, zu den seligen Menschen zu rechnen, denen der Rathschluß Gottes zu ihrer Seligkeit offenbar ist, denen er gepredigt wird. Uns wird gesagt: Das ist je gewißlich wahr und ein theures, werthes Wort, daß Jesus Christus kommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen, unter welchen ich der Vornehmste bin 1. Timoth. 1,15. Darum laßt uns auch treu die Predigt annehmen, laßt uns den Jesum, der Sein Blut für uns vergossen hat, in unsere Herzen aufnehmen und dann treu der Heiligung nachjagen. Dieser Jesus ist auferwecket und auferstanden aus dem Grabe, und das ist deßhalb geschehen, daß wir Gnade vor Gott haben möchten. Zwei Stücke sind nothwendig zu unserer Seligkeit: 1. Christus muß gestorben sein um unserer Sünde willen und 2. Christus muß auferwecket sein um unserer Gerechtigkeit willen.

Glaubst du, daß Jesus gestorben ist um deiner Sünde willen, so bist du deiner ganzen Sündenschuld ledig; glaubst du, daß Jesus um deiner Gerechtigkeit willen auferwecket ist, so wird dir mitgetheilt die ganze Gerechtigkeit Christi. So kann ich denn in beider Hinsicht bei Gott bestehn, als einer, der versöhnt ist mit Gott und der gerecht ist vor Gott. Wer das glaubt, der ist ein Kind Gottes und hat die Hoffnung des ewigen Lebens. So werden wir selig durch den Glauben an unsern HErrn Jesum. Und wir sollten noch der Sünde dienen, wir sollten uns noch dem Satan ergeben, wir sollten unsere Glieder, die doch Christi Glieder sind, zu Hurengliedern machen? Das ist unmöglich! Glaube ich, daß Jesus für meine Sünden gestorben ist, so kann ich mich nicht mehr mit der Sünde abgeben; ich heilige und reinige mich durch und durch, gleich wie Er rein ist und heilig. So hat uns der Apostel bewiesen, daß jeder wahre Christ, der wirklich durch den Glauben von der Sünde gerecht fertigt ist, der Heiligung nachjagen muß; darnach könnt ihr euch prüfen. Fragt euch, ob ihr glaubt an den HErrn Jesum? und könnt ihr sagen: Gott weiß es, daß ich an Ibn glaube! so prüfet euch weiter, ob ihr auch dem Satan entsaget und durch die Heiligung die Aechtheit eures Glaubens beweiset. Amen.

Vers 22-25.

Und machet keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist, zu ungefärbter Bruderliebe, und habt euch unter einander brünstig lieb aus reinem Herzen, als die da wiederum geboren sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibet. Denn alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorret, und die Blume abgefallen; aber des HErrn Wort bleibet in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündiget wird.

Nachdem uns der heilige Apostel Petrus in dem Vorigen gezeigt hat, daß die wahre Heiligung hervorgehe aus dem Glauben an den HErrn Jesum Christum, der uns mit Seinem theuren Blute erkauft hat, der für uns gestorben und auferstanden ist, auf daß wir Glauben und Hoffnung zu Gott haben möchten, so zeigt er uns nun, wie diese Heiligung, die aus dem Glauben hervor geht, beschaffen sein muß, mit den Worten: Und machet keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist. Darin besteht die Heiligung. Seht, meine Lieben, den Gehorsam, den wir dem HErrn, unserm Gott, schuldig sind, können wir allein kennen lernen in Seinem Worte, darin steht geschrieben, was Gott haben will und was Er nicht haben will. Du kannst also den Weg, den Du gehen sollst, nicht anders kennen lernen, als aus Gottes Wort. Es ist also nicht wahr, daß ein gläubiger Christ thun und lassen kann, was er will. Es ist nicht wahr, daß der, der frei geworden ist von der Sünde durch den Glauben an den HErrn Jesum, auch frei geworden ist vom göttlichen Gebote. Weil wir durch den Glauben an Jesum Christum Vergebung der Sünden haben, so verdammt uns das Gesetz nicht mehr; aber die Heiligkeit des Gesetzes ist uns dadurch nur noch größer geworden, denn die Liebe und Dankbarkeit gegen Jesum treibt uns zum Halten desselben. Wer vorher, ehe er zum Glauben an Jesum kommt, das Gesetz übertritt, der ist lange nicht ein solcher Bösewicht, als der, der es übertritt, nachdem er zum Glauben an den HErrn gekommen ist. Wer Jesum lieben gelernt hat, der kann Ihn nicht durch Sündendienst mit Fäusten ins Angesicht schlagen. Ich kenne keinen scheußlicheren Menschen als den, der da sagt: Ich glaube an Jesum, und der dabei fortfährt in seinem Sündendienst. Was dir Gottes Wort sagt, daß du es thun sollst, das thust du als ein Gläubiger unverbrüchlich, und was es dir sagt, daß du es lassen sollst, das lässest du unverbrüchlich. Und dazu zwingt und treibt dich die Liebe zu Jesu, dem du Seine Liebe zu dir durch nichts anders vergelten kannst, als durch kindlichen Gehorsam. Darum sagt der HErr Jesus: Liebet ihr Mich, so haltet Meine Gebote; und der Apostel Johannes: Das ist die Liebe zu Gott, daß wir Seine Gebote halten, und Seine Gebote sind nicht schwer. Darum läßt ein Christ, der an den HErrn Jesum glaubt, alle Sünden und Schanden, die er früher gethan hat und thut alles Gute, was er früher versäumt hat. Wenn der Apostel sagt: Machet keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist, so zeigt er damit an, daß das ein ganz anderer, Gehorsam ist als der buchstäbliche, es ist der geistliche Gehorsam. Wenn ich buchstäblich gehorsam bin, so erfülle ich das fünfte Gebot damit, daß ich Niemand todt schlage; erfülle ich es aber geistlich, so kann ich meinen Nächsten nicht einmal hassen, ich kann nicht mit ihm in Streit und Zank leben. Wenn ich das sechste Gebot nach dem Buchstaben halte, so hüte ich mich vor grober Hurerei und vor groben Ehebruch, erfülle ich es aber nach dem Geist, so sehe ich nicht einmal ein Weib mit unzüchtiger Begierde an, ich reinige mich von jedem unkeuschen Gedanken. So hält der Christ das Wort Gottes nach dem Geist und dadurch macht er seine Seele keusch. Wenn der Apostel sagt: Machet keusch eure Seelen rc., so stellt er den HErrn, unsern Gott, dar als den Bräutigam und uns als Seine Braut. Wie eine keusche Braut ihren Bräutigam liebt und keinen andern, so liebt eine keusche Christenseele ihren Bräutigam Jesus Christus und keinen andern. Da heißt es: Ich bin die Liebe meinem Jesu schuldig, weil Er mein Bräutigam ist, wie eine Braut ihrem Bräutigam und wie ein Weib ihrem Manne die Liebe schuldig ist. Worin äußert sich nun dieses? Der Apostel sagt: Zu ungefärbter Bruderliebe, und habt euch unter einander brünstig lieb aus reinem Herzen. Es quillt also aus diesem Glauben an Jesum eine zwiefache liebe: 1. die Liebe zu Jesu und 2. die Liebe zu den Brüdern. Wenn wir wirklich glauben, daß Jesus unser Heiland ist, daß er uns mit Seinem theuren Gottesblut erkauft hat, daß Er der Bräutigam unserer Seelen ist, können wir da anders als Ihn lieb haben? müssen wir nicht um Seinetwillen Alles für Schaden und Dreck achten? Denn Er ist wahrer Gott und wahrer Mensch, der nicht nur nach Seiner Gottheit, sondern auch nach Seiner Menschheit ohne Sünde ist; Er ist vom Himmel auf diese Erde gekommen, ist Mensch geworden, hat und erlöst, indem Er für uns gestorben und in Tod, Grab und Hölle gegangen ist, und darnach ist Er auferstanden und gen Himmel gefahren und das Alles aus lauter Liebe gegen uns. Und diesen Jesum, der der allein liebenswürdige ist, den sollten wir nicht lieb haben? Ihm sollten wir nicht unser ganzes Herz geben? Ja der Apostel Paulus hat Recht, wenn er 1. Corinth. 16 sagt: Verflucht ist, wer den HErrn Jesum nicht lieb hat; denn wer den nicht lieb hat, der ist ein Mensch, an dem Hopfen und Malz verloren ist. Haben wir Jesum lieb, so müssen wir auch nothwendig die uns gefärbte, d. h. die ungeheuchelte Bruderliebe haben, mit der wir die umfassen, die mit uns einen Gott anbeten. Denn wie ich durch den Glauben ein Kind Gottes bin, so sind alle andern Christen auch durch den Glauben mit mir Kinder Gottes. Habe ich nun meinen Heiland lieb, der mich zu einem Kinde Gottes gemacht hat, muß ich da nicht auch meinen Bruder und meine Schwester lieb haben, denen Er gleiche Gnade hat zu Theil werden lassen? Ueber die Liebe wird nun sehr viel und sehr schön von den Leuten geredet, und man muß sich ordentlich in Acht nehmen, daß man dadurch nicht getäuscht wird, denn das meiste ist doch nur Lippengeplapper und mehr oder weniger Selbstsucht; gewöhnlich dauert die Liebe so lange als nichts in die Quere kommt. Kommt uns aber einmal etwas in die Quere, dann ist bald aus dem liebevollen Lamme ein brüllender Löwe geworden. Bei dieser Liebe kann man die Probe machen. Wer wirklich den HErrn Jesum und die Brüder lieb hat, der liefert den Beweis, daß er ein wahrer Christ ist, er zeigt, daß er wiederum geboren ist, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibet. Wiedergeborne, das sind die Christen, andere Menschen gibt es nicht, die wiedergeboren sind, als die Christen. Alle Menschen, von Natur geboren, sind in Sünden empfangen und geboren, sie sind nur einmal geboren; alle Christen sind zum zweiten Mal geboren und zwar zu Gottes Kindern. Das ist allen Menschen ein Räthsel, darum spricht auch schon Nicodemus zu dem HErrn Jesu: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er auch wiederum in seiner Mutter Leib gehen, und geboren werden? Aber Jesus bleibt dabei und bekräftigt es mit einem Eide: Wahrlich, wahrlich. Ich sage dir: Es sei denn, daß Jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Hier zeigt der Apostel dasselbe, indem er sagt, daß diejenigen Christen, welche ihre Seelen keusch machen im Gehorsam des Geistes und sich unter einander brünstig lieb haben, daß die wiedergeboren sind aus dem unvergänglichen Samen des Wortes Gottes. Wir fragen nun: Wodurch wird der Mensch wiedergeboren? Im Evangelium Johannes heißt 18, daß der Mensch aus Wasser und Geist wiedergeboren wird und hier sagt der Apostel Petrus: Nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem, nämlich aus dem lebendigen Worte Gottes. Ist das nicht ein Widerspruch? Auch Paulus tritt auf Christi Seite, indem er die Taufe das Bad der Wiedergeburt nennt. Stimmt nun Petrus nicht mit Jesu und Paulo überein? Merkt euch das, meine Lieben, die Bibel kann sich gar nicht widersprechen, weil sie Gottes Wort ist, und so ist auch hier gar kein Widerspruch vorhanden. Das Wort Gottes, von welchem in unserm Texte die Rede ist, ist allenthalben und auch in den Sakramenten das Wirksame und Hauptsächlichste, das die Wunder thut, so daß ohne das Wort Gottes weder die heilige Taufe, noch das heilige Abendmahl ein Sakrament wäre. Nimm z. B. von der heiligen Taufe das Wort Gottes weg, so ist das Wasser schlecht Wasser und bleibt schlecht Wasser; nimm vom heiligen Abendmahl das Wort Gottes weg, so bleibt das Brod Brod und der Wein Wein. Daß mit dem Wasser in der heiligen Taufe der heilige Geist verbunden wird und mit dem Brod und Wein im heiligen Abendmahl der Leib und daß Blut Christi, das bewirkt nur das Wort Gottes. Darum sagt der Apostel mit Recht: Wir werden wiedergeboren aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes. Ihr sehet also, das allmächtige Wort Gottes wirkt in der Predigt, in der Taufe und im Abendmahl und so oft wir es gebrauchen. Gerade deßhalb können wir nicht hoch genug vom Worte Gottes halten, können es nicht fleißig genug studieren, nicht tief genug ins Herz fassen und nicht oft genug die Gnadenmittel gebrauchen. Nachdem der Apostel das gesagt, daß wir uns als wahrhaft wiedergeborne Menschen beweisen durch den Gehorsam gegen Gottes Wort, der sich in der Liebe kund thut, so mache ich daraus den Schluß: Sehe ich einen Menschen Leben nicht im Gehorsam, nicht in Liebe und Frieden, so halte ich ihn nicht für wiedergeboren. Aber ist er denn nicht getauft und durch die Taufe wiedergeboren? Hast dir noch nicht gehört, daß ein heute gebornes Kind morgen wieder gestorben ist, oder daß es, nachdem es ein, zwei, zehn, dreißig, fünfzig Jahre gelebt, dann gestorben ist? So gibt es eine Menge getaufter Menschen, die waren wiedergeboren und lebten, aber nun sind sie gestorben zwiefältig und es ist mit ihnen schlimmer geworden als es zuvor war. Was der Apostel oben gesagt hat, das bestärkt er nun, indem er hinzufügt, daß es bald mit uns ein Ende hat und daß nur das Wort Gottes in Ewigkeit bleibt, und wenn wir nicht bei dem Worte Gottes bleiben, daß es uns dann geht wie allen vergänglichen Dingen, er sagt: Denn alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorret, und die Blume abgefallen; aber deß HErrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist. Wir sind durch Gottes Wort wiedergeboren, das haben wir gesehen; nun nimm dich in Acht, sagt der Apostel, daß du in dieser Gnade bleibest. Ich will dir sagen, ohne das Wort Gottes bist du eine verwelkende Blume und ein verdorrendes Gras, und bist du ohne Gottes Wort, so hast du zu erwarten, was Gras und Blume zu erwarten haben. Nicht der irdisch Geborne, sondern der Wiedergeborne, der in der Wiedergeburt bleibt, hat das ewige Leben. Du mußt auch in der Wiedergeburt bleiben, mußt in der Kraft derselben wachsen und zunehmen, wenn du das ewige leben haben willst. Thust du das nicht, so wirst du wieder, was du früher gewesen bist, nämlich ein verdorrtes Gras und eine verwelkte Blume. Darum willst du das ewige Leben haben, so mußt du treu bei Gottes Wort bleiben und das kannst du nicht anders als durch treuen Gebrauch der Gnadenmittel. Wenn ich also durch Wort und Sakrament wiedergeboren bin zu einem Kinde Gottes, so muß ich auch durch Wort und Sakrament als ein Wiedergeborner leben. Ihr sehet, das ganze geistliche Leben des Christen geht hervor aus den Gnadenmitteln und klammert sich an die Gnadenmittel. Du bist geboren durch die Gnadenmittel zu einem Kinde Gottes, du wirst genährt durch die Gnadenmittel im geistlichen Leben und du erhältst dadurch Kraft, das Ziel zu erreichen. Diese Gnadenmittel finden wir in der lutherischen Kirche am reinsten, reiner als in irgend einer andern Kirche. Sie kennt keine andre Widergeburt als durch Wort und Sakrament, und keine andere Ernährung des Wiedergebornen als durch Wort und Sakrament. Durch Wort und Sakrament werden wir Christen und durch Wort und Sakrament bleiben wir Christen. So geht es hindurch zum ewigen Leben. Amen.

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