Harms, Claus - Winter- und Sommer-Postille - Am zweyten Advent.
Was erwartet eine Christengemeinde von dem, der an den Vorsonntagen des hohen, heiligen Festes in ihr auftritt zu reden? Daß er rede, was heilig ist, und die Seelen nicht aufhalte mit alltäglichen, viel betrachteten Dingen. Was allen heilig ist, was in ihren Augen kostbarer ist als Gold und Silber, was ihrem Herzen theurer ist als irdische Freundschaft und Liebe, woran sie denken mit Ehrfurcht, wonach sie trachten mit Zittern, weß sie sich freuen mit unaussprechlicher Freude - was allen heilig ist, das soll er reden - in geziemenden Worten, des Christenglaubens Wahrheit und Kraft soll er darthun, des Christenwandels Reinheit und Lauterkeit soll er schildern, die hohen Verheißungen aufs neue bewähren, des Christen Hoffnungen frisch und lebendig machen - weg, weg von der Erde, zum Himmel hinauf soll er Herzen und Augen der Hörer lenken - denn der Herr kommt, und die Kirche feyert seine segnende Zukunft. Ihm entgegen strömet die Christenmeng' in die Tempel: der Fromme will dem die Ehre erweisen als Gottessohne, der das göttliche Wesen ans Licht gebracht hat durch sein Evangelium, will Dank opfern, dem er alles verdankt, das Leben, zu welchem er durch Christum geboren ist: - der Gläubige tritt herein, mit einigem Kummer über die Gegenwart, aber er schaut in die Vergangenheit zurück, da das Christenthum viel mächtigere Feinde zu Schanden machte, und findet sich getröstet für die Zukunft; freudig ergreift er Jesu Verheißung: „Ich bin bey euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Hier im Tempel, an den Tagen wo es heißt: der Herr ist nahe, - nahet sich Jesu die fromme, gläubige Seele, (warum sollte sie nicht? denn er hat ihre Schuld getilgt und gerufen: Kommt her zu mir alle!) naht sich Jesu mit Dank und Gebet und Verlangen, - und Jesus thut sich kund der frommen, gläubigen Seele und erfüllt sie mit Freude und Frieden, mit dem Frieden Gottes, der höher ist, als unser Verstand reicht. - Also löset sich im Verborgenen das Geheimniß der jährlichen Adventsfeyer. Was dem gutmeinenden Verstande nur ein Andenken, dem klügelnden ein Spott, den leiblichen Sinnen geradezu eine Thorheit ist, das ist dem offenen geistlichen Sinn gegenwärtig und ehrwürdig, die wiederkehrende Erscheinung Christi.
Ich will keinen fragenden Blick auf die Versammlung werfen: wie viel oder wie wenig derer wohl seyen, die einen solchen Vortrag wünschen und fassen und billigen. Keine Vermuthung soll mich ablenken, kein Zweifel den ungewöhnlichen Gang, keine Bedenklichkeit das kühnere' Wort hemmen. Als ob ich nichts fürchte, will ich fortfahren, das mitzutheilen, was meine Seel' erfüllt und dieser festlichen Zeit gemäß ist; und ich fürchte nichts, denn ich hege Vertrauen zur Wahrheit, daß sie sich Eingang verschaffe, und bin überzeugt, daß die Sprache des Herzens wohl Herzen finde.
Ich habe euch einen Blick eröffnet in die Seele des Christen, zur Zeit, wenn sie in des Glaubens Kraft und Fülle ihre Gemeinschaft mit Jesu erkennt und des göttlichen Friedens theilhaftig wird, laßt mich fortfahren, sie euch ganz zu enthüllen, daß ihr erkennt ihr Tichten und Trachten, was sie verschmäht und was sie hochschätzt, was ihr Trauer, was ihr Freude bringt, ihr Gut, ihr Glück, ihr Vertrauen, die Kraft, die sich in ihr regt, die Sehnsucht, die immer wach ist, mit einem Wort, ihr Leben, das Christenleben möcht ich schildern - daß sich erhebe über das Menschenleben, wer in dem bunten befangen ist, daß sich aus dem Sündenleben reiße, wer mit schimpflichen Banden daran gefesselt ist, daß, wer das höhere, herrliche Leben ergriffen hat, es festhalte und bewahre wie ein Kleinod - bis er eingeht ins ewige Leben. Dort freilich erscheinet erst, was wir seyn werden, aber wollen wir darum gering achten, was wir schon seyn können? Kommt, ruf' ich euch zu, und sehet, wie hochbeglückt wir sind durch die Liebe Gottes in Christo!
Text. 1 Joh. 4, 9.
Daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen uns, daß er seinen eingebornen Sohn in die Welt gesandt hat, daß wir durch ihn leben sollen.
Johannes, möchte man ausrufen, du Apostel der Liebe und Seligkeit, deine Worte sind lieblich und lebendig, o schreibe den Christen noch einmal von der unendlichen Liebe Gottes und dem großen Werk seines Sohnes! Es ist eine Kälte jetzt in der Christenheit, welche das zarte, rege treibende Christenleben unterdrückt, und Viele schlafen schon in Gleichgültigkeit. Sie möchten erwachen zum neuen Leben, wenn du ihnen noch einmal ins Herz riefest! Doch du hast deinen Ruf niedergelegt in deinen herrlichen Brief. Mit deinen Worten wollen wir den Bruder ermahnen, mit deinen Worten, den Sonnenstrahlen zur Winterzeit, uns warm und wacker erhalten. - Das Leben ist süß, doch süßer noch das geistliche Leben, denn für dieses gaben einst Tausende jenes mit Freuden hin. Laßt uns diese Stunde dazu anwenden, das Christenleben näher kennen und richtiger schätzen zu lernen, was wir davon - und wie wirs erkennen, wann wir
- die Eitelkeit aller Dinge betrachten,
- unser Gewissen urtheilen lassen, und
- gewisser Stunden uns erinnern, in welchen vermuthlich die meisten Christen sich des Lebens wirklich bewußt werden.
I.
Das Christenleben ist mein Satz. Allein, wo nehm ich die Erklärung her? - Vom Aeußern aufs Innere schließen, wer weiß nicht, wie mangelhaft und unzuverlässig das ist! Wozu noch kommt, daß in unfern Tagen so viele Christen ihr Aeußeres einstellen und verstellen, denn auch nicht einmal den Schein wollen sie haben. Ehemals war das anders. Das wahre Wesen dagegen, - es liegt verborgen in der Tiefe des Gemüths, oft dem Besitzer selbst verborgen in christlicher Einfalt. Indessen laßt uns zusehen und versuchen, und einen vergleichenden Blick auf das Wesen der Welt werfen.
Betrachtet das Wesen der Welt. Wohl ist sie schön, die Welt! Aber was würdet ihr dem Jüngling sagen, der. Alles vergessend, sich hineinstürzen und den Freudenbecher ergreifen wollte, den ihm die Weltkinder darbringen? - Was würdet ihr der Jungfrau mit ernster Freundesstimme sagen, deren Aug' auf Flitter ruhte, deren Sinn auf Lustbarkeiten gerichtet wäre, die sich dem Strudel des Vergnügens mit eiligen Schritten nahte? - Möchtet ihr dieser nicht in den Weg treten, jenen nicht einholen, und beyden sagen: Kinder, täuschet euch nicht! die Welt ist arm an wahren Gütern, ist leer an reinen Freuden, und ihr sucht von dem, was sie noch hat, nicht einmal das Beste? Und wenn sie euch dann fragten: „Was ist besser? Zeige es uns!“ so würde euer bewegtes Herz euch den Mund öffnen: Das ist es, was euch warm entgegen schlägt und euch retten möchte vor dem Verderben, die christliche Liebe, die mich treibet, euch beyzustehn, die zur Wehmuth würde, wenn ihr dahinginget, wohin so viele - und zum Entzücken, wenn ihr glaubetet, daß auf Erden nichts zu erjagen ist. Dir gab dein Schöpfer ein weiches Herz, geh hin, geh hin! junge Christin, dort weint ein Unglücklicher im Stillen, deine Theilnahme, deine freundliche Rede wird ihm wohlthun. Dir gab dein Schöpfer mehr Kraft, junger Christ, lerne sie nützlich anwenden. Deine Eltern werden alt und schwach, schaff' ihnen durch deine Arbeit ein heiteres Alter. Sie sorgten für dich an deinem Morgen, bereite du ihnen einen schönen Abend!
Das ist die Vorschule des Lebens zum Leben. Wer nicht frühe lernt, daß es edlere Triebe gibt als die sinnlichen, und süßere Thaten als die Befriedigung seiner Begierden, aus eigener Erfahrung lernt, wie will der bestehen die Prüfungen in der Kreuzschule, welche Ergebung und Gelassenheit - und die noch schwerern Prüfungen in der Schule des Glücks, welche Bescheidenheit und Mäßigung fordern. Denn so verhält es sich mit dem Wesen der Welt. Erst lockt es uns an, dann beweist es sich treulos. Es wäre traurig, wenn Mißgeschick und Armuth den Christen niederbeugen könnte! Aber, Christen, fühlt ihr nicht eine Kraft in euch, die es aufnehmen kann mit jedwedem Mißgeschick? habt ihr nicht einen Glauben (der Glaube ist immer siegreich!) einen Glauben, der euch aufrecht erhält in Sturm und Wetter? „Die Haare auf meinem Haupte sind gezählet.“ (Wer hat euch diesen Spruch gelehrt?) Tragt ihr in eurem Bewußtseyn nicht etwas, welches euch reich macht im Mangel? „Arm oder reich, dem Höchsten gilt es alles gleich.“ Dieses Bewußtseyn, dieser Glaube, diese Kraft geben eine Unempfindlichkeit in Leiden, eine Geringschätzung der irdischen Güter, eine Zufriedenheit auch mit dem Wenigsten, - geben die Gottseligkeit, welche die Seele im Leben des Christen ist.
Ja, in sich muß der Christ etwas tragen, viel tragen, oder er gibt sich gemach dem Irdischen hin. Sagt ihm, das Wesen dieser Welt vergehe, so wird er suchen und sorgen, es fest zu halten. Und es kann seinen Anstrengungen und seiner Klugheit gelingen. Aber ist dieses sein einziges Streben, wie strebt er dann so tief hinab, zu todten Götzen, aus der finstern Erde aufgeholt! wie strebt er dann nach einem traurigen Ende, sich um das Leben zu bringen, das nicht mit Speise und Trank erhalten wird! Wie kann der christlich lebendig bleiben, der beständig das kalte, schwere Metall an sein Herz drückt! Was hilft es dem Menschen, so er die ganze Welt gewinnet, und Schaden nimmt an seiner Seele! Wo der Schatz ist, da ist das Herz, unser Schatz soll in uns seyn und von obenher vermehrt werden. So bewahren wir das Christenleben.
II.
Wir haben unsere Augen auf das Wesen dieser Welt gerichtet; nur noch einmal hingeschaut: in ihr herrscht der Tod, außer ihr findet man das Leben, - wollen jetzt prüfend in unfern Busen greifen und das Gewissen urtheilen lassen. Traurig, wem sie im Leichtsinn der Jugend, in den starken Sünden des Mannes - in den eitelen Thorheiten des Greisenalters fremd ist, die Stimme Gottes im Innern! Doch wem kann sie fremd seyn? Wenn sie auch nicht von innen herausspricht, so hallet sie entgegen, hallet schrecklich entgegen in den Seufzern der Verführten, in dem Jammern der Betrogenen, hallt schrecklich entgegen, wenn Witwen und Waisen über Ungerechtigkeit schreyn. Aber richtet nicht, Brüder! Wer sündiget, ist schon gerichtet, nämlich droben, wo der Frevel der Nacht und die Bosheit am Mittag gerichtet wird. Reget sich nicht ein schöner Gefühl in euch? Die ihr Christen seyd und wisset, daß Gott ein Vater ist, und glaubet, daß Gott um Jesu willen gnädig ist, wollt ihr nicht schonend seyn gegen den Gesunkenen und zu Gott flehen für den Gesunkenen, daß er ihn wieder aufrichte mit erbarmender Liebe? O bey allem, was euch theuer ist, bey des Richters Gnade, welche wir alle bedürfen hier und dereinst, hegt milden Sinn, hegt Schonung gegen den Sünder! Wo sie fehlt, da ist der Tod und nicht das Leben.
Oder glaubt ihr des Richters Gnade nicht zu bedürfen? Wir kennen die unglückliche Gewohnheit, im pharisäischen Staatskleide aufzutreten; wir kennen die unselige Neigung, die Flecken des Herzens zu überweißen mit sogenannten guten Thaten und dann zu sagen, ich bin rein. Das mögen Menschen glauben, die am Schein hängen, gilt aber vor Gott nicht, kann vor uns selbst nicht gelten. Ihr kennt wohl jene stillen Stunden, wo die Gedanken in die Vergangenheit gehn und sich um unsere frühern Schicksale bewegen. Da mischt sich gern ein fremder, ernster Gedanke unter sie. Er bringt Sünden ins Gedächtniß, die vergessen aber nicht bereut waren. Er würdigt unsre gepriesenen Handlungen herab und nennt Furcht oder Vortheil, Eitelkeit oder Ruhmbegierde ihre Quelle. Er hält uns vor, was nicht geschehen ist und doch hätte geschehen sollen, und zeigt uns die verträumte Zeit, die versäumte Gelegenheit, die im nichtigen Vielthun verlorne Kraft. Er hält uns vor, was nicht geschehen ist und freylich auch nicht hätte geschehen sollen, wovon uns aber die Furcht oder der Nachtheil, der Wohlstand oder unsere Unvermögenheit abgehalten hat, nicht der Haß der Sünde. - Wir erstaunen dann über unsere Blöße; es ergreift uns das Gefühl der Scham und der Unwürdigkeit, also vor Gott zu stehn. Wenn er auf unser Verdienst sähe, wie klein dann unser Lohn! Nein, Demuth, das ist die allzeit rege Stimmung im Leben des Christen. Dem Demüthigen gibt er Gnade. Und es gelingt dem Christen, daß er sein Herz wieder stillet, er findet sich mit himmlischer Kraft gestärkt, das zu thun, was er will, er ist fleißig zu guten Werken und fördert das Werk Gottes an seiner Seele. Aber weil er nur Mitarbeiter Gottes ist, so bleibt er bescheiden, und rechnet sichs nicht an, als wenn ers selbst gethan hätte. Demuth und Bescheidenheit geben die Gestalt, worin das Christenleben erscheint.
Wir haben unsere Augen auf das Wesen der Welt gerichtet und gesehen, daß nicht in ihr, sondern außer ihr, in der Gottseligkeit, das Leben zu finden sey. Wir haben unser Gewissen zum Urtheil gebracht und gehört, daß der Christ, der in dem neuen Leben wandelt, schonend gegen Andere, demüthig vor Gott und bescheiden seyn müsse. Lasset euch jetzt an gewisse Stunden erinnern, in welchen ihr vermuthlich alle des Christenlebens euch wirklich bewußt geworden seyd.
III.
Dem einen näher, dem andern entfernter liegt in der Vergangenheit die Stunde, in der wir uns feyerlich bekannten zum Christenthum, die Geburtsstunde zum höhern Leben. O möchte sie allen unvergeßlich geworden sehn! Es ruhte auf uns der Blick der ganzen Versammlung, es trat der Lehrer unter uns und seine eindringliche Rede erfüllte, das kindliche Gemüth. Wo sollten wir mit dem Ernste hin, den wir bis dahin nicht kannten? wem galt die neue Rührung, das fremde Verlangen, welches er weckte? Es wurde gerichtet auf das Unsichtbare, das droben ist, und auf das Unsichtbare, das hienieden ist, wir erkannten die Liebenswürdigkeit der Tugend, verstanden das Wesen der Gottseligkeit, ahndeten etwas von einem höhern Leben. Wir hatten gelernt, daß die Religion Jesu die beste Führerin sey, und zu ihr bekannten wir uns mit einem feyerlichen, freudevollen Ja, zu Ihm, zu Jesu, hoben wir die kindlich-reinen Hände empor, und in seines Dieners Segen, der über uns ausgesprochen wurde, schien er, der Gottessohn, sich herabzuneigen zu uns, als ob er riefe: „Ihr seyd nun Gottes Kinder,“ so schwang sich die Seele aufwärts, vom Bewußtseyn der Kindschaft gehoben. Vergessen war die Welt, die Begierden stille, auf Erden kein Gut für uns, denn alle Güter lagen in dem neuen Leben und wurden gegeben mit dem neuen Leben, das sich vor unserm Blick öffnete, in welches wir nun den ersten Schritt thaten. Und wir bezeichneten diesen Schritt mit Thränen, mit Freudenthränen über das Gefühl, mehr, viel mehr zu seyn als wir bis dahin gewesen.
Oder waren es Thränen der Wehmuth und Bangigkeit? Sahn wir vielleicht vorher, daß wir die Jesu geweihte Seele nicht rein erhalten würden von irdischen Flecken, nicht frei von des Irdischen Gewalt? - O dann sind’s Thränen von wahrer Bedeutung gewesen, denn wer kann sagen: Ich habe gelebt wie ich gelobet an jenem Tage? Wir kamen auf verderbliche Wege; aber Er, der uns einmal angenommen, rief uns zurück und nahm uns abermals an. Freunde, es ist kein leerer Gebrauch, daß wir unsre Sünden bekennen, eh' wir uns dem Reinen und Heiligen wieder nah'n - kein blinder Glaube, daß Gott Sünden vergebe! Wüßten wir nicht, daß er vergeben, so könnten wir nicht an des Herrn Tisch treten mit Freudigkeit, könnten das Brod nicht essen zur Stärkung des Glaubens, den Wein nicht trinken als eine Erquickung im leidenreichen Menschenleben zum freudenreichen Christenleben, nein dann erst, wenn sich die Seele gedemüthiget hat vor dem Reinen und Heiligen, und in ihrem Innern die frohe Zusicherung erhalten: „Dir sind deine Sünden vergeben,“ erst dann nimmt sie Theil an der himmlischen Speise, erst dann erkennt sie ihre Verwandtschaft mit dem Himmlischen, ihre Befreundung mit dem Göttlichen, und im Gefühl des Lebens, welches den Tod nicht kennt, ruft der Andächtige zu dem, ders gegeben: „Herr Jesu, dir leb' ich und dir will ich sterben, dein will ich todt und lebendig seyn!“
Ich habe zu Christen geredet. So kann ich meine Beschreibung des Christenlebens jetzt endigen. An die merklichsten Augenblicke im Christenleben hab' ich erinnert; wer sollte nicht diese und viele andere noch aus eigener Erfahrung kennen! Die herrschende Gesinnung im Christenleben hab' ich geschildert; wer wollte stolz seyn auf seine Werke! wer strenge richten über den Bruder! Die Stimmung im Christenleben hab' ich gepriesen; wer wollte sein Glück in eiteln Dingen suchen! - Bringe nun jeder hinzu, was ihn besonders treibt, woran er besonders sein Christenleben erkennt. Ists Dankbarkeit gegen Gott, ists Ergebung in seinen Rath, ists Vertrauen zu seiner Hülfe, ists der heitere Blick, mit dem er auf die Erde sieht, den Schauplatz göttlicher Größe und Güte, oder stilles Sehnen in das Land, in dem es noch besser ist, wo keine Klag' ertönt und keine Thräne fließt; was es auch sey, jeder bring es herzu als einen bedeutenden Zug im Christenleben.
Nur ein Gebet noch, ihr Lieben, ein Gebet noch zu dem, der da gibt, zu dir, o Gott. Ich habe geredet von dem Geschenk deiner Liebe: Vater, segne meine Worte! der du die Herzen lenkst, lenke auch diese Herzen auf dein Geschenk, daß sie es ergreifen und sich zu eigen machen und treu bewahren. Zu dir, o Jesu, flehe ich. Du hast es dargebracht, du hast dein Leben für unser Leben dahin gegeben. Vollendeter, sieh gnädig herab auf uns und laß uns nicht sterben! Doch wir sind versammelt in deinem Namen, so bist du mitten unter uns, wo du bist, kann der Tod nicht seyn. Meine Brüder, seyd alle dieses herrlichen und unvergänglichen Lebens froh!