Harms, Claus - Am ersten Weihnachtstage 1844.
Ges. 221. Lobt Gott, ihr Christen allzugleich.
Hat denn auch Mancher - haben Alle, wird nicht gefragt - hat denn auch Mancher eine Vorstellung davon, wie einem Prediger zu Muthe sei, wenn er nun vor der Gemeinde steht und soll eine Predigt halten, zumal am Weihnachtstage und in großer Versammlung? Welch' eine Aufgabe ist das! Wer seid ihr Lieben alle? Mehr noch als an den Sonntagen seid ihr heute gemischt, Menschen aller Stände, alles Alters, auch mehr Kinder gewiß wie sonst! Und innerlich, was Glauben und Gemüth betrifft, da ist die Verschiedenheit noch eine größere; ihr bekommt aber alle dasselbe Wort zu hören. Hab' ich es für euch Alle? und wenn ich's meine zu haben, bin ich auch im Irrthum? Und darnach gehet ihr wieder weg, befriedigt oder vielleicht unbefriedigt; welche unbefriedigt, ungewonnen und ungenommen, unangefasset von dem Wort, das sie gehört, die kommen sobald nicht wieder. O, das ist keine gleichgültige Sache, wahrlich nicht. Ob ich ihretwegen meine Hände in Unschuld waschen könne? Sie gehen fort und bleiben weg auf ihre Gefahr, sind aber Seelen, die Jesus Christus doch erlöset hat und ist auch um ihrer Seligkeit willen ein Mensch geworden, heute gesprochen so, ist auch für sie in der Krippe gelegen, der Sohn Gottes. Vor dem steht der Prediger mit der Sache und vor dem soll er wegen des geredeten Worts Rede stehen an jenem Tage einer zweiten Erscheinung Christi auf Erden, der Prediger ebensowohl, wie die ihn gehört haben. Darum gefragt, theure Christen, wie gefragt ist; ob auch Mancher eine Vorstellung davon habe, wie einem Prediger wohl zu Muthe sei, wenn er am Weihnachtstag, vornehmlich dann, seinen Vortrag halten soll. Sie ist gemacht jetzt, diese Vorstellung, - von andern Predigern weiß ich es nicht so, aber von mir, und sage: nach der Wahrheit.
Lasset mich gegangen sein diesen dunklen Gang, eingegangen durch diese enge Pforte. Jetzt will ich auch sagen: Ich bin hindurch. Sei's eine Wolke gewesen, so ist sie jetzt vorüber gezogen und wir stehen in der Klarheit des Herrn. Wo kommt sie her? Vom Feste, von dem Verbot, das unser Fest spricht: Du sollst nicht traurig dastehn und ängstlich predigen. Vom Feste kommt die Klarheit her und von dem Gebot desselben: Du sollst fröhlich mit den Fröhlichen sein und die etwaigen Traurigen vor dir, die sollst du anderen Sinnes machen, sie sind aus keiner Freude gekommen, so sollen sie in Freude weggehn, wie die andern. Dein Text lautet darnach; da muß es auch die Predigt.
Wohlan denn, hört unsern Text, das Evangelium des ersten Weihnachtstages:
Ev. Luc. 2, 1-14. Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot vom Kaiser Augusto ausging, daß alle Welt geschätzet würde. Und diese Schätzung war die allererste, und geschah zur Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und Jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein Jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das Jüdische Land zur Stadt Davida, die da heißt Bethlehem, darum, daß er von dem Hause und Geschlechte Davida war, aus das) er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertraueten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, daß sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselbigen Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihrer Heerde. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht; siehe, ich verkündige euch große Freude die allem Volk widerfahren wird; Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr in der Stadt Davida. Und das habt zum Zeichen, ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt, und in einer Krippe liegend. Und alsobald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerschaaren, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen.
Die singen, wir könnens auch; die Worte der Engel, diese hier, sind uns weder unbekannt, noch für uns unaussprechlich. Laß sie hören, dich hören, ganze Versammlung:
Allein Gott in der Höh' sei Ehr'
Und Dank für seine Gnade
Darum, daß nun und nimmermehr
Uns rühren kann kein Schade!
Ein Wohlgefall'n Gott an uns hat.
Nun ist groß Fried' ohn' Unterlaß;
All' Fehd' hat nun ein Ende.
Gepredigt aber werde dies:
Das fröhliche Vortreten der Weihnachtsfeier unter dem Wort ihres Evangelii: Das habet zum Zeichen. - Nämlich, wenn man sich so bückt über dem Wort des Textes, dann tritt bald das eine, bald das andre hervor und will die Predigt sein. Für heute hat es wollen das Wort sein:
Und das habt zum Zeichen:
1) Ihr sehet eine Menge gläubigfroher Christen beisammen, 2) Ihr hört das gläubigfrohe Zeugniß eines Predigers, 3) Das eine wie das andere schon eine lange Zeit. Habt zum Zeichen: 4) Ihr fühlt glücklich euch nicht ohne Christum, und ihr Andern, 5) Ihr findet mit ihm euch auch im Unglücke glücklich.
1.
Das erste ist das Nächste, habet zum Zeichen dies: Ihr seht eine Menge gläubiger Christen beisammen. Es ist ein Zeichen sowohl, wie das eines war, welches den Hirten gegeben wurde, auf welches sie gingen und fanden's so, wie von dem Engel gesagt worden: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend. Im Glauben gingen sie und fanden im Glauben; was es auch gewesen, das sie geleitet und an die rechte Stelle gebracht hat, geschrieben steht das nicht, aber Unglaube ist's gewiß nicht gewesen. Sei angeredet hierauf du ganze Christenversammlung: du weißt, was geschehen ist einmal und was unsere Feier für einen Ursprung hat, weißt auch, daß die Geburt dieses Kindes nicht irgend welch' eine ist, wie die Geburt eines Menschenkindes, das zu einem großen Mann geworden und sich ausgezeichnet hat vor vielen Hunderttausenden, sich ein solches Gedächtniß seiner Geburt gegründet hat durch irgend welch' großes Verdienst um einen großen Theil der Menschheit: sondern, wer Lehre empfangen hat in seiner Kindheit, und kaum das, Jedermann weiß es: dem Weihnachtsfest liegt zum Grunde: Gott wird Mensch, ich will es lieber mit dem Engelwort sagen, wie es hieß bei der Ankündigung: Der heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten, darum auch das Heilige, das von dir geboren wird, wird Gottes Sohn genennet werden. Der ist geboren, sagt die Weihnachtsfeier und tritt einem Engel gleich mit dieser Botschaft vor, spricht auch wie der Engel sprach: Und das habt zum Zeichen. Merken wir das Wort. Wir sind gewohnt Zeichen und Wunder für fast gleichbedeutend zu halten, hier ist's nicht so, das Zeichen, auf daß die Hirten gewiesen wurden, war kein Wunder, heißt aber Zeichen, weil es, im Glauben angenommen, zu einem Wunder hinführte, das auch dann gläubig von ihnen angenommen wurde. Unsre Weihnachtsfeier auch scheidet Wunder und Zeichen. Das Wunder ist die Menschwerdung des Sohnes Gottes, das Zeichen aber ist dies: Ihr seht eine Menge gläubigfroher Christen beisammen. So tritt unsere Feier vor. Denn sehet, was immer auch sonst mitgewirkt, getrieben haben mag, wenn kein Glaube bei dieser Menge wäre, so würde sie nicht in dieser Zahl, nicht zu der Feier gekommen sein. Thue niemand dieser Versammlung ein Unrecht, etwa aus seinem eignen Unglauben an das Geschehene. Ich sage: Der Wind hat sie nicht zusammen geweht, ein Schauspiel zu sehen oder ein Tonspiel zu hören sind sie nicht gekommen, was denn? Ihr Glaube an Christum und daß sie ihm eine schuldige Ehr' erzeigen, gleich dem Vater, der ihn gesendet hat, wie sie auch gesungen haben mit dem Engelwort: Ein Wohlgefallen Gott an uns hat. An den Ungläubigen hat er kein Wohlgefallen, die bei sich diese seine größte Liebes- und Barmherzigkeitserweisung verwerfen, dagegen die sie annehmen und freuen sich derselben, die gefallen Gott. Dies ist ihrer Herzen Zug gewesen, davon sie her- und beisammengebracht sind. Freue sich auch Einer über den Andern, der auch gegenwärtig zu dieser gemeinschaftlichen Freude! Habet zum Zeichen dies, was ihr sehet.
2.
Ob es einen schönern, erhebendern Anblick geben könne, ich meine nicht, als diesen: eine gläubigfrohe Menge bei einander. Aber nicht wird gesprochen davon im Allgemeinen, sondern im Besondern so: Was sich so mittheilet von allen Innerlichkeiten eines Menschen, als der Glaube, wenn er in Andacht durch eine Andachtsübung sich äußerlich macht, wie er es hier thut, das kann wohl nach der Benennung im Evangelium ein Zeichen heißen. Indeß, liebe Feiernde und jetzt im Hören Begriffene, - was wird euch zu hören gegeben? Das auch habet zum Zeichen, das gläubigfrohe Zeugniß eines Predigers. Laßt es bei euch als das zweite gelten. Freilich, er ist kein Engel, zu den himmlischen Heerschaaren gehört er nicht, er ist vielmehr von den Hirten einer - Predigtamt ist Hirtenamt - und stehet hier, das Wort auszubreiten, wie auch weiter unten von jenen Hirten gesagt wird, daß sie das Wort ausgebreitet hätten. Das ist das Wort: Gott ist Mensch geworden; wie die Kinder Fleisch und Blut sind, so hat der Sohn es auch angenommen. Heute nichts mehr als dieses: die Zeit kommt, da wir aus der Fülle dieses Einen Worts nehmen werden; das ganze Christenthum ist darin, wie der Mann im Kindlein. Das sagt nun ein Prediger und ihr bekommt es zu hören. Woher hat der es? Ich spreche heute so: Von dem Engel, von den Engeln; will jedoch nicht verstanden sein, als wäre einer vom Himmel erschienen bei Tage oder bei Nacht, sondern ich will verstanden werden so: Mein Glaube, daß dort zu Bethlehem in der Krippe der Sohn Gottes lag, eben wie derselbe drei und dreißig Jahre später auf Golgatha am Kreuze hing, dieser Glaube ist nicht mein Werk und Bau, und in einen von ihr selbst aufgeführten Bau ist meine Seele nicht eingezogen, sondern den Glauben hat Gott in mir aufgeführt und meine, ich weiß, wie ungeneigte Seele ist eingezogen auf Zeichen, ja auf Zeichen, zwischen ihm, der sie gab, und mir bekannt. Und ist bei meinem Zeugniß kein Hinterhalt z. B. dieser: ich stehe im Kirchendienst, darum kann ich einmal nicht anders zeugen, oder eine Verdrehung des Wortes „Sohn Gottes“, als hielte ich Christum nur für einen ganz besonders ausgezeichneten Menschen; sage im Gegentheil oder im Widerspruch, ob es jemand auch für Ketzerei erklärt: Als Mensch, als bloßer Mensch betrachtet, wird Christus übertroffen von Vielen, aber als Gottmensch ist er mein Glaube, als der vom Himmel aus des Vaters Schooß Gekommene, der eine ewige Herrlichkeit verlassen hat auf eine Zeitlang und hier gelebet hat, äußerlich als unsers Gleichen, geboren von der Jungfrau Maria, welche heilige Geburt unsre Feier ist, die heute vortritt und giebt dieses Zeichen: das gläubigfrohe Zeugniß eines Predigers: Gilt es? wirkt es? Ich weiß nicht, doch mein' ich, so es dahin fahren lassen, wie des Wortes Laut dahin fährt, das könnt ihr auch nicht. Der Eine wird es hören zu einer Erschütterung in sich und ein Anderer mit einem süßen Beben. Oder wäre mein Licht ein solches, bei welchem noch Keiner seines hätte angezündet? Ist's das? Davon müßt ihr wissen. Oder das Niemand, wenn mein Licht auf diesem Leuchter brennet, je da gesehen hätte? Sieh um dich, sag' ich, sieh über dir, wohin du willst, aber siehe auch in dich, ob da nicht eine dunkle Stelle in dir helle wird in Wirkung dieses meines Zeugnisses? Und das habe zu einem Zeichen.
3.
War nicht geredet, wie zu Anfang. Nein, Lieben, ich habe die enge Pforte hinter mir und steh' in freiem Raume, gebe zu zwei Zeichen das dritte und sage: Was ihr jetzt sehet und höret, das ist zu sehen und zu hören gewesen eine lange Zeit. Allerdings ist die Feier der Geburt Christi nicht die älteste in der Christenheit; Ostern und Pfingsten ist gefeiert von Anfang her, unser Weihnachtsfest erst im vierten, fünften Jahrhundert; allein, so berichtet ein Gleichzeitiger, einmal da und dort angefangen, breitete es sich über die ganze Christenheit aus. Ist dies zum Verwundern, oder das so lange Unterlassen? Ich denke, letzteres; denn daß Christus geboren ist, das ist wahrlich nicht eine Bedingung bloß, sonst hätte er nicht leiden und sterben können, nein, es ist ja in der That die anfangende Erlösung selber. Der Grund lieget anderswo. Daß eben der Tod Christi unsre Erlösung heißet, wird auch gepredigt zu seiner Zeit, aber das nicht von Christi Leiden und Sterben getrennt gedacht, daß Gott Mensch geworden. Es ist beides eine Herablassung Gottes, eine Gnade Gottes, die unter ihren Flügeln Heil, ja wahrlich auch die Vergebung unserer Sünden trägt. Sprecht darum mit mir: Ebensowohl ergreifen wir dieses Heil, wenn wir an der Krippe knieen, als wenn wir sein Kreuz umfassen. Ist gewiß auch ein Grund, warum die Weihnachtsfeier so schnell und so tief Wurzeln geschlagen hat in dem Boden der christlichen Kirche. Ja, sehen wir auch unsre Advents- und Weihnachtsgesänge darauf an, so lesen wir ebenfalls in ihrer einigen, wie auch in Christi Geburt eine belebende und erhebende Kraft liege; beide heut gebrauchte Gesänge führen uns die Menschwerdung des Sohnes Gottes allein vor. Wie alt sind sie? 216 (Dies ist der Tag, den Gott gemacht) ist von Gellert, 221 (Lobt Gott, ihr Christen All' zugleich) von Nikolaus Herrmann, der noch lebt, ob er gleich 1561 gestorben ist. Nehmen wir dies als Zeichen an, das unsre Feier uns giebt. Was wir singen, hat man vor drei hundert Jahren gesungen, gewiß in ebensoviel Glauben und Andacht, und Weihnachtspredigten, o, man hat vor Zeiten ja nicht gewußt davon, daß auch Weihnachtspredigten könnten gehalten werden ohne abgelegtes freudiges Zeugniß: Gott wird ein Mensch! Unser Beisammensein also und was wir thun, das hat die Neuheit und die Verdächtigkeit und Bedenklichkeit seiner Neuheit längst abgelegt und stehet in alterthümlicher Bewährung da. Was immer sich auch mit dem Menschen verändert und worin ein späteres Geschlecht es einem frühern zuvor thut, ich nenne: Irrthümer ablegen, in unserer Sache ist kein Irrthum abzulegen gewesen, Licht ist Licht, Wahrheit ist Wahrheit geblieben, was sich aber zu einer Zeit wie ein Dieb an's Licht setzen wollte, man hat es wahrgenommen und hat es abgeschnäuzt. Verachte Keiner diesen Beweis des Alterthums, es ist ein Beweis auch, wie der manchmal in seinen Glauben Schwache auch diesen Beweis wohl brauchen kann. Nehm' ich eine kurze Strecke von der Vergangenheit, nehm' ich den Glauben, mit welchem unsre Eltern und Großeltern am Weihnachtsfest in die Kirche gegangen sind, wie den Glauben und die Andacht in ihren Häusern am heiligen Abend, sie hielten ja im Hause Kirche mit Gesang und Predigt: weht's nicht herüber zu uns aus ihren Häusern, wo die stehen, meines da, deines dort, oder auch nicht mehr stehen, dann von der Stätte her eine laue Luft, o, die wir gern athmen und ist uns die rechte Lebenslust einer christgläubigen Seele! Wohl dem, dessen Kindheit sie empfunden hat! Die aber nicht, wissen so viel doch, daß die Weihnachtsfeier von jeher gläubige Theilnehmer gefunden hat in allen christlichen Ländern; und kein inniger, sinniger Christ verschmäht dies dritte Zeichen.
4.
Das vierte Zeichen, woher nimmt unsre Feier das? Sie tritt hervor und spricht: Das habet zum Zeichen, ihr fühlt euch glücklich ohne Christum doch nicht. Sind denn hier, denen dies als Zeichen gegeben werden kann? Heute eher wie an andern Tagen; denn es sind hier wohl, von denen man sagen kann nach eines Evangelii Wort: nach Gewohnheit des Festes. Allein es steht zu vermuthen, daß diese das angegebene Zeichen bereits bekommen haben, wenigstens derjenige Theil ihrer, der bisher gut gesehen und gehört hat. Wir wissen, was Alles gethan wird, um einen frohen Tag, zwei frohe Tage zu haben, und es glückt auch. Ja, es glückt, wenn sie sich fern halten, allein wenn sie uns nahe kommen, wenn sie unter uns treten, dann glückt's ihnen nicht, glücklich an einem Weihnachten zu sein und bei einer Feier, wenn sie nicht an den menschgewordenen Gott glauben. Ich will's ihnen nicht sagen, sie sollen's sich selbst sagen: Arme Menschen im Reichthum, die wir doch sind! Die sehen den Himmel offen, der uns verschlossen ist! Kleine Menschen in großen Ehren, die wir doch sind! Die wissen sich von Gott angeblickt und aus den Augen des Kindleins Jesu; und wir wissen von keinem Blick als den aus Menschenaugen und werden es nicht inne, in keiner Seelenbewegung, daß wir einen gnädigen Gott haben. Enge Herzen, die wir doch sind, bei alle dem, was an Freuden dieser Erde hineinströmt! Die bekommen andre, reinere, schönere, genießen den Vorschmack himmlischer Freuden in ihrer Festfreude. Das Fest kommt zu uns, aber wie ordinair, wie ungeweiht! und die Freude bleibt draußen, was wir so nennen; wir fühlen es gut, daß sie den Namen nicht mit Recht führe. Und das, so tritt wieder euer Prediger vor, und das habt zum Zeichen, wenn ihr es so findet. Ach, diene es euch, daß ihr, von diesem Zeichen geführt, den menschgewordenen Gott zu Bethlehem in der Krippe findet.
5.
Da wir ihn finden und haben zu einem Zeichen dies, daß wir mit Christo selbst im Unglücke glücklich sind. Es hat sein Aussprechen schon gehabt oben, doch das ging anderswo hin, jetzt dasselbe Wort zu gläubigen Christen hingewendet und insonderheit zu den Unglücklichen, Leidenden unter ihnen. Was ihr gethan habet bereits und was auch geschehen ist vor unserm Zusammenkommen hier, diesen Morgen, gestern Morgen in der Hausandacht oder spät, früh auf eurem stillen Bett, es mag wohl sein, daß euer Mehrere schon mehr erfahren haben, als hier von den Gläubigsten und Andächtigsten erfahren wird, - saht ihr in den offenen Himmel hinein, eine befreundete Seele dort bei Jesu in der Herrlichkeit, eines lieben Kindes Seele und troff es dabei in eure Herzen Balsam, oder was anders schon eure Christbescheerung gewesen ist: O, kommt nur etwas näher, ich habe auch ein Wort zu sagen, dies: Das habet zu einem Zeichen. Nicht wahr, so habet ihr es auch? Ihr andern Lieben, Leidende auch, die ihrer Traurigkeit noch nicht mächtig geworden sind bis zum Vergessen, aus eurem Glauben sprech' ich mit euch: Nein, ihr könnt nicht traurig sein und diesen Glauben haben. Ist's Armuth, darin tröstet er! ist's Verlassenheit, darin ist er euer Freund! ist's euer Sündengefühl, die Sünden vergiebt er! ist's eure jetztzeitige Schläfrigkeit im heiligen Leben, so wacht er; kommt euer Glaube euch schwach vor, er behütet ihn, und eure Liebe wie erloschen, so bewahrt er doch die Gluth unter der Asche, und was euch fehlt, leiblich oder geistlich, nur das Eine festgehalten: Christus ist geboren für mich auch, und mir auch soll seine Menschwerdung zu Gute kommen; laß schwinden, fahren, weichen, was nicht bleiben will, nur dies halte fest, so bist du in allem Unglück glücklich. Spürst du davon, so habe dies als Zeichen. Oder nicht, noch nicht? Es wird bald kommen; habe bis dahin zu einem Zeichen dies, daß Andre, wohl so unglücklich wie du es bist, im Besitz Christi, - aller Glaub' ist ein Besitz - so fröhlich gewesen, wie der Glücklichsten einer, eben so sehr, wo nicht noch mehr, da Freude wie Farbe auf dunklem Grund beide stärker hervortreten. Das ist das fünfte Zeichen. O Jesu, der du einst mit Augen wie unsre sind, in diese Welt hineingesehen, und schauest nun von der Höh' herab, Gott und Mensch auch in der Herrlichkeit, gieb offne Augen dem, der ihrer noch bedarf, und dem deine Barmherzigkeit sie geöffnet hat, daß sie mehr Zeichen sehen, als von denen heute gepredigt worden ist, denen halte deine Gnade sie offen. Die Gnade unsres Herrn Jesu Christi sei mit uns Allen! Amen.