Gerok, Karl - Der Heimat zu! - 2. Advent.
1879.
(Mat. 25,31-46.)
(31) Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle heilige Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit. (32) Und werden vor ihm alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Böden scheidet; (33) Und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. 34) Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegnete meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. (35) Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist. ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränkt. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt. (36) Ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich bekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. (37) Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen, und haben dich gespeist? Oder durstig, und haben dich getränkt? (38) Wann haben wir dich einen Gast gesehen, und beherbergt? Oder nackend, und haben dich bekleidet? (39) Wann haben wir dich krank oder gefangen gesehen, und sind zu dir gekommen? (40) Und der König wird antworten und sagen zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (41) Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Geht hin von mir, ihr Verfluchte, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. (42) Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeist. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich nicht getränkt. (43) Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich nicht beherbergt. Ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich nicht bekleidet. Ich bin krank und gefangen gewesen, und ihr habt mich nicht besucht. (44) Da werden sie ihm auch antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich gesehen hungrig, oder durstig, oder einen Gast, oder nackend, oder krank, oder gefangen, und haben dir nicht gedient? (45) Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr nicht getan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan. (46) Und sie werden in die ewige Pein gehen; aber die Gerechten in das ewige Leben.
Nicht ohne ein Wort demütigen Dankes gegen Gott dürfen wir heute in diesem Gotteshaus erscheinen für ein abermaliges Wunder gnädiger Behütung und allmächtiger Bewahrung, das er an einem gesalbten Haupt, an einem unserem Königshaus nahe verwandten, großen und edlen Monarchen getan hat.
Beschließt einen Rat und es werde nichts daraus! So hat der Alleingewaltige, der im Himmel thront, wiederum gesprochen zu den Frevlern, die mit satanischer Bosheit und wahnsinnigem Starrsinn ihre Vernichtungspläne verfolgen. Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott, diese Verheißung hat der König aller Könige, der Herr aller Herren abermals an einem seiner Gesalbten erfüllt.
Ja, es waltet noch über uns ein lebendiger Gott, der den Erdboden richtet mit Gerechtigkeit. Das haben uns die Ereignisse der verflossenen Woche wieder gepredigt.
Und es steht ein Endgericht bevor, wo alle Welt versammelt werden soll zur letzten Rechenschaft, wo auch das, was hienieden ungerichtet und ungeschlichtet bleibt, seine Vergeltung finden wird vor dem Thron des Weltenrichters. Das predigt uns unser heutiges Evangelium.
„Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig.“ So lautete vor acht Tagen die gnadenreiche Adventsbotschaft, und sanftmütig und demütig, niedrig und in Knechtsgestalt sahen wir den Friedefürsten einziehen zu den Toren Jerusalems, um den Opfertod der Liebe zu sterben. Das war sein erster Advent.
In anderer Gestalt sehen wir ihn heute, sitzend auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, umgeben von der Thronwache seiner heiligen Engel, umwogt von Millionen banger Menschenseelen, die seines Richterspruchs harren, um Seligkeit oder Verdammnis aus seinem Mund zu empfangen. Das ist sein letzter Advent.
So tröstlich der erste, so schrecklich der letzte. Und doch auch durch die Posaunen des Weltgerichts, die wir in unserem heutigen Evangelium vernehmen, tönen noch tröstliche Klänge hindurch. Auch in der richtenden Gerechtigkeit des Herrn verleugnet sich nicht seine heilige Liebe. Darüber wollen wir jetzt weiter nachdenken: Jesus Christus, der König der Liebe, auch auf dem Stuhl des Weltenrichters,
- voll erbarmender Liebe für die leidende Menschheit,
- voll segnender Liebe für seine redlichen Jünger,
- voll mahnender Liebe für die pflichtvergessene Welt.
Hehrer König, Herr der Schrecken,
Gnade nur tilgt unsre Flecken,
Gnade, Gnade lass mich decken!
Amen.
Auch auf dem Stuhl des Weltenrichters bleibt Jesus Christus der König der Liebe. Als eine tröstliche Verheißung, als eine freundliche Bürgschaft, dass auch beim letzten Spruch des Weltenrichters neben der Gerechtigkeit die Liebe nicht fehlen werde, darf es die Christenheit vernehmen: Der Vater richtet niemand, sondern alles Gericht hat er dem Sohn gegeben (Joh. 5,22). Und so sehen wir denn auch im Antlitz des majestätischen Weltenrichters, wie es aus unserem Evangelium uns entgegenblickt, noch die Züge des barmherzigen Menschensohnes, wie er einst auf Erden gewandelt ist, und hören aus seinem entscheidenden Richterspruch heraus vor allem:
1) Die erbarmende Liebe für die leidende Menschheit.
„Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mich gespeist, durstig und ihr habt mich getränkt, ein Gast und ihr habt mich beherbergt, nackt und ihr habt mich bekleidet, krank und ihr habt mich besucht, gefangen und ihr seid zu mir gekommen. Denn was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Und was ihr nicht getan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan!“ So lauten die Entscheidungsgründe seines letzten Richterspruchs.
Hören wir da nicht auf dem Stuhl des Weltenrichters den alten liebevollen Menschensohn und Menschenfreund, der in seinen Erdentagen umhergegangen ist und hat wohlgetan vielen, der die Hungrigen gespeist, die Kranken geheilt, die Trauernden getröstet, die Mühseligen und Beladenen zu sich gerufen und den Armen das Evangelium gepredigt hat?
Das schreib dir in die Herzen,
du hochbetrübtes Heer,
Bei denen Gram und Schmerzen
sich häufen mehr und mehr!
Also wie einst, da er hienieden im Staube wandelte, angelaufen und umdrängt von Leidenden aller Art, so auch droben auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit, umringt von Engeln und seligen Geistern, hat er euer nicht vergessen, hat ein Auge für eure Nöten, hat ein Ohr für eure Seufzer, hat ein Herz für die leidende Menschheit.
Und wenn hier auf Erden niemand eurer in Liebe gedächte, wenn ihr von den Leichtsinnigen übersehen, von den Hartherzigen an ihrer Tür weggewiesen, von den Hochmütigen verachtet, von den Gewalttätigen unterdrückt würdet, wenn ihr misshandelte Sklaven, die verachteten Parias wärt in dieser Welt, was ihr doch nicht seid, wo der Geist Christi waltet: vom Himmel blickt die ewige Liebe erbarmend auf euch nieder; der Vater da droben weiß, was ihr bedürft; der Sohn des Allerhöchsten nennt euch seine Brüder und macht eure Sache zu der seinen und will, was euch zu lieb oder zu leide geschieht, so ansehen, als hätte man's ihm getan. Also murrt nicht, verzagt nicht, verzweifelt nicht, flucht nicht über Gott und Welt. Zum erhöhten Menschensohn und Menschenfreund hebt eure Augen auf; zu ihm sendet vertrauensvoll eure Seufzer empor; ihm klagt euer Leid, bei ihm holt euch euern Trost, auf ihn setzt eure Hoffnung in Zeit und Ewigkeit.
Und wenn hier in dieser Zeit euer Recht euch nicht würde und eure Hilfe nicht käme, so tröstet euch, es gibt ein gerechtes Gericht Gottes, das die Ungerechtigkeiten dieser Welt ausgleichen wird; es kommt ein Tag der Vergeltung, wo der arme, fromme Lazarus von Engeln getragen wird in Abrahams Schoß, wo der unbarmherzige reiche Mann Pein leidet in der Flamme. Also nicht in Ungerechtigkeit und Gewalttat, nicht in Raub und Mord und Brand und dem Umsturz göttlicher und menschlicher Ordnung sucht euer Heil, sondern der göttlichen Gerechtigkeit, der ewigen Liebe befehlt eure Sache; sie ist in guter Hand, in der Hand dessen, der da spricht: Was ihr getan habt einem dieser Geringsten unter meinen Brüdern, das habt ihr mir getan, und der auch auf dem Stuhl des Weltenrichters voll erbarmender Liebe sich zeigt für die leidende Menschheit.
2) Und voll segnender Liebe für seine redlichen Jünger.
„Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!“ So lautet der gnadenreiche Richterspruch des Menschensohnes über die zu seiner Rechten. Und worin zeigt sich denn ihre Gerechtigkeit, worauf gründet sich dies gnädige Urteil? Der Herr war hungrig und sie haben ihn gespeist, durstig und sie haben ihn getränkt, ein Gast und sie haben ihn beherbergt, nackt und sie haben ihn bekleidet, krank und sie haben ihn besucht, gefangen und sie sind zu ihm gekommen. Und da sie verwundert über solch ein Ehrenzeugnis, beschämt über solch einen Gnadenlohn fragen: „Wann, Herr, haben wir dich so gesehen und haben so an dir getan?“ Da erhalten sie die Antwort: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“
Hören wir nicht auch da wieder die Liebe, die billig fordernde, die milde urteilende, die reichlich lohnende, die unverdient segnende Liebe des Weltenrichters? Sehen wir nicht auch da wieder auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit den milden Menschensohn und Menschenfreund, der in den Tagen seines Fleisches die zwei Scherflein der armen Witwe an der Tempeltür in seiner Waage wog und über das Liebesopfer der Maria zu Bethanien das freundliche Urteil sprach: Lasst sie mit Frieden, sie hat ein gutes Werk an mir getan, sie hat getan, was sie konnte?
Und muss es uns nicht ein Trost sein in unserer Schwachheit, aus diesem Mund einst das Zeugnis zu erhalten auch über unser irdisches Tagewerk und den Richterspruch zu empfahen auch über unser Los in Ewigkeit?
Es ist ja gewiss: nicht ohne einen geheimen Schauer kann auch der Mutige, nicht ohne tiefes Bangen kann auch der Gerechte sich hineindenken in jene furchtbare Stunde, da wir allesamt müssen offenbar werden vor dem Richterstuhl des gerechten Gottes, um zu empfahen, was unsere Taten wert sind, und auch ein redlicher Knecht Gottes, auch ein treuer Jünger Jesu muss einstimmen in die Klage:
Weh, wie werd ich Armer stehen,
Wen zum Anwalt mir erflehen,
Wenn Gerechte schier vergehen? 1)
Muss denn nicht im Feuer der göttlichen Heiligkeit all unsere Gerechtigkeit zu Asche verbrennen? Müssen nicht im Licht der Ewigkeit tausend böse Flecken offenbar werden auch an den Besten?
Wenn ich gerichtet werde nach meinen Werken und mir vergolten wird nach dem, was ich gehandelt habe bei Leibesleben, es sei gut oder böse: wie vieles hab ich getan, das nicht recht ist vor dem heiligen Gott; wieviel mehr noch hab ich unterlassen, das ich tun konnte und sollte; und auch was ich von guten Werken aufweisen kann, wie ist es so mangelhaft und unvollkommen; wie weit bleibt das Vollbringen zurück hinter dem Wollen und das Tun der Hände hinter dem Vorsatz des Herzens.
Aber wenn nun der Herr mein Herz ansieht und nicht nur mein Tun, mein Wollen und nicht bloß meinen Wandel; wenn er mit dem Flammenblick des Weltenrichters hineinschaut in die geheimsten Winkel meiner Seele, wenn er die Triebfedern meines Tuns erforscht, auch dessen, was gut getan scheint vor den Menschen; wenn er die argen Gedanken und bösen Gelüste ans Licht zieht, die auch in meinem Herzen hausen, ob sie auch vor der Welt bedeckt sind von der Hülle eines ehrbaren Wandels; wenn der Herzenskündiger mich nach den Gesinnungen meines Herzens richtet, werde ich da nicht noch übler bestehen, als wenn er mein äußeres Tun auf seine Waage legt?
Wir wollen solche Fragen nicht leicht nehmen; der wäre kein aufrichtiger, gottesfürchtiger, von Herzen demütiger Christ, der sich darüber so schnell hinwegsetzen könnte; wir wollen auch das Urteil des Herrn im heutigen Evangelium nicht falsch verstehen, als käme die Gesinnung des Herzens nicht in Betracht vor dem Richterstuhl der Ewigkeit, als wären es einzelne äußere Werke, mit denen wir den Himmel verdienen, etliche wohlfeile Almosen und Liebesgaben, mit denen wir unserer Sünden Menge zudecken könnten. Nein, die Gerechtigkeit der Gerechten, welche der Herr zu seiner Rechten stellt, besteht ja gewiss nicht bloß in den sechs Werken der Barmherzigkeit, die er da namhaft macht, - sie muss ihren tieferen Grund haben in der Stellung des innersten Herzens und ihr weiteres Übungsfeld in der Führung des ganzen Lebens. Und wenn ein Mensch alljährlich hundert Arme speiste und noch durch sein Testament tausend Dürftige kleidete, er hätte aber dabei einen schlechten Wandel geführt und Gottes Gebote im Herzen leichtfertig verachtet und im Leben frevelhaft übertreten, so hätte er mit all seinen Armengaben nicht den Herrn gespeist und gekleidet, nicht einen Platz zu seiner Rechten und ein Erbteil in seines Vaters Reich sich verdient.
Aber den Trost darf doch ein redlicher Christ aus jenem milden Spruch des Weltenrichters sich entnehmen:
Ob du auch keine glänzenden Verdienste und keine großen Taten aufweisen kannst am Tag des Gerichts: wenn du nur Gutes tust, wo du kannst, und Liebe übst, so weit du vermagst, so darfst du auf einen gnädigen Richter hoffen. Jedes gute Werk in Gott getan, wenn auch die Menschen nichts davon wissen, wenn auch du selber nicht viel davon hältst und nicht mehr daran denkst, es bleibt im Himmel angeschrieben; dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird dir's vergelten öffentlich. Dein Heiland, der daran seine Jünger erkennen will, ob sie Liebe untereinander haben, kann dich überschwänglich dafür segnen in Ewigkeit.
Und ob du auch tausend Flecken in deinem Leben, tausend Mängel in deinem Herzen siehst und dein heiliger Herr und Gott noch zehnmal mehr als du selbst - eines ist's, was viele Mängel ersetzt und viele Schäden bedeckt: eine herzliche Liebe zum Herrn und um seinetwillen zu den Brüdern. Wo die im Herzen wohnt und im Leben sich zeigt, da soll auch ein Trunk Wasser, in Liebe gereicht, nicht unvergolten bleiben, da fällt auch das Scherflein der Witwe, aus treuem Herzen geopfert, in die Waagschale des Weltenrichters, da gilt auch bei einem bescheidenen Tagewerk die Verheißung des Heilands: Selig sind die Barmherzigen, denn sie sollen Barmherzigkeit erlangen. Sie sollen die segnende Liebe ihres Herrn überschwänglich erfahren am Tage des Gerichtes.
3) Zeigt er doch seine Liebe, seine heilig mahnende Liebe selbst an der pflichtvergessenen Welt.
Furchtbar klingt ja freilich das Urteil des Richters über die zu seiner Linken: „Geht hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“ Doppelt furchtbar klingt es aus dem Mund dessen, der in die Welt gekommen ist, nicht um die Welt zu richten, sondern um die Welt selig zu machen. Aber eben darum hören wir auch aus diesem niederschmetternden Richterspruch noch seine heilige Liebe heraus, die schmerzlich trauernde, ernstlich mahnende, treulich warnende Liebe des Menschenfreundes, der einst über sein verstocktes Volk geklagt hat: Ihr habt nicht gewollt! und über das verblendete Jerusalem weinend ausgerufen: Ach dass du bedächtest zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient; nun aber ist es vor deinen Augen verborgen! und der auch auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit nicht will, dass eine Seele verloren gehe.
Ist es nicht ihr eigenes Tun und Lassen, wonach auch die zur Linken gerichtet werden, wodurch sie sich selbst ihr Los in Ewigkeit bereiten?
Sind es nicht mäßige Forderungen, die an sie gestellt waren mit dem Gebote tätiger Nächstenliebe, Forderungen, die sie erfüllen konnten so gut wie ihre Mitgenossen zur Rechten des Herrn? Lässt sich nicht der Herr auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit herab, seinen Spruch vor ihnen zu rechtfertigen und sie ihres Unrechtes zu überführen?
Und waren sie nicht vorher belehrt, vorher gemahnt, vorher gewarnt durch das Wort des Herrn, das sie hören durften in ihrer Gnadenzeit, ehe es sie nun richtet in der Ewigkeit?
Ist nicht das ganze Evangelium, ist nicht unser heutiges Evangelium insbesondere ein heilsamer Mahnruf, ein wohlgemeintes Warnungswort, eine treue Freundesstimme an alle, die auf verkehrten Wegen wandeln: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, hernach aber das Gericht. Heute, so ihr seine Stimme hört, verstockt eure Herzen nicht. Jetzt noch ist der Tag des Heils, bedenkt zu dieser eurer Zeit, was zu eurem Frieden dient! Was der Mensch sät, das wird er ernten! O möchte sie auch an uns nicht verloren sein, möchte sie auch uns aufs neue wecken zu einem rechtschaffenen Wandel in der Furcht Gottes und in der Liebe des Nächsten: die mahnende und warnende Stimme der ewigen Liebe, die vom Stuhl des Weltenrichters an uns ergeht!
Er kommt zum Weltgerichte,
Zum Fluch den, der ihm flucht;
Mit Gnad und süßem Lichte
Dem, der ihn liebt und sucht.
Ach komm, ach komm, O Sonne,
Und hol uns allzumal
Zum ewgen Licht und Wonne
In deinen Freudensaal!
Amen.