Frommel, Emil - Die zehn Gebote Gottes in Predigten - Sechstes Gebot.
Die Gnade unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi und die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns Allen. Amen.
Text: 2. Mose 20,14.
Du sollst nicht ehebrechen.
In Christo geliebte Freunde! Im fünften Gebot hält der Herr seine schützende Hand über das Leben des Menschen mit dem Wort „Du sollst nicht töten“; im sechsten Gebot schützt er die Ehe mit dem Wort: „Du sollst nicht ehebrechen.“ Es stehen also Leben und Ehe nahe bei einander. Warum das? Weil das Leben erst in der Ehe zu seiner ganzen Entfaltung kommt. Unser Volk nennt bedeutsam die Eheschließung: Hochzeit, als die hohe Zeit im Leben. Der Herr spricht zu dem Mann, als er ihm das Weib zuführt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ Er schenkt dem Menschen also in der Ehe zu seinem Leben noch ein anderes Leben, ein Leben, in welchem er sein Leben wiederfindet, das er ansehen soll als sein eigenes Leben, „denn wer sein Weib liebt, der liebt ja sich selbst;“ wer ihm darum dies Gut angreift und raubt, der nimmt ihm sein eigen Leben. Darum so eifrig der Herr ist eines Menschen geben zu rächen, es so zu seiner eigenen Sache macht, dass er spricht: „Ich will sein Leben rächen, als der sein Bruder ist,“ so ist Er es auch, der da ausdrücklich bei diesem Gebot spricht: „Ich will ein schneller Zeuge sein wider die Ehebrecher“ und feierlich spricht der Apostel: „Die Hurer und Ehebrecher wird Gott richten.“ Warnend steht der Chor der Propheten mit ihrem Zeugnis aus den Geboten, warnend reden die Sprüche des alten Bundes aus der Lebensweisheit heraus, bittend aus der Liebe Christi heraus, der Chor der heiligen Apostel da und rufen mit einem Mund: „Macht keusch eure Seelen! lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichts“ und am Schluss der Schrift sieht die Offenbarung Johannis den Pfuhl, der mit Schwefel brennt, und in ihm die Ehebrecher samt den Dieben und Totschlägern, spricht des Herrn Urteil und sagt: „Das ist der andere, (der ewige) Tod.“
Weil ich denn eine solche Wolke von Zeugen hinter mir habe, ist mir auch das Band der Zunge gelöst und der Herr hat mir die Bangigkeit genommen, die sich bei diesem Gebote über meine Seele gelagert hat. Denn nur allzu sehr weiß ich es, wie die Übertretung dieses Gebotes für nichts geachtet, wie man mit Lachen über diese Sünden redet; wie in den Augen der Gebildeten und des Volkes es einem Menschen gar nichts schadet, wenn er ein offenkundiger Ehebrecher ist, und diese Sünde am leichtesten verziehen wird. Aber das weiß ich auch, dass hier unserem Volk die tiefste Wunde geschlagen ist, die da offen fließt; dass der Jammer der zerstörten und zerrissenen Ehen hinauf ruft gegen den Herrn; dass ein Geschlecht von Kindern heranwächst, das seinen Vater nicht kennt und seine Mutter verachtet; ein Geschlecht los und ledig aller Liebe, aller Zucht, das einst Vorkämpfer sein wird, in den schweren Tagen, wenn der Geist der Finsternis sich aufmacht, „denn die Kinder der Ehebrecher, spricht die Schrift, haben keinen Segen.“ Es war mir bange um dieses Jammers willen, den ich um meines heiligen Amtes willen aufdecken muss; bange aber auch um Euretwillen, ihr Jünglinge und Jungfrauen und Kinder, so Euch der Herr in seiner Unschuld bewahrt hat, weil ich gerne um Euretwillen den Schleier über diese Werke der Finsternis in unserem Volk gedeckt hätte. Da Ihr aber in versuchungsvoller Zeit steht, wo so leicht das Kleid der Unschuld befleckt wird, da ihr selbst einmal Gottes Segen in euern künftigen Ehestand nehmen wollt, so lasset uns reden von dem Gebot:
„Du sollst nicht ehebrechen“
und schauen wie der HErr in diesem Gebot
- den heiligen Ehestand einsetzt und jegliche Versündigung daran verbietet;
- die gottselige Führung dieses Stande befiehlt;
- und die rechte Vorbereitung auf diesen Stand fordert.
1. Wie der Herr die Ehe einsetzt durch dies Gebot und jegliche Versündigung daran verbietet.
Geliebte! Wenn der HErr sagt: „du sollst nicht ehebrechen,“ und so schwere Strafen auf diese Sünde legt, so muss auch ER es sein, der die Ehe will und eingesetzt; es muss also vor Ihm ein heiliger Stand, Seine heilige Ordnung sein, und das ist sie auch. „Ich will ihm eine Gehilfin machen die um ihn sei,“ spricht der HErr. Er führt selbst das Weib dem Mann zu, traut das erste Paar selber; hält ihnen die Hochzeitrede, stattet sie aus und segnet sie ein. Diese Ordnung der Ehe ist außer dem Sabbat das einzige, was wir aus dem Paradies gerettet haben, alles andere ist verloren. Was Gott dem Menschen aber im Stand der Unschuld gern schenkt, das will er ihm bewahren im Stand der Sünde, will ihm dies Gut schirmen und spricht unter Donner und Blitzen, im heiligen, verzehrenden Ernst: „Du sollst nicht ehebrechen“ und setzt die Ehe aufs Neue ein, und umgibt sie mit der Herrlichkeit seines heiligen Willens, seiner Strafgerechtigkeit und seines Segens. Auf den Bruch der Ehe legt er die Strafe der Steinigung vor dem ganzen Volk. Gottes Ordnung ists also, dass die Ehe geschlossen werde zwischen einem Mann und einem Weib, dass sie in Liebe leben und Treue, bis dass sie der Tod scheidet, dass ein Kind in ehrlicher Ehe geboren und erzogen werden soll von seinen Eltern die Gottes Stelle an ihm vertreten, und so allem zuchtlosen Wesen gesteuert werde; dass das Haus die Pflanzstätte der Tugend und Zucht werde und in ihm die Träger der künftigen Zeit, treue Bürger und Untertanen erzogen werden. Darum ruht auch auf der Ehe und ihrer Heiligkeit das ganze Wohl des Vaterlandes und des Staates. Nehmt dem Volk diese seine Krone, dann wirds die Fürstenkrone rauben, nehmt ihm die Verfassung seines Hauses und Herdes, so wird es die Verfassung des Vaterlandes brechen. Ehe das Haus des Staates in einem Volk zusammenbricht, brechen die Häuser der Ehe zusammen. Sind die Ehen faul, wird der Staat faul. Siehe nach den alten Staaten, wann sank Rom und Griechenland? Als seine Ehen zerstört, als die Laster des Ehebruchs und der Hurerei und aller Unreinigkeit ungestraft einhergingen; wann stürzte drüben in Frankreich der Staat zusammen, wann sank des Könige Haupt auf dem Blutgerüst? Dem Hauptteil nach damals, als die Sittenlosigkeit von oben herunter bis ins Volk gedrungen war; wo man eheliche Treue für altväterliche Borniertheit hielt, als am Hof und im Volk wohl die geistreichsten, aber auch die liederlichsten Reden geführt und Bücher gelesen wurden, darin man aller ehelichen Treue ins Angesicht schlug! Woran kranken die Völker des Südens; wie Spanien und das Morgenland? warum solche Kraft- und Tatlosigkeit und die ewige Unruhe? weil daheim die stillen Hütten, weil die Ehen zerstört sind.
Solche Zerstörung geschieht da, wo man die Ehe nicht mehr als Gottes heilige Ordnung ansieht, wo man sie ihrer göttlichen Heiligkeit beraubt und sie bloß für ein menschliches Institut, für einen Kontrakt1) hält, der auf dem Papier geschrieben stehet, der gemacht ist vor Notar und Zeugen. Das mit haben unsere neuen Weltverbesserer das Volk beglückt. Die Einen habens frech gesagt: „das Eigentum sei Diebstahl, das Gut gehöre allen, und die Ehe sei eine Knechtschaft und Sünde, denn jeder könne des Andern Weib haben.“ - Die Andern habens dabei bewenden lassen, die Ehe einen Vertrag zu nennen, wo über das Mein und Dein verhandelt wird, über das was jeder mitzubringen habe; ein Vertrag, den man auch wieder brechen kann, wenn Eines des Andern überdrüssig wird. Darum denn auch die Versündigung nicht so hoch angeschlagen wird, man versündigt sich ja nur an einem Papier oder einem Staatsgesetz, was tut das am Ende! So, zur Trauer sei es gesagt, so halten unter uns, unter Vornehmen und Niedern, es Viele für keine Sünde vor dem heiligen Gott, wenn sie glauben mit ihrem Mann oder Weib nicht mehr leben zu können, in ehebrecherischem Umgang mit Andern zu leben, sei es in Gedanken oder Werken. „Denn wer ein Weib ansieht ihrer zu begehren, der hat schon die Ehe mit ihr gebrochen in seinem Herzen.“ So du sagen kannst zu deinem Weib, dass du sie nicht mehr liebst, dass du „einen dummen Streich“ gemacht sie zu nehmen, und du Weib deinem Gatten vorwirfst, er sei dir zu schlicht und einfältig und Andere ihm preist - wisst ihr nicht, arme und verlorene Seelen, vor Wem ihr euren Bund geschlossen? dass der allmächtige, heilige Gott euer Ja gehört, dass ihr treu bleiben wolltet bis zum Tod! An Ihm versündigt ihr euch, versündigt euch an euren armen Kindern, die weder Vater noch Mutter an Euch haben.
Gottes Ordnung ists, die allen Ehebruch verdammt, die auch die verdammt, die den heiligen Ehestand lästern, weil sie sorgloser meinen Leben zu können, und genug getan zu vermeinen, wenn sie ihre unehelichen Kinder versorgen - auch die verdammt, die in selbstgewählter Geistlichkeit den ehelosen Stand rühmen, die Ehe beleidigen und schmähen oder gar die Ehelosigkeit als Gebot aufstellen; die Verführer, von welchen der heilige Apostel sagt, „dass sie in den letzten Zeiten kommen werden und verbieten ehelich zu werden.“ Aber ebenso stehen die gegen Gottes Ordnung, die dem armen Volk das Recht der Ehe vorenthalten. Lasst michs nicht mit eigenen Worten, sondern mit den Worten eines treuen erfahrenen Knechtes sagen: „Man hat es Gott gedankt, dass die Reformatoren den ehelosen Stand in seinem Wert und Unwert angesehen haben. Und doch was ist die Ehelosigkeit der Mönche, gegen die Ehelosigkeit der armen Leute auf dem Land? Die Armen, die des Rechtes eine Ehe zu schließen bloß darum verlustig gehen, weil ihr Nahrungsstand keine menschlich sichere Grundlage und Aussicht hat. Mag man immerhin diese und jene vorzeitlichen Nachteile armer Ehen hervorheben, sie heben doch das göttliche Recht des Armen nicht auf. Waren die Hochzeitleute zu Cana nicht arm? Arme Ehen dürfen wir nicht einsegnen, nicht eintragen in die Traubücher, dafür tragen wir in die Geburtsregister zahllose arme Kinder ein, deren Ursprung dem Land kein Segen ist. Das klagen wir dem HErrn, er helfe uns!“ Wir haben solcher wilden Ehen gerade genug unter uns. Ja wisst ihr, dass kürzlich ein Geistlicher aus dem Nachbarland, auf dem Kongress für Innere Mission, vor aller Ohren erzählt hat, dass aus seiner Gemeinde ein Weib in solch wilder Ehe ihr sechszehntes Kind geboren habe! - Meine Freunde! Wo werden wir damit hinkommen?
Wer ist unter uns, dem sein Herz nicht blutete, wenn er hört, was einst ein römischer Schriftsteller, ein Feind unseres Volkes über unsere heidnischen teutschen Vorfahren sagte: „Dort, in Deutschland lacht Niemand über das Laster, verführen und sich verführen lassen heißt nicht vornehmer Ton. Der Grimm der ganzen Nation und die tiefste Verachtung verfolgt den Ehebrecher,“ und das waren Heiden ohne Jesum! O wie klingt das hinein in unsere heidnisch-christliche Zeit, wo man Treue Engherzigkeit, die Liebe zum Haus spieß-bürgerliches Wesen nennt, wo es zum vornehmen Ton gehört, gering von der Ehe zu denken, wo man bei der Zerrissenheit des Hauses entschuldigend sagt: „man müsse die Kinder nicht für das Haus, sondern für die große Welt erziehen,“ und damit eine Rotte von gebildeten und ungebildeten Landstreichern erzieht! Wer die Gerichte aber über unser Volk aus seinen zerrissenen Ehen hereinbrechen sieht, wer da festhält an Gottes heiliger Ordnung des Ehestandes, der wird fragen:
II. Wie führe ich gottselig diesen Stand?
Ich sage das ausdrücklich „gottselig,“ denn was wird wohl des Ehestandes tiefste Bedeutung sein? Warum gibt der Herr dem Menschen die Gehilfin die um ihn sei? worin soll sie ihm helfen? Wohl auch darin, dass sie miteinander arbeiten und ringen, ihr täglich Brot erwerben, dass das, was der Mann im Schweiß seines Angesichts erwirbt, von dem Weib in treuer und heiliger Sorge zu Rat gehalten wird; nicht um sich ein Vermögen zusammenzuscharren, sondern um den Kindern den bleibenden Schatz einer echten christlichen Bildung geben zu können; dass sie haben zu geben den Dürftigen; dass man Freud und Leid miteinander teilt, und die Freude doppelt, das Leid halb dadurch wird, indem man zueinander spricht:
Dein Leid mein Leid,
Meine Freud deine Freud,
Deine Not meine Not,
Mein Brot dein Brot.
Aber das ist nicht alle Hilfe, die eines dem andern bieten soll; die Ehen sind nicht nur im Himmel, rechte Ehen sind auch für den Himmel geschlossen. Darum schickt der Herr in der Ehe seine Kinder, wie einstens die Jünger je zween; was der Eine nicht weiß, soll der Andere wissen, wo der Eine fällt, soll der Andere ihn aufrichten, wo der Eine ermattet, soll der andere ihn stärken. Der Ehegatten Weg und Gang in der Ehe soll ein Gang Marias und Josephs aus Nazareth hinauf nach Jerusalem sein, nach dem Jerusalem da droben, und mit ihnen sollen die Kinder, die der Herr schenkt, wandeln. So soll Eines das Andere mitnehmen auf dem Lebenswege, Eins mit und für das Andere beten und ringen durch die schmale Pforte zu kommen, damit nicht nach dieser Zeit das schreckliche Wort wahr werde an denen, die hier zwanzig und dreißig Jahre neben einander standen: „Zwei werden auf einem Feld sein, der eine wird angenommen, der andere wird verlassen; Zwo werden mahlen in einer Mühle, der eine wird angenommen, der andere wird verlassen; Zwo werden auf einem Bett liegen, der eine wird angenommen, der andere wird verlassen.“
Wenn nun dies die Hauptaufgabe der Ehe ist, so wird es danach leicht sein zu sagen, auf welche Art sie geführt werden soll. Da heißts vor Allem gottselig anfangen. „Wo der HErr nicht das Haus baut, da arbeiten umsonst die daran bauen.“ An deinem Jawort, das du vor dem Altar gibst, hängt ein Stück Ewigkeit; meinst du, dass du zu diesem entscheidenden Schritt deines Lebens den Herrn nicht brauchst? Darum bete du, wie Elieser tat, als er seinem Herrn ein Weib suchen sollte, der da sprach: „Herr, begegne mir heute und tue Barmherzigkeit an meinem Herrn Abraham.“ Bete auch du um solcher Begegnung bei deiner Wahl. Lass deinen Gott für dich wählen. Merke auf seine Fingerzeige. Er ists der das Band schlingt um zwei Herzen, die einander wunderbar finden, wie Paul Gerhard singt:
Eines ist des Andern Kron‘,
Eines ist des Andern Ruh,
Eines ist des Andern Licht,
Wissens aber Beide nicht.
Bis der Herr den Ring seines Rates um die beiden Herzen schlingt. Wie Abraham keine Heidentochter gewollt, sondern eine aus seinem Volk; so wähle auch du nicht aus der Welt das Weib, die dir eine Gehilfin zur Seligkeit werden soll; wähle nicht im ersten Augenblick vorübergehender Blendung deiner Sinne, nicht nach Schönheit, Reichtum, nimms ernst damit. Ich habe noch wenig Ehen gesehen, die auf dem Bau geschlossen waren, die wahrhaft glücklich geworden wären; das sind Ehen die ausgehen, wie die Freude ,bei der sie geschlossen sind. Wenn die flüchtige Röte weg ist, der Kranz im Haare verwelkt, die Musik verstummt, die Lichter abgebrannt sind, dann sieht alles schal aus und dann kommen die Tränen. Das ist ein Bild solcher Ehen. Suche die Gottesfurcht vor allem an deiner Braut oder deinem Bräutigam. Es schwebt mir vor der Seele das Bild jenes Mädchens, das noch am Vorabend der Hochzeit, als sie ihren Bräutigam über den Herrn spotten hörte, zurücktrat und sprach: „Wer seinen Gott verachtet, verachtet auch sein Weib.“ Tue den Schritt nicht ohne der Eltern Segen. Zwar ists jetzt so, dass man die Eltern nicht mehr fragt, sondern gleich mit der Braut vor sie hintritt; oder gar vorher, wie namentlich auf dem Lande geschieht, sich versündigt, und dadurch die Eltern zur Einwilligung zwingt. - Ebenso wenig aber sollt ihr Eltern eure Kinder zwingen. Die rechte irdische Liebe ist ein Zug, den der Herr in den Menschen gelegt hat. Eine Ehe ohne Liebe, ohne persönliche Zuneigung ist etwas abscheuliches. Ach, dass ich es scharf sage, verhandelt eure Kinder nicht wie eine Ware; sucht sie nicht an den Ersten Besten anzubringen und schämt euch der niedrigen Gesinnungen so vieler Eltern, die einen Jüngling oder eine Jungfrau so einziehen und umgarnen, dass sie nicht mehr zurück können. Das gibt die traurigen Ehen, da kommt dann die Flut von Vorwürfen; da läuft man dann nebenher, als ob man einander nichts anginge.
Wenn du so angefangen und den Herrn Jesum zu deiner Hochzeit geladen hast, dann wirst du deinen Ehestand auch recht fortführen und, dein Gemahl recht lieben und ehren. Du, lieber Bruder, erweise deinem Weib als Mann die höchste Liebe zuerst darin, dass du der Priester bist, der sie auf seinem Herzen trägt und sie geistlich versorgt. Bringe du ihr als Morgengabe, wie unsere deutschen Vorfahren, Speer und Schild und Streitross mit; ich meine das Schwert des Wortes Gottes, den Schild des Glaubens; lass sie neben und mit dir streiten die Siege des HErrn. Liebe dein Weib wie Christus seine Gemeinde, in hingebender, unauflöslicher und schirmender Liebe; nicht als ein Ideal, sondern als eine arme Sünderin, die Erbarmung braucht wie du; gehe zur lebendigen Quelle aller Liebe, zu Christo selbst, und trinke aus Ihm neue Liebe, bitte, Er möge die Brücke sein zwischen euern Persönlichkeiten, mit dem Abgrund seiner Liebe die Kluft ausfüllen, die sich zwischen euch auftun will. Wenn du diese vollste Liebe gibst, dann wird auch das rechte Ehren deiner Gattin kommen. Dann wirst du kein Tyrann im Haus sein, du wirst nicht deine Laune oder Zorn an deinem schwachen Weib auslassen, geschweige denn die Hand wider sie erheben. Sie wird nicht deine Sklavin sein, sondern du wirst dich erinnern, wie der alte Valerius Herberger köstlich sagt: „dass sie nicht aus deinen Füßen, sondern aus deiner Seite genommen ist und zur Seite dir stehen soll;“ du wirst dann auch nicht ihr Sklave sein, wie viele schwache Männer es sind, sondern dein heiliges göttliches Recht alle des Weibes Haupt beweisen. Und ihr, Liebe Schwestern, wenn ihr so in den Ehestand tretet, nehmt das Wort des Herrn hin: „Seid untertan euren Männern in dem HErrn,“ und liebt sie gleichwie die Gemeinde ihren Herrn Christum liebt in dienen der Liebe. Das Evangelium hat euch in geistlichen, himmlischen Dingen dem Mann gleichgestellt, denn in Christo gilt weder Mann noch Weib; darum ordnet es euch in irdischen Dingen unter den Mann. Es ist das eure Schule, in die euch der HErr schickt, aus der ihr ihm nicht laufen dürft. Seid ihnen untertan in dem HErrn, und um des HErrn willen. Auf ihn, der ohne Willkür regiert, schaue, wenn dein Mann willkürlich ist. Sei nicht um ihn wie eine finstere Wolke, sondern wie ein mildes Licht; nicht seine Sklavin, aber auch nicht sein Haupt; „aus seiner Seite bist du genommen; wie die Seiten und Rippen sich lüften, wenn das Herz schwer ist, so sollst du deines Mannes Herz, wenn es traurig ist, mit dem süßen Trost der Liebe und des Wortes Gottes lüften.“ Und wenn du den Jammer hast einen gottentfremdeten Mann zu haben, dann hast du zwei gewaltige Streiter zur Seite. Der eine geht hinauf, das ist das Gebet und die Fürbitte für ihn; der andere streitet unten, das ist der stille Wandel ohne Wort, da der verborgene Mensch des Herzens unverrückt, mit sanftem stillen Geist einhergeht, das ist köstlich vor Gott. Durch diese beiden Streiter ist schon manche Schlacht gewonnen und das ist mehr, als wenn ein Feldherr die blutigste Schlacht gewinnt. Nur von einem solchen Siege lasst mich euch sagen.
Ein Ehemann, der ein Feind des Christentums und ein Knecht der Sünde war, saß mit seinen Trinkbrüdern bis spät in die Nacht im Wirtshaus. Da kam das Gespräch auf die Fehler und Tugenden ihrer Weiber und er erschöpfte sich in Lobeserhebungen über seine Frau. Alles, sagte er, vereinigt sie in sich, was sich Vortreffliches an einem Weibe denken lässt, ihre religiösen Grillen abgerechnet. Er wolle wetten, dass, wenn sie jetzt Alle, wie sie beisammen wären, in sein Haus gehen, und ungeachtet es so tief in der Nacht sei, seine Frau aus dem Schlaf herauspochen und die Zubereitung einer Mahlzeit verlangen wollten, so würde diese es mit Liebe, ohne Murren, und freundlichen Angesichts sogleich tun. Die Trinkbrüder schrien und wetteten, das sei nicht menschenmöglich. Die Wette wurde geschlossen und die Gesellschaft lärmte nach dem Hause der Frau hin. „Wo ist die Frau?“ fragte der Mann die Magd, die ihm entgegenkam. „Sie liegt schon zu Bette!“ antwortete diese. „Rufe ihr,“ fuhr jener fort; „sie soll aufstehen und für mich und meine Freunde ein Abendessen machen!“ Unverzüglich stand die Frau auf. kam mit einem sanften freundlichen Angesicht herein, voll Liebe gegen ihren Mann, war sogleich bereit, seinen Wunsch zu erfüllen, und bald stand das verlangte Essen vor ihm. Als wenn sie ihre Gäste eingeladen hätte, und diese zu rechter Zeit gekommen wären, bediente sie dieselben mit aller Freundlichkeit. Nach dem Essen vermochten sie ihre Verwunderung jedoch nicht mehr länger zurückzuhalten. Der Nüchternste unter ihnen wandte sich jetzt an sie und sprach: „Sie sind eine gottesfürchtige Frau! Sagen sie uns doch, wie konnten Sie uns doch so liebreich behandeln, da Sie unsere Gesinnung nicht zu billigen vermögen?“ „Als wir, mein Mann und ich, uns heirateten,“ antwortete jene, „lebten wir Beide nach der Welt Weise; aber es hat Gott gefallen, mich aus diesem unglücklichen Zustand zu erretten. Aber mein Mann wandelt noch auf diesem Weg, und ich zittere für sein künftiges Los. Stürbe er so, wie er jetzt ist, wie traurig würde sein Schicksal jenseits des Grabes sein! Darum ist es meine Pflicht, ihm sein Leben hienieden so angenehm als möglich zu machen!“ - Diese Antwort machte auf den Mann selbst einen tiefen Eindruck. Endlich sprach er: „Teures Weib! bist du für mein ewiges Unglück wirklich so besorgt? Dank sei dir für deine treue Liebe! Durch Gottes Gnade will ich ein anderer Mensch werden!“
Siehe das ist Liebe, die stark ist wie der Tod. Sie redet nicht von Scheidung und wenn es noch so schwer herginge, sondern ist eingedenk des HErrn Wort: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Wer sich aber von seinem Weib scheiden lässt, es sei denn um Ehebruchs willen, der bricht die Ehe;“ die harrt aus, wie Monika, die 19 Jahre lang gebetet um ihren heidnischen, in Laster versunkenen Mann, bis sie ihn endlich vom HErrn erbeten hatte. Bei solcher Liebe erfüllt sich der Ruth Wort: „Wo du hingehst, da gehe ich auch hin und wo du bleibst, bleibe ich auch, der Tod soll mich und dich scheiden.“ Trübsal, die Welt-Ehen scheidet, weil man nicht das Kreuz mit einander tragen will, bindet wahre christliche Ehen nur fester. Im Ofen der Trübsal wird erst das goldene Band der Liebe recht fest geschmiedet, was Schlacken daran waren, verzehrt und was Gold ist, bewährt. Die Flitter der Leidenschaft und des gegenseitigen sich „Anbetens“ sind wohl herabgeschlagen; aber dafür ist eine Liebe ins Herz gezogen, die nicht je älter umso kälter wird, sondern je älter desto kräftiger und milder ist. Das sind allein Ehen, die mit Fug ihre silberne oder goldene Hochzeit feiern können. Die 25 oder 50 Jahre, die man bei einander ausgehalten hat, machens wahrhaftig nicht aus. Solche Liebe scheidet auch der Tod nicht. An der innigen treuen Liebe zu einander hat jedes treue Ehepaar ein Siegel und ein Unterpfand der Unsterblichkeit. - Aber nur der wird seine Ehe also führen, der
III. sich recht auf diesen Stand vorbereitet hat.
„Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unseren Leib als Tempel des Heiligen Geistes rein und heilig bewahren, dass wir keusch und züchtig leben in Gedanken, Worten und Werken,“ sagt unser Katechismus und gibt damit die rechte Vorbereitung auf den Ehestand an. - Unser Leib soll ein Tempel des Heiligen Geistes sein! welch hoher, herrlicher Beruf, aber auch: „Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben;“ welch ein furchtbares Wort! Viele sind es, bei denen dieser Tempel Gottes entweiht und verderbt ist; die mit einem durch Sünde zerstörten und zerrütteten Körper in die Ehe treten, und ohne den Schmuck der Jungfräulichkeit und ohne innere Achtung vor einander vor den Altar kommen. Wenn so Mancher aus lüderlichem leben heraus und ohne Achtung vor dem weiblichen Geschlecht, dessen Würde er mit Füßen getreten, in die Ehe tritt - wir wollen es nicht vergessen, dass unter uns auf sieben Kinder ein uneheliches kommt - wie kann da Segen auf seiner Ehe ruhen? Noch größer aber ist die Zahl derer, die innerlich in ihrem Herzen gefallen sind und deren Seele vergiftet ist. Es gibt Seelenverderber und Unschuldsräuber genug. Ein Unschuldsräuber ist der leichtfertige schlechte Umgang. O, es blutet einem das Herz, wenn man sieht, wie mancher Sohn gottesfürchtiger Eltern in Hände fällt, wo ihm seines Vaters Wort und seiner Mutter Bitte verlästert wird: wenn man sieht, wie manches Mädchen unter euch Dienstboten, das gottesfürchtig, schlicht und sittsam in die Stadt kam, durch leichtsinnigen Umgang verführt ward; dann eine Weile stolz und hoffärtig einherkam und zuletzt mit der verlorenen Unschuld, mit Jammer und Tränen hinauszog. Welche Verantwortung ladet ihr auf euch, Liebe Eltern, wenn ihr nicht treu wacht über den Umgang eurer Söhne und Töchter! Wie mögt ihr namentlich eure Töchter hingehen lassen ohne Aufsicht, indem ihr meint, ihr hättet sie so erzogen, dass ihr sie überall, auch an den gefährlichsten Platz stellen dürftet! Betet ihr nicht selbst: „Führe uns nicht in Versuchung?“ Warum wolltet ihr eure Kinder in Versuchung führen? Oder törichten und leichtsinnigen Eltern, die den leichten Umgang ihres Sohnes oder Tochter wissen, aber ihre geheime Freude daran haben, ohne zu bedenken, wie schnell ein Herz gebrochen werden kann.
Keine Sünde reift so langsam und doch so schnell, wie die am sechsten Gebot. Wie viele feurigen Pfeile werden da nach dem Herzen geworfen! Solche sind die unschuldraubenden Blicke, die man erst vertragen lernt; wer sie einmal verträgt, verträgt auch unschuldsraubende Worte, Worte, die er liest. Da stehen auf manchem Schrank, auf manchem Tisch Bücher, deren Inhalt schmutziger als ihre Decke ist, ich meine die schlechten Romane, die ihr in allen Ständen trefft - die, mögen sie auch in Samt und Goldschnitt gebunden sein, das Gift in die Seele gießen und die bösen Gedanken wecken. Dann sinds die Worte, die man hört und vertragen lernt, Worte, die mancher Mann, der zur Schande seines Alter die grauen Haare auf dem Haupt trägt, jungen Gemütern ins Angesicht reden kann. Trunk, Tanz und Spiel, Müßiggang, schlechte Bücher, sind der Zunder böser Lust - du aber Gottesmensch fleuch solches Ende. Die schwärzesten Dinge, die schändlich sind zu sagen, habe ich verschwiegen. Gott wird sie richten an seinem Tag.
Nun wer ist ohne Sünde unter uns? Der werfe den ersten Stein auf alle, die da trauernd mit mir bekennen, dass wir auch an diesem Gebot zu Schanden werden. Ach, nur Einer ist ohne Sünde, das bist du HErr Jesu! Gib uns deine Unschuld! Heilige uns nach Leib, Seele und Geist, damit wir unsträflich erfunden werden an deinem Tag! Lass es nicht geschehen, was ein teurer Mann sagte, dass unser deutsches Volk durch die Unzucht bereits am Rand des Verderbens liegt! Mache dich auf HErr! Baue die Ehen nach deinem und deiner Gemeinde Bild. Schirme die Ehen, bewahre die Jünglinge und Jungfrauen! Heiliger Herr, erbarme dich Aller! Amen.