Kirchengeschichte des Eusebius - Buch 8
Nachdem wir die Nachfolge der Apostel in ganzen sieben Büchern umrissen haben, erachten wir es als eine unserer dringlichsten Pflichten, in diesem achten Buche die Ereignisse unserer Zeit, die eine getreue Darstellung verdienen, der Nachwelt zur Kenntnis zu bringen. Und damit soll unsere Erzählung beginnen.
1. Es übersteigt unsere Kräfte, in würdiger Weise die Größe und Art der Ehre und Freiheit zu schildern, die das durch Christus der Welt verkündete Wort der Frömmigkeit gegenüber dem Gott des Alls vor der Verfolgung unserer Tage bei allen Menschen, Griechen wie Barbaren, genossen hat. Beweise hierfür dürften sein die Gunstbezeigungen der Herrscher gegenüber den Unsrigen. Sie betrauten sie sogar mit der Leitung von Provinzen und entbanden sie dabei gemäß dem großen Wohlwollen, das sie für die Lehre hegten, von der ihre Gewissen beängstigenden Opferpflicht. Was soll man von den Leuten in den kaiserlichen Palästen und den obersten Beamten sagen? Diese ließen es zu, daß die Hofleute, Frauen, Kinder und Sklaven offen in Wort und Tat den Glauben bekannten, und gestatteten ihnen geradezu, sich ihrer Glaubensfreiheit zu rühmen. Sie bevorzugten sie in besonderer Weise gegenüber den Mitbediensteten.
Dieser Art war der bekannte Dorotheus, der unter allen die freundlichste Gesinnung und das größte Vertrauen ihnen entgegenbrachte und darum bei ihnen in höheren Ehren stand als Würdenträger und Statthalter. Und an seiner Seite der berühmte Gorgonius und alle die Männer, die gleich ihnen des Wortes Gottes wegen derselben Ehrung gewürdigt wurden. Dazu konnte man sehen, welch freundlicher Aufnahme sich die Leiter der einzelnen Kirchen bei allen Zivil- und Militärbeamten erfreuten. Wer gar vermöchte zu schildern jene tausendköpfigen Versammlungen und die Mengen derer, die Stadt für Stadt zusammentraten, und die herrlichen Zusammenkünfte in den Bethäusern? Da infolge hiervon die alten Gebäude nicht mehr genügten, erbaute man in allen Städten ganz neue und geräumige Kirchen. Dieses langsame Vorwärtskommen und dieses tägliche Zunehmen an Stärke und Größe konnte kein Neid verhindern und kein böser Dämon bannen oder durch menschliche Hinterlist aufhalten, solange die göttliche und himmlische Hand ihr Volk als dessen würdig schützte und schirmte.
Da aber infolge zu großer Freiheit unser Sinn zu Stolz und Lässigkeit sich kehrte, indem der eine den andern beneidete und beschimpfte und wir uns, wenn es sich so traf, im Wortstreit beinahe wie mit Schwert und Speer bekämpften, Vorsteher mit Vorstehern zusammenstießen und Laien gegen Laien sich erhoben, unaussprechliche Heuchelei und Verstellung den höchsten Grad ihrer Bosheit erreichten, da begann das göttliche Strafgericht in der ihm eigenen schonenden Weise - die Versammlungen durften noch zusammentreten - ruhig und gelinde seines Aufsichtsamtes zu walten. Die Verfolgung begann mit den Brüdern, die im Heere standen. Blind wie wir waren, mühten wir uns nicht, wie wir die Gottheit freundlich und gnädig stimmen könnten, glaubten vielmehr gleich manchen Heiden, Gott sorge und kümmere sich gar nicht um unsere Angelegenheiten, und häuften Sünde auf Sünde. Und die unsere Hirten schienen, schoben das Gesetz der Gottesfurcht beiseite und entbrannten in Eifersüchteleien gegeneinander. Streit und Drohung und Neid und gegenseitigen Groll und Haß zu mehren, war all ihr Tun. Leidenschaftlich verteidigten sie gleich Tyrannen ihre Machtgier. Da „umwölkte wie Jeremias sagt - der Herr in seinem Zorne die Tochter Sion und warf vom Himmel herab die Herrlichkeit Israels und gedachte am Tage seines Zornes nicht mehr des Schemels seiner Füße. Auch versenkte der Herr alle Anmut Israels und zerstörte alle seine Zäune“. „Er vernichtete - nach dem, was vorausverkündet ist in den Psalmen den Bund seines Knechtes und entweihte - durch die Zerstörung der Kirchen - zur Erde sein Heiligtum und zerstörte alle seine Zäune und nahm seinen Festungswerken die Kraft. Die Haufen des Volkes, alle, die des Weges kamen, plünderten es, und überdies wurde es den Nachbarn zum Spott. Er erhob die Rechte seiner Feinde und wendete ab die Hilfe seines Schwertes und nahm sich im Kriege nicht mehr seiner an. Er nahm ihm seine Reinigung und stürzte seinen Thron zur Erde und verkürzte die Tage seiner Zeit und goß zu all dem Schmach über ihn aus.“
2. Das alles ist zu unserer Zeit in Erfüllung gegangen. Denn mit eigenen Augen haben wir gesehen, wie die Bethäuser vom First bis zum Estrich niedergerissen und von Grund aus zerstört und die göttlichen und heiligen Schriften mitten auf den öffentlichen Plätzen verbrannt wurden, wie die Hirten der Kirchen teils in schimpflicher Weise sich da und dort verbargen, teils schmählich gefangengenommen und von den Feinden verhöhnt wurden. Nach einem andern Prophetenwort „ward Verachtung über die Herrscher ausgegossen und ließ er sie irregehen in unwegsamer Öde ohne Pfad“.
Doch halten wir es nicht für unsere Aufgabe, die traurigen Schicksale aufzuzeichnen, von welchen sie letztlich betroffen wurden, wie es uns auch nicht zusteht, ihre gegenseitigen Streitigkeiten vor der Verfolgung und ihr widersinniges Gebaren der Nachwelt zu überliefern. Wir haben uns daher entschlossen, über sie nicht mehr zu berichten, als was zur Rechtfertigung des göttlichen Strafgerichtes dienen möchte. Und so wollen wir auch derer nicht Erwähnung tun, die durch die Verfolgung in Versuchung gerieten oder an ihrem Heile völlig Schiffbruch litten und sich freiwillig in die Tiefen der Fluten stürzten. Nur das werden wir in unsere allgemeine Geschichte einfügen, was zunächst für uns selbst, dann auch für die Nachwelt von Nutzen sein dürfte.
Gehen wir nun dazu über, die heiligen Kämpfe, welche die Zeugen des göttlichen Wortes bestanden haben, im Auszug aufzuzeichnen. Es war das neunzehnte Jahr der Regierung des Diokletian, der Monat Dystros, bei den Römern Martius genannt, als beim Herannahen des Festes des erlösenden Leidens allenthalben ein kaiserlicher Erlaß veröffentlicht wurde, welcher befahl, die Kirchen bis auf den Grund niederzureißen und die Schriften zu verbrennen, und verfügte, daß Inhaber von Ehrenstellen ihre Würden, und Bedienstete, sofern sie im Bekenntnis des Christentums verharrten, die Freiheit verlieren sollten. So lautete das erste Edikt gegen uns. Bald darauf erschienen weitere Edikte, wonach alle Vorsteher allerorts zuerst in Fesseln gelegt und dann auf jede Weise zum Opfern gezwungen werden sollten.
3. Damals nun litten sehr viele Vorsteher der Kirchen standhaft schreckliche Qualen und boten so das Schauspiel herrlicher Kämpfe. Ungezählte andere aber erstarrten seelisch in Furcht und erlagen daher sogleich beim ersten Ansturm. Von den übrigen hatte der eine diese, der andere jene Qualen zu bestehen. Der eine wurde mit Geißelhieben gemartert, der andere mit Foltern und Schabmessern in unerträglicher Weise geschunden, so daß manche schon hierbei einen gräßlichen Tod fanden. Wieder andere bestanden den Kampf auf diese und jene Art. Da wurde einer von anderen gewaltsam mitgezerrt und zu den abscheulichen und unheiligen Opfern geführt und dann entlassen, wie wenn er geopfert hätte, auch wenn er tatsächlich nicht geopfert hatte. Der konnte frei abziehen, obwohl er gar nicht (an den Altar) getreten war und nichts Unreines berührt hatte, da andere vorgaben, er hätte geopfert, und er die falsche Angabe stillschweigend hinnahm. Ein anderer wurde halbtot aufgehoben und als Toter weggeworfen. Wieder ein anderer, auf dem Boden liegend, wurde an den Füßen eine Strecke weit gezerrt und zu denen gezählt, welche geopfert haben. Dabei rief und beteuerte der eine mit lauter Stimme, daß er sich geweigert habe zu opfern, ein anderer schrie: „Ich bin ein Christ!“, stolz auf das Bekenntnis des heilbringenden Namens, und ein dritter wiederholte beharrlich, er habe nicht geopfert und werde nie opfern. Aber gleichwohl wurden auch diese durch die zahlreiche hierzu beorderte Mannschaft, die sie durch Schläge auf den Mund zum Schweigen brachte, unter Hieben auf Gesicht und Wangen mit Gewalt weggedrängt. So suchten die Feinde der Gottesfurcht um jeden Preis den Schein zu erwecken, als hätten sie ihr Ziel erreicht. Aber auch damit vermochten sie nichts gegen die heiligen Märtyrer.
4. Sie im Einzelnen zu schildern, welche Darstellung könnte uns genügen? Unzählige könnte man Anführen, welche einen bewundernswerten Eifer für die Frömmigkeit gegenüber dem Gott des Alls bekundeten, und das nicht erst, seitdem die Verfolgung wider alle begonnen, sondern viel früher schon, da noch Friede herrschte. Als nämlich vor kurzem derjenige, der die Macht bekommen hatte, wie aus tiefem Schlafe erwachend, erst heimlich und unauffällig nach der auf Decius und Valerianus folgenden Zwischenzeit Hand an die Kirchen legte, indem er nicht zugleich gegen uns alle den Krieg begann, sondern vorerst auf eine Probe mit den im Heere Stehenden sich beschränkte - denn damit, daß er dieser zuerst im Kampfe Herr geworden, glaubte er die übrigen leicht in seine Gewalt zu bekommen -, da konnte man sehen, wie sehr viele Krieger freudigst ins bürgerliche Leben übertraten, um nicht ihre Frömmigkeit gegenüber dem Schöpfer des Alls verleugnen zu müssen. Wie nämlich der Oberbefehlshaber, wer immer er war, die Verfolgung gegen das Heer mit einer Sichtung und Säuberung der Truppe eröffnete, indem er zur Wahl stellte, entweder zu gehorchen und damit den eingenommenen Rang beizubehalten, oder aber im Falle der Widersetzlichkeit gegen den Befehl diesen zu verlieren, da zogen sehr viele Streiter des Reiches Christi unbekümmert und ohne Besinnen das Bekenntnis zu Christus scheinbarem Ruhme und Wohlergehen, das sie genossen, vor. Da und dort aber tauschte bereits einer und der andere von ihnen für seinen frommen Widerstand nicht nur den Verlust des Ranges, sondern sogar den Tod ein, da der Anstifter der Verschwörung, zwar vorsichtig noch, bereits damals bei einigen bis zum Blutvergießen sich vorwagte. Nur die große Zahl der Gläubigen ließ ihn fürchten und schreckte ihn noch, wie es scheint, davon ab, auf einmal zum Krieg wider alle aufzurufen.
Da er aber den Kampf in größerem Ausmaße begann, so ist es unmöglich, die Zahl und die Größe der Märtyrer Gottes in Worte zu fassen, die die Bewohner aller Städte und Dörfer mit Augen sehen durften.
5. In dem Augenblicke, da in Nikomedien das Dekret gegen die Kirchen bekanntgegeben ward - es war an einem öffentlichen und belebten Platze angeschlagen -, nahm es ein keineswegs unbekannter, sondern durch hohe weltliche Würden ausgezeichneter Mann in seinem Eifer für Gott und voll feurigen Glaubens ab und riß es in Stücke, da er es für unheilig und sehr gottlos erachtete. In derselben Stadt waren eben damals zwei Kaiser anwesend, der älteste von ihnen und der, welcher den vierten Rang in der Herrschaft nach ihm einnahm. Der erwähnte Mann war der erste, der unter den damaligen Zeitgenossen in solcher Weise sich hervortat. Die Strafe, die er für ein so kühnes Vorgehen dem Gesetze entsprechend erduldete, ertrug er heiter und gelassen bis zum letzten Atemzuge.
6. An Märtyrern, ausgezeichnet und hervorragend unter allen, die je bei Griechen oder Barbaren bewundert und ob ihrer Tapferkeit gerühmt wurden, brachte die Zeit hervor den Dorotheus und die kaiserlichen Diener um ihn. Obwohl diese Männer bei ihren Herren die höchsten Ehren genossen und von ihnen wie die eigenen Kinder behandelt wurden, so achteten sie die Schmähungen und Leiden um der Frömmigkeit willen und die vielfältigen ihretwegen neuerfundenen Todesarten in Wahrheit für größeren Reichtum“ als den Ruhm und die Üppigkeit der Welt. Wir wollen nur das Lebensende eines einzigen aus ihnen erwähnen und es den Lesern überlassen, daraus das Schicksal der übrigen zu erschließen.
In der erwähnten Stadt wurde ein Mann in Gegenwart der genannten Herrscher öffentlich Vorgeführt. Als er sich dem Gebote, zu opfern, widersetzte, erging die Weisung, ihn nackt in die Höhe zu ziehen und am ganzen Körper so lange mit Geißeln zu zerfleischen, bis er nachgeben und, wenn auch unfreiwillig, den Befehl ausführen würde. Da er aber trotz dieser Martern unbeugsam blieb - die Knochen waren bereits sichtbar -, mischten sie sodann Essig mit Salz und gossen ihn in die schwärenden Teile des Körpers. Und da er auch dieser Schmerzen nicht achtete, wurde weiter Rost und Feuer herbeigeschafft, und was von seinem Körper noch übrig war, wie Fleisch, das man zum Essen bereitet, von der Flamme aufgezehrt, nicht auf einmal, auf daß er nicht rasch stürbe, sondern nach und nach. Die Schergen, die ihn auf den Scheiterhaufen gelegt, durften ihn nicht eher wegnehmen, als bis er sich, von den Qualen bezwungen, dem Befehle fügen würde. Doch er blieb fest bei seinem Vorsatz und gab als Sieger mitten unter den Peinen seinen Geist auf. Dies war das Martyrium eines der kaiserlichen Diener. Der Märtyrer verdiente in der Tat seinen Namen; er hieß nämlich Petrus. Die Leiden der übrigen waren nicht geringer, doch wollen wir sie übergehen in Rücksicht auf den Umfang des Buches. Nur das sei berichtet, daß Dorotheus und Gorgonius mit mehreren anderen aus dem kaiserlichen Gesinde nach verschiedenartigen Kämpfen ihr Leben durch den Strich endeten und so den göttlichen Siegespreis davontrugen.
Um diese Zeit wurde Anthimus, der damals der Kirche von Nikomedien vorstand, wegen seines Zeugnisses für Christus enthauptet. Ihm gesellte sich eine große Anzahl von Märtyrern bei, da eben in jenen Tagen auf unerklärte Weise im kaiserlichen Palaste zu Nikomedien ein Brand ausbrach und sich das falsche Gerücht verbreitete, die Unsrigen hätten ihn gelegt. Daraufhin waren gemäß kaiserlichem Befehle von den dortigen Gläubigen große Maßen und ganze Familien teils mit dem Schwerte hingerichtet, teils verbrannt worden. Dabei sollen Männer und Frauen zusammen in einer Art göttlicher und unaussprechlicher Begeisterung auf den Scheiterhaufen gesprungen sein. Eine andere Schar wurde von den Henkern gefesselt und von Kähnen aus in die Meerestiefen geworfen. Auch die kaiserlichen Diener, die nach ihrem Tode mit der gebührenden Ehre der Erde übergeben worden waren, glaubten die vermeintlichen Herrn wieder ausgraben und ins Meer werfen zu müssen, damit sie nicht einige, für Götter sie haltend - das war ihre Meinung -, anbeteten, wenn sie in ihren Gräbern verblieben.
Das hat sich zu Nikomedien ereignet im Anfange der Verfolgung. Als sich aber bald darauf einige in der sog. melitenischen Landschaft und wiederum andere in Syrien gegen die kaiserliche Herrschaft aufzulehnen versuchten, erging ein kaiserlicher Befehl, daß allenthalben die Vorsteher der Kirchen in Gefängnisse und Fesseln geworfen werden sollten. Das Schauspiel dessen, was darauf folgte, übersteigt jede Beschreibung. Zahllose Scharen wurden an jeglichem Orte eingekerkert. Die Gefängnisse, ehedem bestimmt für Mörder und Grabschänder, waren nun überall angefüllt mit Bischöfen, Presbytern, Diakonen, Lektoren und Exorzisten, so daß dort kein Platz mehr übrigblieb für jene, die wegen Verbrechen verurteilt waren. Als dann auf den ersten Erlaß ein zweiter folgte, welcher den Gefangenen, wenn sie opferten, die Freiheit gewährte, die Hartnäckigen aber mit unzähligen Foltern bedrohte, wer hätte da hinwiederum die Menge derer zählen können, welche in jeder Provinz, vor allem in Afrika, Mauretanien, in der Thebais und in Ägypten den Zeugentod starben? Auch Leute, die aus letzterem Lande in fremde Städte und Provinzen sich begeben hatten, zeichneten sich durch ihre Martyrien aus.
7. Wir kennen diejenigen aus ihnen, die in Palästina, wir kennen aber auch jene, die zu Tyrus in Phönizien sich hervorgetan haben. Wer sah sie und erschrak nicht über die unzählbaren Geißelhiebe und die Widerstandskraft, die die wahrhaft wunderbaren Streiter für die Gottesfurcht dabei bekundeten, über den Kampf mit menschenfressenden Bestien, der sogleich auf die Geißelhiebe folgte, über die Angriffe, die dann ausgingen von Panthern und verschiedenartigen Bären, von wilden Ebern und mit Eisen und Feuer gehetzten Stieren, über den erstaunlichen Mut der Helden gegenüber jeglicher der Bestien? Wir selbst waren bei diesen Kämpfen zugegen und sahen, wie die göttliche Kraft unseres Erlösers Jesus Christus, dem das Zeugnis galt, erschien und sich deutlich den Märtyrern offenbarte. Die menschenfressenden Tiere nämlich wagten längere Zeit die Körper der gottgeliebten Männer nicht zu berühren oder auch nur sich ihnen zu nähern, fuhren vielmehr gegen alle die andern los, die sie von außen reizten und antrieben. Nur die heiligen Kämpfer wollten sie in keiner Weise antasten, obwohl diese nackt dastanden und sie durch Bewegung mit den Händen, wie ihnen befohlen worden war, auf sich zu lenken suchten. Und wenn die Bestien je zum Sprunge gegen sie ansetzten, wichen sie, wie von einer göttlichen Kraft angehalten, immer wieder zurück. Dies dauerte geraume Zeit und versetzte die Zuschauer in nicht geringe Verwunderung. Wollte das erste Tier nicht zugreifen, so ließ man noch ein zweites und drittes auf einen und denselben Märtyrer los.
Erstaunlich war die unerschrockene Ausdauer, die jene Heiligen hier bewiesen, und die feste und unerschütterliche Widerstandskraft, die in den jugendlichen Körpern wohnte. Da sah man einen Jüngling stehen, noch nicht zwanzig Jahre alt, ungefesselt, die Hände zur Kreuzesform ausgespannt, ohne Zagen und Zittern zu Gott betend in aller Ruhe, nicht fliehend und weichend von dem Platze, wo er stand, während Bären und Panther Wut und Tod schnaubten und schon fast nach seinem Fleische griffen. Aber irgendeine göttliche und geheimnisvolle Kraft versperrte ihnen den Rachen, und sie liefen wieder zurück. So hielt sich dieser Jüngling.
Andere konnte man sehen - Fünf waren es im Ganzen -, wie sie einem wütenden Stiere vorgeworfen wurden. Und während dieser die anderen Leute, die von draußen herantraten, mit den Hörnern in die Luft schleuderte und zerfleischte, so daß sie halbtot weggetragen werden mußten, waren die heiligen Märtyrer die einzigen, gegen die er wohl wütend und ungestüm loszurennen, denen er sich aber nicht zu nähern vermochte. So sehr er mit den Füßen stampfte und mit dem Gehörn hierhin und dorthin stieß und, durch glühendes Eisen gereizt, Wut und Verderben schnaubte, er wurde von der heiligen Vorsehung zurückgedrängt. Nachdem so dieser Stier ihnen nicht das geringste Leid zufügte, wurden andere Tiere auf sie losgelassen. Zuletzt wurden alle nach den schrecklichen und verschiedenartigen Anfällen seitens der Bestien mit dem Schwerte hingerichtet und statt der Erde und den Gräbern den Meereswogen übergeben.
8. Dies war der Kampf der Ägypter, welche in Tyrus öffentlich für die Frömmigkeit gestritten. Aber auch jene Ägypter, welche in ihrer Heimat Märtyrer geworden, verdienen Bewunderung. Hier erlitten unzählige Männer mit Weibern und Kindern um der Lehre unseres Erlösers willen unter Verachtung des irdischen Lebens auf verschiedene Weisen den Tod. Die einen von ihnen wurden den Flammen übergeben, nachdem sie Kralle und Folter erfahren und furchtbare Geißelhiebe empfangen und ungezählte andere Peinen verschiedener Art erduldet, schrecklich zum Anhören; andere wurden ins Meer versenkt, wieder andere boten mutig ihren Nacken den Henkern dar. Die einen starben während der Foltern, andere fanden durch Hunger den Tod, wieder andere wurden gekreuzigt, die einen in der bei Verbrechern üblichen Art, die andern zu größerer Qual mit dem Kopfe nach unten angeheftet und am Leben belassen, bis sie selbst an den Balken verhungerten.
9. Aller Beschreibung aber spotten die Qualen und Leiden, welche die Märtyrer in der Thebais erduldeten. Anstatt der Kralle zerrissen Scherben ihren ganzen Körper, bis der Tod eintrat. Frauen wurden an einem der beiden Füße festgebunden und, den Kopf nach abwärts, mit gewissen Maschinen hoch in die Luft gezogen und boten so mit ihren völlig nackten und unbekleideten Körpern allen, die zusahen, den schändlichsten und allergrausamsten und unmenschlichsten Anblick. Andere wurden an Bäume und Stämme gebunden und fanden auf diese Weise den Tod. Man zog nämlich die stärksten Äste mittels gewisser Maschinen hart aneinander, befestigte an jedem je ein Bein der Märtyrer und ließ die Äste wieder in ihre natürliche Lage zurückschnellen. Dadurch sollten mit einem Male die Glieder der Unglücklichen, gegen die man so vorging, auseinandergerissen werden. Und all das trieb man nicht etwa einige Tage oder nur kurze Zeit, sondern volle lange Jahre hindurch. Bald wurden ihrer mehr als zehn, bald über zwanzig hingerichtet, ein andermal nicht weniger als dreissig, ja gegen sechzig und bisweilen sogar hundert Männer nebst kleinen Kindern und Weibern an einem einzigen Tage getötet, zu Martern in buntem Wechsel verurteilt. Auch wir haben gelegentlich unseres Aufenthaltes in jenen Gegenden gesehen, wie an einem einzigen Tage mehrere zugleich teils enthauptet, teils verbrannt wurden. Das Richtschwert wurde stumpf und als verbraucht zerbrochen, und die Henkersknechte mußten sich vor Ermüdung gegenseitig ablösen. Wir beobachteten da bei denen, die an den Gesalbten Gottes glaubten, ganz wunderbaren Eifer und wahrhaft göttliche Kraft und Freudigkeit. Denn kaum war das Urteil gegen die einen gesprochen, da eilten schon von anderer Seite andere zum Richterstuhle und gaben sich als Christen an. Ohne Sorge angesichts der schrecklichen Qualen und verschiedenartigen Foltern bekannten sie sich unerschrocken und frei zu der Frömmigkeit gegen den Gott des Alls und nahmen freudig und lächelnd und wohlgemut schließlich das Todesurteil entgegen. Ja, sie jubelten und sangen dem Gott des Alls Lob- und Danklieder bis zum letzten Atemzuge.
Bewunderungswürdig sind diese alle. In besonderem Grade aber verdienen Bewunderung jene, die sich durch Reichtum, vornehme Geburt, Würde, Beredsamkeit und Gelehrsamkeit auszeichneten und dies alles der wahren Frömmigkeit und dem Glauben an unseren Erlöser und Herrn Jesus Christus nachsetzten.
Zu ihnen gehörte Philoromus, der die hohe Stelle eines kaiserlichen Provinzialverwaltungsbeamten in Alexandrien innehatte und kraft seines Ranges und seiner römischen Würde, von Soldaten umgeben, täglich gerichtliche Untersuchungen zu Führen pflegte, ferner Phileas, der Bischof der Kirche von Thmuis, berühmt durch seine öffentliche Tätigkeit und seinen Dienst für das Gemeinwohl seiner Vaterstadt und seine Kenntnisse in der Philosophie. Obwohl eine große Anzahl von Blutsverwandten und anderen Freunden, auch Beamte von hohem Range, sie anflehten und der Richter selbst sie mahnte, sie möchten doch Mitleid mit sich haben und Rücksicht auf ihre Kinder und Frauen nehmen, ließen sie sich von ihnen in keiner Weise dazu verleiten, aus Liebe zum Leben die Gebote zu verachten, welche unser Erlöser bezüglich des Bekenntnisses und der Verleugnung gegeben hat Sie widerstanden mit männlichen und philosophischen Erwägungen oder vielmehr mit frommem und gottliebendem Herzen allen Drohungen und Beschimpfungen des Richters und wurden so beide enthauptet.
10. Da wir erwähnten, daß sich Phileas auch durch weltliche Weisheit großen Ruhm erworben, so möge er denn als sein eigener Zeuge auftreten, um kundzutun, wer er selber war, und zugleich über die Martyrien, welche zu seiner Zeit in Alexandrien stattgefunden, einen Bericht zu geben, der genauer ist als der, den wir bieten könnten. Folgendes sind seine Worte:
Aus dem Schreiben des Phileas an die Thmuiten: „Da alle diese Beispiele, Erläuterungen und herrlichen Zeichen in den göttlichen und heiligen Schriften für uns niedergelegt sind, so waren die seligen Märtyrer, die bei uns litten, keinen Augenblick unschlüssig und richteten das Auge der Seele rein empor zu Gott, der da ist über allem, und hielten, entschlossen zum Tode für den Glauben, unerschüttert fest an ihrer Berufung. Wußten sie doch, daß unser Herr Jesus Christus unsertwegen Mensch geworden ist, um jegliche Sünden auszurotten und uns die Mittel zum Eingang in das ewige Leben zu verschaffen. Denn nicht hielt er es für Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst, indem er Knechtsgestalt annahm; äußerlich wurde er befunden wie ein Mensch, und er erniedrigte sich bis zum Tode, bis zum Tode am Kreuze „. Daher strebten die Märtyrer, die Christus in sich trugen, nach den höheren Gaben und ertrugen jede Mühe und alle nur denkbaren Foltern, nicht nur einmal, sondern zum Teil schon ein zweites Mal. Und so eifrig es ihre Wächter mit Drohungen aller Art wider sie hatten, in Worten wie in Taten, sie wichen nicht in ihrem Entschluß; denn die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht“.. Welches Wort könnte genügen, ihren Mut und ihre Standhaftigkeit, die sie bei jeder Marter bewiesen, zu schildern? Da sie jeder, der wollte, nach Willkür mißhandeln durfte, so schlugen die einen mit Stöcken auf sie ein, andere mit Ruten, andere mit Geißeln, andere wiederum mit Riemen und andere mit Stricken.
Was man hier an Martern sehen konnte, bot stetig neuen Anblick und offenbarte viel Bosheit. Da wurden die einen, beide Hände auf den Rücken gebunden, am Holze aufgehängt und ihnen durch gewisse Vorrichtungen jedes Glied gestreckt.
In dieser Lage fielen sodann die Henkersknechte auf einen Befehl hin über den ganzen Körper her, nicht bloß über die Seiten, wie es bei den Mördern geschieht, sondern auch den Bauch, die Waden und die Wangen zerfleischten sie mit ihren Waffen -. Andere wurden in der Halle an einer Hand aufgeknüpft und hingen hoch in der Luft, wobei die Dehnung der Gelenke und Glieder Schmerz verursachte, der an Heftigkeit jede Pein übertraf. Andere band man, Gesicht gegen Gesicht, an die Säulen, so daß die Füße den Boden nicht berührten und die Bänder zufolge der Schwere des Körpers gewaltsam gestrafft und gespannt wurden. Solche Qual litten sie nicht nur für die Zeit, da der Statthalter mit ihnen verhandelte oder mit ihnen beschäftigt war, sondern fast den ganzen Tag. Denn wenn dieser sich zu anderen begab, ließ er seine Diener bei den ersteren zurück, damit sie darauf achteten, ob nicht etwa einer, von den Martern bezwungen, nachzugehen scheine. Auch befahl er, schonungslos ihnen die Fesseln anzuziehen und sie, wenn sie nach all dem den Geist aufgaben, auf den Boden zu werfen und wegzuschleppen. Denn sie dürften nicht die geringste Rücksicht gegen uns üben, sondern müßten so wider uns denken und handeln, als wären wir nicht mehr. Das war die zweite Prüfung, die die Feinde nach den Schlägen ersonnen. Manche wurden nach den Mißhandlungen noch in den Pflock gelegt, die beiden Füße ausgespannt bis zum vierten Loch. Dabei mußten sie rücklings auf dem Holze liegen, da sie infolge der frischen, von den Schlägen herrührenden Wunden, die den ganzen Körper bedeckten, nicht aufrecht sitzen konnten. Niedergeworfen von dem gemeinsamen Ansturm der Leiden, lagen andere auf der Erde und boten, da sie die mannigfachen und verschiedenen Spuren der gegen sie ausgesonnenen Foltern am Körper trugen, den Zuschauern einen schrecklicheren Anblick, als die Vollstreckung ihn geboten hatte.
Bei dieser Sachlage starben die einen schon unter den Foltern, den Widersacher durch ihren Mut beschämend. Andere wurden halbtot in den Kerker gesperrt, wo sie nach wenigen Tagen ihren Schmerzen erlagen. Die übrigen aber, denen gute Pflege Wiedergenesung schenkte, gewannen durch die Zeit und den Aufenthalt im Gefängnisse an Mut. Als sie so den Befehl erhielten, sich zu entscheiden, ob sie durch Berührung des unheiligen Opfers die fluchwürdige Freiheit und ein ungestörtes Dasein von ihnen erlangen oder nicht opfern und die Todesstrafe erleiden wollten, gingen sie ohne Besinnen freudig in den Tod. Denn sie wußten, was durch die heiligen Schriften für uns festgesetzt ist: Wer fremden Göttern opfert, heißt es, soll vertilgt werden und Du sollst keine fremden Götter neben mir haben.“
Das sind die Worte des Märtyrers, der wahrhaftig Freund der Weisheit und Freund Gottes zugleich war. Er hatte sie vor dem Endurteil, da er noch im Gefängnisse lag, an die Brüder seiner Gemeinde geschrieben, um sie über seine Lage zu unterrichten und sie zugleich zu mahnen, daß sie auch nach seinem Tode, der nun bevorstünde, an der Gottesfurcht in Christus unerschütterlich festhielten. Doch was soll ich eine lange Geschichte schreiben und zu den neuen Kämpfen, wie sie die Märtyrer auf der ganzen Erde bestehen, immer wieder neue fügen? Wird doch gegen sie nicht mehr nach dem gemeinen Gesetze, sondern auf dem Kriegswege vorgegangen.
11. So umzingelten eben erst Soldaten ein ganzes von Christen bewohntes Städtchen in Phrygien, warfen Feuer hinein und verbrannten die Insassen samt Frauen und Kindern, die da laut zu Gott, der über allem ist, um Hilfe riefen. Denn die gesamte Einwohnerschaft, der Schatzmeister selbst und die Beamten nebst dem Rate und dem ganzen Volke, bekannte sich zu Christus und gehorchte in keiner Weise dem Befehle, den Götzen zu opfern.
Da lebte weiter ein Mann, namens Adauktus, ein römischer Würdenträger aus vornehmem italischem Geschlechte, der alle kaiserlichen Ehrenstufen durchlaufen, ja sogar die Verwaltung der Hofkasse und des Fiskus tadellos geführt hatte. Und da er sich zu alledem durch die edlen Werke der Gottesfurcht und die Bekenntnisse zu dem Gesalbten Gottes auszeichnete, wurde er mit der Krone des Martyriums geschmückt. Er hatte noch die Stelle des Finanzverwalters inne, da er den Kampf für die Frömmigkeit bestand.
12. Wozu soll ich jetzt noch die übrigen mit Namen erwähnen oder die Menge der Männer aufzählen und die verschiedenartigen Qualen der bewunderswerten Märtyrer schildern? Die einen wurden mit dem Beile hingerichtet, wie es in Arabien geschah, andern wurden die Beine zerbrochen, wie es denen in Kappadozien erging, wieder andere wurden mit dem Kopfe nach unten an beiden Füßen aufgehängt und ein schwelendes Feuer darunter angefacht, so daß sie an dem aus dem glimmenden Holze aufsteigenden Qualme erstickten. So verfuhr man in Mesopotamien. Andern schnitt man Nasen, Ohren und Hände ab und verstümmelte sie an den übrigen Gliedern und Teilen des Körpers, wie es in Alexandrien der Fall war. Und was soll ich das Andenken derer in Antiochien erneuern, die auf Feuerherden, nicht damit sie stürben, sondern zwecks langer Peinigung, gebraten wurden oder lieber die Rechte in die Flamme steckten, als das unheilige Opfer berührten? Einige davon wichen der Prüfung aus und stürzten sich, ehe sie in die Gewalt und die Hände der Gegner fielen, von den Dächern hoher Häuser herab, den Tod als Gewinn ansehend gegenüber der Bosheit der Gottlosen. Da lebte eine Person, heilig und von wunderbarer Seelenstärke, dem Körper nach aber eine Frau, bei allen Antiochenern bekannt auch durch ihren Reichtum, ihre Geburt und ihren Rang. Ihre zwei jungfräulichen Tochter, ausgezeichnet durch körperliche Schönheit und Reife, hatte sie nach den Gesetzen der Frömmigkeit großgezogen. Heftige Mißgunst, die man gegen die Frauen erregt, war am Werke, auf jede Weise auszukundschaften, wo sie sich verborgen hielten. Man brachte in Erfahrung, daß sie in der Fremde weilten, und lockte sie durch geschickte Klügeleien nach Antiochien zurück. Und so gerieten sie in die Netze der Soldaten. Angesichts der hilflosen Lage, in der sie sich mit den Töchtern befand, setzte die Mutter alle die Gefahren auseinander, die von Seiten der Menschen drohten, und sprach sich und den Mädchen Mut zu, es nicht dahin kommen zu lassen, die unerträglichste aller Gefahren, die Drohung mit Entehrung, auch nur flüchtig mit Ohren hören zu müssen. Die Seele der Knechtschaft der Dämonen preiszugeben, sagte sie, sei schlimmer denn alle Todesarten und jeglicher Untergang. Und sie sprach den Satz aus, daß es nur eine Rettung gebe aus allen diesen Bedrängnissen, die Zuflucht zum Herrn. Auf Grund gemeinsamen Beschlusses legten sie sodann festliche Kleider an, baten die Wächter, als sie eben die Mitte des Weges erreicht, daß sie eine kleine Weile sich zurückziehen dürften, und stürzten sich in den vorbeiströmenden Fluß. So nahmen sie sich selbst das Leben.
Zwei andere Jungfrauen, ebenfalls aus Antiochien, in allem gottgefällige und wahre Schwestern, vornehm von Geburt, von glänzender Lebensführung, jung an Jahren, schön von Gestalt, edel an der Seele, fromm in Sitte und bewunderungswürdig im Eifer, wurden auf Befehl der Dämonendiener ins Meer geworfen, gleich als ob die Erde solchen Schmuck nicht zu tragen vermöchte. Das sind die Ereignisse zu Antiochien.
Schauerlich schon zum Anhören sind die Leiden der Märtyrer im Pontus. Man trieb ihnen scharfes Schilfrohr von der Spitze der Nägel an durch die Finger der Hände. Andern goß man im Feuer geschmolzenes Blei, solange die Maße noch kochte und glühte, über den Rücken und verbrannte ihnen so die notwendigsten Körperteile. Wieder andere erlitten an den Eingeweiden und den Organen, die man nicht nennen mag, erbarmungslos häßliche und unbeschreibliche Qualen, die die edlen und gesetzestreuen Richter in regem Wetteifer ersannen, ihre Grausamkeit als eine Art hervorragender Weisheit darin zur Schau stellend. Wie wenn es um Kampfpreise ginge, suchten sie sich gegenseitig in Erfindung stets neuer Foltern zu überbieten. Als sie dann durch das Übermaß an Bosheit stumpf und des Mordens müde und des Blutvergießens satt und überdrüssig geworden, wandten sie sich zur letzten der Drangsale, die sie selbst allerdings als Güte und Freundlichkeit deuteten, den Anschein erweckend, als stellten sie die Feindseligkeiten gegen uns ein. Denn, sagten sie, es gehe nicht an, die Städte mit dem Blute der Bürger zu beflecken und die erhabene Regierung der Kaiser, die gegen alle wohlwollend und milde sei, in den falschen Ruf der Grausamkeit zu bringen. Der Segen der gütigen kaiserlichen Macht müsse sich auf alle Menschen erstrecken, so daß niemand mehr mit dem Tode bestraft werden dürfe. Dieses ihr Verfahren gegen uns sei durch die Menschenfreundlichkeit der Kaiser aufgehoben. Hierauf erging der Befehl, ihnen ein Auge auszustechen und das eine Bein zu lähmen.
Das also war bei ihnen Menschenfreundlichkeit, das die gelindeste der Strafen gegen uns. Zufolge dieser Menschenfreundlichkeit seitens der Gottlosen ist es vollends unmöglich, die Menge jener Ungezählten zu benennen, denen zuerst das rechte Auge mit dem Schwerte ausgestochen und dann mit Feuer ausgebrannt und das linke Bein an der Kniekehle mit glühendem Eisen gelähmt wurde, und die man hierauf, nicht so sehr zur Arbeit als vielmehr zur Mißhandlung und Peinigung, zu den Erzbergwerken der Provinz verurteilte. Unmöglich ist es auch, der Reihe nach jene weiteren Kämpfe zu schildern, die zu den erwähnten Märtyrern hin andere Streiter bestanden. Ihre Heldentaten sind über jede Beschreibung erhaben.
So zeichneten sich die trefflichen Märtyrer Christi in diesen Peinen vor der ganzen Welt aus und setzten naturgemäß alle, die Zeugen ihres Mutes waren, in Staunen. Lieferten sie doch am eigenen Ich den sichtbaren Beweis, daß die Macht unseres Erlösers wahrhaft göttlich und unaussprechlich ist. Jedes einzelnen mit Namen zu gedenken, wäre zu weitläufig, um nicht zu sagen unmöglich.
13. Unter den kirchlichen Vorstehern, die in den hervorragenden Städten Märtyrer geworden, sei von uns als Zeuge für das Reich Christi an erster Stelle Anthimus, der Bischof der Stadt Nikomedien, der enthauptet wurde, in die Gedenksäulen der Frommen eingetragen, von den Märtyrern Antiochiens Lukian, der in seinem ganzen Wandel ausgezeichnete Presbyter der dortigen Gemeinde, der zu Nikomedien in Gegenwart des Kaisers zuerst in Worten durch eine Verteidigungsrede, sodann auch durch die Tat das himmlische Reich Christi verkündete.
Unter den Märtyrern Phöniziens dürften die hervorragendsten sein die in allem gottgefälligen Hirten der geistigen Herden Christi: Tyrannion, Bischof der Kirche zu Tyrus, Zenobius, Presbyter der Kirche zu Sidon, und Silvanus, Bischof der Kirchen um Emisa. Letzterer wurde nebst anderen in Emisa selbst wilden Tieren zum Fraße gegeben und so in die Reihen der Märtyrer aufgenommen. Die beiden anderen verherrlichten in Antiochien das Wort Gottes durch ihr Beharren bis zum Tode. Der eine, der Bischof, wurde in die Tiefe des Meeres versenkt, der treffliche Arzt Zenobius starb standhaft an den Wunden, die sie ihm zur Qual an den Seiten beigebracht.
Von den Märtyrern in Palästina wurde Silvanus, Bischof der Kirchen um Gaza, in den Erzbergwerken von Phäno mit 39 andern enthauptet. Daselbst erlitten die ägyptischen Bischöfe Peleus und Nilus nebst andern den Feuertod. Hier müssen wir auch der großen Zierde der Kirche von Cäsarea gedenken, des Presbyters Pamphilus, des bewundernswertesten Mannes unserer Zeit. Die Größe seines edlen Wirkens werden wir zu gegebener Zeit schildern.
Unter denen, welche in Alexandrien und in ganz Ägypten und der Thebais einen ruhmvollen Tod gefunden, sei als erster Petrus, Bischof von Alexandrien selbst, einer der hervorragendsten Lehrer der Gottesfurcht in Christus, aufgezeichnet, von seinen Presbytern sodann Faustus, Dius und Ammonius, die vollendeten Märtyrer Christi, Phileas, Hesydsius, Pachymius und Theodor, Bischöfe ägyptischer Kirchen, und dazu noch unzählige andere berühmte Männer, deren Gedächtnis die Gemeinden jener Bezirke und Orte feiern.
Die Kämpfe der Männer, welche auf dem ganzen Erdkreis für die fromme Verehrung Gottes gestritten haben, zu beschreiben und ihre Geschicke in allen Einzelheiten genau zu schildern, dürfte nicht unsere Aufgabe sein, sondern Sache derer, welche die Ereignisse mit eigenen Augen gesehen haben. Ich werde dementsprechend die Kämpfe, bei denen ich selbst zugegen war, in einem anderen Werk der Nachwelt zur Kenntnis bringen. In vorliegender Schrift aber will ich dem Gesagten noch den Widerruf des gegen uns geübten Vorgehens beifügen und das, was vom Beginne der Verfolgung an sich ereignete. Es möchte den Lesern von großem Nutzen sein.
Welche Worte könnten genügen, um die Fülle des Glückes und Wohlstandes zu schildern, deren das römische Reich vor seinem Kriege gegen uns gewürdigt ward, als die Herrscher noch freundschaftliche und friedliche Gesinnung gegen uns hegten? Damals konnten die obersten Machthaber die Gedenktage einer zehn- und zwanzigjährigen Regierung in dauerndem und tiefem Frieden mit Feiern, Volksfesten, fröhlichsten Gelagen und Belustigungen begehen. Obwohl sich so ihre Macht ungehindert ausbreitete und täglich größer wurde, änderten sie plötzlich ihre friedliche Gesinnung gegen uns und entfachten einen unversöhnlichen Krieg. Doch war das zweite Jahr dieser Verfolgung noch nicht zu Ende, da brachte ein unerhörtes, die ganze Regierung treffendes Ereignis einen Umsturz aller Verhältnisse. Den obersten der erwähnten Herrscher nämlich befiel eine unheilvolle Krankheit, die auch eine geistige Störung bei ihm zur Folge hatte. Und so zog er sich zugleich mit dem, der den zweiten Rang nach ihm einnahm, ins gewöhnliche Privatleben zurück. Das aber war noch nicht geschehen, als das gesamte Reich in zwei Teile zerfiel, eine Katastrophe, wie sie die Geschichte aus früheren Tagen nie zu berichten wußte.
Nach nicht sehr langer Zwischenzeit starb Kaiser Konstantius eines natürlichen Todes. Er war sein ganzes Leben lang voll Milde und Wohlwollen gegen seine Untertanen und dem göttlichen Worte sehr gewogen. Als Selbstherrscher und Augustus hinterließ er an seiner Statt seinen leiblichen Sohn Konstantin. Konstantius war der erste, der von ihnen unter die Götter versetzt und als der beste und mildeste der Kaiser nach seinem Tode aller jener Ehren gewürdigt wurde, die man einem Herrscher schuldet. Er war der einzige unter den Regenten unserer Tage, der während der ganzen Dauer seiner Regierung des hohen Amtes sich würdig erwies. Auch sonst überaus freundlich und gütig gegen jedermann, beteiligte er sich in keiner Weise an dem Kriege gegen uns, stellte vielmehr die ihm untergebenen Gläubigen gegen Schädigung und Mißhandlung sicher. Er zerstörte weder Kirchengebäude, noch traf er sonstwie eine Neuerung gegen uns. So war ihm ein glückliches und dreimal seliges Ende beschieden. Er war auch der einzige, der als regierender Kaiser in Frieden und Ruhm starb, mit einem leiblichen Sohn als Nachfolger, der in allem durch Weisheit und Gottesfurcht sich auszeichnete. Sein Sohn Konstantin wurde gleich zu Anfang von den Soldaten und lange zuvor schon von Gott selbst, dem König der Könige, als höchster Kaiser und Augustus und erwies sich als treuer Nachahmer der väterlichen Ehrfurcht gegenüber unserer Lehre. Soviel über Konstantius.
Hierauf wurde Licinius durch gemeinsamen Beschluß der Regenten zum Kaiser und Augustus erhoben. Das verdroß den Maximinus in hohem Grade, da er gegenüber allen bis dahin allein noch den Cäsarentitel führte. Ein überaus herrschsüchtiger Mensch, riß er die Würde trügerisch an sich und wurde Augustus, indem er sich selbst dazu machte. Inzwischen wurde der Mann, der, wie gesagt, die Herrscherwürde zwar erst niedergelegt, dann aber wieder aufgenommen hatte, ergriffen, als er dem Konstantin nachstellte, und starb eines sehr schimpflichen Todes. Er war der erste Herrscher, dessen Ehreninschriften, Bildsäulen und was man sonst dem Herkommen gemäß ihm geweiht hatte, mit Rücksicht auf den frevelhaften und durchaus gottlosen Menschen entfernt wurden.
14. Sein Sohn Maxentius, der in Rom sich die Herrschaft angeeignet hatte, stellte sich anfänglich, um dem römischen Volke zu gefallen und ihm zu schmeicheln, als bekenne er unseren Glauben, und befahl darum seinen Untertanen, die Christenverfolgung einzustellen. So heuchelte er Gottesfurcht und wollte entgegen den früheren Herrschern als gütig und gar milde erscheinen. Doch seine Taten entsprachen nicht den Hoffnungen, die man auf ihn setzte. Er verfiel in jeden Frevel, ließ keine gottlose und freche Tat unverübt und beging Ehebrüche und Schändungen aller Art. Er trennte gesetzmäßige Gattinnen von ihren Männern, mißbrauchte sie in der schändlichsten Art und schickte sie wieder ihren Männern zurück. In solcher Weise fiel er absichtlich nicht kleine und unbekannte Leute an, seine kecke Begierde ging vielmehr vorzüglich auf die berühmtesten Mitglieder des römischen Senates. Alle, Bürger und Beamte, hoch und nieder, fürchteten ihn und litten schwer unter seiner grausamen Gewaltherrschaft. Auch wenn sie sich ruhig verhielten und das bittere Sklavenlos geduldig trugen, gab es für sie doch kein Entrinnen vor der blutgierigen Roheit des Tyrannen. Auf eine geringfügige Veranlassung hin lieferte er einmal das Volk der Mordlust seiner Leibwache aus, wobei zahlreiche Scharen des römischen Volkes inmitten der Stadt nicht etwa durch Speer und Waffen von Skythen und Barbaren, sondern von denen der eigenen Landsleute getötet wurden. Die Zahl der Senatoren, die er hinrichten ließ, weil er nach ihrem Vermögen strebte, kann gar nicht berechnet werden. In Maßen ließ er sie bald unter diesem, bald unter jenem Vorwand ermorden. Die Krone setzte der Tyrann seinen Übeltaten auf, da er sich der Zauberei in die Arme warf. In magischem Sinnen und Grübeln ließ er bald schwangere Frauen öffnen, bald die Eingeweide neugeborener Kinder durchforschen, Löwen schlachten und unsäglich schändliche Handlungen vornehmen, um Dämonen zu beschwören und den Krieg abzuwenden. Er setzte nämlich alle Hoffnung darauf, daß diese Mittel zum Siege Führten. Es ist nicht zu sagen, durch welche Untaten dieser Mann während seiner Gewaltherrschaft in Rom die Untertanen knechtete. Die Folge davon war, daß sogar an den notwendigen Lebensmitteln nun äußerste Not und Knappheit eintrat, wie man sie in Rom, soweit sich unsere Zeitgenossen erinnern, sonst nie erlebte. Der Tyrann des Ostens, Maximinus, schloß mit dem zu Rom, gleichsam mit seinem Bruder in der Schlechtigkeit, heimlich ein Bündnis, was er geraume Zeit verborgen zu halten wußte. Als es aber später an den Tag kam, erlitt er die verdiente Strafe. Es war zum Erstaunen, wie artverwandt und verschwistert dieser war, ja in Schlechtigkeit und schlimmen Sitten dem Tyrannen in Rom sogar den Sieg und die Palme abrang. Die ersten Gaukler und Zauberer wurden durch ihn der höchsten Ehre gewürdigt. Denn er war furchtsam über die Maßen und durch und durch abergläubisch und legte dem Irrtum bezüglich der Idole und Dämonen größte Bedeutung bei. Ohne Götterspruch und Orakelwort wagte er auch nicht um Nagelsbreite, wie man sagt, etwas zu bewegen. Deshalb betrieb er die Verfolgung gegen uns mit noch mehr Gewalt und Nachdruck als die Herrscher vor ihm. In jeder Stadt ließ er Tempel errichten und die durch die Länge der Zeit zerstörten heiligen Haine mit allem Eifer wieder erneuern. Auch bestellte er Götzenpriester an allen Orten und in allen Städten und setzte über sie in jeder Provinz aus der Zahl jener Beamten, die in allen Zweigen der Staatsverwaltung sich in besonders augenfälliger Weise ausgezeichnet, einen Oberpriester, dem er eine Abteilung Soldaten als Ehrenwache beigab. Ohne weiteres übertrug er an alle Zauberer, die er für fromme und gottgeliebte Männer hielt, Statthalterschaften und die größten Vorrechte.
Von da an drückte und quälte er nicht etwa eine Stadt oder ein Land, sondern ohne Ausnahme alle ihm unterstellten Provinzen durch Eintreibungen von Gold und Silber und unsäglichen Summen Geldes, durch äußerst drückende Verordnungen und immer wieder andere Strafen. Den Reichen nahm er den von den Vorfahren her bewahrten Besitz weg und schenkte den ihn umgebenden Schmeichlern Schätze zugleich und Haufen Gelder. Er verfiel so hemmungslos dem Trunk und dem Suff, daß er bei Gelagen des Verstandes und der Sinne nicht mehr mächtig war und im Zustand der Trunkenheit Befehle erließ, die er am anderen Tage, wenn er wieder nüchtern wurde, bereute. An Völlerei und Ausschweifung von niemand übertroffen, erwies er sich den Beamten wie dem Volke gegenüber als Lehrer des Lasters. Das Heer brachte er dahin, daß es infolge von lauter Üppigkeit und Ausartung verweichlichte, und die Statthalter und Heerführer forderte er auf, fast als seine Mittyrannen räuberisch und gewinnsüchtig gegen die Untertanen vorzugehen.
Wozu soll ich die Schandtaten erwähnen, die der Mann in seiner Begehrlichkeit verübt, oder die Menge derer aufzählen, die er mißbraucht? Er konnte durch keine Stadt ziehen, ohne Frauen zu entehren und Jungfrauen zu entführen. Und das gelang ihm in der Tat bei allen, nur nicht bei den Christen. Sie, die den Tod verachteten, achteten seine so grimmige Tyrannei für nichts. Die Männer erduldeten so Feuer, Schwert, Annagelung, wilde Tiere, Meerestiefen, Abschlagen der Glieder, Brenneisen, Ausstechen und Ausreißen der Augen, Verstümmelungen am ganzen Körper, dazu Hunger, Arbeiten in den Bergwerken und Ketten und bekundeten dadurch, daß sie lieber um der Frömmigkeit willen leiden als die Ehrfurcht gegen Gott auf die Götzenbilder übertragen wollten. Die Frauen aber, durch die Lehre des göttlichen Wortes gestärkt, standen den Männern nicht nach. Die einen kämpften die gleichen Kämpfe wie die Männer und erwarben für ihren Heldenmut die gleichen Siegespreise. Andere, die man zur Schändung fortschleppte, übergaben eher ihr Leben dem Tode als den Leib der Entehrung. Als einzige von den durch den Tyrannen geschändeten Frauen hat so eine sehr angesehene und vornehme Christin aus Alexandrien die ungestüme und zügellose Lust des Maximinus durch tapferste Widerstandskraft sieghaft niedergerungen. Neben anderem durch Reichtum, Geburt und Erziehung ausgezeichnet, setzte sie alle diese Vorzüge der Enthaltsamkeit nach. Er hatte sich beharrlich um sie bemüht und vermochte sie, die zum Sterben bereit war, nicht zu töten. Denn die Leidenschaft war stärker als sein Zorn. Und so bestrafte er sie mit Verbannung und konfiszierte ihr ganzes Vermögen. Zahlreiche andere Frauen, unfähig, die Androhung der Schändung auch nur anzuhören, erlitten seitens der Provinzstatthalter jegliche Art von Peinigung, Folter und Tod.
Diese Frauen verdienen Bewunderung. über alle Maßen bewundernswert aber ist jene Römerin, die edelste in der Tat und züchtigste unter all den Frauen, denen der dortige Tyrann Maxentius, der Gesinnungsgenosse des Maximinus, nachzustellen versuchte. Als sie - auch sie war Christin - merkte, daß die, welche dem Tyrannen in seinen schmutzigen Geschäften behilflich sein mußten, vor ihrem Hause standen, und daß ihr eigener Mann, der gar römischer Präfekt war, aus Furcht in ihre Fortführung einwilligte, erbat sie sich noch für kurze Zeit Freiheit, um sich zu schmücken, ging dann in ihr Gemach und stieß sich, als sie allein war, das Schwert in die Brust. Sie war sofort tot und hinterließ so denen, die sie abführen sollten, nur ihren Leichnam. Durch diese Tat, die lauter spricht als alle Worte, hat sie allen Menschen der Gegenwart wie der Zukunft kundgetan, daß der Heldenmut der Christen die einzige Kraft ist, die nicht besiegt und nicht zerstört werden kann.
Ein solches Maß von Schlechtigkeit ward so zu ein und derselben Zeit angehäuft, verübt durch die beiden Tyrannen, die den Osten und Westen unter sich verteilt. Wer könnte, wenn er nach der Ursache dieser Ausschreitungen forscht, Bedenken tragen, als solche die Verfolgung gegen uns zu nennen, zumal diesem großen Zusammenbruch nicht eher Einhalt geboten wurde, als bis die Christen ihre Freiheit erhielten?
15. Während der vollen zehn Jahre der Verfolgung hörten die Nachstellungen und gegenseitigen Kämpfe nicht auf. Die Meere konnten nicht befahren werden. Und wenn jemand von irgendwoher zu Schiffe kam, so wurde er in jedem Fall mit allen Qualen gefoltert und an den Seiten zerfleischt und unter verschiedenen Mißhandlungen ausgefragt, ob er nicht etwa aus feindlichem Gebiete käme. Das Ende war Kreuzigung oder Feuertod. Überdies wurden überall Schilde und Panzer angefertigt, Geschosse, Speere und sonstiger Kriegsbedarf, Kriegsschiffe und ihre Bestückung bereitgehalten. Jedermann mußte täglich mit einem feindlichen Einfall rechnen. Das verschlimmerten sodann noch Hunger und Pest, worüber ich bei gegebener Gelegenheit das Nötige berichten werde.
16. So lagen die Dinge während der ganzen Verfolgung, die durch Gottes Gnade im zehnten Jahre völlig aufhörte, nachdem sie bereits nach Ablauf des achten Jahres nachzulassen begonnen. Da nämlich die göttliche und himmlische Gnade ihre milde und barmherzige Fürsorge für uns offenbarte, änderten unsere Herrscher, eben jene, die seinerzeit Krieg gegen uns Geführt, in überraschender Weise ihre Gesinnung. Sie leisteten Widerruf, indem sie in huldvollen Erlassen und in sehr milden Verordnungen die hochemporlodernde Flamme der Verfolgung auslöschten. Die Ursache hiervon war aber nicht, wie man meinen könnte, in menschlichen Regungen, in Mitleid oder in der Güte der Herrscher zu suchen. Weit entfernt! Denn diese sannen von Anfang an bis zu jenem Zeitpunkte täglich auf weitere und schlimmere Maßnahmen gegen uns und steigerten in stets neuen Methoden bald auf diese, bald auf jene Weise unsere Leiden. Vielmehr war es das in die Augen fallende Wirken der göttlichen Vorsehung selbst, die mit dem Volke sich aussöhnte, den Urheber der Leiden aber ergriff und ihren Grimm ausgoß gegen den, der das Unglück der ganzen Verfolgung vor allem angestiftet. Wenn nämlich auch nach göttlichem Ratschluß solche Heimsuchungen kommen mußten, so sagt doch die Schrift: „Wehe dem, durch welchen das Ärgernis kommt!“ Es ereilte ihn eine von Gott verhängte Strafe, welche an seinem Körper anhub und ihm schließlich ans Leben griff. Inmitten der Teile, die man nicht nennen mag, bildete sich plötzlich eine eiternde Entzündung, sodann ein tiefliegendes, fistelartiges Geschwür. Dadurch wurden unheilbar seine innersten Eingeweide zerfressen. Eine zahllose Menge von Würmern wuchs daraus hervor, und ringsum verbreitete sich Leichengeruch; denn die ganze Maße des Körpers hatte sich infolge der Völlerei schon vor der Erkrankung in einen Fettklumpen verwandelt, der nun faulte und seiner Umgebung einen unerträglichen und ganz schauerlichen Anblick bot. Von den Ärzten wurden die einen, die den über alle Maßen abscheulichen Gestank schlechthin nicht zu ertragen vermochten, niedergemacht, die anderen, die für die um und um auf geschwollene und unrettbar verlorene Maße des Körpers kein Heilmittel finden konnten, erbarmungslos hingerichtet.
17. Im Kampfe mit solchen Leiden wurde er sich der Verbrechen bewußt, welche er gegen die Gottesfürchtigen begangen hatte. Er ging in sich und bekannte zuerst vor dem Gott des Alls seine Schuld. Sodann berief er seinen Hofstaat zu sich und befahl, ohne Zögern die Verfolgung gegen die Christen einzustellen. Auf Grund kaiserlichen Gesetzes und Ediktes sollten sie schleunigst ihre Kirchen wieder aufbauen und die gewohnten Gottesdienste abhalten, betend für das Kaiserhaus. Dem Worte folgte sogleich die Tat. In den Städten wurde ein kaiserlicher Erlaß angeschlagen, der in folgender Weise die Verfolgung gegen uns widerruft:
„Imperator Cäsar Galerius Valerius Maximianus, der Unbesiegte, Augustus, Pontifex Maximus, Besieger der Germanen, Besieger der Ägypter, Besieger der Thebais, Fünfmal Besieger der Sarmaten, zweimal Besieger der Perser, sechsmal Besieger der Carpi, Besieger der Armenier, Besieger der Meder, Besieger der Adiabener, zwanzigmal Inhaber der tribunizischen Gewalt, neunmal Imperator, acht mal Konsul, Vater des Vaterlandes, Prokonsul, und Imperator Cäsar Flavius Valerius Konstantinus, der Fromme, der Glückliche, der Unbesiegte, Augustus, Pontifex Maximus, Inhaber der tribunizischen Gewalt, Fünfmal Imperator, Konsul, Vater des Vaterlandes, Prokonsul, und Imperator Cäsar Valerius Licinianus Licinius, der Fromme, der Glückliche, der Unbesiegte, Augustus, Pontifex Maximus, viermal Inhaber der tribunizischen Gewalt, dreimal Imperator, Konsul, Vater des Vaterlandes, Prokonsul entbieten den Bewohnern ihrer Provinzen Gruß. Unter den übrigen Verordnungen, die wir zum Wohle und Nutzen des Staates erlassen, haben wir seinerzeit den Willen bekundet, alle Verhältnisse entsprechend den alten Gesetzen und den römischen staatlichen Grundsätzen zu ordnen und dafür zu sorgen, daß auch die Christen, die die Religion ihrer Vorfahren verlassen, wieder zu einem besseren Entschluß kämen. Aus irgendwelchem Grunde hatte sie solcher Eigenwille erfaßt und solche Torheit befallen, daß sie nicht mehr den Bräuchen der Alten folgten, die vielleicht sogar ihre eigenen Ahnen dereinst eingeführt, sondern nach eigenem Gutdünken so, wie jeder wollte, sich selbst Gesetze machten und sich an diese hielten und da und dort bunte Menschenmengen versammelten. Als nun durch uns ein Erlaß erging, der sie zu den von den Vorfahren festgelegten Sitten zurückführen sollte, wurde sehr vielen der Prozeß gemacht, und sehr viele gerieten in Verwirrung und erlitten auf mannigfache Weise den Tod. Und da wir sahen, daß die meisten bei ihrer Torheit beharren und weder den himmlischen Göttern die schuldige Verehrung erweisen noch den Gott der Christen verehren, so haben wir geglaubt, mit Rücksicht auf unsere Menschenfreundlichkeit und unsere ständige Gewohnheit, gemäß der wir allen Menschen Nachsicht zu schenken pflegen, auch auf diesen Fall bereitwilligst unser Entgegenkommen ausdehnen zu müssen. Sie sollen also wiederum Christen sein und die Häuser, in denen sie sich versammelten, wiederherstellen, jedoch unter der Bedingung, daß sie in keiner Weise gegen die Ordnung handeln. In einem weiteren Schreiben werden wir den Richtern Weisung geben, wie sie sich zu verhalten haben. In Ansehung dieses unseres Gnadenerlasses sollen sie daher zu ihrem Gott für unser Wohlergehen, für das des Volkes und ihr eigenes flehen, damit das Staatswesen in jeder Beziehung unversehrt bleibe und sie sorgenlos in ihren Wohnungen leben können.“
So lautet das Edikt, das ich aus dem Lateinischen so gut wie möglich ins Griechische übersetzt habe.
Es ist Zeit, das Augenmerk nunmehr auf die sich anschließenden Ereignisse zu richten.
18. Der Urheber des Schriftstückes wurde alsbald nach dieser Friedenserklärung von seinen Schmerzen befreit und starb. Er war, wie man berichtet, der erste Urheber der unseligen Verfolgung, da er, schon lange bevor die übrigen Kaiser eingriffen, die im Heere stehenden Christen und vor allen seine Palastbeamten zum Abfall nötigte, jene des militärischen Ranges beraubte, diese in schändlicher Weise mißhandelte, andere sogar bereits mit dem Tode bedrohte und letztlich seine Mitkaiser zu der allgemeinen Verfolgung bestimmte. Auch das Lebensende dieser Männer glaube ich nicht stillschweigend übergehen zu sollen. Von den vier Kaisern, welche die ganze Herrschaft unter sich geteilt, legten die beiden, die den Vorrang des Alters und der Würde hatten, wie wir schon früher berichteten, die Regierung nieder, nachdem sie nicht ganz zwei Jahre an der Verfolgung teilgenommen, und verbrachten den übrigen Teil ihres Lebens als einfache Privatleute. Sie nahmen folgendes Ende: Der eine, der an Würde und Alter die erste Stelle einnahm, ward von langwierigem und äußerst schmerzlichem körperlichen Siechtum verzehrt, der andere, der nach ihm kam, beschloß sein Leben, einer dämonischen Prophezeiung gemäß zur Strafe für seine zahlreichen Vergehen, durch den Strich. Von den beiden Herrschern, die diesen an Rang folgten, erlitt der letzte, den wir als obersten Urheber der ganzen Verfolgung bezeichneten, die erwähnten Qualen. Der andere aber, welcher ihm vorging, nämlich der beste und mildeste Kaiser Konstantius, erwies sich während der ganzen Dauer seiner Regierung des hohen Amtes würdig. überaus freundlich und gütig gegen jedermann, beteiligte er sich auch nicht an dem Kriege gegen uns und stellte die ihm untergebenen Gläubigen gegen Schädigung und Mißhandlung sicher. Er zerstörte weder Kirchengebäude, noch traf er sonstwie eine Neuerung gegen uns. So war ihm ein glückliches und dreimal seliges Ende beschieden. Er war auch der einzige, der als regierender Kaiser in Frieden und Ruhm starb, mit einem leiblichen Sohne als Thronfolger, der in allem durch Weisheit und Gottesfurcht sich auszeichnete. Dieser wurde gleich zu Anfang von den Soldaten als höchster Kaiser und Augustus ausgerufen und erwies sich als treuer Nachahmer der väterlichen Ehrfurcht gegenüber unserer Lehre.
Ein solches Ende nahmen zu verschiedenen Zeiten die vier oben genannten Herrscher. Nur ein einziger aus ihnen, der soeben von uns erwähnte (Galerius), hat nebst seinen späteren Mitregenten das genannte Geständnis durch das oben wiedergegebene Edikt allen kundgemacht.