Calvin, Jean - An Francois d´ Andelot in Melun.

Nr. 565 (C. R. – 2883)

Calvin, Jean - An Francois d´ Andelot in Melun.

Francois Chatillon d´ Andelot, Bruder des Admirals Coligny, hatte sich in Gegenwart des Königs offen zum evangelischen Glauben bekannt und war sofort zur Gefängnishaft nach Melun gebracht worden.

Stärkung zum Martyrium.

Monseigneur, ich bin durchaus überzeugt, dass Sie seit langem schon bedacht haben, wie Sie gewappnet und gerüstet sein müssen, um die Angriffe zu bestehen, die man gegen Sie richtet. Auch zweifle ich nicht daran, dass sowohl Jesus Christus die Lehre, die Sie in seiner Schule gelernt haben, nach Bedarf in Ihnen wirken lassen wird, als auch dass sie, die Ihnen näher sind als ich, sich, soweit sie Zutritt zu Ihnen haben, treulich um Sie bemühen, und doch wollte ich es nicht unterlassen, wenigstens zum Teil meine Pflicht an Ihnen zu erfüllen. Zwar bin ich nicht sicher, ob dieser Brief in Ihre Hände kommt, doch dem sei, wie ihm wolle, so ists mir eine gewisse Erleichterung und beruhigt mich schon halb, wenn ich wenigstens versucht habe, auch meinesteils Ihnen irgendwie beizustehen in Ihrem Kampfe. Wir haben alle Grund, Gott zu loben für den schönen Anfang, den er Ihnen gegeben hat, und den er wird Nutzen schaffen lassen, mehr als wir ermessen können. Tatsächlich müssen wir daran festhalten, dass Gott Sie sozusagen mit eigner Hand vorgeschoben hat, ein Zeuge seiner Wahrheit zu sein an einem Orte, der ihr bisher ganz verschlossen geblieben war. Aber Sie müssen sich daran erinnern, dass Gott, der Ihnen so hohen Mut gegeben hat beim ersten Angriff, Sie dadurch auch umso mehr verpflichtet hat, standhaft zu beharren, und dass Sie für ein Zurückweichen umso weniger Entschuldigung hätten, als Sie schon so weit vorgedrungen sind. Ich kann mir wohl schon einen Teil der Anfechtungen denken, die Sie haben erfahren müssen, und es hat ja damit noch kein Ende. Aber selbst wenn Sie noch hundertmal schärfer und rauer angefochten werden, so ist es doch der Herr, dem Sie dienen, es wert, dass Sie Widerstand leisten bis zuletzt und um nichts in der Welt abfallen. Sie haben früher schon oft Ihr Leben aufs Spiel gesetzt für Ihren irdischen Fürsten und sind bereit, es im Notfalle wieder zu tun, wie es auch Ihre Pflicht ist. So ist kein Grund, dass der höchste König des Himmels und der Erde, dem der Vater alle Gewalt gegeben hat, weniger geehrt werde und dass es Ihnen schwer falle, Feinde zu bekommen, weil Sie seine Ehre verteidigen. Umso mehr, als nicht nur wir ganz ihm gehören, von Natur und um des unschätzbaren, teuren Blutes willen, das er zu unserm Seelenheile nicht geschont hat, sondern auch weil der Dienst, den wir ihm leisten, nicht verloren gehen kann und alles, was wir um seinetwillen dulden müssen, uns nur nützen kann, wie St. Paulus sich rühmt, dass Jesus Christus sein Leben und Sterben sein Gewinn ist [Phil. 1, 21], und durch sein Beispiel zeigt, dass, wer sicher ist, nicht bloß aufs Ungewisse zu kämpfen, sich nicht zu fürchten braucht. Sie haben wohl schon erfahren, denke ich, dass der härteste und schwerste Kampf uns von denen kommt, die unterm Schein der Freundschaft sich an uns machen, um uns zum Nachgeben zu bringen, und denen es nie an schönen Ausreden und Lockmitteln fehlt. Umso mehr gilt es da, die Lehre des Apostels zu befolgen, nämlich aufzuschauen, damit Sie fest werden gegen alle Schmeicheleien und Drohungen. Es ist da die Rede von Moses, der groß sein konnte am ägyptischen Hofe, aber die Schmach Christi für größeren Reichtum achtete denn alle Schätze Ägyptens [Hebr. 11, 26] und alle zeitliche Ergötzung, die er zu teuer hätte erkaufen müssen, wenn er sie festgehalten hätte. Und nun zeigt der Apostel, woher Mose solche Festigkeit kam, nämlich weil er hart geworden war, im Aufschauen zu Gott. So, Monseigneur, heben Sie alle Ihre Sinne empor und lernen Sie Ihre Ohren verstopfen gegen alle diese Einflüsterungen des Satans, die Ihr Seelenheil zerstören wollen, indem sie Ihre Glaubensfestigkeit wankend machen. Lernen Sie die Augen schließen gegen alle Zerstreuungen, die Sie umstimmen könnten, da Sie wissen, dass das lauter Trugkünste unseres Todfeindes sind. Wie schlau man Sie auch auffordern mag, sich wieder frei zu machen durch eine Fälschung des Glaubens, den Sie dem Sohne Gottes gelobt haben, so halten Sie den Spruch im Gedächtnis: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater; wer mich aber verleugnet, den will ich auch verleugnen [Matth. 10, 32]. Denn wenn es schon heutzutage viele gibt, denen es nicht mehr macht, die Wahrheit zu verleugnen, als sich den Mund zu wischen, so gilt doch das Bekenntnis zu viel vor Gott, als dass man sich so wenig daran kehren dürfte. Und wenn es auch scheint, es sei verlorene Mühe, Zeugnis abzulegen für das Evangelium vor denen, die sich dawider auflehnen, ja es werde leicht zu schmählichem Gespötte, so bleibt es eben doch ein Gott angenehmes Opfer, und wir müssen uns damit begnügen, dass er unser Tun billigt. Jedenfalls wird er unsere Einfalt größern Nutzen schaffen lassen, als wir denken, wenn wir einfach seinem Befehl gehorchen. Nun, wenn Sie auch sonst gar nicht angefochten sind, so merken Sie doch wohl, dass es gegen mancherlei Versuchungen zu kämpfen gilt; aber gerade wenn Sie Schwäche spüren, so gilt es, sich aufzuraffen und den Mut nicht zu verlieren, umso mehr, als Ihnen Gottes Hilfe in der Not gewiss nicht fehlen wird. Um einen solchen Sieg davonzutragen, der den Satan mit all den Seinen in Verwirrung bringt, müssen Sie sich den Händen dessen überlassen, dem Ihr Leben kostbar ist und der auch die Todeswege in seiner Gewalt hat, und auf das harren, was er anordnen wird zur rechten Zeit und zu Ihrem Heil. Weil die Beharrlichkeit aber eine ganz einzigartige Gabe von oben ist, so lassen Sie nicht ab, den lieben Vater anzuflehen, dass er Sie stärke. Darum werden auch wir mit Ihnen ihn bitten müssen, wie es sich denn ziemt, dass alle Kinder Gottes um Sie besorgt sind.

Indem ich mich nun, Monseigneur, Ihrer Gnade und Ihrer Fürbitte herzlich empfehle, will ich den lieben Gott bitten, er wolle Sie behüten, er wolle Sie in der Tat erfahren lassen, was ein solches Gut wert ist, er wolle Sie leiten durch seinen Geist und Sie ausrüsten mit unüberwindlicher Standhaftigkeit, dass Sie alle Feinde besiegen und seinen Namen verherrlichen.

[Ende] Mai 1558.

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