Bengel, Johann Albrecht - Aus Erbauungsstunden über das Markus-Evangelium
1, 16:
Man meint oft, wenn man sich der Arbeit widme, sei man am weitesten vom rechtschaffenen Weg entfernt; aber um diese Zeit ist man oft am nächsten. Gerade unter der Arbeit des Fischfanges wurden diese Jünger vom Herrn berufen.
1,35:
Es ist etwas Köstliches um den Morgen, wenn man sich da auch von den Vertrautesten um des stillen Gebetes willen zurückzieht. Es gibt dann einen kühlen Morgentau.
1,37:
Wenn eine Seele im Gebet sich recht gefasst hat, dann wird sie finden, dass sie jetzt erst auf andere einwirken kann. Die himmlische Salbung gibt einen Geruch von sich, durch den man hernach ohne viele Worte den Seelen etwas abgewinnen kann. So gut man es einem ansieht, wenn er zuvor mit jemand im Zank gewesen ist, so gut spürt man es auch, wenn einer vom Umgang mit Gott herkommt.
2, 10:
Eine einzige Sünde kann manchmal dem Menschen zu schaffen machen. Was wird das geben, wenn einmal alle aufwachen? Man mache sich doch mit Jesus bekannt; bei ihm ist Vergebung.
2, 15:
Auch aus Mahlzeiten kann man schöne Gelegenheiten machen, wo Seelen, die noch fern vom Reich Gottes sind, herbeigebracht werden können. Hier ist Jesus so freundlich mit den Leuten umgegangen; da haben sie gesehen seine Unschuld, seine Leutseligkeit und seine Begierde, ihnen zu helfen. Das erwirbt Liebe.
3,5:
Was ist Verhärtung? Man ist verhärtet, wenn man von allem geistlichen Gefühl los ist, Gutes für Böses und Böses für Gutes ansieht. Unsre Arbeit soll sein, dass wir unverrückt bei Jesus bleiben, der Weltsinn verschlungen und Jesu Sinn in uns aufgerichtet werde.
3, 28-30:
Es gibt viele Sünden wider den Heiligen Geist; die schrecklichste ist die Lästerung. Warum? - Sie ist ein Majestätsverbrechen. Diese schwere Sünde haben die Schriftgelehrten mit einem einzigen Wort begangen. Sie sind allmählich so tief gesunken; denn sie haben schon Matthäus 9, 10.11 etwas Ähnliches gesagt. Andere mögen darüber gelacht und sich dadurch auch der Sünde teilhaftig gemacht haben. Wie gefährlich sind doch leichtsinnige und gottlose Gesellschaften, wo man niemand zu fürchten hat und umso ungebundener sündigt!
3, 34:
Wer aus dem Willen Gottes das Seelenleben empfangen hat, der kommt in Jesu Freund- und Bruderschaft. 0 treffliche Verwandtschaft! Jesus lässt sich selbst gegen die Geringsten im Volk so freundlich herab. Wer unter uns sich gerne einer gleichen Ehre erfreuen möchte, der gehe in den Willen Gottes ein.
6, 2:
Die Leute von Nazareth haben sich an den äußeren Umständen gestoßen; darüber ist der Glaube erstickt. So geht's noch oft. Es wird einem etwas Besonderes zuteil, in das man sich vergafft und in dem man sich spiegelt; aber dann ist's verfehlt. Man muss sich also in keine Predigt, in keine Postille, in kein Lied, in nichts, das in die Sinne fällt, vergaffen. Das Ärgernis ist ein Stoß, der unserm Glauben gegeben wird, so dass er nicht aufkommen kann; das geschieht eben, wenn man am Äußern hängen bleibt.
6, 4
Man schließe vom Kleinen aufs Größere. Wir haben nun Zeugnis vom wirklichen Tod, von der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu, von seinem Sitzen zur Rechten Gottes usw. Wenn eine Seele ihr ganzes Leben hindurch diese Botschaft ausschlägt, wie groß muss ihre Verantwortung werden!
6,50:
Ich bin's! Dies hat ihnen wohlgetan. 0 wie gut ist's, wenn man mit dem Herrn Jesus so bekannt ist, dass man sofort zufrieden sein kann mit seinem Wort: Ich bin's! So spricht er dort im Garten zu seinen Feinden (Joh. 18, 5); aber es hatte eine ganz andere Wirkung. Wo vorher Ordnung in einer Seele gemacht worden ist, da kann durch solch ein einziges Wörtlein alles wieder hervorgebracht werden. Mit dem Glauben ist's wie mit einer hölzernen Fackel; bald glostet nur ein einzig Ecklein, bald ist alles wieder voll entflammt.
6, 56:
Warum haben sie begehrt, den Saum anzurühren? Es heißt nicht, dass sie begehrt haben, ein Stück davon mitzunehmen. Sie haben nur eben in der Gegenwart des Herrn Jesu sich aufgehalten. Daher spricht dieses Wort nicht für den Reliquienglauben der Katholiken. - Wenn etwas zur Mode werden soll, dann hört Gott auf.
7,6:
Der Herr Jesus hat sich seiner Jünger liebreich gegen die Pharisäer angenommen. Sie waren wie Küchlein, die die Gluckhenne verteidigt. Wie gut ist's, in der Freundschaft Jesu zu stehen!
7,7:
Hier wird recht eigentlich gezeigt, was der wahre Gottesdienst sei: Das Herz soll sich zu Gott nahen. Die Gemeinschaft mit Gott ist die ganze Seligkeit; sie ist aber auch Pflicht. Gott ist zwar ein verzehrendes Feuer; doch kann man sich nähern auf dem Wege, den uns die Leutseligkeit Jesu Christi eröffnet hat. Dann darf man sagen: Gott, du bist mein Gott! Dann wird des Menschen böses und flüchtiges Gewissen gut gemacht; da kann einem Gott das Herz abgewinnen. Wenn man sich so anschmiegt, dann nimmt das Gott als einen großen Dienst an.
Wie eines Menschen Herz, so ist der Mensch selbst. Es können Menschen in der Erkenntnis des Buchstabens viel zusammentragen; aber es ist eben nur ein Vorrat. Im Herzen muss etwas haften bleiben, so dass man Jesus in seiner Liebe ergreift. Auf eines läuft alles hinaus: Jesus sei der Gesalbte Gottes.
9,31:
Jesus hat all sein Leiden vorhergewusst; aber er hat auch durch sein Leiden durchgesehen. Er hat seine Leiden nie ohne die Auferstehung und die Auferstehung nie ohne das Leiden verkündigt. Dies ergreift den Glauben ganz, ohne irgendetwas zurückzulassen. Wenn dies ein Herz erkennt, dann ist es ein Pöstlein, auf das man recht merken soll. Man muss es hiermit machen, wie man ein Licht an ein brennendes Schwefelhölzlein hinhält, bis der Docht brennt. Kommt es nicht dazu, dann bleibt es weiter wie vorher. Denkt eine Seele aber: Herr Jesu, ich stand auf deiner Rechnung, du hast auch mich wiedergebracht! dann ist das der rechte Punkt, da das Herz weich wird. Es geht etwas im Herzen auf, das vorher nicht gewesen ist. Wer am frühsten kommt, der ist am meisten willkommen. 0 möchte dies doch auch in unsern Seelen wichtig werden, dass wir von allem Untauglichen frei würden!
9, 33:
Wenn die Jünger um den Herrn Jesus waren, dann schweiften sie nicht aus; aber er hat sie mit gutem Bedacht auch zuweilen allein gelassen. Wenn eine Seele unter scharfer Aufsicht ist, dann kann sie von vielem zurückgehalten werden, obwohl das Herz nicht gebessert ist. Wo das Herz am meisten hinneigt, wenn man allein ist, daran kann man sich kennenlernen.