4:1 Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, so ist zwischen ihm und einem Knecht kein Unterschied, ob er wohl ein Herr ist aller Güter;
4:2 sondern er ist unter den Vormündern und Pflegern bis auf die Zeit, die der Vater bestimmt hat.
4:3 Also auch wir, da wir unmündig waren, waren wir gefangen unter den äußerlichen Satzungen.
4:4 Da aber die Zeit erfüllet ward, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan,
Mit welch fröhlichem Jubelton erfüllt doch die Weihnachtszeit die Herzen der Christen! Die festlichen Tage lassen etwas von der uns zugedachten Herrlichkeit durchschimmern. Die Herzen auf, ihr Menschenkinder, unser Gott kommt. Er will uns helfen! O, dass doch Tausende nun einmal ein herzliches Vertrauen zu dem Heiland der Welt fassen möchten! Erfüllt ist die Zeit, der Friedefürst ist da, geöffnet ist der Himmel für uns; nur herein, wer selig werden will! Lass dir dein Herz erwärmen für jenes göttliche Herz, das so warm für dich schlägt. Der wahre Gott ist wahrer Mensch geworden, damit wir Menschen Vertrauen zu Ihm fassen können, damit wir erkennen möchten, wie wir in den Augen Gottes sind, wie tief Sein Lieben zu uns geht, wie sehr es Ihm darum zu tun ist, dass wir Seines Hauses Glieder und Seiner Herrlichkeit Erben werden. Der ewige Gott ist Mensch geworden, damit wir durch Ihn göttlich werden möchten! Darüber lobe den Herrn, meine Seele! Mit Jesus ist das Reich der Himmel genaht. Seine Sendung bedeutet Anbruch des Heils, der Hilfe für die Menschen und für ihre Erde. Sein Kommen zu uns ist ein Abschluss und ein Anbruch. Bis dahin stand nur ein Volk direkt unter der göttlichen Erziehung, jetzt aber sollten alle Menschen den wahren Gott haben, die Tür des Himmelreiches sollte sich für alle Nationen weit öffnen. Licht von oben kommt zu allen, damit jede Nacht schwinde. O nimm es zu Herzen, auch deine Zeit ist erfüllt, dass der Herr sich deiner erbarme. (Markus Hauser)
4:5 auf daß er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste, daß wir die Kindschaft empfingen.1)
4:6 Weil ihr denn Kinder seid, hat Gott gesandt den Geist seines Sohnes in eure Herzen, der schreit: Abba, lieber Vater!2)
Gott ist ein überall gegenwärtiger Geist, dessen Kraft alle Dinge erhält, durch alle Geschöpfe und in allen Geschöpfen wirkt, allen Menschen die Herzen lenkt, der den Geist, das ist den Muth, ganzer Völker und einzelner Menschen erweckt, 2 Chron. 21,16., und den Menschen Talente, das ist Gaben, gibt, und bis zum Tag des Gerichts überläßt, wenn sie auch untreu damit umgehen, Matth. 25,15.18. u.ff. In Ihm leben, weben und sind wir, Ap. Gesch. 17,28. Dieses Alles aber ist noch nicht dasjenige, was die heilige Schrift andeutet, wenn sie von dem Heiligen Geist, von dem Geist des Vaters und des Sohnes, der das Siegel der göttlichen Kindschaft und das Angeld des himmlischen ist, redet. Bei jenen allgemeinen Wirkungen Gottes kann man noch unwiedergeboren sein und verloren werden, ob man schon dabei gleichsam eine Axt ist, mit welcher der große Gott hauet, oder ein Mensch, das ist ein Werkzeug, der Hand Gottes heißen kann, Jes. 10,15. Ps. 17,14. Welche aber der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder und Erben, Röm. 8,14.17., und eben deßwegen, weil sie durch die Wiedergeburt und den Glauben an Christum Kinder Gottes worden sind, hat Gott den Geist Seines Sohnes in ihre Herzen gesandt, der da schreiet: Abba, lieber Vater, Gal. 4,6. Der Geist Gottes wird niemals der Geist des Menschen, wohl aber der Geist des Sohnes Gottes genannt, und eben dadurch wird angezeigt, daß der Sohn Gottes von allen Menschen unterschieden und wahrhaftiger Gott ist, denn wessen Geist der Geist Gottes ist, der ist selber Gott. Es wird aber dieser Geist in die Herzen der Glaubigen gesandt, Er wohnet in ihnen, und offenbart Sich durch verschiedene Wirkungen als der Geist der Weisheit, Erkenntniß, Kraft, Liebe, Zucht u.s.w. Die Glaubigen werden durch die Inwohnung dieses Geistes nicht nur Werkzeuge, sondern auch Tempel Gottes, und da die Weisen dieser Welt Gott nach Seiner allmächtigen Wirkung und herzlenkenden Kraft so dienen, daß sie Seine Absichten ohne, ja oft wider ihren Willen befördern, unter allen aber ihre eigene Ehre und ihren eigenen Nutzen zum Zweck haben, so macht hingegen der Geist des Sohnes Gottes diejenigen, in denen Er wohnet, tüchtig, nicht ihnen selbst, sondern Demjenigen zu leben, der für sie gestorben und wieder auferstanden ist. Ihre Werke sind wahrhaftig gute Werke und eine Frucht des Geistes, sie leiden auch dabei gern um Seines Namens willen, und begehren ihren Lohn nicht in dieser Welt zu empfangen. Wer nur die allgemeinen Wirkungen Gottes in seiner Seele erfährt, oder wer nur solche Gaben von Ihm empfangen hat, die Er in die ungeheiligte Natur eines Menschen legen kann, ist noch ein Knecht der Sünde, und läuft, wenn keine Sinnes-Aenderung und Wiedergeburt in ihm vorgeht, mit einem unruhigen Gewissen der Hölle zu: der Geist des Sohnes Gottes aber heiliget die Seele, wird durch eine jede Untreue betrübt, führt auf ebener Bahn, zeuget mit dem Geist des Menschen, daß er ein Kind Gottes sei, und richtet dadurch Frieden mit Gott in dem Herzen an. Der Uebergang von der allgemeinen Wirkung Gottes zu der Empfahung des Heiligen Geistes ist sehr wichtig und nöthig. Bei demselben wird dem Menschen offenbar, daß seine vorigen Werke (gesetzt, daß sie auch einigen Nutzen geschafft hätten) um seines Herzens willen unrein und verwerflich gewesen seien, daß er mit demselben unter dem Zorn Gottes gestanden sei, und daß er ganz untüchtig sei, etwas wahrhaft Gutes zu thun. Wenn ihm aber Gott Gnade und Seinen Geist schenkt, so wird er ein Gefäß der Barmherzigkeit, und zu allem guten Werk tüchtig. (Magnus Friedrich Roos)
Da sehen wir, daß der Heilige Geist nicht durch Werke, sondern durch den Glauben gegeben wird; denn er saget hier, der Geist sey ihnen darum gegeben, daß sie Kinder sind, und nicht Knechte. Kinder glauben, Knechte wirken; Kinder sind Gesetzes frei, Knechte sind unter dem Gesetze; allein, daß man der Paulischen Sprache und Worte gewohne, was Kind und Knecht, was frei und gezwungen sey; gezwungene Werke sind der Knechte, freie Werke der Kinder. Warum saget er aber, der Heilige Geist sey ihnen gegeben, weil sie Kinder sind, so doch der Heilige Geist aus Knechten Kinder machet, und zuvor da seyn muß, ehe sie Kinder werden? Antwort: Er redet nach der Weise, wie er droben (V. 3.) saget: Wir waren unter den Elementen, ehe die Zeit erfüllet ward. Denn sie sind zukünftige Kinder gewesen vor Gott; darum ist ihnen der H. Geist gesandt, der sie zu Kindern machet, wie sie zuvor verordnet waren. Und er nennet den Geist, einen Geist Gottes Sohns. Warum nicht seinen Geist? Darum, daß er auf der Bahn bleibe. Er heisset sie Kinder Gottes, darum sende ihnen Gott eben den Geist, den Christus hat, der auch Kind, daß sie zugleich mit ihm rufen: Abba, lieber Vater! Als sollte er sagen: Gott sendet euch seinen Geist, der in seinem Sohne wohnet, daß ihr seine Brüder und Miterben sein sollt, gleichwie er thut ruffen: lieber Vater. Damit abermal die unaussprechliche Güte und Gnade Gottes gepreiset wird, daß wir durch den Glauben mit Christo in unbetheilten Gütern sitzen, und alles haben, was er hat und ist, auch seinen Geist. (Martin Luther)
4:7 Also ist nun hier kein Knecht mehr, sondern eitel Kinder; sind's aber Kinder, so sind's auch Erben Gottes durch Christum.3)
So sehen wir hier abermal, daß niemand durch Werke vor Gott etwas mag erlangen von der Seligkeit; sondern es muß zuvor, vor den Werken, alles erlanget und besessen sein, daß die Werke darnach frei und umsonst, Gott zu Ehren und dem Nächsten zu gute geschehen, ohne Furcht der Strafe und Gesuch des Lohns. Das geben diese Worte, da er saget: Sind es Kinder, so sind es auch Erben Gottes. Nun ist genugsam gesaget, daß allein der Glaube Kinder mache, zuvor und ohne alle Werke. Machet er aber Kinder, so macht er auch Erben; denn ein Kind ist Erbe. So denn das Erbe schon da ist, wie mag es denn mit Werken allererst erworben werden? Es leidet sich nicht mit einander, daß das Erbe sollte zuvor da sein, aus lauter Gnaden gegeben, und dennoch durch Werke und Verdienst, als wäre es nicht da, oder nicht gegeben, noch ersuchen und allererst gewinnen. So ist je das Erbe hier nichts anders, denn die ewige Seligkeit. (Martin Luther)
4:8 Aber zu der Zeit, da ihr Gott nicht erkanntet, dientet ihr denen, die von Natur nicht Götter sind.
4:9 Nun ihr aber Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wie wendet ihr euch denn wiederum zu den schwachen und dürftigen Satzungen, welchen ihr von neuem an dienen wollt?
4:10 Ihr haltet Tage und Monate und Feste und Jahre.
4:11 Ich fürchte für euch, daß ich vielleicht umsonst an euch gearbeitet habe.
4:12 Seid doch wie ich; denn ich bin wie ihr. Liebe Brüder, ich bitte euch. Ihr habt mir kein Leid getan.
4:13 Denn ihr wisset, daß ich euch in Schwachheit nach dem Fleisch das Evangelium gepredigt habe zum erstenmal.
4:14 Und meine Anfechtungen, die ich leide nach dem Fleisch, habt ihr nicht verachtet noch verschmäht; sondern wie ein Engel Gottes nahmet ihr mich auf, ja wie Christum Jesum.
4:15 Wie wart ihr dazumal so selig! ich bin euer Zeuge, daß, wenn es möglich gewesen wäre, ihr hättet eure Augen ausgerissen und mir gegeben.
4:16 Bin ich denn damit euer Feind geworden, daß ich euch die Wahrheit vorhalte?
4:17 Sie eifern um euch nicht fein; sondern sie wollen euch von mir abfällig machen, daß ihr um sie eifern sollt.
4:18 Eifern ist gut, wenn's immerdar geschieht um das Gute, und nicht allein, wenn ich gegenwärtig bei euch bin.
4:19 Meine lieben Kinder, welche ich abermals mit Ängsten gebäre, bis daß Christus in euch eine Gestalt gewinne,
Der Apostel Paulus hatte den Galatern das Evangelium von Christo mit solchem Erfolge gepredigt, daß ihr ganzes Leben, ihre Gesinnung und ihr Wandel sich neu, sich christlich gestaltet, oder Christus in ihnen eine Gestalt gewonnen hatte. Aber sie waren durch Verführung von der Wahrheit abgekommen, und da war die Gestaltung ihres Herzens, Sinnes und Wandels nach Christo wieder rückgängig geworden. Mit großem Schmerz darüber suchte sie nun der Apostel durch ein ernstes, strafendes und zurechtweisendes Wort wieder herum zu holen, und schrieb ihnen Gal. 4, 19: „Meine lieben Kinder, welche ich abermal mit Aengsten gebäre, bis daß Christus in euch eine Gestalt gewinne.“ Was er hier redet mit Worten, welche der heilige Geist lehrt, das macht uns eine große Wahrheit einmal recht anschaulich. In dem sich selbst überlassenen Menschen gewinnt der alte Adam, die sündliche Verdorbenheit der menschlichen Natur, mit welcher wir geboren werden, je mehr und mehr eine Gestalt. Alles, was vom Fleisch geboren ist, ist und bleibt Fleisch. Alle Menschen tragen von Natur das Bild des irdischen Menschen, sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms, den sie an Gott haben sollen. Wenn aber ein Mensch durch Wirkung des heiligen Geistes an Jesum Christum gläubig wird, so gewinnt Christus in solchem Menschen je mehr und mehr eine Gestalt. Das sündliche Leben wird durch den Christum, an welchem der Mensch in herzlicher Liebe und Hingabe hängt, umgestaltet und christlich gestaltet; ein christlicher Sinn und Wandel kommt immer bestimmter und deutlicher zum Vorschein, und die Menschen werden gleich dem Ebenbilde des Sohnes Gottes, auf daß derselbige der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Daß aber das geschehe, dazu mußte der Sohn Gottes Mensch werden, uns in allen Stücken gleich, doch ohne Sünde. Denn dadurch, daß in JEsu das Göttliche eine Gestalt gewonnen hat, daß nun in ihm die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet, daß Gott geoffenbaret ist im Fleisch - ist uns das Göttliche nahe und das Unerreichbare erreichbar geworden; in solcher Gestalt können wir es durch Glauben aufnehmen und in Liebe umfassen. So gebe uns Gott denn Kraft nach dem Reichthum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, und Christum zu wohnen durch den Glauben in unsern Herzen, und durch die Liebe eingewurzelt und gegründet zu werden, damit der, auf den unser Glaube traut und an dem unsere Liebe hängt, unser ganzes Leben neugestalte, und wir in sein Bild verkläret werden von einer Klarheit zu der andern! (Carl Johann Philipp Spitta)
Wir Menschen können nicht miteinander verkehren, ohne dass wir uns aneinander anpassen und das Bild des einen dank des anderen ähnlich wird. Das macht unseren Verkehr miteinander gefährlich, so dass er uns oft schweren Schaden zufügt. Darum will ich auf Paulus achten. Er hat zwischen sich und den Galatern die innigste Berührung hergestellt. Aus seinem Herzen heraus strömt sein Wort, damit es auch ihnen in ihr Herz hineingehe. Sein Brief war die Frucht angestrengter Arbeit und ein heißes Ringen um die Einigung mit ihnen. Darum vergleicht er sein Schreiben mit der Anstrengung, die die Mutter leisten muss, damit das Kind den Weg ins Freie finde. Dabei ist aber nicht das sein Ziel, dass sein eigenes Bild in ihnen erscheine; denn er hat nur den einen Wunsch, dass Christus in ihnen Gestalt bekomme. Seine Gestalt erscheint an uns in dem Maße, als wir sein Werk sind. Das Werk ist immer ein Abbild dessen, der es macht, und dies hat die tiefste Wahrheit dann, wenn der Geist das Werk erzeugt. Indem Jesu Geist in uns wirksam wird, wird unser Wille durch seinen Willen bestimmt und dies gibt unserem Verhalten die Ähnlichkeit mit ihm. Paulus war nicht mehr imstande, im Verhalten der Galater den Christus wahrzunehmen. Denn wenn sie dem Gesetz dienen, weichen sie von Gottes Gnade und stützen sich auf das, was sie bei sich selber finden. Dadurch verschwindet Christus aus dem geistigen Antlitz der Gemeinde und darum bemüht sich Paulus um sie, damit Christus an ihnen wieder erkennbar sei. Damit hat er uns allen das Ziel für jeden Verkehr gezeigt, in den wir miteinander treten.
Ein Bild, Vater, gibt es, das Dir wohlgefällt und durch das wir zu Deinem Bild werden. Das ist das Bild Deines einigen Sohnes. Ihn gabst Du uns, damit wir Sein Bild empfangen, einst im Licht Deines ewigen Reichs, jetzt in der Übung des Glaubens, der Dein Wort bewahrt. So wollest Du mir in Deiner Gnade geben, dass Dein Name in meinem Munde nicht unkräftig und Dein Bild in meinem Leben nicht verdunkelt sei. Amen. (Adolf Schlatter)
4:20 ich wollte, daß ich jetzt bei euch wäre und meine Stimme wandeln könnte; denn ich bin irre an euch.
4:21 Saget mir, die ihr unter dem Gesetz sein wollt: Habt ihr das Gesetz nicht gehört?
4:22 Denn es steht geschrieben, daß Abraham zwei Söhne hatte: einen von der Magd, den andern von der Freien.
4:23 Aber der von der Magd war, ist nach dem Fleisch geboren; der aber von der Freien ist durch die Verheißung geboren.
4:24 Die Worte bedeuten etwas. Denn das sind zwei Testamente: eins von dem Berge Sinai, daß zur Knechtschaft gebiert, welches ist die Hagar;4)
4:25 denn Hagar heißt in Arabien der Berg Sinai und kommt überein mit Jerusalem, das zu dieser Zeit ist und dienstbar ist mit seinen Kindern.
4:26 Aber das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie; die ist unser aller Mutter.
4:27 Denn es steht geschrieben: „Sei fröhlich, du Unfruchtbare, die du nicht gebierst! Und brich hervor und rufe, die du nicht schwanger bist! Denn die Einsame hat viel mehr Kinder, denn die den Mann hat.“
4:28 Wir aber, liebe Brüder, sind, Isaak nach, der Verheißung Kinder.
4:29 Aber gleichwie zu der Zeit, der nach dem Fleisch geboren war, verfolgte den, der nach dem Geist geboren war, also geht es auch jetzt.
4:30 Aber was spricht die Schrift? „Stoß die Magd hinaus mit ihrem Sohn; denn der Magd Sohn soll nicht erben mit dem Sohn der Freien.“
4:31 So sind wir nun, liebe Brüder, nicht der Magd Kinder, sondern der Freien.
Nachdem Paulus die Knechtschaft unter dem Gesetz und die Kindschaft unter dem Evangelio einander gegenüber gestellt und zum Beharren im früheren Eifer ermahnt hat, schließt er das Kapitel mit einer Vergleichung der beiden Söhne Abrahams als Vorbilder derer, die unter dem Gesetz und die unter dem Evangelio sind. Letztere sind das wahre Jerusalem, die Stadt Gottes auf Erden, in der Er wohnt und wandelt, die sein Herz hat uns sich ausschließlich seiner liebenden Nähe erfreut. Sie sind das Jerusalem da droben, weil sie ihrer ganzen Herrlichkeit nach hier unten noch nicht zur Erscheinung kommen, und jedenfalls ihr Bestes droben haben. Während die Welt Alles hier unten hat, ihre Liebe, ihren Lust, die Ziele ihrer Sehnsucht, ihre Götter und ihren Himmel, haben diejenigen, die Christi sind, droben ihr wahres Vaterland und ihre Gerechtigkeit, Christum, und damit zugleich ihre Gedanken, Betrachtungen und Wünsche; sind hienieden nur Pilger, Bürger aber dort oben; ihr Wandel ist bereits im Himmel. Sie sind die Freie, gleich der Sara, die in Abrahams Hause die Herrin war, im Gegensatz der Hagar, der ägyptischen Sclavin. Frei ist ihre Rede, sie dürfen dem König aller Könige kommen, wann und womit sie wollen, bei Tag und bei Nacht. Frei ist ihre Stellung, sie unterwerfen sich dem Gesetze ihres ewigen Königs aus dem Grunde, weil sie Lust an diesem Gesetze haben und ihr innerstes Wollen damit in Einklang steht. Die Bürger Jerusalems helfen durch ihre Seufzer und Gebete die Welt regieren. Welche der Sohn frei macht, die sind recht frei. Sie sind endlich eine wahre Mutter, wohlthuend in tausendfacher Weise und Freude schaffend; ihre Hände segnende Mutterhände, ihre Augen zärtliche Mutteraugen, ihr Herz ein liebewarmes Mutterherz; das Salz wäre aus der Welt herausgenommen, ja, der Welt Säulen würden schwanken, wenn eine Gemeinde der Heiligen nicht mehr in ihr bestände. O daß ich doch auch zu dieser Gemeinde gehöre! Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)