10:1 Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unsauberen Geister, daß sie sie austrieben und heilten allerlei Seuche und allerlei Krankheit.
10:2 Die Namen aber der zwölf Apostel sind diese: der erste Simon, genannt Petrus, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, des Zebedäus Sohn, und Johannes, sein Bruder;
10:3 Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, des Alphäus Sohn, Lebbäus, mit dem Zunamen Thaddäus;
10:4 Simon von Kana und Judas Ischariot, welcher ihn verriet.
10:5 Diese zwölf sandte Jesus, gebot ihnen und sprach: Gehet nicht auf der Heiden Straße und ziehet nicht in der Samariter Städte,
10:6 sondern gehet hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.
10:7 Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.
10:8 Macht die Kranken gesund, reinigt die Aussätzigen, weckt die Toten auf, treibt die Teufel aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch.
10:9 Ihr sollt nicht Gold noch Silber noch Erz in euren Gürteln haben,
10:10 auch keine Tasche zur Wegfahrt, auch nicht zwei Röcke, keine Schuhe, auch keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert.
Nichts von dem, was der Blick der Menschen auf sich zieht, gab Jesus seinen Jüngern mit und er hat ihnen verboten, sich irgend etwas als Lohn für ihren Dienst zu verschaffen. Nur, wenn sie nichts besaßen, konnten die Jünger ihren Botendienst ausrichten. Weil sie nichts brachten, wenn sie kamen, und nichts mitnahmen, wenn sie gingen, war der Botschaft Jesu eine deutliche Versichtbarung gegeben. Man sah an der Armut seiner Boten, wovon das Evangelium spricht. Gottes Reich ist nahe, das war die Botschaft dieser Männer, die nichts hatten als ein einziges Kleid. Sie zeigten dadurch: hier wird nicht von Geld und Gut gesprochen, nicht von Glück und Macht, überhaupt nicht von Menschen und seinen Zielen, auch nicht von Juden und seinen Hoffnungen, mit denen er sich die Zukunft seiner Stadt und seines Geschlechts vergoldete. Gottes Reich ist nicht die Herrschaft des Juden und nicht die Verklärung des Menschen; Gottes Reich macht Gott gegenwärtig, bringt sein Gericht und verleiht seine Gnade. Neben diesem Ziel fällt jedes andere Anliegen dahin. Da verliert Gold und Silber allen Wert. Was liegt noch daran, ob der Apostel Schuhe oder einen Stecken habe? Gottes Reich löst den Blick von diesen Kleinigkeiten ab und erweckt in der Seele ein einziges Trachten, das, das nach Gottes Gerechtigkeit und Gnade begehrt. So brachten die Jünger das Wort Jesu zu allen. Für sie war kein Haus zu vornehm und keines zu ärmlich. Sie waren ja weder reich noch arm, sondern standen über diesem Gegensatz, der unsere Gemeinschaft zerreißt. Der Riss, den dieser Unterschied damals in der Judenschaft stiftete, war sehr tief. Ein Evangelium für die Reichen hätte die Armen gegen sich gehabt, und ebenso hätte sich jeder, der etwas besaß, von bettelnden Evangelisten abgewandt. Die Jünger Jesu waren weder Bettler, die an ihrer Armut leiden, noch Streber, die Gewinn suchen, sondern Arbeiter, die nicht mehr begehrten als ihre Nahrung, an die sie um ihres Dienstes willen ein Anrecht haben. So räumten sie, so gut als sie konnten, die Hindernisse weg, die der Judenschaft den Anschluss an Jesus schwer machten. Der grimmige Arme, der dem Reichen fluchte, sah hier eine Armut, die ihn nicht verdarb, und der üppige Reiche, der unglücklich war, wenn ihm nicht jeder Tag ein Festmahl brachte, sah hier einen Reichtum, der nicht verdarb, sondern frei machte. Denn Gottes Reich tut sich für beide auf.
Deine gütige Hand, Vater, gab mir vieles; so will ich es auch verwalten nach Deinem Gebot. Aber darum bitte ich Dich, gib mir an meinem Ort Anteil an der Freiheit Deiner Jünger. Würde ich meiner Habe wegen dich verlieren, weil ich zum Knecht meines Vermögens würde, das wäre, Vater, dein Gericht, das ich fürchte. Mein Schutz ist dein Wort, durch das wir zur Freiheit berufen sind. Amen. (Adolf Schlatter)
10:11 Wo ihr aber in eine Stadt oder einen Markt geht, da erkundigt euch, ob jemand darin sei, der es wert ist; und bei demselben bleibet, bis ihr von dannen zieht.
10:12 Wo ihr aber in ein Haus geht, so grüßt es;
10:13 und so es das Haus wert ist, wird euer Friede auf sie kommen. Ist es aber nicht wert, so wird sich euer Friede wieder zu euch wenden.
10:14 Und wo euch jemand nicht annehmen wird noch eure Rede hören, so geht heraus von demselben Haus oder der Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen.
10:15 Wahrlich ich sage euch: Dem Lande der Sodomer und Gomorrer wird es erträglicher gehen am Jüngsten Gericht denn solcher Stadt.
10:16 Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.
O ihr, die ihr durch die Macht der Gnade euren natürlichen Sinn geändert habt, aus Gott geboren worden seid, und den Heiligen Geist empfangen habt, ihr seid wie die Schafe; ihr könnet Niemand vorsätzlich beleidigen, begehret Jedermann nützlich zu sein, und habt ein Wohlwollen gegen die ganze Welt in euch. Aber die andern Menschen, unter denen ihr lebet, sind nicht so geartet wie ihr. Sie sind nach verschiedenen Graden Wölfe. Weil sie nicht wiedergeboren sind, so können sie beleidigen, hassen, tödten. Zwar wendet die Welt jetzt großen Fleiß und Witz an, Schafskleider für die Wölfe zu machen, oder die Menschen, die inwendig des Teufels Bild haben, artig, freundlich und in gewissen Fällen gutthätig zu machen. Trauet aber solchen verstellten Menschen nicht; denn sie sind inwendig doch reißende Wölfe, ob sie schon äußerlich Schafskleider an sich haben. Hütet euch vor den Menschen, doch ohne Kleinmüthigkeit, und ohne Verleugnung des Namens Jesu. Seid nur klug wie die Schlangen, daß ihr bedenket, wann ihr reden oder schweigen, wenn ihr etwas vertrauen oder verbergen sollet, und wie viel ihr von den Menschen begehren oder erwarten dürfet. Seid aller menschlichen Ordnung unterthan, damit die Wölfe kein Recht finden, euch als unbotmäßige Leute zu zerreißen. Wachet und haltet eure Kleider, damit ihr nicht bloß wandelt, und man nicht eure Schande sehe. Lasset euch den Geist Gottes regieren und treiben, der euch lehren wird, wann ihr streng oder sanft handeln, wann ihr unthätig bleiben oder dem Bösen steuern sollet. Seid aber auch ohne Falsch wie die Tauben. Begehret nicht die Arglist der Welt mit Arglist, ihre Ungerechtigkeit mit Ungerechtigkeit, ihren fleischlichen Zorn mit fleischlichem Zorn, oder ihren Stolz mit eurem Stolz zu überwältigen. Weltmenschen mag solches unter der Zulassung Gottes gelingen, aber euch, die ihr Schafe sein sollet, und Christum nicht also gelernt habt, wird es nicht gelingen. Seid also ohne Falsch wie die Tauben, sehet mit einem einfältigen Auge auf Gottes Wort und Wohlgefallen, und auf euren Vorgänger Christum. glaubet das Evangelium, das ihr bekennet, von Herzen. Redet auch im gemeinen Umgang die Wahrheit von Herzen. Bleibet und wandelt in der Liebe. Suchet was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, trachtet nach dem, das droben ist, und nicht nach dem, das auf Erden ist; und habt das Leiden lieb, weil es eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit schafft.
Wie geht’s aber den Schafen unter den Wölfen, wenn sie sich nach dieser Regel Christi richten? Der HErr, der sie sendet, sagte: kaufet man nicht zween Sperlinge um einen Pfennig? Noch fället derselben keiner auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte alle gezählet; darum fürchtet euch nicht, ihr seid besser als viele Sperlinge. Er sagte auch: wer Mich bekennet vor den Menschen, den will Ich auch bekennen vor Meinem himmlischen Vater; und setzte hinzu: wer bis an’s Ende beharre, werde selig. So werden also diejenigen nicht zu Schanden, HErr Jesu, die Dein harren, und Dein Wort halten: aber zu Schanden müssen sie werden die losen Verächter.(Magnus Friedrich Roos)
10:17 Hütet euch vor den Menschen; denn sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen.
10:18 Und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen, zum Zeugnis über sie und über die Heiden.
10:19 Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorget nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt.
10:20 Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet.
Als der HErr Jesus Seine zwölf Apostel aussandte, das Evangelium etliche Wochen lang in den israelitischen Städten und Flecken zu predigen, so befahl, verkündigte, und verhieß Er ihnen Vieles nicht nur in der Absicht auf diese kurze Reise, sondern auch in der Absicht auf ihren Ausgang in alle Welt, den sie nach Seiner Himmelfahrt machen mußten. Er sagte unter Anderem Matth. 10,17.18.19.20.: hütet euch vor den Menschen, denn sie werden euch überantworten vor ihre Rathhäuser, und werden euch geißeln in ihren Schulen, und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um Meinetwillen, zum Zeugniß über sie (die Juden) und über die Heiden. Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorget nicht, wie und was ihr reden sollet; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollet; denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet. Wenn die Apostel und andere Jünger Jesu vor Fürsten, Könige und andere Richter geführt wurden, so hätten sie als ungelehrte Leute, die keines Umgangs mit den Großen in der Welt gewohnt waren, von der Furcht übernommen werden können, daß sie gar nichts hätten reden können, oder ungeschickt geredet hätte; da dann das nöthige Zeugniß für Juden und Heiden nicht abgelegt, und der Name Christi geschmäht worden wäre. Auf solche Fälle nun verhieß der Heiland Seinen Jüngern, es werde ihnen zur Stunde gegeben werden, was sie reden sollen, denn ihres Vaters Geist sei es, der durch sie rede. Stephanus und Paulus, deren Reden in der Apostel Geschichten beschrieben worden, haben neben vielen Andern die Erfüllung dieser Verheißung genossen. Aber nicht nur vor Königen und Fürsten und auf Rathhäusern, sondern auch bei andern Gelegenheiten hat der Geist des Vaters durch die Apostel geredet; denn da dieser Geist die Welt von der Sünde, von der Gerechtigkeit und von dem Gericht überzeugte, wie der Heiland Joh. 16,8. verheißen hat, so that Er’s durch den Mund der Apostel und anderer Prediger des Evangeliums, und thut’s noch auf diese Weise: auch hat Paulus 1 Kor. 2,13. bezeugt, daß er und Andere das Evangelium mit Worten, die der Heilige Geist lehre, predigen, und Röm. 15,18., er dürfte nicht etwas reden, wo dasselbe Christus nicht (durch Seinen Geist) in ihm wirkte. Wir lernen hieraus, daß Gott nicht nur den Menschen eine Gabe schenke, mit Weisheit von den Glaubenslehren, oder mit Erkenntniß von dem nöthigen klugen Verhalten zu reden, 1 Kor. 12,8., sondern daß Er auch zu jeder Stunde gebe, was man reden (oder auch schreiben) soll, und daß Sein Geist alsdann durch die Menschen rede, folglich die Gott gefälligen Gedanken und Worte in ihren Seelen bilde, und sie zugleich von der Furcht befreie, damit sie dieselben aussprechen können. Ist eine Seele so rein und so in der Gewalt Gottes, wie die Seelen der Apostel waren, so ist alsdann das Wort, das sie durch den Mund hervorgibt, ein lauteres Wort Gottes; fließen aber unter die Worte, die der Heilige Geist sie lehret, auch solche hinein, welche von dem menschlichen Willen entstehen, so müssen die Worte gerichtet und geprüft werden, wie Paulus 1 Kor. 14,29. bei denen, die in der Korinthischen Gemeinde weissagten, für nöthig achtet. Bei gerichtlichen Verhören hatte keine Vorbereitung zum Reden statt; sonst kann der Geist des himmlischen Vaters auch bei einer solchen Vorbereitung wirksam sein, und die Worte, die man hernach reden solle, mittheilen. Wehe dem, der ohne die Wirkung dieses Heiligen Geistes redet und schreibt! (Magnus Friedrich Roos)
10:21 Es wird aber ein Bruder den andern zum Tod überantworten und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören wider die Eltern und ihnen zum Tode helfen.
10:22 Und ihr müsset gehaßt werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt, der wird selig.
10:23 Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis des Menschen Sohn kommt.
10:24 Der Jünger ist nicht über seinen Meister noch der Knecht über den Herrn.
10:25 Es ist dem Jünger genug, daß er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen, wie viel mehr werden sie seine Hausgenossen also heißen!
Niemand wird diese Wahrheit bestreiten, denn es würde dem Knecht nicht geziemen, dass er über seinen Meister erhöht würde. Was erfuhr unser Herr für eine Behandlung, als Er auf Erden wandelte? Leistete man seiner Aufforderung Gehorsam, befolgte man seine Lehren, beugte man sich anbetend vor seinen göttlichen Tugenden, da Er kam zu segnen und selig zu machen? Nein; „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste.“ Er wurde außerhalb des Lagers geführt, das Kreuz musste Er tragen. Gewährte Ihm diese Welt Ruhe und Frieden? „Die Füchse haben ihre Gruben, und die Vögel haben ihre Nester, aber des Menschen Sohn hat nicht, da Er sein Haupt hinlege.“ Diese ungastliche Stätte bot Ihm keine Zuflucht; sie verwarf Ihn und kreuzigte Ihn. Das ist‘s, was auch du zu erwarten hast, wenn du ein Jünger Jesu und in Wort und Wandel aufrichtig bist, gleichwie Christus; das harret deiner, wenn dein geistliches inneres Leben im äußern Wandel vor die Augen der Welt tritt. Sie wird nicht anders mit dir verfahren, als mit dem Heiland auch; sie wird dich verachten und verhöhnen. Wähne nicht, dass du bei den Weltlichgesinnten Anklang findest, oder dass die Leute umso freundlicher gegen dich sind, je heiliger und Christo ähnlicher du lebst. Sie schätzten den geschliffenen Diamant nicht, wie können sie den rohen Edelstein wert achten? „Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen, wie vielmehr werden sie seine Hausgenossen also heißen?“ Wären wir Christus ähnlicher, so würden uns seine Feinde auch heftiger hassen. Es wäre eine traurige Ehre für ein Kind Gottes, wenn es der Welt Günstling wäre. Es ist ein gar schlimmes Zeichen, wenn die arge Welt Beifall klatscht und einem Christen zujubelt: „Brav gemacht!“ Er mag sich in seinem Wandel in Acht nehmen und zusehen, ob er nicht unrecht getan hat, wenn die Gottlosen ihm Lob spenden. Halten wir treu zu unserem Meister, und pflegen wir nicht Freundschaft mit einer blinden und argen Welt, die Ihn verachtet und verspottet. Ferne sei von uns, dass wir da eine Ehrenkrone suchen, wo unserem Herrn und Heiland eine Dornenkrone zuteil wurde. (Charles Haddon Spurgeon)
10:26 So fürchtet euch denn nicht vor ihnen. Es ist nichts verborgen, das es nicht offenbar werde, und ist nichts heimlich, das man nicht wissen werde.
10:27 Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was ihr hört in das Ohr, das predigt auf den Dächern.
10:28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle.
Es ist schon oft der Fall entstanden, daß ein Christ bei der Treue, die er seinem Heiland erweisen, und bei dem Zeugniß, das er von Ihm hat ablegen sollen, sein Leben hat wagen müssen; da dann die Furcht vor denen, die den Leib unter schrecklichen und schmählichen Umständen tödten können, zu einer schweren Versuchung werden kann. Der Heiland sagt aber: fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib tödten, und die Seele, die nach ihrer Natur unzerstörbar ist, in welcher aber auch durch die Widergeburt schon ein ewiges Leben angerichtet ist, nicht tödten können. Werdet ihr versucht zu weichen, Mich zu verleugnen, und in die Forderungen der Welt einzuwilligen, so bedenket, daß ein HErr sei, der Leib und Seele in die Feuerhölle werfen, und darin verderben kann. Diesen fürchtet. Ach wie schrecklich ist’s, wenn das Ende eines Menschen das Verderben ist, wie Paulus Phil. 3,19. redet! Der Leib und die Seele werden dabei nicht zu nichts gemacht: sie blieben, sie empfinden, sie müssen ihre gerechte Strafe leiden, nämlich ewiges Verderben von dem Angesicht des HErrn, und von Seiner herrlichen Macht. Sie werden in den feurigen Pfuhl geworfen, und dieß wird der andere Tod sein, Offenb. 20,14.15. Da wird das Theil derjenigen sein, welche die Knechte Gottes gehaßt, geplagt, verfolgt, und durch Drohungen zum Abfall von Christo gedrungen haben, aber auch das Theil der Verzagten (Offenb. 21,8.), welche Christum verleugnet, und ein Leben, das eine Hand breit ist, und etliche durch Gewissensbisse und anderes Ungemach verbitterte zeitliche Vortheile Seiner überschwenglichen Gnade und Seinem himmlischen Reich vorgezogen haben. Soll nun ein Christ zur Zeit einer öffentlichen Verfolgung diejenigen nicht fürchten, die seinen Leib tödten wollen, so soll er diejenigen noch weniger fürchten, die ihm nur durch verdrießliche Mienen, durch bittere Vorwürfe und Scheltworte, durch Schläge, oder durch Entziehung zeitlicher Vortheile das wahre Christenthum entleiden und verwehren wollen. Alle, die da gottselig leben wollen in Christo Jesu, müssen in gewissem Maße Verfolgung leiden: Gott hat uns aber nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht, 2 Tim. 1,7. Wir sind nicht von denen, die da weichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und ihre Seele retten, Hebr. 10,39. Niemand aber unter uns leide als ein Mörder, oder Dieb, oder Uebelthäter, oder der in ein fremd Amt greifet. Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht, er ehre aber Gott in diesem Fall 1 Petr. 4,15.16. Wie kann man aber Gott in diesem Fall ehren? So, wenn man glaubt, was 1 Petr. 4,12.13.14. steht, und thut, was eben daselbst V. 19. und Offenb. Joh. 2,10.11. geschrieben ist. Ob es schon zuweilen scheint, daß die Menschen die völlige Gewalt haben, ihren Muthwillen auszuüben: so ist doch wahr, was Christus Matth. 10,30. zu Seinen Jüngern sagte: es sind eure Haare auf dem Haupt alle gezählet.(Magnus Friedrich Roos)
10:29 Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Dennoch fällt deren keiner auf die Erde ohne euren Vater.
10:30 Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte alle gezählt.
Die Haare sind gezählet; aber ein Mensch hat sie noch nie zu zählen vermocht. Wenn einer anfinge, sie zu zählen, könnte er Jahre lang fortmachen; und wenn er endlich alle gezählt hätte, hätte er die Zahl doch nicht getroffen. Also ein Mensch kann sie nicht zählen; aber Gott hat sie gezählt. Oder solltest du das Ihm nicht zutrauen können? Wenn nicht, so ist dir Gott kein Gott, und lebst du ohne Gott. Schon aus dem Gesagten aber geht hervor, daß wir von tausend nicht eins wissen, was wir bedürfen; Er aber weiß das. Ja noch mehr: Der Mensch macht sich nichts daraus, ein Härchen mehr oder weniger zu haben; und doch hat Gott alle Haare gezählt. Beim lieben Gott sind unsre kleinsten Umstände, die kleinsten Dinge, die uns betreffen, nicht unwichtig - sonst hätte er die Haare nicht gezählt. Uns sind sie oft ganz unwichtig, - und wer wird Recht haben? Daraus sehen wir, was für einen sorgsamen Vater im Himmel wir haben, der Millionen mal besser zu sorgen versteht und sorgt, als wir. Wir meinen oft, Er hätte uns vergessen; und der Tat nach hat Er nicht einmal ein Härchen an uns vergessen. Darum fürchtet euch nicht, sorget nicht, klaget nicht, denket euch nicht verlassen und einsam, - der Vater im Himmel weiß alles und sorget für alles. (Christoph Blumhardt)
10:31 So fürchtet euch denn nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge.
Wenn die Menschen leidenschaftlich werden, schreien und toben, zu den Waffen greifen, Gewalt üben, Gericht halten und töten, dann übertönt ihr Lärm leicht die Erinnerung an Gott. Ist er auch dann gegenwärtig, wenn eine wütende Schar die Jünger Jesu vor den Richter schleppt und ein blutiger Römer oder ein gottloser Jude wie der König Agrippa das Todesurteil über sie spricht? Ist sein Himmelreich auch dann in seiner königlichen Macht wirksam, wenn der Kopf des Johannes auf einer Schüssel der Herodias übergeben wird? Jesus schwankt nicht; auch die Haare eures Hauptes sind gezählt; ihr steht in Gottes Schutz, nicht nur, wenn sich die Menschen nicht um euch kümmern, sondern auch dann, wenn sie sich eifrig und zornig mit euch beschäftigen und ihre Faust nach euren Haaren greift. Jesus hat vereint, was wir nicht zusammenzubringen vermögen. Er sah mit seinem geraden, klaren Blick dem Menschen in sein Angesicht und legte über die menschliche Bosheit keine Hülle. Er wich der Wahrheit nicht aus, indem er den Menschen verschönte und in die Wolken erhob. Vielmehr hat er mit sieghafter Wahrhaftigkeit sich und den Jüngern gezeigt, was die Welt ist und was sie in sich hat, dass sie nicht das in sich hat, was von Gott ist, sondern das, was aus der Welt ist und ihr von ihrem Fürsten gegeben wird. Darum beschrieb er den Jüngern ihren Weg nicht als eine friedliche Wanderung auf gefahrloser Straße, sondern als den Gang derer, die ihre Kreuze auf ihren Schultern haben und ausgestoßen aus der Welt ins Sterben gehen. Aber nicht so haftet der Blick Jesu am Menschen und seinem Zorn und seinen Übeltaten, dass er nun nur noch den Menschen sähe und einzig mit dem Willen und der Macht des Menschen rechnete. Er sieht ebenso deutlich unverwandt in jeder Lage auch in das Angesicht des Vaters und sieht es über seinen Jüngern leuchten, durch keine Wolke des Zorns verdeckt. Darum sagte Jesus ihnen: Fürchtet euch vor den Menschen nicht. Ihr seid nicht allein, sondern tut jeden Schritt in Gottes Gegenwart. Was Jesus konnte, ist größer, als was wir vermögen. Das aber können wir: hören auf das, was Er sagt, und dem glauben, was Er verspricht, und dies ist unsere Stärke in jedem Kampf.
Wer unter Deinem Schutz steht, Allmächtiger, hat in Dir den Frieden, den nichts stören kann. Um Deinen Frieden bitte ich, dass er meine Seele decke. Dann kann sie nicht beben, nicht zweifeln, nicht zürnen und grollen. Weil ich in Deinem Schutz geborgen bin, mache mich zum Kind des Friedens im Verkehr mit allen, mit denen Du mich zusammenführst. Amen. (Adolf Schlatter)
10:32 Wer nun mich bekennet vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater.
Gnadenvolle Verheißung! Es ist eine große Freude für mich, meinen Herrn zu bekennen. Was auch meine Fehler sein mögen, ich schäme mich nicht meines Jesu und fürchte mich auch nicht, die Lehren von seinem Kreuz zu verkünden. O Herr, ich habe nicht Deine Gerechtigkeit in meinem Herzen verborgen.
Süß ist die Aussicht, die der Text mir eröffnet! Freunde verlassen mich und Feinde frohlocken, aber der Herr verleugnet seinen Knecht nicht. Ohne Zweifel wird der Herr mich auch hier noch anerkennen und mir neue Zeichen seiner Gunst geben. Aber es kommt ein Tag, wo ich vor dem großen Vater stehen muß. Was für eine Seligkeit, zu denken, daß Jesus mich dann bekennen will! Er wird sagen: „Dieser Mann vertraute mir wahrhaft und war willig, um meines Namens willen Schmach zu leiden und deshalb erkenne ich ihn als den meinen an.“ Neulich wurde ein großer Mann zu einem Ritter gemacht und die Königin übergab ihm ein mit Juwelen besetztes Hosenband; aber was ist das! Es wird eine Ehre über alle Ehren sein, wenn der Herr Jesus uns bekennt in Gegenwart der göttlichen Majestät in dem Himmel. Möge ich mich nie schämen, meinen Herrn zu bekennen. Laßt mich nie feige schweigen oder einen schwachherzigen Kompromiß zustimmen. Soll ich erröten, Ihn zu bekennen, der verheißt, mich zu bekennen? (Charles Haddon Spurgeon)
Wer den Herrn vor den Menschen bekennt, der hat eine köstliche Verheißung. Wir dürfen dessen versichert sein: was Er zusagt, hält Er gewiss. Er will so von dir reden im Himmel, dass du Seine Freude, Seine Ehre, Seine Krone auf Erden seiest, dass Er eine große Liebe zu dir habe und dich als einen echten Jünger erkenne. Wie du unter deinen Mitmenschen des Lobes deines Herrn voll bist, also ist auch der König aller Könige vor dem Vater im Himmel voll Rühmens deinetwegen. Tief ist dein Name in Seinem Herzen, immer wieder redet Er von dir. Verleugne ich Ihn aber auf Erden, dann verleugnet Er mich im Himmel, verschweige ich Seinen Namen vor den Menschen, so spricht Er nicht gut für mich beim himmlischen Vater, schäme ich mich Seiner unter den Sündern, so schämt Er sich meiner vor den heiligen Engeln. Den Herrn vor den Menschen bekennen heißt: Unter allen Umständen zu Ihm stehen, Seine Schmach tragen mit Freuden, durch Wort und Tat die Zugehörigkeit zu Ihm an den Tag legen. Ihn verleugnen vor den Menschen heißt: Schweigen vor Ihm, sich Seiner schämen vor den Menschen, indem wir uns so verhalten, als wäre uns Jesus eine gleichgültige Person, als wären wir nicht Seine Jünger. Im treuen Bekenntnis liegt Seligkeit, weil wir dadurch Stellung nehmen für den Herrn, unser Herz in Ihm befestigen, den Feind schlagen und durch solches Reden dem Geiste Gottes in uns Raum machen; aber es muss von Herzen, in Glauben und Liebe geschehen. O verherrliche allezeit deinen Herrn! (Markus Hauser)
10:33 Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
10:34 Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.
Ein Christ kann sicher darauf zählen, dass er sich Feinde macht. Er lässt es sich angelegen sein, niemand zum Feinde zu haben: wenn aber dadurch, dass er das Rechte tut und das Wahre glaubt, ihm jeder irdische Freund verloren gehen sollte, so schlägt er diesen Verlust gering an, weil sein großer Freund im Himmel sich ihm nur umso freundlicher erzeigt und sich ihm gnädiger offenbart, denn je. O ihr, die ihr sein Kreuz auf euch genommen habt, wisst ihr nicht, was euer Meister spricht? „Ich bin gekommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater, und die Tochter wider ihre Mutter; und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.“ Christus ist der große Friedensstifter, aber ehe Er den Frieden bringt, bringt Er Streit. Wo das Licht eindringt, muss die Finsternis weichen. Wo die Wahrheit ist, muss die Lüge fliehen; oder wenn sie bleibt, muss es zu einem harten Kampf kommen, denn die Wahrheit kann und will ihr Panier nicht senken, und die Lüge muss unter die Füße getreten werden. Wenn du Christo nachfolgst, so heulen dir alle Hunde der Welt auf den Fersen nach. Wenn du so zu leben suchst, dass du am jüngsten Tage vor dem Richterstuhl bestehen könnest, so verlass dich darauf, dass die Welt kein Gutes von dir redet. Wer der Welt Freundschaft besitzt, wird Gottes Feind; wenn du dich aber treu und wahrhaftig zum Höchsten hältst, so fühlen sich die Menschen von deiner unerschütterlichen Treue verletzt, weil sie ein Zeugnis ist wider ihre Missetaten. Du musst unbekümmert um alle Folgen das Rechte tun. Du hast den Mut eines Löwen nötig, wenn du unentwegt einen Lauf unternimmst, der dir deinen besten Freund zum bittersten Feinde macht; aber um der Liebe Jesu willen musst du tapfer und mutig sein. Um der Wahrheit willen Achtung und Liebe in die Schanze schlagen, ist ein so gewichtiges Ding, dass du, um in diesem Wege zu beharren, eine solche Höhe sittlicher Kraft bedarfst, wie sie nur der Geist Gottes in dir wirken kann; aber wende nicht feige deinen Rücken, sondern sei ein Mann. Folge mit männlichem Mut deinem Meister nach, denn Er hat vor dir diesen rauen Pfad betreten. Besser ein kurzer Kampf und ewige Ruhe, als ein fauler Friede und ewige Qual. (Charles Haddon Spurgeon)
10:35 Denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen gegen seinen Vater und die Tochter gegen ihre Mutter und die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter.
10:36 Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.
10:37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert.
10:38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist mein nicht wert.
Die Liebe Christi drängt die Gläubigen ins Kreuz und durchs Kreuz. Das klingt wunderlich und ist doch die Wahrheit. Man gerät manchmal so wunderlich und unversehens in Not und Druck, daß man nicht weiß, wie es zugeht; man wird so recht hineingedrungen. Da muß der oder jener just so reden, so mit uns handeln; da müssen die Dinge just sich so zutragen und aufeinanderfolgen, daß wir eben ein Pröbchen Kreuz und Leiden kriegen mögen. Die Dinge dürfen auch nicht eben allemal so groß oder wichtig sein; die Liebe Christi bedient sich manchmal einer Kleinigkeit und weiß uns eben damit an der empfindlichsten Stelle zu treffen. So geht's im Äußern und Leiblichen, und so geht's auch im Geistlichen auf unzählig unterschiedene Arten. Und das tut die Liebe Christi, wenn wir gleich denken, diese oder andre Dinge wären Ursache davon. - Schwache, blöde Seelen können sich manchmal gewaltig ängstigen durch ungläubiges Voraussehen aufs Zukünftige, äußere oder innere Leiden, Versuchungen und, ich weiß nicht welche Proben, die vielleicht nie über sie kommen werden. Wenn du einmal das leiden solltest, denken sie, was jenem auferlegt worden; wenn du in diese oder jene harten Wege solltest geraten, da würdest du unmöglich aushalten können. Ach plagt euch doch nicht mit vergeblicher Sorge und Kummer; traut's doch der Liebe zu, daß sie euch werde dringen ins Kreuz und durchs Kreuz! Ich will sagen, bleibt doch nur kurz im Gegenwärtigen! Die Liebe teilt die Kreuze weidlich aus; sie versteht's besser als wir. Solang wir so kleine, schwache Kinder sind, wird sie uns keine großen Päcke auflegen. Was aber im Gegenwärtigen zu leiden vorfällt, das sollen wir gerade aus der Hand der Liebe Christi und nicht von dem oder jenem annehmen. Als Christus litt, da nahm er sein Leiden nicht von Judas, von Pilatus, von den Pharisäern, sondern gerade von der Hand seines Vaters: „Soll ich den Kelch nicht trinken“, hieß es, „den mir mein Vater gegeben hat?“ Denkt nicht so sehr ans Kreuz als an den, der's Kreuz gibt! Ist's wahr, glaubst du es, daß eben Christus dir dies oder jenes Kreuzchen gibt, O wie so köstlich, wie so ehr- und liebenswürdig muß dir nicht alles sein, was von dieser Liebeshand kommt! Willst du denn, ihm zu behagen, nicht ein kleines Kreuzchen tragen? (Gerhard Tersteegen)
10:39 Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.
10:40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.
HIlff Gott / wie ein grosser seliger Herr ist der / der Gottes wort gern höret und lieset / Das er solche grosse herrliche Geste stets bey sich hat / als den Vater / Son und heiligen Geist.
O verfluchter unglaube / O elende Welt / das du solche Geste verachtest / ja verfolgest / und dafür den Teufel und Tod zu gast bittest / ja zu Herrn haben wilt. Wie gar ein unaussprechlier schatz ist der glaube. Wie gar ein unbegreifflicher schade ist der unglaube. (Martin Luther)
10:41 Wer einen Propheten aufnimmt in eines Propheten Namen, der wird eines Propheten Lohn empfangen. Wer einen Gerechten aufnimmt in eines Gerechten Namen, der wird eines Gerechten Lohn empfangen.
DA hören wir / das der HErr wil die Propheten gelesen und gehöret haben. Und verheisset dazu / das ein solcher sol dein Propheten gleich sein / und so gut haben als er / hie und dort. Hie da mit / das er des Propheten weisheit / teilhafftig wird. Dort da mit / das er ewiglich mit dem Propheten leben und selig sein sol / Amen. (Martin Luther)
10:42 Und wer dieser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt in eines Jüngers Namen, wahrlich ich sage euch: es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.1)
Mit dieser Rede sendete Jesus seine Jünger, lange vor seinem Tode, gleichsam auf Probe, und zugleich zum Zwecke, Ihm selbst den Weg überallhin zu bereiten, in die Städte und Marktflecken Judäas aus, den verlornen Schafen Israels zu predigen, das Himmelreich sei nahe herbeigekommen. Er ertheilte ihnen bei dieser Aussendung zugleich die nöthigen Verhaltungsmaßregeln, aber auch die herzerhebenden Verheißungen zur Aufrichtung unter den Feinden und Verfolgungen, welche sie treffen würden. Auch an uns ergeht eine ähnliche Aufforderung: wir sollen den Herrn vor der Welt bekennen, mit dem Munde und mit dem Leben, als Glieder Christi, als seines Geistes Kinder, als durch sein Blut Erlösete, als Gottes Gesalbte. Warum geschieht es nicht freudiger und offener und eifriger? An Gelegenheit dazu fehlt es nicht; was hält uns ab? Es ist bald eine Art von Scham: wir fürchten die Urtheile und möglichen Verspottungen der Menschen, namentlich von denen, mit denen wir vormals einerlei Sinnes waren; und diese Scham entsteht aus falscher Eigenliebe, die sich nicht demüthigen lassen will. Es ist bald die Weltliebe, die unser Herz immer wieder zur Unentschiedenheit und zum Hinken auf zwei Seiten bringt: wir wollen alte Gewohnheiten, alten Umgang, alte Vorurtheile nicht fahren lassen, uns nicht selber verpflichten und binden. Wäre es uns mehr Ernst mit der Heiligung, hätten wir Christum recht lieb, so würden wir nicht anstehen, von Ihm zu zeugen und uns Ihm ganz und ohne Rückhalt zu übergeben. Es ist endlich oft auch die Trägheit, die Bequemlichkeit und der Leichtsinn, was vom herzhaften Bekenntniß Christi abhält: „es hilft ja doch nichts, das macht die Menschen nicht anders, das ist wie in den Wind gesprochen.“ Ist denn unsere Liebe zum Heiland so bald müde, daß, wenn wir nicht alsbald einen Erfolg sehen, wir dann lieber gar nichts thun möchten? Und ist es uns denn so ganz einerlei, ob unser Freund das Heil findet und selig wird oder nicht? Besser, einmal zur Unzeit reden, als zur rechten Zeit nicht zu reden! Gott legt seinen Segen oft auf ein schwaches Wort, wenn es nur lauter und aus der Liebe Christi kommt. Herr, vergieb uns unsere bisherige Versäumniß und mache uns in Zukunft treuer und freier. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)
Nun, dies kann ich thun. Ich kann dem Diener des Herrn eine Freundlichkeit erzeigen. Der Herr weiß, ich liebe sie alle und würde es für eine Ehre halten, ihre Füße zu waschen. Um ihres Meisters willen liebe ich die Jünger.
Wie gnädig von dem Herrn, eine so unbedeutende Handlung zu nennen: „nur mit einem Becher kalten Wassers tränket!“ Dies kann ich thun, wie arm ich auch bin; dies darf ich thun, wie niedrig ich auch bin: dies will ich freudig thun. Dies, was so wenig scheint, bemerkt der Herr – bemerkt es, wenn es dem Geringsten seiner Nachfolger gethan wird. Augenscheinlich sind es nicht die Kosten, noch die Geschicklichkeit, noch die Größe, worauf Er sieht, sondern der Beweggrund: das, was wir einem Jünger thun, weil er ein Jünger ist, beobachtet sein Herr und vergilt es. Er belohnt uns nicht nach dem Verdienst dessen, was wir thun, sondern nach dem Reichtum seiner Gnade.
Ich gebe einen Becher kalten Wassers, und Er läßt mich lebendiges Wasser trinken. Ich gebe einem seiner Kleinen, und Er behandelt mich wie einen von ihnen. Jesus findet eine Rechtfertigung für seine Freigebigkeit in der Handlung, zu der seine Gnade mich geleitet hat, und Er spricht: „es wird ihm nicht unbelohnt bleiben.“ (Charles Haddon Spurgeon)