5:1 So hört nun dies, ihr Priester, und merke auf, du Haus Israel, und nimm zu Ohren, du Haus des Königs! denn es wird eine Strafe über euch gehen, die ihr ein Strick zu Mizpa und ein ausgespanntes Netz zu Thabor geworden seid.
5:2 Mit ihrem Schlachten vertiefen sie sich in ihrem Verlaufen; darum muß ich sie allesamt strafen.
5:3 Ich kenne Ephraim wohl, und Israel ist vor mir nicht verborgen, daß Ephraim nun eine Hure und Israel unrein ist.
5:4 Sie denken nicht daran, daß sie sich kehren zu ihrem Gott; denn sie haben einen Hurengeist in ihrem Herzen, und den HERRN kennen sie nicht.
5:5 Und die Hoffart Israels zeugt wider sie ins Angesicht. Darum sollen beide, Israel und Ephraim, fallen um ihrer Missetat willen; auch soll Juda samt ihnen fallen.
5:6 Alsdann werden sie kommen mit ihren Schafen und Rindern, den HERRN zu suchen, aber ihn nicht finden; denn er hat sich von ihnen gewandt.
5:7 Sie verachten den HERRN und zeugen fremde Kinder; darum wird sie auch der Neumond fressen mit ihrem Erbteil.
Gläubige Seele, in diesem Satz liegt eine betrübliche Wahrheit. Du bist der Liebling des Herrn, mit Blut erkauft, von der Gnade berufen, bewahrt in Christus Jesus, angenehm gemacht in dem Geliebten, trachtest nach dem Himmel, und doch „verrätst du den Herrn“, deinen Gott, deinen besten Freund; du verrätst Jesum, dessen Eigentum du bist; verrätst den Heiligen Geist, der dich zu einem ewigen Leben erweckt hat. Wie bist du in allen deinen Vorsätzen und Gelübden untreu geworden! Erinnerst du dich noch deiner bräutlichen ersten Liebe, jener seligen Zeit, der Blütezeit deines geistlichen Lebens? Ach, wie innig schmiegtest du dich damals an deinem Herrn und Meister an! Wie sprachst du: „Er soll sich nie über meine Lauheit beklagen; meine Füße sollen nie träge werden in seinem Dienst; ich werde nie dulden, daß mein Herz einer anderen Liebe Raum gebe; in ihm ist alle Fülle der Lieblichkeit vereinigt; ich gebe alles hin um Jesu willen.“ Ist es so geblieben? Ach, wenn mein Gewissen reden soll, so muß es sagen: „Der so viel versprochen hat, hat übel gehandelt. Das Gebet ist oft vernachlässigt worden; es war wohl kurz, aber nicht kräftig; bündig, aber nicht brünstig. Die Gemeinschaft Christi ist in Vergessenheit gekommen. Statt des himmlischen Sinnes haben irdische Sorgen, weltliche Eitelkeit und unnütze Gedanken sich breit gemacht. Statt Gehorsams war störrisches Wesen, statt feurigen Eifers Lauheit, statt Geduld Unruhe, statt einfältigen Glaubens eitles Vertrauen auf einen fleischernen Arm, mein Tun und Streben; und als Kreuzesstreiter habe ich mich der Feigheit, des Ungehorsams, des Verrats in schändlicher Weise schuldig gemacht.“ Du hast den Herrn verraten. Verrat an Jesus! Was für Worte soll man wählen, um solch ein Benehmen zu bezeichnen? Doch Worte nützen nichts. Unsere reuevolle Gesinnung möge diese Sünde, die sich leider in uns findet, ausmerzen. Verrat an deinen Wunden, o Jesus! Vergib uns und bewahre uns in Zukunft vor dieser Sünde! Welche Schmach, den zu verraten, der uns nie vergißt, sondern heute vor dem Thron der Ewigkeit steht als unser Hohepriester und unsere Namen auf seinem Brustschild eingegraben trägt! (Charles Haddon Spurgeon)
5:8 Ja, blaset Posaunen zu Gibea, ja, drommetet zu Rama, ja, ruft zu Beth-Aven: „Hinter dir, Benjamin!“
5:9 Denn Ephraim soll zur Wüste werden zu der Zeit, wann ich sie strafen werde. Davor habe ich die Stämme Israels treulich gewarnt.
5:10 Die Fürsten Juda's sind gleich denen, so die Grenze verrücken; darum will ich meinen Zorn über sie ausschütten wie Wasser.
5:11 Ephraim leidet Gewalt und wird geplagt; daran geschieht ihm recht, denn er hat sich gegeben auf Menschengebot.
5:12 Ich bin dem Ephraim wie eine Motte und dem Hause Juda wie eine Made.
5:13 Und da Ephraim seine Krankheit und Juda seine Wunde fühlte, zog Ephraim hin zu Assur und schickte den König Jareb; aber er kann euch nicht helfen noch eure Wunde heilen.
5:14 Denn ich bin dem Ephraim wie ein Löwe und dem Hause Juda wie ein junger Löwe. Ich, ich zerreiße sie und gehe davon; ich führe sie weg, und niemand kann sie retten.
5:15 Ich will wiederum an meinen Ort gehen, bis sie ihre Schuld erkennen und mein Angesicht suchen; wenn's ihnen übel geht, so werden sie mich suchen und sagen:
Verluste und Widerwärtigkeiten sind oft die Mittel, deren sich der große Hirte bedient, um seine verirrten Schäflein heimzuführen; wie starke Hunde strecken sie die Irrenden zur Herde zurück. Löwen kann man nicht zähmen, wenn sie immer voll gefüttert werden; sie müssen von ihrem gewaltigen Kraftgefühl heruntergestimmt werden, ihr Mägen müssen zusammenschrumpfen, dann erst unterwerfen sie sich der Zucht des Bändigers; und so sehen wir oft, wie der Christ gegen den Willen seines Herrn gehorsam wird, wenn ihm kärgliches Brot und harte Arbeit zu Teil wird. Sobald Reichtum und bequemes Leben vorhanden sind, tragen manche Bekenner des Christentums ihr Haupt viel zu hoch und reden gewaltig ruhmredige Worte. Wie David schmeicheln sie sich: „Mein Berg steht fest; ich werde niemals darnieder liegen!“ Wenn der Christ wohlhabend wird, einen guten Namen hat, sich guter Gesundheit erfreut und einen glücklichen Familienkreis um sich versammelt, dann läßt er allzuleicht die Herren Übermut und Fleischlich-Sicher an seiner Tafel speisen; und wenn er ein wahres Kind Gottes ist, so wartet dann eine Zuchtrute auf ihn. Warte ein klein wenig, so siehst du vielleicht, wie all sein Gut verschwindet wie ein Traum. Hier muß er einen Teil seines Grundbesitzes fahren lassen - die Äcker ändern schnell die Hand; hier wird eine Schuld, dort ein verfallener Wechsel nicht bezahlt, Verlust auf Verlust dringt herein, wo will das enden? Es ist ein seliges Zeichen des Lebens aus Gott, wenn beim Hereinbrechen aller dieser Mißgeschicke der Christ über seine Verirrungen erschrickt und zu Gott seine Zuflucht nimmt. O selige Wogen, die den Schiffbrüchigen auf den Fels des Heils werfen! Geschäftsverluste werden oft zu unserer Seele Gewinn geheiligt. Kommt die auserwählte Seele nicht mit vollen Händen zum Herrn, so mag sie mit leeren kommen. Wenn Gott in seiner Gnade keine anderen Mittel findet, um uns dahin zu bringen, daß wir ihn vor den Menschen ehren, so taucht er uns in die Tiefe der Armut. Aber fürchte dich nicht, du Kind des Kummers, wenn du so gezüchtigt wirst; erkenne vielmehr die liebreiche Hand, die dich heimsucht, und sprich:; „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen!“ (Charles Haddon Spurgeon)