8:1 Ruft nicht die Weisheit, und die Klugheit läßt sich hören?
8:2 Öffentlich am Wege und an der Straße steht sie.
8:3 An den Toren bei der Stadt, da man zur Tür eingeht, schreit sie:
8:4 O ihr Männer, ich schreie zu euch und rufe den Leuten.
8:5 Merkt, ihr Unverständigen, auf Klugheit und, ihr Toren, nehmt es zu Herzen!
8:6 Höret, denn ich will reden, was fürstlich ist, und lehren, was recht ist.
8:7 Denn mein Mund soll die Wahrheit reden, und meine Lippen sollen hassen, was gottlos ist.
8:8 Alle Reden meines Mundes sind gerecht; es ist nichts Verkehrtes noch falsches darin.
8:9 Sie sind alle gerade denen, die sie verstehen, und richtig denen, die es annehmen wollen.
8:10 Nehmet an meine Zucht lieber denn Silber, und die Lehre achtet höher denn köstliches Gold.
8:11 Denn Weisheit ist besser als Perlen; und alles, was man wünschen mag, kann ihr nicht gleichen.
8:12 Ich, Weisheit, wohne bei der Klugheit und weiß guten Rat zu geben.
8:13 Die Furcht des HERRN haßt das Arge, die Hoffart, den Hochmut und bösen Weg; und ich bin feind dem verkehrten Mund.
8:14 Mein ist beides, Rat und Tat; ich habe Verstand und Macht.
8:15 Durch mich regieren die Könige und setzen die Ratsherren das Recht.
8:16 Durch mich herrschen die Fürsten und alle Regenten auf Erden.
8:17 Ich liebe, die mich lieben; und die mich frühe suchen, finden mich.
Hier redet die wesentliche Weisheit, die gerechtfertigt wird von ihren Kindern, daß sie Heil und Leben bringe allen, die ihr kindlich gehorchen. Es ist ein großer Segen für Kindheit und Jugend, wenn die Eltern in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams wandeln, zu befehlen ihren Kindern und ihrem Hause, daß sie des Herrn Wege halten, und thun, was recht und gut ist (1 Mos. 18, 19.). Des Herrn Gerechtigkeit währet auf Kindeskind bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, daß sie darnach thun (Ps. 103, 18.). Der ungefärbte Glaube eines Timotheus hat zuvor gewohnet in seiner Großmutter Loide und in seiner Mutter Eunike (2 Tim. 1, 5.). Diese sind ihm Gehülfen des Glaubens und der Seligkeit gewesen, weil sie ihn die heilige Schrift wissen ließen (2 Tim. 3, 15.) und also, mit Lehre und Leben vorangehend, ihn erweckten, den Herrn zu lieben und ihn frühe zu suchen. - Aber wie groß auch der Segen frommer Eltern ist, es liebt der Herr die Kinder, die ihn lieben, und läßt sich von denen finden, die ihn frühe suchen. Darum gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend. Laß dich sein Wort unterweisen zur Seligkeit. Befleißige dich in der Wahrheit zu wandeln. Wenn dich die bösen Buben locken wollen, so folge ihnen nicht. Bitte Gott um ein weises und verständiges Herz. Habe Gott vor Augen und im Herzen und hüte dich, daß du in keine Sünde willigest, noch thuest wider Gottes Gebot. Denke nicht, wie die Leichtsinnigen: „Jugend hat keine Tugend.“ Das reimt, sich wohl, aber nicht mit Gottes Wort. Nimm dir einen Joseph zum Exempel, der in der Stunde der Versuchung sprach: „Wie sollte ich ein so großes Uebel thun, und wider Gott sündigen?“ Verlebe deine Jugend also, daß du einst mit David sagen kannst: „Du bist meine Zuversicht, Herr, Herr, meine Hoffnung von meiner Jugend an. Gott, du hast mich von Jugend auf gelehret; darum verkündige ich deine Wunder“ (Ps. 71, 5 und 17.). Halte dich nach Anweisung der Frage und Antwort Ps. 119, 9: „Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält nach deinen Worten.“ Auf dieser Spur suche Gott frühe, so wirst du ihn finden, und in ihm mehr, viel mehr, als du anfänglich in ihm suchtest. Ich kenne einen Menschen vor vielen Jahren, der suchte Gott frühe mit Gebet und Forschen in der heiligen Schrift. Und er fand ihn, zuerst als den treuen Schöpfer, Erhalter und Regierer des Lebens, wie er ihn zur Zeit bedurfte; dann, als die Sünde in ihm mächtig wurde, fand er ihn als seinen Erlöser und Heiland, und findet in ihm immer mehr, daß wohl eine Ewigkeit dazu gehören wird, um zur Erkenntniß und Erfahrung all des Guten zu kommen, das ein armes Menschenherz je gefunden hat in seinem Gott. - Kindlein, bete ein jedes: „Herr, frühe wollest du meine Stimme hören, frühe will ich mich zu dir schicken, und darauf merken; frühe will ich aufwachen. Fülle uns frühe mit deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Lebelang.“ Amen. (Carl Johann Philipp Spitta)
Die Weisheit liebt ihre Liebhaber und sucht ihre Sucher. Der ist schon weise, der weise zu sein sucht, und der hat beinahe die Weisheit gefunden, der sie fleißig sucht. Was von der Weisheit im allgemeinen wahr ist, das ist ganz besonders wahr von der in unserem Herrn Jesu verkörperten Weisheit. Ihn sollen wir lieben und suchen, und dafür sollen wir seine Liebe genießen und Ihn selber finden.
Unsere Aufgabe ist es, Jesum früh im Leben zu suchen. Glücklich sind die Jungen, deren Morgen mit Jesus zugebracht wird! Es ist nie zu früh, den Herrn Jesum zu suchen. Frühe Sucher werden sichere Finder. Wir sollten Ihn früh mit Fleiße suchen. Reichwerdende Kaufleute sind Früh-Aufstehende, und reichwerdende Heilige suchen Jesum eifrig. Die, welche Jesum zu ihrer Bereicherung finden, haben ihn mit ganzem Herzen gesucht. Wir müssen ihn zuerst und so am frühesten suchen. Jesus über alle Dinge. Jesus zuerst, und nichts andres auch nur als ein schlechtes Zweites!
Das Gute dabei ist, daß Er gefunden wird. Er offenbart sich unsrem Forschen immer klarer. Er gibt sich völlig der Gemeinschaft mit uns hin. Glücklich die Menschen, die einen suchen, der, wenn Er gefunden ist, auf ewig bei ihnen bleibt, ein Schatz, der ihrem Herzen und Verstande immer teurer wird.
Herr Jesus, ich habe Dich gefunden; laß Dich von mir finden bis zu einem unaussprechlichen Grade freudiger Befriedigung. (Charles Haddon Spurgeon)
Wer frühe sich bekehrt, kann frühe wachsen in Christus und ausreifen für die Herrlichkeit Gottes. Jedermann wird einsehen: das ist nichts Geringes. Das darf wohl ein in alle Ewigkeit hineinragender Vorzug genannt werden. Es wird immer ein Unterschied sein zwischen einem Menschen, der Jahre lang seinen Gott geliebt, treu gekämpft und um seinetwillen manches erduldet hat, und einem andern, der seine Kraft im Dienste der Sünde verzehrt, lange dem Heiligen Geiste widerstrebt und im Alter erst zu Gott sich wendet. Unter den Leiden, Kämpfen und Mühsalen des jetzigen Lebens werden Wiedergeborene zu dem erzogen, was sie in der Ewigkeit sein sollen. Der Herr prägt ihnen Sein Bildnis ein und führt sie allmählich der Vollendung entgegen. O, behalten wir's: Es wird niemand gekrönt, er kämpfe denn recht! Und nur die Überwinder werden erben. Unser Ziel ist die erste Auferstehung. Da gilt es keine Zeit und keine Kraft zu verlieren. Der Herr will uns erziehen, aber wir müssen uns erziehen lassen, und diese Erziehung muss frühe anfangen. Wer frühe ein Gotteskind wird, gewöhnt sich an die Gemeinschaft Gottes und an ein heiliges Leben und hat deshalb einen großen Vorsprung vor denen, die erst in letzter Stunde noch nach Gott die Hände ausstrecken. Liebe Jugend, bekehre dich heute; aufschieben zieht schmerzliche Verluste nach sich. Bekehre dich jetzt; es ist dein Vorteil, es bringt dir in alle Ewigkeit stets neuen Gewinn. Jede Minute Verzug ist eine neue Sünde. Übergib dich heute noch völlig und für immer deinem Herrn. Weil Er dich liebt, fordert Er dich dazu auf. „Einzig, völlig, ewig Dein“ sei deine Losung. (Markus Hauser)
Die Weisheit ist das Wort Gottes, durch welches alles geschaffen ist. Gen. 1 Gott sprach: Es werde, etc. Eben dieselbige Weisheit oder Wort Gottes ists, das mit uns Menschen in der Heiligen Schrift und durch aller Heiligen Mund redet. Und giebt eitel Leben allen die es suchen, und gerne hören. Denn es lässt sich gerne finden, und ist gern bey Menschen, ihnen zu rathen und zu helfen. Wie man spricht: Gott grüß manchen, wer ihm danken künnte. Aber der Haufe hat den Tod lieber, und will den Tod lieber denn das Leben. (Martin Luther)
Der Herr fordert nicht große, schwere Werke von uns, nur eins - Liebe. Und wie leicht hat er uns das Lieben gemacht. Er hat uns zuerst geliebt. Wir sind Denkmäler seiner Liebe, die unser von Ewigkeit gedacht hat. Er kam für uns auf die Erde, litt für uns Armuth und Verachtung, Spott und Hohn, Speichel und Geißel, Marter und Kreuzestod. Er ist für uns auferstanden am dritten Tage. Bedenke, o Seele, wie er nichts mehr sucht und will, als deine Seligkeit, deine Erlösung von den Banden der Sünde, von den Schrecken des Todes. Bedenke, wie er so oft cm die Thüre deines Herzens angeklopft und Einlaß begehrt hat. Wie gnädig trug er, wie treulich versorgte er dich? Was ist nun wohl natürlicher, als daß du ihn wieder liebest? Geben kannst du dem Herrn nichts: er wird nicht reicher durch deine Opfer, nicht herrlicher durch deinen Dienst, nicht seliger durch dein Lob. Aber lieben kannst du den Herrn, das ist dein einziges, dein bestes Opfer vor ihm; lieben darfst du den Herrn, das ist dein seliges Kindesrecht; lieben mußt du den Herrn, das ist deine heiligste Dankespflicht. Und es ist nicht genug, daß du keine Abneigung wider den Herrn hast, oder an den Tag legest; nicht genug, daß du es anerkennest, womit er dich gesegnet von Kindesbeinen, daß du in guten Stunden ihm dankest und seinen Namen preisest. Die Liebe zum Herrn schließt viel mehr in sich. Sie ist eine Kraft, welche uns dringet, und treibet, ihm das ganze Herz, die ganze Seele und das ganze Gemüth zu übergeben. Nichts auf der Welt, kein Wunsch und kein Genuß, kein Gut und kein Mensch darf sich theilen in den Besitz unseres Herzens.
Gleichwie Noahs erste Taube auf den Wassern nicht fand, da ihr Fuß ruhen konnte: also kann auch unser Herz in der ganzen Zahl der Dinge, die unter der Sonne sind, nichts finden, was seine Sehnsucht stillt, well sie alle so vergänglich und zerbrechlich sind. Haben wir dem Herrn das Herz gegeben, dann wird uns alles Irdische klein und gering vorkommen, daß wir gern Alles zu des Herrn Füßen legen und Alles um seinetwillen meiden und leiden möchten. Dann wird uns das Schwere leicht und das Bittere süß, und werden uns laben mit dem Vorgenuß des Himmels. In solcher Liebe zu Gott fühlen wir uns nie allein, nie vergessen, nie leer. Diese Liebe ist unser Jubel in den sonnigen Tagen des Glücks, unsre Zuflucht in den dunklen Tagen des Leids. „Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Theil.“ Amen! (Christian Wilhelm Spieker)
8:18 Reichtum und Ehre ist bei mir, währendes Gut und Gerechtigkeit.
8:19 Meine Frucht ist besser denn Gold und feines Gold und mein Ertrag besser denn auserlesenes Silber.
8:20 Ich wandle auf dem rechten Wege, auf der Straße des Rechts,
8:21 daß ich wohl versorge, die mich lieben, und ihre Schätze vollmache.1)
8:22 Der HERR hat mich gehabt im Anfang seiner Wege; ehe er etwas schuf, war ich da.
8:23 Ich bin eingesetzt von Ewigkeit, von Anfang, vor der Erde.
8:24 Da die Tiefen noch nicht waren, da war ich schon geboren, da die Brunnen noch nicht mit Wasser quollen.
8:25 Ehe denn die Berge eingesenkt waren, vor den Hügeln war ich geboren,
8:26 da er die Erde noch nicht gemacht hatte und was darauf ist, noch die Berge des Erdbodens.
8:27 Da er die Himmel bereitete, war ich daselbst, da er die Tiefe mit seinem Ziel faßte.
8:28 Da er die Wolken droben festete, da er festigte die Brunnen der Tiefe,
8:29 da er dem Meer das Ziel setzte und den Wassern, daß sie nicht überschreiten seinen Befehl, da er den Grund der Erde legte:
8:30 da war ich der Werkmeister bei ihm und hatte meine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit
8:31 und spielte auf seinem Erdboden, und meine Lust ist bei den Menschenkindern.2)
8:32 So gehorchet mir nun, meine Kinder. Wohl denen, die meine Wege halten!
8:33 Höret die Zucht und werdet weise und lasset sie nicht fahren.
8:34 Wohl dem Menschen, der mir gehorcht, daß er wache an meiner Tür täglich, daß er warte an den Pfosten meiner Tür.
8:35 Wer mich findet, der findet das Leben und wird Wohlgefallen vom HERRN erlangen.
8:36 Wer aber an mir sündigt, der verletzt seine Seele. Alle, die mich hassen, lieben den Tod.