150:1 Halleluja! Lobet den HERRN in seinem Heiligtum; lobet ihn in der Feste seiner Macht!
150:2 Lobet ihn in seinen Taten; lobet ihn in seiner großen Herrlichkeit!
150:3 Lobet ihn mit Posaunen; lobet ihn mit Psalter und Harfe!
150:4 Lobet ihn mit Pauken und Reigen; lobet ihn mit Saiten und Pfeifen!
150:5 Lobet ihn mit hellen Zimbeln; lobet ihn mit wohlklingenden Zimbeln!
150:6 Alles, was Odem hat, lobe den HERRN! Halleluja!
Wie Israel in diesen Psalmen Dich lobte, o Herr, für das große Heil, das ihm zu Theil geworden war, so preise ich Dich insbesondere dafür, daß Du Deinen Rathschluß von unserm Heil durch die Predigt des Wortes uns offenbaren wolltest. Von Natur sind wir Finsterniß, und sitzen am Ort der Schatten des Todes; Du aber vertreibst durch das helle Licht des Evangeliums jene Finsterniß. Mit dankbarem Herzen preise ich daher jene große Wohlthat, daß Du uns durch das Wort des Evangeliums den Schatz der Wohlthaten Deines Sohnes geoffenbaret hast. Ich war auf die Abwege der Irrthümer gerathen, als ein elendes und schwaches Schäflein; Du aber hast mich durch das Wort auf den Weg zurückgerufne. Ich war verdammt und verloren; Du aber bietest mir im Wort des Evangeliums die Wohlthaten Christi an; in den Wohlthaten Christi Deine Gnade; in Deiner Gnade die Vergebung der Sünden; in der Vergebung der Sünden die Gerechtigkeit; in der Gerechtigkeit das Leben und die ewige Seligkeit. Wer kann diese Deine herzliche Barmherzigkeit mit Worten würdig preisen? Was hätte es uns genützt, geboren zu werden, wenn Du uns nicht durch Christum befreit hättest, die wir durch die Sünde gefangen waren? Was hätte es uns genützt, erlöst zu werden, wenn Du uns nicht die unermeßliche Wohlthat der Erlösung durch das Wort verkündigt hättest? Du reckst Deine Hände den ganzen Tag zu uns aus; Du klopfst täglich an die Thür unseres Herzens, und rufst uns Alle durch Dein Wort zu Dir, gütigster Herr! Wie viele Millionen Menschen leben in der Blindheit und den Irrthümern des Heidenthums, denen kein solches Licht eines himmlischen Wortes erschienen ist, wie uns höchst Undankbaren Deine Güte gestattet hat! Ach wie oft verdienen wir durch unsre Geringschätzung und Undankbarkeit, daß Du den Leuchter des Wortes von uns wegnehmest; Du aber bist langmüthig, und übersiehest unsere Sünden, und bewahrst uns noch jene heiligste Beilage des Worts, den kostbarsten Schatz, aus unaussprechlicher Barmherzigkeit. Für diese Wohlthat sagen wir Dir ewiglich Dank, und bitten Dich demüthig, Du wollest uns denselben ferner erhalten. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)
Diese Worte sind der Beschluß des unschätzbaren Psalters, dessen Nutzen Dr. Luther in seiner Vorrede mit folgenden Worten beschrieben hat: „wo findet man feinere Worte von Freuden, denn die Lobpsalmen oder Dankpsalmen haben? da siehest du allen Heiligen in’s Herz, wie in schöne, luftige Gärten, ja wie in den Himmel, wie feine, herzliche Blumen darin aufgehen von allerlei fröhlichen Gedanken gegen Gott und Seine Wohlthaten. Wiederum, wo findest du tiefere, kläglichere, jämmerlichere Worte von Traurigkeit, denn die Klagpsalmen haben? Da siehest du abermals allen Heiligen in’s Herz, wie in den Tod, ja wie in die Hölle. Wie finster und dunkel ist’s da von allerlei betrübtem Anblick des Zornes Gottes! Also wo sie von Furcht und Hoffnung reden, brauchen sie solche Worte, daß kein Maler also könnte die Furcht und Hoffnung abmalen – und ist das allerbeste, daß sie solche Worte gegen Gott und mit Gott reden, welches macht, daß zweifältiger Ernst und Leben in den Worten sind. -–Daher kommt's auch, daß der Psalter aller Heiligen Büchlein ist, und ein Jeglicher, in welcherlei Sachen er ist, Psalmen und Worte darin findet, die sich auf seine Sachen reimen, und ihm so eben sind, als wären sie allein um seinetwillen also gesetzt, daß er sie auch selbst nicht besser setzen oder finden kann, noch wünschen mag. Welches denn auch dazu gut ist, daß, wenn Einem solche Worte gefallen und sich mit ihm reimen, daß er gewiß wird, er sei in der Gemeinschaft der Heiligen, und es sei allen Heiligen gegangen, wie es ihm geht, weil sie alle Ein Liedlein mit ihm singen. Sonderlich, so er sie auch kann also gegen Gott reden, wie sie gethan haben, welches im Glauben geschehen muß; denn einem gottlosen Menschen schmecken sie nicht. Zuletzt ist im Psalter die Sicherheit und ein wohl verwahrtes Geleit, daß man allen Heiligen ohne Fahr darinnen nachfolgen kann. Denn andere Exempel und Legenden von den stummen Heiligen bringen manch‘ Werk vor, das man nicht kann nachthun. Vielmehr Werke aber bringen sie, die gefährlich sind nachzuthun, und gemeiniglich Sekten und Rotten anrichten, und von der Gemeinschaft der Heiligen führen und reißen. Aber der Psalter hält dich von den Rotten zu der Heiligengemeinschaft, und er lehrt dich in Freuden, Furcht, Hoffnung, Traurigkeit gleich gesinnt sein und reden, wie alle Heiligen gesinnt gewesen, und geredet haben. Summa, willst du die heilige christliche Kirche gemalt sehen, mit lebendiger Farbe und Gestalt in einem kleinen Bild gefaßt, so nimm den Psalter vor dich: so hast du einen feinen, hellen, reinen Spiegel, der dir zeigen wird, was die Christenheit sei.“
Ist also der Psalter ein Buch, worin die Schicksale, Empfindungen und Gesinnungen aller Heiligen ausgedrückt sind, so darf ich glauben, was David, Assaph, Heman und andere Propheten, welche Verfasser einiger Psalmen waren, geglaubt haben: ich darf empfinden, was sie empfunden haben, bitten, was sie gebeten haben, hoffen, was sie gehofft haben, denn ihr Gott ist auch mein Gott. Ich darf in eben dem traurigen Klageton mit Gott reden, in welchem sie geredet haben: ich darf wie sie in einen gemäßigten und gelassenen Ton aufsteigen, wenn mein innerlicher und äußerlicher Zustand es erfordert: ich darf und soll endlich auch Gott mit fröhlichem Munde loben, wie sie gethan haben. Es ist lieblich, daß eine Aufmunterung zum Lob Gottes der Beschluß des ganzen Psalters ist. Es sei auch dieses Lob Gottes das ende aller meiner Gedanken, Worte, Werke und Schicksale. Alles, was Athem hat, lobe den HErrn, denn Er ist’s werth. Hallelujah!(Magnus Friedrich Roos)