Item, Was sie für Ceremonien gebrauchen oder nicht gebrauchen: Sampt beygefügten Ursachen, warumb sie eins oder das andere thuen oder lassen.
Guthertzigen leuten zur nachrichtung an tag gegeben:
In der Churfürstlichen Pfaltz zu Heydelberg.
Typis Gotthardi Voegelini. Anno M. DC. VII.
Vom zweck und Inhalt dieser Schrifft.
CHristlicher lieber Leser, es ist nicht außzusprechen, was der Sacramentstreit für schaden gethan hat, und noch immerzu thut, und besorglich je lenger je mehr thun wirdt in den Evangelischen Kirchen.
Nu sind nicht alleine wir unsers theils jederzeit zum fried geneigt gewesen, und haben denselben zuerlangen alles versucht und gethan, was Christen hetten versuchen und thun sollen: Sondern, es seind auch beym gegentheil viel ehrliche und gottesfürchtige leute, hohes und nidrigs stands, die eben so gerne als wir friede sehen, und nach ihrem besten vermögen darzu helffen wolten, Es auch erkennen, daß die von uns darzu fürgeschlagene mittel ( daß man nemlich, weil man im grund des Christenthumbs eins sey, deß ungleichen verstands etlicher nebenfragen halben einander nicht verdammen solte: in betrachtung, daß die volkommene und bey allen gliedern Christi durch auß gleichförmige erkantnus der geheimnus Gottes, in diesem leben zu erhalten unmüglich sey; wie es die Schrifft bezeuge, und die erfahrung jederzeit gegeben habe) Christlich, und dem wort und willen Gottes gemesse seyn.
Alleine werden sie zurück gehalten, durch ihres theils anseheliche Prädicanten: die da sagen und schreiben, es sey nicht nur umb etliche wenig nebenfragen zu thun, sondern man sey im grunde des Christenthumbs ungleicher meynung, und haben wir so viel erschreckliche irthumbe, daß kein Christenmensch uns mit guten gewissen für brüder in Christo Jesu erkennen, und dergestalt fried und gemeinschaft mit uns haben könne.
Damit nu auch dieses hindernus auß dem wege gereumet werde, und guthertzige leute gründlich wissen mögen, was sie an uns haben: So wollen wir uns noch einmal zum uberfluß erkleren, was wir glauben oder nicht glauben, von allen und jeden lehrpuncten, und darneben auch berichten, was wir vor Ceremonien gebrauchen oder nicht gebrauchen in unsern Kirchen, sampt beygefühgten ursachen, warumb wir eins oder das ander thun oder lassen.
Der barmhertzige trewe Gott und Vatter wolle zu solcher arbeit seine gnad und segen geben, daß vielen menschen dadurch die augen geöffnet werden mögen, ihm zu ehren, und seiner Kirchen zum besten. Amen.
Daß wir nicht einen solchen schrecklichen glauben haben, als uns von friedhessigen leuten wird zugemessen.
Was in warheit unser glaube sey.
HIerauf und wenn nu jemand weiter fraget, was denn eigentlich unser glaube sey, darzu wir uns gutwilliglich bekennen? So ist das unser antwort wie folget.
1. Von Gott. Wir glauben, daß ein einiger wahrer Gott sey, der Vatter unsers Herrn Jesu Christi, sampt dem Sohn und heiligen Geist. Und daß demnach drey unterschiedliche personen sein in dem eintzigen göttlichen wesen, der vatter, sohn, und heiliger geist.
2. Wir glauben ferner, daß derselbe einige wahre Gott ewig und allmechtig sey, und schaffen könne was er wil. Item, daß er unendlich, und demnach an allen orten zugleich gegenwertig sey, und alles sehe, höre und wisse. Item, daß er gerecht sey, und straffe niemand ohn ursache. Item, daß er barmhertzig sey, und nicht lust habe am tod des sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe.
3. Von der Schöpfung. Wir glauben ferner, daß derselbe einige wahre Gott himmel und erden, und alles was drinnen ist, auß nichts erschaffen habe.
4.Von der fürsehung. Wir glauben ferner, daß Gott alle dinge, die er erschaffen hat, dergestalt in seiner hand habe, daß ohne seinen willen keine creatur sich regen oder bewegen kan. Und daß demnach nichts geschehen kan, ohne Gottes verhengnus: es sey gut oder böse. Item, daß Gott alles was er jetzund thut, oder zugeschehen verhenget, von ewigkeit zuvor gewußt, und mit wolbedachtem raht beschlossen habe, daß ers also thun oder zugeschehen verhengen wolte. Item, daß er nichts böses zu verhengen beschlossen habe, ohne daß er zu einem guten ende richten könte und wolte.
5. Vom fall der Engel und menschen: und von der Erbsünde. Wir glauben ferner, daß Gott die Engel und menschen anfenglich allesampt heilig und gut: und sonderlich die menschen zu seinem ebenbild, und zur sehligen unsterblichkeit erschaffen habe, Sie aber, die Engel eines grossen theils, und beyde erste menschen seind nicht lange nach ihrer erschaffung von Gott ihrem schöpfer abgefallen: und haben durch solchen ihren abfal, nit alleine den zorn Gottes, sondern auch eine solche verderbung ihrer natur ihnen zugezogen, daß sie nu nichts mehr guts können wöllen, oder volbringen. Welche verderbung die gefallenen Engel allesampt auff einmal uberfallen hat, Die menschen aber erben solche verderbung, sampt der schuld des zeitlichen und ewigen tods einer auff den andern. Daher auch dieselbe verderbung bey den menschen die erbsünde wird genennet.
6. Von der ursache des falls. Wir glauben ferner, daß obschon solcher schrecklicher fall der Engel und menschen ohne Gottes verhengnus nit hette geschehen können, auch er nichts ohne wolbedachten raht verhenget: ihm dennoch die schuld desselben falles keines wegs sey zuzumessen: in betrachtung, daß er die Engel und menschen also erschaffen hatte, daß sie mit freyem willen so wol zum guten als zum bösen sich hetten wenden können.
7. Wir glauben ferner, daß es uns armen creaturen nit gebühre, mit Gott zu disputiren, warumb er die Engel und menschen also erschaffen habe, daß sie haben fallen können. Item, warumb er solchen fall nit verhindert habe, da ers doch wol hette thun können. Er ist der Herr, und sein wille ist allezeit recht und gut, ob wirs schon nit allezeit verstehen.
Der Apostel Paulus spricht, Gott hat alles unter den ungehorsam (Rom. 11.32.), oder unter die sünde (Gal. 3.22.) beschlossen, auff daß er sich aller erbarme (daß ist, auf daß niemand selig würde, ohn allein auß Gottes erbarmung). Item (Rom. 22.23.) Da Gott wolte zorn erzeigen und kund thun seine macht, hat er mit grosser gedult getragen die gefesse des zorns, die da zugerichtet seind zur verdamnus; auf daß er kund thete den reichthumb seiner herrligkeit an den gefessen der barmhertzigkeit, die er bereitet hat zur herrligkeit. Darbey sollen wirs billich bleiben lassen.
8. Von dem zustand der Engel und menschen nach dem fall. Wir glauben ferner, daß die gefallenen Engel und menschen, durch ihren leidigen fall der allmechtigen regierung Gottes sich nicht haben entbrechen können; sondern daß sie einen weg als den andern in der hand Gottes sein, und ihre boßheit nicht anders außlassen können, als wo es ihnen Gott verhenget. NB. Und ist dieser glaube unser höchster trost auff erden. Denn wenn die böse Engel und menschen ihres eignen zaums weren, wo wolten wir für ihnen bleiben?
9. Von der ursache der sünde, nach dem fall. Wir glauben ferner, daß obschon Gott den gefallenen Engeln und menschen viel sünde verhenget: auch ihre sündhaftige wercke offtmals zu volziehung seiner heiligen wercke gebrauchet (als wie er des Absolons schreckliche thaten zur züchtigung des Davids, und des Judä verrhäterey, zur erlösung des menschlichen geschlechts gebrauchte ec.) Item, ob er schon offtmal sünde mit sünden straffet, und die, so mit sehenden augen wollen blind sein, gemeiniglich vollend gar verblendet und verstocket (wie Er vor zeiten dem Pharaoni that) Er dennoch an der sünde für sich selbst keinen gefallen hat, viel weniger jemand darzu reitzet oder treibet: Sondern daß die wirckliche ursache aller sünde, die da fürgehet, eintzig und alleine sey der freye und ungezwungene wille der bösen Engel und menschen.
10. Von der straffe des falls. Wir glauben ferner, daß Gott die gefallenen Engel ohne alle gnad und barmhertzigkeit zum ewigen fewer verurtheilt hat, uns zum schrecken, damit wir mit dem zorn Gottes wider die sünde nicht schertzen.
11. Von der erlösung des menschlichen geschlechts. Wir glauben ferner, daß Gott wol hette fug und macht gehabt, auch die gefallenen menschen ohn alle gnad und barmhertzigkeit ins ewige hellische fewer zustossen. Aber er hats nicht gethan: sondern hat den menschen widerumb gnad verheissen. Und damit er ohne abbruch seiner gerechtigkeit ihnen gnade erzeigen könte, hat er seinen eingebornen sohn darzu verordnet, daß er unser bürge und mittler werden, und die straffe, die wir verdienet hetten, auff sich nehmen, und durch seinen unschuldigen tod uns von dem ewigen wolverdienten todt erlösen solte.
12. Welchem raht und willen Gottes des himlischen vatters nachzukommen, der sohn Gottes unser Herr und Heiland Jesus christus zu den letzten zeiten der welt ist mensch worden: empfangen vom heiligen Geist: geboren auß Maria der jungfrawen: uns gleich in allem, außgenommen die sünde. Und nach dem er als ein mensch sein dreissigst jahr erreichet, hat er angefangen zu lehren und zu predigen von dem gnedigen willen seines himlischen Vatters gegen uns arme sündhafftige menschen: Und ist im vierdten har hernach gefangen, gecreuzigt, getödtet und begraben worden: Abgestiegen zu der hellen, und am dritten tag wider auferstanden von den todten: Viertzig tag darnach gen himmel gefahren, und sich gesetzt zur rechten Gottes des allmechtigen Vatters: Von dannen er auch wider kommen wird, zu richten die lebendigen und die todten.
13. Von der person Christi. Glauben demanch von Christo, daß er nit ein blosser mensch sey: sondern daß er der ewige allmechtige sohn Gottes sey: der zu gewisser zeit menschliche natur an sich genommen hat, und nu zugleich Gott und mensch ist, und in ewigkeit bleiben wird, in einer eintzigen und unzertrenten person.
14. Und weil er dann jetzund zugleich Gott und mensch ist in einer eintzigen und unzertrenten person: So glauben wir ferner, daß man auch von ihm sagen könne alles was von Gott, und alles was von einem menschen gesagt werden mag, Doch mit dem undterscheid, daß die göttliche dinge nach der göttlichen natur, die menschliche nach der menschlichen natur von ihm wahr zu sein verstanden werden müssen. Zum exempel: Man kann von ihm sagen: er ist von ewigkeit: Und auch: er ist erst zu den letzten zeiten geboren. Beides ist wahr: Aber nicht beides nach beiden naturen. Denn nach der menschlichen natur ist er nicht von ewigkeit. So ist er nach der göttlichen natur nicht erst zu den letzten zeiten geboren, Sondern, Er ist von ewigkeit nach der göttlichen natur, und erst zu den letzten zeiten geboren nach der menschlichen natur.
15. Diesem nach so glauben wir, daß ja in der that und warheit der sohn Gottes für uns gestorben sey, aber doch nicht nach der gottheit, sondern nach der menschheit. Denn die gottheit ist unsterblich.
16. Item, wir glauben, daß ja in der that und warheit Christus bey uns sey und bleiben werde biß ans ende der welt: aber doch nicht nach der menschheit, sondern nach der gottheit. Denn nach der menschheit ist er gen himmel gefahren. Und die Schrifft ist klar, die da sagt: Er habe mit dem opffer seines leibs in die himlische hütten eingehen, und nit auff erden bleiben müssen: sonst were er nit unser Priester: zun Hebreern, am 8. 9. und 10. cap.^
17. Von der krafft des tods Christi. Von der krafft des tods Christi glauben wir, daß der todt Christi (weil er nicht eines blossen menschen, sondern des sohns Gottes todt ist) eine volkommene und genugsame bezahlung sey, nicht alleine für unsere, sondern auch für der gantzen welt sünde, und daß er durch seinen todt, nicht allein die vergebung der sünden, sondern auch die ernewerung des heiligen Geistes, und endlich das ewige leben und hab erworben.
18. Doch glauben wir darneben, daß solcher wolthaten Christi niemand theilhaftig werden könne, ohne der an ihn glaubet. Denn die Schrifft ist klar, die da sagt: Wer nicht gleubet der wird verdammet werden, Marc. 16. 16. Item, Wer an den sohn Gottes nicht gleubet, uber deme bleibet der zorn Gottes. Joh. 3. 36.
19. Von der art des rechten seligmachenden glaubens. Wir glauben ferner, daß der rechte seligmachende glaube nit sein könne ohne die busse und guten wercke. Denn der glaube ergreifft den gantzen Christum, der uns nicht allein zur gerechtigkeit, sondern auch zur heiligung von Gott gemacht ist. 1. Cor. 1. 30.
20. Von der rechtfertigung des sünders für Gott. Wir glauben ferner, daß ob schon der rechte seligmachende glaube nicht sein kan ohne gute wercke, das dennoch der mensch für dem gericht Gottes (das ist, wenn er mit seinen sünden angefochten wird) sich auff seine gute wercke nicht beruffen könne oder solle: sintemal dieselben allzeit unvolkommen sein, Sondern daß der mensch für dem gericht Gottes sich eintzig und allein beruffen solle auff die Gnade Gottes, die er uns in Christo verheissen hat, und dieselbe gnade mit gläubigen hertzen annemen: so werde ihm Gott seine sünde vergeben, und ihn gerecht schetzen umb der genugthuung Christi willen. Und das meinen wir, wenn wir sagen, daß der mensch für Gott gerecht werde, alleine durch den glauben, ohne zuthun der guten wercke: nemlich, nicht daß die guten wercke nicht solten da sein, sondern nur, daß der mensch sein vertrawen nicht darauff setzen soll.
21. Von dem Predigampt. Wir glauben ferner, daß Gott die Predigt seines Evangelions darzu hab verordnet, daß er den glauben an Christum dadurch in uns wircken wolle, und daß dieselbe predigt Gott dem Herrn kein schertz sey, sondern daß es sein ernstlicher wille und meinung sey, daß alle menschen, die solche predigt hören, derselben glauben geben, und sich zu Christo bekehren sollen.
22. Vom freyen willen oder vom ursprung des glaubens. Wir glauben ferner, daß der mensch durch den fall unserer ersten Eltern also verderbt sey, daß er die predigt von Christo nicht verstehen oder annemen kan, es sey denn, daß ihm Gott durch seinen geist das verständnuß eröffne, und das hertz zu Christo lencke.
23. Und daß demnach nit allein das Evangelium eine sonderbare gabe Gottes sey, die Gott nicht allen völckern gibt, sondern, daß auch der verstand und die annemung des Evangelii, oder, mit einem worte zu sagen, der glaube, eine sonderbare gabe Gottes sey. Ephes. 2. 8. Item 2. Thess. 3. 2.
24. Welche gabe niemand umb Gott verdienet hat. Denn sie sind allzumal sünder, Rom. 3. 23. sondern Gott gibt sie auß gnaden, wem er wil. Rom. 9. 18.
25. Wem er aber jetzund wil, dem hat er von ewigkeit gewelt. Denn Gott seind alle seine werck bewust von der welt her. Act. 15. v. 18.
26. Von der ewigen Gnadenwahl. Drumb ists wol war, daß niemand an Christum gleubig wird, ohne den Gott von ewigkeit zu solcher gnade hat erwehlet, wie Paulus spricht: Die wahl erlangets, die andern sein verstocket. Rom. 11. v. 7. Item, wie Lucas spricht: Und es wurden glaubig wie viel ihr zum ewigen leben verordnet waren. Act. 13. v. 48.
27. Aber darneben ist das auch war, daß wir nicht forschen sollen in dem geheimen raht Gottes, ob wir erwehlet sein oder nicht. Denn solfch forschen ist vergeblich. 2. Tim. 2. v. 19. Sintemal Gott das buch des lebens hat versiegelt, und wil ihm keine creatur drein kucken lassen. Sondern wir sollen uns halten an das geoffenbarte wort Gottes, welches da sagt: daß uns Gott erwehlet habe in Christo, das ist, der gestalt, daß er uns durch Christum und nicht anders selig machen wolle. Ephes. 1.3. Heisset uns demnach busse thun, und an Christum glauben, und also die seligkeit in ihm suchen. Diesem befehlich Gottes sollen wir nachkommen, so viel uns Gott gnad verliehen hat, und unauffhörlich betten, daß uns Gott je lengere je mehr gnade verleihen wolle. Wenn wir das thun, so dürffen wir weiter nicht forschen, ob wir zum ewigen leben sind erwehlet. Denn das ist gewiß und unfehlbar, daß alle diejenigen, die da ohne heucheley busse thun und an Christum glauben, zum ewigen leben sind erwehlet.
28. Darumb aber wil uns Gott unsere wahl anders, als durch solche anzeigungen, nit offenbahren, auf daß wir nicht in fleischliche sicherheit gerahten, sondern unsere seligkeit mit furcht und zittern wircken. Phil. 2. v. 2.
29. Welche furcht wo sie ist, gewißlich auch der trost dabey ist, das Gott getrewe ist, und wird uns nicht lassen versuchtwerden uber unser vermögen, 1. Cor. 10. 13. Item, daß er das zerstossene rohr nicht wil zerbrechen, und das glimmende tocht nicht außleschen, Hes. 42. 3. Item, daß Christus niemand wil hinauß stossen, der zu ihm kompt, das ist, der da begehret durch ihn selig zu werden, Joh. 6. 37. Und daß auch sonst niemand ihm kan seine schafe auß seinen henden reissen. Joh. 10. 28. Auß welchem trost die glaubigen solche frewde empfinden, welche ubertrifft allen verstand: und sind ihnen die sprüche der H. Schrifft (Matth. 34. v. 24. 2. Tim. 2. v. 19. ec.) die da reden von der unwandelbaren wahl und versehung Gottes, alsdann nicht mehr schrecklich, sondern uber die massen lieblich und anmütig. Denn eben darauß schliessen sie, daß sie nichts scheiden wird von der liebe Gottes, die da ist in Christo Jesu unserm Herren. Rom. 8. v. 38. Und were unmüglich, daß irgend ein mensch von hertzen sagen könte, Ich glaube ein ewiges leben zu uberkommen: Sondern es müsten alle menschen zweifeln an dem ewigen leben (1. Pet. 1. v. 2.), wenn wir den trost nicht hetten, daß Gott uns, die er mit dem glauben an Christum hat begnadet, durch seine macht in demselbigen glauben bewahren würde zur seligkeit. Denn wir seind viel zu schwach darzu, daß wir uns selbst bewahren könten wider so viel anleuffe des Teuffels, der welt, und unsers eignen fleisches.
30. Von den heiligen Sacramenten. Wir glauben ferner, daß Gott uns im glauben zu bewahren und zu stercken, neben der täglichen widerholung seines worts, auch die heiligen Sacramenten hat verordnet, und daß der fürnembste zweck sey der heiligen Sacramenten, daß Gott dadurch die verheissung des Evangelii, oder die theilhafftigkeit Christi und seiner wohlthaten, uns auch sichtbar wil für augen stellen, auff daß wirs also nicht allein hören, sondern auch sehen, fühlen und greiffen möchten, wie er gegen uns gesinnet sey: Nemlich, daß er uns unsere sünde vergeben, den heiligen Geist und das ewige leben schencken wolle, umb des blutsvergiessen Christi willen. Dieser seiner zusag und verheissung wil uns Gott durch die heiligen Sacrament versichern.
31. Doch sollen wir hinwiderumb durch den brauch derselben auch uns gegen Gott verpflichten, daß wir bestendiglich an Christum glauben, und ihm zu ehren ein unstrefflich leben führen wollen.
32. Vom bunde Gottes. Und das ist der newe bund Gottes mit uns menschen, dessen so offt (Jer. 31. v. 31. 32. 33. 34. Heb. 8. v. 9. 10. 11. 12. Item, in der einsetzung des H. Nachtmals, und sonst hin und wider) in der heiligen schrift gedacht wird, daß nemlich Gott uns wolle gnedig sein umb Christi willen, wir hergegen sollen ihm gehorsam sein, und nach seinem befehl an Christum glauben, und uns untereinander lieben.
33. Der alte bund war, daß Gott den menschen wolte gnedig sein, wenn sie das Gesetz volkömlich hielten. Sonst, und wo sie dasselbe im geringsten ubertreten, solten sie verflucht und verdammet sein. Nu wars keinem menschen müglich, diesen bund zu halten.
34. Drumb hat Gott einen newen Bund mit uns gemacht: den er doch den gleubigen vättern auch hat geoffenbaret: und dessen sie nicht weniger als wir zur seligkeit genossen haben, wie der Apostel Petrus bezeugt Act. 15. v. 11. Darinnen er uns verheisset, daß er uns wolle gnedig sein umb Christi willen, ob wir schon das gesetz nicht volkömlich gehalten, sondern vielfeltig ubertretten haben. Allein sollen wir diese seine gnade erkennen, und mit gläubigem herzen annehmen, und ihm zu schuldiger danckbarkeit forthin unstrefflich zu leben uns befleissigen: darzu er uns denn die hülffe seines geistes reichlich wil mittheilen, wenn wir ihn drumb bitten: und was noch vor unvolkommenheit in uns mitunterlaufft, wil er zudecken mit der volkommenen gnugthuung Jesu Christi.
Dieses ist der newe bund Gottes mit uns menschen, welchen zu bestettigen er die heiligen Sacramenta hat verordnet. Denn gleich wie die menschen pflegen unter sich zu handeln, daß sie nemlich ihre bündnus und verträge, nicht allein mit worten machen, sondern auch mit brieff und siegeln, oder andern offentlichen anzeigungen, gebreuchen und Ceremonien bekrefftigen: Also handelt auch Gott mit uns. Er lesset seinen gnedigen bund uns nicht allein mit worten antragen, hat ihn auch nit allein schriftlich verfasset, sondern hat auch gewisse Ceremonien darzu verordnet, dadurch derselbe seinem bund zwischen ihm und uns für den augen der gantzen welt bestetigt und bekreftigt, und gleichsam als versiegelt werden soll.
Und das ist der rechte zweck und nutz der heiligen Sacramenten:
35. Deren zwey sein im newen Testament, die Tauff, und das Nachtmal: gleich wie fürnemlich zwey waren im alten Testament, die Beschneidung und das Osterlamb.
36. Von der heiligen Tauffe. Die Tauff ist das erste Sacrament des newen Testaments, dazu von Gott verordnet, erstlich, daß er seines theils denjenigen, die sich zum Christlichen glauben begeben, und also mit ihm in bund tretten wollen, hiemit ein offentlich zeichen oder zeugnus gebe, dabey sie sich ihr lebenlang erinnern können und sollen, daß sie Gott wahrhafftig in seinen bund hab ufgenommen, und laut der formel desselben bunds, sie so gewiß mit dem blut und geist Christi von der unreinigkeit der seelen waschen, das ist, ihnen umb des blutvergiessens Christi willen ihre sünde vergeben, und durch den geist Christi sie zu newen menschen je lenger je mehr wiedergeberen wolle; so gewiß als sie da eusserlich, mit dem wasser, welches die unreinigkeit des leibs pflegt weg zu nemen, besprenget und gewaschen werden: Zum andern, daß auch sie hinwiderumb ihres theils mit annemung dieses göttlichen bundzeichens, sich offentlich fur der gantzen welt darzu bekennen, und Gott dem Herrn gleichsam pflicht leisten sollen, daß sie als seinen bundsgenossen und gliedern Christi eignet und gebüret, durch verleihung seines Geistes, ein reines unstrefflich leben führen wollen.
37. Darzu ist die Tauffe von Gott verordnet. Darumb sie den gleubigen uber die massen tröstlich und erbawlich ist. Den ungleubigen aber nutzt sie eben so wenig, als vor zeiten die Beschneidung den ungehorsamen Juden hat genützet.
38. Denn ob sie schon das bad der widergeburt und die abwaschung von sünden in der heiligen schrift wird genennet (Tit. 3. v. 5. Act. 22. v. 16.): so hat doch das nicht den verstand, als wenn das eusserliche wasserbad einen von sünden waschen und widergebehren könte, er sey gleubig oder ungleubig; sondern den verstand hatt es, daß durch diese offentliche und herrliche Ceremonien, die gleubigen zu kindern Gottes angenommen, und die abwaschung der sünden, so durch das blut ( 1. Joh. 1. v. 8.) und Geist (Tit. 3. v. 5. 1. Cor. 6. v.11.) Christi geschihet, ihnen angebildet und versiegelt wird. Mit einem worte: Daß wasser macht uns selig: Nicht aber das abthun des unflats am fleisch, sondern der bund eines guten gewissens mit Gott, spricht Petrus 1. Pet. 3. v. 21.
39. Von der busse nach der tauffe. Ferner, und ob denn jemand den Bund ubertrete, den er in der Tauffe mit Gott gemacht hat, und etwan in schwere fälle geriete, auß betrug des Satans, der welt, und seines eignen fleisches: so sol er doch drumb an Gottes gnad und barmhertzigkeit nicht verzweifeln, sondern zuruck dencken an die pflicht, die er Gott in der Tauff geleistet hat, und nach erheischung derselben pflicht busse thun, das ist, was er böses gethan hat, herzlich berewen, und Gott bitten, daß ers ihm vergeben wolle umb Christus willen: und forthin nimmer thun. So wird Gott auch an seine pflicht gedencken, und ihm seine sünde vergeben, und mehr stercke verleihen wider den Satan zustreiten: wie er ihm in der Tauffe hat versprochen.
Und also hat die Tauffe ihren nutzen, krafft und wirckung, so lang als der mensch auff erden lebet: nicht aber nur zu der stunde, da sie der mensch empfengt. Denn alle verheissungen Gottes werden den gleubigen durch die Taufe versiegelt. Unter welchen verheissungen auch diese ist, da Gott spricht: (Ezech. 33. v. 33.) So war als ich lebe, spricht der Herr HERR, Ich habe keinen gefallen am todt des gottlosen, sondern daß er sich bekehre und lebe. So wird nu auch diese verheissung uns in dem Tauf von Gott versiegelt. Drumb sollen wir dem teuffel nicht folgen, der uns zur verzweiflung reitzet. (Joh. 8. v. 44.) Er ist ein lügner und ein mörder von anfang. Gott aber ist ein wahrhaftiger Gott, und hat noch niemand betrogen, der sich uff seine zusag verlassen hat (Psal. 25. v. 1.). Dessen kann und sol sich ein jeder armer betrübter sünder sicherlich getrösten.
40. Vom heiligen nachtmal. Und in solchem troste sich zu stercken, unter andern mitteln viel und offt das heilige Nachtmal brauchen; welches ist das ander Sacrament des newen Testaments, eben darzu fürnemlich von Christo eingeetzt und verordnet, daß er seinen todt damit uns viel und oft auch sichtbarlich für die augen stellen, und der theilhafftigkeit desselbigen, oder der eligen gemeinschafft seines gecreuzigten leibs und vergossenen bluts, uns je lenger je mehr vergewissern wil. Denn das ist die meinung, da er das brot nimbt und brichts, und spricht: Das ist mein leib, der für euch gebrochen wird. Nemt hin und esset, ec. als sagte er zu einem jeden insonderheit: Sihe da lieber mensch: Ich weiß wol, daß du betrübt bist wegen deiner sünden. Aber sey getrost. Denn so gewiß als da das brot für deinen augen gebrochen und der wein vom brot abgesondert wird: also gewiß ist am stamm des creutzes mein leib für dich gebrochen oder getödtet, und mein blut von meinem heiligen leibe abgesondert und vergossen worden, zur vergebung deiner sünden. Item, so gewiß als ich dir da die heilige warzeichen meines leibs und bluts zu essen und zu trincken gebe, und du so wol als andere daran theil und gemeinschafft hast: also gewiß solstu auch theil und gemeinschafft haben an meinem wahren leib und blut, so ich am stamm des creutzes hab in todt gegeben. Es soll dasselbe auch dir zu gute geschehen sein. Auch du solst dardurch erlöset sein von dem ewigen hunger und durst, den du sonst in der hellen hettest leiden müssen. Nur greiff zu, mit wahrem glauben. Und wie du da die heiligen warzeichen meines leibs und bluts in deinen mund nimbst, issest und trinckest, also schliesse meinen gecreutzigten leib und vergossen blut in dein hertz. So wird dich in ewigkeit nicht hungern oder dürsten. Der wer mein fleisch isset und mein blut trincket, der hat das ewige leben. Und ich werde ihn auferwecken am jüngsten tage (Joh. 6. v. 35. 54. 55. 56. 57). Ja auch in diesem leben werde ich in ihm bleiben, und er in mir; werde ihn stets regieren und trösten mit meinem geiste. Drumb sey getrost lieber mensch, ob du schon schwach bist. Es sol dich niemand aus meiner hand reissen. Der Vatter der dich mir gegeben hat, ist stercker dann alle ec. (Joh. 10. v. 28. 29.).
Das ist der erste und fürnemste nutz und gebrauch des heiligen Nachtmals, daß wir nemlich, wie gemeldet, dadurch des tods Christi und seiner seligen gemeinschafft, oder deß bunds der gnaden Gottes, der in dem todt Christi gegründet ist, je lenger je mehr vergewissert werden in unsern hertzen: wie Christus spricht: Das ist der newe bund in meinem blut: Als hette er sagen wollen, Das sol euch ein zeichen und siegel, oder versicherung und bestettigung sein des newen bunds, den ich euch mit meinem blut erworben habe.
41. Der ander nutz ist, daß wir mit dieser herlichen Ceremonien den todt Christi für der ganzen welt verkündigen, rühmen und preisen sollen: wie Christus abermal spricht: Solches thut zu meiner gedechtnus: Und Paulus: (1. Cor. 11. v. 26.) So offt ihr von diesem brot esset, und von diesem kelch trincket, solt ihr des HERREN todt verkündigen (das ist, rühmen und preisen) biß daß er komme.
42. Der dritte nutz ist, daß wir uns damit offentlich zur der gemeinschafft Christi und seiner Kirchen bekennen, und wie es dieselbe gemeinschafft erfordert, heiliglich zu leben und als glieder eines leibs uns unter einander zu lieben, aufs new zusagen und angeloben sollen: wie der Apostel Paulus spricht: Der Kelch der Danksagung, damit wir dancksagen, ist der nicht die gemeinschafft des bluts Christi? Das brot das wir brechen, ist das nicht die gemeinschafft des leibs Christi? Denn ein brot ists. So sind wir alle ein leib, dieweil wir alle eines brots theilhaftig werden (1. Cor. 10. v. 16. 17). Darumb fliehet vom götzendienst (1. Cor. 10. v. 14.): Und habt nicht gemeinschafft mit den teuffeln (1. Cor. 10. v. 20. 21.) ec. Item, Wir sind alloe zu einem leibe getaufft (nemlich in der heiligen Tauff) und sind alle zu einem geiste getrencket (1. Cor. 11. v. 13.) (nemlich in dem heiligen Nachtmal), drumb sollen wir als glieder eines leibs für einander gleichsorgen, und ein glied mit dem andern gedult und mitleiden haben (1. Cor. 12. v. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.) ec.
43. Wir glauben endlich, daß Gott seine kirche in diesem leben mehrentheils, unter dem creutz halten, und erst hernach in jenem leben volkömlich sehlich und herlich machen wil; nach dem ebenbid seines sohns, der auch durch creutz und leiden zu seiner herrlichkeit hat eingehen müssen.
Quelle: Heppe, Heinrich - Die Bekenntnisschriften der reformirten Kirchen Deutschlands