Sayers, Dorothy - Harte Worte an alle, die das Christentum für einen altmodischen Unfug halten

Es ist mir ganz gleich, was sie vom Christentum halten, aber ich ärgere mich darüber, daß Sie so unwissend, so gleichgültig und so dumm sind. Warum geben Sie sich keine Mühe, sich davon zu überzeugen, was Christentum ist und was es nicht ist? Sie können doch Ihr Gehirn mit elektrotechnischen Ausdrücken vollstopfen, warum bringen Sie es nicht ebensogut fertig, sich ein bißchen mit Theologie zu befassen, ehe Sie sich nämlich ein Urteil darüber erlauben? Warum kommen Sie nicht auf den Gedanken, die neuen und alten Autoritäten auf diesem Gebiet zu Rate zu ziehen, statt sich von Biologen und Physikern belehren zu lassen, deren Wissen genau so oberflächlich ist wie Ihr eigenes. (Es fiele Ihnen doch auch nicht ein, den Bischof von Buxtehude über eine biologische Frage um Auskunft zu bitten oder sich etwa zu einem Problem der Atomphysik mit der ansicht des Pastors Müller oder Meier zu begnügen). Warum halten sie verstaubte alte Irrlehren für „kühne, fortschrittliche Beiträge zu einer modernen christlichen Weltanschauung“, wenn Sie sich aus jedem Handbuch der Kirchengeschichte Auskunft holen könnten, woher sie stammen? Wie kommen Sie dazu, das Wort „Gott befiehlt“ als engstirnigen, bigotten Anthropomorphismus zu bezeichnen, während Sie uns zumuten, Redensarten wie „Die Natur hat vorgesehen“ oder „Die Wissenschaft verlangt“ als Feststellung objektiver Tatbestände hinzunehmen? … Schämen würden Sie sich, wenn Sie über Verbrennungsmotoren so wenig wüßten wie über das nicänische Glaubensbekenntnis. Zugegeben, man kann ein ausübender Christ sein, ohne viel von Theologie zu wissen, ebenso wie man einen eigenen Wagen steuern kann, ohne mit der Wirkungsweise des Motors vertraut zu sein, aber wenn an Ihrem Wagen etwas in Unordnung ist, dann gehen Sie bescheiden zum Mechaniker, wenn dagegen Ihre Religion einen Knacks bekommt, dann werfen Sie Ihren Glauben einfach über Bord und beschimpfen die Theologen als Lügner.