Inhaltsverzeichnis

Modersohn, Ernst - Jesu Vermächtnis an die Seinen

Biblische Betrachtungen über Johannes 13

Evangelische Verlagsanstalt GmbH. Berlin 1968 Diese Ausgabe erscheint mit Genehmigung des Harfe-Verlages, Bad Blankenburg Lizenz 420. 20iM6/68. ES zC. H 3422 Gestaltung: Horst Freitag Grsamtherstellung: Harfe-Verlag u. Druckerei K. Reum & Co., Köm.–Ges., Bad Blankenburg (Thür. Wald) V-M-8 Korrigiert und an die neue Reechtschreibung angepasst durch Andreas

Einleitung

Die letzten Worte eines Sterbenden haben eine ganz besondere Bedeutung für die Zurückbleibenden. Jedes Wort, das er noch gesprochen hat, ehe sein Mund für immer verstummte, wird aufbewahrt als ein teures Vermächtnis. So haben auch die Abschiedsreden Jesu eine ganz besondere Bedeutung für die Seinen. Enthalten sie doch das Vermächtnis, das er ihnen hinterlassen hat. Da dürfen wir einen letzten und tiefen Blick tun in sein Herz und seine Liebe. Möchte uns dieser Blick in das Herz unseres Herrn gesegnet sein, wenn wir das dreizehnte Kapitel des Evangeliums Johannes miteinander betrachten!

Vor dem Osterfest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater; und wie er hatte geliebt die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende. Vers 1

Jesus liebt

Als Johannes sein Evangelium schrieb, da war er ein alter Mann. Aber klar und deutlich stand der letzte Abend vor seiner Seele, an dem der Meister mit seinen Jüngern zusammen gewesen war. Und vor allem war es ein Eindruck, der sich unverwischbar und unvergesslich seiner Seele eingeprägt hatte: Wie hat doch Jesus geliebt!

Es ist wie ein Portal, das uns in einen hohen gotischen Dom führt, wenn Johannes hier die einleitenden Worte zu den letzten Reden Jesu schreibt. Man merkt es ihnen an, wie die Erinnerung an jenen Abend den Apostel bewegt. Im Saal sitzt Jesus mit seinen Jüngern zusammen. Herzlich hatte ihn verlangt, das Passahmahl mit ihnen zu halten, bevor er nach Gethsemane und Golgatha ging. Wie wenig verstanden sie ihren Meister! Sie erkannten die Bedeutung dieser Stunde nicht. „Es erhob sich Zank unter ihnen, wer unter ihnen sollte für den Größten gehalten werden„, so berichtet Lukas. Wie mag dieser Zank das Herz des Herrn bedrückt haben!

Wenn ihm auch das Herz schwer wird im Blick auf seine Jünger - er kann doch nicht anders, als sie lieben. Darum gibt er ihnen durch die Fußwaschung ein Vorbild und Beispiel dienender Liebe.

Wie beschämt das den Johannes! Er erinnert sich an diesen Zank mit tiefer Beschämung, und wie er sich auch daran beteiligt und seine eigene Größe ins Licht gestellt hat, und wie dann Jesus niederkniete, um ihm und den ändern die Füße zu waschen, wie ein Sklave seinem Herrn die Füße wäscht. Und darum schreibt er in der Erinnerung an das Vorbild der Liebe, das Jesus ihnen gegeben, die Worte nieder: „Wie er geliebt hatte die Seinen, so liebte er sie bis ans Ende.“ Jesus liebte die Seinen. Wer ist damit gemeint? Im ersten Kapitel seines Evangeliums schreibt Johannes dasselbe Wort. Da sagt er: „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.„ Damit meint er das Volk Israel, dem Jesus dem Fleische nach angehörte.

Wenn wir das Wort zuerst in dieser Weise verstehen, dann müssen wir sagen: Ja, wie hat Jesus die Seinen geliebt bis ans Ende! Wenn er sie nicht so geliebt hätte, er wäre in der Herrlichkeit geblieben, die er bei seinem Vater innehatte. Aber er sah, wie die Menschen dahinlebten und dahinstarben in ihrer Sünde - und da jammerte ihn des Volks. Da verließ er die Gemeinschaft des Vaters, da gab er die Gesellschaft der heiligen Engel auf und kam als Kind armer Leute in Bethlehem zur Welt.

„Sehet dies Wunder, wie tief sich der Höchste hier beuget!
Sehet die Liebe, die ganz nun als Liebe sich zeiget!
Sie wird ein Kind,
traget und hebet die Sund';
alles anbetet und schweiget.“

Wenn der Apostel daran denkt, dann bricht er in seinem ersten Briefe in den Ruf des Staunens und der Anbetung aus: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget!„ Und in seinem Evangelium schreibt er die Worte: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab!“ Aber die Liebe des Vaters hätte ihr Ziel nicht erreicht, wenn der Sohn nicht willig gewesen wäre, den Auftrag des Vaters auszuführen.

„Ja, Vater, ja, von Herzensgrund!
Leg' auf, ich will's gern tragen!
Mein Wollen hängt an deinem Mund,
mein Wirken ist dein Sagen.„

Und so kam der Sohn Gottes „in sein Eigentum“, wie Johannes schreibt, in das Volk, mit dem von altersher Gott einen Bund gemacht, nicht weil es ein so besonders edles und tüchtiges Volk gewesen wäre, o nein, sondern weil es von jeher Gottes Art war, das zu erwählen, was verachtet und niedrig war in den Augen der Welt, um zuschanden zu machen, was etwas ist.

Und wie hat er dieses Volk geliebt! Da sitzt er auf dem Ölberg und sieht die Stadt an, die im Glanz der Sonne daliegt mit ihrem schimmernden Tempel - und es gehen ihm die Augen über: „Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel - und ihr habt nicht gewollt!„ Und dann tut er einen Blick in die Zukunft und sieht die Wagenburg, die man um die Stadt schlägt, um sie an allen Orten zu ängsten. Er sieht all das Elend, das über die Stadt kommen wird, und klagt: „Ach, dass du erkennetest zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient; aber nun ist es vor deinen Augen verborgen!“

Was trieb ihn durch das Land zu ziehen, um zu heilen und zu helfen, wo Menschen in Nöten des Leibes und der Seele nach ihm riefen? Seine Liebe. Johannes schreibt im 4. Kapitel: „Er musste aber durch Samarien reisen.„ Er musste? Warum musste er? Wenn man von Judäa nach Galiläa reiste, pflegte man sonst seinen Weg durchs Ostjordanland zu nehmen. Samarien vermied man gern, weil keine Verbindung bestand zwischen den Juden und den Samaritern. Aber Jesus musste durch Samarien ziehen, weil er dort eine Begegnung haben sollte mit einer Frau, deren Vergangenheit voll Sünde und Schuld war. Die Leute von Sichar gingen ihr aus dem Wege. Darum kam sie in der Mittagsstunde zum Brunnen, um Wasser zu schöpfen. Das war nicht die übliche Zeit. Die ändern kamen in der Morgenfrühe. Aber diese Frau getraute sich nicht mit den ändern Frauen zusammenzukommen. Die '• hatten so scharfe Augen, die hatten so spitze Worte! - Aber Jesus hat auch für diese Frau ein Herz voll erbarmender Liebe. Er spricht über die tiefsten Fragen des Menschenherzens mit dieser Samariterin. Und er erreicht es, dass diese Frau ihren Krug stehen lässt, dass sie vergisst, warum sie eigentlich gekommen ist, und in die Stadt eilt: „Kommt, sehet einen Menschen, der mir gesagt hat alles, was ich getan habe, ob das nicht der Christus ist!“ Mit derselben Liebe widmet er sich dem Oberzöllner Zachäus, bei dem er einkehrt, obwohl die Schriftgelehrten darüber murren, dass er „bei einem Sünder einkehrte„. Welch eine Liebe! Sie überwindet den Mann, dass er seine Betrügereien ganz offen zugibt, wenn er beim Abschiednehmen sagt: „Die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und so ich jemand betrogen habe, das gebe ich ihm vierfältig wieder.“

Aber dieselbe Liebe wendet er auch den Obersten im Volke zu, die ihm den Tod schwören, die ihn ans Kreuz bringen. Ihnen gilt sein erstes Wort am Kreuz, und es ist ein Wort der Liebe: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!„

Ja, wie er geliebt hatte die Seinen, so liebte er sie bis ans Ende. Das Wort hat seine Gültigkeit, wenn wir daran denken, wie Jesus sein Volk geliebt hat, das ihn nicht aufnahm, das ihn nicht anerkannte, das ihn an den Schandpfahl des Kreuzes schlug. Trotz aller Misshandlung, trotz aller Feindschaft bis in seine letzten Stunden hinein - er hat nicht aufgehört, die Seinen zu lieben.

Aber im engeren Sinne gilt das Wort von seinen Jüngern. Die waren „die Seinen“, die der Vater ihm gegeben hatte, und denen er seine Kraft und Zeit widmete, dass sie einmal das angefangene Werk fortsetzen und der Welt das Heil verkündigen könnten, das zu vollbringen er gekommen war. Ja, er liebte seine Jünger. Im 15. Kapitel des Johannesevangeliums sagt er, wie sehr er sie liebt. „Gleichwie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch„ (Vers 9). Was für ein Wort! Wie liebt der Vater den Sohn! Nie war eine Differenz zwischen dem Vater und dem Sohn. Er tat kein Werk, ja er sprach kein Wort ohne Auftrag des Vaters. „Ich und der Vater sind eins“, so konnte Jesus sprechen. Und nun höre und staune: So, wie der Vater den Sohn liebte, so liebt Jesus seine Jünger! Dass der Vater den Sohn liebte, das wundert uns nicht! War doch der Sohn im höchsten Maße liebenswert. Aber dass Jesus geradeso seine Jünger liebte, das wundert uns. Waren sie auch so liebenswürdig? Ach nein, das waren sie nicht. Was haben sie dem Herrn für Mühe und Not gemacht! Man kann ja fast von allen eine Geschichte erzählen, um zu beweisen, wie sie seine Geduld mit ihrem Unverstand auf die Probe gestellt haben.

Da waren Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus. Er gab ihnen den Beinamen und nannte sie „Donnerskinder„ um ihres leicht aufbrausenden und auflodernden Temperamentes willen. Als man Jesus an einem Orte Samarias die Herberge verweigerte, weil er auf dem Wege nach Jerusalem war, da sprachen sie zu Jesu: „Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und verzehre sie, wie Elia tat.“ Und Jesus muss ihnen antworten: „Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?„

Als Jesus am Ende seines Erdenwandels sagte: „Wenn ihr mich kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater. Und von nun an kennet ihr ihn und habt ihn gesehen“, da sagt Philippus: „Herr, zeige uns den Vater, so genügt uns.„ Da spricht Jesus traurig: „So lange bin ich bei euch — und du kennest mich nicht, Philippus?“

Und Thomas bleibt dabei: „Es sei denn, dass ich meine Finger lege in seine Nägelmale und meine Hand in seine Seite, so will ich nicht glauben!„

Und Petrus fährt den Herrn an, als er von seinem bevorstehenden Leiden redet und spricht: „Herr, schone dein selbst! Das widerfahre dir nur nicht!“ Dadurch wird er ihm so zur Versuchung, dass Jesus sagen muss: „Hebe dich weg von mir, Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist!„

Und derselbe Petrus, der erst das Wort gesprochen: „Wir haben geglaubt und erkannt, dass du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ - der geht nachher hin und verleugnet seinen Meister und erklärt unter Fluchen und Verwünschungen: „Ich kenne den Menschen nicht!„ Und Judas? Ach, Judas, der Zwölf einer, geht hin und verrät ihn und überliefert ihn seinen Feinden!

Das hat Jesus mit seinen Jüngern erlebt! Und doch hat er nicht aufgehört, sie zu lieben. Selbst den Judas hat er mit seiner Liebe umfangen, wie die anderen auch. Er hat wohl Unterschiede gemacht bei seinen Jüngern in Bezug auf ihre geistige Aufnahmefähigkeit. In das Sterbehaus des Jairus und auf den Berg der Verklärung und in den Ölgarten Gethsemane nahm er nicht alle Jünger mit, sondern nur die, die noch am meisten Verständnis hatten. Aber er hat keinen Unterschied unter seinen Jüngern gemacht in Bezug auf seine Liebe. Er hat sie alle mit der gleichen Liebe umfasst Nie haben sie gemerkt, dass er etwa Judas weniger liebe als die ändern. Im Gegenteil, dem Judas gab er besondere Liebesbeweise, noch am letzten Abend durch den Bissen, den er ihm mundgerecht machte und darbot. Darum schreibt Johannes beschämt und ergriffen von solcher Liebe: „Wie er geliebt hatte die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“ - - -Wie „die Seinen„ das Volk Israel sind, so sind auch wir die Menschen des neuen Bundes „die Seinen“, wenn wir in Buße und Glauben den Herrn als unseren Erlöser anerkannt haben. Gehören wir zu „den Seinen„, dann werden wir auch von ihm geliebt, dann gilt seine Liebe auch uns. Erscheint dir das selbstverständlich, dass er uns liebt? Meinst du, das gehöre ja nun doch dazu, er sei ja doch der Heiland? Ich denke anders. Mir erscheint es als das Außerordentlichste, was es geben kann, dass Jesus mich liebt. Wer sich ein wenig kennt in seinem innersten Wesen, wer Licht bekommen hat über sich selber, der weiß, dass nichts Liebenswertes an ihm ist. Wer die Lektion gelernt hat, die Paulus in Römer 7, 18 ausspricht: „Ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleische, wohnet nichts Gutes“ - der hält es nicht mehr für selbstverständlich, dass der Herr ihn liebt, sondern der staunt mit dem Apostel Johannes: „Welch eine Liebe, dass wir Gottes Kinder sollen heißen!„

Ja, wer waren wir denn? Waren wir nicht Rebellen und Empörer gegen Gott und seinen heiligen Willen? Haben wir nicht seinem Worte zuwider gehandelt - und zwar bewusstermaßen? Sind wir nicht Wege der Sünde gegangen? Und doch hat er uns geliebt!

Und als wir endlich unseren Widerstand gegen Gott aufgaben, als wir endlich sein Eigentum geworden waren, haben wir ihm da keine Arbeit und Mühe mehr gemacht mit unserem sündigen Wesen? Je mehr wir Licht bekommen über uns selber, um so tiefer erkennen wir die Grundverdorbenheit' unseres Wesens, unseren Hochmut, unsere Selbstsucht,;! unsere ganze gottfeindliche Art. Und doch liebt er uns. In einem Marmorbruch in Italien lag einst ein Marmorblock, der war beim Sprengen nicht so aus dem Steinbruch heraus gekommen, da er ein tiefes Bohrloch quer durch den Marmor hatte. Der Stein war besonders schön; aber das Bohrloch machte es unmöglich, den Stein zu benutzen. Ein Bildhauer nach dem ändern sah den Stein - und das Bohrloch - und schüttelte den Kopf. Da kam Michelangelo, vielleicht der größte Bildhauer aller Zeiten. Der sah den Stein und das; Bohrloch und dann sann er nach und dann sagte er: „Ich nehme den Stein!“ Er ordnete die Glieder der Gestalt so, dass das tiefe Bohrloch zwischen den Armen durchging und ihn nicht hinderte. So entstand die berühmte Bildsäule „David„ von Michelangelo. Dieser tief angebohrte Stein, das bist du und das bin ich. Tief, tief hat uns die Sünde angebohrt. Bis ins Innerste hinein geht die Bohrung. Aber Jesus, der wunderbare himmlische Künstler, nimmt diesen Stein in seine Hand und macht etwas daraus.

Menschen, an denen nichts Liebenswertes ist, liebt er heraus aus Welt und Sünde, aus ihrem eigenen sündlichen Wesen, um sich an ihnen und durch sie zu verherrlichen. Es ist wahr, was Woltersdorf gesungen hat:

„Was bin ich, wenn es mich betrifft?
Ein Abgrund voller Sündengift.“

Aber es ist auch wahr, wenn er fortfährt:

„Was bin ich, Lamm, in deiner Pracht?
Ein Mensch, der Engel weichen macht.„

Wie ist das möglich, dass der Herr Jesus solche Menschen, wie wir sind, lieben kann? Das ist darum möglich, weil seine Liebe etwas ganz anderes ist als unsere Liebe. Unsere Liebe verdient eigentlich diesen Namen gar nicht. Denn sie ist ihrem innersten Wesen nach Selbstsucht. Wir wollen haben. Auch in der Freundschaft und in der bräutlichen und ehelichen Liebe - wir wollen haben. Jesu Liebe ist aber nicht ein Haben wollen, sondern ein Geben wollen. Er liebt, denn er muss geben. Er fragt nicht danach, ob die Menschen liebenswürdig sind oder nicht, er liebt, weil er gar nicht anders kann als lieben, weil sein Wesen Liebe ist. Darum liebt er, auch wenn man ihn misshandelt und ans Kreuz schlägt. Das ist der große Unterschied zwischen göttlicher und menschlicher Liebe. Weil die Liebe Gottes nicht nach dem Gegenstand der Liebe fragt, sondern lieben muss, darum kann der Herr Jesus sagen: „Gleichwie mich mein Vater liebt, also liebe ich euch auch.“ Aber hat es denn je Menschen gegeben, die mit solcher göttlichen Liebe geliebt haben? Die nicht danach fragten, wie man sie behandelte?

Ein solcher Mann war der Apostel Paulus. Wie haben ihn die Juden verfolgt! Wohin er kam, haben sie einen Aufruhr gegen ihn erregt, haben die Obrigkeit gegen ihn aufgehet2t, haben veranlasst, dass er ausgepeitscht wurde, dass er bei der Nacht flüchten musste Und doch, wohin er kam, er ging in die Synagoge und suchte den Juden das Heil anzubieten. Und wenn man ihn in Jerusalem totschlagen und steinigen und zerreißen wollte, wenn man einen Bund machte, nicht eher wieder zu essen, bis Paulus ermordet sei - er ließ sich nicht erbittern. Das erste, was er in Rom tat, war, dass er die Ältesten der Judengemeinde zu sich bat, um ihnen das Heil in Christo zu bezeugen! Ja, seine Liebe zu seinem Volk ging so weit, dass er an die Römer schrieb: „Ich habe gewünscht, verbannt zu sein von Christo für meine Brüder, die meine Gefreundeten sind nach dem Fleisch.„ Das heißt: Wenn ich mit meinem Verlorengehen, mit meinem Verbanntsein von Christo die Errettung Israels erkaufen könnte. - Ich würde den Preis zahlen!

Wahrlich, dieser Mann durfte schreiben: „Die Liebe lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie verträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“ Aber was er da schreibt, das schreibt er nicht von unserer armseligen menschlichen Liebe, das schreibt er von der Liebe Gottes, die durch den Heiligen Geist ausgegossen wird in unser Herz. Wenn diese göttliche Liebe in unser Herz ausgegossen wird, dann können wir lieben.

Ich lernte einst einen Mann kennen, dem Gott eine sonderliche Liebe zu Nervenkranken, Schwermütigen und Geisteskranken ins Herz gegeben hat. So hat er eine Anstalt gegründet für solche Leute, deren er sich mit rührender Liebe annahm. So hatte er einst auch einen Geistesgestörten in seinem Hause, dem er durch Liebe zu helfen suchte. Aber der arme Kranke vergalt dem Hausvater seine Liebe schlecht. Er nahm die Axt und spaltete dem kleinen blondlockigen, blauäugigen Töchterchen des Hausvaters den Schädel. Was tat der Hausvater nun? Gab er nun die Anstalt auf? Er sagte: „Jetzt sehe ich erst, wie nötig sie meine Liebe haben!„ Und er vergrößerte die Anstalt, um noch mehr dieser Armen aufnehmen zu können!

Das ist göttliche Liebe, die alles verträgt und alles duldet. Soll ich an Mathilda Wrede erinnern, die in ihrer Liebe sich der Gefangenen ihres Landes so rührend annahm? Und - um an ein paar Namen in Deutschland zu erinnern - ich brauche nur die Namen „Vater Bodelschwingh“ oder „Mutter Eva„ auszusprechen, dann stehen ein paar Gestalten vor uns, die nicht mit menschlicher Liebe liebten, die nicht das Ihre suchten, sondern denen der Heilige Geist diese göttliche Liebe ins Herz ausgegossen hatte. Wenn der Heilige Geist in diese Herzen die Liebe Gottes ausgießen konnte, kann er das nicht auch in unsere Herzen tun? Wie war es bisher um Deine Liebe bestellt? War es ein Haben wollen oder war es ein Geben wollen? War es menschliche Liebe oder war es göttliche Liebe? Ich weiß es nicht. Aber du weißt es. Und Gott weiß es auch. Aber wenn es die menschliche Liebe war, die eigentlich nur Selbstsucht ist, dann lass dich füllen mit der göttlichen Liebe. Gott will und Gott kann!

Ich weiß von einem Pfarrer, der bei seinen Hausbesuchen in der Gemeinde einen ganz verbitterten alten Mann traf. Er war blind geworden. Und nun haderte er mit Gott und Menschen. Der Pfarrer fragte ihn, ob er denn nicht unter das Wort Gottes kommen wolle. Da lachte der Alte ein böses Lachen und sagte: „Ja, wer sollte mich dahin führen? Dafür hat niemand Zeit!“ Da antwortete der Pfarrer: „Wenn ich wüsste, dass Sie mitkämen, würde ich Sie abholen und mitnehmen.„ Da lachte der Alte wieder und sagte: „Das tun Sie ja doch nicht! Um mich hat sich noch kein Pfarrer gekümmert!“ Der Pfarrer verabschiedete sich. Aber als er einige Tage später eine Bibelstunde im Außenbezirk zu halten hatte, klopfte er wieder bei dem verbitterten Alten an. Der hatte nicht auf sein Kommen gerechnet und war deshalb noch nicht fertig. Aber der Pfarrer erklärte: „Ich warte gern eine Weile; die Stunde fängt nicht eher an, als bis wir kommen!„ Und dann nahm er den Blinden am Arm und führte ihn in die Bibelstunde. Ebenso brachte er ihn auch wieder nach Hause.

So ging es Woche um Woche. Das Eis schmolz langsam, das um das Herz des Alten gefroren war. Da sah der Pfarrer eines Abends, als das Eingangslied gesungen wurde, wie der verbitterte Zug auf dem Gesicht des Alten lag. Was mag der Grund sein? seufzte er. Und sofort sagte es ihm der Herr. Gewiss hätte der Alte gern mitgesungen - und er kannte das Lied nicht. Da setzte sich der Pfarrer neben ihn und sagte ihm jedesmal am Schluss einer Reihe die folgende Reihe leise vor. Nun konnte er mitsingen. Der verbitterte Zug verschwand. Warm drückte er dem Pfarrer die Hand. Es währte nicht lange, da wurde der verbitterte Alte ein fröhliches Kind Gottes. Die Liebe hatte ihn überwunden. Wie ganz anders würden die Wirkungen sein, die von den Kindern Gottes ausgehen, wenn sie sich füllen ließen mit dieser Liebe, die nicht das Eigene sucht, sondern das, was des ändern ist. Gott will sie ausgießen in dein Herz. Willst du dich dieser Liebe öffnen? Füllt diese Liebe das Herz, dann können wir lieben, ja dann können wir gar nicht anders als lieben. Auch bei schlechter Behandlung. Denke dir, da ist ein großes Glas, mit Honig gefüllt. Jemand gibt dem Glas einen Schlag mit einem Stock, dass es ein großes Loch bekommt. Was kommt aus dem Loch? Honig! Auch bei der Behandlung? Ja. Es kommt heraus, was drin ist. Nie und nimmer kommt aus einem Glas, das mit Honig gefüllt ist, Essig heraus. Und wenn ein Herz mit Liebe gefüllt ist, dann kommt Liebe heraus. War es nicht so bei unserm Heiland, dass auch am Kreuz sein Herz Liebe offenbarte? War's nicht so bei dem Apostel Paulus, als ihn die Juden in Jerusalem totschlagen und steinigen wollten?

Jesus liebte die Seinen, wie er sie geliebt hatte bis ans Ende, schreibt Johannes. Gott schenke auch in unser Herz diese Liebe, die nicht nach liebenswert und liebenswürdig fragt, die nicht fragt: wie ist der zu mir? - sondern die liebt, weil sie nicht anders kann als lieben! Gott will. Gott kann. Gott wird. Willst du auch?

Vor dem Osterfest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater; und wie er hatte geliebt die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis am Ende. Und bei dem Abendessen, da schon der Teufel hatte dem Judas, Simons Sohn, dem Iscbarioth, ins Herz gegeben, dass er ihn verriete, und Jesus wusste, dass ihm der Vater hatte alles in seine Hände gegeben und dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging; stand er vom Abendmahl auf, legte seine Kleider ab und nahm eine Schurz und umgürtete sich. Vers 1‑4

Jesus weiß

Jesus weiß, das war der zweite tiefe Eindruck, den Johannes an jenem letzten Abend des Zusammenseins mit dem Herrn bekam. Jesus wusste, dass seine Zeit gekommen war. Jesus wusste, dass ihm der Vater hatte alles in seine Hände gegeben, dass er von Gott gekommen war und zu Gott ging. Woher wusste das Johannes? Hatte der Herr ihm das gesagt? Oder war das dem Apostel später auf dem Wege einer besonderen Offenbarung kund geworden? Er war ja der Jünger, der seinen Platz am nächsten bei ihm hatte. Vielleicht, dass ihm Jesus, wie ja auch im weiteren Verlauf dieses Kapitels, leise ein Wort sagte, das die anderen nicht hörten, und das Johannes in seiner Bescheidenheit nicht aufgeschrieben hat, um sich nicht groß zu tun mit solchen besonderen Mitteilungen des Herrn.

Jedenfalls sieht Johannes die folgende Handlung der Fußwaschung unter dem Gesichtspunkt des wunderbaren Wissens Jesu. Weil er das wusste, dass seine Zeit gekommen sei und dass der Vater alles in seine Hände gegeben hatte, - darum nahm er den Schurz und wusch seinen Jüngern die Füße. Was wusste Jesus denn?

Ein Dreifaches sagt hier der Apostel. Er wusste, dass er von Gott gekommen war; er wusste, dass ihm der Vater alles in seine Hände gegeben hatte; er wusste, dass er zu Gott ging. Er hatte also ein wunderbares Wissen in Bezug auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Er kam vom Vater, er war Im Vater, er ging zum Vater. Er kam vom Vater. Das war ihm nie zweifelhaft gewesen, dass ihn der Vater gesandt habe. Er weiß um seine Vergangenheit klar und deutlich Bescheid. Das wissen wir aus Worten wie: „Abraham, euer Vater, ward froh, dass er meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich.“ Als die Juden spöttisch darauf zu ihm sagten: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?„ - da antwortete er ihnen mit doppelter Bekräftigung: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe denn Abraham ward bin ich.“ Und dieses Bewusstsein ist ihm nicht erst allmählich gekommen, wie manche sagen und schreiben, sondern das hat er von Anfang an gehabt. Schon der zwölfjährige Jesus sagt mit ruhiger Selbstverständlichkeit zu seiner Mutter: „Was ist's, dass ihr mich gesucht habt? Wisset ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist? Damit bekundete schon der Knabe das einzigartige Verhältnis, in dem er zu seinem Vater stand.

Und dieses Bewusstsein hat ihn nie verlassen. Nie hat er gesagt: „Unser Vater„, sondern „mein Vater und euer Vater“. Nie hat er sich so mit seinen Jüngern zusammengeschlossen. Immer hat er für sich eine besondere Stellung zum Vater beansprucht. Er war „der Eingeborene vom Vater, voll Gnade und Wahrheit„. Er war der „Christus, des lebendigen Gottes Sohn“. Aller Spott und aller Unglaube konnte ihn darin nicht irremachen : Ich bin von Gott gekommen. Noch einmal an diesem Abschiedsabend (Joh. 16, 28) hat er es seinen Jüngern gesagt: „Ich bin vom Vater ausgegangen und gekommen in die Welt.„

Vom Vater, das war die Überschrift über seiner Vergangenheit. Und: im Vater, das war der Inhalt seiner Gegenwart. Oder mit seinen eigenen Worten: „dass ihm der Vater hatte f alles in seine Hände gegeben.“

Man würde das wunderbare Leben Jesu auf unserer Erde gar nicht verstehen können, wenn man nicht diesen Schlüssel hätte, der das Rätsel auf schließt: Er war im Vater. Die wunderbaren Werke, die er tat, die tat er nicht in eigener Kraft, sondern es waren Werke, „die ihm der Vater gegeben„ hatte. Der Vater war es, der in ihm wirkte und der durch ihn wirkte. Aller seiner göttlichen Herrlichkeit hatte er sich entäußert. Er hielt es nicht wie einen Raub fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und nahm Knechtsgestalt an, er ward gleich wie ein anderer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden.“ Darum sagte er auch von sich mit doppelter Bekräftigung: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: der Sohn kann nichts von sich selber tun.„ Wenn der Herr Jesus das sagt, dann müssen wir ganzen Ernst mit diesem Worte machen. Er konnte von sich aus nichts tun, er konnte keinen Kranken heilen und keinen Toten auferwecken; er konnte kein Wasser in Wein verwandeln und die wenigen Brote in der Wüste vermehren; er konnte dem Sturm nicht gebieten und das Meer stille machen. „Der Sohn kann nichts von sich selber tun.“ Aber er war im Vater, er war in engster Gemeinschaft mit dem Vater, in vollster Abhängigkeit vom Vater. Und darum konnte er nicht nur sagen: „der Sohn kann nichts tun„, sondern er konnte auch sagen, dass der Vater ihm alles in seine Hände gegeben hatte.

Wenn er einen Wink des Vaters erhielt, dann führte er denselben aus. „Denn was dieser, der Vater, tut, das tut gleicherweise auch der Sohn“ (Joh. 5,19).

Ob man ihm einen Gichtbrüchigen vor die Füße legt, oder ob er einem Blindgeborenen begegnet, ob ein Aussätziger ihn anruft oder ein Besessener ihm entgegeneilt, in der Gemeinschaft mit seinem Vater heilt und hilft er in jedem Fall. „Er heilte sie alle.„ Ob das Töchterlein des Jairus eben erst gestorben ist oder der Jüngling von Nain sich schon auf dem Wege zum Friedhof befindet oder ob Lazarus schon im Grabe liegt, - es macht keinen Unterschied, er spricht nur ein Wort und der Tod gibt seine Beute heraus.

Der Vater hat ihm alles in seine Hände gegeben. Er kann im Schiff aufstehen und den Sturm bedrohen und es wird ganz stille. Er kann die wenigen Brote in die Hand nehmen und sie brechen und den Jüngern reichen - und sie essen alle und werden satt.

Alles hat der Vater in seine Hände gegeben. Nichts, was ihm zu schwer und unmöglich wäre. Und wenn ihm der Teufel selbst begegnet in der Wüste, um ihn zu versuchen, oder wenn er sich eines seiner Jünger bedient, um ihn von seinem Wege abzubringen, oder wenn er die Obersten und Hohenpriester benutzt, - Jesus tritt ihm als Sieger entgegen. Ja, es ist wahr, was er Matth. 11, 27 gesagt hat: „Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater.“ Darin liegt das Bekenntnis, wie auch in dem Wort hier in Johannes 13, dass er selber nichts hat und nichts kann in eigener Kraft. Aber darin liegt auch, dass er in der Verbindung mit dem Vater alles kann und hat. Es ist ihm übergeben. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn er selber alles gehabt hätte. In dem Wort „übergeben„ liegt seine ganze menschliche Ohnmacht; aber in dem Worte liegt auch seine ganze göttliche Kraft. Der Vater hat ihm alles in seine Hände gegeben, denn er ist im Vater. Und von seiner Zukunft weiß er auch etwas. „Er wusste, dass er zu Gott ging.“ Zu Gott, das steht über der Zukunft. Wohl weiß er, dass er jetzt hineingeht in die Nacht und Not seines Leidens und Sterbens. Wohl weiß er, dass das Kreuz am Ende seines Erdenweges steht. Das hat er ja schon lange und oft seinen Jüngern gesagt, „dass des Menschen Sohn in der Sünder Hände überantwortet werden und viel leiden müsse und gekreuzigt werden„. Aber er weiß auch, dass das Kreuz nicht das Ende ist, er weiß auch, dass der Tod nicht das letzte Wort behält, sondern dass er durch Kreuz und Tod zu Gott gehen wird, dass er zu seinem Vater zurückkehren wird, von dem er ausgegangen ist. Das ist kein unbestimmtes Hoffen und Wünschen, sondern ein sicheres Wissen. Darum hat er stets bei seinen Leidensverkündigungen hinzugefügt: „Und am dritten Tage auferstehen.“ Darum sagt er seinen Jüngern, dass er hingehen wird, um ihnen die Stätte zu bereiten, auf dass auch sie bei ihm seien in der Herrlichkeit.

Zum Vater geht sein Weg, durchs Kreuz zur Krone, durch Schmach und Hohn empor zum Thron, zur Rechten der Kraft Gottes.

Von Gott - in Gott - zu Gott, das ist der Weg Jesu gewesen. Er wusste, wie sein Weg war und sein würde. Der Gottessohn, dieser Eingeborene vom Vater, dieser Herr über alles, dieser Thronerbe und Weltregent - der bückt sich nieder, den Schurz umgebunden, um seinen Jüngern die Füße zu waschen, um ihnen den Dienst zu tun, den sonst die Sklaven taten. Was für eine Erniedrigung, was für eine Herablassung!

Das hat sich dem Apostel so tief eingeprägt. Obwohl Jesus das wusste, woher er kam und wohin er ging, hat er sich doch so erniedrigt, uns, seinen Jüngern, die Füße zu waschen. Jesus weiß. Er weiß Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vor ihm ist alles aufgedeckt und offenbar. Ihm kann sich nichts verstecken und verbergen.

So wie Jesus seine eigene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft weiß, so weiß er auch unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart, unsere Zukunft. Das ist die zweite wichtige Wahrheit, die wir lernen wollen.

Jesus kennt unsere Vergangenheit. Auch über unserer Vergangenheit steht mit goldenen Lettern die Überschrift: „Von Gott„. Aber dieses Ebenbild Gottes ist verlorengegangen. Der Teufel ist dazwischengetreten und hat die Menschen verführt - und sie haben sich verführen lassen. Und nun hat unsere Vergangenheit eine andere Überschrift bekommen: Sünde heißt sie. Wer in diese Welt hineingeboren wird, der steht unter der Herrschaft der Sünde. Der hat die Sünde geerbt und der tut Sünde. Erbsünde ist kein theologischer Begriff, kein dogmatischer Ausdruck, sondern eine schmerzliche Tatsache. Das weiß jeder Vater und jede Mutter, die ihre Kinder beobachten. Wie können kleine Kinder schon so ungeduldig und ungebärdig sein, wenn ihre Wünsche nicht schnell genug befriedigt werden! Wie kann der kleine Bube so trotzig sich wehren, wenn die Mutter etwas von ihm verlangt! Wie kann das kleine Mädelchen so geschickt lügen, um sich einer Schwierigkeit oder einer Aufgabe zu entziehen! Und es ist nicht bei der Erbschaft geblieben. Wir haben auch Sünde getan in Gedanken, Worten und Werken. Was für Gedanken sind uns schon durch den Sinn gegangen! Gedanken der Lieblosigkeit und Bitterkeit, des Neides und der Missgunst, der Habgier und der Rachsucht, der Unreinheit und der Untreue!

Und was für Worte haben wir schon gesprochen! Worte, mit denen wir andere nicht nur gekränkt haben, sondern kränken wollten. Worte, die nicht wahr waren. Worte, die hässlich und verleumderisch über einen Abwesenden sprachen. Wir müssen es zugeben, wenn wir ehrlich sind, dass wir viel, viel gesündigt haben mit unseren Worten.

Und haben wir das nicht auch getan mit unseren Werken? Haben wir nie unrecht Gut an uns gebracht? Ich denke daran, wie ich als Knabe auf dem Schulwege mich damit vergnügte, mit Steinen in einen Apfelbaum zu werfen, um Äpfel herunterzuholen. Wir hatten zu Hause im Garten auch Apfelbäume; ich konnte zu Hause genug Äpfel essen; aber die verbotenen Früchte lockten und reizten. Plötzlich war ein Mann des Weges gekommen, den ich nicht bemerkt hatte. Ehe ich's mich versah, hatte ich eine tüchtige Ohrfeige bekommen. „Junge, du stiehlst ja!“ sagte er zu mir. So hatte ich die Sache noch nie angesehen. Es war mir als eine Frage der Geschicklichkeit erschienen, aber nicht als - Diebstahl. War es so vielleicht auch bei dir, dass 'du dies und das gar nicht für Sünde hieltest? Vielleicht aus Unkenntnis des Wortes Gottes? Überdenke einmal dein Leben und vergleiche es mit den zehn Geboten - hat es nicht oft auch in deinem Leben Sünden gegeben? Sünden gegen Gott und Sünden gegen Menschen? Sünden gegen Leib und Leben des Nächsten, Sünden gegen das Eigentum des Nächsten, Sünden gegen Ehre und guten Namen des Nächsten, Sünden gegen die Ehe des Nächsten und gegen deinen eigenen Leib? Wer Licht bekommt über seine Vergangenheit, der erschrickt, wenn er mit schwarzen Lettern darüber die Überschrift sieht: Sünde.

Und - das weiß Jesus. Er kennt unsere Vergangenheit, er kennt unsere Gedanken, er kennt unsere Worte, er kennt unsere Taten. Er kennt unser ganzes Leben in all seinen Beziehungen und auf all seinen Gebieten.

Aber siehe, dazu ist er von Gott gekommen und zu Gott gegangen, dass er für uns die Erlösung vollbrachte. Dazu ist er ans Kreuz von Golgatha gegangen, um unsere ganze Schuld und Sünde an seinem Leibe mit hinauf zunehmen an das Kreuz. Und nun tönt vom Kreuz her der Ruf durch die Welt: „Es ist vollbracht!„ Das ist die frohe Botschaft für verlorene Sünder. Das ist die Kunde von dem Heil in Christo, das für uns vollbracht und erworben ist.

Seitdem Jesus am Kreuz von Golgatha sein Blut und Leben für uns gegeben hat, seitdem geht kein Mensch mehr um seiner Sünden willen verloren. Denn für unsere Sünden ist die Erlösung geschehen. Wer jetzt verlorengeht, der geht um seines Unglaubens willen verloren, der geht darum verloren, weil er nicht an diese vollbrachte Erlösung glaubt, weil er sie nicht im Glauben für sich in Besitz nimmt. Hast du das Heil in Christo schon ergriffen? Ist deine Sündenschuld schon gesühnt am Kreuz? Oder steht deine Sünde noch unvergeben da?

Jesus weiß um deine Vergangenheit. Er weiß, ob du schon gekommen bist, um sein Heil anzunehmen, oder ob du noch immer gleichgültig am Kreuz vorübergegangen bist, ohne dem Gekreuzigten zu sagen: „Ich danke dir von Herzen, o Jesu, liebster Freund, für deine Todesschmerzen, da du's so gut gemeint.“

Jesus weiß, ob deine Vergangenheit geordnet ist. Jesus weiß um unsere Gegenwart. Seine Gegenwart war: im Vater. So soll auch unsere Gegenwart sein. Wir sollen seit „in Christo„. Der Apostel Paulus war ein Mann, der „in Christo“ lebte. Er konnte sagen: „Christus ist mein Leben„, d. mein Lebenselement. Aus Christus schöpfte er, in Christus lebte er, für Christum lebte er. Christus war der Mittelpunkt seines Lebens und Strebens. Christus war das Brot, von dem i er lebte, Christus war seine Kraft und seine Freude, Christus war sein ein und alles, Christus war seines Lebens Ziel. Und darin fühlte er sich glücklich und selig. Darin war er geborgen für Gegenwart und Zukunft. Lebst du in Christo? Oder lebst du noch in dir? Man kann sich gläubig nennen und doch kann man noch in sich selber sein, gebunden an dies und das! Abraham war ein Held des Glaubens und doch war er lange Zeit an Menschen gebunden. Erst an seinen Vater Tharah, den er mitnahm auf die Reise, obwohl Gott ihm gesagt hatte, dass er ausziehen sollte aus seines Vaters Hause und von seiner Freundschaft, d. h. von seiner Verwandtschaft. Dann an seinen Neffen Lot, dann an seinen Sohn Ismael und endlich an seinen Sohn Isaak. Und wie war es mit seinem Sohn Isaak, dem zweiten sogenannten „Erzvater“? Er war wohl ein gläubiger Mann, aber dabei war er so an seinen Gaumen gebunden, dass er dem Willen Gottes zuwider Esau zum Erben der Verheißung und … zum Träger des Segens machen wollte. Warum? Weil er das Wildbret so liebte, das Esau zu erbeuten und zu bereiten verstand. Was hat Isaak mit dieser Gebundenheit für Kummer und Herzeleid über die Seinen gebracht!

Und der dritte in der Reihe der Erzväter, Jakob, war ein Mann, der nach Vorteil und Gewinn gierte! Aus allem wusste er für sich einen Vorteil zu machen. Wieviel Mühe hatte Gott mit ihm, bis er endlich in der Nacht am Jabbok ihm seine Hüfte verrenken und seine Selbständigkeit nehmen konnte, an deren Stelle nun die Abhängigkeit trat! Soll ich an David erinnern, der ein Mann nach dem Herzen Gottes war, und doch ein Ehebrecher und ein Mörder wurde? An Salomo, der einen so schönen Anfang machte und als Götzendiener endete?

Nur an ein paar Gestalten des Neuen Testaments will ich noch erinnern. An Judas, der einer der Zwölfe war, aber nicht loskam von seinem Gebundensein an das Geld. An Ananias und Saphira, die durch ihren Ehrgeiz umgebracht wurden; an Demas, der die Welt wieder liebgewann, obwohl er schon ein Mitarbeiter des Apostels Paulus geworden war. All die Dinge, die uns binden, stören unseren Frieden, hindern unser wahres Glück. Was für eine Torheit ist es darum, sich nicht lösen zu lassen von seinen Gebundenheiten! Das Leben wird erst lebenswert, wenn man „in Christo„ lebt. Dann wird auch die große Zukunftsfrage beantwortet, die so dunkel und drohend vor vielen Menschen steht. Dann weiß man, die Zukunft ist Herrlichkeit, denn man geht: zu Gott. Weißt du das? Du sprichst doch nicht: das kann kein Mensch wissen? Gewiss, das kann man wissen und das darf man wissen. Der Apostel Paulus hat das ganz sicher gewusst: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer und Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine Kreatur kann mich scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.“

Und ein andermal schreibt er: „Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi.„ Ja, er wusste es so zuversichtlich, dass er zu Gott ging, dass er sagen konnte: „Sterben ist mein Gewinn.“ Keiner seiner Briefe ist so voll von Äußerungen seiner Freude und von Aufforderungen zur Freude, wie gerade der Philipperbrief, den er aus der Gefangenschaft in Rom geschrieben hat, in der Erwartung des Todes durch Henkershand. Gott sei Dank, diese Heilsgewissheit, diese Zukunftsgewissheit dürfen auch wir haben. Wenn unsere Namen im Buch des Lebens geschrieben stehen, dann wissen wir, dass wir einen Platz haben in der Stadt unseres Gottes, Haus- und Bürgerrecht im Himmel. Wir sind ganz getrost, denn wir wissen: am Ende aller Not kommt der Tag der Wiederkunft Christi.

Unsere Vergangenheit ist Sünde, unsere Gegenwart ist Gnade, unsere Zukunft ist Herrlichkeit - Dank dem Herrn, der von Gott kam, der in Gott war und zu Gott ging. Steht deine Gegenwart unter der Gnade Gottes? Liegt auf deiner Zukunft das Licht göttlicher Herrlichkeit? Jesus weiß!

Jesus stand vom Abendmahl auf, legte seine Kleider ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich. Danach goss er Wasser in ein Becken, hob an, den Jüngern die Füße Z„ waschen, und trocknete sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war. Da kam er z» Petrus; der sprach zu ihm: Herr, solltest du mir meine Füße waschen? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, das weißt du jetzt nicht, du wirst es aber hernach erfahren. Da sprach Petrus zu ihm: Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil an mir. Spricht zu ihm Simon Petrus: Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt t Spricht Jesus zu ihm: Wer gewaschen ist, der bedarf nichts als noch die Füße waschen; denn er ist ganz fein. Und ihr seid rein, aber nicht alle. Denn er wusste seinen Verräter wohl, darum sprach er: Ihr seid nicht alle rein. Vers 4-11

Jesus dient

Eine wunderbare Geschichte! Eben hat der Herr das festliche Passahmahl mit seinen Jüngern gehalten, das die Israeliten erinnert an die Errettung aus Ägyptenland, und dabei das Heilige Abendmahl eingesetzt, das uns an die größere Errettung erinnert, die Jesus durch sein Blut bewirkt und vollbracht hat, - da steht er auf, legt sein Oberkleid ab, bindet sich eine Schürze um und gießt Wasser in ein Becken. Wie werden die Jünger mit verwunderten Augen dem Herrn zugeschaut haben! Aber ihr Staunen wuchs, als er niederkniete und anfing, ihnen die Füße zu waschen. Sie waren so verlegen und betreten, dass sie kein Wort herausbrachten. Erst als der Herr an den Petrus kam, wurde das lastende Schweigen gebrochen. Petrus weigerte sich, sich vom Herrn die Füße waschen zu lassen. Da sagte ihm der Herr wichtige Worte, die auch für uns von Bedeutung sind, von denen wir viel lernen können.

Wir wollen auf ein Dreifaches achten! Jesus beschämt die Jünger - durch seinen Sklavendienst. Jesus verspricht den Jüngern - spätere Aufklärung. Jesus belehrt die Jünger - über die nötige Reinigung. Das erste ist: Jesus beschämt die Jünger durch seinen Sklavendienst. Was war das doch für eine Erniedrigung für den Sohn Gottes, den Eingeborenen vom Vater, seinen Jüngern diesen Dienst zu leisten, den sonst die Sklaven zu verrichten pflegten. Paulus schreibt von ihm: Er erniedrigte sich. Ja, das tat er. Und das war es, was die Jünger so verstummen ließ. Sie wussten nicht, was sie zu dieser Handlungsweise des Herrn sagen sollten. Darum ließen sie sich den Dienst des Herrn schweigend gefallen, weil sie durch denselben ganz und gar überrascht waren. Noch nie hatte der Herr so etwas getan. Immer hatten sie ihn bedient als ihren Herrn und Meister - und nun bediente er sie?

Was wollte er ihnen damit sagen? Offenbar dies, dass das Wesen des Christentums Selbstverleugnung ist. Gesagt hatte er ihnen das schon längst, damals schon, als er ihnen sagte: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst! Aber das war für sie ein bloßes Wort geblieben. Nun macht er ihnen das Wort eindrücklich durch die Tat. Nun sollen sie es nicht nur mit den Ohren hören, sondern mit den Augen sehen, dass das Wesen wahren Christentums Selbstverleugnung ist und dienende Liebe.

Eben noch hatten die Jünger sich gestritten, wer der Größte wäre. Jeder glaubte, darauf Anspruch zu haben. Jeder wollte groß und hoch sein. Nun gibt ihnen Jesus durch sein Tun Anschauungsunterricht, dass wahres Christentum nicht nach hohen Dingen strebt, sondern dass es sich herunterlassen, sich erniedrigen, sich selbst verleugnen kann.

Wenn Selbstverleugnung das Wesen wahren Christentums ist, wie viele haben dann dies wahre Wesen begriffen! Oder soll ich lieber sagen: wie wenige? Ich fürchte, dass das Christentum vieler, vieler Christen da aufhört, wo es eigentlich anfangen sollte.

Wie spielt doch unser Ich eine so große Rolle! Wie sucht es sich durchzusetzen! Sich nur nichts vergeben! Sich nur nichts gefallen lassen! Das ist die Losung, die das Ich so gern ausgibt. Und wie viele, die sich von ihrem Ich regieren und tyrannisieren lassen!

Solange das Ich regiert, solange wird man abgehetzt. Man kommt gar nicht zur Ruhe. Wir machen Ansprüche an die Menschen, Ansprüche an das Leben. Und wenn unsere Ansprüche nicht erfüllt und befriedigt werden, dann sind wir verstimmt und gekränkt und verärgert. War das bei dir nicht auch so? Ich weiß etwas davon zu sagen, wie das Ich uns hetzen und treiben kann - und wie man sich so oft in den Ärger und in die Erregung hineintreiben lässt Solange das Ich regiert, werden wir abgehetzt. Aber wenn das Ich abgesetzt wird, dann kommt man zur Ruhe, dann beginnt der wahre Ruhestand. Abgehetzt - oder abgesetzt, was bist du? Bist du noch abgehetzt? Ach, dann bist du ein armer, zerrissener und unglücklicher Mensch. Bist du aber abgesetzt, dann bist du tief glücklich, weil die Ichtyrannei ein Ende hat.

Die Jünger waren abgehetzt. Sie mussten sich streiten, wer der Größte wäre. Bei Jesu war das Ich abgesetzt. Er stand ihnen in tiefer Seelenruhe gegenüber. Er brauchte sich nicht zu behaupten und durchzusetzen. Er konnte sich selbst verleugnen. Hast du schon diese Lektion gelernt? In der Theorie bist du gewiss ganz mit mir einverstanden, aber bist du es auch in der Praxis? Zwischen Theorie und Praxis ist oft ein großer Unterschied. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe gefunden, dass es wirklich gesegnet ist, wenn man das Wort von der Selbstverleugnung nicht nur im Kopf hat, sondern auch im Herzen, wenn man es nicht nur weiß, sondern auch tut. Selbstverleugnung! Wie wird sie unserem natürlichen Menschen so schwer - und wie ist sie doch so gesegnet, wenn man sich dazu entschlossen hat:

„Ich kann, ich will nicht mehr mir selber leben,
mein stolzes Herz hat mich zu oft betört!“

Wenn der Sohn Gottes sich so erniedrigen konnte, was für eine Arbeit gäbe es dann wohl, deren wir uns schämen müssten?

Einst stand in Italien eine Äbtissin im Rufe besonderer Heiligkeit. Da erbot sich der Kanzler des Papstes, Philippe Neri, die Sache zu untersuchen. Er reiste hin zu dem Kloster, in dem die Äbtissin lebte. Dort angekommen, ließ er sich alsbald bei ihr melden. Als sie hörte, dass ein Abgesandter des Papstes da sei, kam sie eilends, gewiss, dass ihr der Papst eine besondere Anerkennung für ihre Heiligkeit zuteil werden lasse. Aber wie staunte sie, als Neri ihr seine beschmutzten Stiefel hinhielt und sagte: „Ach, zieh mir doch meine schmutzigen Stiefel aus!„ Da erklärte die Äbtissin: „Was fällt euch ein?“ und rief eine Novize, um diesen Dienst zu tun. Neri aber wartete nicht darauf, sondern verließ das Kloster wieder. Dann meldete er dem Papste: „Sie ist keine Heilige!„ Der Papst fragte: „Wie hast du das so schnell herausgebracht?“ Neri antwortete: „Sie kann nicht dienen. Sie ist nicht demütig!„

Wie beschämt doch der Herr Jesus seine Jünger, und wie beschämt er uns mit seiner Selbstverleugnung! Ich wollte, wir lernten es, uns so gründlich vor ihm zu schämen, dass wir endlich unsere Ichsucht leid würden, dass wir endlich begriffen, dass wahres Christentum mit der Selbstverleugnung überhaupt erst anfängt!

Wie oft haben wir schon Arbeiten abgeschoben, die uns nicht gut genug waren, für die wir uns zu schade hielten! „Das kann jemand anders machen!“ Wie oft haben wir schon diesem „Jemand anders„ die Arbeit zugeschoben, die uns nicht passte! Wie verstehen sich schon die Kinder darauf, alles, was ihnen unangenehm ist, diesem „Jemand anders“ zuzuschieben. „Ich soll auch immer Kohlen heraufholen! Das kann mal Jemand anders' tun!„ Und als große und erwachsene Leute sprechen wir auch noch so?

Wie hat Jesus die Jünger beschämt, die sich um den ersten Platz stritten, als er den letzten Platz einnahm! Sie wollten gern hoch hinaus. Er wollte tief hinab. Die Fischer und Zöllner von Galiläa wollten etwas scheinen vor den Leuten. Und der Eingeborene vom Vater wollte auf alles verzichten. Gott helfe uns zu einer so gründlichen Beschämung, dass wir endlich das Ich absetzen vom Thron, damit der Platz frei wird für den Herrn!

Die zweite Lehre, die wir aus der Geschichte der Fußwaschung entnehmen, ist die: Jesus verspricht den Jüngern spätere Aufklärung.

Petrus weigert sich, als der Herr zu ihm kommt, sich von ihm die Füße waschen zu lassen. Er sagt abwehrend: „Herr, solltest du mir meine Füße waschen?“ Darauf antwortet der Herr: „Was ich tue, das weißt du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.„

Gewiss, es war dem Petrus unverständlich, was der Herr tat. Es musste ihm auch unverständlich erscheinen, wie der Herr dazu kam, seinen Jüngern einen solchen Sklavendienst zu tun. Darum weigerte er sich, sich diesen Dienst gefallen zu lassen. Hätten wir es nicht ebenso gemacht? Wenn wir etwas haben fallen lassen und eine hochgestellte Persönlichkeit oder ein alter Mann, eine alte Frau bückt sich danach, wehren wir dann nicht auch ab und sagen: „Aber bitte, lassen Sie doch?“ Jetzt verstand Petrus noch nicht, was der Herr durch seine Erniedrigung sagen wollte. Als aber der Geist der Pfingsten gekommen war, da schaute er in die Tiefe der Barmherzigkeit hinein, da erkannte er, dass diese Erniedrigung bei der Fußwaschung nur ein Abbild war von der viel tieferen Erniedrigung bis zum Tode, ja, bis zum Tode am Kreuz. Da verstand er seinen Meister. Da konnte er davon reden zu den Tausenden, die zum Fest nach Jerusalem gekommen waren.

So unverständlich, wie das Tun Jesu bei der Fußwaschung für seine Jünger war, ist sein Tun auch oft für uns in der Gegenwart. Wie oft, dass wir die Wege nicht verstehen, die er uns führt! Bekannt ist jenes treffende Gleichnis von der Stickerei - etwa eines Sofakissens. Wenn man die Stickerei von der Unterseite beschaut, so findet man ein scheinbar wirres Durcheinander. Da sind abgerissene Fäden. Da sind Farben - scheinbar ohne Sinn und Verstand. Dreht man aber die Stickerei um und sieht sie von der Oberseite an, so sieht man, dass alles Zweck hatte, dass in dem scheinbaren Durcheinander eine wunderbare Harmonie sich offenbart. Da hat jede Farbe und jeder Stich den rechten Platz. Da sind Rosen, da sind Knospen, da sind Blätter, da ist der Untergrund. Was man beim Blick auf die Unterseite der Stickerei nicht verstehen konnte, das versteht man, wenn man sie von oben her ansieht. So ist's auch mit unserem Leben. Da ist oft ein scheinbares Durcheinander. Da wird die teure Mutter aus dem Kreise der Familie weggerissen. Die Kinder hätten die Mutter noch so nötig gehabt. Und bange fragen die Hinterbliebenen: „Warum, Herr, warum?„ Da stirbt ein Vater, der einzige Ernährer und Versorger der Seinen, die in Kummer und Sorge zurückbleiben - und nebenan im Hause wohnt ein Alter, der sich nach dem Tode sehnt - und der Tod kommt nicht. Wie oft geht es so im Leben, dass man die Wege Gottes nicht verstehen kann. Das ist schon dem Psalmisten Asaph so gegangen, dass er das Walten Gottes nicht verstand. Im 73. Psalm erzählt er uns davon. Es verdross ihn der Ruhmredigen, als er sah, dass es den Gottlosen so wohl ging. Schier wäre er gestrauchelt, als er so dem unverständlichen Walten Gottes nachsann. Aber da ging er endlich ins Heiligtum, da sah er die Sache einmal von Gottes Seite her an. Da kam er zurecht. Und da rang er sich zu dem Dennoch des Glaubens durch: Ob ich deine Wege verstehe oder nicht - „dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand; du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich mit Ehren an“. Und dann fährt er fort und schreibt das gewaltige Wort: Wenn es auch in meinem Leben drunter und drüber geht, wenn ich Trübsale und Leiden zu erdulden habe, es macht mir nichts aus -: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.„

Da hatte er sich zurechtgefunden. Nun ruht er in der Liebe Gottes, im völligen Vertrauen, dass Gott keine Fehler macht. Noch zwei Bilder aus der Bibel, eins aus dem Alten und eins aus dem Neuen Testament. Da ist Joseph in Ägypten. Er nimmt seinen Bruder Simeon „und band ihn vor ihren Augen“ (1. Mose 42, 14). Seine Brüder sehen nur die Hände, sie sehen, wie unbarmherzig sie den Bruder fesseln. Ach, hätten sie einen Blick tun können in Josephs Herz - und wie dasselbe von heißer Liebe wallte, wie er sich zusammennehmen musste, um nicht laut loszuweinen. Das wussten sie jetzt noch nicht. Sie haben es aber hernach erfahren.

So sehen wir oft auch Gottes Hände etwas tun, was uns hart und grausam erscheint. Und doch ist sein Herz voll Liebe zu uns. Wir sehen es nur nicht. Wir verstehen es nur nicht. Wir werden es aber hernach erfahren.

Das andere Bild ist Paulus. Dreimal betet er um Wegnahme seines Pfahls, um Befreiung von seinem Leiden. Und - der Herr erhört sein Flehen nicht. Er muss seinen Pfahl behalten. War das Liebe? Wenn er ihm den Pfahl genommen hätte, dann war die Gefahr groß, dass Paulus sich der hohen Offenbarungen und Segnungen überhöbe, dass er auf seine Erfolge eingebildet geworden wäre und dass der Herr ihn darum hätte ausschalten müssen aus seinem Dienst. Dass Paulus ein gesegnetes Werkzeug in der Hand Gottes bleiben durfte, das dankte er - seinem Pfahl.

Gott macht keine Fehler. Gott ist Liebe. Das ist eine gewisse Wahrheit. Darum, wenn wir sein Walten nicht verstehen, wollen wir die Hand auf den Mund legen und schweigen. Als Johannes der Täufer den Herrn zur Taufe kommen sah, da weigerte er sich erst auch. Aber als dann Jesus zu ihm sprach: „Lasst es jetzt also sein! Es gebührt uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen!„ da gehorchte er, da ließ er's ihm zu. So hätte Petrus auch sprechen und gehorchen sollen. Er hat's nicht getan. Wollen wir es nicht tun? Ihm gehorchen und vertrauen, auch wenn wir ihn nicht verstehen? Die dritte Wahrheit aus der Geschichte der Fußwaschung ist: Jesus belehrt die Jünger über die nötige Reinigung. Als Jesus dem Petrus die Füße waschen wollte, wehrte sich Petrus und sagte: „Herr, solltest du mir meine Füße waschen?“ Jesus antwortete darauf und sprach: „Was ich tue, das weißt du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.„ Aber anstatt sich nun mit dem Tun Jesu einverstanden zu erklären, wie Johannes der Täufer tat, blieb er bei seiner Weigerung: „Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen!“ Da sprach Jesus zu ihm: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir.„

Das kann Petrus nicht ertragen. Kein Teil an seinem geliebten Meister haben? Unmöglich! Schnell in seiner Meinung umgestimmt, spricht er nun: „Herr, nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt!“ Das soll heißen: Wenn diese Waschung bedeutet, Teil an dir haben, dann will ich ganze Gemeinschaft mit dir haben! Das lehnt aber Jesus ab und spricht: „Wer gewaschen ist - eigentlich: wer gebadet ist -, der bedarf nichts denn die Füße waschen, sondern er ist ganz rein.„ Und dann fügt er hinzu, indem er seinen Blick über die Jünger gleiten lässt: „Und ihr seid rein, aber nicht alle.“

Was will uns der Herr mit diesen Worten sagen? Zunächst einmal dies, dass es das Allernotwendigste ist, dass er uns wäscht. Wen er nicht wäscht, der hat kein Teil an ihm. Dass der Herr hier das äußere Waschen als Sinnbild einer inneren Waschung meint, ist wohl selbstverständlich. Wenn wir Teil an Christo haben wollen, müssen wir von ihm gewaschen werden. Das ist eine Wahrheit, die so selbstverständlich ist, dass man sie gar nicht mehr besonders betonen sollte. Und doch tut es Not. Wieviele meinen, Christen zu sein-aber gewaschen von Christo sind sie nicht. Wie viele meinen, dem Herrn dienen zu können - aber gewaschen von Christo sind sie nicht. Man kann keinen Dienst für den Herrn tun, wenn er nicht zuerst uns gedient hat. Man kann kein Jünger, keine Jüngerin des Herrn sein, ohne dass der Herr uns gewaschen hätte von unseren Sünden.

Nur so bekommen wir Teil an Christo, dass er uns von unseren Sünden wäscht, dass wir mit Paulus sagen können: „In Christo haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade„ (Eph. 1, 7). Bist du gewaschen? Oder meinst du, das nicht nötig zu haben? Lass dir doch von Jesus das Wort sagen: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir.“ Die äußere Zugehörigkeit zur Kirche oder zu einer Gemeinschaft oder zu einer Freikirche rettet uns nicht. Unser Getauft- und Konfirmiertsein rettet uns nicht. Wir müssen gewaschen werden. Die nur stehen in der Herrlichkeit vor dem Thron des Lammes, die ihre Kleider gewaschen und helle gemacht haben. Wo Vergebung der Sünden ist, sagt Luther, da ist auch Leben und Seligkeit. Und wo keine Vergebung der Sünden ist? Da ist Tod und Verdammnis. Das ist furchtbar ernst. Darum lasst uns das Wort Jesu in seinem ganzen Ernst zu Herzen nehmen: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir.„

Der schnell umgestimmte Petrus will nun eine Waschung haben an Haupt und Händen und Füßen. Aber das lehnt der Herr ab mit den Worten: „Wer gewaschen, wer gebadet ist, der bedarf nichts, denn die Füße waschen.“ Dieses Waschen, das der Herr hier als Baden bezeichnet, ist die Ganzwaschung, die die Schrift sonst Wiedergeburt nennt. Da kommt der ganze alte Mensch unter das reinigende und rettende Blut. Da wird seine ganze Vergangenheit mit all ihrer Schuld und Sünde abgewaschen. So wie Paulus an die Korinther schreibt, wo er zuerst von furchtbaren Sünden spricht und dann sagt: „Solche sind euer etliche gewesen; aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesu und durch den Geist unseres Gottes.„

Gott sei Dank, dass es eine solche Waschung gibt, in der unser ganzes altes Leben mit seinen Sünden und Schanden versinkt und ertrinkt im Meer der Gnade und Barmherzigkeit. Wer dieses Bad der Wiedergeburt erfahren hat, der bedarf nichts denn die Füße waschen, sondern er ist ganz rein, wie Jesus sagt. Damit meint er, wer wiedergeboren ist, der braucht nicht und kann nicht noch einmal wiedergeboren werden. Wer die Wiedergeburt durch Wort, Geist und Blut erlebt hat, der ist wiedergeboren. Es gibt keine wiederholte Wiedergeburt.

Aber auch Wiedergeborene bedürfen der Fußwaschung. Wer über die staubigen und schmutzigen Straßen der Welt geht, der besudelt sich. Das ist ganz unvermeidlich. Darum bedarf er immer wieder der Fußwaschung.

Wie selbstverständlich erscheint das doch! Und doch gibt es manche gläubige Christen, die meinen, der täglichen Fußwaschung nicht zu bedürfen. Sie können das Vaterunser nicht beten, weil darin die bitte vorkommt: „Vergib uns unsere Schulden.“ Sie sagen: Wir stehen auf dem Boden der Sünden-Vergebung, unsere Schuld ist vergeben. Darum brauchen wir doch nicht mehr darum zu beten. Wer recht zusieht, der findet, dass es gar nicht heißt: vergib uns unsere Schuld, wie man es gewöhnlich spricht, sondern: vergib uns unsere Schulden. Das Wort steht in der Mehrzahl. Der Herr meint damit die täglichen Verfehlungen und Versündigungen in Gedanken, Worten und Werken, das tägliche Beschmutzen der Füße an dem Staub und Schmutz der Welt, die wir durchwandern. So spricht auch Luther in seiner ersten These: „Unser Herr und Meister Jesus Christus, der da spricht: „Tut Buße“ usw., hat damit gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.„ Es gab eine Zeit, da viele Kinder Gottes dachten, die Buße sei etwas, was man einmal tue, und dann sei man damit fertig. Ich habe auch so gedacht. Ich denke längst nicht mehr so. Je älter man wird, um so mehr erkennt man, wie tief unser Sündenverderben ist. Wir haben ja nicht nur einzelne Sünden getan, sondern wir sind sündig durch und durch. Und darum muss unser Leben, wie Luther gesagt hat, Buße sein. Ach, wenn wir an unsere Gedankenwelt denken - was für Gedanken gehen doch durch unseren Sinn! Wie hochmütig können wir uns doch über andere erheben! Wie nahe liegt uns das Pharisäergebet: Ich danke dir Gott, dass ich nicht so bin wie andere Leute! Und gehen nicht auch Gedanken der Unreinheit uns durch den Kopf? Wer könnte sich davon freisprechen? Jesus sagt: „Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon die Ehe gebrochen in seinem Herzen.“ Wenn man schon ein Ehebrecher ist mit einem lüsternen Blick, einem unreinen Auge, einem begehrlichen Gedanken - wer ist dann keiner?

Und wie steht's um unsere Worte, unsere Gespräche? Ach, wieviel wird geklatscht und hinter dem Rücken geredet! Wie ernst mahnt die Schrift, das zu unterlassen - und doch geschieht es immer wieder. Und wie lieblos war manches Wort, das wir sprachen! Überleg dir doch einmal, ob es nicht so war! Ob du es nicht oft hast an der Liebe fehlen lassen. Der Apostel sagt: Wer da weiß, Gutes zu tun, und tut's nicht, dem ist es Sünde. Wer hätte sich nicht solcher Unterlassungssünden anzuklagen, wo er eine Gelegenheit gehabt hätte, Liebe zu üben, Freundlichkeit zu erzeigen, und die Gelegenheit wurde nicht benutzt!

Und wie steht's mit unserem Tun? Stand all unser Tun unter der Zucht und Leitung des Heiligen Geistes? Oder haben wir manches getan nach nach eigenem Dünken und Meinen? Und dann unser Umgang mit Gott! Wie stand's um unser Bibellesen? Haben wir uns Zeit dafür genommen oder besser: haben wir dem Herrn Zeit gelassen, mit uns zu reden durch sein Wort? Wieviel Versäumnisse verklagen uns auf diesem Gebiete!

Ist es mit dem Beten besser gewesen? Sind da die Versäumnisse nicht noch größer? Wieviel Zeit nimmst du dir täglich für den Umgang mit Gott?

Wenn wir uns so in das Licht Gottes stellen, dann merken wir: wir brauchen Vergebung. Wer kann merken, wie oft er fehlt? fragt der Psalmist. Und dann betet er: „Verzeihe mir die verborgenen Fehle!„

„Wer gewaschen ist, der bedarf nichts, denn die Füße waschen“, sagt Jesus. Aber der Fußwaschung bedarf er immer wieder. Das ist die tägliche Reinigung, die tägliche Vergebung. „Es ist ja unser Tun nicht rein auch in dem besten Leben.„

Wenn der Herr uns die Füße waschen will, wollen wir doch dankbar dafür sein! Wir wollen Gebrauch machen von der Sündenvergebung, die er uns bietet. Wir brauchen sie ja so nötig. Nur so können wir vor Gott bestehen, wenn wir immer wieder bitten: Vergib uns unsere Schulden! Das ist gewisslich wahr!

Da er nun ihre Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und setzte sich wieder nieder und sprach abermals zu ihnen: Wisset ihr, was ich euch getan habe? Ihr heißet mich Meister und Herr und saget recht daran, denn ich bin1 s auch. Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch die fuße gewaschen habe, so sollt ihr auch euch untereinander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, dass ihr tut, wie ich euch getan habe. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch der Apostel größer als der, der ihn gesandt hat. Vers 12-16

Jesus, der Herr

Als der Herr seinen Jüngern die Füße gewaschen hatte, fragte er sie: „Wisset ihr, was ich euch getan habe?“__Die Jünger sahen ihn an und schwiegen. Sie erwarteten, dass er die Antwort auf die Frage geben würde. Denn sie wussten nicht, was dieses Tun Jesu zu bedeuten hatte.

Da fuhr er fort: „Ihr heißet mich Meister und Herr und saget recht daran, denn ich bin es auch.„ Das stellt er mit klaren Worten fest: Ich bin der Herr.

Und dann sagt er: „So nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt ihr auch euch untereinander tun, wie ich euch getan habe.“ In diesen Worten spricht der Herr es aus, dass er zweierlei von seinen Jüngern erwartet. Sie schulden ihm als ihren Herrn Gehorsam und sie schulden sich untereinander Liebe. Lasst uns dem einmal nachdenken, was das heißt: Wir schulden ihm Gehorsam als unserm Meister und Herrn. Wenn er unser Herr ist, dann bedeutet das, dass wir nicht tun können, was wir wollen, sondern dass wir in allem zu fragen haben: Herr, was willst du, dass ich tun soll? An die Korinther schreibt Paulus: „Ihr seid teuer erkauft, darum preiset Gott an eurem Leibe und in eurem Geiste, welche sind Gottes„, d. h. welche Gott gehören. Also Leib und Geist gehören Gott, sind Gottes Eigentum. Dann können nicht wir darüber verfügen, sondern das kann nur der Herr.

Wenn wir sein Eigentum sind, wenn er unser Herr ist, was heißt das im einzelnen?

Das heißt z. B., dass wir mit unseren Augen nicht machen können, was wir wollen, denn sie sind sein Eigentum. Wie leicht steigt der Feind durch diese Fenster unserer Seele, um sie zu vergiften und zu verderben! Wer hätte das nicht schon erfahren, wie ein Bild, das man anschaute, ein Buch, das man las, die Seele vergiften und die Phantasie beflecken kann. Wie es aber mit den Augen ist, so ist es auch mit den Ohren. Auch damit dürfen wir nicht machen, was wir wollen. Wir dürfen nicht auf jeden Klatsch und auf jedes verleumderische Gerede hören. Wie leicht versündigt man sich, wenn man das tut! Denn die Gefahr ist groß, wenn uns so ein Klatsch erzählt wird, dass wir denselben glauben, ohne die Sache erst geprüft zu haben. Dadurch versündigen wir uns aber an dem ändern, über den da geredet und gerichtet wird. Und zu dieser ersten Gefahr kommt dann die zweite, dass man so leicht dahin kommt, den Klatsch weiterzutragen. Dadurch versündigt man sich dann auch an denen, die man durch das Gerede zur Sünde des Richtens verführt. Also Sünde über Sünde, wenn man seine Ohren nicht bewahrt vor dem Gerede über andere hinter ihrem Rücken. Und dasselbe ist der Fall, wenn wir hören auf zweifelhafte Scherze, auf zweideutige Lieder. Wie leicht benutzt der Feind auch die Ohren, um dadurch in unsere Seele einzusteigen! Und der gemeine Witz, das gemeine Lied will uns nicht mehr aus dem Sinn. Darum bedenke, dass Jesus auch der Herr deiner Ohren ist.

Sicherlich, wir werden manchem Gespräch nicht mehr unsere Ohren leihen, wenn wir daran denken: Jesus der Herr! Und wie stand und steht es mit unserem Munde? Auch darüber hat der Herr zu sagen. Waren wir dessen immer eingedenk bei unserem Sprechen? Haben wir nicht manches Wort gesprochen, das wir nicht gesprochen hätten, wenn wir daran gedacht hätten, dass Jesus der Herr auch unseres Mundes ist?

Jesus sagt im hohepriesterlichen Gebet: „Die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.“ Also, die Worte, die er sprach zu seinen Jüngern, sprach er nicht von sich aus, sondern der Vater hatte sie ihm gegeben. Aber wir sprechen Worte aus - leichtfertig, gleichgültig, gedankenlos, ohne uns des Einverständnisses unseres Herrn versichert zu haben. Wie manches bittere und kränkende und beleidigende Wort wäre nicht gesprochen worden, wie manches unwahre und verleumderische Wort hätten wir nicht gesagt, wie manches unreine Wort wäre nicht aus unserem Munde gekommen, wenn wir immer daran gedacht hätten: Jesus der Herr! Nun denn, wenn wir doch alle schon solche schmerzlichen Erfahrungen gemacht haben mit den Worten, die wir sprachen, wollen wir nicht dieses ganze große Gebiet unter die Herrschaft des Herrn stellen und nur sprechen: „was nützlich zur Besserung ist, wo es not tut, dass es holdselig sei zu hören„? (Eph. 4, 29).

Wir brauchen den Mund aber nicht nur zum Reden, wir brauchen ihn auch zum Essen und Trinken, Auch da wird es so oft vergessen: Jesus der Herr. Wie gebunden sind auch noch manche Kinder Gottes auf diesem Gebiete! Wie können sie sich erregen, wenn ihr „Leibgericht“ nicht ganz so geraten ist, wie es sein sollte!

Isaak war ein alter Gottesmann. Aber dabei war er ein Sklave seines Gaumens, seiner Zunge. Weil er so gern Wildbret aß, darum wollte er seinen Sohn Esau zum Träger des Segens machen, obwohl derselbe ein Fleischesmensch war, ganz und gar unfähig für eine göttliche und geistliche Aufgabe. Wieviel Kummer und Herzeleid hat Isaak dadurch über seine Familie gebracht, dass er so ein armer Gebundener seiner Zunge war!

Hast du noch nie nach dem größten und besten Stück ausgeschaut, hast du noch nie - scheinbar im Scherz, und doch in Wirklichkeit im Ernst - den Vers befolgt: „Bescheidenheit, Bescheidenheit, verlass mich bei Tische und hilf, dass ich jederzeit das größte Stück erwische?„

Und die Hände und die Füße - stehen auch unter der Herrschaft des Herrn. Wir können nicht tun und machen, was wir wollen, und keine Wege gehen, die uns recht dünken. Wir haben einen Herrn! Ist das denn nicht ganz furchtbar, so mit allem Tun und Lassen unter Aufsicht zu stehen? Was hat das Leben dann noch für einen Wert?! Wenn du so denkst, dann überleg dir doch einmal: Wieviel Sünde mit all ihrem Herzweh, das darauf folgte, wäre nicht geschehen, wenn dein Leben abhängiger von Jesu gewesen wäre! Wie manches Wort, das du gesprochen, hat dir nachher leid getan, wie manche Tat hast du bereut! Wieviel hättest du darum gegeben, wenn du dies und das hättest ungeschehen machen können! Wenn du diesen Weg nicht gegangen wärest, wenn du an diesen Ort nicht gekommen wärest! Nun, wenn solche Erinnerungen deine Seele belasten, dann gibt es nur einen Weg, dass du ganzen Ernst machst mit der Herrschaft Jesu, dass du deinen ganzen Leib mit all seinen Gliedern bewusst dem Herrn Jesus übergibst, dass du dich ihm zur Verfügung stellst als ein Werkzeug seiner Hand. Was aber von unserem Leibe gilt und seinen Gliedern, das gilt auch von unseren Gaben und Kräften. Unsere Geistes- und Seelenkräfte gehören auch dem Herrn. Er will sie haben und brauchen, um sich ihrer zu bedienen. Darum dürfen wir sie nicht verzetteln und zersplittern. Wieviel mehr würde aus dem Leben mancher Kinder Gottes herauskommen, wenn sie ihre Kräfte nicht so zersplitterten! Gott will, dass die Reben unseres Lebens Frucht bringen, Frucht für Gott! Da gilt es aber, dass alle überflüssigen und überschüssigen Triebe abgeschnitten werden, sonst nehmen sie den Trauben Kraft und Saft weg.

Wenn das die eine große Lebensaufgabe ist, dass wir Frucht für Gott bringen, dann wollen wir doch alles lassen, was diese Frucht hindern und beeinträchtigen könnte. „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“, sagt der Dichter. Dieses Wort gilt auch vom Christenleben. Wenn man schon im irdischen Leben nur solche Leute brauchen kann, die sich für ihren Beruf wirklich einsetzen, um Tüchtiges darin zu leisten, so gilt das noch viel mehr von unserem Reichsgottesberuf.

Darum wollen wir doch ja unsere ganze Kraft dafür einsetzen, dass unser Leben eine reiche Frucht für Gott ergebe! Was uns in diesem Streben nicht fördert, das hindert uns. Und wie war's mit unserer Zeit, dieser kostbaren Gnadengabe unseres Gottes? Wie wenige haben den Wert der Zeit erkannt! Wie viele „vergeuden„ die Zeit oder „verlieren“ sie! Wie viele „vertreiben„ sich die Zeit oder „schlagen sie tot“. So geht man mit dieser Gabe Gottes um! Wir müssen auch einmal Rechenschaft geben von der Zeit und was wir mit ihr gemacht haben.

Dasselbe gilt von unserem Geld. Es ist ja eigentlich gar nicht ,,unser„ Geld, sondern es ist sein Geld. Für ein paar Jahre sind wir zu Verwaltern und Haushaltern bestellt, dann kommt die Zeit, wo wir nicht mehr Haushalter sein können. Ich fürchte, dass dann manche Kinder Gottes unter die Anklage gestellt werden, anvertraute Gelder unterschlagen zu haben. Das meine ich nicht im Sinne des Strafgesetzbuches, sondern so: dass Kinder Gottes mit ihrem Gelde so umgegangen sind, als wären sie die Herren, als könnten sie damit machen, was sie wollten. Und darum haben sie so viel ausgegeben für eigene Bedürfnisse und haben so wenig übrig gehabt für Gott und seine Sache. Jesus sagt zu den Seinen: „Ihr nennt mich Meister und Herr, und ihr tut recht daran, denn ich bin es auch.“ Hast du das mit ganzem Ernst bedacht: Jesus der Herr? Wenn der Herr von uns ihm gegenüber Gehorsam verlangt, dann verlangt er von uns noch etwas anderes unseren Brüdern gegenüber, nämlich Liebe. Er sagt: „So nun ich, euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt ihr auch euch untereinander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, dass ihr tut, wie ich euch getan habe.„

Einander in Liebe dienen, das ist es, was der Herr mit diesen Worten von den Seinen fordert. Und mit Recht. Bilden doch alle Kinder Gottes zusammen einen Leib, an dem Christus das Haupt ist. An die Korinther schreibt Paulus: „Ihr seid aber der Leib Christi und Glieder, ein jeglicher nach seinem Teil.“

Was für eine wunderbare Predigt hält uns doch unser Leih über den Dienst der einzelnen Glieder! Da liegt irgendwo ein Gegenstand, den ich gerne haben möchte. Ich kann ihn aber nicht ergreifen, weil mein Arm nicht soweit reicht. Kaum ist der Gedanke in meinem Kopf entstanden, dass ich diesen Gegenstand gern haben möchte, dann kommen die Füße dem Arm und der Hand zu Hilfe. „Wenn der Arm nicht lang genug ist„, sagen die Füße, „dann tragen wir dich hin.“ Und alsdann setzen sie sich in Bewegung und bringen mich dem ersehnten Gegenstand so nahe, dass ich ihn ergreifen kann. Ein anderes Bild. Ich habe mir in den kleinen Finger der linken Hand einen Dorn gestoßen. Kaum ist das geschehen, kaum ist auf dem Wege drahtloser Nerven-Telegraphie das dem Gehirn gemeldet worden, dass da ein Unglück geschehen ist, da kommt die rechte Hand schon zur Hilfe. Ich weiß nicht, was sie gerade tut, womit sie gerade beschäftigt ist. Aber ich weiß, dass sie sofort alles liegen und stehen lässt, um dem kleinen Patienten zu Hilfe zu kommen und ihn von dem Dorn zu befreien.

Solch eine Liebesgemeinschaft besteht unter den Gliedern unseres Leibes. Die rechte Hand denkt nicht daran, uns zu sagen: „Ich muss auch immer helfen! Wenn irgend etwas los ist, gleich muss ich heran!„ Nein, es ist ihr eine Selbstverständlichkeit, zu lieben und zu dienen. Und die Füße denken gar nicht daran, zu sagen: „Natürlich, nun müssen wir wieder helfen, weil der Arm nicht lang genug ist! Den ganzen Tag sitzen wir im Gefängnis der Schuhe, haben die Last des ganzen Leibes zu tragen - und doch müssen wir bei jeder Gelegenheit zu Hilfe kommen. Wir tun nicht mehr mit!“ Nein, so sprechen die Füße nicht. Es ist ihnen eine Selbstverständlichkeit, zu lieben und zu dienen. Und siehe, das möchte der Herr Jesus, dass es so auch unter den Gliedern des Leibes Christi zuginge - das war ihm so schmerzlich, dass es unter seinen Jüngern so ganz anders zuging, dass sie nicht einander halfen und dienten, sondern dass jeder nur an sich dachte und der Größte sein wollte. Und das ist ihm noch heute schmerzlich, dass es diese dienende Liebe unter den Gliedern seines Leibes so wenig gibt. Wieviel Großmannssucht, wieviel Selbstliebe auch bei Kindern Gottes! Der Herr Jesus hat als die Summa der Gebote bezeichnet, dass wir Gott lieben von ganzem Herzen und unsern Nächsten wie uns selbst. Was meint er damit? Ich habe einst in der Schule gelernt, wir sollten den Nächsten so lieben, wie wir uns selber lieben. Ob das wohl das rechte Verständnis des Wortes ist. Ich fürchte, wenn ich erst die Erlaubnis bekomme, mich selbst zu lieben, dass ich davon so ausgiebig Gebrauch mache, dass für den Nächsten nicht viel mehr übrig bleibt. Denn es ist doch eine traurige Wahrheit, die die Menschen scherzhaft so ausdrücken: „Erst komme ich und dann komme ich noch einmal und dann kommst du noch lange nicht!„ Nein, der Herr meint etwas anderes mit diesem Wort. Wir sollen unseren Nächsten lieben als unser Ich. Er soll unsere erste Person sein. Wir sollen in erster Linie an ihn denken, für ihn besorgt sein, ihm helfen, ihm dienen - mit Zurückstellung des eigenen Ich. So wie der natürliche Mensch zuerst an sich denkt, so sollen wir an den Nächsten denken.

Jesus hat es uns so vorgelebt. Alles, was er tat, geschah für J uns. Er kam auf diese Welt - für uns. Er litt und starb - für uns. Er stand auf von den Toten und fuhr gen Himmel - für uns. In allem war er auf uns bedacht und für uns besorgt. Die Fußwaschung war davon nur ein Beispiel. Sein ganzes Leben war dienende Liebe. Sein ganzes Sterben war dienende Liebe. Nun möchte er, dass auch das Leben der Seinen dienende Liebe würde. War es das bei uns?

Wie war das Leben des Apostels Paulus? Es war dienende Liebe. In der Rede, die er an die Ältesten von Ephesus richtet, die er nach Milet hat kommen lassen, gibt er eine Art Rechenschaftsbericht über sein Leben und Wirken in Ephesus. Darin sagt er das Wort: „Denket daran, dass ich nicht abgelassen habe drei Jahre, Tag und Nacht, einen jeglichen mit Tränen zu vermahnen.“ So fühlte er sich als ein Glied am Leibe Christi für seine Mit-Glieder verantwortlich. Er hatte ein reichliches, ausgefülltes Tagewerk. Er verdiente sich sein Brot mit seiner Hände Arbeit am Webstuhl mit seiner Zeltmacherei. Jeden Abend hielt er einen Vortrag in der Schule des Tyrannus. Und dann sagte er nicht: Aber nun bin ich müde, sondern er sagte bald zu dem einen, bald zu dem ändern: „Lieber Bruder, kann ich noch mit dir sprechen?„ Und dann saß er mit ihm stundenlang bis in die Nacht hinein zusammen, um über sein inneres Leben mit ihm zu reden. Dabei flössen reichliche Tränen, wenn er merkte, dass es mit dem Bruder nicht so stand, wie es stehen sollte, wenn er sah, dass der Bruder irgendwie gebunden war und darum nicht vorwärts kam im inneren Leben. Nicht in hochfahrender Weise von oben herunter sprach er mit ihm, sondern in dienender Liebe mit Tränen im Auge.

Der Mann hat seinen Meister verstanden! Und das hat er nicht durch Wochen getan, sondern drei Jahre lang, solange er in Ephesus war. Was für eine Arbeitsleistung!

So wert waren ihm die Brüder, dass er drei Jahre lang, bei Tag und Nacht nicht abließ, einen jeglichen mit Tränen zu vermahnen. Das war Fußwaschung. Das war ein Erfüllen des Wortes: „Ein Beispiel habe ich euch gegeben, dass ihr tut, wie ich euch getan habe.“

Und wir? Müssen wir uns nicht tief schämen vor dem Apostel, der so seinen Meister verstanden und sein Wort verwirklicht hat?

Vielleicht bist du auch Mitglied einer Gemeinschaft, wie ich. Weißt du, was das Wesen einer Gemeinschaft eigentlich ausmacht? Dass man in die Stunde geht und eine Bibelstunde anhört und ein frommes Lied singt und betet? Nein, das macht das Wesen der Gemeinschaft nicht aus. Sondern vielmehr dies, dass man sich füreinander verantwortlich weiß. Viele Gemeinschaften verdienen diesen Namen gar nicht. Man sollte sie christliche Gesellschaften nennen oder so ähnlich. Aber unter einer Gemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Menschen zu verstehen, die sich füreinander verantwortlich wissen, denen der andere so wert ist, dass man ihm in Liebe zu dienen sucht. Nicht wahr, wenn einer sich den Ärmel staubig gemacht hat, dann sagt man: „Erlaub mal!„ und macht ihm den Ärmel sauber. Ist uns seine Seele weniger wert als sein Ärmel? Wenn wir sehen, dass er in irgendeiner Gefahr des inneren Lebens ist, dann sollten wir ihn sich selbst überlassen und die Kainsfrage tun: Soll ich meines Bruders Hüter sein? Paulus hat's anders gemacht. Er hat mit dem Bruder gesprochen, denn er fühlte sich vor Gott für den Bruder verantwortlich. Gott gebe in unsere Gemeinschaften hinein den Sinn dienender Liebe! Dass wir nicht denken: wenn ich nur selig werde, sondern: wenn dem Bruder nur geholfen wird! Das hat der Herr Jesus gemeint und gewollt, als er seinen Jüngern die Füße wusch, um ihnen das Beispiel dienender Liebe zu geben.

Hast du schon solchen Dienst getan? Vielleicht sagst du: „Ach ja, das habe ich schon versucht; aber ich bin sehr übel dabei gefahren. Man hat sich nicht sagen lassen und sich meine Einmischung verbeten.“ Das mag sein. Aber das überhebt dich doch nicht deiner Verantwortung, die du für den Bruder hast. Und vielleicht - bitte, denke einmal darüber nach - vielleicht kam's auch heraus wie Kopfwaschung und nicht wie Fußwaschung. Vielleicht war der Ton, in dem du mit ihm sprachst, mehr der Ton des Richters als der des Priesters. Und - haben dir nicht auch die Tränen des Paulus gefehlt? Ach, dann versuch's doch noch einmal, aber nun in einer anderen Weise! Vielleicht, dass der Bruder dann doch mit sich reden lässt!

Und du, dem dieser Liebesdienst geschah, und der du ihn abgelehnt hast, - war das nicht doch sehr töricht von dir? Hättest du nicht für diesen Dienst sehr dankbar sein sollen? Sieh, der Bruder meinte es doch nur gut mit dir. Es war doch Liebe, die ihn dazu trieb, mit dir zu sprechen. Es war die Sorge um dich. Hast du das nicht herausgehört? Und das hast du dir nicht gefallen lassen? Da hast du dir selber im Lichte gestanden.

Bitte, lehne doch diesen Dienst nicht mehr ab in Zukunft, sondern lass ihn dir gefallen. Ja, noch mehr, ich möchte dir raten, darum zu bitten. Und diesen Rat möchte ich allen geben, die dies lesen. Wollt ihr nicht die anderen Brüder darum bitten, euch zu sagen, was sie etwa an euch sehen? Es ist doch eine Tatsache der Erfahrung, dass man sich selbst am wenigsten kennt. Der andere sieht an uns viel eher etwas, was wir selber noch gar nicht gesehen haben. Es ist doch nur eine Förderung unseres eigenen inneren Lebens, wenn er uns das sagt. Und darum sollten wir doch herzlich um diesen Liebesdienst bitten. - -

Und wir sollten diesen Dienst der Liebe nicht auf die anderen beschränken, wir sollten uns auch verantwortlich wissen für solche, die dem Herrn noch fernstehen. Sollen wir sie gehen lassen? Der Dichter sagt: „Du, der einst Rettung fand, eile zu retten! Jesus hat alles für alle getan!„ Das Heil ist nicht nur für uns da, es ist auch für die anderen da. Und darum gilt es, Ihnen dies Heil zu bezeugen, ihnen zu helfen - aber in dienender Liebe.

Gott helfe dir und mir, dass das Wort Jesu in unserem Leben verwirklicht und ausgeführt werde: „Ein Beispiel habe ich euch gegeben, dass ihr tut, wie ich euch getan habe.“ Ein Beispiel - dienender Liebe.

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch der Apostel größer als der, der ihn gesandt hat. Wenn ihr solches wisset, selig seid ihr, wenn ihr's tut. Nicht rede ich von euch allen; ich weiß, welche ich erwählt habe. Aber es muss die Schrift erfüllt werden (Psalm 41, 10): „Der mein Brot isset, der tritt mich mit Füßen.„ Jetzt sage icb's euch, ehe denn es geschieht, damit, wenn es geschehen ist, ihr glaubet, dass ich es bin. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer aufnimmt, wenn ich jemand senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. Vers 16-20

Jesus warnt

Mit einem doppelten Wahrlich beginnt der Herr diese Worte. Wenn er so ein doppeltes Wahrlich sagt, so ist es immer eine Sache von besonderer Bedeutung, die er besonders betonen und hervorheben will.

Was will er uns denn hier sagen? Soweit ich sehe, ein Vierfaches. Er will uns sagen: Nicht Herren, sondern Knechte! - Nicht Hörer, sondern Täter! - Nicht überrascht, sondern vorbereitet! - Nicht Boten, sondern Vertreter!

„Der Knecht ist nicht größer denn sein Herr, noch der Apostel größer denn der ihn gesandt hat.“ Damit warnt der Herr Jesus die Jünger vor einer falschen Einstellung und Einschätzung. Sie wollen gern groß und geehrt sein. Da macht er ihnen klar, was sie sind: nicht Herren, sondern Knechte. Ach, muss er das nicht auch uns sagen? Wollen wir nicht auch so gerne Herren sein? Das liegt uns allen so im Blut. Niemand will gern dienen.

Wie anders hat der Apostel Paulus in dieser Frage gestanden! Er hat sich mit Vorliebe einen Sklaven Jesu Christi genannt. Ein Sklave war aber viel weniger als ein Knecht. Ein Knecht kann einfach kündigen, wenn ihm die Stelle nicht gefällt; ein Sklave aber ist ein Leibeigener, der seinem Herrn gehört, der mit ihm machen kann, was er will.

Und bei der gefährlichen und winterlichen Seereise sagt Paulus zu den Leuten auf dem Schiff: „Diese Nacht ist bei mir gestanden der Engel Gottes, des ich bin und dem ich diene.„ Er schämte sich nicht, von seinem Dienen zu reden. „In allen Dingen beweisen wir uns als die Diener Gottes“, schreibt er an die Korinther. Nie spricht er von seinem „Amt„, wie Luther das Wort leider übersetzt hat, immer spricht er von seinem „Dienst“.

Paulus hat den Herrn verstanden, wenn derselbe seine Jünger warnt: nicht Herren, sondern Knechte! Ach, es steckt uns allen ja im Blut, dass wir so gerne herrschen möchten. Das Dienen muss erst gelernt sein. Wenn es nicht so wäre, dann würde der Herr Jesus diese Warnung nicht ausgesprochen haben.

Darin besteht doch unseres Lebens Wert, dass der Herr uns als seine Knechte und Mägde gebrauchen will, dass wir ihm dienen dürfen. Ist das denn nicht Gnade und Ehre, dass wir das dürfen?

Ich kann es mir nicht versagen, hier das wundervolle Gedicht von Schwester Eva abzudrucken, das sie „Ancilla Domini!„ überschrieben hat. Das heißt auf deutsch: „Des Herrn Magd“. Darin spricht sie es aus, wie sie den Magddienst für den Herrn als Ehre und Freude ansieht. Ich wünsche, alle meine lieben Leserinnen würden in diesen Spiegel schauen und sich fragen: Bin ich und will ich sein eine Magd des Herrn? Und ich wollte, die Brüder fragten sich auch: Bin ich und will ich sein ein Knecht des Herrn, nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Knecht des Herrn?

Das Gedicht lautet:

„Es hat mich einst gerufen die höchste Majestät,
als vor des Thrones Stufen ich weilte im Gebet,
und zitternd klang's wie Amen: Herr, deine Magd ist hie!
Da rief er mich mit Namen: Ancilla Domini!

Seitdem bin ich gebunden, die Magd des Herrn zu sein
und alle Tag und Stunden mich seinem Dienst zu weih'n.
Das heilige Vermächtnis, das mir mein Herr verlieh
bleibt mir stets im Gedächtnis: Ancilla Domini!

Wo immer ich mag wandern durch dieses Leben hin,
von einem Tag zum andern, so bleibt dies mein Gewinn;
in Freuden und in Schmerzen, in Arbeit und in Müh
tönt's froh in meinem Herzen: Ancilla Domini!

Es ist an allen Orten ein Dienst für mich bereit
mit Taten und mit Worten, wie es mein Herr gebeut;
Und wenn in stiller Stunde ich betend vor ihm knie,
Dann heißt's im tiefsten Grunde: Ancilla Domini!

Es ist ja nur so wenig, wie ich ihm dienen kann.
Doch er, mein Herr und König, er sieht es gnädig an! v Die Werke, die ich übe, er selbst bereitet sie,
füllt mich mit seiner Liebe: Ancilla Domini!

Und wird die Nacht auch kommen, da niemand wirken kann,
wird mir der Dienst genommen, den ich so gern getan,
ja, ruhen auch die Hände, - mein Herr entläßt mich nie,
ich dien' ihm ohne Ende - Ancilla Domini!„

Nicht wahr, das ist die rechte Einstellung zum Dienst? So hat's Jesus gemeint und gewollt, als er seinen Jüngern sagte: Nicht Herren, sondern Knechte! Das ist keine Herabsetzung für rechte Jünger und Jüngerinnen des Herrn, das ist vielmehr ihr hoher und herrlicher Beruf, das ist ihre Seligkeit, ihm dienen zu dürfen. -

Und die zweite Warnung, die er ausspricht, kann man wiedergeben: Nicht Hörer, sondern Täter! Jesus spricht zu seinen Jüngern: „So ihr solches wisset, selig seid ihr, so ihr's tut.“ Was wissen die Jünger alles! Was haben sie alles gehört. Sie haben seine Bergpredigt gehört mit ihren Seligpreisungen, mit ihrem wiederholten: „Ich aber sage euch„. Sie haben seine wunderbaren Gleichnisse gehört. Sie wissen alles. Wer ihnen sagen wollte, was zum Wesen der Nachfolge Jesu, der rechten Jüngerschaft gehörte, dem würden sie antworten: „Das brauchst du uns nicht zu sagen; das wissen wir längst!“ Aber es ist zweierlei, ob man eine göttliche Wahrheit weiß oder ob man sie tut. Die Jünger wissen ganz genau, was Jesus zu den Pharisäern gesagt hat, die gern geehrt werden und obenan sitzen wollten. Und - sie machten es doch ebenso. Darum ruft der Herr ihnen mit großem Ernste zu: Nicht Hörer, sondern Täter! Aufs Wissen kommt's nicht an, sondern aufs Tun. Was hilft all das Wissen von göttlichen Dingen, wenn es nicht zur Tat wird? Nicht das Wissen preist der Herr selig, sondern das Ausführen desselben. „So ihr solches wisset, selig seid ihr, so ihr's tut!„

Hat diese Warnung nicht auch uns etwas zu sagen? Was wissen wir doch alles? Wir haben in der Jugend schon Sprüche und Lieder gelernt, im Konfirmanden-Unterricht kam noch mehr Wissen dazu; und in Kirche und Versammlung haben wir Woche um Woche noch mehr Wissen von göttlichen Dingen erlangt. Was für einen Schatz von religiösem Wissen haben wir!

Wenn man uns fragt, was denn die Summe der Gebote Gottes sei, dann antworten wir alsbald auswendig: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte. Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst. In diesen zwei Geboten hanget das ganze Gesetz und die Propheten.“ Sehr schön! Ganz richtig! Aber - lieben wir denn nun Gott von ganzem Herzen und von ganzer Seele und von ganzem Gemüte? Können wir diese Frage auch so flott beantworten? Oder müssen wir jetzt nicht anfangen zu stottern: Ach ja, wir sollten - und ich möchte wohl gern, aber - ? Und wie steht es mit dem zweiten Gebot, dass wir unsern Nächsten lieben als uns selbst? Müssen wir da nicht wieder verstummen und die Antwort schuldig bleiben?

Ach ja, wir wissen, was der Herr von uns erwartet, aber das Tun - bleibt es nicht weit hinter dem Wissen zurück? Wenn ich fragen würde, was die Schrift über die Sorgen sagt, dann würde der ganze Leserkreis einstimmig antworten: „Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn er sorget für euch!„ Ganz recht! Aber wenn ich nun weiter fragte: Tust du das denn? Wirfst du denn nun all deine Sorgen auf den Herrn? - wie lautet nun die Antwort?

Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Aber wenn nun Unannehmlichkeiten kommen, wenn nun Schwierigkeiten kommen, denken wir dann daran, dass uns die auch zum Besten dienen - und danken wir dafür?

Wir wissen, dass geschrieben steht: Saget Gott Dank allezeit und für alles. Aber - tun wir es auch? Wir wissen, wir wissen - ach, was wissen wir nicht alles!

Wenn wir das auch täten, was wir wissen, was für ein Segen würden wir sein - und jetzt waren wir oft ein Hindernis. Waren wir das nicht? Die Welt beobachtete uns und wollte etwas sehen von dem Tun des Willens Gottes und - sie bekam nur etwas zu hören, fromme, salbungsvolle Worte, vielleicht auch richterische, pharisäische Worte. Aber sie sah das nicht, was sie erwartet hatte. Und - da hat sie die Achtung vor dem Christentum verloren. „Sie haben's nur im Munde!“ sagt sie. Und da haben viele das Christentum über Bord geworfen, weil sie es nicht sehen konnten. Wer will es ihnen verargen? Ist das nicht eine schwere Anklage gegen alle, die den Christennamen tragen, die sich gläubig nennen, dass es so viele bewusste Gottlose um uns her gibt? Ob sie das geworden wären, wenn sie das Christentum der Tat gesehen hätten? Diese Warnung Jesu legt uns allen eine ernste Frage vor. Was waren wir, Hörer oder Täter? Jakobus sagt, dass es ein Selbstbetrug ist, wenn man sich mit dem Hören begnügt: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein, dadurch ihr euch selbst betrüget.„ Haben wir uns nicht oft selbst betrogen, indem wir uns auf unser biblisches Wissen etwas zugute taten? Ach nein, je größer unser Wissen ist, um so größer ist unsere Verantwortung! Das lasst uns nicht vergessen! Ich möchte das Wort Jesu allen zurufen, die so sehr in der Gefahr stehen, ändern zu predigen und selber das Tun schuldig zu bleiben, dass sie sich nicht mit dem Wissen begnügen. Ich möchte es am meisten mir selber sagen, dass es nicht auf das Hören und Wissen ankommt, sondern auf das Tun des erkannten Willens Gottes.

Ich meine, wir können es beide brauchen, du und ich, was Jesus hier warnend seinen Jüngern sagt: „So ihr solches wisset, selig seid ihr, so ihr's tut!“

Die dritte Warnung Jesu überschreiben wir: Nicht überrascht, 1| sondern vorbereitet. Der Herr sagt: „Nicht sage ich von euch allen; ich weiß, welche ich erwählt habe. Aber es muss die Schrift erfüllt werden: ,Der mein Brot isst, der tritt mich mit Füßen'. Jetzt sage ich's euch, ehe denn es geschieht, auf dass, wenn es geschehen ist, ihr glaubet, dass ich es bin.„ Während er sie auffordert, nicht Herren sein zu wollen, sondern Knechte, nicht nur Hörer des Wortes zu sein, sondern Täter, da ruht sein Blick auf Judas und mit dem Blick auf ihn spricht er: „Der mein Brot isst, der tritt mich mit Füßen.“ Und dann sagt er, warum er vorher davon spreche. Damit sie nicht überrascht werden, wenn das Schreckliche eintrete. Wie gut, dass der Herr den Seinen vorher sagt, was ihrer wartet, dass sie sich innerlich darauf rüsten können! Darum hat er ihnen zuvor gesagt, dass des Menschen Sohn viel leiden und gekreuzigt werden müsse. Darum spricht er hier von seinem Verräter, damit sie nicht durch das Furchtbare überrumpelt werden.

Ach, sie haben diesen Worten Jesu über sein bevorstehendes Leiden und über den traurigen Verrat zu wenig Wert beigelegt; sie haben gemeint, so schlimm werde es doch nicht kommen, der Herr werde sich schon der Gewalt seiner Feinde entziehen, er, der ein Herr sei auch über den Tod, werde doch nicht dem Tode verfallen können. Und darum waren sie so erschüttert und haltlos, als das Furchtbare nun doch hereinbrach. Aber der Herr hatte getan, was er konnte, um seine Jünger vorzubereiten. Wenn sie darauf nicht eingingen, dann lag die Schuld nicht an ihm, sondern allein an ihnen und ihrer Verständnislosigkeit.

Wie rücksichtsvoll und zart von dem Herrn, seine Jünger vorher in Kenntnis zu setzen und sie zu warnen! Das tut er auch in Bezug auf die letzte Zeit. Er sagt es uns deutlich voraus, dass wir schweren Zeiten entgegengehen werden, damit wir uns darauf vorbereiten können.

Ich machte einst in Berlin eine Kur meines Herzens wegen und wohnte in einem Diakonissenheim. Als die Schwester mich abholte, sagte sie zu mir, als wir in die Mariannenstraße einbogen: „Hier hinter diesem Zaun ist des Abends ein böser Hund, der dann frei im Garten umherläuft und bellt, wenn jemand vorübergeht. Denken Sie bitte daran, wenn Sie an diese Stelle kommen, damit Sie nicht erschreckt werden, wenn der Hund plötzlich bellt!„ Was für einen Dienst der Liebe tat mir damit die Schwester! Wer wäre nicht schon zusammengefahren, wenn plötzlich ganz unerwartet hinter einem Gartenzaun ein Hund den in Gedanken Vorübergehenden anbellte? Das war nun vermieden. Wenn ich an den Zaun kam, sagte ich zu mir: Jetzt bellt gleich der Hund! Erschrick nicht! Und - der Hund hat mich nie erschreckt. Das dankte ich der freundlichen Warnung vor ihm. Das ist ein großer Segen, dass wir es vorher wissen, was kommt. Wie liebevoll von unserem Herrn, dass er uns das vorher gesagt hat!

Dass es auch ein liebevolles, letztes Warnen für Judas war, darüber wird im folgenden Kapitel mehr zu reden sein. Auch für Judas war es ein ernstes Mahnen. Jesus zeigte ihm, dass er ihn durchschaute und wusste, was er plante. Vielleicht, dass er sich dadurch warnen ließ.

So treu besorgt ist der Herr, dass er uns nicht ungewarnt in schwere Verhältnisse, in satanische Anfechtungen kommen lässt Nun werden wir nicht überrascht, sondern sind vorbereitet. - Und dann die letzte Warnung des Herrn! Er sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer aufnimmt, so ich jemand!; senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt,! der nimmt den auf, der mich gesandt hat.“ Nicht Boten, so dem Vertreter sollen seine Jünger sein. Das will er ihnen mit großem Ernste einschärfen, darum leitet er diese letzte Warnung wieder mit einem doppelten Wahrlich ein. „Wer aufnimmt, so ich jemand senden werde, der nimmt mich auf.„ Das soll heißen: der nimmt nicht bloß meinen Boten auf, sondern der nimmt in dem Boten mich selbst auf. Der Bote ist mein Vertreter, der nicht nur in meinem Auftrag, sondern in meiner Vertretung kommt. Es ist geradeso, als ob Ich selber käme. Und - das ist noch nicht alles. Noch viel größer ist die Bedeutung meiner Boten. Denn wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat, der nimmt Gott selber auf.

Wie man sich also zu einem Boten des Herrn stellt, so stellt man sich zu dem Herrn, ja, so stellt man sich zu Gott selber. Was für eine Stellung weist damit der Herr seinen Jüngern als seinen Boten zu! Sie sind seine Stellvertreter, sie sind Vertreter Gottes. Nach ihnen wird die Welt den Herrn beurteilen, nach ihnen wird Gott selbst beurteilt. Sind sie schlechte Vertreter, dann tragen sie die Schuld, wenn die Welt sich von Gott abwendet. Sind sie gute Vertreter, dann wird die Welt für Gott gewonnen.

Was sind wir für Vertreter Gottes gewesen? Wie oft haben wir den Vers gesungen: „In Wort und Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen!“ War das bei uns so? Ist wirklich der Herr Jesus in unserem Leben und Wesen zu sehen gewesen? Oder sah man unseren alten Menschen? Unsere eigene alte Natur, unsere Heftigkeit, unseren Hochmut, unsere Rechthaberei? Wie konnte da die Welt Achtung vor unserem Herrn bekommen, wenn er so schlechte Vertreter hatte? Wenn man sich einen Christen nennt, dann erwartet die Welt einen Nachahmer Christi. Und mit Recht. Es war doch ein Ehrenname, als man zuerst in Antiochien die Jünger Jesu „Christen„ nannte. Man wollte dadurch zum Ausdruck bringen, dass man in ihnen Abbilder Christi sah, dass etwas von Christus sich in ihnen offenbarte.

Jeder, der sich einen Christen nennt, sollte Christi Art und Christi Wesen offenbaren. Das erwartet nicht nur die Welt, das erwartet auch der Herr selber.

Ach, haben wir seine Erwartung nicht oft enttäuscht? Sind wir nicht manchmal ein Hindernis und ein Anstoß gewesen? Entweder wir sind Vertreter Christi und sind ein Segen - oder wir sind keine Vertreter Christi, dann sind wir ein Unheil. Es gibt kein Drittes.

Ich vergesse nicht, wie ein junges Mädchen in unserer Stadt einmal an einem Winterabend schnell zur Post wollte, um einen eiligen Brief einzustecken. Auf dem Bürgersteig stand der Mast der elektrischen Lichtleitung. Aber - das Licht brannte nicht. Anstatt Licht zu tragen in die Umgebung, stand der Mast da als ein Verkehrshindernis. Weil das junge Mädchen ihn im Dunkeln nicht sah, rannte es mit dem Kopf dagegen und zog sich eine schwere Gehirnerschütterung zu. So ist es auch mit uns Christen. Entweder sind wir „das Licht der Welt“ - oder wir sind ein Hindernis und ein Anstoß für die Welt.

Lasst uns doch Gott bitten, dass wir niemand zum Anstoß und zum Ärgernis gereichen! Die Sache ist so sehr ernst! Lasst uns doch daran denken: „Was dienet zum göttlichen Wandel und Leben, ist in dir, mein Heiland, mir alles gegeben.„ Lasst uns innige Gemeinschaft mit dem Herrn behalten, damit wir, ihn anschauend, in sein Bild verwandelt werden, dass wir Vertreter Christi und Gottes werden, der Welt zum Segen, und Heil!

Die Warnung des Herrn ist gleicherweise von Bedeutung für! die Gemeinde Gottes wie für die Welt: Nicht Boten, sondern Vertreter!

Gott helfe uns allen, daraus die rechten Folgerungen zu ziehen für unser Leben!

Da Jesus solches gesagt hatte, ward er betrübt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ward ihnen bange, von welchem er redete. Es war aber einer unter seinen Jüngern, welchen Jesus lieb hatte, der lag bei Tische an der Brust Jesu. Dem winkte Simon Petrus und sprach zu ihm: Sag, wer ist's, von dem er redet! Der lehnte sich an die Brust Jesu und sprach zu ihm: Herr, wer ist's? Jesus antwortete: Der ist's, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er tauchte den Bissen ein, nahm ihn und gab ihm den Judas, des Simon Ischariotb Sohn. Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald! Es wusste aber niemand am Tische, wozu er's ihm sagte. Etliche meinten, weil Judas den Beutel hatte, Jesus spräche zu ihm: Kaufe, was uns not ist zum Fest, oder dass er den Armen etwas gäbe. Da er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht. Vers .21-30

Jesus und Judas

Die Geschichte des Judas ist eine der ergreifendsten Geschichten der Bibel, ja, man könnte wohl sagen: eine der ergreifendsten Geschichten der Welt. Einer der Zwölfe, einer aus der nächsten Umgebung Jesu, verrät seinen Meister an seine Feinde und überliefert ihm dem Fluchholz des Kreuzes.

Und doch, so verabscheuungswürdig seine Tat auch war, Jesus hat nicht aufgehört, den Jünger Judas zu lieben. Er hat ihn geradeso geliebt wie die anderen Jünger. Das zeigt uns dies dreizehnte Kapitel im Johannesevangelium in ganz ergreifender Weise. Schon mehrere Male ist darin von Judas die Rede gewesen. Ich habe die Betrachtung dieser Stellen bisher zurückgestellt, um jetzt im Zusammenhang von diesen Stellen zu reden. Blicken wir auf alles, was in diesem Kapitel über das Verhältnis Jesu zu Judas gesagt wird, dann finden wir sieben Hammerschläge der Heilandsliebe an das Herz des Judas.

Lasst uns auf diese Hammerschläge der Heilandsliebe hören. Der erste Hammerschlag war die Fußwaschung. Was für Gedanken mussten da durch das Herz des Judas gehen, als der Meister vor ihm niederkniete, um ihm die Füße zu waschen! Schrie Judas nicht auf, als der Meister ihm die Füße wusch? Das waren ja die Füße, die ihn zu den Hohenpriestern getragen hatten, mit denen er den elenden Handel abschloss Und die Füße wäscht nun der Herr.

In verschwiegenem und verschlossenem Zimmer hatten die Hohenpriester und die Herren vom Hohen Rat zusammengesessen, um miteinander zu beraten, wie sie Jesus, diesen Volksaufwiegler, beseitigen können, der einen solchen Anhang im Volke bekam, dass es um ihr eigenes Ansehen bald geschehen war. Da klopft's an der Tür. Wer mag zu einer so ungelegenen Stunde kommen? Ärgerlich über die Störung ihrer geheimen Beratungen gebietet der Hohepriester nachzusehen, wer da ist. Erschrocken sieht er: Judas steht da, einer der Jünger. Um alles in der Welt! Hat der Mensch gelauscht? Hat er unsere) Beratungen gehört? Das wäre - ! So wird er ihn nicht eben sehr freundlich angefahren haben:! „Mensch, was willst du hier?“ Aber wie freundlich wird sofort seine Miene, als Judas sagt: „Was gebt ihr mir, wenn ich! euch Jesus verrate? Ich weiß, wo er sich aufhält, so dass er, ohne Aufsehen in der Öffentlichkeit zu erregen, verhaftet) werden kann!„

Ein schneller Blick geht von einem zum ändern. So ein Schuft! l Aber - er kommt wie gerufen! Und mit salbungsvoller Miene wird der Hohepriester Judas gesagt haben, was für ein gutes j und verdienstliches Werk er damit begehe und was er dem ganzen Volk für einen Dienst erweise, wenn er dazu mithelfe, dass dieser Unruhestifter endlich zur Ruhe gebracht werde. Und dann werden sie miteinander einig um den Preis von dreißig Silberlingen.

Judas kehrt in den Jüngerkreis zurück, als ob nichts Besonderes geschehen wäre. Und diese Füße, die ihn zu den Hohenpriestern getragen haben, die wäscht nun der Herr Jesus. War das nicht wie ein Hammerschlag an sein Herz? Aber diese schweigende Handlung spricht nicht deutlich genug. Der Herr muss es dem verirrten Jünger sagen, was er von ihm denkt.

Der zweite Hammerschlag. Jesus spricht zu Petrus: „Wer gewaschen ist, der bedarf nichts“ denn die Füße waschen, sondern er ist ganz rein„ (Vers 10). Und dann lässt er seinen Blick über die Jünger gleiten und auf Judas haften: „Und ihr seid rein, aber nicht alle.“ Wie ein Schlag auf eine eherne Glocke, so klangen diese Worte durch den Raum. Sie klangen und ,'J schwangen nach in der großen Stille, die entstanden war. „Ihr seid rein, aber nicht alle.„ Er wusste, warum sie nicht alle rein waren. In Job. 15, 3 sagt der Herr Jesus: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.“ Das Wort wirkt wie ein Wasserbad. Wer will, der wird durch dasselbe rein. Das heißt: wer unter dem Worte Jesu erkennt, wo er gebunden ist, und er gibt dann seine Gebundenheit daran, wer sich unter dem Eindruck des Wortes Jesu von seiner Sünde scheidet, der wird rein davon. Das hat er bei den ändern Jüngern beobachtet. Er hatte gesehen, dass es ihnen ehrlich und aufrichtig darum zu tun war, ihr Leben mit seinem Worte in Übereinstimmung zu bringen. Sie legten ab. Sie ließen los.

Nur Judas nicht. Judas gab nichts her. Wie ernst hatte ihn der Herr angesehen, als er zu den Jüngern sprach: „Sehet zu und hütet euch vor dem Geiz; niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.„ Und wiederum: „Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen.“ Und: „Niemand kann zwei Herren dienen. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!„ So hat er immer wieder auf die Gefahr des Geldes und den „betrüglichen Reichtum“ hingewiesen, um Judas zu warnen. Aber umsonst. Judas hielt seine Gebundenheit fest. Er ließ sich nichts sagen.

Wie groß ist doch auch heute die Gefahr, dass man seine Sünde wohl erkennt, aber dass man nicht bereit ist, sich von derselben lösen zu lassen? Hat nicht auch dir schon Gottes Wort diese und jene Gebundenheit gezeigt? Und du, hast du dir sagen lassen? Hast du deine Sünde drangegeben? Das macht harte Herzen, wenn man sich von erkannter Sünde nicht trennt und scheidet.

Dass du nicht den Weg des Judas gehest! Es ist ein großer Unterschied zwischen einer akuten und einer chronischen Sünde. Die Verleugnung des Petrus war eine akute Sünde. Er wurde vom Feind überrumpelt. Er ließ sich hinreißen. Aber als es ihm zum Bewusstsein kam, was er getan, da ging er hinaus und weinte bitterlich. Und der Herr vergab ihm die Sünde so völlig, dass er ihn voll und ganz wieder einsetzte in sein Apostelamt. Die Sünde des Judas war aber eine chronische Sünde. Es war ein Dauerzustand bei ihm. Er beharrte in der Sünde. Er lebte bewusstermaßen in der Sünde. Und an dieser chronischen Sünde ging er zugrunde. Hüte dich, mein Freund, dass deine Sünde nicht chronisch werde! In der Sünde beharren, das führt ins Verderben, wie bei Judas.

Der dritte Hammerschlag! Jesus sprach: „Nicht sage ich von euch allen; ich weiß, welche ich erwählt habe„ (Vers 18). In Lukas 12 wird uns erzählt, wie Jesus die Zwölf erwählte, welche er auch Apostel nannte (Vers 13). Er blieb die Nacht im Gebet zu Gott. Und in dieser Nacht nannte ihm der Vater die Zwölf, die seine Jünger werden sollten. Und Jesus nahm sie an. Darum bezeichnet er später die Jünger als solche, „die der Vater ihm gegeben hat.“

Wie mag der Sohn bange gefragt haben: „Vater, auch den?„ - als der Vater ihm den Judas nannte, und der Sohn erkannte, dass Judas einmal sein Verräter werden würde. Aber der Vater sagte: „Ja, auch den!“ Und da nahm Jesus auch den Judas aus des Vaters Hand. Er war einverstanden. Und als es Tag ward, schreibt Lukas, rief er seine Jünger und erwählte ihrer Zwölf, welche er auch Apostel nannte: „Simon, welchen er Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, Jakobus und Johannes, Philippus und Bartholomäus, Matthäus und Thomas, Jakobus, des Alphäus Sohn, Simon, genannt Zelotes, Judas, des Jakobus Sohn, und Judas Ischariot, den Verräter.„

Diese Zwölf rief er in seine Nachfolge. Und sie verließen alles und folgten ihm nach. Johannes und Jakobus verließen ihre Fischerei und ihr Elternhaus, Simon Petrus verließ sein Haus, seine Familie, seinen Beruf, Matthäus gab seine gute Stelle als Zolleinnehmer auf - kurz, sie alle gaben etwas auf um Jesu willen. Auch Judas. Es wird uns nicht erzählt, was er aufgegeben hat, ob Vater und Mutter oder Weib und Kind, ob Haus und Hof oder Amt und Beruf; aber aufgegeben hat er auch etwas um Jesu willen, geradeso wie die anderen. Als der Herr dann seine Jünger auf die Missionsreise schickte, da schickte er sie alle zwölf aus (Matth. 10, Vers 1). „Und er gab ihnen Macht über die unsauberen Geister, dass sie die austrieben und heilten allerlei Seuche und allerlei Krankheit.“ Judas hat auch die Wunder Gottes erlebt, ebenso wie die anderen. Er hat auch Kranke geheilt und böse Geister ausgetrieben, wie die anderen.

Aber - das alles vermochte nicht, ihn von seiner Gebundenheit zu lösen. In Job. 6, 70 muss der Herr fragen: „Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? und - euer einer ist ein Teufel!„ Und in Joh. 12, 6 wird von Judas berichtet: „Er war ein Dieb und hatte den Beutel und trug, was gegeben ward.“ So war alle Gnade, die er erfuhr, umsonst und vergeblich. Er blieb ein Gebundener Satans.

Ja, aber - war Jesus denn nicht selber schuld daran, dass Judas diese Entwicklung nahm? Wenn er doch wusste, dass dies seine schwache Seite war, dann hätte er ihn doch nicht zum Kassierer der kleinen Jüngergemeinschaft machen sollen! So hat man schon gesagt. Was ist darauf zu antworten? Ja, wenn Judas der Kassierer einer modernen Handels- und Erwerbsgesellschaft gewesen wäre, dann wäre dieser Vorwurf vielleicht berechtigt. Aber Judas war der Kassierer einer Gesellschaft, die aus der Hand in den Mund lebte, und zwar aus der Hand Gottes. Keiner von ihnen hatte irgendwelche Einnahmen. Niemand bezog eine Rente. Sondern mit allen ihren Bedürfnissen waren sie darauf angewiesen, dass der Vater im Himmel sie versorgte. Und das tat er in ganz wunderbarer Weise. Als Jesus am Ende seines Erdenwandels die Jünger fragte, ob sie auch je Mangel gehabt hätten, lautete die Antwort: „Herr, niemals!„ Für Nahrung und Kleidung und Wohnung hatte der Vater treulich gesorgt. Und diese tägliche wunderbare Versorgung ging - durch die Hand des Judas. Er sah täglich, wie Gott sie versorgte mit allem, was sie brauchten.

Wenn irgendwo, dann hätte Judas auf diesem Platz als Kassierer der Jüngergemeinschaft frei werden können von seiner Gebundenheit. Sah er doch alle Tage, dass es gar nicht auf große Geldmittel ankam, dass sie aber einen reichen Vater im Himmel hatten. Täglich sah er die Wunder Gottes mit an - aber sie machten keinen Eindruck auf ihn. Hast du nicht schon auch so die Wunder Gottes mit angesehen? Hast du nicht auch erlebt, wie dich Gott reichlich versorgte? Hast du ihm nun vertrauen gelernt? Oder schleppst du dich noch mit deinen Sorgen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Wie bisher alle Warnungen und“ Mahnungen Jesu umsonst waren bei Judas, so auch dies Wort, mit dem er noch einmal an sein Herz klopfte: „Nicht sage ich von euch allen; ich weiß, welche ich erwählt habe.„ Judas ist so schwerhörig geworden, dass er kein Ohr hat für die Erinnerung an die drei Jahre, die Judas nun dem Herrn folgen darf, in denen er täglich auf mannigfache Weise die Wunder Gottes geschaut hat. Auch dieser dritte Hammerschlag vermag Judas nicht zu bewegen.

Gott bewahre uns davor, dass wir nicht eine solche Schwerhörigkeit und Kurzsichtigkeit bekommen im geistlichen Leben, dass wir kein Ohr mehr haben für das Wort Gottes und kein Auge für die Wunder der Gnade. Dass wir doch nur nicht den Weg des Judas gehen! Erwählt — zum Jünger berufen - in den Dienst des Herrn gestellt - und doch verloren !

Der vierte Hammerschlag. Jesus sprach: „Aber es muss die Schrift erfüllt werden: „Der mein Brot isst, der tritt mich mit Füßen“ (Vers 18).

Damit erinnert Jesus an die dreijährige Gemeinschaft, die er mit Judas gehabt hat. Drei Jahre lang haben sie an einem Tisch gesessen und von einem Brot gegessen. Drei Jahre haben sie aus demselben Kruge Wasser getrunken. Drei Jahre lang tägliche Gemeinschaft - und nun tritt der Jünger den Meister mit Füßen durch seinen Verrat. Wie weh tut das dem Herrn! Das will er dem Jünger zum Bewusstsein bringen. Wieviel Liebesbeweise, wieviel Gnadenmitteilungen hat der Herr auch dem Judas in diesen Jahren zuteil werden lassen! Und wo ist der Dank dafür? Statt des Dankes erweist Judas ihm schnödesten Undank. Er tritt ihn mit Füßen. Er tritt ihm aufs Herz. Das sagt Jesus mit klaren Worten, gewiss mit schmerzbewegter Stimme - und es macht keinen Eindruck auf Judas? Offenbar nicht. Auch dieser Schlag an sein Herz verhallt, ohne eine Wirkung hervorgebracht zu haben. Wenn das möglich war, drei Jahre in der Gemeinschaft Jesu zu leben, so viel Wohltaten von ihm zu empfangen und doch dem Herrn aufs Herz zu treten, dann - ist das auch heute möglich. Man kann ein Jünger Jesu sein, man kann alles verlassen haben um Jesu willen, man kann große Taten getan haben - und doch den Weg des Judas gehen. Wie ernst ist das! Wie nötig haben wir doch die bewahrende Gnade! Wie wahr ist es doch, was der Dichter sagt:

„Auf dem so schmalen Pfade
gelingt uns ja kein Tritt,
es gehe seine Gnade
denn bis ans Ende mit!„

Der fünfte Hammerschlag. Jesus sagt: „Wer aufnimmt, so ich jemand senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat“ (Vers 20). Was ist es doch um die Jüngerschaft Jesu! Der Herr erklärt sich so völlig eins mit seinen Jüngern, dass er sagt: Wer meinen Boten aufnimmt, der nimmt mich auf. Ich und mein Bote bilden eine Einheit.

Und auf dieses hohe Vorrecht verzichtet Judas? Er könnte ein Segen sein für die Welt - er geht ewig verloren. Er könnte leuchten wie die Sterne am Himmel - und er geht unter in Nacht und Finsternis. Was für eine Wahl! Judas, weißt du, was du tust? Weißt du, worauf du verzichtest? Was sind die anderen Jünger für ein Segen geworden für die ganze Welt! Wie viele Menschen haben durch das Evangelium, das Johannes geschrieben hat, den Herrn Jesus kennengelernt als den Sohn Gottes, als ihren persönlichen Heiland! Und wie viele sind durch Petrus für den Herrn gewonnen worden! Er hat den Juden die Pfingstpredigt gehalten, durch die dreitausend Menschen zum Glauben kamen; er hat den Heiden die Pfingstpredigt gehalten im Hause des Kornelius - und da wie dort fiel der Heilige Geist hernieder und beglaubigte die Botschaft des Apostels. So hätte Judas auch ein Salz der Erde werden können und ein Licht der Welt. Und - darauf hat er verzichtet. Du vollziehst doch nicht dieselbe Wahl wie Judas? Der Herr möchte auch dich zu einem Segensträger machen, und er wird es tun, wenn du dich ihm hingibst, wenn du auf sein Wort und seinen Willen eingehst, aber - du kannst seine Gnade auf Mutwillen ziehen, das kannst du. Du kannst das Heil ablehnen. Aber - das Ende trägt die Last!

Einer der Zwölfe, mit dem der Herr ein so inniges Verhältnis hatte, der geht hin und verrät ihn. Was für eine Demütigung ist das für den Herrn! So wie die Leute, wenn ein Sohn verlorengeht, über den Vater die Achsel zucken und sagen: Der Alte muss wohl auch nicht viel getaugt haben! Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm! - so wird man auch über ihn reden und sagen: Da kann man sehen, dass er nicht der Messias ist! Wäre er der Messias, dann wäre das nicht geschehen! Dann hätte er seinen Jünger gewonnen und bewahrt. Darum sagt der Herr: „Jetzt sage ich's euch, ehe es geschieht, auf dass, wenn es geschehen ist, ihr glaubet, dass ich es bin.„ Sie mussten ja irre werden an seiner Messianität, wenn einer seiner Jünger eine solche Tat verüben konnte. Darum sagt er ihnen den Verrat voraus.

Was hat doch der Jünger seinem Meister angetan! Wenn man Jesus den Vorwurf macht, dass er seine Jünger nicht zu bewahren vermocht habe, dann trägt Judas die Schuld. Um des Judas willen wird Jesus verlästert, so wie er um jedes Jüngers willen verlästert wird, der ihm keine Ehre, sondern Schande bereitet vor den Leuten. Ach Gott, bewahre doch mich in Gnaden, dass ich meinem Herrn keine Schande mache! Dass Jesus nicht um meinetwillen gelästert werde! Und gib mir Gnade, dass mein Leben etwas werde zum Lobe deiner herrlichen Gnade! Der sechste Hammerschlag. „Da Jesus solches gesagt hatte ward er betrübt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten“ (Vers 21).

Das Wort: „Er ward betrübt im Geist„ kann man auch übersetzen: Er ward übermannt von Schmerz. Einer aus seiner nächsten Umgebung ein Verräter! Einer der Zwölfe ein willenloses Werkzeug in der Hand Satans! Auf dem Wege, ewig verloren zu gehen! Das erschütterte ihn. Wie sollte das auch anders sein? Drei Jahre hat er mit ihm zusammengelebt und nun geht er zu seinem Vater und sein Jünger in das Feuer, das nie erlischt! Judas, was hast du deinem Meister angetan! Ich habe es selber mehrfach erlebt, dass Brüder oder Schwestern, die in der Arbeit des Reiches Gottes standen, zu Falle kamen und dem Namen des Herrn Schande bereiteten. Da habe ich dies Wort verstehen gelernt:' „Übermannt von Schmerz.“ Ach, wenn ein Mann, auf den man Vertrauen gesetzt, den der Herr auch schon gebraucht hatte in seinem Dienst, wenn der entgleist - was für ein Schmerz ist das doch! So ahne ich wenigstens etwas von dem tiefem Weh, das durch das Herz Jesu ging, als er sah: Judas lässt sich nicht zurückhalten von dem Wege des Verderbens. Was bedeutet das für das Herz Jesu, wenn einer seiner Jünger fällt! Was bedeutet überhaupt eine Sünde, die wir tun, für das Herz unseres Herrn! Lasst uns doch viel um bewahrende Gnade bitten, dass wir dem Herrn nicht mit unserem Sündigen Schmerz bereiten! Er hat wahrlich etwas anderes um uns verdient!

Auf diese Ankündigung: „Einer unter euch wird mich verraten„ - folgt eine leise geflüsterte Unterhaltung. Zuerst sehen sich die Jünger untereinander an. Wer mochte das sein, von dem er sprach? Sie hatten auf keinen einen besonderen Verdacht. Er war gegen alle immer gleich freundlich und liebevoll gewesen.

Da winkte Simon Petrus dem Johannes, der seinen Platz am nächsten beim Herrn hatte, dass er ihn fragen möchte, wer es wäre, von dem er spräche. Johannes kam dem Winke des Petrus nach und fragte leise den Herrn: „Herr, wer ist's?“ Ebenso leise antwortete Jesus: „Der ist's, dem ich den Bissen eintauche und gebe.„

Das war - der letzte Hammerschlag. „Er tauchte den Bissen ein und gab ihn Judas, Simons Sohn, dem Ischariot“. Das war ein Liebeszeichen. Wenn man jemand einen besonderen Liebesbeweis geben wollte, dann machte man ihm einen Bissen mundgerecht und gab ihm den. So wollte Jesus noch einmal mit dem Hammerschlag der Liebe an das Herz des Judas klopfen. Er wollte ihm mit diesem Bissen sagen: „Mein Judas, ich habe dich so lieb.„

Es war der stärkste Hammerschlag, den er mit diesem Liebesbeweise tat. Und - er war ebenso umsonst wie alle die früheren. Ja, dieser Liebesbeweis reizte den Widerspruch des Judas nur noch mehr. Er wollte sich nicht gewinnen lassen. Er spürte wohl, wie die Liebe des Herrn an ihm arbeitete. Er merkte, wie in seinem Herzen eine Stimme sprach: Gib deinen Plan auf! Siehe, wie lieb er dich hat! Aber da war eine andere Stimme, die sagte: Nein, er soll mich nicht unterkriegen! Und diese satanische Stimme behielt das letzte Wort. Er verhärtete und verstockte sich völlig. „Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn.“ Alles Liebeswerben Jesu war abgeschlagen. Judas hatte sich gegen Jesus entschieden. Mit dieser letzten Abweisung hatte er allen früheren die Krone aufgesetzt. Ich will nicht! hatte er gesagt. Damit war er aber ganz und gar in die Gewalt Satans geraten. So geht es. Erst gibt man der Sünde nach und immer wieder nach, bis endlich der Teufel sagt: Nun kannst du nicht mehr zurück! Es hat nun keinen Zweck mehr. Und - der Teufel gewinnt das Spiel. Jesus sieht, wie die Entscheidung gefallen ist, und spricht zu ihm: „Was du tust, das tue bald!„ Nun hat das Aufschieben keinen Zweck mehr. Jetzt geh deinen Weg! Die ändern Jünger wussten nicht, was Jesus damit meinte. Sie dachten, er wolle ihm den Auftrag geben, etwas auf das Fest zu kaufen oder etwas den Armen zu geben. Aber nein, Jesus meinte etwas ganz anderes. Er meinte: nun geh deinen Weg - zur Hölle! Wie furchtbar!

„Da er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.“

Nacht draußen. Nacht drinnen. Nacht vor ihm, finstere Nacht ewiger Verdammnis. Armer Judas! Wollen wir einen Stein aufheben, um Judas damit zu werfen? Gott bewahre uns davor!

Als Jesus dort seinen Jüngern sagte, dass ihn einer von ihnen verraten werde, da fragten sie ihn alle: „Herr, bin ich's?„ Da hielt sich niemand für zu gut für eine solche Tat. Jeder dachte mit Schrecken, er könne es sein.

So wollen wir auch fragen. Wir wollen an die eigene Brust schlagen und sprechen: „Herr, bin ich's?“ Fähig sind wir zu allem, wenn uns die Gnade nicht bewahrt. Ich wenigstens muss mit dem Apostel Paulus sprechen: „Ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleische, wohnet nichts Gutes„ (Römer 7, 18). Ich weiß, dass ich fähig bin zu jeder Schlechtigkeit, wenn der Herr mich nicht hält. Woltersdorf hat recht, wenn er singt:

„Was bin ich, wenn es mich betrifft?
Ein Abgrund voller Sündengift!“

Wer das weiß, der baut nicht auf die eigene Kraft. Der sagt nicht mehr: Das kann mir nicht passieren. Sondern der bittet alle Tage aufs neue um Bewahrung durch Gnade. So kommen wir durch. Nur so. Aber so auch ganz sicher. Noch einmal aber muss ich eins aussprechen, ehe ich dieses Kapitel schließe: Hüte dich nur, mein Bruder, dass die Sünde nicht chronisch werde. Und wenn du von einer akuten Sünde überrumpelt und hingerissen würdest, bleib nicht liegen! Komm wieder in Reue und Buße zum Herrn. Und bei ihm ist viel Gnade und Vergebung.

Nur lass die Sünde nicht zur Gewohnheit werden, wie Judas tat! Beharre nicht in der Sünde! Dass du nicht den Weg des Judas gehst!

Und wenn dein Leben in Gefahr steht - o dass diese sieben Hammerschläge der Liebe Jesu auch dein Herz treffen möchten, dass du nicht anders kannst, als dem Heiland zu den, Füßen zu sinken und ihn um Gnade anzuflehen.

O verlorenes Kind,
„Lass in Reue und Schmerz
endlich brechen dein Herz!
Komm heim, o komm heim!„

Da Judas aber hinausgegangen war, spricht Jesus: Nun ist des Menschen Sohn verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm. Ist Gott verherrlicht in ihm, so wird ihn Gott auch verherrlichen in sich und wird ihn alsbald verherrlichen. Liebe Kinder, ich bin noch eine kleine Weile bei euch. Ihr werdet mich suchen; und wie ich den Juden sagte: Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen, so sage ich jetzt auch euch. Ein neu Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habet. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt. Vers 31-35

Jesus und die Elf

Judas ist gegangen. Das war ein Abschied für immer. Nur noch einmal gab's eine kurze Begegnung in Gethsemane - dann ging Judas seinen Weg in die Nacht. Nun kam der Abschied von den elf anderen Jüngern.

Drei Abschiedsworte spricht er zu ihnen, die sich ihnen tief eingeprägt haben. Möchten sie sich auch uns tief einprägen! Des Menschen Sohn ist verherrlicht. Ihr könnt mir nicht folgen. Liebet euch untereinander!

Nachdem Judas hinausgegangen ist, um den Hohenpriestern zu sagen: Er geht diese Nacht nach Gethsemane, beginnt das Leiden für den Herrn Jesus. Und das nennt er: Verherrlichung. Wie kann er sein Leiden seine Verherrlichung nennen? Er weiß, dass es der Weg zur Herrlichkeit für ihn ist. Die Stufen zum Thron führen hinab. So hat einst schon Eliphas zu Hiob gesprochen in dem wundervollen zweiundzwanzigsten Kapitel des Buches Hiob: „Führen die Wege abwärts, so wirst du sagen: Es geht empor!“ Das ist ja der Trost, den Christen im Leiden haben. Sie wissen, dass das Leiden, so schwer und schmerzlich es auch sein mag, nur eine Zubereitung ist für den Thron, der unser wartet. Durch das Leiden sollen wir dem Herrn ähnlicher werden, wie der Dichter sagt:

„Unter Leiden prägt der Meister
in die Herzen, in die Geister
sein allgeltend Bildnis ein.
Wie er dieses Leibes Töpfer,
will er auch des künft'gen Schöpfer
auf dem Weg der Leiden sein.„

Das ist der große Unterschied zwischen Kindern Gottes und Kindern der Welt: Während die Kinder der Welt in Leiden und Trübsalen klagen und verzagen, wohl gar hadern und murren, rühmen sich Kinder Gottes auch der Trübsale, wie Paulus geschrieben hat. Sie wissen, dass sie durch das Leiden geläutert werden von den Schlacken ihres alten Wesens, dass sie tauglich und tüchtig gemacht werden für die Herrlichkeit.

Wie haben Kinder Gottes gerade im Leiden den Herrn verherrlicht! Ich denke an die kostbaren Abschiedsreden, die der schwerkranke Monod an jedem Sonntagmorgen seinen Freunden hielt, die sich um sein Leidenslager versammelten. Wie töricht ist doch jene Behauptung: alle Krankheit sei vom Teufel, wer glaube, der brauche nicht krank zu sein; wer krank sei, beweise dadurch seinen Unglauben! Wie kann man so etwas sagen angesichts der Verherrlichung des Herrn, die aus diesen Abschiedsreden Monods spricht! Von anderen Knechten des Herrn und ihrem gesegneten Leidenslager ganz zu schweigen.

Wie oft waren Krankenbetten Offenbarungsstätten der Herrlichkeit des Herrn! Ja, Leiden ist Verherrlichung, wenn es durchgemacht wird in Gemeinschaft mit Gott. Jesus hat recht geredet, wenn er im Blick auf sein Leiden, das nun beginnt, sagt: Des Menschen Sohn ist verherrlicht. In einer dreifachen Weise bedeutet das Leiden seine Verherrlichung.

Zunächst: Jesus weiß, dass der Vater ihm hindurchhelfen wird durch sein Leiden, dass er bei ihm sein wird und das Kreuz zu einer Offenbarungsstätte göttlicher Herrlichkeit machen wird.

Wie wunderbar ist diese Erwartung Jesu erfüllt worden! Wie hat das Kreuz von jeher die Menschen zum Lobe Gottes getrieben! Wie haben die Dichter gewetteifert, das Kreuz und den Gekreuzigten zu preisen, in dem sie die Offenbarung der allergrößten Gottesliebe sahen. Da stimmt ein Paul Gerhardt seine Harfe und singt:

„O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz und voller Hohn!
O Haupt, zum Spott gebunden
mit einer Dornenkron!
O Haupt, sonst schön gezieret
mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber höchst schimpfieret:
Gegrüßet seist du mir!“

Und Ahasverus Fritsch, der Rudolstädter Kanzler, stimmt mit ein:

„Der am Kreuz ist meine Liebe,
meine Lieb' ist Jesus Christ.„

Der Sohn Zinzendorfs besingt die Marterschöne des Herrn in ergreifender Weise:

„Marter Gottes, wer kann dein vergessen,
der in dir sein Wohlsein findt?
Unser Herze wünscht sich unterdessen
stets noch mehr zum Dank entzündt.
Unsre Seele soll sich daran nähren,
unsre Ohren nie was Liebres hören;
alle Tage kommt er mir
schöner in dem Bilde für.“

Sie sind gar nicht zu nennen all die Sänger des Kreuzes, deren Lieder alle auf den Ton gestimmt sind:

„Da, wo du am verhöhnt'sten,
da bist du mir am schönsten.„

Und die mit Gebhardt jubeln:

„O Jesu Gekreuzigter,
dir jauchz' ich zu!“

Aber die Maler wollen die Dichter nicht allein den Gekreuzigten preisen lassen. Sie greifen zu Pinsel und Palette, um das Bild des Gekreuzigten darzustellen. Was für ergreifende Darstellungen der Kreuzigung kann man sehen! Ich stand einmal vor einem Werk der alten deutschen Schule in der Galerie in Kassel. In furchtbarer Naturwahrheit war der Gekreuzigte dargestellt. Das Blut, das die Dornen der Krone dem Dulder ausgepresst hatten, hatte sich mit dem Speichel der Hohenpriester und Ratsherren vermischt im Barte des Herrn — die Nägelmale waren ausgerissen durch das Gewicht des Körpers, Schwärme von Fliegen saßen in den Wunden, Ströme geronnenen Blutes waren an den Armen und an den Seiten heruntergelaufen -: ein schauerliches Bild! Und doch ein mit solcher Liebe gemaltes Bild. Offenbar wollte der Maler dadurch den Beschauern des Bildes sagen: So einen Preis hat es gekostet. So sauer sind wir dem Herrn geworden! Wer hat nicht alles ein Bild des Gekreuzigten gemalt von alten Zeiten bis auf unsere Tage! Wie ergreifend ist das Bild von Wilhelm Steinhausen im Theobaldistift in Wernigerode, auf dem das Wort veranschaulicht wird: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen! Neben die Maler treten die Bildhauer, um auch ihrer Verehrung des Gekreuzigten Ausdruck zu verleihen. Wie oft habe ich im Dom meiner Vaterstadt Münster vor der wunderbaren „Kreuzabnahme„ des Münsteraners Achtermann gestanden und habe diese Liebe auf mich wirken lassen, mit der alle den toten Leib Jesu behandeln! Und dann steht im selben Dom zu Münster die „Pieta“ desselben Bildhauers: Der tote Leib Jesu im Schoße seiner Mutter. Wie schmerzlich bewegt ruht der Blick der Mutter auf dem Antlitz des toten Heilands! Man merkte es diesen Bildwerken an, dass sie den Eindruck wiedergeben wollten, den das Kreuz auf den Bildhauer gemacht hatte, dass er erschüttert war von dem Opfer, das der Herr für uns am Kreuz dargebracht hat. Im Geiste trete ich wieder unter das holzgeschnitzte Bildwerk des Gekreuzigten. Der Körper ist weit vornüber gesunken, nicht nur das eigene Gewicht zieht ihn so vornüber, das Gewicht der Sünde der Welt lastet auf dem Gekreuzigten. Das ist es, was der Bildhauer Groß dadurch hat veranschaulichen wollen. Es war das Prophetenwort, das ihm vorschwebte: „Der Herr warf unser aller Sünde auf ihn.„ Auch die Tondichter wollen nicht fehlen, wenn es gilt, den Gekreuzigten zu verherrlichen. Wie hat Johann Sebastian Bach in seiner Matthäuspassion eine gewaltige Predigt über das Kreuzesleiden Jesu gehalten!

So schließen die Künste alle einen Kranz um das Kreuz her, um zu singen:

„Wollt ihr wissen, was mein Preis?
Wollt ihr lernen, was ich weiß?
Wollt ihr sehn mein Eigentum,
wollt ihr hören meinen Ruhm?
Jesus, der Gekreuzigte!“

Auf die Kreuzesherrlichkeit Jesu ist dann die Auferstehungsherrlichkeit gefolgt. Der Vater hat den Sohn verklärt durch seine Auferweckung von den Toten. Wie Paulus schreibt, ist Jesus „kräftig erwiesen ein Sohn Gottes seit der Zeit, da er auferstanden ist von den Toten„ (Römer i, 4). Was hatten sich die Hohenpriester für Mühe gegeben, den Gekreuzigten im Grabe verschlossen zu halten. Einen großen Stein hatten sie auf die Gruft gelegt. Den Stein hatten sie mit dem großen Amtssiegel versiegelt und obendrein noch Schildwachen aufgestellt - nun konnte nichts geschehen, wie sie meinten. Nun war eine Auferstehung unmöglich gemacht. „Aber der im Himmel wohnt, lacht ihrer und der Herr spottet ihrer“ (Psalm 2, 4). Er schickt seinen Engel, um den Stein wegzuwälzen. Trotz Siegel und Schildwachen steht Jesus siegreich auf aus dem Grabe. Und nun teilt er sein Leben mit und erfüllt sein Wort: „Ich lebe und ihr sollt auch leben.„ In der Kraft seiner Auferstehung werden die Apostel „Zeugen seiner Auferstehung“ und - verkündigen es aller Welt: „Den ihr genommen habt durch die Hände der Ungerechten und ihn angeheftet und erwürget - den hat Gott auferweckt und aufgelöst die Schmerzen des Todes, wie es denn unmöglich war, dass er sollte von ihm gehalten werden„ (Apg. 2, 23, 24).1 In der Kraft seiner Auferstehung dürfen auch wir leben und ihm dienen und bezeugen: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt! Und auf die Auferstehungsherrlichkeit ist die Thronesherrlichkeit gefolgt. „Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes, des Vaters“ (Phil. 2, Vers 9-11). Nun sitzt er zur Rechten Gottes und die Zügel der Weltgeschichte laufen in seinen durchgrabenen Händen zusammen. • Es ist selige und gewisse Wahrheit: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.„ „Denn Gott hat ihn gesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen, und hat alle Dinge unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt zum Haupt der Gemeinde über alles.“ So hat der Vater den Sohn verherrlicht in Kreuzesherrlichkeit, in Auferstehungsherrlichkeit, in Thronesherrlichkeit. Der Sohn hat den Vater verherrlicht, solange er hienieden wandelte, und nun verherrlicht der Vater den Sohn. Das weiß Jesus und darum spricht er: „Nun ist des Menschen Sohn verherrlicht und Gott ist verherrlicht in ihm. Ist Gott verherrlicht in ihm, so wird ihn Gott auch verherrlichen in sich selbst i und wird ihn alsbald verherrlichen.„ Ja, wie das ganze Leben Jesu eine Verherrlichung Gottes war, so verherrlicht nun der Vater den Sohn, indem er ihm durchhilft durch sein Leiden und Sterben, und indem er Kreuz und Grab zu Offenbarungen der Herrlichkeit Gottes macht. Damals stand Jesus noch vor seinem Leiden, als er diese Worte von der Verherrlichung sprach. Jetzt liegt längst sein Leiden hinter ihm. Nun gilt es noch in ganz anderer Weise: Des Menschen Sohn ist verherrlicht. Und dieser verherrlichte Heiland, dieser auferstandene und gen Himmel gefahrene Sohn Gottes - der ist unser Heiland! Dem dürfen wir glauben. Den dürfen wir lieben. Auf den dürfen wir hoffen. So kommt etwas von seiner Herrlichkeit auch auf uns. So offenbart auch unser Leben etwas von dem Worte Jesu: Des Menschen Sohn ist verherrlicht. Gelobt sei der Herr! Das zweite Abschiedswort Jesu an die Elf lautet: „Ihr könnt mir nicht folgen!“ Jesus sprach: „Liebe Kinder, ich bin noch eine kleine Weile bei euch. Ihr werdet mich suchen; und wie ich zu den Juden sagte: Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen, sage ich auch jetzt euch„ (Vers 33). „Liebe Kinder“ - sagt der Herr. Er gebraucht das innigste Wort, das er nur gebrauchen kann. Wie ein Vater fühlt er sich, der sterbend von seinen Kindern Abschied nimmt und nun noch einmal seine ganze Liebe in seine letzten Worte legt. Es liegt aber nicht nur seine Liebe in dem Wort. Es spricht sich auch darin aus, wie allein gelassen sie sich nun fühlen werden, wenn der Meister von ihnen genommen wird. Ich werde euch fehlen, will der Herr ihnen sagen. Aber ihr könnt mir nicht folgen. Drei Jahre sind sie ihm treulich nachgefolgt. Wohin er ging, sie blieben bei ihm. Ob er sie nach Galiläa oder Judäa führte, ob nach Samaria oder über die Grenze ins Land der Heiden, sie folgten ihm. Es war ihnen eine Selbstverständlichkeit, dass sie ihm folgten. Aber nun sagt er ihnen: Ihr könnt mir nicht folgen. Nur noch eine kleine Weile ist er bei ihnen. Sie ahnen nicht, dass diese „kleine Weile„ nur noch Stunden zählt. Jetzt ist es Donnerstag Abend. Wenn der Abend sich wieder senkt auf Stadt und Land, dann sind sie allein gelassen, dann ruht ihr Meister im Grabe in Josephs Garten. So kurz ist die „kleine Weile“. Und ach, sie haben von dieser „kleinen Weile„ kostbare Viertelstunden verschlafen, als er in Gethsemane rang und sie um Hilfe bat durch Wachen und Beten. Wenn sie das gewusst hätten, dass die Weile so klein war!

Der Herr muss den schweren Weg allein gehen. Er muss ihnen die Bahn brechen. Später werden sie ihm einmal folgen, jetzt noch nicht. Die Stunde wird auch für sie kommen, wo sie durchs Kreuz zur Krone gehen werden. Aber jetzt ist die Stunde noch nicht da. Sie können ihm jetzt noch nicht folgen. Sie würden auch gar nicht die Kraft dazu haben. Das haben sie ja bewiesen, als sie ihn in Gethsemane alle verließen und flohen. Wohl hat ein Petrus hoch und teuer versprochen, dem Herrn zu folgen und mit ihm zu sterben; aber nach der raschen Tat, dass er dem Malchus das Ohr abschlug, war all sein Mut jäh verschwunden. Er lief ebenso davon wie die ändern. So ist es in doppelter Weise wahr: Ihr könnt mir nicht folgen. Aber dies Wort bezieht sich nur auf die Gegenwart, nicht auf die Zukunft. Wie haben die Jünger ihn verherrlicht mit ihrem Leben und Leiden und Sterben! Wie hat ein Stephanus den Herrn verherrlicht unter den Steinwürfen der Henker. Er spricht fast dieselben Worte wie der sterbende Heiland. So wie Jesus betete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ - so betet Stephanus': „Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht!„ So wie Jesus sprach: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ - so spricht Stephanus: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!„ Hat er sich das vorgenommen, solche Worte zu sprechen, wie Jesus sie gesprochen? Gewiss nicht. Sondern Jesus hatte in ihm Gestalt gewonnen. Darum lebte er wie Jesus, darum starb er wie Jesus. Jesus war ihm nah im Leben und im Sterben. Jesus gab ihm die Kraft, dass sein Angesicht aussah, wie eines Engels Angesicht, als die Ratsherren die Zähne über ihm zusammenbissen. Stephanus konnte ihm folgen.

Jakobus konnte ihm folgen, als Herodes ihn mit dem Schwerte töten ließ. Johannes konnte ihm folgen, als er nach Patmos verbannt wurde, wo er schwere Zwangsarbeit zu leisten hatte. Es focht ihn nicht an, er war „im Geist“.

Petrus konnte ihm folgen, als er ans Kreuz geschlagen wurde, Paulus, als sein Haupt in den Sand rollte. Sie alle konnten ihm folgen - in seiner Kraft, durch seine Gnade. Und - so werden auch wir ihm folgen können, wenn die Stunde dazu gekommen ist. Wir haben ja seine Zusage: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.„ Wir werden es nicht vollbringen; aber Jesus wird es vollbringen. Er wird zur rechten Stunde uns Leidensgnade darreichen und Sterbensgnade. Ja, wir können es nicht, aber er kann es. Und er will es. Und er wird es, das ist ganz gewiss Darum lasst uns getrost sein und allen bangen, sorgenden Gedanken den Abschied geben. Was wir nicht können, das kann er.

Und das letzte Abschiedswort an die Elf lautet: „Liebet euch untereinander!“ Er spricht: „Ein neu Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe, auf dass auch ihr einander liebhabt. Dabei wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt„ (Vers 34 u. 35).

Ein neues Gebot gibt der Herr. Man hat wohl gesagt, es sei das elfte Gebot. Aber eigentlich ist es kein neues Gebot, sondern die Zusammenfassung aller ändern Gebote. Denn: „Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung“. Nur dass dies Gebot, das man ja schon im Gesetz Moses hatte, wenig bekannt und geachtet war. Auf das königliche Gebot der Liebe hatte man in Israel nicht viel Wert gelegt. Darum war es doch für viele in der Tat ein neues Gebot. Wenigstens wurde es ihnen in dieser Abschiedsstunde ganz neu und wichtig. Wie oft waren sie lieblos untereinander gewesen! Wie oft hatten sie sich gezankt und gestritten! Da blieb ihnen nun als letztes Wort ihres Meisters die Mahnung: „Liebet euch untereinander!„ „Wie ich euch geliebt habe, so auch ihr.“ Da macht er ihnen noch einmal den großen Unterschied klar, der zwischen ihrer und seiner Liebe bestand. Sie liebten diejenigen, die lieb und freundlich zu ihnen waren. Er liebte, ohne zu fragen, wie man sich gegen ihn verhalte. Das Wesen ihrer Liebe war eigentlich nicht Liebe, sondern Selbstsucht. Sie suchten auch in ihrer Liebe das Ihre. Das Wesen seiner Liebe war, sich für den ändern hinzugeben und aufzuopfern. Sie wollten haben. Er wollte geben.

Wenn sie so weiterliebten, wie sie bisher geliebt hatten, dann blieben sie immer hinter dem göttlichen Willen zurück. Sie mussten anfangen zu lieben, wie er sie geliebt hatte. Er hatte nicht nach ihrer Liebenswürdigkeit gefragt, er hatte sie geliebt, weil sie seiner Liebe so bedürftig waren. Diese Liebe haben die Jünger nicht in sich selber. Aber der Herr kann sie ihnen geben. Er kann und will sie in ihr Herz ausgießen durch seinen Heiligen Geist. Gott sei Dank, dass wir diese Quelle der Liebe kennen! Wenn wir lieben sollten aus eigener Kraft, wir müssten es anstehen lassen ewiglich. Denn wir sind selbstsüchtig durch und durch. Wir denken an uns, wir lieben uns. Wir leben uns. Aber wenn der Herr uns seine Liebe gibt, dann können wir lieben, dann können wir sagen: „Wir haben Christi Sinn.„ Und der Sinn Christi ist: selbstverleugnende, sich selbst aufopfernde Liebe. Wenn wir einmal Haussuchung bei uns halten, was finden wir dann? Dass wir doch, wenn wir ehrlich sind, uns selbst gesucht haben. So war es in der Freundschaft. Wir freuten uns, einen Menschen gefunden zu haben, der auf unsere Interessen einging, dem wir alles sagen konnten, was uns bewegte. Er war für uns da. Darum liebten wir ihn.

War es in der Ehe viel anders? Der Mann liebt seine Frau, weil sie ein Ohr und Herz für ihn hat, weil sie ihn betreut und mit ihrer Fürsorge umgibt. Sie ist ganz für ihn da, ganz allein für ihn. - Und die Frau liebt ihren Mann, der sie auf den Händen trägt, freundlich zu ihr ist, ihr ein Heim bereitet … Ach ja, wenn wir genau zusehen, dann müssen wir gestehn: Wir suchen auch in der Ehe uns, unseren Genuss, unsere Versorgung. Wir wollen geliebt werden. Wir wollen Liebe haben. Wie viele Ehen sind daran schon zugrunde gegangen, dass man von dem ändern immer nur haben wollte. Beide Ehegatten machten Ansprüche, die nicht befriedigt wurden. Da suchten sie die Befriedigung außer der Ehe. Wenn wir aber einander mit göttlicher Liebe lieben, dann kann die Ehe keine unglückliche werden. Wenn wir, „anstatt an uns zu denken, ins Meer der Liebe uns versenken“, wie Tersteegen gesungen hat, dann haben wir immer neue Liebe. Das ist der große Fehler, den so viele Eheleute machen, dass sie denken, ihre eigene Liebe reiche aus fürs Leben. Nein und tausendmal nein. Unsere Liebe ist Selbstsucht. Und damit stoßen wir bald zusammen. Aber wenn wir alle Tage zu dem „Meer der Liebe„ gehen, das sich in Jesu offenbart, dann haben wir, dann können wir.

Darum möchte ich allen gläubigen Eheleuten die Worte Jesu zurufen: „Ein neu Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebet habe, auf dass auch ihr einander liebhabt.“

Dasselbe gilt auch vom Gemeinschaftsleben. Wenn wir uns nicht mit der göttlichen Liebe wappnen und rüsten, dann werden wir diesen und jenen Bruder bald „unausstehlich„ finden, dann wird uns diese und jene Schwester bald „unsympathisch“ sein. Wir kommen auch in der Gemeinschaft von Kindern Gottes nur durch, wenn wir lieben, wie Jesus geliebt hat, mit der göttlichen Liebe des Gebenwollens. Und das gilt dann auch vom Verkehr mit der Welt, die den Herrn nicht kennt. Was für ein Unterschied ist es, ob man sich bei einer Eisenbahnfahrt breit ins Fenster legt, um darzutun: „das ist mein Abteil!„ - oder ob man die Tür öffnet und sagt: „Bitte, hier ist Platz!“ Was für ein Unterschied, ob man auf seinem Platze bleibt, wenn der andere einsteigt, und vielleicht noch laut oder leise murrt, wenn er uns mit seinem Koffer ans Knie oder an den Fuß gestoßen hat, oder ob man aufsteht und sagt: „Kommen Sie, ich werde Ihren Koffer herauf heben!„ Was für ein Unterschied, ob man in Kirche und Versammlung laut aus seinem Gesangbuch singt, ohne sich darum zu kümmern, dass der Nebenmann schweigt, weil er kein Buch hat - oder ob man ihm das Buch hinreicht und ihn mit einsehen lässt

Sich selber leben - für den ändern leben: Selbstsucht - Liebe. Das ist der Unterschied. Und nun sagt Jesus: „Dabei wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt.“ Das sind wir der Welt schuldig, ihr Liebe zu erweisen. Die Welt ist so kalt, so tot, so finster. Da sollen Kinder Gottes Sonnenstrahlen der Liebe hineinfallen lassen, ja, wir sollen selbst solche Sonnenstrahlen sein.

In der ersten Gemeinde war es so, dass man den Christen das Zeugnis gab: Wie haben sie einander so lieb! Und heute? Ach, soviel Zerrissenheit und Zerspaltung hat der Satan zustandegebracht! Aber das Wort Jesu gilt darum doch. Es gilt dir und mir. Wenn andere es nicht befolgen, dann wollen wir es befolgen, was der Herr seinen Jüngern als letztes Wort gesagt hat: Liebet euch untereinander!

Lasst es uns nicht wieder vergessen: „Ein neu Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, auf dass auch ihr einander liebhabt. Dabei wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt!„

Spricht Simon Petrus zu ihm: Herr, wo gehst du hin? Jesus antwortete ihm: Wo ich hingebe, kannst du mir diesmal nicht folgen; aber du wirst mir nachmals folgen. Petrus spricht z» ihm: Herr, warum kann ich dir diesmal nicht folgen? Ich will mein Leben für dich lassen. Jesus antwortete ihm: Solltest du dein Leben für mich lassen? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen, bis du mich dreimal habest verleugnet. Vers 36-38

Jesus und Petrus

Als der Herr zu seinen Jüngern Abschiedsworte spricht und ihnen als letzte Mahnung mitgibt: „Liebet euch untereinander!“, wird er von Petrus unterbrochen. Ein Wort des Herrn hat's ihm angetan. Davon kann er nicht loskommen. Ob er die Mahnung zur Liebe untereinander überhaupt gehört hat?

Vielleicht nicht. Er ist hängen geblieben an dem Wort Jesu: „Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen.„ Darum unterbricht er den Herrn, um ihn zu fragen: „Herr, wo gehst du hin?“ Er beweist damit, dass er auch jetzt noch nicht verstanden hat, was Jesus ihnen doch öfter gesagt, dass er nun in sein Leiden hineingehe. Als ob Jesus nie auch nur eine Andeutung gemacht hätte über sein bevorstehendes schreckliches Ende, so völlig verständnislos klingt die Frage: „Herr, wo gehst du hin?„

Die Antwort Jesu lautet: „Wo ich hingehe, kannst du mir diesmal nicht folgen; aber du wirst mir nachmals folgen.“ Petrus ist aber mit dieser einfachen Wiederholung der Worte Jesu nicht zufrieden. Wie ein eigensinniges Kind beharrt er auf seiner Frage. „Herr, warum kann ich dir diesmal nicht folgen? Ich will mein Leben für dich lassen!„ Wie so manchmal, so geht's auch hier. Petrus glaubt es besser zu wissen, als der Herr Jesus. Jesus hat zwar zweimal gesagt, die Jünger könnten ihm jetzt nicht folgen und auch Petrus könnte ihm nicht folgen - aber er kennt offenbar seinen Petrus nicht! So denkt Petrus. Er weiß nicht, wie treu ich bin, treu bis in den Tod. Wohin der Meister auch geht, ich werde ihm folgen, ich werde ihn nicht verlassen. Nicht umsonst soll er mich Petrus, Felsen, genannt haben!

Auf dieses eigensinnige Warum? geht der Herr nicht ein; aber auf sein kühnes Versprechen: „Ich will mein Leben für dich lassen!“ geht er ein und spricht: „Solltest du dein Leben für mich lassen? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen, bis du mich dreimal habest verleugnet!„ Da verstummt Petrus. Geglaubt hat er es dem Herrn aber offenbar nicht. Denn wenn er es ihm geglaubt hätte, dann hätte er um bewahrende Gnade gebeten und er hätte den Herrn nicht verleugnet. Aber in seinem törichten Besserwissen vertraute er auf sich selbst und seine eigene Kraft - und kam elend zu Fall.

Wenn wir das Gespräch des Petrus mit dem Herrn Jesus ein wenig näher anschauen, dann müssen wir zweierlei sagen.

Einmal: Es ist etwas Gutes in den Worten des Jüngers. Aber dann: Es ist etwas Arges in seinen Worten. Das scheinen Gegensätze und Widersprüche zu sein, sind es aber in Wirklichkeit nicht. Es ist etwas Gutes in seinen Worten. Spricht doch daraus die große Liebe des Petrus zu seinem Herrn. Er möchte ihm immer nahe sein. Er möchte nie von ihm getrennt sein; der Gedanke ist ihm unerträglich, dass jetzt Jesus irgendwohin geht, vielleicht in Gefahren und Nöte, und dass er, Petrus, nicht bei ihm sein soll. Gerade wenn Jesus einen schweren Weg geht, braucht er ihn doch erst recht! Und er selbst kann sich gar kein Leben mehr ohne Jesus denken. So hängt sein ganzes Herz an ihm, dass er es einfach nicht ertragen kann, ohne den Meister zu leben.

Ist das nicht etwas Gutes? Jesus hat's ihm angetan. Was Petrus in der Gemeinschaft mit dem Herrn alles erlebt und gesehen hat, das hat ihn mit Seilen der Liebe und der Dankbarkeit an seinen Meister gebunden. Was für Worte hat er aus seinem Munde gehört! Als Jesus einmal eine „harte Rede“ gehalten hatte, so dass viele ihn verließen, die es bisher mit ihm gehalten hatten, da hatte Jesus seine Jünger angesehen und sie gefragt: Wollt ihr auch weggehen? Und da hatte Petrus geantwortet: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!„ Ja, so hatte er es empfunden all die Jahre hindurch. Was Jesus sprach, das waren Lebensworte, davon seine Seele sich nährte. Es ging eine wunderbare Kraft von diesen Worten aus. Und diese Worte sollte er nicht mehr hören, wenn der Herr jetzt einen Weg einschlüge, ohne seine Jünger mitzunehmen? Unmöglich! Und was hatte Petrus alles gesehen in der Nachfolge Jesu! Er war dabei, als Jesus zu dem Gichtbrüchigen sprach: Stehe auf und wandle! Und er hatte zugesehen, wie der gelähmte Mann aufstand, sein Bett aufhob und hinausging. Er war dabei gewesen, wie Jesus das Töchterlein des Jakus bei der Hand ergriff und sagte: „Mägdlein, ich sage dir, stehe auf!“ Und er hatte zugesehen, wie das Kind die Augen aufschlug, wie das Leben wieder zurückkehrte, das schon entflohen war. Was hatte er nicht alles schon gesehen und erlebt in den drei Jahren. Wunder über Wunder hatte er geschaut. Und da war in ihm der Glaube erwacht: „Wir haben geglaubt und erkannt, dass du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!„ So war Petrus an den Herrn gebunden, dass er nur einen Wunsch hatte: Nahe bei Jesu zu sein und zu bleiben allezeit. Das war aber doch etwas Gutes. Ebenso wie es auch etwas Gutes war, dass die Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes den Wunsch hatten, in der Herrlichkeit die beiden Plätze neben dem Herrn zu bekommen. Es war die große Liebe zu ihrem Herrn, die aus dieser Bitte sprach.

Und wir haben alle Ursache, uns,zu fragen, ob wir auch in einer solchen Liebe zum Herrn stehen, wie damals die Jünger taten. Das Entscheidende ist doch schließlich unsere Liebe zum Herrn. Es kommt nicht darauf an, was wir getan haben im Reiche Gottes und was die Menschen von uns sagen, sondern vielmehr darauf, ob wir in Wahrheit sagen können wie Petrus: „Herr, du weißt alle Dinge, du weißt auch, dass ich dich lieb habe.“ Haben wir eine solche Liebe zum Herrn, dass wir gar nicht ohne ihn sein können, dass wir uns ein Leben ohne ihn gar nicht denken können?

Wie viele Kinder Gottes gibt es, die können gut ohne ihn sein. Sie singen zwar in dem bekannten Liede: „Ich kann allein nicht gehen, nicht einen Schritt, wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit„ - aber sie können ganz gut ohne ihn gehen, und zwar nicht nur Schritte weit, sondern Meilen weit. Sie können sich verlieben und verloben ohne Jesus, bis sie nachher einsehen, dass sie eine große Torheit begangen haben. Sie können Häuser kaufen und bauen ohne Jesus, bis sie nachher die Zinsen nicht mehr bezahlen können und merken, dass sie eigenwillig gehandelt haben. Der Herr Jesus hat zwar gesagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun!“ - aber man versucht es doch immer wieder, ohne ihn fertig zu werden. Kein Wunder, dass manches Leben so kraftlos, so ungesegnet, so fruchtleer ist. Es ist eben doch eine tiefe Wahrheit, dass wir ohne ihn nichts tun können. Darum sollte es doch auch unser heißes Anliegen sein, nahe bei Jesus zu sein allewege. Ich las von Pfarrer Blumhardt in Möttlingen, dass er in einer Predigt einmal mit einer wahren Donnerstimme, dass die Fenster davon klirrten, in die Kirche hineingerufen habe: „Wenn du nur bei Jesus bist!„ Ja, darauf kommt es an, dass wir bei Jesus sind. Seine Nähe, seine Gegenwart, bewahrt uns vor der Sünde. Denn wenn wir das lebendige Bewusstsein haben, dass er gegenwärtig ist, dann werden wir uns vor der Sünde hüten, das ist gewiss Und dann haben wir Kraft und Mut, auch Gefahren zu begegnen. Dann haben wir Trost und Rat im Leide und in Schwierigkeiten, weil „wer ihn hat, alles hat“. Ist es auch dein heiliges Anliegen, nahe bei Jesus zu sein? Kannst du nicht mehr leben ohne ihn? Bist du so an ihn gebunden in Liebe und Dank?

Siehe, das war's bei Petrus, dass er nicht von Jesus getrennt sein wollte. Darum fragte er: Warum kann ich dir nicht folgen? Darum versprach er: „Ich will mein Leben für dich lassen!„

Das war etwas Gutes, etwas sehr Gutes. Das sah auch der Herr, der die Her2en kennt. Und gewiss freute er sich darüber. Sieht er dies Gute auch bei dir? Oh, dass er bei dir und bei mir im tiefsten Herzen dieses Verlangen sehen möchte, nahe bei ihm zu sein! Lasst uns doch mit Albert Knapp bitten:

„Eines schenke mir hienieden:
Deinen Geist und deinen Frieden
und den Ruhm an meinem Grabe,
dass ich dich geliebet habe!“

Haben wir bisher gesehen, dass aus den Worten des Petrus etwas Gutes spricht, nämlich das Verlangen, dem Herrn immer nahe zu sein, so müssen wir die Worte des Petrus nun noch von einer anderen Seite betrachten, und da finden wir in ihnen etwas Arges.

Was ist dieses Arge? Die Selbstüberschätzung, die aus den Worten spricht: „Ich will mein Leben für dich lassen.„ Petrus kennt sich selbst nicht. Er pocht auf die eigene Kraft - gerade wie wir. Zwei Geschichten sind mir seit Jahren von besonderer Bedeutung, eine aus dem Alten und eine aus dem Neuen Testament: die des Jakob am Jabbok und die des Petrus in dieser Nacht zum Karfreitag. Jakob ist ein Mann, der aus allem einen Vorteil zu ziehen wusste Wie das Leben ihn auch schüttelte - er fiel immer auf die Füße. Er wusste sich immer zu helfen. Das dauerte bis zu der Nacht am Jabbok, da war es mit seiner List vorbei. Als ihm die Kunde gebracht wurde: Esau zieht dir entgegen mit vierhundert Mann! - da erschrak er. Jetzt kommt die Rache für den gestohlenen Segen, dachte er.

Noch einmal nimmt er seine Zuflucht zur List. Er teilt alles, was er hat, in drei große Haufen und schickt dieselben nacheinander über den Fluss Kaum aber ist das geschehen, da schlägt er sich vor die Stirn und sagt: Aber wie konnte ich das machen? Hätte ich alle zusammen behalten, dann hätte ich vielleicht Esaus Leuten Widerstand leisten können; nun ich aber drei Haufen abgeteilt habe, wird er mit den einzelnen Haufen leicht fertig werden! Was soll nun werden? Nun begann der geheimnisvolle Ringkampf in der Nacht. Der Herr rang mit ihm, um ihn endlich niederzuringen, um ihn endlich „klein zu kriegen“. Über dem Ringen wurde ihm das Hüftgelenk verrenkt. Das Hüftgelenk ist aber das Gelenk unserer Kraft. Wenn das Hüftgelenk verrenkt ist, bricht der Mensch haltlos zusammen. Er kann weder stehen noch gehen. Was tut Jakob in dieser Not? Er klammert sich an seinen Gegner mit der ganzen Kraft seiner Arme, indem er ruft: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!„ In dieser Schilderung von der verrenkten Hüfte liegt eine tiefe Wahrheit. Bis zu dieser Stunde war Jakob selbständig gewesen. Von nun an wurde er abhängig. An die Stelle seiner vorigen Selbständigkeit war die Abhängigkeit getreten.

Dahin muss es einmal bei jedem Menschen kommen, dass wir aus der Selbständigkeit in die Abhängigkeit kommen. Dann erst heißt es: „Meine Seele ist genesen“, dann erst geht uns die Sonne eines neuen Tages auf und ein neues Leben beginnt, nicht mehr ein Leben in eigener Kraft, sondern in der Kraft Gottes.

Dasselbe Bild bietet uns Petrus in dieser Nacht. Der Evangelist Matthäus erzählt uns etwas eingehender die Unterredung zwischen Petrus und dem Herrn, als das Johannes hier tut. Nach der Darstellung des Matthäus hat Jesus das Wort gesprochen: „In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir. Denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.„ Darauf antwortet Petrus: „Wenn sie auch alle sich an dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern!“ Was für eine Überhebung spricht aus diesen Worten! Den ändern Jüngern, ja, denen ist es zuzutrauen, dass sie sich an Jesus ärgern, aber ihm nicht. Das ist ganz ausgeschlossen! Das weiß er besser.

Jesus antwortet ihm auf sein selbstbewusstes Wort: „Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.„ Mit einem Wahrlich bekräftigt Jesus sein Wort, um es dem Jünger zu unterstreichen, um ihm zu sagen: Es ist ganz gewiss so!

Aber Petrus weiß es wieder besser. Er antwortet: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, so will ich dich nicht verleugnen.“

Jesus bricht die Unterredung ab. Er. lässt ihm das letzte Wort. Er weiß, dass die nächsten Stunden schon dem Petrus klarmachen, dass Jesus recht geredet hat.

Und in der Tat, nur wenige Stunden sind vergangen, da wird Jesus, den sie in Gethsemane gefangen genommen haben, von einem Verhör zum ändern über den Hof geführt. Da steht Petrus am Kohlenfeuer. Ein Blick Jesu trifft ihn, so voll Trauer und Weh, dass er Petrus bis ins innerste Herz trifft. Und im selben Augenblick kräht ein Hahn. Da erschrickt Petrus, wie aus einem tiefen Schlaf auffahrend. Was habe ich getan? Habe ich wirklich meinen Meister verleugnet? Habe ich wirklich gesagt, ich kennte „den Menschen nicht„? Und er stürzt hinaus aus dem Palasthof und schlägt die Hände vors Gesicht und weint bitterlich.

Das war dieselbe Nacht wie dort beim Jakob am Jabbok. Da erlebte Petrus sein Pniel. In diesen bitteren Tränen zerrann sein Selbstvertrauen und sein Sendungsbewusstsein Da fand seine stolze Selbständigkeit ein Ende.

Als er dann später einen Brief an seine Leser schrieb, da legte er es ihnen ans Herz: „Setzet aber eure Hoffnung ganz auf die Gnade.“ Damit will er ihnen sagen: Macht es nicht so wie ich! Ich habe meine Hoffnung auf mich selber gesetzt und bin elend zuschanden geworden. Das Selbstvertrauen betrügt uns. Setzet euer Vertrauen auf nichts anderes als auf die Gnade, ganz allein auf die Gnade! Erwartet nichts von euch selber, erwartet alles und allein von der Gnade! Es ist etwas Arges, auf sich selbst zu vertrauen und auf die eigene Kraft zu bauen. Denn dadurch bringt man den Herrn um seine Ehre, dass man sie sich selber zuschreibt. Ach, wie stehen wir uns doch im Lichte, wenn wir auf die eigene Kraft pochen! Solange wir das tun, hindern wir Gott, uns so zu segnen, wie er so gerne möchte. Ich bin tief davon überzeugt, dass das Leben vieler Kinder Gottes gesegneter wäre, mehr Frucht für Gott abwürfe, - wenn sie so ein Pniel erlebt hätten, wenn an die Stelle der Selbständigkeit die Abhängigkeit getreten wäre.

Hast du schon so ein Pniel erlebt, so eine Stunde oder so eine Zeit, da dein Selbstvertrauen in Trümmern zu deinen Füßen lag? Nur so kannst du in gesegneter Weise dem Herrn dienen, nur so kann dein Leben Frucht bringen. Denn nur die kleine Kraft bekommt eine offene Tür, wie der Herr in dem Sendschreiben an die Gemeinde Philadelphia sagt. Gott sei Dank für diese Pniel-Nacht im Leben des Petrus! Nie und nimmer hätte Petrus die gesegnete Pfingstpredigt halten können, durch die Dreitausend für den Herrn gewonnen wurden, wenn er nicht in dieser Nacht „klein„ geworden wäre. Was für ein hochmütiger Mensch wäre Petrus bei diesem Erfolg seiner Predigt geworden, wenn nicht all sein Hochmut in diesen Tränen zerronnen wäre. Nun konnte ihn der Herr gebrauchen als ein gesegnetes Werkzeug seiner Hand.

Und nun konnte auch Petrus „nachmals dem Herrn folgen“, nämlich ihm im Märtyrertode nachfolgen. Das hätte er ja auch nicht gekonnt, wenn er noch der Mann der eigenen Kraft gewesen wäre. Er wäre ja davon gelaufen und geflohen, als das Leiden an ihn herankam, wenn er nicht gelernt hätte, seine Hoffnung ganz auf die Gnade zu setzen. - - Ich bin am Schluss der Betrachtungen über Johannes 13 angelangt. Wie wichtig ist es mir, dass diese Wahrheit von dem argen Selbstbewusstsein am Schlüsse des Kapitels steht. Wir können ja nicht gesegnet werden, wenn wir nicht loskommen von unserem Vertrauen auf uns selbst. Wir können ja das Beispiel dienender Liebe, das Jesus uns hier gegeben, nicht nachmachen, uns nicht untereinander lieben, wie Jesus geliebt hat, wenn wir nicht tief davon überzeugt sind: „An mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd'.„ Aber wenn wir arm und bankrott geworden sind in uns selber, dann erfüllt sich uns die Seligpreisung Jesu: „Selig sind, die geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr.“ Dass wir alle wären und würden solche Bettler im Geist, die nichts innehaben und doch alles haben, weil sie - arm in sich selber - rechnen gelernt haben mit dem Reichtum in Christo Jesu, weil sie - ohnmächtig in sich selber - rechnen gelernt haben mit der Kraft Gottes.

Mit Petrus ist der Herr zu seinem Ziele gekommen und mit den ändern Jüngern auch. Dass er auch zum Ziele kommen möchte in Zeit und Ewigkeit mit dir und mir!