Psalm 118.
In einem Krankenhause wie hier, wo so viele von Not und Elend geplagte sind, passt sehr wohl der erste Vers dieses Psalms: „Dankt dem HErrn, denn Er ist freundlich und seine Güte währt ewig.“ Es kommt so viel auf das Danken an. V. 19. heißt es: „Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich da hineingehe, und dem HErrn danke,“ und V. 20: „Das ist das Tor des HErrn; die Gerechten werden da hineingehen.“ Es ist dies das Tor zum wahren Leben. Viel zu wenig wird von den Christen bedacht, welcher Segen im Danken liegt. „Ich will dem HErrn sehr danken mit meinem Munde und Ihn rühmen unter vielen“ (Ps. 109,30). Viele sagen: „Ja, wenn ich wieder gesund bin.“ Das ist verkehrt geredet. Es heißt Psalm 50,23: „Wer Dank opfert, der preist mich, und das ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes.“ Wir bekommen das Heil nicht anders als durch Loben und Danken, und doch fällt das vielen so schwer. Wenn du wüsstest, was am Danken liegt, du würdest es mehr tun. Durch das Danken ist das Tor erst recht geöffnet. Ja, sagt da eins, ich kann nicht danken, ich bin noch zu schlecht, mir fehlt noch so viel. Aber wenn ihr warten wollt mit dem Danken, bis ihr anders seid, so gehts euch wie denen, die erst ins Wasser wollen, wenn sie schwimmen können. Nur frisch hinein, und hast du für dich nicht zu loben und zu danken, so findest du genug am HErrn. Es heißt Jes. 12,5: „Lobsingt dem HErrn, denn Er hat sich herrlich bewiesen.“ Dass so viele nicht danken, kommt von einem Augenfehler her: das Auge schaut falsch, darum können sie nicht danken. Das Erlösungswerk ist ein doppeltes in Beziehung auf uns und auf den HErrn. 1 Kor. 1,30: „Christus ist uns gemacht von Gott zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.“ Auf doppeltem Wege bringt uns Jesus ins Heiligtum. Wird mir Jesus zur Weisheit, so kann ich in mein Herz schauen, und da finde ich nichts als Sünde. Jes. 1,5: „Das ganze Haupt ist krank, das ganze Herz ist matt.“ Aber Jesus ist uns nicht nur gemacht zur Weisheit, sondern auch zur Gerechtigkeit, und gerecht wird keines dadurch, dass es sich anschaut. Derselbe Blick, der hineingegangen ist, muss auch heraus auf Jesum hin. Jes. 45,24: „Im HErrn habe ich Gerechtigkeit und Stärke.“ Keines kann wahren Frieden finden, wenn es nicht von sich ab und auf Jesum blickt. Aber kaum hat man sagen können: „Mir sind meine Sünden vergeben,“ so fällt der Blick noch einmal ins Herz zurück, und wie der erste Blick uns den ganzen Sündenwust gezeigt hat, so zeigt uns der zweite, dass trotz der Gnade, die man erlangt hat, noch Sünde im Herzen ist, ja manche noch fußtief darin steckt; und wie der erste Blick in die Vergangenheit ging, so geht der zweite in die Zukunft. Da heißt es: Werde ich auch frei werden von dem, was mir und Jesu Schmerzen macht? Es ist die Heiligung, das Streben, nicht nur Vergebung seiner Sünden zu haben, sondern auch von Sünden frei zu werden. Die natürliche Folge der Gnade ist, dass man die Sünde ablegen möchte, und das ist zusammengefasst in dem Worte Heiligung. „Ohne die Heiligung wird niemand den HErrn sehen“ (Hebr. 12,14). Aber so wenig, als man das erste Mal beim Blick auf sich stehen geblieben ist, sondern zu Jesu Kreuz aufgeschaut hat, ebenso kann man nur die Erlösung erfahren, wenn man von sich ab auf Christum sieht und Freude an Ihm hat. Keines wird erlöst, ohne den Blick auf Jesum Christum den Gekreuzigten; in diesem gläubigen Blick liegt Gerechtigkeit und Erlösung. Die Klage verstummt, sobald man Jesum im Glauben anschaut, und ich bitte euch, immer recht Jesum, den Gekreuzigten, anzuschauen. Da dankt man dem HErrn, und wir sollen ihm danken (V. 1), die wir sagen können: „Seine Güte währt ewig.“ Wenn eins, das am Ertrinken wäre, sich selbst an den Haaren aus dem Wasser ziehen wollte, so würden wir sagen: Wie dumm! Eben so dumm ist es, wenn wir uns selbst aus der Sünde herausziehen wollen; es muss uns ein Seil entgegengeworfen werden. Des tut einem wohl, in diesen Zeiten, wo alles wankt, das Wort zu hören: „Seine Güte währt ewig.“ Ein gewaltiges Wort: „sie währt ewig.“ Das kann einen noch im versinken halten, es ist ein Fels im Meer. Der HErr ist heute und ewig gütig, sein Opfer gilt heute noch, und ist es dir ernst um deine Seligkeit, so brauchst du nur zuzugreifen.
Viele Seelen machen sich selbst den Weg so schwer, meinen der HErr sei so ferne, und Er ist doch so nahe; es heißt ja: „Seine Güte währt ewig“. Wir sind so verkehrt, dass wir uns immer den Heiland nach uns denken; Er ist aber anders, ist nicht so veränderlich, wie wir; Er ist wie ein Fels im Meer, an dem sich alle halten können. „Seine Güte währt ewig,“ damit ist das ganze Erlösungswerk gemeint, sein Opfertod, der ewig gilt. Es ist das abscheulichste Werk des Satans, dass er alle Tage die Herzen von Gott abwendig zu machen sucht; denn das bringt den größten Schaden, dass viele so wenig Glauben und Vertrauen zum HErrn haben. Wären alle mit lebendigem Vertrauen erfüllt, so wäre mehr Gnade, mehr Sieg, mehr Freude unter uns. „Wenn du könntest glauben! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“ (Mark. 9,23). Von uns weg müssen wir blicken und auf die Güte des HErrn schauen. Ja, sagt da eines, das können die, die nicht so viel zu kämpfen haben, wie ich. Aber wir sehen in diesem Psalm, dass auch die, welche kämpfen, doch danken können. Es heißt V. 10. 13: „Alle Heiden umgeben mich; aber im Namen des HErrn will ich sie zerhauen.“ „Man stößt mich, dass ich fallen soll; aber der HErr hilft mir.“ Du hast kein Recht zum Trauern; für alle Fälle ist Jesus alles. Bist du untreu, der HErr ist treu; bist du schwach, Er ist stark; und geht es in den Kampf, so bist du nicht allein. Ist dies nicht ein Trost für Sünder, die sich umlagert fühlen von einer feindlichen Macht und noch so manche Lust und Begierde in sich fühlen? Zu jeder Sünde kannst du versucht werden; sollte eines denken: zu dieser oder jener Sünde bin ich nicht fähig, dein sage ich: Du wirst noch tief hineinkommen, bis du erkennst, dass du zu jeder Sünde fähig bist und nur Gnade dich bewahrt. V. 10: „Alle Heiden umgeben mich; aber im Namen des HErrn will ich sie zerhauen.“ Da denkt mancher, hier in Männedorf sei man geborgen; aber die Mauern halten den Feind nicht ab: hier kommen auch gar manche Anfechtungen und Versuchungen.
„Alle Heiden umgeben mich,“ sagt der Psalmist; er kann fast nicht fliehen: es kommt aber noch mehr. V. 12: „Sie umgeben mich wie Bienen, sie dämpfen wie ein Feuer in Dornen;“ aber in dieser großen Not weicht doch der Dank und der Glaube nicht. Was ist das für eine Siegesfreudigkeit! Und worin liegt sie? Antwort: Im Namen des HErrn. Darüber nur noch einige Worte. Es ist etwas wunderbares: der Name des HErrn. Die Juden haben vor dem Namen des HErrn solchen Respekt, dass sie selten den Namen „Jehovah“ aussprechen, sondern meistens Adonai lesen. Es ist etwas Geheimnisvolles um den Namen des HErrn. Als der HErr dem Moses erschienen war, fragt ihn dieser: Wie heißt du?“ Und bekommt zur Antwort: „Jehovah, ich werde sein, der ich sein werde.“ Wenn im alten Testament vom Erlösungswerke die Rede ist, so heißt es wie bei Abraham (1 Mos. 12,8): „Er baute dein HErrn einen Altar, und predigte von dem Namen des HErrn,“ und Petrus sagt zu dem Lahmen (Apstg. 3,7): „Im Namen Jesu Christi stehe auf und wandle!“ Der HErr sagte von seinen Jüngern: „In meinem Namen werden sie Teufel austreiben“ (Mark. 16,17). Der Name des HErrn wird jetzt noch immer zu Sympathie und Zauberei benutzt. Wunderbar: woran sich der Glaube gehalten, daran hält sich jetzt der Aberglaube; es ist etwas eigenes. Dieser Name muss wichtig sein, ihn können besonders die Spötter nicht leiden; sie können lange über die Bibel und göttliche Dinge spotten, ohne diesen Namen auszusprechen. Es ist etwas wunderbares, welche Macht im Namen des HErrn liegt! Nicht umsonst heißt es Spr. 18,10: „Der Name des HErrn ist ein festes Schloss; der Gerechte läuft dahin, und wird beschirmt,“ und Hohel. 1,3: „Dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe.“ Daran denkt, wenn ihr im Kampfe seid mit Satan, Welt und Sünde; denn: Es ist in keinem andern Heil“ rc. Ich weiß von einer, die nicht beten konnte in der Anfechtung; sie erfasste aber im Geiste den Namen Jesu - und fort war alles. Wenn Sünden auf dich eindringen, fleischliche Gedanken dich plagen, willst beten, wirst aber im Gebete noch immer davon geplagt, so gibt es ein einfaches Mittel: statt lange mit Gott zu reden, hilft ein gläubiges Erfassen des Namens Jesu; denn: „Er wird sein Volk selig machen von seinen Sünden,“ und da muss der Feind weichen. Zwei Waffen muss der Christ haben zur Rechten und zur Linken: das Blut Jesu Christi und den Namen des HErrn. An diese zwei Säulen soll sich jeder halten. Es ist wunderbar, wie die Bitte um die Besprengung des Blutes Christi hilft, und ein gläubiges Erfassen des Namens Jesu; ich habe es schon oft erfahren. Der HErr helfe allen, dass sie dem HErrn danken, weil seine Güte und Gnade heute, morgen und in Ewigkeit währt. Amen.