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Thomasius, Gottfried - Am Sonntag nach Ostern, (als am Tage der Konfirmation). Die Kraft der heiligen Taufe.

Der Gott des Friedens heilige euch durch und durch, dass euer Geist samt Seele und Leib unsträflich erhalten werde bis auf die Zukunft unsers Herrn Jesu Christi. Amen.

Der heutige Sonntag war von jeher für die Kirche Christi ein wichtiger Tag; denn am Osterfest wurde in den alten Zeiten die heilige Taufe an den Christen aus den Heiden vollzogen; am darauffolgenden Sonntag kamen dann die Getauften noch einmal in ihrem Taufschmuck zur Kirche und saßen da in ihren weißen Kleidern, den Zeichen der überkommenen Gerechtigkeit Christi, unter den Gebeten und Fürbitten der Gemeinde, deren Glieder sie jetzt geworden waren. Davon ist dieser Sonntag Quasimodogeniti genannt. Mit Recht hat daher unsere Kirche die Konfirmation auf denselben Tag verlegt. Was es aber mit dieser Feier für eine Bewandtnis habe, das scheinen Viele, ob sie gleich getauft und konfirmiert sind, nicht mehr zu wissen. Gemeiniglich nennt man die Konfirmation die Aufnahme der Kinder unter die Erwachsenen, und denkt sich das so, als ob sie nunmehr der Zucht der Schule, wohl auch der Zucht des Hauses entwachsen, in eine gewisse Selbstständigkeit und Mündigkeit eingesetzt werden, wodurch sie ein Recht empfangen, die Söhne, an den Freiheiten und schlimmen Sitten ihrer ältern Brüder Teil zu nehmen, die Töchter an den Lustbarkeiten und Ergötzungen des öffentlichen Lebens. Gibt es doch Eltern genug, die, nachdem sie am Konfirmationstage Gott gedankt haben, dass er ihre Kinder so weit gebracht, nun sogleich anfangen, diese ihre Kinder in die Welt einzuführen, wie sie sagen, das heißt, sie allen den weltlichen Zerstreuungen zuzuführen, vor denen sie sie bis dahin noch zurückgehalten haben, damit auf diese Weise, setze ich hinzu, der gute Same, der in ihre Herzen gepflanzt wurde, alsobald wieder erstickt und die junge Saat des aufgehenden christlichen Lebens von den Füßen der Welt zertreten werde. Es ist das freilich ihre Absicht nicht, aber es ist der fast unausbleibliche Erfolg eines solchen verkehrten Tuns. Wäre nun die Konfirmation nichts anders als solch eine Einführung der Kinder in die Welt, dann täte unsere Kirche besser, sie ganz zu unterlassen. Sie ist aber eine Zurückführung auf die heilige Taufe, eine feierliche Bestätigung des Bundes, den der dreieinige Gott in die Taufe mit ihnen gemacht hat, eine Einführung der Kinder nicht in die Welt, sondern in die volle Lebensgemeinschaft mit dem, welcher die Welt überwunden und sie schon am Beginn ihres irdischen Lebens in sein himmlisches Gnadenreich versetzt hat, in die Gemeinschaft mit Christo, ihrem Herrn. Ist aber das die Bedeutung der Konfirmation, dann erwachsen aus ihr ganz andere Pflichten für Eltern und Kinder; für die Kinder die Pflicht, den Bund der Taufe treu zu bewahren; für die Eltern die Pflicht, ihre Kinder so zu leiten, dass die Kraft der Taufe sich immer völliger an ihnen erfülle.

Aber kennen denn wir selbst diese Kraft? Ich fürchte, die wenigsten unter uns; denn keines von den Gütern des neuen Testamentes ist so vergessen und so unwert geachtet, als sie; obwohl keines ist, das reicher an Gnaden wäre. Und so gibt mir der heutige Tag wie von selbst, den Anlass, von der Kraft der Taufe zu reden; Gott aber wolle auch heute mein Wort eine gute Stätte in Euren Herzen finden lassen.

Röm. 6,3 bis 5.
„**Wisst ihr nicht, dass Alle, die wir in Jesum Christ getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir je mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie Christus ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.“

Indem ich diese Worte auslege, will ich reden von der Kraft der heiligen Taufe, wie sie durch das ganze Christenleben hindurchgeht.

Diese Kraft beruht aber darauf, dass wir durch die Taufe in Christum eingepflanzt und damit in die Gemeinschaft seines Todes und seiner Auferstehung versetzt worden sind.

I.

„Wisst ihr nicht, dass Alle, die wir in Jesum Christum getauft sind, die sind in seinen Tod getauft“? In Christum getauft sein heißt zur Gemeinschaft mit ihm getauft, in seine Gemeinschaft hineinversetzt sein, wie auch sonst die Schrift bezeugt: „so viele euer getauft sind, die haben Christum angezogen.“ Mit diesen wenigen Worten ist unendlich viel gesagt; denn es ist damit keine bloß äußerliche Verbindung gemeint, keine bloße Aufnahme in den Kreis der Menschen, über welche der Name Christi genannt wird, sondern eine Einverleibung im eigentlichen Sinn. Wie man ein Reis von einem wilden Baum abbricht und in einen guten lebenskräftigen Stamm hineinpfropft, wodurch es mit ihm in Eins zusammenwächst und seines Saftes und seiner Kraft teilhaftig wird, ebenso wird man durch die Taufe ein Glied am Leib Christi, eine Rebe an ihm, dem Weinstock, und empfängt Anteil an seiner Person und an allen Heilsgütern, die uns mit ihr gegeben sind. Und nun bedenkt, meine Teuren, wer der ist, mit dem uns die Taufe so innig verbindet; es ist, so bekennt ihr in Euerm allerheiligsten Glauben, es ist „der eingeborne Sohn des lebendigen Gottes, wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, und auch wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau geboren“, der Mensch, der eins mit Gott ist, der zu seinem Vater sagen konnte: „Ich in Dir und Du in mir,“ und von dem hinwiederum der Vater gesagt hat: „Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“; er ist der Mittler zwischen Gott und Menschen, der die Reinigung unserer Sünden gemacht hat, und nun zur Rechten der Majestät im Himmel sitzt, angetan mit der Herrlichkeit des Vaters, erhöht zum Haupt der Gemeinde über alles. Sind wir nun in dessen Gemeinschaft versetzt durch die Taufe, so sind wir, wie der Apostel sagt, auf seinen Tod getauft, das heißt, hineingepflanzt in die Gemeinschaft dieses Todes, also dass Frucht und Segen desselben unser wird. Die Frucht dieses Todes aber ist Vergebung der Sünde, wie geschrieben steht: „Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.“ Das, Geliebte, ist also die Kraft der Taufe; und wenn wir weiter erwägen, was wir alle von Natur und Kraft unserer Geburt aus dem Fleisch sind: Glieder eines in seinen innersten Lebenswurzeln verdorbenen, in seinem Stammvater abgefallenen, unter die Sünde verkauften Geschlechtes, eines Geschlechtes, über welches um der Sünde willen der Tod und der Zorn Gottes gekommen ist, wie müssen wir uns freuen, dass wir schon bei unserem Eintritt in dieses Leben jener unheilvollen Gemeinschaft entnommen und demjenigen eingepflanzt sind, an welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden; wie müssen wir Gott danken, dass er uns damals schon von der Befleckung des natürlichen Verderbens gereinigt, mit dem weißen Kleid der Unschuld seines lieben Sohnes bekleidet, geheiligt, gerechtfertigt, zu seinen Kindern gemacht hat; denn sind wir Christi, so sind wir auch Gottes, und die Liebe des Vaters, die auf dem Sohn ruht, geht über auf uns, die wir dessen Glieder und Brüder geworden sind.

Gälte das nun auch nur für die ersten Tage der menschlichen Kindheit, es wäre doch eine große dankenswerte Gabe Gottes, ewigen Preises und Lobes wert. Aber darauf beschränkt sich die Kraft der Taufe nicht; es ist das nur der Anfang oder vielmehr die Quelle, aus welcher ihr Segen durch das ganze menschliche Leben hindurchströmt. Denn wie sie uns einmal hineinversetzt hat in den Tod des Erlösers, so hält sie uns auch die Gemeinschaft mit ihm, den Zugang zu ihm offen, also, dass wir nun immer aufs neue herzutreten und Gnade um Gnade nehmen dürfen. Darin aber liegt für uns ein großer Trost. Denn darauf hin können wir nun jeden Morgen die Hände aufheben und beten: Vater unser, vergib uns unsere Schuld; darauf hin können wir an jedem Abend für unsere täglichen Übertretungen Vergebung suchen und finden; ja, wenn kein andrer Trost mehr haftet, wenn unsere Seele nirgends sonst mehr einen Anhalt findet unter den Anklagen des inneren Richters, das bleibt uns dennoch stehen, dass wir getaufte Christen sind, getauft auf Christi Blut und Gerechtigkeit; denn das ist Gottes, des dreieinigen Gottes, Tat an uns, ein für allemal geschehen, und keine Macht des Abgrundes kann uns den Quell des Heils verschließen, den Er uns damit aufgetan hat. O meine Freunde, und wäre einer unter uns, der bereits weit von seinem guten Hirten abgekommen wäre, einer, der sich tief hinein in die Wege der Sünde verirrt, ja bis an den Abgrund des Verderbens fortgeschritten wäre - und er käme heute wieder, ein verlorener Sohn, eine verlorene Tochter, mit zerschlagenem Herzen, mit heilsamer Beschämung, mit aufrichtiger Reue - siehe, um seiner Taufe willen stünde ihm der Zugang zur Gnade immer noch offen, er könnte heute noch in dem Blut Christi Errettung und Vergebung finden; „denn so viel unserer in Christum getauft sind, die sind in seinen Tod getauft.“ dass diese fortwirkende Kraft der heiligen Taufe eurer Vielen ein Zug zur Buße würde, dass sie allen verirrten Seelen Mut und Lust zur Umkehr gäbe, Allen zur Stärkung ihres Glaubens diente an den, der uns je und je geliebt und durch die Taufe uns den freien Zugang zum Verdienste seines Sohnes aufgeschlossen hat.

Doch, Andächtige, wenn der Apostel sagt, „wir sind in seinen Tod getauft,“ so meint er damit nicht nur, die Sünde habe hinfort keinen verdammenden Anspruch mehr an uns, sondern er meint zugleich, dass auch wir keine Gemeinschaft mehr mit ihr haben; denn, setzt er sogleich hinzu: „so sind wir je mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, wir sind mit Christo begraben, unser alter Mensch ist mit Christo gekreuzigt,“ und das ist nur die andere Seite derselben Sache. Denn wie Christi Tod die Schuld der Sünde tilgt, so hat er auch, die Kraft, die Sünde selbst zu tilgen, den alten Menschen, der mit ihr befleckt ist, zu ertöten, ihn völlig in den Untergang, gleichsam in das Grab zu versenken; und Niemand kann in Wahrheit seine versöhnende heilende Wirkung genießen, ohne zugleich seine die Sünde tilgende und verzehrende Macht inne zu werden. Das geschieht nun freilich in der Taufe noch nicht so, dass mit ihr alle Regungen des ungöttlichen Wesens in uns ausgelöscht wären wir fühlen sie ja zu unserem Schmerz noch lebendig genug in unseren Gliedern, wir streiten noch mit dem Fleisch, wir seufzen um Erlösung und Befreiung aber es ist doch mit der Taufe das ganze Christenleben bereits in den Bereich dieser Wirkungen hineingestellt, es ist uns die Kraft des Todes Christi zum Absterben der Sünde eingepflanzt und soll und kann nun durch unser ganzes Leben hindurch sich beweisen. Es kommt nur darauf an, dass wir sie brauchen und dass wir sie in uns wirksam werden lassen. O meine Freunde, welche ernste Bedeutung erhält dadurch gleich von vornherein das ganze christliche Leben; es wird eine fortwährende Arbeit der Selbstverleugnung und der Buße, ein stetiger Kampf mit dem alten Menschen, ein unablässiges Ringen mit der Sünde, ein tägliches Sterben, eine tägliche Taufe, wie unser Luther sagt, „einmal angefangen und immer darin gegangen.“ Das meint der Apostel, wenn er schreibt: „So sind wir je mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod“ - und das ist die Aufgabe, die uns Allen mit ihr gestellt ist. Aber diese Aufgabe gefällt Vielen nicht; viel besser gefiele ihnen ein fröhliches Leben in aller Lust und Freude der Welt, viel lieber möchten sie nach den Gedanken des eigenen Herzens, nach den Neigungen ihres Fleischs wandeln und ihren unheiligen Willen ungehindert gewähren lassen; rechts und links mit der Sünde buhlen, was dem Fleisch sanft und wohl tut, was die Welt an vergifteten Blumen darbeut, genießen: das wäre ihnen ein rechtes Leben. Hingegen jener Ernst des Kampfs, der auf immer mit der Sünde bricht, jenes Ersterben des alten Menschen, ein Leben, wie es in der Taufe begründet wird - das gilt ihnen für ein dunkles, freudenleeres Los. Und so frage ich denn erstlich, ist es denn wirklich wahr, dass das Leben im Fleisch so fröhlich und die Lust der Welt so selig sei, wie ihr wähnet? Ist das ein fröhliches Leben, wobei man das Zeugnis seines Genießens und das Gesetz des Herrn gegen sich hat? ein fröhliches Leben, wenn zwar der Leib mit Träbern sich füllt und die Sinne in Wollust sich weiden, aber die arme verwaiste Seele leer und friedelos bleibt? ein fröhliches Leben, wobei man das Ebenbild Gottes, zu dem man in der Taufe erneut worden ist, schmählich entweiht und das reine Kleid der Gerechtigkeit, womit man bekleidet worden ist, befleckt; da man sich schämen muss vor sich selber, vor allen frommen Menschen, und vor dem heiligen Gott? Ich frage, ist das ein seliges Leben, der Welt und ihrer Lust zu dienen dieser Lügnerin anzuhangen, die sich Gottes Freundin nennt, aber seine Feindin ist, die dir gute Tage die Fülle verheißt, hernach aber dich und dein Haus ins Elend bringt, und wenn sie dich in Sünde und Schande gebracht hat, dich liegen lässt in deinem Blut und kein Vaterunser mehr für deine arme Seele betet - soll das ein fröhliches, seliges Leben sein, welches zu einem solchen Ende ausführt? O da ist in dem heiligen Streit der Kinder Gottes wider die Sünde unendlich mehr Lust und Freude; denn da streitet man doch mit Gott für sein ewiges Heil, da hat man das Zeugnis des heiligen Geistes im Herzen, den Trost des Todes Christi zur Seite, da klingt selbst durch die Klagelieder der Buße hindurch ein heller Ton der Freude, wie ein Triumphlied voll froher Hoffnung, voll Gewissheit des Sieges. Denn sagt unser Text

II.

„So sind wir je mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie ist Christus auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ Es ist also nicht die Meinung, als sollten wir nur innerlich sterben, ohne aufzuleben, nur mit der Sünde immerfort streiten, ohne zu überwinden - nein, es soll uns gelingen, ihrer Herr zu werden, es soll aus dem Tod des alten Menschen ein neuer geboren werden, ein neues Leben in der Kraft Gottes, im Geist Gottes, in der Wahrheit und Liebe Gottes, schön und lieblich nach dem Bild Gottes, ein Leben, das wie ein Strom aus unserem Innern herausbricht und in guten Werken der Gerechtigkeit sich ausbreitet. Wer hat ein sittliches Gefühl, und empfindet nicht die Schönheit eines solchen Lebens, wer hat ein Gewissen, und wollte in der Gemeinheit der Sünde bleiben, in Kammern und Unzucht, in Geiz und Weltlust sitzen, wo der helle Tag dieses edlen Lebens leuchtet! Dazu seid ihr Kinder schon durch eure Taufe eingeweiht, wie ihr in eurem Katechismus bekennt: „Das bedeutet solch Wassertaufen, dass der alte Adam in täglicher Neue und Buße ersterbe mit allen Sünden und bösen Lüsten und wiederum täglich herauskomme ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Heiligkeit Gott ewiglich lebe;“ dazu verpflichtet ihr euch heute aufs neue, und darauf sind wir allesamt, alt und jung, getauft. Aber, und das sage ich, damit eure Freude völlig werde: nicht so, als ob das Alles von uns ausgehen, mit unseren eigenen natürlichen Kräften geschehen müsste, was ja schlechterdings unmöglich wäre, sondern wir haben in der Taufe auch schon die Kraft dazu erlangt; denn, schließt unser Text: „So wir samt Christo gepflanzt sind zu gleichem Tod, so werden wir auch der Auferstehung gleich sein.“ Der für unsere Sünden Gestorbene ist ja auch der um unserer Gerechtigkeit willen Auferstandene, der Sieger über Sünde und Tod, der Herr und Fürst des Lebens, wie wir am Osterfest sahen, und so gewiss wir durch die Taufe in die Gemeinschaft seines Todes hineinversetzt sind, eben so gewiss auch in die Gemeinschaft seines siegreichen, mächtigen Lebens. Wir brauchen es nicht erst gleichsam vom Himmel zu holen, es ist uns allbereits eigen, es hat sich schon in der Taufe über uns ergossen und teilt sich uns seitdem immerfort mit; ein unversieglicher Quell, dessen Gotteskraft durch unser ganzes folgendes Leben hindurchreicht, immer völliger uns reinigend und züchtigend durchdringt, immer mächtiger uns aus dem alten Tod emporzieht, bis sie am Ende uns ganz in Christi Bild verklärt. Alles deshalb, weil wir ihn in der Taufe angezogen haben, weil wir zu gleichem Tod und zu gleicher Auferstehung ihm eingepflanzt sind.

Es bedarf nun nichts weiter, als dass wir der Zucht und Wirkung dieses Lebens uns hingeben. Das aber geschieht dadurch, dass wir ihm stillhalten und unsere teuer erlösten Seelen nicht mutwillig mit Sünden beflecken, auch nicht dem Fleisch Raum geben, sondern ein gutes Gewissen bewahren; denn der Geist des Herrn Christi ist ein zarter, heiliger Geist, der leicht betrübt wird und in befleckten Herzen nicht bleibend wohnen mag; es geschieht dadurch, dass wir am Glauben festhalten, denn nur durch ihn bleiben wir in der Gemeinschaft mit Christo, dem wir einverleibt sind, und dadurch, dass wir die Gnadenmittel des Gebetes, des Wortes, des Nachtmahls fleißig brauchen, durch welche sein Leben sich fortwährend an die Glieder mitteilt. So, Andächtige, kann es geschehen, dass die heilige Taufe ihre Kraft immer völliger an uns bewährt und ihren Segen immer herrlicher über unser Leben ausbreitet.

Führt nun ihr, lieben Kinder, die ihr heute den Bund eurer Taufe mit dem dreieinigen Gott erneuert, also euren Wandel, besteht ihr im Glauben an seinen Namen, den ihr heute bekennt und bleibt ihr auf dem Weg, welchen zu wandeln ihr gelobt, siehe, so wird meine heutige Predigt eine Weissagung über euch sein. Es wird die Liebe eures himmlischen Vaters, dessen Kinder ihr geworden seid und die sich bisher schon so reichlich an euch verherrlicht hat, in zahllosen leiblichen und geistlichen Gaben, es wird diese Liebe auch fürder über euch walten und wird euch weiden an frischen Wassern und auf grünen Auen. Ihr zwar werdet diese Liebe noch oftmals betrüben, ihr werdet, auch wenn es euch ein Ernst ist, wider die Sünde zu streiten, doch noch von ihr übereilt und hingenommen werden, aber ihr werdet, wenn ihr im Schmerz darüber eure Hände aufhebt und um Vergebung betet, immerdar das Herz eures himmlischen Vaters offen und in dem Blut Jesu Christi Versöhnung finden. Ihr werdet irren, aber der gute Hirte wird euch wieder zurecht bringen; ihr werdet straucheln, aber Er wird euch halten; ihr werdet oft in Kleinmut und Verzagtheit über eure Ohnmacht klagen, aber der Herr wird euch mit seiner Kraft immer wieder aufrichten und neue Stärke zum Guten, zum göttlichen Leben und Wandel verleihen. Es werden ohne Zweifel auch schwere Anfechtungen über euch kommen, über die einen durch Ehre und Lust der Welt, über die anderen, vielleicht über die meisten, durch Not und Armut, durch Elend und große Trübsal, in Wettern und Gerichten von Oben, aber euer Gott und Heiland wird euch auch dann nicht lassen, er wird im dunklen Tal euer Stab, in Verlassenheit euer Berater, in der Armut euer Versorger, im Leiden euer Tröster sein; ja er wird alles Leid, das euch trifft, in Segen für euch verwandeln, es zu einer Schule fürs ewige Leben machen, also, dass ihr am Ende werdet mit Dank bekennen müssen, was der Psalm sagt: die Wege des Herrn sind eitel Güte und Weisheit denen, die seinen Bund und seine Gebote halten. So wird Er an Euch tun um eurer Taufe willen, wofern ihr den Bund derselben bewahrt. Wo ihr aber ihn freventlich brecht, und seine Treue und Güte auf Mutwillen zieht, da würde sich der Segen eurer Taufe zum Gericht für euch verwandeln und wäre dann das Letzte ärger als das Erste; wovor euch Gott in Gnaden bewahren wolle.

Eben hieraus erkennt aber auch, ihr lieben Eltern und Freunde dieser Kinder, was euch obliegt. Die Barmherzigkeit Gottes, welche ihr heute euret- und ihrethalben preist, erhöht und verschärft die heilige Pflicht, über ihre Seelen um so treuer zu wachen und sie vor Allem zu bewahren, was die Gnade der Taufe in ihnen zerstören, das angefangene Werk Gottes an ihnen hindern könnte. Es wäre gewissenlos, wenn ihr jetzt, nachdem sie konfirmiert sind, sie ohne weiteres den Versuchungen der Welt überließt, es wäre unverantwortlich, wenn ihr selbst durch schlechtes Beispiel oder leichtfertige Reden ihnen Ärgernis geben wolltet; was durch eure Schuld an ihnen verloren geht, wird Gott von eurer Hand dereinst fordern. Doch ihr habt ja ein Vater- und Mutterherz für sie, ihr liebt sie nächst Gott am meisten; nun so beweist eure elterliche Liebe darin, dass ihr fortfahrt, sie in der Zucht und Vermahnung zum Herrn zu halten, darin, dass ihr fortfahrt für sie und mit ihnen zu beten, dass ihr mit ihnen aus Gottes Wort euch erbaut, mit ihnen fleißig zur Kirche kommt und das Nachtmahl feiert, vor allem aber ein Exempel der Gottesfurcht und Gottesliebe ihnen gebt, das Vorbild eines christlichen, berufstreuen, in guten Werken fleißigen Wandels, welches lauter als alle Worte predigt, und ohne welches jedes Wort der Ermahnung fruchtlos ist.

Das aber sage ich euch Allen, meinen Freunden; es ist eine gemeinsame Pflicht aller Eltern gegen ihre Kinder, aller Glieder der Gemeinde gegen einander. Sind wir doch allesamt auf Jesum Christum getauft, alle an ihm, dem Haupt zu Einem Leib verbunden, haben alle einerlei Bekenntnis des Glaubens und einerlei Hoffnung des Berufs - liebe Brüder und Schwestern, wie sollten wir denn nicht Alle einander treulich Handreichung leisten in Gebet und Fürbitte, in Wort und Exempel, um das arge Wesen abzutun, das noch an unserer Gemeinschaft haftet und unter dem wir Alle leiden; wie sollten wir nicht einer den anderen im Glauben stärken und in Liebe dienen, dass wir mit einander die Sünde überwinden in der Kraft des Todes Christi, und dem Leben Christi Bahn machen, sich an uns zu offenbaren und zu verherrlichen? O verleihe uns Gott die Gnade, das in Wahrheit zu werden, wozu wir bereits durch unsere Taufe verordnet sind, ein Volk seines Eigentums, eine Gemeinde von Heiligen und Geliebten Gottes, fleißig und fruchtbar in guten Werken. Gebe Er euren Kindern die Kraft, im Bunde ihrer Taufe festzustehen, und in der Liebe zu dem zu wandeln, der sie und uns zuerst geliebt hat; stärke Er ihren und unseren Glauben, auf dass wir den Kampf, der uns gemeinsam verordnet ist, siegreich kämpfen und am Ende die Krone der Gerechtigkeit erlangen, welche der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird allen denen, die seine Erscheinung lieb haben. Amen.