Von den Werken aus Liebe.
1. Um nichts in der Welt und um keines Menschen Liebe willen darf man etwas Böses thun; aber zum Wohl eines Bedürftigen mag doch zuweilen ein gutes Werk freiwillig unterlassen oder auch für ein besseres vertauscht werden.
Denn auf diese Weise wird das gute Werk nicht zerstört, sondern in ein besseres verwandelt.
Ohne Liebe nützt ein äußeres Werk nichts; was aber aus Liebe geschieht, wie geringfügig und unscheinbar es auch sein mag, das wird durch und durch fruchtbar.
Denn Gott erwägt mehr, aus wie großer Liebe Jemand handle, als wie Großes er thue.
2. Viel thut, wer viel liebt. Viel thut, wer eine Sache recht thut. Recht thut, wer dem allgemeinen Besten mehr dient, als dem eigenen Willen.
Oft scheint etwas Liebe zu sein und ist blos Fleischeslust, weil natürliche Neigung, Eigenwille, Hoffnung auf Vergeltung, Hang zur Gemächlichkeit selten fern sind.
3. Wer die wahre und vollkommene Liebe hat, der sucht in keiner Weise sich selbst, sondern begehrt allein, daß Gottes Ehre in Allem befördert werde.
Auch beneidet er Niemanden, weil er keine Freude für sich haben will; nicht in sich selbst will er sich erfreuen, sondern wünscht über alle Güter hinaus in Gott beseligt zu werden.
Niemanden schreibt er etwas Gutes zu, sondern führt es ganz auf Gott zurück, von dem Alles ursprünglich ausgeht, in dem endlich alle Heiligen selige Ruhe haben.
O wer nur einen Funken der wahren Liebe hätte, der würde fürwahr empfinden, daß alles Irdische voll Eitelkeit ist.