Daß es süß sei, die Welt zu verachten und Gott zu dienen.
1. Ich will jetzt wiederum reden, Herr, und nicht schweigen; ich will reden vor den Ohren meines Gottes, meines Herrn und meines Königs, der in der Höhe wohnt!
O wie groß, Herr, ist die Fülle deiner Süßigkeit, die du verborgen (aufbehalten) hast denen, so dich fürchten! Aber was bist du denen, die dich lieben und dir von ganzem Herzen dienen?
Wahrhaft unaussprechlich ist die Süßigkeit deiner Beschauung, die du reichlich mittheilst denen, so dich lieben.
Du hast mir die Süßigkeit deiner Liebe allermeist darin bewiesen, daß du mich, da ich nicht war, geschaffen, und da ich weit von dir in der Irre ging, zurück geführt hast, damit ich dir dienete, und dich, wie du geboten, liebte.
2. O du Brunnquell der ewigen Liebe, wie soll ich dich würdig preisen?
Wie sollte ich deiner vergessen können, der du an mich Unwürdigen dachtest, auch da noch dachtest, als ich schon ganz verdorben und verloren war?
Ueber alles Hoffen hast du an deinem Knechte Barmherzigkeit gethan, und über alles Verdienst ihm Gnade und Freundschaft bewiesen.
Was soll ich dir wieder geben für solche Gnade? Denn es ist nicht allen verliehen, daß sie Alles verlassen, der Welt entsagen und das klösterliche Leben wählen.
Ist es denn etwas Großes, daß ich dir diene, dem alle Kreatur zu dienen schuldig ist?
Das soll mir nicht groß dünken, dir zu dienen; mehr aber erscheint mir das groß und wunderbar, daß du mich, dder ich so arm und unwürdig bin, würdigtest zum Knechte anzunehmen und deinen geliebten Knechten beizugesellen.
3. Siehe, Alles ist dein, was ich habe, und womit ich dir diene.
Doch ist es umgekehrt, du dienest vielmehr mir, als ich dir.
Siehe, Himmel und Erde, welche du zum Dienste des Menschen geschaffen hast, sind bereit, und thun täglich, was du ihnen geboten hast.
Und das ist noch wenig; denn selbst die Engel hast du zum Dienste des Menschen verordnet.
All dieses aber übersteigt das, daß du dich selbst herabgelassen, dem Menschen zu dienen, und ihm verheißen hast, dich selbst ihm darzugeben.
4. Was soll ich dir geben für all’ diese tausendfältigen Gaben? O daß ich dir dienen könnte mein ganzes Leben lang!
Fürwahr, du bist würdig alles Dienstes, aller Ehre und ewigen Lobes!
Du bist wahrlich mein Herr, und ich bin dein armer Knecht, der aus allen Kräften dir zu dienen verpflichtet ist und in deinem Lobe nie ermüden darf.
So will, so verlange ich es, und was mir abgeht, das ersetze du!
5. Große Ehre, großer Ruhm ist es, dir zu dienen, und Alles um deinetwillen zu verachten.
Denn große Gnade werden die haben, die sich freiwillig deinem heiligen Dienste unterwerfen.
Die werden die süßsten Tröstungen des heiligen Geistes finden, welche aus Liebe zu dir aller fleischlichen Lust entsagten.
Große Freiheit des Geistes werden die erlangen, die um deines Namens willen den schmalen Weg gehen und sich aller weltlichen Sorge entziehen.
6. O angenehmer und lieblicher Dienst Gottes, wodurch der Mensch wahrhaft frei und heilig wird!
O heiliger Stand der geistlichen Dienerschaft, welcher den Menschen den Engeln gleich, Gott wohlgefällig, den bösen Geistern schrecklich und allen Gläubigen werth macht.
O liebenswürdige und allzeit wünschenswerthe Dienstbarkeit, wodurch man das höchste Gut verdient und eine Freude erwirbt, die ohne Ende bleiben wird.