Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Was Gott den Seinigen widerfahren lässt, das gereicht alles zu ihrem Heil und seiner Verherrlichung.

In der Liebe, die nach 1. Kor. 13,8 nimmer aufhört, mir sehr teurer und innig geliebter Bruder!

Deine Briefe habe ich richtig empfangen und daraus von Zeit zu Zeit gesehen, wie es mit der Krankheit unsrer lieben Schwester N. N. gegangen ist. Bis hierher hat der HErr geholfen; dieser gute Gott wird auch in Zukunft alles wohl machen. Sollte es auch zuweilen anders sein, als wir denken, bald gegen, bald über unsere Erwartung, Er hat beim Geringsten wie beim Größten seine Absichten, und solche Absichten, die seinen Angehörigen immer zum Heil und zur Verherrlichung ihres Gottes gereichen. Und was haben wir mehr zu wünschen, mein lieber Bruder, als dass es so gehe, wie es geht? Liegt nicht unser ganzes Heil in unserm Gott und darin, dass sein Wille an uns geschehe? Unser Heil liegt nicht in den Dingen, die uns begegnen; denn diese sind nur die Schale, Gott und sein Wille aber sind der Kern, der in der oft unansehnlichen Schale verborgen liegt; wir müssen Kinder sein, die nur einfältig zusehen und einwilligen, und sich über alles freuen, was der Vater tut, und bloß darum, weil es der Vater tut. Ist dem nicht also, lieber Bruder? Fühlen wir nicht, wie nach des HErrn innerer Führung sich alles nach dieser kindlichen Einfalt, Kleinheit, Biegsamkeit und unbegrenzten Hingebung im Glauben neigt? Wir gehören ja dem HErrn an mit Leib und Seele. O, das köstliche Wort! Was liegt uns also daran, wie es geht? Und was in uns nicht des HErrn ist, das darf auch nicht unser sein. Amen, Jesus!

Ich fühle mich oft gedrungen, den Zustand unsrer werten Schwester dem HErrn anzuempfehlen, und nehme herzlichen Teil an ihrem Leiden und an dem Guten, das ihr der HErr dabei erweiset. Der HErr führt die Seinigen wunderlich, aber immer gut; und es wird eine Zeit kommen, in der wir mit Freude und Staunen über die Tiefe von Gottes Weisheit ausrufen: Musste nicht Christus (Haupt und Glieder zusammen genommen) Solches leiden, und zu seiner Herrlichkeit eingehen (Luk. 24. 26)?

Nun, lieber Bruder, ich muss jetzt endigen; ich umarme Euch Beide im Geiste der Liebe, durch den wir, auch getrennt, verbunden bleiben. Nein, wir werden in Ewigkeit nie geschieden werden; der HErr ist das Band unsrer Vereinigung, Er wird uns in Ihm festhalten und vollenden; hört dann auch dieses Schattenleben auf, so bleibt Er doch unser ewiges Leben. Verherrlichung unserm Gott und dem Lamme, das für uns geschlachtet wurde!

Ich bleibe, lieber Bruder,

Dein
in Liebe verbundener schwacher Mitbruder im HErrn.