Tersteegen, Gerhard – Briefe in Auswahl – Was Gottes Güte und Weisheit für uns erwählt, ist immer das Beste für uns. Nichts Gutes in sich finden, macht, dass man mit allem zufrieden ist, was der HErr schenkt oder verweigert.

In unserm teuren Heilande Jesu, der unser Leben und alles sei und bleibe, sehr herzlich geliebter Bruder!

Es war mir recht erfreulich, wieder einmal einen Brief von Deiner Hand zu sehen und da dies in langer Zeit nicht stattgefunden hatte, so folgerte ich daraus, dass es sich mit Deiner Krankheit jetzt bessere; aber ich sah mit herzlicher Betrübnis, dass dieses keineswegs der Fall ist. Nun, so sei auch hierin der HErr geliebt und angebetet! Wir sind unverständige Kinder, wir wissen nicht, was für uns das Beste ist; aber das wissen wir, dass alle Handlungen unsres guten Gottes und Vaters aus Weisheit und Güte entspringen, und wir nichts Besseres erwählen könnten, als das, was Er für uns nach Leib und Seele in der Zeit und Ewigkeit erwählt. Darum haben wir uns in allen Stücken zu unwissenden Kindern umzuwandeln, und keine Ursache, viel nachzudenken oder uns um irgend etwas zu bekümmern, sondern wir müssen alles mit Ehrfurcht aus des Vaters Hand empfangen und uns ihrer Führung ganz überlassen, diesen großen Gott mit seinem Geschöpf, das Ihm angehört, und das Er bis auf den Grund kennt, und daher weiß, wie mit ihm umzugehen ist, nach Wohlgefallen schalten lassend. Ich finde so ganz und gar kein Verdienst, noch irgend etwas Gutes in mir, dass ich es mit Worten nicht auszudrücken vermag; aber ich befinde mich so ausnehmend wohl dabei, nichts, auch gar nichts in mir zu finden; denn nun habe ich ja auch nichts zu fordern oder zu erwarten für Leib und Seele in der Zeit und Ewigkeit. Was mir der HErr schenkt oder verweigert, o! es muss mir alles gleich lieb sein; ich habe nichts dabei zu tun, als nur wohl zufrieden dabei zu bleiben, und Gott zu lieben, so gut ich es vermag. Darum scheint mir dieses: dass ich nämlich durchaus nichts in mir finde, um wohlgemut zu sein, und mich folgsam, ganz und gar in die Hände Gottes ohne alle Bekümmernis zu legen. O, wie gut ist Gott gegen uns Sünder, dass wir uns gänzlich Ihm überlassen dürfen! Jesus Christus allein hat uns diese Gnade erworben. Herrlichkeit sei in alle Ewigkeit seinem Namen! Amen! ja Amen!

Nun, mein lieber Bruder, so befehle ich Dich denn innig diesem guten Gott im Namen Jesu. Er sei mit Deinem Geist! Er stärke, erquicke und segne Dich durch sich selbst! Auch Deine Krankheit gereiche zu seiner Verherrlichung und zur Vollendung seines Werkes in Dir!

In seiner Gnade grüße ich Dich und bleibe mit treu verbundener Liebe

Dein
Dich liebender schwacher Bruder.