Es scheint, daß dieses Memorial von einigen Widertäuffern den Amtleuthen zu Grüningen übergeben worden.
GNad und Fried von Gott unserem Vater und dem Herren Jesu Christo sey mit allen denen, welche dieselbigen von Hertzen begehren! Geliebte Oberen und Amtleuthe! Ihr habet die Klag verstanden, daß die Herren1) über uns geklagt haben, wir hätten wider ihr Gebot, und Mandaten gethan, und verheißen, aber nicht gehalten, da wir doch mit der heil. Schrift überwunden worden wären. Hierwider bezeugen und bekennen wir, daß ihre Gebothe und Mandate wider das Wort Gottes und Geheiß Christi seyen, deßwegen sind wir Gott mehr gehorsam als den Menschen. Wir haben vormahls mundlich zeigen wollen, daß wir getaufft haben nach dem Geheiß und Willen Christi, das habet ihr nicht wollen anhören, dessen waren wir zufrieden. Da habet ihr ein Urtheil gegeben, daß wir schreiben sollten, aber doch nicht aus dem Evangelio, das in dem Testament stehet, dessen waren wir abermahl zufrieden. Weiter habet ihr erkandt, daß wir von freyem Hertzen schreiben mögen, das haben wir nun gethan. Nun bekennen wir vor Gott und euch, und bezeugen, daß wir hierher geführt worden und hier vor euch stehen, um der Wahrheit willen, als wir dann weiter anzeigen wollen.
Als Christus bey dreysig Jahren alt war, kam er zu Johannes und wollte sich von ihm tauffen lassen, da wehrete sich Johannes und sprach: Ich bedarff wol, daß ich von dir getaufft werde, und du kommst zu mir. Da sprach Christus: Laß es also seyn, es gebührt uns alle Gerechtigkeit zu erfüllen; Da ließ er es zu, und Christus ward getaufft in dem Jordan. Hier nennet Christus die Tauff eine Gerechtigkeit. Die Zoller kamen auch zu Johannes, thaten Buß, gaben Gott Recht und liessen sich tauffen. Aber die Phariseer verachteten den Rath Gottes, der da geschiehet nach der Buß. Nun so gehört die Tauff den Kindern nicht, dann sie treffen die Buß nicht, auch wissen sie nichts von der Gerechtigkeit und von dem Rath Gottes, darum spricht er: Wer Ohren hat zu hören, der höre.
Nachdem Christus auferstanden war und gen Himmel fahren wollte, sprach er zu seinen Jüngern: Gehet hin und lehret alle Völcker, wer glaubt und getaufft wird, derselbige wird selig werden: wer aber nicht glaubt, derselbige wird verdammt werden. Hier gebeutet und befihlt Christus, daß man solle zu erst den Menschen lehren, hernach wenn er glaube, tauffen. Wer will dann darwider? Niemand mit der Wahrheit. Hätte Christus von den Kindern geredt, so müsten sie verdammt werden, eh sie glauben könnten. Aber dem ist nicht also, dann was er gelehrt und geboten hat, das hat er zu denen geredt, die da Gutes und Böses verstehen, darum spricht er: Wer Ohren hat zu hören, der höre. Von den Kindern aber spricht er: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret es ihnen nicht, dann solcher ist das Reich Gottes. Darum sind die Kinder sein, und so wir thun was er uns lehret, so sind wir auch sein.
Nun mercket ihr Einfaltigen, wie die falschen Propheten euch verführen ja die Weisen und Witzigen. Dann sie sprechen: Die Tauff sey nichts, sie sey nur ein auswendig Zeichen und sey nur Wasser, es lige nichts daran. Ihr habet aber wol verstanden, daß Christus zu Johanne sprach: Laß es geschehen, dann es gebührt uns alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Zum anderen, nennet er es einen Rath Gottes. Zum dritten hat Gott geboten, solches zu thun. Nun mercket alle diejenigen, welche also reden, reden wirder die Gerechtigkeit Gottes, wider den Rath Gottes und wider das Gebot Gottes, und alle, welche also reden, werden keinen Theil haben an dem Reich Gottes, es sey dann, daß sie Buß thun, und sich von ihren Lügen und ihrer Falschheit bekehren.
Wie Christus seinen Jüngern geboten, also haben sie auch gethan. Petrus predigte das Evangelium und sprach: Thut Buß, uund lasse sich ein jeder tauffen in dem Nahme Jesu Christi, so werdet ihr die Gaben des heil. Geistes empfangen. Die nun sein Wort gern annahmen, die liessen sich tauffen und es wurden an diesem Tag getaufft bey drey tausend Seelen. Nun mercket, wie kan ein Kind Buß thun, deren es nicht bedarff, oder wie kan ein Kind das Wort gern annehmen? Du sprichst: Es sey nicht gleich damahls und jezt. Nun haben wir ebendiejenige Tauff, welche sie gehabt haben, dann es ist eben nur eine Tauff. Wär das Kindertauffen recht, so hätten die dreytausend ihre Kinder auch tauffen lassen. Philippus predigte das Evangelium einem Verschnittenen, und sie kamen an ein Wasser, da sprach der Verschnittene, was verhinderet mich, daß ich mich nicht tauffen lasse. Da sprach Philippus: So du glaubest von gantzem Hertzen, so mag es wol seyn. Da sprach der Verschnittene: Ich glaube von gantzem Hertzen, da stigen sie beyde an das Wasser, und Philippus tauffete ihn. Nun mercke ein jeder, daß einer zuvor muß glauben von gantzem Hertzen. Das verstehet ein jeder wol. Wer will nun wider das Wort Gottes und die Apostel streiten? Kein Christ ist darwider, aber die Lügner sind in allwegen darwider.
Weiter Paulus kam gen Ephesen und fand einige Männer daselbst. Zu denselbigen sprach er: Habet ihr den heil. Geist empfangen, dieweil ihr gläubig worden seyt? Da sprachen sie: Wir haben nie gehört, ob ein heiliger Geist sey oder nicht. Da sprach Paulus: Warum seyt ihr dann getaufft? Sie sprachen in Johannis Tuaff. Da sprach Paulus: Johannes hat zur Buß getaufft und zu dem Volck gesprochen, daß sie glaubten in den, welcher nach ihm käm. Da liessen sie sich tauffen auf den Nahmen Christi, und derselbigen Männer waren zwölfe. Nun verstehet ein jeder, daß das eben eine Tauff gewesen. Johannes hat getauffet zur Buß und hat dem Volck gesaget, daß es glaubte in den, der nach ihm käm, welcher war Christus. Christus hat geboten zu lehren und daß man denjenigen tauffe, welcher glaube. Die Seinigen haben die Tauff also gebraucht durch seine Gnad und die Weisheit seines Geistes, welcher auch uns gegeben ist. Verstehet es, daß die zwölfe nicht genugsam gelehrt gewesen sind in dem Glauben Christi, darum war ihre Tauff, keine Tauff gewesen. Derowegen ist die Kindertauff auch nichts, als eine teuffelische Lehre, indem sie allenthalben wider das Wort Gottes ist.
Paulus spricht abermahl: Es ist ein Glaub, eine Tauff, und ein Vater unser aller. Abermahls spricht er: Wie sollen wir in den Sünden leben wollen, denen wir abgestorben sind? Wüsset ihr nicht, daß alle, die wir in Christo Jesu getauffet sind, in seinen Tod getauffet sind! so sind wir ie begraben, durch die Tauff in den Tod, auf daß, gleichwie Christus ist auferweket worden durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen wir auch in einem neuen Leben wandlen. Wie ihr euere Glider gegeben habet zum Dienst der Ungerechtigkeit, also bieget nun euere Glider zum Dienst der Gerechtigkeit, daß ihr heilig werdet. Nun mercke ein jeder, daß die Tauff den Gläubigen gehört, die sich ergeben an den Sohn Gottes und von dem Bösen abstehen. Nun mercket, daß ein Kind seine Glider niemahls gegeben habe zur Ungerechtigkeit, wie soll es dann in einem neuen Leben wandlen?
Weiter hat Christus den Gläubigen keine weitere Gewalt gegeben als den Bann, indem er spricht: Wenn dein Bruder wider dich sündiget, so straffe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er dich höret, so hast du deinen Bruder gewonnen. Wenn er dich nicht höret, so nehme noch einen oder zween zu dir. Wenn er dieselbigen auch nicht höret, so halte ihn vor einen Heiden und Zoller. Wahrlich wen ihr binden werdet auf Erden, der soll auch in dem Himmel gebunden seyn, und wen ihr auf Erden lösen werdet, der soll auch im Himmel gelöset seyn. Dieses kömmt zu den Gläubigen, die dem Willen des Fleisches abgestorben sind und in dem Willen des Geistes wandlen. Dieses sind die Früchte des Geistes, Liebe, Fried, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanffmuth, Demuth, Geduld, Gerechtigkeit und Wahrheit. Welche darinnen wandlen, sind die Gemeind Christi und die christliche Kirche. Nun verhoffen wir und sind dessen versicheret, daß wir in der rechten Kirche sind und man will uns zwingen aus der christlichen Kirche zu treten in eine fremde Kirche.
Nun mercket, wie der falsche Prophet Zwinglin der Kindertauff halben nichts findet in dem Neuen Testament, so greifft er hinter sich in das Alte Testament und spricht: Weil die Kinder in der Verheissung Abrahams sind, wer will ihnen dann das Wasser abschlagen? Mercket ihr Einfaltigen! Gott machte einen Bund mit Abraham, und sprach: Du sollt ein Vater viler Völcker werden und aus deinem Samen sollen alle Völcker gebenedeyet werden, und ich will dir das Land eingeben. Und das ist das Zeichen zwischen mir und dir, alles, was männlicih ist, sollt du am achten Tag beschneiden. Nun mercket, denjenigen Bund, welchen Gott mit Abraham gemachet, hat er allein mit den Juden gemachet und nicht mit den Heiden, dann die Juden hielden die Heiden vor unrein. Nun sind wir nach dem Geschlecht und nach der Natur auch von den Heiden her. Sollte man nun die Kinder tauffen um des Bundes willen, warum will man dann unsere Kinder tauffen, da wir doch von den Heiden her sind und nicht von dem Bund Abrahams. Man möcht sagen: Die Verheissung, welche Gott dem Abraham gethan hat, daß in seinem Samen alle Völcker sollten gesegnet werden, ist Christus gewesen; hat uns nun Christus zu der Verheißung geführt, so sollen wir billich sehen, was uns Christus lehret, und darnach thun. Nun mercke ein jeder: Dem Abraham ward Christus verheissen, das ist nun schon erfüllt. Gott gab dem Abraham die Beschneidung, daß er die Kindleine beschnitte am achten Tag, nämlich die Knäbleine und nicht die Mägdleine, obwolen dieselbigen eben so wol in der Verheissung waren als die Knäbleine. Nun mercket ihr Einfältigen: Wie Abraham Gott gehorsam war, also sollen wir Christo auch gehorsam seyn, wenn derselbige spricht: Man solle die Menschen lehren und dieienigen tauffen, welche glauben. Dann da Christus wollte anfangen zu predigen, geschah eine Stimm vom Himmel, welche sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, mit dem ich zu Frieden bin, und an dem ich ein Wolgefallen habe. Zum andern mahl, da Petrus, Johannes und Jacobus mit ihm auf dem Berge waren, verklärte er sich vor ihnen, und es geschah eine Stimm vom Himmel, welche sprach: Dieser ist mein Sohn, an dem ich ein Wolgefallen hab, denselbigen höret. Da mercke ein jeder, daß der Willen Gottes und sein Geheiß ist, daß wir die Stimme Christi hören, und ihm gehorsam seyen.
Weiter spricht Christus: Das Gesatz und die Propheten haben geweissaget bis auf Johannes, und von nun an wird das Evangelium geprediget. Christus ist das Evangelium, darum so hat das Gesatz geweissaget bis auf die Zukunfft Christi; wie denn Paulus auch spricht: Christus ist des Gesetzes End. Abermahls spricht Paulus: Da Christus gekommen ist, hebt er das erste auf, damit er das andere einsezete. Bei diesen Worten mercket, daß Christus das erste Testament erfüllt habe, als welches in ihm hat aufgehört, und daß er ein anderes und neues hat aufgerichtet, deßwegen wir izt in einem neuen Leben seyn sollen und nicht mehr in dem alten, auch sollen wir keinen anderen Weg suchen, denn er spricht: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kömmt zum Vater, denn durch mich. Ich bin die Thür zu den Schaafen, wer anderst wo hinein steigen will, derselbige ist ein Dieb und ein Mörder. Nun verstehet ein jeder wol, daß kein anderer Weg ist, auch niemand zu dem Vater kömmt, als allein durch Christum, und wer eine andere Thür sucht, derselbige ist ein Dieb und ein Mörder. Nun sehet an dieienigen, welche nicht in dem Worte Christi bleiben und sprechen, dieweil die Kinder in der Verheissung, indem Christus spreche: Solcher ist das Reich Gottes.2) Darum wird er ausgereutet, und sie suchen einen anderen Weg und eine andere Thüre, darum sind sie Dieben und Mörder Christi.
Nun ihr Lieben! Solches schreiben wir euch, damit ihr euch bekehret von der Finsterniß zu der einfaltigen Wahrheit und zu dem Licht Christi, und ihr den Baum an der Frucht erkennet, wie uns Christus lehret. Die Früchte der Finsterniß sind die Hoffart, die Geizigkeit, der Wucher, Neid, Haß, Zorn, Zanck, Zweytracht, Secten, Mord, Sauffen, Fressen, Spihlen, Ehebruch, Huerey und alle Lüste des Fleisches. Darum spricht auch Johannes: Wer übertritt und bleibt nicht in der Lehre Christi, der hat keinen Gott, wer aber in der Lehre Christi bleibet, der hat beyde den Vater und den Sohn. Nun hat ein jeder aus der Klag wol verstanden, wie sie die Tauff Christi nennen eine Widertauff, welche in der heiligen Schrift nicht gegründet sey. Nun aber verhoffen wir, ihr habet jezt gehört und verstanden die Worte Christi, wie wir dieselbigen angezeiget habne, daß die Tauff, die wir gebrauchen, die Tauff Christi sey, und daß die Kindertauff die Widertauff sey. Derowegen begehren wir, daß ihr uns bey der Tauffe bleiben lasset, wo aber das nicht seyn mag, so sind wir bereit um der Wahrheit willen zu leiden, durch die Gnad und Krafft Gottes, die uns gegeben ist. Die Gnad Jesu Christi sey mit allen denen, welche seine Gnade von Hertzen begehren.
Beyträge zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes 3. Theil Johann Conrad Füßlin Zürich, bey Conrad Orell und Comp. 1747