Offb. 22, 4
Die Seele des Gebetsleben ist die Liebe, die in jedes Gläubigen Herz ausgegossen ist durch den Heiligen Geist (Röm 5,5). Weil Beten verborgene Arbeit ist, muß sie aus der reinen Gottesliebe geboren sein und von derselben genährt werden, sonst ist es unmöglich, sie mit Treue zu tun. Es ist leichter, treu zu arbeiten, als treu zu beten. Denn viele sind der Dinge, die uns in bezug auf die Arbeit in Spannkraft halten, die aber in bezug auf das Gebet gar nicht in Betracht kommen.
Beten kann darum nur, wer den Heiligen Geist (Röm. 8, 26.27) in sich wohnend hat. Nur der Heilige Geist ist der Geist des Gebets. Nur durch Ihn vermögen wir erhörlich und durchdringend zu beten. Durch Ihn empfangen wir die Gebete von oben. Denn die Gebete, die nach oben steigen sollen, müssen zuerst von oben gekommen sein. Gott muß uns eine Sache aufs Herz legen können. Nicht durch die Not, sondern von Gott müssen wir unsere Gebetsgegenstände empfangen. Mose ließ sich durch die Not bestimmen, seinen Brüdern zu helfen, statt von Gott, und floh deshalb, sobald die Schwierigkeit kam (2. Mos. 2, 11-15). Denn die menschlichen Gefühle reichen in der Regel nicht weiter als bis zum Widerstand.
Gott muß uns durch Seinen Geist antreiben können, jetzt für eine Sache zu beten, weil vielleicht gerade Seine Zeit gekommen ist, wo Er uns diese Sache geben kann. Daniel, getrieben vom Heiligen Geist, forschte in dem Propheten Jeremia, wie lange die Gefangenschaft Israles dauern sollte. Und als er merkte, dass diese Zeit bald zu Ende sei, fing er an, mit Beten und Fasten Gott zu suchen für die Rückkehr seines Volkes (Daniel 9). Viel öfter ist es die Unwissenheit als der Unglaube, welche die Erhörung nicht kommen läßt. Man wollte eine Sache von Gott erbeten, ohne dafür einen Auftrag oder doch wenigstens ein Angeld zu haben. Die Jünger hatten für ihr anhaltendes Gebet vor Pfingsten ein ganz bestimmtes Angeld vom Herrn in den Worten: „Ihr werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden nach nunmehr nicht vielen Tagen“ (Apg. 1,5). Darin lag die Freudigkeit zum Ausharren im Gebet.
Beten kann nur, wer vom Geiste Gottes gelehrt ist und von demselben in Gottes Reichs-, Leibes- und Zielgedanken eingeführt ist. In Offenbarung 22, 17 sehen wir eine Schar, genannt „Braut“, die so eins gemacht ist mit dem Geiste, so in Seine Linie gebracht ist, auch in ihrem Gebetsleben, dass sie mit ihm dem gleichen Gebetsruf hat: „Komm, Herr, Jesus!“ Sie weiß, was sie beten soll! Und wenn auch wir vom Geist uns lehren lassen, wird die Spitze auch in unserer Arbeit und in unserem Gebet diese sein: „Komm, Herr Jesus!“
Beten kann nur, wer ein Priesterherz hat, wer gelernt hat , mit den Unheiligkeiten anderer heilig umzugehen, wer die Fehler anderer nicht in seinem Kopf sammelt, um sie weiterzuerzählen, sondern wer dieselben in sein Herz aufnimmt und sie auf Händen des Gebets ins Heiligtum trägt. Die Priester tragen die Sünden anderer ins Heiligtum und nicht zu den Menschen, wo in der Regel zu der einen Sünde noch viele hinzugemacht werden. (Beachte Psalm 50, 19 – 21). Nicht ein Falkenauge, sondern ein Taubenauge hat die Braut. Der Teufel ist kein Beter, aber ein Verkläger der Brüder. Nach Offenbarung 1, 5 ist Christus auch darum gestorben, damit die Erlösten Beter würden. Wir sind erlöst, um Beter zu sein. Das Plätzlein, das uns Jesus Blut gegeben hat, ist vor dem Angesicht Seines Vaters als Könige und Priester.
Beten kann nur, wer Gottes Wort in sich aufnimmt. Wer das nicht tut, hat bald keine Bestimmtheit mehr in seinem Gebet und auch keine Worte mehr zum Beten. Gottes Wort und Gebet gehören zusammen wie das Einatmen und Ausatmen in unserer Brust. Jedes Gebet muß aus dem Wort geboren sein und in den Linien des Wortes sich bewegen. „Es steht geschrieben!“ Von diesem Fels muß vor allem ein Beter gedeckt sein, wenn ihn die giftigen Pfeile des Feindes nicht treffen sollen.
Beten kann nur, wer weiß, was die täglichen Schwierigkeiten für ihn zu bedeuten haben. Jede Schwierigkeit soll ein Anlaß werden, tiefer in Gottes Gnadenreichtum einzudringen. Schwierigkeiten sollen eine Speise sein für unseren Glauben, nicht Material für Niederlagen. Die meisten Gebete in der Heiligen Schrift sind herausgeboren aus Schwierigkeiten.
Beten kann nur, wer beständig in der Gegenwart Gottes lebt. So bleiben wir in dem heiligen Gleichgewicht, wo man Gott immer hat und nicht suchen muß.
Quelle: G. Steinberger „Kleine Lichtlein auf dem Weg der Nachfolge“