„Sie zogen aus zu reisen in das Land Kanaan; und als sie gekommen waren in dasselbige Land.„
1 Mose 12, 5.
„Sie zogen aus zu gehen in das Land Kanaan; und in das Land Kanaan kamen sie.“ (Engl. Üb.)
Wenn ihr den Charakter eines Kindes zu kennen wünscht, so werdet ihr wahrscheinlich viel darüber lernen, wenn ihr den Vater beobachtet. Der junge Vogel fliegt und singt, wie sein Vater es vor ihm tat. Wenn wir das Leben des Glaubenskindes kennen lernen wollen, sollten wir uns in die Geschichte des „Vaters der Gläubigen„ hineinvertiefen. Abraham, der Glaubensmann, ist ein Vorbild aller Gläubigen, und der Bericht von seinem Leben ist, recht betrachtet, ein Spiegel der Geschichte aller Heiligen Gottes. Der Anfang seiner Glaubenslaufbahn, als er zuerst aus seinem Vaterlande zog und in das Land Kanaan kam, ist eine sehr lehrreiche Darstellung unserer wirksamen Berufung, wenn wir, durch ein Werk der allmächtigen Gnade, von der Welt ausgesondert werden und dem großen Gebot gehorchen: „Geht aus von ihnen und sondert euch ab, und rühret kein Unreines an, so will ich euch annehmen und euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein.“ Das Leben des Gläubigen ist, wie Abrahams Leben es war, ein abgesondertes, ein Leben, das durch andre Neigungen geregelt wird, als die, welche der Verwandtschaft von Fleisch und Blut entstammen, ein Wandel in dem Unsichtbaren, in welchem Gottes Gebot, sein Nahesein und sein Beifall das Höchste sind, und der Glaube gleich einem Steuermann, der am Ruder des Schiffes sitzt, die Seele leitet. Abraham verleugnete das Fleisch, nahm das Kreuz auf sich, ging hinaus außer dein Lager, wurde dem Herrn geheiligt und lebte und starb als Gottes Freund und Fremdling unter den Menschen. Der Anfang seines abgesonderten Lebens ist ein lebendiges Bild von dem Anfang desselben Lebens in uns. Die Berufung Abrahams ist eine Darstellung unserer Berufung, und ans diese möchte ich eure ernste Aufmerksamkeit heute morgen lenken.
I.
Zuerst, die wirksame Berufung wird in der Berufung Abrahams veranschaulicht.
Wir haben die ganze Erzählung gelesen, und deshalb brauche ich nur eure Erinnerung daran aufzufrischen. Leset sorgfältig die letzten Verse des elften Kapitels und das ganze zwölfte, und haltet den Faden der Geschichte fest. Abrahams Berufung war zuerst das Resultat der unumschränkten Gnade Gottes. Die Welt, als Ganzes, lag im Heidentum. Die Menschen waren nach und nach von dem einen Gott zu der Verehrung von Götzenbildern herabgesunken. Hier und da mochte eine Ausnahme sein, wie bei einem Hiob oder Melchisedek, aber dichte Finsternis bedeckte die Völker. Gott beschloss, eine Familie auszuwählen, die nachher zu einer besonderen Nation werden und die Vewahrerin des wahren Glaubens sein sollte. Warum Er Abraham wählte, das weiß nur Er allein, denn wir wissen, dass Tharah, Abrahams Vater, sich zur Verehrung falscher Götter verirrt hatte. „Eure Väter,„ sagte Josua im zweiten Verse seines 24. Kapitels, „wohnten vorzeiten jenseit des Wassers, Tharah, Abrahams und Nahors Vater, und dienten andren Göttern.“ Diese Familie, wenn nicht ganz so verderbt, wie die übrige Menschheit, war doch jedenfalls auch verderbt; und wir finden die Teraphim (Götzen) im Hause Labans, ihres Abkömmlings. Doch ersah die unumschränkte Gnade Gottes das Haus des Tharah, und aus dieser bevorzugten Familie wählte der Herr der Heerscharen den Abraham aus. Das Warum, sage ich abermals, das Warum bleibt in den unerforschlichen Ratschlüssen Gottes, ist etwas, das uns nicht geoffenbart ist, obgleich ohne Zweifel die Wahl von dem Herrn aus den weisesten und göttlichsten Gründen getroffen war. Abraham war ein Mann mit Fehlern. „Auch ein Mann mit vielen Tugenden,„ erwidert ihr. Ja, aber diese Tugenden waren ihm vom Geiste Gottes gegeben, und nicht die Ursache seiner Erwählung, sondern das Ergebnis derselben. Er ist ein Beispiel von der unumschränkten Macht Gottes, mit der Er seine Erklärung betätigt: „Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und welches ich mich erbarme, des erbarme ich mich.“ Die Propheten sprachen oft von Abraham, als wenn des Herrn Gnade gegen ihn zu bewundern sei, aber keineswegs schrieben sie seine bevorzugte Stellung einem persönlichen Verdienst in dem Patriarchen zu. „Schauet,„ sagt Jesaias, „den Fels an, davon ihr gehauen seid, und das Loch der Grube, daraus ihr gegraben seid. Schauet Abraham an, euren Vater, und Sara, von welcher ihr geboren seid. Denn ich rief ihn, da er noch einzeln war, und segnete ihn und mehrte ihn.“ Er wird hier mit einem Steinbruch, sozusagen, oder mit einer Grube verglichen, aus der das Volk gegraben war, und sie werden geheißen, auf diese Grube zu schauen, als auf einen Anblick, der sie demütigen wird; also, wie ich schließe, nicht auf das Verdienst ihrer Väter, sondern auf die Gnade Gottes. Und wiederum: „Ein Syrer, nahe daran, umzukommen, war euer Vater.„ (5 Mose 26, 5, engl. Üb.) Ein Syrer genannt, wie um zu zeigen, dass er von Natur wie andre war; und wie, die Syrer Götzendiener waren, so war er es auch. „Nahe daran, umzukommen,“ darunter verstehe ich nicht, umkommen vor leiblichem Hunger oder Krankheit, sondern durch geistliche Finsternis und Entfernung vom wahren Gott. „Nahe daran, umzukommen,„ und doch blickte die ewige Barmherzigkeit auf ihn und errettete ihn! Ja, ob die Menschen sie annehmen oder nicht, diese Wahrheit steht auf immer fest: „Welche Er zuvor versehen hat, die hat Er auch verordnet, dass sie gleich sein sollten dem Ebenbild seines Sohnes, auf dass derselbe der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche Er aber verordnet hat, die hat Er auch berufen.“ Wirksame Berufung folgt in allen Fällen dem ewigen Ratschlüsse; Vorherbestimmung, nach dem göttlichen Wohlgefallen, ist der Urquell aller Bundessegnungen, welche der Gläubige genießt.
„O Wunderliebe, die mich wählte,
Vor allem Anbeginn der Welt,
Und mich zu ihren Kindern zählte,
Für welche sie das Reich bestellt.„
Die Berufung Abrahams war ferner von Gott ausgehend und von Ihm nachdrücklich eingeschärft. Wir lesen nicht, dass ein Engel ihn berief, noch ein Prophet, noch dass er von Ur in Chaldäa aus eigenem Antrieb freiwillig auszog. „Der Gott der Herrlichkeit erschien unsrem Vater Abraham,“ sagt Stephanus in seiner Todesrede, „da er noch in Mesopotamien war, ehe denn er wohnte in Haran.„ Seinem Geiste wurde eine merkwürdige Offenbarung zu teil von dem Dasein und Wesen des einen, einzig wahren Gottes; und dann, nachdem er erleuchtet war, so dass er in seiner innersten Seele das Dasein und die Herrlichkeit Jehovahs erkannte, dann kam die Botschaft, vielleicht in hörbaren Lauten, vielleicht durch einen starken Eindruck in seiner Seele: „Gehe von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause.“ Nun merkt euch, dass bei jedem Gnadenrufe, durch den ein Mensch wahrhaft errettet wird, der Ruf unmittelbar von Gott selbst kommt. Mittel werden gewöhnlich gebraucht — der Prediger spricht, das Bibelbuch wird eine lebendige Leuchte, die Schicksalsführung ist eine Warnung, die nicht missverstanden wird; aber weder Prediger, noch Buch, noch Schicksal können einen Menschen wirksam berufen, ohne die direkte Bezeugung der göttlichen Kraft im Herzen jedes einzelnen. Ach! meine Brüder, wir mögen arbeiten, Seelen zu gewinnen, aber bis Gott seine Hand ans Werk legt, wird nichts gewirkt. Unser Ruf an die toten Seelen lässt sie noch in ihrem Schlafe, aber die Stimme Jesu bringt Lazarus aus dem Grabe hervor. Ich wollte, dass ihr, die ihr die Wahrheit hört, niemals mit dem Gebrauch bloßer Mittel zufrieden wäret. Blickt auf zu dem Gott der Mittel; bittet Ihn, seinen Arm und die Macht seiner Gnade in euch zu offenbaren. Und O! seid niemals zufrieden mit dem, was nur ans äußere Ohr dringt oder bloß wörtlich im Gedächtnis bleibt, sondern bittet, dass es ins Herz kommen und in der innersten Seele bleiben möge durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. „Christus in euch„ ist die Kraft Gottes, aber Er muss innerlich durch den Heiligen Geist aufgenommen werden, sonst ist alles vergeblich. Es muss ein übernatürliches Werk da sein, sonst könnt ihr nicht errettet werden. So sehr ich wünsche, ein freies Heil zu predigen, kann ich doch nicht vergessen, dass „ihr von neuem geboren werden müsset,“ und dass niemand zu Christo kommen kann, „es ziehe ihn denn der Vater.„ Die bloße Natur, auch wo sie am besten ist, kann nicht das ewige Leben erreichen; ihr Bogen ist zu schwach, um ins Ziel zu schießen; ihr winziger Arm zu kraftlos, eine so göttliche Änderung hervorzubringen. Wirksame Berufung entspringt also aus dem göttlichen Ratschluss und ergeht durch göttliche Machtäußerung. Lieben Hörer, lasst dies euer Gebet an den Herrn sein, der euch allein retten kann:
„Brich meines Herzens Härtigkeit,
Schau' mich voll Mitleid an,
Brauch Deiner Liebe Allgewalt.
Der widersteh'“ nichts kann.„
Bei Abraham war ferner die Berufung eine persönliche und wurde immer persönlicher. Zuerst, als Abraham in Ur in Chaldäa berufen ward, dachte er wahrscheinlich, er könne Tharah, seinen Vater, und die übrigen Familienglieder überreden, ihn zu begleiten; und dies scheint ihm bis zu einem gewissen Grade gelungen zu sein, denn sie gingen bis Haran, aber dort blieb die Familie aus unbekannten Gründen lange Zeit. Wie häufig ist es so mit uns! Wenn Gott in unserer Seele zu wirken beginnt, so möchten wir gern, dass andre mit uns gingen, und wir machen vielleicht eine Art Vertrag mit ihnen, dass wir auf halbem Wege stehen bleiben wollen, wenn sie so weit mit uns gingen. Wir bilden uns vergeblich ein, dass wir sie alle dahin bringen können, zu fühlen und zu handeln, wie wir es tun, während doch, wenn die Berufung nicht an sie ergeht, wie an uns, eine Scheidung stattfinden muss. Die Liebe mag es anders wünschen, aber fleischliche Natur und der erneuerte Geist können nicht übereinstimmen, der Herr hat einen Unterschied gemacht; und wir müssen erwarten, Ihn einen aus einer Stadt und zwei aus einer Familie nehmen und nach Zion bringen zu sehen, während andre sich weigern, zu kommen. Nach einer Weile kam das Wort wiederum zu Abraham: „Gehe von deiner Freundschaft,“ nicht mit deiner Freundschaft, „und aus deines Vaters Hause;„ und so ist Abraham diesmal gezwungen, Haran, den Haltepunkt, zu verlassen, und entschlossen und endgültig nach Kanaan vorwärts zu gehen. Geliebte, ihr und ich, wenn wir je des Herrn sein sollen, müssen eine bestimmte, persönliche Berufung haben. Alles Hören des Evangeliums, bei dem ich für andre Leute zuhöre, und nur einer aus dem Haufen bin, hilft nichts; aber wenn ich für mich selbst höre, und die Wahrheit mir ins Herz dringt, mein Gefühl beschreibt, mein Elend enthüllt, meinen Wunsch erregt, meine Hoffnung entflammt, dann wird sie für meinen Geist die Kraft Gottes zur Seligkeit. O lieber Hörer, ich bitte dich, betrachte dich als einen einzelnen, versetze dich, selbst in dieser großen Versammlung, in eine geistige Einsamkeit, und lass die Stimme Gottes zu dir kommen, gerade zu dir, wie die Bohne in das Loch in der Erde fällt, das der Ackersmann eben für sie gemacht hat, damit sie da schwellen und keimen und Frucht tragen möge. Nichts, als ein direkter, deutlicher, persönlicher Ruf, der ins Herz und Gewissen eindringt, wird von irgend einem Nutzen sein.
Dieser Ruf an Abraham war ein Ruf zur Trennung. Die Trennung muss ungemein schmerzlich für ihn gewesen sein, denn sie war so vollständig. „Gehe aus deinem Vaterlande,“ — verbanne dich, sei ein Fremdling, ein Unbekannter, ein Ausländer. „Gehe von deiner Freundschaft;„ lass die Bande der Natur den Banden der Gnade weichen. Knüpfe neue Verbindungen und füge dich Banden, die nicht die des Fleisches sind. „Gehe aus deines Vaters Hause,“ dem Orte der Ruhe und Behaglichkeit, dem Orte des Erbrechtes und der Zuneigung, erkenne einen andren Vater an und suche ein andres Haus. „Gehe in ein Land, das ich dir zeigen will,„ das du nicht aus dir selber finden kannst, sondern das ich dir offenbaren muss. Beachtet also, die wirksame Berufung, wo immer sie zu einem Menschen kommt, ist ein trennendes Schwert, das ihn von alten Verbindungen abschneidet. Sie macht ihn fühlen, dass diese Welt nicht sein Vaterland ist; er lebt in ihr, wie ein Fremdling in einem fremden Lande; er ist in der Welt, aber er ist nicht von ihr, denn der Apostel sagt: „Unser Bürgerrecht (Wandel) ist im Himmel.“ Wir werden Bürger einer andren Stadt und sind Fremdlinge in diesen Städten der Erde. Um Christi willen ist der Christ fortan gezwungen, sich in mancher Hinsicht von denen aus seiner Familie und Freundschaft, die in ihren Sünden bleiben, zu trennen. Sie leben nach dem Fleische, sie suchen diese Welt; ihr Vergnügen ist hienieden, ihre Ruhe unter dem Himmel. Der, welcher durch die Gnade berufen ist, lebt in demselben Hause, aber nicht unter dem Einflüsse derselben Beweggründe und wird auch nicht von denselben Wünschen beherrscht. Er ist so verschieden von den andren, dass sie dies bald herausfinden; und wie Ismael über Isaak spottete, so spotten die Söhne der Welt über die Kinder der Auferstehung. Je mehr der Ruf der Gnade gehört wird, desto mehr vervollständigt er die Trennung. Zuerst stellen manche Gläubige sich nur teilweise dieser Welt nicht gleich; sie sind zum Teil dem Bilde Christi gleich und zum Teil von weltlichen Einflüssen geleitet. In der Tat, dies ist bei den meisten von uns der Fall; doch je reifer wir in göttlichen Dingen werden, desto vollständiger wird unsre Entscheidung für Gott, desto vollkommener unser Gehorsam gegen das Gesetz Christi, und desto größer die Scheidung zwischen uns und der Welt. O, ich wünschte, alle Christen wollten diese große Wahrheit glauben und sie betätigen, dass „sie nicht von der Welt sind, wie auch Christus nicht von der Welt war.„ Versuchen, ein weltlicher Christ oder ein christlicher Weltling zu sein, das heißt, etwas Unmögliches versuchen. „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ „Ist der Herr Gott, so wandelt Ihm nach; ist es aber Baal, so wandelt ihm nach.„ Gebt eure Herzen dem hin, was das Wahre und das Rechte ist, aber versucht keinen Bergleich. Der wahre Kern des christlichen Glaubens ist Absonderung von der Welt; nicht die Absonderung des klösterlichen Lebens — wir sind weder Mönche noch Nonnen, und Gott will nicht, dass wir es sein sollen. Jesus Christus war ein Mensch unter Menschen, aß und trank, wie andre es taten, kein Asket, sonderte sich nicht ab von den übrigen, sondern war ein vollkommener Mensch unter Menschen. Doch, wie abgesondert von den Sündern war Er! ein Mensch, so verschieden von allen andren, als wenn Er ein Engel unter einer Truppe Teufel gewesen wäre. So müssen ihr und ich sein. Geht auf den Acker und ins Kaufmannsgeschäft, zur Familie und zum Markt, aber bei all eurem Verkehr mit Menschen nehmt nicht ihre Grundsätze an und gehorcht nicht dem Dämon, der sie regiert. „Ich bitte nicht,“ sagt unser Herr, „dass Du sie von der Welt nehmest, sondern dass Du sie bewahrest vor dem Übel.„ Bewahrt vor dem Übel, werdet ihr geistig das ausführen, was Abraham buchstäblich tat, ihr werdet von eurer Freundschaft und eures Vaters Hause ausgehen unter dem Einfluss der göttlichen Berufung.
Der Ruf Abrahams war in seinem Herzen und Willen wirksam gemacht, und ich lenke eure Aufmerksamkeit einen Augenblick auf seinen Gehorsam. Es war ein Gehorsam, der für ihn ein großes Opfer einschloss. Es muss schwer für ihn gewesen sein, sich von seinen Verwandten loszureißen. Zuerst scheint es ihm in der Tat zu schwer geworden zu sein, denn er blieb bei seinem Vater Tharah, bis dieser starb, in Haran. Brüder, es ist kein Kinderspiel, ein Christ zu sein. „Wer Vater oder Mutter mehr liebt, denn mich,“ sagt Christus, „der ist meiner nicht wert.„ In vielen Fällen sind unsre besten Freunde die größten Feinde der Religion. Mancher Mann hat die schlimmste Feindin seiner Seele an seinem Busen liegend gefunden. Manches Kind hat gefunden, das der Vater, der seinen Leib ernährte, sein Bestes getan hat, stille Seele zu verderben. „Des Menschen Feinde werden seine eignen Hausgenossen sein,“ sagt Christus. Aber keine Verwandtschaft darf unsrem Gehorsam gegen Christum im Wege stehen. Das zärtlichste Band muss eher zerrissen werden, als dass wir unsre Treue gegen unsren großen Herrn und König aufgeben. Hütet euch, dass ihr keine neue Verbindung anknüpft, die euch von Ihm wegführen kann. Seid gewarnt, christliche Männer und Frauen, ziehet nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen, weder in der Ehe, noch in irgend einer Form von Genossenschaft, denn das wird euch schweres Leid bringen. Lasst keine, als die, welche bei Gott in Gunst sind, bei euch in Gunst stehen; und da ihr nicht wünschen werdet, in der Ewigkeit von euren Lieben getrennt zu sein, so tragt Sorge, dass ihr keine Verbindung mit denen eingeht, die schon von Christo Jesu, eurem Herrn, getrennt sind. Aber wenn ihr, nachdem ihr bekehrt seid, euch in Verbindung und Verwandtschaft mit den Ungöttlichen findet, wie es wahrscheinlich der Fall sein mag, liebt sie, liebt sie mehr, als ihr es je getan; seid freundlicher denn je, herzlicher denn je, damit ihr sie gewinnen möget, aber unterwerft euch nie, um ihnen zu gefallen, der Sünde, und befleckt nicht die Keuschheit eures Herzens, das Christo allein gehört. Was es auch kosten mag, wenn ihr wahrhaft durch die Gnade berufen seid, kommt heraus und lasst alles hinter euch.
„Wen Hab', wen such' ich neben Dir,
Im Himmel dort, auf Erden hier!
Ich will nur Gott, weg Kreatur!
Und bringe mich nicht von der Spur.„
Es muss viel Glauben in Abraham erfordert haben, so gehorsam zu sein. Er zog aus, ein Land zu finden, das er nie gesehen. Ihm wird nur gesagt, welches Weges er wandern solle, und Gott will ihm zeigen, wo es ist. Gedenkt daran, das in jenen alten Zeiten eine Reise, wie Abraham sie unternahm, etwas viel Furchtbareres war, als jetzt. Jene ehrwürdigen Männer waren in dem Boden festgewurzelt, in dem sie aufgewachsen. Wir können eine Reise nach Amerika oder Australien machen und es für ein Geringes halten; aber selbst unsre Großväter sahen es für etwas Schreckliches an, aus der Provinz zu gehen, in der sie lebten, und betrachteten es, als wenn man nach dem Mond ginge, wenn jemand von Auswanderung nach einem fremden Lande sprach. Je weiter zurück ihr geht, desto größer werdet ihr die Zähigkeit finden, mit der die Menschen am väterlichen Hause hängen. Nun, Abraham musste losgerissen werden, in einem Alter von mehr als siebzig Jahren musste er ein Auswanderer werden. Er hätte fragen können, welche Art von Land, aber er tat es nicht: es ist ihm genug, dass Gott die Reise bestimmt, und fort geht der Pilger. So, Geliebte, müssen wir immer ohne Zaudern der Führung unsres göttlichen Vaters folgen. Wenn wir von der göttlichen Gnade berufen sind, so werden wir reichlich Gelegenheit haben, Glauben zu üben. Wenn ihr Gottes Handeln mit euch verstehen könntet, wenn alles sanft und eben ginge, wenn euch infolge eurer Religion alles glückte, so möchtet ihr fürchten, dass ihr nicht auf dem Pfad der Kinder Gottes seiet, denn ihr Pfad ist durch Trübsal bezeichnet. Durch viel Trübsal müssen sie in das Reich Gottes eingehen. Aber wenn es auch allen Glauben fordert, den ihr nur aufbieten könnt, und mehr, so haltet doch aus, denn die Verheißung wird sich endlich rechtfertigen. Wenn Gott euch etwas tun heißt, ob es auch die größte, nur denkbare Torheit schiene, so tut es dennoch, und die Weisheit Gottes wird sich in eurer Erfahrung verherrlichen. Ich muss eure Aufmerksamkeit noch ein paar Minuten länger bei Abrahams Gehorsam festhalten, denn ich wünsche zu bemerken, dass derselbe, obwohl er viel Verlust brachte und ein sehr großes Maß von Glauben erforderte, doch auf eine sehr große Verheißung gegründet war, — eine sehr ausgedehnte, eine beispiellose Verheißung. Alle sollten gesegnet werden, die ihn segneten, und er sollte ein Segen für die ganze Welt werden. Hier ist ein starker Antrieb zum Gehorchen, wenn der Glaube nur die Verheißung ergreifen kann; und, Brüder und Schwestern, wenn wir um Christi willen es wagen, den Pfad der Absonderung zu betreten, und im Glauben zu wandeln, was für eine Menge Verheißungen haben wir dann, die uns zum Vorwärtsgehen ermuntern — „Ich will mit dir sein;“ „Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen;„ „Habe deine Lust an dem Herrn, der wird dir geben, was dein Herz wünscht;“ „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen;„ „Wer an Ihn glaubt, der wird nicht zu Schanden werden;“ „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden;„ „Alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.“ Seht, Brüder, die Krone, die euch vorgehalten wird! es ist keine andre, als das ewige Leben! Seht an eure Belohnung! es ist die Stadt, deren Tore Perlen und deren Gassen Gold sind. Euer unvergleichliches Teil ist die unaussprechliche Seligkeit, bei Christo zu sein, mit Ihm in Wonne und Entzücken zu weilen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Sei also getrost, denn alles, was du verlierst, indem du Jesu nachfolgst, wirst du hundertfältig wieder erhalten in diesem Leben, und in der künftigen Welt das ewige Leben. Sei getrost; wenn du die Welt verlässt und Freunde verlierst um der Wahrheit willen, sollst du die Freundschaft unsterblicher Geister erhalten, Engel sollen deine Diener werden, und die im Blute Reingewaschenen sollen deine Brüder sein, Christus selbst dein Freund und Gott dein Vater. Vorwärts mögt ihr wohl gehen, wenn ihr nur an die Verheißung glauben könnt; ihr habt alles zu gewinnen, und das, was ihr zu verlieren habt, ist im Bergleich damit weniger denn nichts; die zeitliche, leichte Trübsal, die mit einem gottseligen Leben verbunden ist, ist nicht wert, verglichen zu werden mit der Herrlichkeit, die in euch geoffenbart werden soll. Seht also, Brüder, und freuet euch, da ihr es seht, wenn wir Abrahams Schwierigkeiten haben, so haben wir auch Abrahams Ermutigungen.
II.
Nun, da ich euch gezeigt habe, was diese wirksame Berufung ist, und der Gehorsam, den sie bringt, wollte ich euch nur daran erinnern, dass Abraham nie sich ruhig niederließ, bis er wirklich in Kanaan ankam; so hat auch ein Kind Gottes, wenn wirklich durch die Gnade berufen, nie Frieden oder Ruhe, bis es Jesum wirklich hat und so durch den Glauben in die Ruhe eingeht.
Abraham kann uns als Beispiel in seinem Gehorsam gegen den göttlichen Ruf aufgestellt werden, weil er sogleich ging. Er hielt nicht inne, um eine einzige Frage zu tun; es ward ihm geheißen, nach Kanaan zu gehen; und nach Kanaan ging er. Er tat sein Werk sehr gründlich: er zog aus nach Kanaan, und nach Kanaan kam er. Nachdem er einmal Haran verlassen, brach er, sozusagen, die Brücke hinter sich ab. Er hatte alle Gedanken daran aufgegeben, jemals zurückzukehren. Wenn er gewünscht hätte, umzukehren, so hätte er es tun können, sagt uns der Apostel; aber er hatte für immer all seine alten Verbindungen aufgegeben; er war auf das verheißene Reich hingewiesen und zum Reich und zum ungesehenen Segen wollte er eilen. O, dass Gottes Geist jeden von uns in derselben Weise beriefe, uns Gnade gäbe, in derselben Art zu gehorchen und zu erklären, dass, wenn wir alles aufzugeben hätten, was wir besitzen, und sogar das Leben selber, wir es doch ohne Zaudern tun wollten, weil Jesus auf dem Wege voran geht.
„Jesu, geh' voran
Auf der Lebensbahn,
Und wir wollen nicht verweilen,
Dir getreulich nachzueilen;
Führ' uns an der Hand,
Bis ins Vaterland.
Ordne unsern Gang,
Jesu, lebenslang!
Führst Du uns durch raue Wege,
Gib uns auch die nöt'ge Pflege;
Thu' uns nach dem Lauf
Deine Türe auf.“
Auf eine Minute bitte ich euch, den Unterschied zwischen des Herrn wirksamem Ruf und den gewöhnlichen Rufen, die so viele empfangen, zu beachten. Brüder, ich fürchte, es sind viele hier, die zur Herrlichkeit und Unsterblichkeit berufen wurden, aber der Ruf war von Menschen und durch Menschen. Vielleicht sind manche von uns, die sich Christen nennen, nicht durch die Gnade Gottes berufen, sondern durch die Beredsamkeit eines Predigers oder durch die Aufregung einer Erweckungsversammlung. Hütet euch, ich bitte euch darum, vor dem Strome, dessen Quelle nicht am Fuße des Thrones Gottes liegt. Nehmet euch in acht vor dem Heil, das nicht seinen Anfang nimmt in dem Werke Gottes, des Heiligen Geistes, denn nur das, was von Ihm kommt, wird zu Ihm führen. Das Werk, das nicht aus der ewigen Liebe entspringt, wird uns niemals im ewigen Leben landen. Der Ruf vieler Menschen ist ein solcher, dass sie, wenn derselbe an sie ergeht, viele Fragen aufwerfen, ob sie gehorchen sollen oder nicht. Die Wahrheit wird ernst und eindringlich gesprochen, und sie können nicht umhin, etwas von ihrer Macht zu fühlen, aber sie fragen, was sie von ihnen fordert, und wenn sie finden, dass sie, um Christen zu sein, vieles aufgeben müssen, was sie lieben, so blicken sie zurück, wie Lots Weib und kommen um. Wie „Biegsam„1) gehen sie bis zum Sumpf der Verzagtheit, aber sie lieben den schlammigen Weg nicht, und deshalb fliehen sie heraus, auf der Seite, die der Heimat am nächsten ist, und gehen zurück zur Stadt des Verderbens. Viele habe ich gekannt, die eine Berufung gewisser Art hatten, die versuchten, nach Kanaan zu gehen und doch in Haran zu bleiben. Sie wollten gern Gott dienen und doch leben, wie sie es gewohnt waren. Sie halten es für möglich, ein Christ zu sein und doch ein Knecht der Welt. Sie versuchen das ganz Unmögliche, den Löwen vom Stamme Juda und den Löwen des Abgrundes an denselben Wagen zu spannen und damit durch die Straßen des Lebens zu fahren. Ah, Mann, der Ruf, der von Gott kommt, bringt einen Menschen ganz heraus, während der Ruf, der nur zu unserer fleischlichen Natur kommt, uns bei den andren Menschen lässt und uns da lassen wird, bis wir in dasselbe Bündel mit Sündern gebunden und in dasselbe Feuer geworfen werden. Viele kommen aus Ägypten heraus und erreichen doch nie Kanaan, wie die Kinder Israel, die ihre Leichname in der Wüste ließen, weil ihre Herzen nicht aufrichtig des Herrn sind. Sie machen einen guten Anfang, aber der Geschmack des Knoblauchs und der Zwiebeln bleibt in ihrem Munde und hält ihre Herzen fest bei den Fleischtöpfen Ägyptens. Wie die Planeten werden sie von zwei Kräften in Bewegung gesetzt, die eine will sie zum Himmel ziehen, aber die andre treibt sie, sich um die Welt zu drehen, und so gehen sie im Kreise wie das Mühlenpferd, ohne Fortschritt zu machen; sie fahren fort, dem Namen nach den Herrn zu fürchten und doch mit der Tat und in ihrem Herzen andren Göttern zu dienen. Hütet euch, lieben Freunde, vor dem Rufe, der euch ausgehen, aber nicht ausharren lässt. Betet, dass dieser Spruch von euch wahr sein möge: „Sie zogen aus, zu gehen in das Land Kanaan, und in das Land Kanaan kamen sie.“ Seid nicht zufrieden, zu beten, dass ihr errettet werden möget, lasst euch nie genügen, bis ihr errettet seid. Seid nicht zufrieden damit, dass ihr versucht zu glauben und Buße zu tun; kommt zu Christo, und tut Buße und glaubt, gönnet euren Augenlidern keinen Schlummer, bis ihr bußfertige Gläubige seid. Macht ein volles und ganzes Werk aus eurem Glauben. Ringet nicht, die enge Pforte zu erreichen, sondern in sie einzugehen. Hierzu müsst ihr einen Ruf von dem Herrn des Himmels haben. Ich kann euch rufen, wie ich viele von euch so oft gerufen habe, und ihr seid eine kleine Strecke des Weges gegangen, und es hatte den Anschein, als wolltet ihr den ganzen Weg gehen, aber eure guten Regungen waren wie eine Morgenwolke und wie der frühe Tau, sie waren bald zerstreut und sind verschwunden. Gott gebe, dass ihr noch die Berufung seines Geistes empfangen und errettet werden möget.
III.
Es bleiben noch wenige Minuten, die ich benutzen will, um das Thema zu wechseln. Wenn unser Text die wirksame Berufung veranschaulicht, so bildet er auch das Beharren bis ans Ende ab. „Sie zogen aus, zu gehen in das Land Kanaan, und in das Land Kanaan kamen sie.„ Das ist wahr von jedem Kinde Gottes, das wirklich bekehrt ist und den Glauben der Erwählten Gottes empfängt. O, jene elende Lehre, die sagt, dass die Heiligen nach Kanaan ausziehen, aber es nie erreichen! sie ist genug, das Leben eines Gläubigen zu einer wahren Hölle auf Erden zu machen. Einerlei, wie glücklich ich auch wäre, diese Lehre würde meinen ganzen Seelenfrieden vergiften. Die Lehre, welche leugnet, dass die Pilger zur Herrlichkeit von Kraft zu Kraft gehen, bis ein jeder von ihnen in Zion vor Gott erscheint, und die lehrt, dass Schafe Christi von den Wölfen zerrissen werden können, dass die Steine im geistlichen Tempel in die vier Winde verstreut, dass die Glieder Christi von seinem heiligen Leibe gerissen werden können und die Braut Christi verstümmelt, ist meiner Vernunft, meiner Erfahrung, meinem Glauben, meiner ganzen geistlichen Natur zuwider. Ich glaube an das Beharren bis ans Ende bei einem jeden, in dem die wiedergebärende Gnade Gottes eine Änderung der Natur bewirkt hat. Wenn er von Gott geboren ist, so kann er nicht sterben; wenn der lebendige Same in ihm ist, so kann der Teufel ihn nicht zerstören, denn er lebet und bleibet ewiglich. Weil Christus lebt, muss jeder Gläubige, der eins mit Jesus ist, auch leben.
Wir ziehen also aus nach dem Lande Kanaan, und, gelobt sei Gott, zu dem Lande Kanaan werden wir kommen. Gott hat es beschlossen. Er beschloss, dass die vielen Kinder alle zur Herrlichkeit geführt werden sollten durch den Herzog ihrer Seligkeit; hat Er es gesagt, und soll Er es nicht tun? Wir werden unsren Ruheplatz erreichen, denn der Waffenträger, der vorangeht, ist kein andrer, als Jesus Christus, der Bundesengel, mächtig zu erretten; wir sollen bewahrt werden, denn um uns her ist eine feurige Mauer, und über uns ist der Schild des Ewigen und Unveränderlichen, Jehovahs, dessen Liebe ewiglich währt. Der Weg soll uns nicht müde machen; unsre Schuhe sollen Eisen und Erz, sein und wie unser Tag soll unsre Kraft sein. (5 Mose 33, 25.) Die Rauheit des Weges soll uns nicht entmutigen; Er will uns tragen wie auf Adlersflügeln; Er will seinen Engeln befehlen über uns, dass wir unsren Fuß nicht an einen Stein stoßen. Die Pfeile der Hölle sollen uns nicht schaden, denn Er gibt uns eine undurchdringliche Rüstung — es soll uns kein Übels begegnen. Die Schlingen des Teufels sollen uns nicht fangen, denn seine Weisheit wird einen Ausweg bereiten aus jeder Versuchung, die seinen Kindern widerfährt. Ehre sei Gott, es ist nicht in der Macht von Erde und Hölle, ob sie sich auch verbinden, einen einzigen von des Herrn Pilgern aufzuhalten, so dass er die himmlische Stadt nicht erreicht. „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unsrem Herrn?“ „Ich bin in guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird es auch vollführen.„ „Der Gerechten Pfad glänzet wie ein Licht, das da fort- geht, und leuchtet bis auf den vollen Tag.“
„Nichts, nichts kann mich verdammen,
Nichts nimmet mir mein Herz;
Die Höll' und ihre Flammen,
Die sind mir nur ein Scherz:
Kein Urteil mich erschrecket,
Kein Urteil mich betrübt;
Weil mich mit Flügeln decket
Mein Heiland, der mich liebt.
Sein Geist spricht meinem Geiste
Manch süßes Trostwort zu,
Wie Gott dem Hilfe leiste,
Der bei Ihm sucht Ruh';
Und wie Er hat erbauet
Mir eine neue Stadt,
Da Aug' und Herze schauet,
Was es geglaubet hat.„
Wenn ihr heute nachmittag den Text wieder durchgeht, so möchte ich, dass ihr an diese drei Dinge dächtet: Wir sind ausgezogen nach dem Lande Kanaan; wir wissen, wohin nur gehen. Denkt viel an euren Hafen der Ruhe. Vertieft euch in jene köstlichen Schriftstellen, die das neue Jerusalem enthüllen. Seid vertraut mit den Engelharfen. Kommt zu der Gemeine der Erstgeborenen. Lasst eure Sabbatbetrachtungen über den ewigen Sabbat sein, der so bald anbrechen wird.
Ferner wissen wir, warum wir gehen. Wir gehen nach Kanaan, weil Gott uns berufen hat, zu gehen. Er gibt uns Stärke dazu, Er legt die Lebenskraft in uns, die uns aufwärts streben lässt zur ewigen Heimat, dem fröhlichen Hafen der Heiligen.
Und wir wissen, dass wir gehen; das ist eine andre Gnade. Wir hoffen nicht, dass wir zum Himmel gehen, sondern wir wissen, dass wir dahin gehen. Christus ist der Weg, das Banner der Liebe führt uns, die feurige Wolkensäule der Vorsehung leitet uns, die Verheißung stärkt uns, der Heilige Geist wohnt in uns; wir sind alles dessen gewiss. Gelobt sei Gott, wir zweifeln nicht daran.
Beachtet zwei oder drei Gedanken in diesem Text, die des Erinnerns wert sind. „Sie zogen aus.“ Energisches Handeln! Die Menschen werden nicht im Schlaf errettet. Kein Fahren zum Himmel auf Federbetten. „Sie zogen aus zu dem Land Kanaan.„ Klares Verständnis! Sie wussten, was sie taten. Sie gingen nicht unüberlegt zu Werke, ohne zu wissen, was sie wollten. Wir müssen Christum kennen, wenn wir in Ihm erfunden werden wollen. Es muss uns gegeben werden, auf Ihn zu sehen und Ihm zu vertrauen, und zu verstehen, was dies bedeutet. Die Menschen werden nicht durch die Blindheit eines unwissenden Aberglaubens errettet. „Sie zogen aus zu dem Land Kanaan, und in das Land Kanaan kamen sie.“ Feste Entschlossenheit! Sie konnten Rückschläge ertragen, aber sie ließen sich von ihrem Entschluss nicht abwendig machen. Sie meinten Kanaan, und Kanaan wollten sie erreichen. Wer errettet werden will, muss den Himmel mit Gewalt nehmen. „In das Land Kanaan.„ Vollkommenes Ausharren! „Wer beharrt bis ans Ende, der wird selig werden.“ Nicht ein Sprung und ein Ausruhen, sondern beständiges Laufen gewinnt den Preis. Alle diese Gedanken schließen sich an die eine Vorstellung von dem Beharren bis ans Ende, welche der Text ausdrückt.
Aber, ah! lieben Freunde, wie viele gibt es, die ausziehen, um nach Kanaan zu gehen, aber nach Kanaan nicht kommen! Einige lassen sich abhalten durch das erste Gefühl von Mutlosigkeit, das sie überkommt; wie „Biegsam„ laufen sie nach Hause mit dem Schlamm der Verzagtheit an ihren Füßen. Andre wenden sich ab zur Selbstgerechtigkeit. Sie folgen den Anweisungen des Herrn Weltlich-Weise, und nehmen ihre Zuflucht zum Doktor Gesetzlichkeit oder Herrn Höflichkeit, und der Sinai fällt auf sie und zermalmt sie. Manche wenden sich rechts ab zur Heuchelei, in der Meinung, dass heilig scheinen ebensogut wäre, als heilig sein. Andre gehen linker Hand zur Formalität und bilden sich ein, dass Sakramente und äußerer Gebrauch ebenso wirksam seien, als innerliche Reinheit und das Werk des Geistes in ihren Herzen. Viele fallen nieder vor der Silbermine, wo Dentas seinen Hals brach. Hunderte geraten in die Burg der Verzweiflung und lassen ihre Gebeine dort, weil sie nicht Christo vertrauen, und so das ewige Leben erhalten wollen. Manche gehen anscheinend weit, aber wie „Unwissend“ gehen sie nie wirklich, und wenn sie zum Flusse gelangen, so kommen sie noch zu allerletzt um. Einige werden wie „Kehrum„ Abtrünnige und werden durch die Hintertür in die Hölle geschleppt, trotz ihres christlichen Bekenntnisses. Einige werden durch die Löwen erschreckt, andre werden verführt durch die „Nebenweg-Wiese.“ Einige wollten gern errettet werden, aber sie müssen ein Vermögen gewinnen. Viele wollten gern errettet werden, aber sie könnens nicht ertragen, ausgelacht zu werden. Manche wollen wohl Christo vertrauen, aber sie können sein Kreuz nicht erdulden. Viele wollten wohl die Krone tragen, aber sie können die Arbeit nicht aushalten, durch welche sie erreicht werden muss. Ah! ihr Menschenkinder, ihr werdet euch zur Seite wenden zur Madame Üppigkeit und zur Madame Seifenblase; ihr werdet bezaubert werden von diesem und jenem und dem andren, das euer Verderben sichert, aber die Schönheit des Heilandes, die dauernden Freuden, das wirkliche Glück, das Er verleiht, diese sind euch zu erhaben; sie sind hoch über euch, und ihr strebt nicht, sie zu erreichen, oder, wenn ihr sie eine Zeitlang sucht, so kehrt der Hund zurück zu dem, was er gespien, und die Sau wälzet sich nach der Schwemme wieder in dem Kot. Der Stein, der in die Höhe geworfen wird, steigt nicht zum Himmel auf, denn die Anziehungskraft der Erde bringt ihn wieder zurück. O, dass es Gott gefiele, seine Gnade in unsre Herzen zu senden, dass auch wir ausziehen möchten im Geiste demütigen Vertrauens auf Christum und auf die Kraft des Heiligen Geistes zum Lande Kanaan und wirklich zum Lande Kanaan kommen, dann soll aller Preis dafür des Herrn sein! Amen.