- Ein gülden Kleinod Davids, vorzusingen; dass er nicht umkäme, da er vor Saul floh in die Höhle. - Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig! denn auf dich traut meine Seele, und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis dass das Unglück vorübergehe. - Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, zu Gott, der meines Jammers ein Ende macht. - Er sendet vom Himmel und hilft mir von der Schmähung des, der wider mich schnaubt. (Sela) Gott sendet Güte und Treue. - Ich liege mit meiner Seele unter den Löwen; die Menschenkinder sind Flammen, ihre Zähne sind Spieße und Pfeile und ihre Zungen scharfe Schwerter. - Erhebe dich, Gott, über den Himmel, und deine Ehre über alle Welt. - Sie stellen meinem Gange Netze und drücken meine Seele nieder; sie graben vor mir eine Grube und fallen selbst hinein. (Sela) - Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, dass ich singe und lobe. - Wache auf, meine Ehre, wache auf, Psalter und Harfe! Mit der Frühe will ich aufwachen. - Herr, ich will dir danken unter den Völkern; ich will dir lobsingen unter den lauten. - Denn deine Güte ist, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen. - Erhebe dich, Gott, über den Himmel und deine Ehre über alle Welt.
„Dem Musikmeister.“ Dieses fröhliche Lied wird dem Leiter des Tempelchores zur Bearbeitung übergeben. „Verdirb nicht“ (vgl. Elberfelder Übersetzung). Dieses kurze und kräftige Gebet ist das Thema des Psalms. Diese Bitte bezieht sich auf Saul, als David Saul in seiner Gewalt hatte. Wenn wir unsere Feinde schonen, wird der Herr uns verschonen. Die Überschrift „Verdirb nicht“ tragen vier Psalmen: 57, 58, 59 und 75. In diesen Psalmen geht es um die Vernichtung der Gottlosen und um die Errettung der Gerechten. Wir dürfen annehmen, dass darin Hinweise auf den Untergang des jüdischen Volkes liegen. Das Volk hat schwere Züchtigungen zu erleiden, aber es heißt: Verdirb nicht.
„Ein gülden Kleinod Davids.“ Der Psalm verdient diese Bezeichnung. Tiefe innere Freude liegt in den Worten Davids. „Da er vor Saul floh in die Höhle.“ Dieses Lied kommt aus dem Innern der Erde, ähnlich dem Gebet von Jona aus der Tiefe des Meeres. Zunächst befindet sich der Beter noch in der Finsternis der Höhle, aber dann kommt er heraus ans Licht und singt sein fröhliches Glaubenslied unter einem freien Himmel.
* Gebet (Verse 2-7) * Lob (Verse 8-12)
V. 2 „Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig!“ Dringende Not veranlasst David, seinen Schrei um Hilfe zu wiederholen. Wir spüren daran, wie dringend er sich die Hilfe Gottes herbei„ wünscht. Wer schnell gibt, gibt doppelt - wer schnell empfangen will, muss doppelt darum bitten! Der Psalmist bittet zuerst um Gnade. Er weiß, dass es keine bessere Bitte gibt und kommt deshalb sofort darauf zurück. Gott ist der Gott der Gnade, der Vater der Barmherzigkeit. Es ist das einzig Richtige, wenn wir bei dem Barmherzigkeit suchen, der sie wirklich hat. „Denn auf dich traut meine Seele.“ Der Glaube kann sein Anliegen gut begründen. Wie kann der Herr unbarmherzig zu einem Menschen sein, der ihm vertraut? Unser Glaube verdient die Gnade nicht. Aber mit aufrichtigem Glauben, einem Glauben, der von ganzem Herzen kommt, gewinnen wir dem Herrn die Gnade ab. „Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht“ (Rom. 10, 10). „Und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht.“ David wollte sich nicht nur in der Höhle verbergen, sondern auch in der Kluft des ewigen Felsens. Wie die kleinen Vögel unter den Flügeln der Mutter sichere Bedeckung finden, kann auch der Flüchtling sicheren Schutz durch die Macht Gottes erhalten. Das ist ein liebliches und vertrautes Bild. Wir sollten die Bedeutung dieser Worte im täglichen Leben erproben! „Bis dass das Unglück vorübergehe.“ Die ewigen Flügel bleiben über uns, bis das Unglück vorübergegangen ist. Gelobt sei Gott, dass unsere Schwierigkeiten nur eine Frage der Zeit sind, unsere Sicherheit aber in Ewigkeit bleibt. Wenn wir unter dem Schatten des Allmächtigen sind, kann uns keine vorübergehende Not etwas anhaben. Der Habicht kreist in der Luft, aber er bedeutet keine Gefahr für die Küken, die sich unter den Flügeln der Henne bergen.
V. 3 „Ich rufe,“ David ist beschützt, aber er betet doch, denn Glaube ist nie stumm. Durch den Glauben haben wir den Geist der Kindschaft, der sich immer wieder an den Vater wendet. Solange wir leben, haben wir es nötig, zu Gott zu rufen. „Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten.“ Wir beten nur zu Gott. Seine Größe und Erhabenheit machen uns Mut, zu ihm zu beten. Wie groß unsere Feinde auch sind, unser himmlischer Vater ist größer. Er ist der Allerhöchste. Von dieser Höhe seiner Macht kann er uns schnell die Hilfe senden, die wir brauchen. „Ich rufe zu Gott, der meines Jammers ein Ende macht.“ Der Gläubige wartet, Gott wirkt. Der Herr hat unsere Sache in die Hand genommen, und er wird seine Hand nicht zurückziehen, bis er alle Verheißungen erfüllt hat. (Im Englischen heißt es: „Gott führt alle Dinge für mich durch.“) Alle Dinge! Der Herr führt alle Dinge zu einem guten Ende. Was er angefangen hat, vollendet er. Was er in die Hand nimmt, führt er durch. Alle Hilfe, die wir bisher vom Herrn erfahren haben, ist uns eine Garantie dafür, dass er uns auch in Zukunft helfen wird.
V. 4 „Er sendet vom Himmel.“ Wenn sich auf der Erde kein geeignetes Mittel zu unserer Hilfe findet, setzt der Herr die Engelscharen des Himmels zur Unterstützung der Heiligen ein. In besonderer Not dürfen wir besondere Hilfe vom Herrn erwarten. Wie die Israeliten in der Wüste werden wir jeden Tag unser Brot vom Himmel haben. Wenn der Kampf heißer als sonst tobt, erhalten wir direkte Hilfe vom Hauptquartier, denn unser oberster Feldherr sieht alles. „Und hilft mir von der Schmähung des, der wider mich schnaubt.“ Der Herr ist rechtzeitig da. Er rettet uns nicht erst vor dem Untergang, sondern schon vor den Schmähungen der Feinde. Wir sollen nicht nur aus dem Feuer gerettet werden - noch nicht einmal der Rauch soll uns anhaften! Der Herr rettet uns nicht nur vor dem Biß des Höllenhundes, sondern auch vor seinem Bellen. „Gott sendet seine Güte und Treue.“ David bat um Gnade, und der Herr schickt Güte und Treue dazu. Gott gibt uns immer mehr, als wir bitten oder verstehen.
V. 5 „Ich liege mit meiner Seele unter den Löwen.“ Es ging David wie Daniel. Angebrüllt, gejagt, verwundet, aber nicht umgebracht. Er befand sich an einem Ort äußerster Gefahr. Die Höhle wird ihn an eine Löwengrube erinnert haben, und Saul mit seinen Genossen waren die Löwen in ihrem enttäuschten Wutgeheul. David fühlte sich im Schutz Gottes sicher geborgen. „Die Menschenkinder sind Flammen.“ Vielleicht hatten Saul und seine Leute in der Höhle ein Feuer angezündet. David wurde durch die Flammen an das lodernde Feuer des Hasses erinnert, der in ihren Herzen brannte. Oft sind die Gläubigen mitten in den Flammen und werden doch nicht vom Feuer verzehrt wie der Dornbusch am Horeb. „Ihre Zähne sind Spieße und Pfeile, und ihre Zungen scharfe Schwerter.“ Niederträchtige Menschen tragen ein ganzes Waffenarsenal in ihrem Mund. Sie haben spitze Zähne wie Raubtiere. Ihr Wesen ist hündisch, wölfisch und teuflisch. Ihre Zunge wirkt wie ein scharfes Schwert, das schneidet und tötet. Keine Waffe ist so furchtbar wie die Zunge eines Menschen, die als Schwert auf dem Schleifstein des Teufels gewetzt wurde. Aber selbst davor brauchen wir uns nicht zu fürchten, denn: Einer jeglichen Waffe, die sich wider dich setzt, soll es nicht gelingen“ (Jes. 54, i7).
V. 6 „Erhebe dich, Gott, über den Himmel.“ Das ist der Refrain des Psalms. Noch bevor David seine Bitten ganz beendet hat, stimmt er einen Lobgesang an. Herrlich ist dieses Lob Gottes, kommt es doch aus der Tiefe der Löwengrube und mitten aus den Flammen. Höher als der Himmel ist der Allerhöchste; so hoch soll sich unser Lobgesang erheben. „Und deine Ehre über alle Welt.“ Wie dein Lob im Himmel erklingt, so soll es auch auf Erden verkündigt werden. Wie die Luft alles umgibt, so soll dein Lob die ganze Erde umfassen.
V. 7 „Sie stellen meinem Gange Netze.“ Die Feinde der Gläubigen sind in ihren Mitteln nicht wählerisch. Sie betreiben ihr gottloses Werk mit eiskalter Berechnung. Man benötigt für jede Art von Fischen, Vögeln und Wild ein bestimmtes Fangnetz. So legen die Gottlosen Netze, die sie den Lebensumständen und der Wesensart ihrer Opfer genau angepasst haben. Auf jeden Fall wollten sie David fangen, ganz gleich, was er tut oder wohin er geht. „Und drücken meine Seele nieder.“ Er wird niedergedrückt wie ein Vogel im Netz. Seine Feinde lassen ihm keine Gelegenheit zur Flucht. Es gibt keine Hoffnung für ihn. „Sie graben vor mir eine Grube und fallen selbst hinein.“ David vergleicht die Anschläge seiner Verfolger mit Gruben, die die Jäger anlegen, um ihre Beute zu fangen. Man legte diese Fallgruben auf den gewöhnlichen Wildpfaden an, deshalb sagt David: „Vor mir.“ Sie stellten ihm eine Falle auf dem Weg, den er für gewöhnlich geht. Nun freut sich David dar„ über, dass sich ihre Pläne gegen sie selbst gewandt haben. Saul jagte David, aber David fing Saul mehr als einmal und hätte ihn auf der Stelle töten können. „Sela.“ Wir setzen uns an den Rand der Grube und schauen mit Staunen auf die gerechte Vergeltung Gottes.
V. 8 „Mein Herz ist bereit.“ Er müsste doch eigentlich sagen:
Mein Herz ist unruhig. Aber nein: Er ist ruhig, zuversichtlich, glücklich, entschlossen. Wenn die Achse fest ist, läuft das Rad richtig. Wenn der Anker hält, kann das Schiff nicht wegtreiben. „Gott, mein Herz ist bereit.“ Ich bin entschlossen, dir zu vertrauen, dir zu dienen und dich zu loben. Zweimal sagt David das zur Ehre Gottes, der die Herzen seiner Knechte tröstet. Lieber Leser, wenn dein Herz so fest auf Gott und auf die Verkündigung seines Ruhms gerichtet ist, steht es gut mit dir! „Dass ich singe und lobe.“ Mit Stimme und Instrument will ich dich verherrlichen. Mit Herz und Mund will ich dir die Ehre geben. Weder Satan noch Saul oder die Philister sollen mich davon abhalten. Meine Felsenhöhle soll von Musik und fröhlichen Liedern widerhallen!
V. 9 „Wache auf, meine Ehre.“ Die tiefsten Kräfte meines Herzens sollen sich regen: Der Verstand, der die Gedanken hervorbringt; der Mund, der den Gedanken Ausdruck verleiht, und die schöpferische Kraft meines Herzens, die mein Lied komponiert. Alles in mir soll hellwach sein zum Lob Gottes. „Wache auf, Psalter und Harfe!“ Alle Instrumente, die ich spielen kann, sollen zum Lob Gottes erklingen. „Mit der Frühe will ich aufwachen.“ (Elberfelder Übersetzung: „Ich will aufwecken die Morgenröte.“) Ich will die Morgenröte mit meinen fröhlichen Liedern aufwecken. Keine schläfrigen Weisen und trübseligen Töne wird man von mir hören! Zu diesem heiligen Dienst des Lobens will ich ganz wach und frisch sein. Aber wenn wir es noch so gut machen, wie wir können, reicht es doch nicht aus, den Herrn so zu loben, wie er es verdient hat. Lasst uns deshalb immer das Beste tun. Wenn es auch nur ein schwaches Lob sein kann, soll es doch nicht durch Trägheit verunstaltet sein. Dreimal ruft sich der Psalmist selber zu, aufzuwachen. Haben wir das nötig? Dann sollten wir das auch tun!
V. 10 „Herr, ich will dir danken unter den Völkern.“ Die Heiden sollen mein Lob hören. Hier haben wir ein Beispiel da“ für, wie echter Glaube alle Grenzen überspringt, die engstirnige Frömmigkeit gezogen hat. Kein Jude wünschte, dass die Heiden jemals den Namen des Herrn hören. Wenn, dann nur mit Zittern. David aber hat die Gnade des Herrn kennen„ gelernt. Er besaß einen echten Missionsgeist und wollte den Ruhm und die Ehre des Herrn überall bekanntmachen. „Ich will dir lobsingen unter den Leuten.“ Alle sollen sein Lied zur Ehre Gottes hören, auch wenn sie noch so entfernt wohnen.
V. 11 „Denn deine Güte reicht, soweit der Himmel ist.“ Die Güte Gottes reicht von der Niedrigkeit der Menschen bis zur Erhabenheit des Himmels. Unsere Vorstellungskraft reicht nicht aus, um die Höhe des Himmels zu erfassen; so übersteigt auch der Reichtum der Güte Gottes unsere Fassungskraft. Der Psalmist sitzt am Ausgang der Höhle, schaut hinauf zum Firmament und freut sich darüber, dass die Güte Gottes weiter und höher ist als der unermessliche Himmel. „Und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.“ In die Wolken setzt Gott das Siegel seiner Treue, den Regenbogen, der seinen Bund mit den Menschen bestätigt. In den Wolken birgt Gott Regen und Schnee. Die Wolken bringen uns Frühling und Sommer, Hitze und Kälte. Sie zeugen von Gottes Treue. Die Schöpfung ist gewaltig, aber der Schöpfer ist gewaltiger. Der Himmel kann ihn nicht fassen. Über Wolken und Sterne hinaus reicht seine Güte.
V. 12 „Erhebe dich, Gott, über den Himmel.“ Welch herrlicher Refrain! Stimmt ein in dieses Lied, ihr Engel, ihr vollendeten Gerechten, ihr Menschen auf der Erde, und fügt hinzu: „Und deine Ehre über alle Welt.“