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Spurgeon, Charles Haddon - Plötzliche Trauer.

Gehalten am Sonntag, den 8. Juli 1877.

Plötzlich werden meine Hütten und meine Gezelte zerstört.
Jer. 4, 20.
Was willst du alsdann tun, du Verstörte?
Jer. 4, 30.

„Und wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ (Engl. Üb.) Jeremias beschreibt die Verwüstung des Krieges, eines Krieges, der sein Land verödete und unsägliches Elend über das Volk brachte. Er sagt davon: „Wie ist mir so herzlich wehe! Mein Herz pocht mir im Leibe und habe keine Ruhe; denn meine Seele hört der Posaunen Hall und eine Feldschlacht und ein Mordgeschrei über das andere; denn das ganze Land wird verheert; plötzlich werden meine Hütten und Gezelte zerstört. Wie lange soll ich doch das Panier sehen und der Posaunen Hall hören?“ Wie dankbar sollten wir sein, dass der Krieg nicht in unserem eigenen Land wütet. Wir sollten diese furchtbaren Erzählungen von den Menschenleben, die geopfert werden im Orient, mit dem äußersten Schmerze lesen. Auf welcher Seite der Sieg sich neigen mag, es ist doch täglich zu beklagen, dass Menschen andere Menschen schlachten und sich des Mordes en gros rühmen. Wie wahr ist es, dass weder die Elemente in ihrer Raserei noch wilde Bestien in ihrer Wut je solche furchtbare Feinde für den Menschen gewesen als der Mensch. Wir sollten Gott danken, dass wir abgesondert wohnen und unsere Ernte reifen sehen, ohne Furcht, dass Eindringlinge sie nehmen werden; wir gehen in unseren Straßen ohne Furcht vor platzenden Bomben und suchen unser Lager ohne Besorgnis, in der Stille der Nacht durch das Geschrei anrückender Feinde erweckt zu werden. Gelobt sei der Herr, welcher Jahrhunderte des Friedens den fruchtbaren Hügeln und Tälern seines Eilandes gegeben hat.

Lasst uns den Namen Jehovas, unseres Gottes, diesen Morgen preisen, dass er „Frieden in unseren Grenzen gibt und uns sättiget mit dem besten Weizen.“

Es sind indes in diesem Land und in allen Landen, ob in Krieg oder Frieden, viele Unglücksfälle, die plötzlich über die Menschenkinder kommen und bei denen sie bitterlich klagen können: „Plötzlich werden meine Hütten und meine Gezelte verstört.“ Diese Welt ist, auch wo sie am besten ist, nicht unsere Ruhe. Es ist nichts Dauerndes unter dem Monde. Wir nennen dies festes Land, aber es ist nichts Festes darauf; es wird hin und her geworfen wie das unruhige Meer. Wir sind nie lange Zeit in demselben Zustand; ein Wechsel findet immerwährend statt. Nichts ist sicher, als das, was göttlich ist; nichts ist bleibend, als das, was vom Himmel kommt. Alle Dinge wechseln, wie sie an uns vorüberziehen, und vergeben während des Gebrauchs. In diesem Augenblick liegt euer Schiff ruhig; seid nicht zu sicher, denn in den nächsten Minuten kann es vom Sturm dahin getrieben werden mit allen Segeln eingezogen. Heute ist euer Garten mit blühenden Blumen bepflanzt, welche die Luft mit Wohlgerüchen erfüllen; freut euch nicht zu sehr an ihrer Süßigkeit, denn in kurzer Zeit ist vielleicht nichts davon übrig, der Zerstörer mag sie mit den Wurzeln ausreißen und euren Garten als eine Wüste lassen. Es gibt nichts Glänzendes, Schönes, Liebliches oder Wünschenswertes unter der Sonne, das nicht schnell welken könnte. Wie eine Erscheinung sind alle diese Dinge; sie sind, und siehe, sie sind nicht. Sie flammen auf wie das Meteor, was am Mitternachtshimmel erglänzt und dann die Dunkelheit schwärzer als zuvor lässt. „Rühme dich nicht des morgenden Tages,“ ja, rühme dich nicht des heutigen, sonst möchtest du vielleicht an jenem morgenden, ja selbst am heutigen Tage mit Jeremias auszurufen haben: „Wie plötzlich werden meine Hütten und meine Gezelte zerstört.“

Dieser Ausdruck kann, ohne dass er gepresst wird, auf andere Dinge angewandt werden und auf drei besonders. Zuerst, auf die plötzliche Zerstörung aller menschlichen Gerechtigkeit; zweitens, auf die plötzliche Zerstörung aller irdischen Freude und drittens, und dies ist keineswegs etwas Ungewöhnliches, auf die plötzliche Zerstörung des menschlichen Lebens selbst. Möge der Heilige Geist unsere Betrachtungen über die Unbeständigkeit aller irdischen Dinge segnen, so dass wir die sichtbaren und zeitlichen Dinge verachten mögen und den unsichtbaren und ewigen nachstreben.

1.

Eine plötzliche Zerstörung kommt über die menschliche Gerechtigkeit. Geliebte, wenn ich diese zwei Dinge zusammen nenne „menschliche Gerechtigkeit,“ so lächle ich innerlich; es klingt wie eine Komödie oder eine Satire, ich weiß kaum was. „Was ist ein Mensch, dass er sollte rein sein und dass er sollte gerecht sein, der vom Weibe geboren ist?“ Die bloß menschliche Natur und die Gerechtigkeit sind zwei Dinge, die sich nicht leicht vereinigen lassen, und wenn sie auf einige Zeit verbunden sind, so scheiden sie sich bald, denn sie vertragen sich nicht besser als Öl und Wasser. Es gibt eine göttliche Gerechtigkeit, von unserem göttlichen Erlöser gewirkt und, allen Gläubigen zugerechnet, die da bleiben wird:

„Christi Blut und Gerechtigkeit,
Das ist mein Schmuck und Ehrenkleid,
Damit will ich vor Gott bestehn,
Wenn ich zum Himmel werd' eingehn.“

Aber die Gerechtigkeit, welche aus dem Menschen kommt, ist ein Traum, wie plötzlich verschwindet sie aus unserem Gesichte. Leichter als das Spinngewebe, feiner als der Nebel, flüchtiger als der Wind, ist ihr bloßer Name schon Eitelkeit.

Lasst uns auf die Geschichte der menschlichen Gerechtigkeit sehen und im Garten Eden beginnen und den Fall beklagen. Die menschliche Gerechtigkeit war vorhanden in den Lauben des Paradieses und der Mensch war glücklich mit seinem Gott. Adam war sündenlos geschaffen, seine Seele war im Gleichgewicht und ohne Neigung zum Bösen. Er war in einen Garten der Wonne gebracht, mit einem einzigen Gebot, das ihn prüfen sollte, und dies ein sehr einfaches, das nur wenig Selbstverleugnung erforderte. Wir wissen nicht, wie lange Adam in dem Garten war, aber wir wissen, dass „der Mensch in Würden nicht lange bleibt,“ und in sehr kurzer Zeit war Alles, was er und unsere Mutter Eva hatten, zerstört. Die Schlange kroch hinein und betörte sie; der, welcher ein Mörder von Anfang war, plünderte sie. Wie plötzlich waren ihre Hütten zerstört und ihre Gezelte in einem Augenblick, denn ihre Augen wurden geöffnet und sie nahmen wahr, dass sie Alles verloren hatten. Die Gerechtigkeit, welche sie bedeckte, besser als ein Gewand, war von ihnen genommen, so dass sie vor den Augen des lebendigen Gottes ganz nackt waren. Der ist ein grausamer Plünderer in der Tat, der einem Menschen jedes Gewand nimmt, aber so vollständig wurden unsere ersten Eltern beraubt und geplündert; sie fanden, dass sie den Garten verloren hatten, worin sie in solcher Zufriedenheit gelebt, den Frieden verloren, Glück verloren, sich selbst verloren, ihre Nachkommenschaft verloren, Alles verloren. Alles war ihnen genommen, ausgenommen das, was die unendliche Barmherzigkeit ihnen gegeben in der Form einer gnädigen Verheißung eines Weibessamens, der wieder herstellen sollte. So oft wir an den Fall denken, sollten wir uns demütigen und alle Gedanken an Selbstgerechtigkeit aufgeben, denn wenn Adam in seiner Vollkommenheit seine Gerechtigkeit nicht bewahren konnte, wie können ihr und ich, die von der Geburt an unvollkommen sind, hoffen, dies zu tun? Wenn die Diebe einbrachen und unseres Ahnherrn Gerechtigkeit stahlen, als sein Zelt unter den sonnigen Strahlen Edens aufgeschlagen war, wie viel mehr werden unsere Hütten verstört werden in dem Land der Ismaeliten und Amalekiter? Wenn die alte, listige Schlange einen Weg fand in die ungefallenen Herzen unserer ersten Eltern, als sie keine Umgebung hatten, die sie irreführen konnte, wie vergeblich ist es für uns, zu hoffen, wir könnten den Bösen so überwinden, dass wir ewiges Leben durch des Gesetzes Werke zu erlangen vermöchten.

Ein zweiter solcher Fall kommt häufig vor in dem zuschanden werden aller Entschlüsse des Moralisten. Seht jene jungen Leute an, die von Kindheit an in Allem, was gut ist, erzogen sind: ihr Charakter ist trefflich und bewundernswert, aber wird es so bleiben? Wird der Feind nicht ihre Gezelte zerstören? Oft ist es so. Der junge Mann tritt ins Leben mit der Überzeugung, dass er nicht zu der gemeinen Schar der Sünder gehört und nie mit ihnen auf gleiche Linie herabsinken wird. Er hat von anderen Jünglingen gehört, die in Versuchung gefallen sind und sich durch liederliches Leben ruiniert haben, aber er ist gewiss, dass er nichts dergleichen tun wird. Wie Hasael ruft er aus: „Ist dein Knecht ein Hund, dass er solches tun sollte?“ Er bildet sich ein, dass seine Barke allen Stürmen trotzen kann, und er schmeichelt sich mit dem Gedanken, dass die Geschichte seines Lebens sehr verschieden von der anderer Menschen sein wird. Wie liebenswürdig erscheint er beim ersten Anblick! Wie rechtschaffen, edel und wahr! Selbst, wenn wir ihn mit den Augen Jesu ansehen, könnten wir ihn lieben und nur trauern, dass ihm Eins fehlt. Die Gerechtigkeit, welche er trägt, ist eine bloß menschliche und er hat sie ganz allein zu bewahren, aber er glaubt, dass er sie festhalten und nie fahren lassen wird. Sein Zelt ist so fest aufgeschlagen, dass kein Wind aus der Wüste es je umstürzen wird. Sind diese Täuschungen nicht traurig in Hunderten von Fällen entschwunden? Eine starke Versuchung kommt über ihn und die Entschlüsse des Mannes werden wie Distelwolle vom Winde davongeführt. Der junge Mann dachte nicht, dass solche Versuchung ihm je nahe treten würde. Er war von Eltern und Freunden gehalten wie eine Blume im Gewächshaus und konnte nicht glauben, dass die Nächte so bitterkalt sein könnten in der kalten Welt draußen; aber nun hat er den ertötenden Einfluss zu fühlen und verdorrt rasch. Satan, der seine Schwäche entdeckt, greift ihn an einem zarten Punkte an, bringt diejenige Luft vor ihn, zu welcher er den größten Hang hat, setzt ihm denjenigen Leckerbissen der Sünde vor, welcher seinem Gaumen am besten zusagt, und nach einer Weile kann der hoffnungsvolle Jüngling nicht mehr von seinen Tugenden reden oder sich seiner Reinheit rühmen, denn er ist tief gefallen. Das Schiff Ruhmredig ist an einen Felsen gestoßen und geht unter. Der selbstvertrauende junge Mann findet, dass er menschlich ist und deshalb der Versuchung unterworfen, und wenn versucht, geneigt, der Sünde nachzugeben. „Ich sah der Mohren Hütten in Mühe und der Midianiter Gezelte betrübt, denn die Stricke der Entschlüsse sind zerbrochen und die Stangen der Grundsätze sind lose geworden.“ Ach, arme menschliche Gerechtigkeit, du bist bald an der Stirne getroffen und schnell in den Staub geworfen. Wie schnell vergeht die Schönheit der menschlichen Natur in der Stunde der Versuchung?

Mancher junge Mann und manches junge Mädchen, die plötzlich ihre Augen nach einer Versuchung öffneten, haben ausrufen müssen: „Wie plötzlich sind meine Hütten und Gezelte zerstört!“ Ah ihr, die ihr euch über alle Gefahr, in Sünde zu fallen, erhaben dünkt, ihr kennt euch selber nicht; ihr versteht die Krankheit eures eigenen Herzens nicht, sonst würdet ihr sehen, dass ihr in eurer Seele alle Art von Sünden beherbergt, die nur auf eine Gelegenheit warten hervorzukommen, und sobald sich diese bietet, ihre tödliche Natur entfalten werden, und dann werdet ihr trauern, dass ihr nicht ein neues Herz und einen rechten Geist von der Hand Christi suchtet.

Mein zweiter Text sagt: „Und wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ Und ich möchte ernstlich hierauf antworten für diejenigen unter euch, welche durch diese Erfahrung hindurch gegangen sind. Versucht nicht diese eure Gerechtigkeit, die so ganz zerstört ist, wiederum aufzurichten, sondern seht nach etwas Besserem aus. Gebt das Zelt auf für ein Schloss, flieht von den Hütten des Selbst zu den Wällen des Heils. Eure eigenen Entschlüsse sind zunichte geworden, deshalb verlasst den sandigen Grund und baut auf den Fels göttlicher Stärke! Geht und bekennt eure Sünde mit tiefer Zerknirschung; bittet den Herrn Jesus, euch in seinem kostbaren Blut zu waschen, und dann bittet ihn um die Wahrheit, die im Verborgenen lieget und dass der Geist euch wissen lasse die heimliche Weisheit. Dann wird es geschehen, dass wir nicht länger auf den Sand bauen und nicht mit Holz, Heu oder Stoppeln, sondern auf den Felsen, mit Gold, Silber und köstlichen Steinen.

Die menschliche Gerechtigkeit ist noch einem unterworfen, das ich kein Unglück nennen darf, da es der Anfang des größten Segens ist, ich meine, wenn der Geist Gottes kommt und durch Erleuchtung und Überführung von der Sünde mit der menschlichen Gerechtigkeit zu rechten beginnt. Hier können wir von dem sprechen, was wir aus Erfahrung kennen. Wie schön ist unsere Gerechtigkeit und wie blüht sie gleich einer lieblichen Blume, bis der Geist Gottes darauf bläst und dann vertrocknet sie, wie das Gras in dem heißen Scirocco. Das erste Tun des Heiligen Geistes ist, die Betrüglichkeit des Herzens bloßzulegen und uns seine Gräuelhaftigkeit zu entdecken, wo wir meinten, dass Alles gut und annehmbar sei. Was für ein anderes Zeugnis gabst du dir selbst, lieber Freund, ehe der Geist Gottes an dir wirkte, als das, was du nun gezwungen bist, dir auszustellen. Wahrlich, deine Schönheit ward gleich einer Motte verzehrt. Du fingst an, über deine heiligsten Dinge zu klagen, denn du lobst die Sünde, welche sie verunreinigte; und deine Übertretungen, von denen du so gering dachtest, sahst du als gräuliche und schreckliche Beleidigungen des Gottes der Liebe, da der Geist Gottes sie ins rechte Licht setzte. Ehemals schriebst du deinen Namen in goldenen Buchstaben, aber als du die Wahrheit lerntest, zogst du eine schwarze Inschrift vor und schriebst mit schwerer Hand dein eigenes Verdammungsurteil in dem Gefühl, dass du dazu verpflichtet seist. Nun, es ist eine große Gnade, wenn der Geist Gottes die Wahrheit dem Herzen nahe bringt und den Menschen die Trüglichkeit des äußeren Anscheins zeigt. Ich bete, dass dies bei euch Allen geschehen möge, penn es nie der Fall gewesen wäre. Mögen eure Zelte zerstört werden, bis ihr euch selber ganz unrein seht, denn so seid ihr von Natur, ob ihr es seht oder nicht.

Ich möchte Alle, welche ihre Sünde fühlen, bitten, diese Frage zu beantworten: „Wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ Möchtet ihr erwidern: „Wir wissen, was wir tun wollen. Wir wollen von unserem eigenen sich hinwegfliehen zu Jesu. Unsere Kostbarkeiten sind fort und unser Schatz ist von uns genommen; deshalb wollen wir den Herrn Jesum als unser Alles in Allem annehmen.“ Wenn das euer Entschluss ist, so erfüllt ihr Zweck und Ziel des hochgelobten Geistes, der wirkt, um den Menschen von seinem Ich und seinem Stolz zu entwöhnen. Darum taucht er den Menschen in die Grube, bis seine eigenen Kleider ihm ein Gräuel sind, denn dann kehrt er sich zu Jesu und sucht das Kleid, welches die unvergleichliche Gerechtigkeit Jesu Christi allein gewähren kann.

Aber es wird für alle menschliche Gerechtigkeit eine andere Zeit der Zerstörung kommen, wenn keine solche kommt, wie die erwähnten. Reue wird kommen, und das sehr wahrscheinlich in der Todesstunde, wenn nicht vorher. Auch ohne den Heiligen Geist tut zuweilen das Gewissen sein Werk in einer furchtbaren Art und zerreißt vor den Augen des Menschen die Vorhänge der Gerechtigkeit, welche er mit so viel Mühe gewoben. Habt ihr nie einen Sünder glücklich und zufrieden gesehen, weil er sich selbst täuschte? Aber plötzlich hat er gefunden, dass seine Falschheit und Heuchelei Gott bekannt seien und offenbar und bestraft werden würden. Zu solcher Zeit hat er, anstatt sich zu Gott zu wenden, verzweifelt und gesagt: „Ich bin verloren, es ist keine Hoffnung für mich,“ und hat sich deshalb in tiefere Sünde gestürzt und ist ein schlechterer Mensch geworden, während die ganze Zeit über das Gewissen an seinem Herzen genagt hat, wie der Geier an des Prometheus Leber, bis in die tiefste Seele hinein fressend und das Blut der Freude aus seinem Leben trinkend, bis es von einer Angst, der er nicht entrinnen konnte, vertrocknet ward. Ich habe Menschen so sterben sehen; die Tröstungen des Evangeliums tönten in ein taubes Ohr, sie hoben ihre Hände auf, als wenn sie den Prediger wegstoßen wollten; wenn er von Gnade sprach, erwiderten sie, dass für sie keine da sei, und wenn er von Reinigung sprach, erklärten sie, ihre Sünde sei mehr als scharlachrot und könnte nicht weggewaschen werden. O, wie plötzlich sind ihre Zelte zerstört und ihre Hütten in einem Augenblick, und wenn das, was tut der Mensch? Was anders, als sich jener ewigen Verzweiflung übergeben, welche ihn zuletzt ergriffen hat. So lange ein Mensch noch am Leben ist, wollte ich ihn ermahnen, sich an Christum zu wenden; ob es gleich der letzte Atemzug wäre, den er täte, wollte ich den Erlöser vor sein brechendes Auge setzen, aber wenn die Gewissensqual völlig eingetreten, ist dies selten noch von Nutzen. Sie schreien: „Zu spät, zu spät!“ sie fahren fort, den Heiland abzuweisen, und geben hinübernackt und arm und elend, vor Gottes gerechten Richterstuhl zu stehen und den Urteilsspruch ihres Gewissens auf immer bestätigt zu hören aus dem Munde des ewigen Richters. An jenem schrecklichen Tage wird ihre Verwerfung furchtbar sein. Gott rette uns davor.

Ich hoffe, liebe Freunde, wir Alle wissen, was es ist, unsere Gezelte aller der köstlichen Dinge beraubt zu sehen, deren unser Stolz sich rühmte, und dass wir nun reich in dem Reichtum unseres Herrn Jesu geworden sind und sicher in der Felsenspalte, die in seiner Seite geöffnet ward. Wenn wir das getan haben, werden wir es nicht bedauern, sondern uns sehr freuen, dass unsere Gezelte plötzlich zerstört wurden und unsere Hütten in einem Augenblick.

II.

Die Worte unseres Textes sind sehr anwendbar auf die Zerstörung aller irdischen Güter. Plötzliche Zerstörung aller irdischen Güter ist allen Klassen der Menschen gemein Sie mag den Besten wie den Schlechtesten widerfahren. Geschah es nicht so beim Hiob, der an einem Morgen in Bestürzung versetzt ward durch die Boten auf Boten, welche eilten, ihm zu verkünden, dass sein ganzes Eigentum hinweggerafft sei? Zuletzt kam Einer, der ihm sagte, dass eine ganze Familie in einem Sturme umgekommen wäre. Plötzliche Trauer kam auch über den aufrührerischen Pharao ebenso wohl, wie über den frommen Hiob, denn in der Mitternacht ward er aufgeweckt, zu klagen um den Erstgebornen dessen, der auf dem Throne saß, und hörte durch das ganze Ägyptenland einen Chorus von Klageliedern über das gleiche Unglück, dass jedem Hause widerfahren war. Weber die Gerechten, noch die Ungerechten können sagen, wann die Trübsal über sie kommen wird. David kehrt von den Philistern zurück und findet Ziklag mit Feuer verbrannt und seine Weiber und Kinder gefangen fortgeführt; doch nicht für den Gerechten allein sind solche Leiden, denn Belsazar hält ein Fest in seinem Palast zu Babylon, und in derselben Nacht ward Belsazar erschlagen. Ein Pfeil durchbohrt das Herz des gottlosen Ahab, aber der fromme Josia fiel in derselben Weise; mit unparteiischem Fuß kommt das Unglück zu allen Arten von Menschen. Wie der Habicht auf seinen Raub herabschießt, so fällt das Leiden auf die arglosen Kinder Adams. Wie das Erdbeben plötzlich eine Stadt zerstört, so erschüttert das Unglück den Besitz der Sterblichen.

Plötzliches Leiden kommt in verschiedenen Formen. Zuweilen ist es der Verlust des Eigentums, wie bei Lot, als die Könige kamen und ihn gefangen nahmen und alles, was er hatte; da war er ganz geplündert. Dasselbe ist beim gewöhnlichen Handel der Fall, wie beim Josaphat, als er Schiffe nach Tarsis gehen ließ und sie bei Eziongaber scheiterten. Die Briefe wurden eines Morgens geöffnet und der Kaufmann, der sich reich wie ein Fürst glaubte, fand, dass er bankrott sei. Dies sind gewöhnliche Dinge in Tagen der Panik und Umwälzung. Oft kommt das Unglück in der Form des Verlustes eines unserer Lieben. So kam es zu der Sunamitin, deren Kind eine solche Freude für sie gewesen, aber es begab sich eines Tages, da es ins Feld unter die Schnitter ging, dass es sprach: „O mein Haupt, mein Haupt,“ und sehr bald ließ die kleine Himmelsgabe eine kinderlose Mutter zurück, um über der leblosen Gestalt zu weinen. So geschah es dem Jakob, der seinen Lieblingssohn wegsandte mit einem Kusse, aber wenige Stunden vergingen und er sah sein Kleid mit Blut bedeckt und rief aus: „Ein böses Tier hat ihn gefressen; ein reißendes Tier hat Joseph zerrissen.“ Ihr könnt eures Kindes, Weibes oder Gatten nicht sicher sein. Der zärtlichste Freund kann von deiner Seite gerissen werden und das geliebteste Kind von deinem Busen. Hienieden ist nichts gewiss als allgemeine Ungewissheit. Auf dem einen oder dem anderen Wege weiß Gott die Rute bei uns zu brauchen und sie fühlen zu lassen, bis wir ausschreien: „Wie plötzlich werden meine Hütten und Gezelte verstört?“

Nun, dies kann wohl erwartet werden. Wundern wir uns, wenn wir plötzlich unserer irdischen Güter beraubt werden? Sind sie nicht flüchtige Dinge? Als sie zu uns kamen, erhielten wir da einen Mietkontrakt über sie oder ward uns versprochen, dass sie für immer währen sollten? Jonas saß unter seinem verwelkten Kürbis, rang die Hände und klagte über Gott, aber wenn ihr und ich da gewesen wären, hätten wir vielleicht gesagt: „Was fehlt dir, Mann? Bist du erstaunt, dass Kürbisse welken?“ „Ich murre,“ sagte er, „weil ich den Schatten verloren habe, der mich vor der Sonne schützte.“

Aber, Mann, ist es nicht die Natur eines Kürbis, zu sterben? Er kam auf in Einer Nacht, wundert es dich, dass er in Einer Nacht verdirbt? Ein Wurm an der Wurzel eines Kürbis ist sicher nichts Neues. „O Prophet, sei nicht zornig mit deinem Gott, dies ist, was du von einem solchen Gewächs erwarten musst.“ Wenn unsere Gezelte zerstört werden, sollten wir daran gedenken, dass sie Zelte sind und nicht Burgen, Hütten und nicht Bollwerke. Der Dieb kann schnell genug eindringen und die Wohnung zerstören, die aus so leichtem Stoff gemacht ist. Wundert ihr euch, dass eure Kinder sterben? Warum das? Über ihrer Stirne steht das Wort „sterblich“ geschrieben, wenn ihr recht lest. Erwartetet ihr, eine sterbliche Mutter würde einen unsterblichen Sohn gebären? Meintest du, ein sterbender Vater, Erzeuger einer Tochter zu sein, die niemals den Tod sehen würde? Eure Liebe ist erstaunt, aber eure Vernunft nicht; eure Zuneigung achtet es fremdartig, aber euer Verstand urteilt, dass es nach dem häufigen Laufe der Natur ist. Eure Kinder kamen zu euch und ihr nahmt sie auf in euer Haus und Herz mit dem Bewusstsein, dass sie sterblich seien, und deshalb seid ihr nicht betrogen. Beugt euch deshalb vor dem göttlichen Willen und sagt: „Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, gelobt sei der Name des Herrn.“

Ihr klagt, dass ihr eure Reichtümer verloren habt. Seid ihr überrascht dadurch? Haltet ihr euch Vögel? Wundert ihr euch, wenn sie fortfliegen? Was sind Reichtümer anders, als Vögel mit goldenen Federn? Sie nehmen Flügel, sagt man, und fliegen davon. Es ist nicht das wunderbarste Ding in der Welt, wenn dein Sohn einen zahmen Vogel hat und zu dir kommt und sagt: „Vater, mein Vogel ist davongeflogen.“ „Liebes Kind,“ sagst du, „es wundert mich nur, dass er es nicht schon früher tat.“ So kannst du zum Kaufmann sagen, der sein Eigentum im Handel verloren: „Das Wunder ist nicht, dass der Reichtum geht, sondern dass er bei irgend einem Manne bleibt, da es die Natur beflügelter Dinge ist, fortzufliegen.“ Wolken lösen sich auf, Blasen springen, Schneeflocken schmelzen, und ebenso vergehen die Schätze dieser Welt.

Überdies waren unsere irdischen Freuden uns nimmer gegeben, um unser auf ewig zu sein durch einen Salzbund. Sie sind immer nur Geliehenes, niemals Gaben. Alles, was wir hienieden besitzen, ist Gottes Eigentum; er hat es uns nur geliehen, und was er leiht, hat er ein Recht zurückzufordern. Wir besitzen unsere Güter und Freunde nicht als ein Freigut, sondern als eine Pachtung, die endet, sobald der hohe Eigentümer es will; wundert ihr euch, wenn sie aufhört? Rennt ihr die Erzählung von dem weisen jüdischen Weibe? Während ihr Mann, der Rabbi, ausgegangen war, seine Jünger zu lehren, brachten die Nachbarn ihr mit großem Leid die Leichen ihrer einzigen Kinder, zweier lieblicher Knaben, die ertrunken waren. Sie brachte sie hinauf, legte sie aufs Bette, bedeckte sie mit einem Tuche und wartete in ihrem tiefen Leid, bis ihr Mann heimkehrte, am meisten betrübt über den Schmerz, der ihn ergreifen würde. Sie stand an der Tür und sagte traurig: „Mein Gatte, weißt du, dass eine große Trübsal über mich gekommen ist? Ein Freund hatte mir einen Schatz geliehen, und so lange ich denselben hatte, war er mir eine große Freude, aber heute hat er ihn zurück genommen und ich weiß nicht, was ich tun soll.“ „Meine Liebe,“ sagte der Rabbi, „sprich nicht so. Kann es ein Schmerz für dich sein, das zurückzugeben, was du geliehen hast? O, Tochter Abrahams, du kannst keiner Unredlichkeit in deiner Seele Raum geben. Wenn der Schatz geliehen war, sei ihm dankbar, der ihn dir borgte, und sende ihn mit Freudigkeit zurück.“ „Sprichst du so?“ sagte sie, „O, komm her.“ Dann schlug sie das Tuch zurück und er schaute auf das kalte Antlitz seiner zwei Kinder und sagte: „Du hast weise gesprochen, o Weib, denn ich verstehe nun, dass Gott diese Kinder mir geliehen hat und dass ich nicht klagen darf, weil er sein Eigentum zurück nimmt.“ Seht ihr nicht, wie natürlich es ist, dass Geliehenes seiner Zeit wieder dem Leihenden zurückgegeben wird. Sprich nicht: „Ich bin ein elender Mann, der die Rute seines Grimmes sehen muss,“ als wenn du der größte oder einzige Leidende wärest, denn hierin ist dir kein Leid widerfahren, als das, was Allen gemeinsam ist. Rufe nicht in Verzweiflung: „Wie plötzlich sind meine Hütten und Gezelte zerstört?“ denn wenn der Krieg wütet, ist es nicht sehr überraschend, dass Zelte zerstört werden. Es ist der Natur der Dinge gemäß, dass in einer Welt, die Dornen und Disteln in allen ihren Furchen trägt, einige der scharfen Stacheln dein Fleisch verwunden.

Noch eins, wir leben in einer Welt, die voller Diebe ist, und es ist kein Wunder, dass unsere Freuden gestohlen werden. Unser Meister hat uns gewarnt, dass unsere Wohnungen hienieden nicht diebsfest sind; er verbietet uns deshalb, Schätze zu sammeln, nach denen die Diebe graben und stehlen. In die Erdhäuser des Orients dringen die Diebe schnell ein; sie brechen ein Loch, wo es ihnen gefällt, und stehlen den Reichtum eines Mannes während er schläft, und dieses gegenwärtige Leben ist derselben Art. Diese Welt ist voll Diebe, solche wie falsche Freunde und Betrüger, Verleumder und Tadler, Verluste im Geschäft und getäuschte Hoffnungen, Unfreundlichkeit der Feinde und Unbeständigkeit der Bekannten und besonders Krankheit und Tod. Wir dürfen uns daher nicht wundern, wenn der eine oder andere Dieb das teure Gut hinwegnimmt, das unser Zelt so glücklich macht.

Geliebte, da diese Unglücksfälle erwartet werden können, lasst uns auf sie vorbereitet sein. „Wie?“ sagt ihr. Nun, indem ihr alle irdischen Dinge lose haltet; indem ihr sie habt, als hättet ihr sie nicht; sie als flüchtige anseht und niemals erwartet, dass sie bei euch bleiben. Liebt das Geschaffene in dem Maß, wie es geliebt werden darf und nicht mehr. Sterbliche Dinge müssen nur in gewissem Grabe geliebt werden; macht sie nie zu euren Göttern, erlaubt eurem Herzen nicht, von ihnen zu leben oder sich auf sie zu verlassen, denn wenn ihr es tut, so bereitet ihr Schmerz für euch, und: „Wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ Du wirst mit Micha schreien: „Sie haben meine Götter hinweggenommen.“ Wenn du dein Herz von den irdischen Dingen erfüllt sein lässt während du sie hast, so wird es brechen, wenn sie hinweggenommen werden.

Lasst uns Sorge tragen, guten Gebrauch von unseren Gütern zu machen, so lange wir sie besitzen. Da sie so rasch fortfliegen, lasst uns sie im Fluge ergreifen und fleißig zur Ehre Gottes anwenden. Lasst uns dafür sorgen, unseren besten Schatz im Himmel zu haben, denn, wie der alte Swinnock sagt: „Des Weltlings Reichtum liegt in der Erde, deshalb modert und fault er wie Waren in feuchten Kellern; aber des Gottesfürchtigen Schatz ist im Himmel, und gleich Gütern, die in hohen Räumen verwahrt werden, bleibt er gut und geborgen.“. Ein Schatz in den Himmel ist in der Tat ein Schatz. Wo Motten, Rost und Diebe eindringen können, da ist kein passender Platz unsere Schätze aufzuspeichern. Lasst uns unser Alles der Hut Gottes übergeben, der unser Alles in Allem ist. Ein so seliges Ding ist der Glaube an Gott, dass, wenn der Gläubige Alles verlöre, was er hienieden besäße, er geringe Ursache zur Trauer hätte, so lange er seinen Glauben behielte. Wenn einem großen Gutsbesitzer, während er die Straße hinunterginge, sein Taschentuch gestohlen würde, so würde er nicht in Verzweiflung geraten, noch großen Lärm darum machen. „Ach,“ sagt er, „sie konnten nur ein Geringes stehlen, sie konnten mich nicht meiner Wälder und Güter und meines jährlichen Einkommens berauben.“ Die Gläubigen legen ihren wahren Reichtum in eine Bank nieder, die niemals fehlt, und ihre irdischen Güter sind nicht die ihrigen, sondern ihres Herrn, und ihr Wunsch ist nur, sie für seine Sache anzuwenden, so dass, wenn er sie hinwegnimmt, sie verpflichtet sind, sich nicht als Verlierende anzusehen, sondern als in einigem Maße von Verantwortlichkeit entbunden, und sie können Gott für solche Erleichterung danken. Sieh zu, dass du dieser Welt gebrauchest, aber nicht missbrauchest, und rege alle Freude, Liebe, Hoffnung und Vertrauen auf den ewigen Gott, dann wirst du sicher sein, komme, was da mag. Du erhältst stets Frieden nach gewisser Zusage dem, der sich auf dich verlässt.“

Aber lasst mich euch ernstlich daran erinnern, dass Gott uns in Zeiten, wo plötzliche Unglücksfälle uns treffen, auf die Probe stellt, und die Liebe und den Glauben derer, die sich sein Volk nennen, prüft. Wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ Ihr dachtet, ihr liebtet Gott, liebt ihr ihn jetzt? Ihr sagtet, er wäre euer Vater, aber das war, als er euch küsste; ist er euer Vater, nun er euch züchtigt? Die Ungöttlichen lehnen sich wider Gott auf; sie können sich nur in ihm freuen, wenn er ihnen Süßigkeiten gibt, aber seine wahren Kinder lernen die Rute küssen. Könnt ihr an Jesum glauben, wenn Not über euch kommt und der Mangel wie ein gewappneter Mann? Ihr redetet von eurem Glauben im Sommerwetter, habt ihr Glauben jetzt in den langen Winternächten? Könnt ihr den Herrn trauen, wenn die starken Winde von der Wüste euer Zelt umzuwerfen drohen? Hat der Heilige Geist euch den Glauben der Erwählten Gottes gegeben, welcher eine Probe aushalten kann? Der Glaube, welcher keine Trübsal zu ertragen vermag, ist gar kein Glaube, und wenn der Tod eines Kindes, der Verlust des Reichtums, getäuschte Erwartung oder Krankheit dich an deinem Gott irre werden lässt, was willst du tun, wenn es mit dir zum Sterben kommt? Wenn die, welche zu Fuß geben, dich müde machen, wie will dir's geben, wenn du mit den Reitern laufen sollst? Wenn diese kleineren Leiden dich überwältigen, was willst du tun am letzten fürchterlichen Tage, wenn alle Dinge vor deinem Gesichte verschwinden? Dies ist eine Zeit der Prüfung für dein Herz, eine Zeit der Probe für alle deine Gnaden. Wenn alles in uns recht steht, werden wir, wenn unsere Zelte zerstört sind, näher bei Gott leben als je vorher, und werden so durch unseren Verlust gewinnen, weil er unser geistliches Leben und unseren Frieden gefördert hat. Es wäre ein seliges Ding, wie der Planet Venus zu sein, von dem es gewiss ist, dass die Erde niemals zwischen ihn und die Sonne treten kann. Die Welt verbirgt oft Gott vor uns und wenn ihre Freuden hinweggerafft sind, so ist es weniger wahrscheinlich, dass sie dies tun wird. Wenn unsere Verluste uns in das klare und ewigwährende Sonnenlicht des Angesichtes Gottes bringen, so können wir dankbar sein, das zu verlieren, was früher die Sonnenfinsternis verursachte.

„Zerbrich, verbrenne und zermalme,
Was dir nicht völlig wohlgefällt,
Ob mich die Welt an einem Halme,
Ob sie mich an der Rette hält,
Ist alles Eins; in deinen Augen
Kann nur ein ganz befreiter Geist,
Kann nur die laut're Liebe taugen,
Die alles And're Schaden heißt.“

Selig ist der, welcher mit Hiob entschlossen und durch die Gnade befähigt ist, dabei zu bleiben: „Ob er mich tötete, doch will ich ihm trauen.“ Wir sollten lernen, alles aufzugeben, was in diesem Leben uns teuer ist, und unseren Trost in der Hoffnung auf jene Welt finden, so dass wir gleich David, als sein Kind hinweggenommen war, sagen mögen: „Ich werde wohl zu ihm fahren, es kommet aber nicht wieder zu mir.“ Glücklich und selig ist der, welcher so tut. Er wird am dunklen und bewölkten Tage nicht niedergeschlagen sein; „wenn eine Plage kommen will, so fürchtet er sich nicht; sein Herz hofft unverzagt auf den Herrn.“

O, ihr Weltlinge, was wollt ihr tun in der Zeit der Not? Wie wollt ihr euer Herz trösten am Tage der Heimsuchung? Die meisten von euch jungen Leute sind voll Scherz und Lust, und ich freue mich, dass ihr glückliche Zeiten habt; aber die Feiertage der Jugend währen nicht immer, eure Zelte werden eines Tages zerstört werden, so gewiss ihr lebt, und was wollt ihr dann tun? Alle Freude, welche ihr aus den Brunnen dieser Welt schöpfen könnt, wird in bitteres Wasser verwandelt werden und es wird euch davor ekeln; was wollt ihr dann tun? Nichts wird von dieser vorübergehenden Lust bleiben, wenn der Sommer der Jugend vorüber ist und die bösen Tage kommen und die Tage sich nähern, von denen ihr sprecht: sie gefallen mir nicht. Warum seid ihr denn so eingenommen von unbeständigen, flüchtigen Freuden? Ich bitte euch, sucht wirkliches Glück. Bittet um ewige Segnungen. Nahet euch Gott durch Jesum Christum und sucht unvergängliche Seligkeit in seiner dauernden Liebe.

III.

Drittens, es mag eine plötzliche Zerstörung des Lebens selber kommen. In einem Augenblick von Krankheit darniedergestreckt und an des Todes Pforten gebracht, mag der schwache Mensch wohl ausrufen: „Wie plötzlich werden meine Hütten und Gezelte zerstört.“ Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass Menschen plötzlich sterben. Wir wünschen nicht, einen trüben Gedanken zu erwecken, aber dies ist eine so heilsame Betrachtung, dass sie uns immer gegenwärtig sein sollte - wir sind nur Staub und können in einem Augenblick durch den Tod aufgelöst werden. Wir sind beständig überrascht, dass Einer oder der Andere plötzlich abberufen worden; doch ist es befremdender, dass so Viele bleiben.

In dieser großen Gemeinde ist das Werk des Todes sehr wahrnehmbar für Einen, der auf dieser Warte steht. Während der letzten Tage haben wir, als Kirche und Gemeinde, mehrere aus unserer Mitte verloren. Ich will nicht auf die Sitze hinzeigen, die heute von Anderen eingenommen sind, wo alte Freunde viele Jahre lang gesessen, aber es ist so, dass Einige ganz plötzlich von uns gegangen sind und ihre Gräber sind kaum aufgefüllt. Wer wird der nächste sein? Es geschieht oft, dass die, welche scheinbar sehr Gesunde und Starke sind, am ersten fallen. Unsere Freunde, die fortwährend siechen, bleiben bei uns, manche von ihnen viele Monate und selbst viele Jahre, nachdem wir sie voll Trauer aufgegeben haben. Schwindsucht hält Manche viele Monate, langsam in das ewige Leben hinüber siechend, während starke, kräftige Leute in einem Augenblick hinweg genommen werden.

Nicht Ein Mann oder Weib hier hat eine Bürgschaft, dass sein Leben bis morgen dauern wird. Es ist fast ein Missbrauch der Sprache, von Lebensversicherung zu reden, denn wir können unser Leben nicht versichern; es muss für immer unversichert bleiben in Hinsicht auf seine Dauer hier. Wenn ich heute Morgen ein Prophet sein und den Einen oder Andern bezeichnen und sagen könnte: „Dieser Mann wird vor nächsten Sonntag tot sein,“ oder „Jene Frau wird keine Woche mehr leben,“ würde ich fühlen, dass ich eine sehr schmerzliche Pflicht zu erfüllen habe; aber ist es nicht weise für uns, darüber nachzudenken, dass es Jedem von uns geschehen kann? Es gibt keine Gründe, mit denen wir beweisen können, dass wir dem mächtigen Jäger noch einen Tag entgehen werden. Wir sind bereit genug, dies von Andern zu denken, denn ein Jeder hält alle Menschen für sterblich, aufgenommen sich selbst; aber praktische Weisheit würde uns dahin führen, daran zu denken, dass wir sterblich sind, und dass vielleicht der Todespfeil, der eben jetzt den Bogen Gottes verlassen hat, auf unser Herz zielt. Die Frage ist: „Wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ Wenn plötzlich die Vorhänge unseres Zeltes zerrissen werden und die Zeltstangen zerbrochen, und der Körper als verlassene Ruine daliegt, was sollen wir dann tun? Ich will euch sagen, was Einige von uns wissen, dass sie tun werden. Wir wissen, wenn unser irdisches Haus dieser Hütte zerbrochen wird, dass wir einen Bau haben von Gott erbaut, ein Haus nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Als arme, schuldige Sünder sind wir zu Christo geflohen und er ist unser und wir wissen, dass er sicher bewahren wird, was wir ihm anvertraut haben bis auf jenen Tag; deshalb fürchten wir uns nicht vor allem, was die Zerstörer tun können. Wir fürchten uns nicht vor dir, o Tod, denn du bist der Türhüter, der die Pforten der Unsterblichkeit auftun wird. Und ihr, ihr Würmer, wir fürchten uns nicht vor euch; denn ob ihr auch diesen Leib verzehrt, so sollt ihr ihn doch nicht zerstören, denn in unserem Fleisch werden wir Gott sehen. Grab, wir erschrecken nicht vor deinem Dunkel, denn was bist du als ein Schmelztiegel, aus dem dieser arme, irdische Leib frei von Verwesung erstehen soll. Zeit, wir fürchten nicht deine Leiden!

Ewigkeit, wir fürchten nicht deine Schrecken! Unsere Seele soll in Frieden bleiben, komme was da wolle. Ehre sei dem heiligen Namen Jesu, wir sollen auferstehen, weil er erstanden ist, wir sollen Leben, weil er lebt, und regieren, weil er regiert.

Wir fürchten uns nicht vor dem Zerstörer; aber, o Weltling, wenn du zerstört bist, was willst du tun? Reicher Mann, deine Äcker werden nicht mehr dein sein; kein Park für dich, in dem du umherschweifen, keine Bäume, mit denen du prahlen kannst, keine Hallen der Ahnen, deren du dich rühmen kannst. Nichts wird dir übrig bleiben; keine Scheuern, keine reifenden Ernten, keine edlen Pferde oder fetten Schafe; du musst sie alle verlassen, und wenn dies deine Schätze sind, was willst du tun, wenn Gott deine Seele von dir fordert? Dann wird die Größe der Summe, die darin angelegt ist, es nur härter machen zu sterben, und Paläste und Gärten werden den Schmerz der Trennung verschärfen. Du wirst es als einen furchtbaren Riss empfinden, hinweggerafft zu werden von dem, worin deine Freude war. „Wenn du zerstört bist, was willst du tun?“ Deine Geldbeutel werden dein Gewissen nicht leicht machen; alle Pachtkontrakte und Dokumente und Hypotheken, die du auf dich häufen kannst, vermögen nicht dein sterbendes Herz zum Leben der Hoffnung zu erwärmen. Was willst du tun? Ach, was willst du tun?

Und ihr, ihr Weltlinge, die ihr keinen Reichtum habt, aber fürs Vergnügen lebt - wo werden eure Weinbecher und Tänze sein? Wo eure Seidel starken Bieres, eure Flüche und Lästerungen? Wo nun eure mitternächtlichen Ausschweifungen und Zügellosigkeiten? Wenn ihr vor dem Richter aller Welt erscheinen sollt, was wird euch übrig gelassen sein? Wenn alle diese unheiligen Vergnügungen hinweggefegt sind, was bleibt nach? Ja, du Liebhaber des Vergnügens, sei lustig und freue dich heute, aber wenn du zerstört bist, was willst du tun? Mit deinen Kindern um dich her, freue dich in deinem Hause und lebe in Bequemlichkeit ohne Gott, aber wenn du zerstört bist, was willst du tun? Verachte Religion, wenn du willst, und halte sie für einen Traum, erfunden, Menschen sauer und elend zu machen, aber wenn du im Sterben liegst und dein Puls schwach und matt ist, was willst du tun? Was kannst du tun? Die Gelegenheit ist vorüber und die Zeit zur Buße fast abgelaufen - was willst du tun? Der Gedanke wird dich dann vielleicht ergreifen: „Zu spät, zu spät! Du kannst nicht mehr hinein.“ Die Stimme, welche spricht: „Siehe, der Bräutigam kommt,“ wird dich in der Mitternacht deiner Unwissenheit erwecken, gerade, wenn du im Sterben bist, und dann wirst du deine Hände in ewiger Verzweiflung ringen, weil du nicht zur rechten Zeit ihn suchtest, der dich vor dem zukünftigen Zorn retten kann. Erweckt, ich bitte euch, eure trägen Herzen und blickt auf euer letztes Ende. Ich bete, dass ich ein oder zwei ernste Gedanken den Seelen der Sorglosen einprägen möchte; noch besser, ich bitte Gott, den Heiligen Geist, sie jetzt dahin zu leiten, dass sie an den Herrn Jesum glauben zu ihrer Seelen Seligkeit. Amen.