Inhaltsverzeichnis

Spurgeon, Charles Haddon - Die Herrlichkeit des Tempels.

„Und es war, als wäre es einer .. das Haus Gottes.„
2 Chron. 5. 13. 14.
„Und da Salomo ausgebetet hatte .. ewiglich währet.“
2 Chron. 7, 1. 2.

In der Wüste tat Gott seine herrliche Gegenwart kund in der Mitte des Lagers Israels. Um sein verborgenes Wohnen in der Gemeinde zu zeigen, strahlte in dem innersten Raum des heiligen Zeltes beständig das glänzende und unauslöschliche Licht der Schechinah; und um seine sichtbare Gegenwart, die seine Herde beschützte und leitete, zu offenbaren, bedeckte eine Wolkenfaule das Volk bei Tage und schirmte es vor der brennenden Sonnenhitze, so dass sie in dieser außerordentlich heißen und schrecklichen Region von übermäßiger Hitze frei waren; und bei Nacht ward diese Wolkensäule, damit sie sich in der öden Finsternis der Wüste nicht verlassen fühlen sollten, zur Feuersäule. Es war Licht in all ihren Wohnungen, denn diese Feuerfäule umgab, wie ich annehme, gleich einer leuchtenden Atmosphäre, das ganze Lager. Sie hatten so Sonne und Schild, Licht in der Finsternis, Schlitz vor der Hitze, ihr Schirm war Gottes Flügel, ihr Licht strahlte von seinem Auge. Nun war David der Gedanke ins Herz gekommen, Gott ein Haus zu bauen statt des Zeltes, in dem Er bis dahin gewohnt, was ohne Zweifel im Lauf der Jahre alt geworden und etwas von seiner Herrlichkeit verloren hatte. Er nahm sich vor, ein dauerhaftes Gebäude zu errichten. Salomo, sein Sohn, führte die Absicht Davids aus. Der Tempel ward geballt. Wir haben keine genaue Vorstellung von der Bauart und dem Aussehen dieses herrlichen Gebäudes. Die beiden Säulen Jachin und Boas waren nach der Meinung einiger vor der Front errichtet, mehr des Schmuckes als des Nutzens halber, wie die ungeheuren Obelisken vor den ägyptischen Tempeln; während andre annehmen, dass diese berühmten Säulen das Gebälk der Vorhalle stützten; jedenfalls waren sie von ungemeiner Größe und auf das sorgfältigste gearbeitet. Das Gebäude selbst war nicht groß, aber außerordentlich prachtvoll. Wir irren uns sehr, wenn nur meinen, dass Salomos Tempel seiner Größe wegen berühmt war; er war kaum halb so lang und nur halb so breit, wie dieses, unser jetziges Haus, so dass der Flächenraum desselben nicht den vierten Teil so groß war, wie dieser, der jetzt so voll unsterblicher Seelen ist. Er war sechzig Ellen lang, was bei der höchsten Lange, die man für die „Elle„ annehmen kann, nur hundert Fuß wäre, während nach einer andren Berechnung des Ellenmaßes die Weite des Hauses nur dreißig Fuß betragen haben würde. Es gibt Hunderte von christlichen Kirchen, welche dieses wunderbare Gebäude an Größe übertreffen. Sein Hauptruhm lag in den zahllosen Schätzen, die daran gewandt waren. Eine der niedrigsten Berechnungen der Kosten dieses prachtvollen Gebändes beläuft sich auf 2400 Millionen Mark, während andre Schätzungen die unglaubliche Summe von 20000 Millionen Mark ergeben. Zu verwundern ist, dass sie einen solchen Betrag wie selbst die kleinere Summe daran gewandt haben können. Was immer es gewesen sein mag, es wäre ein eitles, prahlerisches Werk gewesen, wenn nicht in dem Tempel dieselben Offenbarungen der göttlichen Gegenwart stattgefunden hätten, wie in der Stiftshütte. Es waren ihrer zwei, die Wolke und das Feuer. Die zwei Schriftstellen, die ich euch vorgelesen habe, geben euch zwei Bilder. In der ersten habt ihr die Wolke, in der zweiten habt ihr das Feuer; und in diesen beiden zusammen habt ihr die heiligen, geheimnisvollen Sinnbilder der Gegenwart des ewigen Gottes in der Mitte seines Volkes. O, dass jetzt, heute abend, obgleich keine sichtbare Wolke gesehen wird, obgleich kein Feuer den Farren und den Widder verzehren wird, doch der Glaube die Wolke wahrnähme und das Feuer im Herzen empfunden würde, so dass jeder von uns spräche: „Gott war in Wahrheit mit uns;“ und hinzufügte: „Brannte nicht unser Herz in uns, da Er mit uns redete auf dem Wege?„

I.

Die erste Schriftstelle, die ich euch vorlas, gibt mir den ersten Teil meiner Rede. Ihr werdet beachten, dass das Volk versammelt war, um Gott zu loben. Da erschien die Wollte; die Priester waren nicht mehr imstande, zu dienen, denn Gott hatte das große Haus als sein ausschließliches Eigentum in Anspruch genommen.

Lasst uns die Beschäftigung beachten, in der sie waren. Sie lobten Gott. Lasst uns bemerken, wie sie dies Werk vollführten. Sie taten es einstimmig. „Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme zu loben und zu danken dem Herrn.“ Wie schön ists, die Tausende Gott zugleich loben zu hören; ein jeder trägt zu dem Gesang bei; die armseligen, heiseren Stimmen, die einigen von uns eigen sind, die wir niemals Melodie erlernen können, wenn wir es auch noch so sehr versuchen; die flötenartigen Stimmen unserer Schwestern; der tiefe, widerhallende Bass des in voller Kraft stehenden Mannes; alle die verschiedenen Tonarten und Stimmen, die vielleicht unsre verschiedenen Stufen in der Gnade, unsre verschiedenen Leiden und unsre verschiedenen Temperamente zum Ausdruck bringen, alle vereinigt in einem gemeinsamen Gesang, der hinaufdringt zum Throne Gottes. Jeder, der sich weigert, Gott zu loben, schädigt den Gesang. Jede stumme Lippe stört die Musik. Jede schweigende Zunge hat eine verderbliche Wirkung auf die Einmütigkeit und Einheit des Chors. Lasst uns alle den Herrn loben. Lasst alle Kreaturen, die Odem haben, Ihn loben. Lasst den Himmel aller Himmel Ihn erheben; ja, lasst die Drachen und alle Tiefen sein Lob heulen. Wir können nie erwarten, Gott in diesem Hause zu haben oder in unsrem eignen Hause oder in unsrem Herzen, bis wir beginnen, Ihn zu loben. Wenn wir nicht als Gemeinde mit einem Herzen, obwohl mit vielen Zungen, den König der Könige erheben, dann müssen wir die Hoffnung fahren lassen, dass Er uns in Zukunft mit seiner Gegenwart begnadigen wird. O, meine lieben Brüder, lasst uns auf die Vergangenheit zurückblicken! Wer unter uns ist nicht ein Schuldner der Barmherzigkeit? Mögen die sich weigern, zu singen, die nie unsren Gott kannten und nie seine Gnade schmeckten. Sei still, o Zunge, wenn du nie die Güte des Herrn geschmeckt hast! Odem, sei du in der Luft vergeudet, wenn dein Mund nie mit Gutem gefüllt worden ist. Aber, meine Seele, wenn dein Leben seine Gabe ist, und deine Freude seine Barmherzigkeit, so lass kein böses Schweigen sein Lob ersticken. Er ist so gut, so freundlich, so großmütig gegen jeden von uns ohne Ausnahme gewesen, dass jeder von uns nach seiner Fähigkeit mit Herz und Stimme seinen Namen stets loben, preisen und erheben kann und muss. Ferner jedoch bemerkt ihr, dass sie nicht nur einstimmig sangen, sondern dass sie von Herzen jauchzten. In einigen unserer Kirchen sind ein halbes Dutzend weißgekleidete Leute, die aufstehen, um den Herrn zu loben oder vielmehr den Musiker zu erheben. In vielen unserer Dissidentengemeinden singen fünf oder sechs, die den Chor bilden, zum Lobe und Ruhme ihrer selbst, und die Leute sitzen still, hören zu, und wagen nicht, so prachtvolle Musik zu verderben. An vielen andren Orten wird es für geziemend gehalten, das Werk der menschlichen Herzen, Zungen und Lippen auf ein Instrument zu übertragen, das den Herrn loben soll. Möge das niemals hier der Fall sein. So oft wir hier zusammenkommen, steige der Gesang zum Himmel empor wie die Stimme vieler Wasser und wie große Donner. Ein kleiner Gott mag kleines Lob verdienen, aber der große Gott verdient großes Lob von allen seinen Geschöpfen. Ich habe bemerkt, dass viele Leute im Geschäft sehr energisch sind; aber beim Singen des Lobes Gottes sind sie fast so stumm, wie der Fisch des Matthäus. Sie können den Tönen zuhören, aber sie versuchen nicht, einzustimmen. Sie haben nichts dawider, dass andre singen, aber selbst sind sie stumm. O, lasst uns unsrem Gott singen! und herzlich dazu! und wenn die Stimme nicht so wohlklingend ist, wie wir es wünschten, wird Gott doch den Gesang annehmen, falls das Herz in der rechten Stimmung ist, und selbst Engelmelodien werden Ihm nicht angenehmer sein. Vater hören gern die Stimme ihrer Kinder; warumsollte unser himmlischer Vater eine stumme Familie haben? Rowland hin war eines Tages auf dar Kanzel, und eine alte Frau geriet in dem Gedränge bis auf die Kanzelstufen; sie verstand die Kunst, durch die Nase zu singen und sang so abscheulich schlecht, dass der gute alte Rowland sich umwandle und zu ihr sagte: „Schweigen Sie still, meine gute Frau, Sie verderben den Gesang.„ „O Herr,“ sagte sie, „es kommt aus meinem Herzen, Herr hin, es kommt aus meinem Herzen.„ „Singen Sie weiter, gute Frau,“ sagte er, „singen Sie weiter, so viel Sie wollen; ich bitte um Verzeihung, dass ich Sie unterbrach.„ Und so möchte ich zu jedem hier, der im Gotteshause nicht singen kann, wie er es möchte, sagen, dass wir ihn, wenn es aus dem Herzen kommt, doch nicht unterbrechen mochten, denn die Steine selber würden sprechen, wenn die, welche Gott fürchten und seine Gnade geschmeckt haben, Ihn nicht erhöben und priesen. Wohl, wenn ihr nicht ernstlich Gott loben wollt, so müsst ihr nicht erwarten, die Wolke seiner Gegenwart zu sehen, denn als sie mit einem Herzen, mit mächtigem Klang den Herrn lobten, da wars, als plötzlich die Wolke erschien.

Dann beachtet ferner, dass ihr Lob ein Lob mit Schriftwort war. Sie sangen jenen alten Psalm: „Seine Güte währet ewiglich.“ Ihr habt vielleicht, als ich vorhin den Psalm vorlas, gedacht, es sei nicht viel darin; er sei eine Wiederholung — eine Einförmigkeit; er schlüge immer wieder denselben Ton an, läutete dieselbe Glocke. Wohl, dies zeigt eben, dass Gott in unsrem Gesang nicht die Entfaltung großer poetischer Geschicklichkeit verlangt. Er fordert nicht, dass in den Versen Flüge der Rhapsodie oder Träume der Phantasie sind. Lasst den Reim gut sein, jedenfalls; lasst jede Silbe die richtige Länge haben. Gott sollte stets das Beste vom Besten haben; aber besser ist der wilde Gesang des Erweckungspredigers mit bekannter Straßenmelodie, der aus ganzer Seele gesungen wird, als die erhabenste Musik, die je gesetzt oder je von menschlichen Lippen geflossen, wenn das Herz nicht dabei ist oder der Ausdruck nicht in Übereinstimmung mit dem Worte Gottes ist. Je lieblicher unsre Gesänge sind, desto besser. Es wird in der Tat niemals Lieder geben, welche die alten Psalmen Davids übertreffen. Lasst uns sie in einem evangelischen Geiste auslegen, lasst uns sie mit dem Evangelium Christi füllen, von dessen Weissagung sie schon voll sind, und wir werden die Worte des Heiligen Geistes singen, und sicherlich einander erbauen und unsren Gott verherrlichen. Wenn also heute abend unser Lied biblisch, wenn unser Lob herzlich, wenn unser Gesang einstimmig gewesen ist, wenn wir von jener Gnade gesungen, die ewiglich währet, so haben wir gute Ursache, zu erwarten, dass Gott sich uns offenbaren und der Glaube die Wolke wahrnehmen wird.

Das ist ein großer, alter, calvinistischer Psalm: „Seine Gnade währet ewiglich.„ (Nach der engl. Übers.) Welcher Arminianer kann das singen? Nun, er wird es singen, glaube ich; aber wenn er ein konsequenter Arminianer ist, kann er sich nicht wirklich daran erfreuen und es glauben. Du kannst aus der Gnade fallen, nicht wahr? Wie währte dann seine Gnade ewiglich? Christus erkaufte mit seinem Blut einige, die in der Hölle verloren sein werden, nicht wahr? Wie währt dann seine Gnade ewiglich? Es gibt einige, welche dem Anerbieten der göttlichen Gnade widerstehen und nach allem, was der Geist Gottes für sie tun kann, Ihn doch täuschen und Gott eine Niederlage bereiten! Wie währt dann seine Gnade ewiglich? Nein, nein, dies ist kein Lied für dich, dies ist des Calvinisten Lied. Dies ist das Lied, das ihr und ich singen wollen, so lange unser Leben währt, und wenn wir durch das finstere Tal des Todesschattens gehen, so sollen die Schatten widerhallen von dem freudigen Ton:

„Ewig währet seine Gnad',
Ewig treu und ewig fest.“

Während das Volk so beschäftigt war, erschien plötzlich die Wolke über dem Tempel, die vormals über der Stiftshütte schwebte; aber diesmal ließ sie, anstatt über dem Dache zu hängen, sich herab, kam in die Höfe hinein und erfüllte die heiligen Orte. Die Priester standen an ihren Plätzen, schwangen die heiligen Rauchfässer und ließen lieblichen Wohlgeruch aufsteigen; andre standen am Altar und warteten, bis die Zeit zum Opfern käme. Aber nicht sobald füllte diese Wolke das Haus, als die Priester aufhörten zu dienen. Sie fühlten, dass kein Raum für den Menschen sei, denn Gott hatte den Ort erfüllt. Brüder, wollt ihr mir eure Aufmerksamkeit schenken, während ich versuche, euch zu beschreiben, was die Wirkung davon sein wird, wenn es Gott gefällt, dies Haus mit seiner Herrlichkeit zu erfüllen. Ich kann die Wirkung begreifen auf die große Versammlung an jenem erhabenen Tag der Einweihung. Die Herrlichkeit Gottes hatte das Haus erfüllt, und die Priester wurden beiseite gesetzt. Wo Gott ist, wird der Mensch vergessen. Ihr werdet wenig an den Diener denken, ausgenommen um seines Werkes willen, ihr werdet weniger von dem Menschen sprechen, wenn ihr den Herrn sehet. Dies Haus wird dann nicht mehr nach meinem Namen genannt werden, es wird nach Gottes Namen genannt werden. Wenn Gott den Ort erfüllt, wird es für eure Seele nicht das Haus sein, wo ihr sitzen könnt und diesem oder jenem Menschen zuhören, sondern der Ort, wo ihr die Schönheit Gottes sehet und in seinem Tempel bittet und flehet. Ihr werdet euren Pastoren lieben; ihr werdet eure Ältesten schätzen; ihr werdet euch um eure Diakonen (Gemeindevorsteher) scharen; ihr werdet als eine Gemeinde die Bande eurer Kirchengemeinschaft anerkennen; aber Pastor, Älteste, Diakonen, Gemeinde — alles wird versinken und alles vergessen werden, wenn die Herrlichkeit des Herrn das Haus füllt. Dies ist immer die Wirkung großer Erweckungen gewesen; kein Mensch ist dabei je sehr hervorgetreten. Als Gott die Welt durch Whitefield und Wesley segnete, wer waren sie und was hielten sie von sich selber? „Weniger denn nichts wurden sie, als Gott alles in allem war.„ Das Erheben der Priester ist Unehre für den Hohenpriester Jesus Christus; aber wenn die Priesterschaft aufhört und niedergeworfen wird, dann wird der Herr allein erhöht. Möge der Herr hier, während Er ein menschliches Werk' zeug gebraucht, euch alle sehen lassen, dass es „nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen soll, spricht der Herr Zebaoth.“ Dies ist in der Tat meine Mission gewesen, die Macht Gottes in menschlicher Schwachheit zu zeigen. Ich will anerkennen und bekennen, was so oft von mir gesagt wird. „Der Mann ist nicht gebildet.„ Zugestanden. „Seine Perioden sind ungefeilt.“ Zugestanden. „Seine Manier ist rau.„ Sei es so, wenn ihr wollt. „Er selbst ist ein Narr.“ Ja, Amen, und was euch sonst noch beliebt. Sammelt alle Beiwörter im Katalog des Schimpfens zusammen — kommt, häuft sie hier auf. Aber wer hat dies getan, wer hat Seelen errettet und die Menschen zu Gottes Füßen gebracht? Nun, wenn das Werkzeug gering ist, umso mehr Ehre Ihm, der es gebraucht hat, und wenn der Mensch nichts ist, so will ich „mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne.„ Macht mich weniger und immer weniger; ich bitte euch, tut es; lasst es so sein; aber dennoch, o Gott, gebrauche diesen armen Ochsenstecken, mache ihn mächtig, die Philister zu schlagen, und mache Dein Wort stets noch zu einem Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Möge der Herr dieses Haus erfüllen, dann wird der Mensch vergessen sein.

Außerdem könnt ihr euch leicht vorstellen, was, für eine feierliche Ehrfurcht über alle kam, die an dem Tage versammelt waren, als die Wolke das Haus erfüllte. Vielleicht waren in jener ungeheuren Versammlung manche, die leichtfertig kamen, um das Gebäude zu sehen. Es waren einige, die von seinen goldenen Platten gehört hatten und von dem ehernen Meer; sie hatten erzählen hören von den großen Bäumen, die Hiram, König von Tyrus, auf Flößen nach Joppe hatte bringen lassen, und sie kamen, das Haus zu sehen. Es waren andre da, die reichlich zu der Errichtung beigetragen hatten; sie kamen, um gesehen zu werden — damit der König ihnen für ihre Gaben danken, damit das Volk seine großmütigen Wohltäter schauen möge. Diese Beweggründe waren niedrig, das geben wir zu, aber sie waren verloren und vergessen, sobald einmal die Herrlichkeit Gottes das Haus füllte. Da fühlten sie, dass der Ort zu ernst zu einer bloßen Schaustellung sei; da hielten sie ihn für zu heilig, um als ihr Eigentum betrachtet zu werden, und auf der Brust jedes Israeliten hätte man die Worte lesen können: „Hier ist nichts andres denn Gottes Haus und hier ist die Pforte des Himmels;“ denn der Herr hatte das Haus erfüllt. Dann könnt ihr nur glauben, dass die Heiligen Gottes sich freuten. Sie hatten vorher gesungen, die Spieler hatten liebliche Musik gemacht; aber, o, welche Melodie war in ihren Herzen, als diese Wolke alle bedeckte! Mich dünkt, sie weinten vor Freude; sie konnten nicht sprechen. Ich weiß, ich wäre verstummt an diesem Platz. Ich hätte gesprochen:

„Komm, heil'ges Schweigen, sing' sein Lob!„

denn, o, wenn Gott gegenwärtig ist, wie können wir unsre Freude aussprechen! Singet Ihm! singet Ihm! lobt Ihn mit Zimbeln, lobt Ihn mit wohlklingenden Zimbeln; aber wenn ihr das alles getan habt, überflutet die Freude eure Worte; die Musik des Herzens übertrifft die Musik eurer Lippen.

Und dann, denke ich, darf ich wohl mit Sicherheit hinzufügen, die Bittenden fühlten an jenem Tage, dass sie ernstlicher beten konnten, weil sie mit Gewissheit beteten. Gott hatte das Haus erfüllt; nun wollte Er ihre Gebete hören. Wohin sie auch ihr Auge im Tempel wandten, begegneten sie dem Auge Gottes. Wenn sie um Befreiung von Sünde, Pestilenz, Krieg, Dürre, Brand, Heuschrecken oder Raupen ihr Auge zu Zions Hügel wandten, fühlten sie, dass sie gehört werden müssten, denn Gott hatte das Haus erfüllt. O, dass heute abend das Volk Gottes fröhlich wäre! O, dass ihr zu Hause ginget, wie sie es von Salomos Tempel taten, ein jeder den König lobend in der Freude seines Herrn und in dem Gefühl, dass ihr beten dürft, weil Gott es hören will; dass Gott so deutlich dies Haus als das seine anerkennte, dass, wann immer wir zusammenkommen, ob wir auch nur zwei oder drei sind, Christus mitten unter uns ist, uns zu segnen. Ich bete, meine Brüder, dass wir eine solche Kundgebung Gottes haben mögen, dass all diese Wirkungen von uns im höchsten und vollsten Grade empfangen und empfunden werden.

Ich habe so über meinen ersten Text gepredigt, so kurz ich es vermochte, mir umso mehr Zeit zu lassen, die Lehren des zweiten euch einzuprägen.

Ihr habt sein Lob gesungen; nun, Herr, fülle dies Haus. Ihr habt seinen Namen gepriesen, ihr habt eure Stimmen erhoben zu Ihm, dessen Barmherzigkeit ewiglich währet. O König der Könige, erscheine! O Du, der Du wohnest zwischen den Cherubim, enthülle Dich jedem von uns, und tue es jetzt, um Jesu willen!

II.

Der erste Text bezieht sich auf die Vergangenheit. Für empfangene Güter müssen wir Gott danken, wenn wir mit seiner Gegenwart begnadigt werden wollen. Der andre Text verweilt vorzüglich bei der Zukunft. Das Volk vereinigte sich nach dem Loben zu feierlichem Gebet und Opfer; da war es, als das Feuer herniederkam. Sie hatten die Wolke vorher, aber nun hatten sie das Feuer; und dann standen sie wiederum aus, nachdem sie niedergefallen waren und angebetet hatten und sangen noch einmal: „Seine Gnade währet ewiglich.“

Ich habe an diesem Ort schon fünf- oder sechsmal gesagt, dass ich, wenn meine Gemeinde nicht für mich betet, und Gott ihre Gebete nicht erhört, der elendeste von allen Menschen bin, aber wenn eure Bitten im Himmel gehört werden, so bin ich von allen Menschen am reichsten von Gott gesegnet. Denkt an diese Versammlung, die hier Sabbat auf Sabbat zusammenkommen wird — wie, wenn wir keine Speise für die Heiligen hätten — wie, wenn das Wort nie ernstlich zu Sündern gesprochen würde, und deshalb ungesegnet bliebe — es würde vergeblich sein, dass dies Haus voll wäre! Bergeblich, sagte ich? Unendlich viel schlimmer! — Wird es nichts sein, dass wir hier zu einer Gemeinde miteinander verbunden sind? Nichts! Alles wird uns unser künftiges Elend voraussagen, wenn Gott nicht hier ist. Bergeblich das Errichten dieses Gebäudes mit aller Ausdauer, die dabei sich bewiesen hat, und mit aller Huld Gottes, wenn wir nicht jetzt seinen Segen haben. Wenn ihr je für mich und für diese Gemeinde gebetet habt, so betet jetzt siebenmal mehr für uns. O, ihr, die ihr meine geistlichen Söhne und Töchter seid, die ihr für Gott geboren seid durch die Predigt des Wortes — an euch wende ich mich zuerst. Ich bitte euch, hört nie auf zu beten, dass hier Gottes Wort ein lebendigmachendes, ein überführendes, ein bekehrendes Wort sei. Die Wahrheit ist, Brüder, wir müssen hier Bekehrungswerk haben. Wir können nicht weiter gehen, wie einige Gemeinden es tun, ohne Bekehrte. Wir können nicht, wir wollen nicht, wir dürfen nicht, wir wagen es nicht. Seelen müssen hier bekehrt werden, und wenn nicht viele für Christum geboren werden, so möge der Herr mir geben, dass ich im Grabe meiner Väter schlafe, und nichts mehr von mir gehört wird. Besser in der Tat für uns, zu sterben als zu leben, wenn keine Seelen errettet werden. Ihr also, die ihr schon unter unserer Predigt errettet seid, macht dies, ich bitte euch, zu einem Gegenstand eures täglichen Gebetes. Ihr, die ihr Mitglieder der Gemeinde, und lange vor unserer Zeit in Christo gewesen seid, ich beschwöre euch bei Ihm, der da lebendig ist, und der tot war, haltet an zur Zeit und zur Unzeit mit eurem Flehen. O, was soll ich tun, wenn ich das Unglück habe, mein Gebetbuch zu verlieren? Und ihr seid mein Gebetbuch — meine Litanei, meine täglichen Kollekten sind alle auf den Herzen meiner Gemeindeglieder geschrieben. Wer bin ich? Gleich einem armen Schiffbrüchigen, der auf einem Floß weit draußen auf dem Meer schwimmet, kein freundliches Segel in Sicht, wenn ich nicht eure täglichen Gebete habe. Aber wenn ich sie habe, so werde ich einem wohlbeladenen Schiffe gleichen, das in der Mitte seiner Geleitsflotte dahinfährt mit vielen größeren Fahrzeugen und schönen Segeln, die ihm fröhlich Gesellschaft leisten im Sturm und im guten Wetter, bis wir alle unsren Hafen zusammen erreichen. Betet für uns, dass unser Glaube nicht aufhöre; dass unser Stolz nicht ausbreche. Betet für uns, dass wir beten mögen. Betet, dass wir das Wort mit mehr Verständnis desselben lesen, und dass, wenn wir vortreten, um zu reden, unser Haupt aus einem Ölhorn des Geistes gesalbt werden möge, auf dass wir Gottes Worte und nicht Menschenworte sprechen. Und mit euren Gebeten verbindet eure Opfer. Bringt jeden Tag, ein jeder von euch, das kostbare Blut Christi. Nehmt eure Hände voll von dem Weihrauch seines Verdienstes. Steht jeden Morgen und jeden Abend vor dem göttlichen Thron als des Königs „Erinnerer,„ die Ihm das in Erinnerung bringen, was Jesus tat. Bittet Ihn bei seiner Todesangst und seinem blutigen Schweiß, bei seinem Kreuz und Leiden, bei seinem Tod und Begräbnis. Bittet Ihn, Seelen zu erretten. Gebraucht die starken Beweisgründe des Leidens Jesu. Eignet euch die allmächtige Logik der Seufzer des blutenden Heilandes an. Bleibt dabei, dass ihr den Engel nicht lassen wollt, er segne euch denn. Verstärkt eure Gebete durch Tränen; beweist die Aufrichtigkeit eurer Tränen durch Taten; lebt euren Gebeten gemäß; betet für den Frieden Jerusalems, und wirkt und strebt dafür. Wie ein Mann, mit einem Herzen schreit täglich zu eurem Gott, und sucht durch Glaubenstaten die Wahrheit eures Flehens zu beweisen. Und dann, merkt euch, dann wird das Feuer niederfallen. Wir haben, hoffe ich, die Wolke schon. Gott hat in dieser Woche das Haus als das seine anerkannt. Wir haben nur das Feuer nötig. „Aber was ist der Unterschied?“ fragt ihr. Nun, es kann die Gegenwart Gottes in einem Hause sein in gewisser Weise, insofern sein Volk Ihn dort anbetet; aber doch mag es vielleicht nicht seine wirksame Gegenwart sein. Wir brauchen nicht sowohl die Wolke, das Sinnbild, dass Er dort nur in geheimnisvoller Weise ist; wir brauchen Feuer, das Sinnbild seines Wirkens, während Er gegenwärtig ist. O! meine Brüder, wie sehr braucht der Prediger das Feuer! Wer die Flammenzunge hat, kann rasch die Herzen schmelzen, aber was sind diese armseligen Stückchen Erde, wenn nicht Gott den Seraph heißt, sie mit der glühenden Kohle vom Altar zu berühren? Predigen ist eine Posse, wenn der Pastor kein Feuer in sich hat; aber wenn das Feuer da ist, so ist Predigen Gottes verordneter und verbürgter Weg, Seelen zu Ihm zu bringen. Ihr habt, wie ich nicht bezweifle, Prediger gehört von einer solchen vollkommenen Gelehrsamkeit, dass ihr ihre Meinung nicht ergründen konntet; ihr habt andre gehört von einer so erhabenen Beredsamkeit, dass ihr nicht ausspähen konntet, was es sei, das sie darstellen wollten; ihr habt einige gehört, die eher Lippen von Eis als von Feuer zu haben schienen; ihr habt von vielen gehört, welchen es gelingt, denjenigen Schlaf zu verschaffen, die nie zu Hause schlafen. Es gibt einige Prediger, die mit freigebiger Hand Schlafmittel austeilen, und mit einer Bewegung ihres tödlichen Armes eine ganze Menge in Schlummer bringen. Möge es nie hier so sein. Wenn wir euch nicht wach erhalten können, so ists besser, dass wir selbst schlafen gehen. Wenn die Versammlung schläft, so ist das ein Zeichen, dass der Prediger lieber im Bett sein sollte, wo er gemächlich wäre, als auf der Kanzel, wo er schädlich ist. Aber die Aufmerksamkeit mag gefesselt werden, ohne dass Gefühl erregt wird. Wir brauchen das Feuer, um Gefühl zu wecken. O! ich habe einen Mann eine Predigt halten hören, der ein Engel hätte zuhören können, um ihrer fehlerlosen Wahrheit willen, aber ihr mangelte Feuer; und ich habe einen andren gekannt, dessen Predigten in vieler Hinsicht fehlerhaft waren und ungefeilt seine Worte; das Evangelium, das er predigte, war nicht ein völlig abgerundetes Evangelium, aber er sprach wie ein Mann, der meinte, was er sagte, sein Herz kochte über in seinen Augen, seine Seele strömte aus seinem Munde in einem furchtbaren Wasserfall, und die Menschen wurden bewegt, und die Massen zogen hin, und Tausende hörten zu, und Seelen wurden errettet, weil der Mann es ernst meinte. Ah! wenn ich einen Mann auf die Kanzel steigen sehe, und er den Heiligen Geist bittet, ihm zu helfen, und dann sein Konzept weit öffnet, und alles vorliefet, so wundert es mich, was er meint; und wenn er betet um eine Feuerzunge, und dann in solch murmelnder, kalter, wenig ernster Manier spricht, dass seine Hörer sofort wahrnehmen, dass kein Herz in ihm ist, — mich wundert, was er meint. O, Feuer von Gott, komm herab auf die Zunge des Predigers! Aber den Hörern tut dies Feuer auch nötig. Wie gut merken die Leute auf, wenn sie kommen, um etwas zu hören. Wenn sie kommen, Und nicht erwarten, etwas zu empfangen, so ist es nicht oft der Fall, dass sie sich täuschen; aber wenn sie willig sind zu hören, was immer im Namen Gottes gesagt wird, wie schön, wie leicht, wie angenehm ist es, zu ihnen zu sprechen! Wir brauchen viel von dieser Art Feuer. O! wie sehr haben wir das Ohr nötig, das beschnitten ist, — das Herz das erweicht ist! Der Prediger ist der Säemann, o Gott, pflüge die Furchen zuerst! Der Prediger ist der Begießende; großer Gott, pflanze die Zeder erst! Wir sind nur die Lichter, o, großer Gott, gib die Augen. Wir sind nur die Posaunen; o Herr, öffne Du die Ohren! Wir sprechen nur: Großer Gott, gib Leben, dass wir nicht zu toten Menschen sprechen, sondern dass Leben durch unser Wort gegeben werde. Feuer tut den Hörern in reichem Maße not.

Was für eine herrliche Wirkung wird erzeugt, wenn das Feuer auf eine Versammlung herabkommt! Ich will euch eine Gemeinde ohne Feuer beschreiben, und dann eine mit demselben. Dort ist eine Kapelle: wir wollen nicht sagen, wo — wo ihr wollt. Am Sabbatmorgen geht der Pastor hinein, er erwartet kaum, sie halb voll zu sehen. Er kommt ungefähr fünf Minuten nach der bestimmten Zeit. Er kündigt den Gesang an; zwei oder drei Sänger stehen auf und morden das Lob Gottes. Die Leute kommen beständig herein während des Singens. Das Gebet beginnt, und sie kommen immer noch herein. Das Kapitel aus der Bibel wird verlesen und der zweite Gesang beginnt, und sie kommen immer noch. Endlich sind sie alle zur Ruhe gekommen. Der Vorsänger hat gerade den letzten Vers beendet und fetzt sich zu seinem gewöhnlichen Schlafe zurecht; die Versammlung bereitet sich auch für das, was sie empfangen wird. Der erste Teil hat seine Wirkung getan; der zweite greift die Leute sehr deutlich an; und wenn der dritte angekündigt wird, so hat vielleicht das letzte Paar Augen aufgehört, nach der Kanzel und dem leeren Gesicht auf derselben zu blicken. Aber du sprichst, im Gange stehend, zu dir selbst: „Nun, dies ist wirklich ein Anblick. Es ist ein guter Mann auf der Kanzel, aber was für ein Recht hat er, dort zu sein? Dies sind gute Leute, aber wozu kommen sie hierher? Hier ist kein Ernst, kein Leben.„ Die Anzeigen sind gemacht worden: „Betstunde am Montag-Abend, Predigt am Donnerstag.“ Wohl, wir wollen am Montag-Abend hingehen. Da ist der Pastor und ungefähr vier Leute außer uns zugegen. Es sind kaum genug da, um sie zum Gebet aufzufordern; nachdem einer gebetet hat, muss der Pastor zweimal beten, um die Zeit auszufüllen. Die Gebete sind zwanzig Minuten lang, es sind keine Gebete, sondern Predigten. Wenn irgend etwas, so ist die Betstunde noch öder als der Gottesdienst, denn bei diesem waren Leute, wenn auch kein Leben; aber hier sind weder Leute noch Leben. Wohlan, wir wollen hingehen und mit den Gemeindevorstehern sprechen: „Nun, Freund, wie hat Ihre Gemeinde in letzter Zeit zugenommen?„ „Nun, wir nehmen nicht zu; wir haben in der letzten Zeit gar nicht danach ausgesehen; aber die Sachen stehen recht gut; es geht alles ganz gemächlich.“ „Wie lange ist es, seit Sie eine Taufe hatten?„ „O, wir hatten eine Taufe zur Zeit des alten Doktor N. N.; das ist ungefähr — lass mich sehen — vor fünfzehn Jahren, glaube ich.“ „Sie haben keine seit der Zeit gehabt?„ „Nun, ich weiß nicht, wir mögen eine gehabt haben, es sind einige Mitglieder andrer Gemeinden gekommen, die in die unsre eintraten, aber wir haben gewiss nicht viele gehabt.“ „Und tun Sie etwas zum Wohle der Nachbarschaft?„ „Nein, das nicht; wir haben einige junge Leute hier, die zu rasch und hastig sind, sie wollen nicht ganz ruhig sein; aber unser Pastor meint nicht, dass es etwas nütze, den alten Weg zu verlassen. Außerdem sagt er, Erweckungen seien alle wildes Feuer: dass der Herr sicherlich seine Erwählten bekehren wird und dass wir uns nicht über die gebührende Grenze anstrengen müssen. Sie wissen, er sagt, Pastoren, die zu oft predigen, sterben immer frühzeitig. Unser Pastor wünscht, ein gutes Alter zu erreichen und trägt deshalb Sorge für sein kostbares Leben.“ - Wir wollen jetzt hingehen und den Pastoren sehen; wir wollen ihn bitten, uns in sein Studierzimmer zu lassen. Eine Reihe Konzepte! - ein schlimmes Zeichen. Bücherbretter voll von Predigten und sehr wenig Puritanische Theologie. Schlechtes Zeichen wiederum. Sollte er uns wohl bleiben lassen, während er eine Predigt macht? Die Art, wie man anfangen muss, eine Predigt zu machen, ist, das Knie beugen und Gott um Leitung anrufen. Das ist das erste. Er tut dies nicht. Er hat vierzig oder sechzig Texte für die nächsten ein oder zwei Monate bezeichnet; und er hat einen Zettel drucken lassen und den Leuten gesagt, worüber er zu predigen denkt, um zu beweisen, dass der Geist ihn Monate voraus leitet, und nicht in derselben Stunde, wo er es bedarf. So sieht er nach, was für ein Text es ist, und nimmt verschiedene Bücher herunter, die er über diesen Gegenstand hat, schreibt seine Epistel an seine Gemeinde nieder, und die Sache ist getan, er kann ausgehen und Besuche machen. Kein Seufzen über Seelen, merkt euch; nichts von Baxters Mitleid; kein Beben der Knie, wenn er die Kanzelstufen heraufsteigt; keine schlaflose Nacht, weil er nicht predigen kann, wie er will; kein Seufzen, wenn er heimkommt, weil er denkt, dass es ihm misslungen ist, wo er hätte Erfolg haben sollen. Nein: die Ursache davon ist, dass kein Feuer da ist. O Gott! sende das Feuer herab, und was für eine Veränderung wird da sein! Das Feuer ist gekommen: Den nächsten Sonnabend ist der Pastor wiederum in seinem Studierzimmer, und der Gedanke, der furchtbare Gedanke, trifft ihn: „Wie, wenn das Blut der Seelen vor meiner Tür sein sollte?„ Er steht auf, geht durchs Zimmer, legt seine Hand auf die Stirn. Er hat nie früher daran gedacht! Gepredigt all diese Jahre lang, aber nie gedacht, dass er verantwortlich für die Menschen sei; nie sich vorgestellt, dass er sicherlich entweder seines Bruders Hüter oder seines Bruders Mörder sein müsse. Er kann es nicht ertragen; die Predigt, die er halten wollte, genügt nicht, er will eine andre nehmen. Ein Spruch kommt ihm in den Sinn, es soll dieser sein: „Wohlan alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!“ Er wacht auf am Sabbatmorgen; er ist ganz von Furcht: gesetzt, er bliebe stecken! Er erhebt sein Herz zu Gott, er betet um Hilfe. Er geht auf die Kanzel, er zittert. Er beginnt zu sprechen, die Leute wissen nicht, was sie davon denken sollen, der Pastor ist ganz anders, als er je zuvor gewesen. Er beginnt zu jedem zu sprechen, der durstig ist, und dann fängt er an zu rufen: „Wohlan!„ Er sprach nie früher so laut. Nun fängt er an zu bitten: „kommt her zum Wasser!“ Sie sahen ihn nie früher seine Hände ausstrecken, um zu bitten. „Die ihr nicht Geld habt, kaufet und esset, beides, Wein und Milch.„ Und die Tränen rollen seine Wangen hinab, und er beginnt, mit allem Gefühl, das in seinem Herzen ist, zu stehen, während er die Seelen bittet, zu Christo zu kommen, zu Christo zu kommen, zu Christo zu kommen. Die alten Schläfer finden, dass sie nicht schlafen können. Die, welche früher den gemütlichsten Schlummer gehabt, können ihn jetzt nicht haben. Augen glänzen, Strahlen zucken aus manchen Augensternen, die sich seit Monaten keines teilnehmenden Blickes bewusst geworden waren. Tränen werden gesehen. Der Pastor ringt mit Gott, nachdem er mit Menschen gerungen hat; er kommt in die Sakristei hinab; der alte Gemeindevorsteher ergreift seine beiden Hände: „Gott sei gelobt für solche Predigt, wie diese; sie hat mich ganz ergriffen, so pflegte der alte Doktor N. N. zu predigen;“ und der zweite Gemeindevorsteher sagt: „Ich danke Gott hierfür, meinen Sie nicht, dass wir eine besondere Betstunde dafür halten sollten? Sie täten besser, dies heute abend anzukündigen.„ Betstunde nächsten Montag; es sind nicht viele da, aber doch viermal so viele, als früher da waren. Und o, wie sie beten! Zwanzig Minuten geht nicht; sie beten jeder zehn Minuten, sie bleiben bei der Sache;- sie predigen nicht, sie bitten Gott, den Pastoren zu segnen. Nächsten Sonntag-Morgen ein volleres Haus, am Abend gedrängt voll. Seelen werden erweckt; Gott segnet das Wort: Heilige beten, Sünder zittern; die nächste Umgebung wird anders, und Christus wird verherrlicht. Dies ist die Wirkung des Feuers. O Gott, sende das Feuer hier! Aber ihr werdet bemerken, dass gesagt wird, die Priester konnten nicht hineingehen in das Haus des Herrn, weil die Herrlichkeit des Herrn das Haus füllte. Das erste Mal konnten die Priester nichts tun, aber sie blieben, wo sie waren; das zweite Mal mussten sie noch mehr vergessen werden, denn sie konnten nicht in dem Hause weilen. Wenn Gott das Feuer seines Geistes hierher sendet, so wird der Pastor immer mehr in seinem Herrn sich verlieren. Ihr werdet weniger an den Sprechenden denken und mehr an die gesprochene Wahrheit; die Persönlichkeit wird untergehen, die gesprochenen Worte werden sich über alles erheben. Wenn ihr die Wolke habt, so wird der Mensch vergessen; wenn ihr das Feuer habt, so ist der Mensch verschwunden, und ihr seht nur seinen Herrn. Gesetzt, das Feuer käme hier, und der Herr würde mehr gesehen, als der Knecht — was dann? Nun, diese Gemeinde wird zwei- oder drei- oder viertausend stark werden!“ Es ist leicht genug für Gott, unsre Zahl zu verdoppeln, groß wie sie ist. Wir werden den Saal unter dieser Plattform voll bei jeder Betstunde haben, und wir werden an diesem Ort junge Männer sich dem Dienste Gottes widmen sehen; wir werden junge Prediger erweckt und ausgebildet sehen, die das Feuer nach andren Orten tragen. Japan, China und Hindostan werden Herolde des Kreuzes haben, deren Zungen hier von der Flamme berührt worden sind. Die ganze Erde wird Segnungen empfangen; wenn Gott uns segnet, wird Er uns zu einem Segen für alle machen. Wenn Gott nur das Feuer herabsendet, so werden die größten Sünder in der Nachbarschaft bekehrt werden; die, welche in den Höhlen der Schande leben, werden umgewandelt werden. Der Trunkenbold wird seinen Becher aufgeben, der Flucher wird seine Lästerungen bereuen, der Ausschweifende seinen Lüsten nicht mehr folgen.

„Bekleidet wird verdorretes Gebein,
In Fleisch verkehrt das harte Herz von Stein.„

Wenn irgendwo innerhalb dieser Mauern heute abend ein Mann ist, der in diesen letzten zwanzig Jahren nicht in einem Gotteshause gewesen; wenn hier andre sind, die allen Anspruch auf Ehre und alles Recht auf Achtung verwirkt haben, großer Gott, mache diese zu Erstlingen Deiner Macht! Mache sie jetzt zu Beispielen Deiner Barmherzigkeit, zu Siegeszeichen Deiner Gnade! Dies wird die Wirkung des Feuers sein, das vor alters das Opfer verzehrte, und das heute unsre Sünden verzehrt und unsre Werke, unsre Ge sänge, unsre Gebete entflammt, bis alle zum Himmel emporsteigen, und Gott sie als ein Opfer von süßem Geruch annimmt.

Ich will euch nicht länger aufhalten, nachdem ich so vor die Augen eurer Seele die zwei Dinge gestellt habe, die wir ernstlich suchen und um die wir Gott anrufen sollten, ich will schließen damit, dass ich einfach das Evangelium predige, und ich denke nicht, dass ich es bei dieser erstell Gelegenheit besser tun kann, als indem ich schlicht erzähle, wie ich selbst zu Christo gebracht wurde. Ich hatte jahrelang als Kind im geheimen unter den trübsten Gefühlen der Verzagtheit gelitten. Ein Gedanke hatte mich zermalmt. Ich bin ein Sünder, und „Gott ist mit den Gottlosen zornig jeden Tag.“ Ich begann zu beten. Das Gebet gab mir keinen Trost, sondern machte meine Last noch schwerer. Ich las die Bibel; die Bibel war voll Drohungen für mich, ich konnte keine Verheißungen dort finden. Ich besuchte das Haus Gottes beständig, aber ich lernte nie aus all dem Predigen, das ich hörte, was ich tun müsse, um errettet zu werden; meine Augen waren blind und meine Seele unwissend. Ich hörte einen praktischen Prediger, aber was nützte mir das Thun? Es war, als wenn man einen Menschen exerzieren lehrt, der keine Füße hat. Ich hörte das Gesetz donnern, aber es war nicht Donner, was ich nötig hatte, sondern Töne der Barmherzigkeit. Ich hoffe, dass kein Mensch je stärkere und furchtbarere Schmerzen gelitten hat, als ich unter diesem Sündenbewusstsein es habe; Gefühle, die ich sorgfältig vor allen zu verbergen strebte. Man hielt mich für dumm und träge, weil ich wenig Mut zu irgend etwas hatte. Wie ich vorhin gesagt, ich betete täglich und beständig, aber meine Seufzer schienen von einem ehernen Himmel zurückzuprallen, und Gott gab mir keine Gnade. Es hätte so bis auf diesen Tag sein können, wäre nicht der Ratschluss und die Vorsehung Gottes gewesen, die mich hinderten, eines Tages zu meinem gewöhnlichen Gotteshause zu gehen, und mich zwangen, in eine kleine Methodistenkapelle einzutreten. Nun war an diesem Tage ein solches Schneewetter, dass sehr wenig Leute da waren und der Pastor nicht kam; ich glaube, er war eingeschneit. Aber man hatte irgend einen armen Mann gefunden, einen Laienprediger, und der wurde auf die Kanzel gesandt. Gelobt sei Gott! Gelobt sei Gott für diesen armen Laienprediger! Er las seinen Text, das war ungefähr alles, was er tun konnte. Der Text war: „Seht auf mich, so werdet ihr errettet sein, aller Welt Ende.„ (Jes. 45, 23.) Es war ein unwissender Mann, er konnte nicht viel sagen, er war gezwungen, sich an seinen Text zu halten. Gott sei Dank dafür. Er begann: „Seht,“ das ist kein schweres Werk. Ihr braucht nicht eure Hand aufzuheben, ihr braucht keinen Finger aufzuheben. „Seht,„ ein Narr kann das tun. Man braucht kein weiser Mann zu sein, um zu sehen. Ein Kind kann das tun. Mau braucht nicht erwachsen zu sein, um seine Augen zu gebrauchen. „Seht,“ ein armer Mann kann das tun, keine Reichtümer sind nötig, um zu sehen. „Seht, wie einfach, wie einfach.„ Dann fuhr er fort: „Seht auf mich. Seht nicht auf euch selber, sondern sehet auf mich, das ist auf Christum. Seht nicht auf Gott den Vater, um zu wissen, ob ihr erwählt seid oder nicht, ihr werdet das nachher finden; sehet auf mich, sehet auf Christum. Seht nicht auf Gott den Heiligen Geist, um zu wissen, ob Er euch berufen hat oder nicht; ihr werdet das später lernen. Seht auf Jesum Christum;“ und dann fuhr er in seiner einfachen Weise fort, es auszulegen: „Seht auf mich; ich schwitze große Tropfen Blutes für euch; sehet auf mich, ich werde für euch gegeißelt und angespien; ich werde aus Kreuz genagelt, ich sterbe, ich werde begraben, ich stehe wiederum auf und fahre gen Himmel, ich bitte vor des Vaters Thron, und all das für euch.„

Nun, diese einfache Weise, das Evangelium darzustellen, hatte meine Aufmerksamkeit erregt und ein Strahl von Licht war in mein Herz gefallen. Indem er sich herabbeugte, sah er unter die Galerie und sagte: „Junger Mann, du fühlst dich sehr elend.“ Das tat ich, aber ich war nicht gewohnt, in solcher Weise angeredet zu werden. „Ah,„ sagte er, „und du wirst dich immer elend fühlen, wenn du nicht tust, wie mein Text dir sagt, d. h., wenn du nicht auf Christum siehst.“ Und dann rief er aus mit seiner ganzen Kraft: „Junger Mann, sieh'; in Gottes Namen sieh' und sieh' jetzt.„ Ich tat es, ich sah, gelobt sei Gott! Ich weiß, ich sah da und dann; und der, welcher nur eine Minute vorher der Verzweiflung nahe gewesen, hatte die Fülle der Freude und Hoffnung; und in dem Augenblick hätte der, welcher bereit gewesen wäre, sich zu vernichten, aufstehen können, um da und dann von „Ihm zu singen, des Blut die Sünden wäscht hinweg.“ Und nun stehe ich hier in diesem großen Gebäude, um dasselbe Evangelium in derselben einfachen Sprache zu verkünden. Sünder, seht auf Christum, und seid errettet.

„Seit ich im Glauben sah den Strom,
Der dort aus seinen Wunden fließt,
Hab' ich von seiner Lieb' gezeugt,
Und wills, bis sich mein Auge schließt.„

O Sünder! wie wenn Gott diesen Tag zu eurem geistlichen Geburtstage machte; und das kann nur sein durch einfaches Sehen auf Christum. Bei den Gebeten deines frommen Weibes bitte ich dich, sieh'. O, junger Mann, bei den Seufzern einer liebenden Mutter bitte ich dich, sorge für deine Seele und sieh'. Alter Mann, bei der Abnahme deiner Jahre, bei jenen grauen Haaren und bei der Nähe deines Grabes bitte ich dich, sieh'. Ihr Söhne der Armut, bei allem, was ihr hier zu leiden habt, seht, seht auf Jesum, dass ihr in Ihm ewigen Reichtum finden möget. Und ihr Reichen, wenn ihr nicht durch eure Reichtümer verflucht werden wollt, seht und findet Heilung für die Krankheiten dieses Lebens. Zu allem und. jedem ist das Wort dieses Heils gesandt: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubet, der wird verdammet werden.“ Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig werden. Amen.