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Spurgeon, Charles Haddon - Die Haut im Rauche

„Ich bin wie eine Haut im Rauch; aber ich vergesse deiner Rechte nicht“
Ps. 119,83

Das Bild „eine Haut im Rauch“ bezieht sich ganz auf morgenländische Sitten und Gebräuche. Die Morgenländer pflegten trockene und flüssige Dinge in ledernen Schläuchen, die aus Schaf- oder Ziegenhäuten bereitet waren, aufzubewahren. Diese Schläuche werden an den Dächern oder Mauern der Hütten aufgehängt, damit sie nicht beschädigt werden. Da die Hütten oder Häuser der Morgenländer keine Kamine zur Ableitung des Rauches haben, so werden die Zimmer voll Rauch, da oft ein Feuer angezündet wird. Dieser Rauch, dem die ledernen Gefäße beständig ausgesetzt sind, macht sie ganz schwarz und bringt ihnen auch einen Rauchgeschmack bei. Auch werden diese Schläuche, wenn sie keine Flüssigkeit enthalten, ganz zusammengeschrumpft, dass man sie vorher ins Wasser legen muss, ehe man sie wieder gebrauchen kann. Ohne Zweifel hatte David als Wanderer solche Schläuche in seinem Zelt hängen, und darum verglich er seinen damaligen Zustand mit solchen Gefäßen. „Ich bin,“ sagt er, „durch Not und Trübsal, durch Anfechtung und Verfolgung wie eine Haut im Rauch geworden; aber doch vergesse ich deiner Rechte nicht.“

Über diese Worte wollen wir nun eine Betrachtung anstellen und drei Hauptpunkte hervorheben:

- Das Volk Gottes hat seine Prüfungen und Leiden - es wird in den Rauch gelegt; - Das Volk Gottes fühlt seine Leiden - es wird wie eine Haut im Rauch; - aber das Volk Gottes vergisst die Rechte Gottes nicht in seinem Leiden - Ich bin wie eine Haut im Rauch; aber ich vergesse deiner Rechte nicht.

1. Das Volk Gottes hat seine Prüfungen und Leiden.

Diese Wahrheit ist so alt wie die ewigen Hügel, denn Leiden waren in den Bund Gottes mit seinem Volk einbedungen, und dieser Bund ist so alt wie die ewigen Berge. Als Gott sein Volk erwählte, hatte er nicht die Absicht, dasselbe ohne Prüfungen und Leiden zu lassen; er hat es nicht erwählt zu Frieden und Sicherheit, zu beständiger Glückseligkeit hienieden, und zu Freiheit von Krankheit und den Schmerzen der Sterblichkeit. Im Gegenteil, als Gott den Bund machte, machte er auch die Rute des Bundes dazu; und als er den Freiheitsbrief für sein Volk verfasste, da verfasste er auch den Gnadenbrief der Züchtigungen; und als er uns die Urkunde der Erbschaft zustellte, übergab er uns auch die Rute neben den Gegenständen, die wir beerben sollen. Prüfungen sind ein Teil unseres Loses; sie wurden in Gottes feierlichen Rat für uns bestimmt; und so gewiss wie die Sterne von seiner Hand gebildet wurden, so gewiss wurden auch unsere Leiden in seiner Waage gewogen. Er hat zum Voraus ihre Zeit, ihren Ort, ihre Stärke, ihre Wirkungen bestimmt. Kinder Gottes sollen also nie erwarten, den Nöten ausweichen zu können; ein Versuch dieser Art wird ihnen misslingen. Keiner ihrer Vorgänger ist den Leiden entgangen.

„Der Weg der Not, und dieser Weg allein
Führt zu dem Land, wo ewig Freud' wird sein.“

Die Geduld Hiobs habt ihr gehört; von Abraham, seinen Leiden und seinem unter dem Leiden bewiesenen Glauben habt ihr gelesen. Als er seinen Sohn Isaak opferte, wurde er „der Vater der Gläubigen“. Betrachtet die Lebensbeschreibungen aller Patriarchen, aller Propheten, aller Apostel und Märtyrer, und ihr werdet keinen finden unter denen, die Gott zu Gefäßen der Barmherzigkeit gemacht hat, der nicht wie eine Haut im Rauche gehangen hatte. Es ist eine alte göttliche Verordnung, dass die Kreuzesnot auf jedes Gefäß der Barmherzigkeit eingegraben werde, als das königliche Zeichen, woran des Königs Ehrengefäße erkannt werden. So gewiss wir geboren werden, werden wir zum Leiden geboren; und wenn wir wiedergeboren werden, so scheint es, als ob diese Geburt uns doppelte Nöte brächte; denn gedoppelte Nöte und Mühen werden dem Menschen zuteil, dem gedoppelte Gnade und Barmherzigkeit widerfahren ist. Kinder Gottes haben ihre Leiden und müssen es erwarten, der Haut im Rauch ähnlich zu werden.

Bisweilen entstehen diese Prüfungen aus ihren äußeren Verhältnissen der Armut. Es ist nicht der Schlauch im königlichen Palast, sondern der Schlauch in der Hütte des Armen ist es, der rauchig wird. Das königliche Gerät kennt keinen Rauch. Niemand darf es anrühren, so dass es beschädigt würde. Es ist auch nicht dazu bestimmt, dem Rauch ausgesetzt zu werden. Es ist der Schlauch oder die Haut im Zelt des armen Arabers, die im Rauch hängt. So ist es mit dem armen Volk Gottes, das Rauch in seiner Wohnung erwarten muss. Die meisten Christen befinden sich in Armut, und daraus entstehen viele ihrer Nöte. Nicht viele von den Großen, Reichen und Gewaltigen der Erde gehören zum Volk Gottes. Gott hat die Armen in dieser Welt gewählt, die reich sind im Glauben, dass sie die Erben seines Reiches sein sollen. Armut hat ihre Vorrechte, denn Christus hat darin gelebt: aber sie hat auch ihre Leiden; sie hat ihren Rauch oder ihre Prüfungen. Ihr wisst oft nicht, was ihr morgen essen und trinken und womit ihr euch kleiden werdet. Ihr seid wegen eurer Armut oft wie eine Haut im Rauche.

Aber es gibt noch andere Prüfungen und Leiden, die aus unserem Wohlsein und unserer Behaglichkeit entstehen. Was verursacht den Rauch? Das Feuer, an dem sich der Araber wärmt, und das ihn und seinen Schlauch durchräuchert. So, Geliebte, verursacht unser Wohlsein uns manche Nöte. Es gibt ein Naturgesetz, nach dem es nie etwas Gutes geben soll, ohne mit einem entsprechenden Übel verbunden zu sein. Der Strom macht ein Land fruchtbar, aber er kann auch die Einwohner durch Überschwemmung vernichten. Das Feuer erwärmt uns, aber oft verzehrt es auch unsere Wohnungen. Die Sonne gibt uns Licht, aber manchmal versengt sie uns fast mit ihrer Hitze. Es gibt nichts Gutes ohne ein begleitendes Übel; es gibt kein Feuer ohne seinen Rauch. Das Feuer unseres Wohlseins wird stets einen Rauch von Leiden mit sich führen. Ihr werdet es finden, wenn ihr z.B. nur auf das Gute hinblickt, das ihr in euren Familien habt. ihr habt Verwandte; seht ihr da nicht, dass jede neue Verwandtschaft neue Prüfungen erzeugt, dass sie zwar eine neue Quelle der Freude, aber auch unfehlbar eine neue Quelle des Kummers wird? Seid ihr Eltern, so werdet ihr finden, dass eure Kinder euch zwar zur Freude sind, dass sie aber auch viel Rauch, viel Schmerz verursachen können. Habt ihr Reichtum, so muss euch bekannt sein, dass der Reiche oft mehr Sorgen hat als der Arme, weil er mehr verlieren und elender werden kann als der Arme, der nie an viel Besitz gewöhnt war. Kurz, Freude und Leid sind Zwillinge; das Blut, das in den Adern des Kummers fließt, fließt auch in den Adern der Freude. Wir weinen vor Freude, und wir weinen vor Leid. Unser Feuer gibt Rauch, all unser Gutes führt Prüfungen mit sich. Haben wir außerordentliche Feuer, die andere nicht haben, so haben wir auch außerordentlichen Rauch. Du hast die Gegenwart Christi, aber du hast auch den Rauch der Furcht, du möchtest sie wieder verlieren. Du hast die Verheißung des Wortes Gottes, worin viel Feuer ist; aber wenn du das Wort ohne Erleuchtung des Heiligen Geistes liest, so hast du nur Rauch, und statt der Freude hast du den Rauch des Zweifels, der dich beinahe blind macht. So siehst du, dass mit dem Guten sich das Feuer, der Rauch, der Kummer und die Not vermehrt, dass Leid aus Freude entsteht. David hat jedoch in unserem Text noch weitere Gedanken gehabt. Die Haut oder der Schlauch bleibt längere Zeit im Rauch, bis er ganz schwarz wird. Der Rauch steigt immer auf, umgibt die Haut beständig, sie hängt in der Atmosphäre des Rauches. So, Geliebte, leben manche unter uns im Rauch für Monate und Jahre, und sogar ihre ganze Lebenszeit. Kaum sind sie aus einer Not heraus, so geraten sie in eine andere; kaum haben sie einen Hügel erstiegen, so müssen sie einen anderen Berg hinauf. Bunyan sagt ganz richtig in seiner Pilgerreise: „Ein Christ hat selten lange Ruhe; wenn ein Weg dahin ist, so kommt ein anderes über ihn.“ Er ist immer im Rauch. So war es bei David. Er hatte während seiner Verfolgungszeit jeden Tag seine Sorgen, seine Trübsale und Plagen - er war wie eine Haut im Rauch.

II) Christen fühlen ihre Nöte

Es gibt manche Dinge, die man in den Rauch hängen könnte, ohne dass sie verändert, d.h. ohne dass sie schwärzer und zusammengeschrumpfter würden, aber eine Haut im Rauch wird immer schwärzer und zusammengeschrumpfter in der Hitze, man sieht die Wirkungen des Rauches, denn sie ist nicht etwas Einwirkungsloses wie der Stein. Nun haben zwar manche geglaubt, dass die Gnade Gottes einen Christen empfindungslos gegen das Leiden mache; ja manche haben gar gedacht, die Märtyrer haben gar nicht viel Schmerz empfunden, als sie zu Asche verbrannt wurden; aber dies ist ein Irrtum. Christen sind nicht wie Steine, sondern wie Schläuche im Rauch. Im Gegenteil, ein Christ fühlt seine Leiden mehr als andere, weil er sie als von Gott kommend, den er liebt, betrachtet. Dies macht das Leiden empfindlicher und bitterer, aber auch zu gleicher Zeit leichter zu ertragen, weil der Christ weiß, dass seine Leiden nach der Absicht des himmlischen Vaters eine heilsame Frucht der Gerechtigkeit wirken sollen. Ein Hund beißt in den Stein, mit dem er geworfen wird. So tut auch der törichte, fleischliche Unglaube, der mit dem Leiden streitet; aber der Glaube wendet sich schnell und freimütig zu Gott, der seine Kinder züchtigt, damit sie seine Heiligung erlangen. Der Glaube kann und will den Schmerz der Züchtigung nicht abwenden, sondern nur uns befähigen, das Leiden mit Geduld und Gelassenheit zu ertragen.

Ein Christ versündigt sich nicht, wenn er im Leiden seinen Gefühlen Raum gibt. Hat nicht Christus über dem Grab des Lazarus Tränen vergossen? Hat er nicht am Tag seines Fleisches Gebet und -Flehen mit starkem Geschrei und Tränen geopfert? Hat er nicht ausgerufen: „Mein Gott! Mein Gott! warum hast du mich verlassen?“ Unser himmlischer Vater hat nie beabsichtigt, unseren Schmerz unter den Leiden wegzunehmen; aber er hat uns eine Arche gebaut, in der wir sicher wohnen können, bis das Wasser sich zuletzt setzt und wir auf dem Ararat des Himmels für immer ruhen können, wo wir für schmerzliche Gefühle unzugänglich sein werden. Indessen gibt er uns Gnade, unsere zeitlichen Leiden zu ertragen und selbst unter den Leiden Loblieder zu singen. „Ich bin wie eine Haut im Rauch!“ „Ich fühle, was Gott mir auferlegt hat.“

Das Leiden, das wir nicht fühlen, ist gar kein Leiden. Mancher sagt: „Ich könnte diese Prüfung ertragen, wenn sie nur meine Gefühle nicht so hart berührte.“ Aber wenn sie das nicht täte, so wäre sie ja keine Prüfung. Einst sah ein Mann sein Haus und Eigentum in Flammen. Er ging in eine benachbarte Wohnung, aß und trank und sagte scherzend: „Gewiss, jeder hat das Recht, sich zu setzen und zu wärmen an seinem eigenen Herd.“ Für diesen Mann war der Brand seines Hauses kein Leiden, er fühlte es nicht. Aber gerade das Fühlen und Empfinden ist es, was das Leiden zum Leiden macht. Das Wesen des Leidens liegt in meinem Gefühl vom Leiden. Und Gott wollte, dass seine Prüfungen gefühlt werden. Er hat daher seine Ruten nicht aus Weizenstroh gemacht, sondern aus echtem Birkenholz; und seine Striche fallen gerade dahin, wo wir sie am meisten fühlen. Er schlägt uns nicht auf die Eisenplatten unserer Rüstung, sondern er schlägt uns da, wo wir seine Schläge gewiss recht fühlen müssen.

Ferner: Prüfungen, die nicht gefühlt werden, bringen weder Nutzen noch Gewinn. Wenn die Wunde nicht blau wird, so wird die Seele nicht gebessert; wenn der Mensch nicht schreien muss, so wird er auch nicht viel von seinem verderbten Wesen los werden. Wir gewinnen nur so viel, wie wir empfindlich fühlen; aber ein unempfindliches Leiden wird auch ein ungeheiligtes sein; ein Leiden, das uns gar kein schmerzliches Gefühl verursacht, kann auch kein Segen für uns werden, weil wir unter der Wirkung des Heiligen Geistes nur von dem Segen haben, was uns Schmerzen macht. Darum, o Christ, werde du nicht schamrot, weil du wie eine Haut im Rauche bist, denn unter dem Leiden bist du empfindsam, und du sollst es sein. Werde nicht irre, wenn andere sagen, du solltest es nicht so hart empfinden, weil etwa dein Ehegatte oder dein Kind gestorben oder dein Eigentum zu Grund gegangen ist. Sage ihnen, es gezieme sich, dass du das Leiden empfindest; denn Gott habe es dazu gesandt, damit du seine Rute ohne Murren fühltest und dann küssest. Das heißt alsdann Geduld: nicht wenn wir nicht fühlen, sondern wenn wir fühlen und sagen: „Ob er mich auch töten wollte, so will ich doch auf ihn trauen.“ „Ich bin wie eine Haut im Rauch.“ Nun wird freilich eine Haut im Rauch sehr schwarz, und so wird auch ein Christ sehr schwarz in seinen eigenen Augen, wenn er im Rauch der Leiden hängt. Wenn alles gut geht, so meinen wir Wunder wie helle wir seien. Wir halten viel auf uns selbst, wenn wir nicht im Rauch sind; aber lass ein wenig Rauch kommen, so wird uns die Schwärze unserer Herzen offenbar. Die Leiden zeigen uns, wer wir sind; sie graben den Boden auf und lassen uns sehen, woraus wir gemacht sind; sie zeigen uns das Unkraut unserer Herzen. Eine Haut, die im Rauch hängt, wird auch ganz nutzlos, dass niemand mehr daraus trinken mag, weil der Rauchgeschmack alles durchdringt. Und so fühlen auch wir unter den Leiden, dass wir unnütze Kreaturen sind. Im Wohlsein denken wir, Gott könne nichts tun ohne uns; aber im Kreuz fühlen wir, dass wir Würmer sind, die zu nichts nütze sind.

Ferner: Ein Schlauch im Rauch ist ganz leer, denn sonst könnte man ihn nicht aufhängen. O wie leer werden wir unter den Leiden! Der Rauch und die Hitze nehmen bald alle Feuchtigkeit aus uns weg; all unsere Hoffnung und Stärke vergeht; wir fühlen, dass wir bloße Sünder sind, und dass wir einen vollen Christus brauchen, der uns selig macht. Wir sind wie eine Haut im Rauch.

Aber nun werde ich

III. zeigen, dass Christen, ob sie gleich Leiden haben und ihr Leiden schmerzlich fühlen, doch in denselben der Rechte Gottes nicht vergessen, wie unser Text sagt.

Welches sind die Rechte Gottes? Gott hat zweierlei Arten von Rechten - erstens die Rechte seiner Befehle, von denen der Heiland sagt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber nicht ein Jota oder Tüpfel vom Gesetz wird vergehen, bis alles erfüllt wird.“ Diese Rechte verpflichten alle Menschen. Sie sind ein leichtes Joch und eine leichte Last, aber niemand darf sie von seinen Schultern werfen; jeder, der selig werden will, muss die Gebote Christi auf sich nehmen, muss sein Kreuz täglich ihm nachtragen und ihm nachfolgen, wie der Psalmist sagt: „Inmitten meiner Trübsale bin ich nicht von deinen Geboten gewichen; ich habe nicht versucht, deine Befehle zu übertreten; ich habe auf keine Weise mich vom Pfad der Unschuld bewegen lassen; in allen meinen Verfolgungen bin ich aufrichtig gewesen und habe nie die Rechte Gottes vergessen.“

Die Rechte Gottes sind aber auch zweitens seine Verheißungen, die so fest sind wie Gott selbst, der sie gegeben hat. Auch diese vergaß David nicht; denn er sagt: „Deine Gebote sind mein Gesang gewesen im Hause meiner Pilgerschaft.“ Er hätte nicht davon singen können, wenn er sie vergessen hätte. Warum hielt aber David so fest an den Rechten Gottes? Erstens, weil er eine Haut im Rauch und nicht eine Haut im Feuer war, den sonst würde er sie vergessen haben. Unsere Leiden sind Rauch, aber kein Feuer; sie sind unbehaglich und schmerzhaft, aber sie verzehren uns nicht. Freilich wird das Leiden oft auch in der Schrift mit einem Feuer verglichen, aber in unserem Text ist der Vergleich nur mit einem Rauch, nicht mit einem Feuer, das die Haut verzehrt haben würde. Der Rauch der Leiden verzehrt einen Christen nicht; er kann seinen Glauben nicht vernichten; er kann zwar seinen Sinnen, seinen Augen usw. schädlich werden, aber verbrennen kann er seine Glieder nicht; er kann seinen Atem hemmen und ihn hindern, die reine Himmelslust zu schöpfen, aber seine Lungen und die inneren Teile seines Körpers kann er nicht verzehren. So können und sollen auch die Leiden den Christen seinen Gott nicht vergessen lassen, sondern sollen ihn recht zu Gott treiben, wie die Wellen des Meeres oft das Holz des gescheiterten Schiffes an das Ufer treiben. So muss auch die Not dich in Gottes Liebe hineintreiben, und es muss heißen: „Ich vergesse deine Gebote nicht.“

Ein anderer Grund, warum David in seinem Elend die Gebote Gottes nicht vergaß, war dieser, dass Jesus Christus bei ihm war, und die Gebote auch bei ihm im Rauch waren; Gottes Gebote sind oft wie das Volk Gottes selber im Feuer gewesen. Sowohl die Verheißungen als die Befehle des Herrn kommen in den Feuerofen; und wenn ich im Rauch hänge wie eine Haut, so habe ich die Befehle Gottes, bedeckt mit Ruß und Rauch und denselben Gefahren ausgesetzt wie ich, bei mir hängen. Gesetzt, ich werde verfolgt, so ist es ein Trost, zu wissen, dass die Menschen nicht mich verfolgen, sondern die Wahrheit meines Meisters, der im Rauch ist wie ich. Und je größer die Flamme ist, desto mehr werden wir unseren Meister im Rauch bei uns haben.

Ein anderer Grund, warum David die Gebote Gottes nicht vergaß, war der, dass er sie in der Seele hatte, wo der Rauch nicht eindringen kann. Der Rauch dringt nicht in das Innere der Haut, er erreicht nur das Äußere. So kann auch der Rauch der Leiden nicht in die Herzen der Kinder Gottes einwirken, denn Christus ist dort und Gnade ist dort, und Christus und die Gnade werden von dem Rauch nicht berührt. Steigt auf, ihr Rauchwolken! Umhüllt mich ganz; ich hänge doch noch an Jesus Christus, dem festen Nagel, der nicht bewegt werden kann. Ich fühle, dass, „wenn auch der äußere Mensch verwest, der innere von Tag zu Tag erneuert wird.“ Ich vergesse die Gebote nicht.

Wer so unter den Leiden in der Erkenntnis seines Herrn und Meisters ausharrt und seine Gebote bewahrt, der darf glauben, dass er ein Christ, ein Kind Gottes ist - denn Beständigkeit, Beharrlichkeit und Geduld sind die echten Kennzeichen der Kreuzeshelden und der unbezwinglichen Streiter des Herrn. Das ist kein tapferer Held, der, wenn er durch andere von der Unangreifbarkeit einer Festung hört, diese nicht anzugreifen wagt; aber der ist ein rechter Soldat und tapferer Befehlshaber, der unter Rauch und Sturm, im Geräusch und Getümmel der Schlacht ruhig seine Befehle gibt, wacker kämpft und nach allen Seiten hin seine Pflicht tut. Ein solcher wird von seinem Meister die Ehrenkrone erlangen. Darum, o Christ, hänge an deinem Meister auch im Rauch, halte fest an ihm auch in der Prüfung, die dich reinigen und bewähren, dein inneres Wachstum mehren und dir über alle Maßen großen Gewinn bringen soll.

Aber es gibt auch Leute, die ihren eigenen Rauch verzehren können, das heißt Leute, die sich nicht viel aus den Leiden und Prüfungen machen, die über sie kommen. Sie sagen: „Nur die Dummköpfe lassen sich von jedem Ungemach quälen, aber wir, die starken Leute, kümmern uns nicht, wir kommen über alles hinüber.“ Diese Leute sind nicht wie die Haut im Rauch, sondern wie die Holzstücke, die über dem Rauch hängen. Sie werden es einmal erfahren, wenn sie an einen Ort kommen, wo es nicht nur Rauch, sondern brennendes Feuer gibt. Zwar mögen sie den Rauch der Nöte dieser Welt ertragen können, aber der unaussprechliche Brand und die ewige Flamme des Abgrundes, wo das Feuer nicht verlöscht und der Wurm nicht stirbt, wird ihnen unerträglich werden. Jetzt freilich, wo nur ein paar Tropfen von Leiden auf sie fallen, können sie darüber lachen; aber diese Tropfen sind nur die Vorläufer von dem Feuer- und Schwefelregen, die Gott vom Himmel auf ihre Seele die Ewigkeiten hindurch regnen lassen wird. Ihr bemitleidet jetzt die Christen wegen ihrer Leiden, die eine über alle Maßen wichtige Herrlichkeit wirken, aber behaltet euer Mitleid für euch selbst, denn eure Freude ist kurz und wirkt hernach eine über alle Maßen große Qual, der ihr nicht entrinnen könnt. Eure Sonne geht bald unter und eure Nacht kommt auf ewig, wo ihr ohne Hoffnung auf Licht sein werdet. Darum gebt Gott die Ehre, fragt, was ihr tun sollt, damit ihr selig werdet. Glaubt an den Herrn Jesus, so werdet ihr nicht zu Schanden. Amen.