Spurgeon, Charles Haddon - Die geebnete und gereinigte Landstraße

„Und Jesus ging umher im ganzen galiläischen Lande, lehrte in ihren Schulen, und predigte das Evangelium von dem Reich, und heilte allerlei Seuche und allerlei Krankheit im Volk. Und sein Gerücht erscholl in das ganze Syrien. Und sie brachten zu ihm allerlei Kranke, mit mancherlei Seuchen und Qual behaftet, Besessene, Mondsüchtige, Gichtbrüchige; und er machte sie alle gesund. Und es folgte ihm nach viel Volks aus Galiläa, aus den zehn Städten, von Jerusalem, aus dem jüdischen Lande, und von jenseits des Jordans.“
Mat. 4, 23 - 25

Das Amt unseres hochgelobten Herrn trägt den Stempel der Wahrheit an der Stirne. „Er lehrte als der da Gewalt hatte, und nicht wie die Schriftgelehrten“ (Mark. 1, 22). Was ihm auch seine Feinde in den Weg legen mochten, so finde ich nirgends, das sie je die Frechheit gehabt hätten, die Richtigkeit seiner Lehren zu verunglimpfen, noch seine Wahrhaftigkeit zu verdächtigen. Wir glauben, das die Predigten des Herrn Jesu sich selber Zeugnis gaben; die Worte, die er sprach, enthüllten eine solche Macht der Überzeugung, das beim Volk Willigkeit genug vorhanden gewesen wäre, jene Menschen zu verdammen, die sein Amt verwarfen, selbst wenn dasselbe nicht von übernatürlichen Zeugnissen beglaubigt gewesen wäre. Dennoch, damit den Ungläubigen auch der letzte Vorwand für ihre Sünde genommen werden möchte, gefiel es unserm Herrn und Meister, seine Lehren mit seinen Wundern zu bekräftigen, auf das die Werke, die er tat, wie auch die Worte, die er sprach, von ihm bezeugen möchten, er sei von Gott ausgegangen. Diese Wunder waren für die Menschen jenes Geschlechts das Zeichen und das Siegel und die Bürgschaft, das Jesus wahrhaftig vom Vater ausgesandt sei.

Hier wollen wir beachten, liebe Brüder, wie sehr verschieden die Versiegelungen des Amtes Jesu waren von denen, die Moses gab. Wenn von Mose der Beweis verlangt wurde, das er von Gott gesandt sei, dann nahm er seinen Wunderstab in die Hand und wirkte Wunder, aber, wenn ihr darüber nachdenkt, so werdet ihr finden, das es Gerichtswunder waren und nicht Wunder der Gnade. Verwandelte er nicht ihre Wasserströme in Blut und schlug ihre Fische? Brachte er nicht eine dicke Finsternis herauf über das Land, eine Finsternis, die man mit Händen greifen konnte? Schlug er nicht ihre Erstgeburt - ach, und ersäufte mit den Wasserwogen des Roten Meeres die Reiterei Ägyptens, und schwemmte sie hinweg? Und später, unter den Kindern Israel, kamen wohl einig Wunder der Gnade vor, aber waren es doch nicht größtenteils Gerichtswunder und erfuhr das Volk nicht allerlei Plagen und allerlei strafende Wunder, sogar als sie in der Wüste waren? Ich wiederhole es - Moses, das Vorbild des Gesetzes, hat seine Beglaubigung in den Gerichten. Wie verschieden von ihm Jesus? Er ist voller Gnade und Wahrheit (Joh. 1, 14) und die Zeugnisse seines Amtes müssen Werke der Barmherzigkeit sein, Taten der Gnade und Güte er verwandelt Wasser nicht in Blut, sondern er verwandelt Wasser in Wein; er schlägt nicht die Fische im Strom, sondern mehrt wunderbar wenige kleine Fische und speist Tausende damit; er zerschlägt ihren Weizen nicht mit Hagel, sondern vervielfältigt das Brot, und segnet es reichlich. Er sendet keine Krankheit noch Beulen und Schwären, sondern er heilt die Kranken. Statt die Erstgeburt zu schlagen, macht er die Sterbenden gesund und erlöst aus den Banden des Todes manche, die schon im Grabe lagen. Das muss für das arme erschreckte Gewissen ein tröstliches Zeichen sein. Jesus kommt mit Werken der Gnade - das sind wahrlich die Zeugen seiner Sendung: „Und warumsollt er nicht auch bei mir einkehren mit den Taten der Gnade?“ Das trostlose Herz möge immerhin fragen: „Warum sollte er nicht ein Wunder der Gnade an mit tun? Wenn ich mit Mose zu schaffen hätte, so könnte er es für nötig finden, mich mit dem Tode zu bestrafen, um zu zeigen, er sein von Gott gesandt; wenn aber der Herr Jesus bezeugen will, er sei voller Gnade und Wahrheit, kann er dann nicht ein Wunder der Gnade tun und mich abwaschen von meinen Sünden, und meine arme Seele erlösen, und sie anziehen mit dem Kleid der Gerechtigkeit, und mich zuletzt unter die Verklärten versetzen?“

Nach dieser Einleitung in unser heutiges Schriftwort lasset uns dasselbe näher prüfen, und ich denke, es erfordert drei kurze Betrachtung, drei kurze Predigten, welche ich euch jetzt mitteilen möchte.

Zunächst scheint mir in unserm Text eine kurze Betrachtung für Prediger über das Werk des Glaubens enthalten zu sein; sodann eine Rede an die Heiligen über ihre Liebesarbeit; und endlich ein Vortrag voller Aufmunterung für arme, erschreckte Sünder.

I.

Unser Text bietet uns eine kurze und lehrhafte Betrachtung für Diener des Evangeliums; - „der Herr Jesus Christus ging umher im ganzen galiläischen Lande, lehrte in ihren Schulen und predigte das Evangelium vom Reich.“ Sagt uns das nicht, meine lieben Amtsbrüder, das wir sollten „das Wort predigen, und anhalten, es sei zu rechter Zeit oder zur Unzeit“ (2. Tim. 4, 2)? Verlangt dies von uns nicht, das wir vielleicht öfter predigen sollten; und das wir mehr wirken könnten, wenn wir umherreisten von Ort zu Ort und verschiedene Zuhörergemeinden um uns sammelten, und so mehr Seelen unter den Einfluss des Wortes Gottes, und mehr Herzen unter die Macht der Wahrheit brächten? Predigen die Diener des Evangeliums so oft, als sie könnten? Ist irgendwo in der Bibel ein Anhaltspunkt, bloß zweimal Sonntags und einmal in der Woche predigen zu sollen, und weiter nichts? Sollten wir uns unserm Amte nicht eifriger widmen? Sollten wir nicht häufig das Wort Gottes verkündigen und stünde es nicht gut um uns, wenn wir mit John Bradford sagen könnten: „Ich halte jede Stunde für verloren, in welcher ich nicht mit Wort und Schrift etwas zum Heil der Welt und zur Ehre meines Herrn gesprochen habe.“ Könnten wir nicht mit unserer Vorbereitung weniger umständlich sein? Ach, wie viel weltliche Selbstgefälligkeit läuft mit unter bei dem Zustutzen unserer Redensarten, beim Ausfeilen unserer Satzgebäude. Könnte die Zeit, welche auf solch' fleißige Ausarbeitung und Abrundung verwendet wird, nicht viel besser zur öffentlichen Erbauung und Ermahnung verwendet werden? und könnten wir uns nicht besser in der Ausübung unseres Amtes kräftigen, als wenn wir stillsitzen und aus noch so vortrefflichen Büchern heilige Worte zusammenzulesen suchen! Ists am Ende nicht Tatsache, das des Grobschmieds Arm nicht etwa durch das Studium von anatomischen Büchern, sondern durch die Handhabung des Hammers gekräftigt und stark wird? und erringt nicht der Prediger in Führung seines Amtes eine größere Gewalt der Rede, als durch alle Gelehrsamkeit, die er sich erwerben kann. Diente es vielleicht nicht zwar weniger zu unserer eigenen Ehre, aber desto mehr zu unseres Herrn und Meisters Verherrlichung, wenn wir häufiger predigten und weiter umherzögen, und hie und da und wo es nur sein mag das Wort von Jesu verkündigten? Ich kenne manche Brüder, die so lange an einem Orte geblieben sind, ohne je anderswo hingegangen zu sein, das die Leute sich sogar an den Ton ihrer Stimme gewöhnt haben, und dabei fast notwendig einschlafen müssen. Wenn diese Brüder, ohne deswegen ihre Stelle aufzugeben, manche Wochentage dazu verwenden würden, auswärts auf den Straßen und an den Zäunen zu predigen, unter Gottes freiem Himmel, es wäre sogar für ihre Stimme gut. O, es ist ein unvergleichlicher Platz, wenn ihr einen kleinen Hügel zur Kanzel, zehn- oder zwanzigtausend Menschen um euch her, und den Himmel über euch zum Schalldeckel habt! Whitefield nannte das seinen Thron, und konnte wohl so sagen; denn es ist eine merkwürdige Kraft, welche eines Mannes Seele durchdringt, wenn er frei und ungehindert dasteht, wenn tausend erste Gesichter ihm lauschen, und er den unausforschlichen Reichtum Christi verkündigt (Eph. 3, 8). Wenn es mir nur gelingt, die Diener des Evangeliums zu überzeugen, dass das Werk, zu welchem sie berufen sind, nicht auf ihre Kanzel eingeschränkt ist, sondern, das sie ihre Kanzeln verlassen und das Evangelium aller Kreatur verkündigen sollten - so fühle ich, das diese kurze Predigt wert war, gehalten zu werden. Ich glaube nicht, das wenn wir vom 1. Januar bis 31. Dezember von unsern Kanzeln herab gepredigt haben, das wir damit unser Haupt vom Blut der Menschen reinigen (Hes. 33, 8), vorausgesetzt, das unsere Stimme und Kraft der Arbeit gewachsen sei. Ihr dürft nicht stillsitzen und warten, ob die Sünder zu euch kommen. Streiter Christi dürfen nicht allezeit in den Laufgräben liegen. Auf, ihr Männer, vorwärts - auf und rücket dem Feind auf den Leib! Wenn ihr Seelen gewinnen wollt, so müsst ihr sie aufsuchen Der Jägersmann weiß, das ihm das Wild nicht ans Fenster seines Hauses entgegenläuft, um sich da erschießen zu lassen. Der Fischer weiß, das die Fische ihm nicht vor die Türe schwimmen. Gesehen sie nicht hinaus, um ihre Beute zu suchen? Und so müsst auch ihr und ich es machen. Wollen wir Seelen gewinnen, so dürfen wir nicht immer am nämlichen Platz stehen bleiben; sondern wo immer sich Gelegenheit bietet - sei es an einem ungeistlichen Ort, ja, sei es an einem Ort, der durch den Dienst Satans entheiligt ist - da wollen wir den Namen Jesu verkündigen; so werden wir Größeres sehen, als wir je erblicken können, wenn wir unsern alten, gewohnten Weg gehen - wenn wir in unserm viereckigen Kasten, Kanzel genannt, stehen, und hoffen, Seelen zu fischen, indem wir dort weissagen. Ich wünsche manchmal, dass einige unserer Gemeinden keine Kirchen hätten, oder dass sie aus denselben vertrieben würden, denn manche von ihnen haben innerhalb der eigenen Türe eine Hof vor der Kirche abgeschnitten, dass am Ende niemand mehr sieht, dass daselbst eine Kirche steht; und wenn der Nachbarschaft ein Gefallen geschah, so gaben sie sich zufrieden, wenn sie hinten bei den Motten und Spinnweben bleiben durften, und hüteten sich, etwas von sich hören zu lassen. Ja, wenn die hundert und fünfzig Baptistenkirchen Londons, die Mitglieder anderer Kirchen ungerechnet, nur fühlten, dass sie nicht in ihre vier Wände gebannt sind, und dass ihr Wort sich nicht in regelmäßigen Kreisen offenbart, sondern überall - so würde es gewiss besser um London stehen, und wir hätten Ursache, uns zu freuen, dass der Herr geoffenbart hat seinen heiligen Arm von des Augen alles Volkes (Jes. 52, 10).

II.

Und nun komme ich zu meiner zweiten Betrachtung, welche nicht für Prediger allein ist, sondern für das Volk Gottes im Allgemeinen. Wir lesen im vier und zwanzigsten Vers: „Und sie brachten zu ihm allerlei Kranke, mit mancherlei Seuchen und Qual behaftet, Besessene, Mondsüchtige, Gichtbrüchige; und er machte sie alle gesund.“

Wir wollen den Nachdruck auf die paar Worte legen: „Sie brachten zu ihm allerlei Kranke.“ Liebe Brüder, hier sind eine große Menge Personen versammelt, welche die Wahrheit erkannt haben, die in Christo Jesu ist, und die sie in ihrem Herzen lieb gewonnen haben, denn sie haben ihre Macht erfahren und preisen Gott dafür, dass sie wissen, sie sei eine Kraft Gottes, selig zu machen Alle, die daran glauben (Röm. 1, 16). Zu euch spreche ich, ihr Männer und Brüder. Euch, die ihr schon bekehrt und versöhnt seid, ist ein großes Werk auferlegt. Ihr seid das Salz der Erde; ihr seid das Licht dieser Welt; ihr seid eine Stadt auf einem Berge, die nicht verborgen sein mag (Mat. 5, 13. 14). Euer Beruf ist fortan, zu kämpfen gegen die Mächte der Finsternis und zu suchen, so viel an euch liegt, Seelen zu gewinnen als Brände, die aus dem Feuer errettet sind (Sachar. 3, 2). Ich wollte eure Herzen durch diese Erinnerung bloß an diese heilige Pflicht mahnen. Übt ihr sie, wie ihr sollet? Sind alle unter euch voll Verlangen, Seelen zu gewinnen? Habt ihr alle den löblichen Ehrgeiz, Väter und Mütter in Israel zu werden, indem ihr Andere unter das Kreuz führt, das euch so teuer geworden ist?

Rühmst du den Sündern um dich her,
Welch' teuren Heiland du gefunden?
Sprichst du: Schaut Gottes Wege hier,
Und zeigst auf des Versöhners Wunden?

Manche unter euch können sagen: „Ja,“ aber keines von uns darf sagen, dass es so viel getan, oder das Getane so gut gemacht habe, als es hätte sollen. Lasst mich euch einen Gedanken mitteilen, der euch, teure christliche Brüder, vielleicht von nun an in eurem Glaubenswerk und in eurer Liebesarbeit für die Versöhnung der Menschenseelen unterstützen kann. Lasset mich euch sagen, dass wenn ihr wollt, dass Seelen selig werden, ihr sie zu Jesu bringen müsst. „Aber,“ erwidert ihr, „sie müssen selber kommen.“ Ja, antworte ich, das müssen sie, wenn sie je selig werden sollen; aber ehe sie von selber kommen, müsst ihr sie bringen. Ihr habt in unserem Text bemerkt, dass die Lahmen nicht zu Christo gehen konnten, sondern dass Andere sie brachten. Viele jener Besessenen wollten nicht kommen; aber man band ihnen Hände und Füße und brachte sie. Ohne Zweifel sträubten sich einige Mondsüchtige sehr, zu kommen; aber man brachte sie. Und Leute, welche der Todespforte schon sehr nahe standen, die weder Hand noch Fuß regen konnten und bewusstlos dalagen, wurden auch gebracht. Der liebevolle Eifer ihrer Freunde ersetzte den Mangel ihrer Kräfte; sie selber konnten nicht kommen, aber ihre Freunde konnten sie bringen. Und nun sagt ihr, ihr hättet die Kraft nicht, viel Gutes zu tun, aber in diesem Punkt denke ich, habt ihr mehr Kraft, als ihr euch träumen lasset. Ihr könnet kranke Seele zu Christo bringen. Ihr fragt mich, wie? Ich sage, erstens mit Gebet. Wenn ihr irgendeine Person erwählt und ihrer ganz besonders vor Gott im Gebet gedenkt, und mit Bitten nicht nachlasset, bis ihr wegen dieses Menschen Erhörung gefunden habt, so habt ihr Grund zu bezeugen, dass Gott wahrhaftig ein Gott ist, der Gebete erhört; und wenn ihr Glauben genug habt, fünf oder sechs, ja eine ganze Familie auf den Liebesarmen eures Gebets zu tragen, so werdet ihr erfahren, dass sie in Erhörung eures inbrünstigen Flehens gewiss alle selig werden. Ach! es sind so Viele unter uns, die von ihren Müttern zu Christo gebracht worden sind. Wir wussten es nicht, aber sie trugen unsern Namen, wie vor Zeiten der Hohepriester, auf ihrer Brust vor dem Herrn, während wir in Sünden lebten und in Gottlosigkeit dahingingen. Es sind Männer hier, welche durch den Einfluss ihrer Schwestern zu Gott bekehrt wurden; denn während sie in Leichtsinn und Ausgelassenheit sich gehen ließen, weinte eine liebende Schwester um sie oder sie flehte Tag und Nacht zu Gott, dass ihr Bruder leben möchte. Und ich zweifele nicht, dass Hunderte unter euch durch ihre Seelsorger zu Gott kommen, weil euer Seelsorger euch in sein Gebet eingeschlossen hat und für euch zu Gott flehte; und viele von euch durch die Kirchenvorsteher, - durch die Helfer oder durch andere, welche euch in den Versammlungen sahen und ihr Augenmerk auf irgendeinen unter euch richteten und sprachen: „Das ist ein braver junger Mensch, ich will für ihn beten - das ist ein verständiger Familienvater, der aber nur gelegentlich kommt; er soll ein Gegenstand meiner Fürbitte sein.“ Gewiss, es kommt mir wahrscheinlich vor, dass, wenn einmal die Bücher der Ewigkeit aufgeschlagen werden, es sich dann findet, dass jede Seele, die zu Christo kam, durch die Mitwirkung eines Andern zu ihm gebracht wurde - vielleicht nicht infolge irgend eines sichtbaren Mittels - sondern weil eine andere Person für jemand betet, und Gott dies Gebet erhörte, und also diese Seele errettet ward. Habt ihr einen Kranken im Hause? Bringt ihn auf dem Bett des Gebets zu Christus. Mutter, bringe deinen kranken Sohn und deine kranke Tochter! Frau, bringe deinen unbändigen Mann, der wie von Teufel besessen scheint. Ich sage dem Einen und Andern unter euch, bringt euren Freund, der sündenkrank ist wie ein Mondsüchtiger. Bringet sie alle her, wie vor Zeiten, und flehet heute um ihre Seligkeit zu Christus. Ich meine, jenen Tag zu sehen, wo Jesus durch die Straßen von Kapernaum ging. Kaum war er am Morgen aufgestanden, als er beim Ausgehen hier ein Bett sah, da eine Matratze, dort ein Ruhebtt; Haufen Volks umstanden allerlei kranke Leute - einige von diesen lehnten sich auf Krücken und sprachen: „Wann will es Morgen werden?“ und ein großer Teil bemühte sich, vor Eile strauchelnd, den besten Platz zu erhaschen und Ihm so nahe als möglich zu sein, wenn er herauskäme. Endlich - ihr könntet es eine halbe Viertelstunde weit von Jesu Wohnung vernehmen - endlich hört ihr ein Geflüster: - „Er kommt heraus! Er kommt heraus!“ Da kommt er aus dem Hause und berührt einen Mondsüchtigen und kühlt sein brennend heißes Gehirn, und der Mensch fällt zu seinen Füßen und fängt an ihn zu küssen; aber ehe er ihm seinen Dank abstatten kann, berührt Christus einen Gichtbrüchigen, und derselbe ist geheilt; und wie er so weiter geht, weichen Wassersucht, Fieber, Teufel, und fliehen vor ihm. Dann seht ihr wieder eine große Menge hinter ihm her gehen; einige schwingen ihre Krücken, die sie nun nicht mehr brauchen, ein Blinder hält die Binde in die Höhe, womit er früher sein entstelltes, totes Auge zu verhüllen pflegte, und alle rufen. „Gepriesen sei der Name des Sohnes Davids; gepriesen sei sein Name!“ O, ich weiß, wenn ihr an jenem Tage dort gewesen wäret und hättet eine kranke Tochter gehabt, ihr hättet alles aufgeboten, sie herauszubringen; ihr hättet gesagt; „Bringen wie sie zu ihm, so wird er sie heilen.“ Und so ist es heute. Jesus ist heute hier und hier seid auch ihr - krank auf Betten, auf den Betten eurer Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit, ihr seid allerlei Sünden und Lüsten und Leidenschaften unterworfen. Der Herr wandelt unter euch - „Nun ihr Christen! nun ihr Christen! sendet eure Gebete empor; traget nun auf euren Glaubensarmen diese Krüppel, diese lahmen, tauben, stummen Seelen, und rufet: „Jesu, du Sohn Davids, sei ihnen gnädig.“ Und sein einstiger Liebesgang wird verdunkelt werden von der Größe seiner Güte und Gnade, die er heute vollbringen wird.

Sorgt aber, dass ihr vor allem auch eure Verwandten zu Christus bringt auf den Armen eures Glaubens. Ach, der Glaube ists, der dem Gebet Kraft verleiht. Der Grund, warum wir auf unsre Bitten keine Erhörung finden, liegt darin, dass wir nicht glauben, wir werden erhört. „Alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, so werdet ihr es empfangen.“ (Mat. 21, 22) Wenn ihr Glauben haben könnt für eine tote Seele, so wird diese tote Seele lebendig werden und Glauben empfangen. Wenn ihr mit eurem Glaubensauge zu Christo aufsehen könnt für eine blinde Seele, so wird diese blinde Seele das Gesicht erhalten und sehend werden. Es liegt eine wunderbare Kraft im stellvertretenden Glauben - im Glauben für einen Andern. Nicht, dass irgend Einer unter euch könnte selig werden, ohne selber zu glauben; aber wenn ein Anderer für euch glaubt und um euretwillen, und hält Gott um euretwillen seine Verheißungen vor, so mag es euch verborgen bleiben; aber Gott hört und erhört diesen Glauben, und haucht eure Seele an und schenkt euch Gnade, an den Herrn Jesum Christum zu glauben. Ich glaube nicht, dass Christen diese Macht genug gebrauchen. Sie sind so geschäftig mit ihrem Glauben in ihren Trübsalen, wegen ihrer Sünden, in ihren persönlichen Erfahrungen, dass sie nicht Zeit haben, diesen Glauben für einen Andern in Anwendung zu bringen. Aber gewiss wurde diese Gabe nie bloß zu unserem eigenen Nutzen über uns ausgeschüttet, sondern auch zum Nutzen Anderer. Versucht es, ihr Christenleute, Männer und Frauen; sehet, ob Gott nicht so gütig ist, wie euer Glaube, wenn euer Glaube sich mit dem Seelenheil eures armen Nachbars oder eures bedauernswürdigen, der Trunksucht ergebenen Verwandten, oder irgend einer armen Seele beschäftigt, welche bisher jedem Versuch widerstand, sie von den Verirrungen ihrer Wege zurückzubringen. Wenn wir durch den Glauben Seelen herbeibringen können, so wird sie der Herr Jesus heilen.

Und ich möchte hier beifügen, dass es im geistlichen Amte sehr nötig ist, die Seelen durch den Glauben zu Gott zu bringen. Wie oft hört ihr die Frage aufwerfen: „Worin liegt der Grund von dieses oder jenes Mannes Gewalt im Predigen?“ Ich will euch sagen, worin der Grund der Macht irgend eines Menschen liegt, wenn sie wirklich vorhanden ist. Nicht in seinem treuen Gedächtnis, nicht in seinem Mut, noch in seiner Beredsamkeit, sondern in seinem Glauben. Er glaubt, dass ihm Gott beisteht, und richtet sich darnach. Er glaubt, dass durch seine Predigt Seelen gerettet werden, und predigt in dieser Überzeugung. Er bleibt nicht am Buchstaben des Worts kleben, sucht nicht erst zu belegen und zu beweisen, was er sagt, sondern spricht kühn aus, was Gott ihm eingibt zu sprechen; weil er weiß, dass, was er sagt, auch wahr ist und Aufnahme findet. Und dann glaubt er, dass das Wort des Evangeliums gesegnet wird; und es wird gesegnet, und dann wundern sich die Menschen und sagen: „Warum auch?“ Es ist der Glaube. Darin liegt das Geheimnis von dem Erfolge eines Menschen. Ich verweise euch, wenn ihr eine Bestätigung verlangt, auf das Leben all' jener Männer, welche Gott in ihrem Wirken gesegnet hat. Seht auf Paulus oder Petrus in der heiligen Schrift; schaut auf Männer wie Martin Luther und Johann Calvin in den Jahrbüchern der Kirchengeschichte. Ihr könnt sie nie über einem Zweifel ertappen. Schaut Luther an, wenn er auf seine Kanzel tritt. Er ist ein Mann, der keinen Nacken hat. Sein Kopf steht gerade auf seinen Schultern. Er glaubt im Herzen und spricht es mit dem Munde. Seine Überzeugungen und seine Aussprüche stehen im innigsten Zusammenhang. Dann sagen die Leute: „Was ist das für ein gründlicher Lehrer?“ Natürlich; und das muss auch ein Mann sein, wenn er etwas wirken will. Hört, wie er predigt! Er weiß, dass er Recht hat, und lässt drüber auch keinen Augenblick eine Zweifel aufkommen. Er spricht zu den Menschen, als Einer, der sich bewusst ist, Gott habe ihm eine Auftrag an sie gegeben, und die Leute glauben, dass ihm Gott einen Auftrag gegeben hat: und es bekräftigt sich, dass dem also ist. Aber ein andrer unter den Reformatoren hätte kommen sollen, seine Stelle einzunehmen, so wäre die Reformation eine verfehlte Sache gewesen; weil sie vielleicht wohl mehr Weisheit und etwa mehr Liebe, aber weniger Glauben gehabt hätten, und darum hätte ihre Predigt weniger Wirkung gemacht. Es ist eben das, dass wir in unserm Amte fühlen müssen, die Macht liege hauptsächlich im Glauben, der darin waltet. Ich glaube, dass der wahre Diener Christi, wenn er auch keine Kranken heilen kann, mit so unerschütterlichem Glauben in der Macht und Kraft seines Amtes durch den Heiligen Geist predigen muss, wie einst Petrus und Johannes, als sie sprachen: „Im Namen Jesu Christi von Nazareth, stehe auf und wandle.“ (Apg. 3, 6) Einige Prediger können das nicht sagen, sie können nicht toten Sündern predigen. Sie ermahnen sie nicht gern, weil, wie sie sagen, „der Sünder keine Kraft hat.“ Wer denkt denn, dass der sie haben sollte? Aber wenn euch der Herr gesandt hat, so liegt in eurem Amt die Kraft, sie zu beleben. Es ist an euch, zu sagen: „Ihr Totengebeine, lebt!“ nicht als ob in eurer Stimme eine Kraft läge, sondern weil eure Stimme das Echo der Stimme Jehovas ist. Redet die Wahrheit Jehovas in der hohen Vollmacht Jehovas selbst, und ihr müsst glauben, dass diese verdorrten Gebeine leben werden, denn leben solle sie; vor der Macht des Glaubens ist nichts unmöglich. Ernstlich möchte ich für uns alle beten, die wir das Wort Gottes predigen, dass und diese Macht zu Teil werden möge, Seelen zu Jesu zu bringen, ohne dass wir auf ihren freien Willen achten, noch auf ihre weichen Herzen, vor allen nicht auf unserer eigenen Rede Gewalt, sondern achten auf die Macht des Evangeliums, das wir verkünden, und glauben, dass darin auch eine Macht liegt, Teufel auszutreiben, Tote zu beleben, Kranke zu heilen; und wir werden es erfahren. O meine Brüder, meint nicht, dass die

Predigt des Wortes Gottes abgetan sei mit bloßem Vortragen oder Reden über Gegenstände von erschütterndem Eindruck. Im Augenblicke, wo ein Mensch die Wahrheit Gottes verkündigt, wenn Gott ihn gesandt hat, wird er ausgerüstet mit einer Kraft, welche kein Studieren, noch keine Beredsamkeit einem Andern zu verleihen mag, den Gott nicht berufen hat. Es predigt ein Mann durch den Heiligen Geist, vom Himmel gesandt, jedes seiner Worte ist ein Donnerschlag - ein furchtbarer Blitzstrahl fährt unter die Menschenkinder - und Gott bekennt sich zu ihm und Gott segnet ihn; oder wenn Gott sich nicht zu ihm bekennt und ihn nicht segnet, so hat er triftigen Grund zu glauben, dass Gott ihn nicht gesandt hat - dass er kein Knecht Gottes ist - dass der Herr ihn nicht berufen noch befähigt hat zur Rettung von Menschenseelen. Meine Betrachtung will daher sagen, dass es die Aufgabe jedes Christenmenschen - vielleicht besonders der Geistlichen - aber bei Allen nach dem einem Jeglichen verliehenen Maß, sein sollte, diejenigen, welche nicht von selbst zu Christo kommen wollen, zu ihm zu bringen, sie zu bringen mit ihrem Gebet, mit ihrem Glauben und durch ihre ernste und gläubige Predigt, weil sie willen, dass je und je Gott sich zum Gebet für Andere bekannt hat, und hat angenommen den Glauben und diesen Glauben erhört, und hat den Ungläubigen den Glauben geschenkt. Ist Einer hier so kalten Herzens, dass er sagen kann: „Wen soll ich zu Christo bringen?“ Ich hoffe nicht; denn welcher Mensch fragt, was er zu tun habe, dem könnte ich mit Pharao sagen: „Ihr seid müßig, müßig seid ihr“ (2. Mose 5, 17). Es ist so viel zu tun, dass man vielmehr fragen sollte: „Was aus Hunderten soll ich zuerst tun?“ und nicht: „Wo finde ich etwas zu tun?“ Sind alle eure Kinder gerettet - alle, alle? Wenn nicht, so bringt sie auf euren Armen im Gebet vor Gott. Seid ihr so glücklich, ein jedes eurer Kinder im Testament des Herrn versiegelt zu wissen? Bringet Alle herzu, eure Verwandten, euren alten Vater, eure weltlich gesinnte Mutter, wenn ihr eine solche habt. Bringt sie vor Christum. Ihr könnt sie nicht heilen, aber der Herr Jesus kanns. Euer Beruf ists, ihre Angelegenheit vor den Heiland zu bringen und zu fühlen, dass der Heiland auf sie sieht, und dass, wenn es sein gnädiger Wille ist, er sie selig machen wird; und wenn ihr diese gebracht habt, gibts dann keine ungöttlichen Freunde eures Hauses, die ihr im Gebet vor ihn bringen könnt? Und wenn ihr so glücklich seid, in eurem Hause ein Kirchlein zu haben, und keine darunter, der nicht selig ist, dann bringt, ich bitte euch dringend, eure Nachbarn, die mit euch im gleichen Hause, auf dem gleichen Hofe, in der gleichen Straße wohnen, - bringt die, welche Sonntags mit euch im nämlichen Kirchstuhl sitzen, oder im nämlichen Stadtteil wohnen. Und wenn es je geschehen sollte, - ach, dass es geschähe! - dass alle diese selig geworden, dann schaut über das Meer und bringt im Gebet jene tausend und aber tausend gebundener Seelen, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes (Ps. 107, 10). Flehet zu Gott für Sünder, die unter der Nacht des Papsttums sind oder denen nur der Mondschein des Mohamedanismus leuchtet, oder die in noch dunklerer Finsternis sind und sich beugen vor ihren hölzernen und steinernen Götzen. O du Kirche Gottes! wenn du nur Glauben hättest, deine Kranken zu bringen, welche Wunder könntest du schauen! Ach, wenn die Kirche nur Indien und China vor Gott bringen könnte im Glauben an seine Macht, selig zu machen - wenn sie Italien, Frankreich, Spanien bringen könnte, und sie so zu sagen, wie kranke Leute auf ihren Betten vor Jesum Christum brächte, im festen Vertrauen auf seine Heilandsmacht! Ach! Wir haben noch nicht die Kraft, an Christum zu glauben, aber wenn wir Kraft zum Glauben bekommen, so werden wir die Macht Christi nie hinter der Kraft unseres Glaubens zurückbleiben sehen. Möge der Herr die Seien im Gläubigen Vertrauen stärken, bis ihr Gebet die Inseln des Meeres umfasst, bis sie herzubringen die ganze Welt mit all ihren hässlichen Missgestalten und Schwachheiten, und sie daherlegen wie eine arme Gichtkranke auf ihrem Bette, und rufen mit herzdurchdringendem Schreien: „Herr, Dein Reich komme und dein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel;“ so wird es geschehen. Der Glaube wirds vollbringen. Gott wird sich bekennen zum Gebetsschrei des Glaubens, und das Reich der Welt wird unsers Herrn und seines Christus werden (Offb. 11, 15).

III.

Ich habe nun noch einige Zeit übrig für meine heutigen Hauptgegenstand; ach, dass doch der Herr diesen letzten Teil der Predigt recht sehr, ja recht sehr segnete an denen, die Ihm bis dahin fremd geblieben sind. Der letzte Teil meiner Betrachtung ist eine Predigt zur Aufmunterung für arme Sünder - für solche, welche nie eine Herzensumänderung erfahren haben - nie wiedergeboren sind, um vom Tode zum Leben hindurchzudringen (Joh. 5, 24).

Ihr Sünder, betrachtet unser Textwort und fast Mut; denn wie Jesus allerlei Kranke heilte, so ist er heute im Stande, allerlei Sünder zu heilen. Große Ärzte haben meistens ein besonderes Fach, worin sie sich auszeichnen. Der eine ist berühmt wegen seiner Heilungen missgestalteter Füße; ein anderer hat besondere Geschicklichkeit in Behandlung von Herzkrankheiten, und einige scheinen besonders bei Augenkrankheiten günstige Erfolge zu erzielen. Aber der Herr Jesus ist ein Arzt, der in allen Fällen gleich bewandert ist, seine Liebe und sein Blut sind köstliche Heilmittel, welche alle Krankheiten heilen können - von welcher Art sie auch seien, wie lang sie auch schon gedauert haben, und wie tief sie sich mögen eingewurzelt haben in das menschliche Wesen. Christus vermag allerlei Sünden zu heilen. Bist du mit dem Fieber der Wollust behaftet? Er kann das erhitzte Blut kühlen und dich keusch und ehrbar machen. Leidest du an der Wassersucht der Völlerei? Er kann dich davon frei machen und du wirst nicht mehr nach deinem Becher greifen, dich darin zu ersäufen. Bist du jetzt geistlich blind oder taub oder stumm? Er beseitigt alle diese Mängel. Leidest du an Herzverhärtung? Er kann das steinerne Herz wegnehmen aus eurem Fleische und euch ein fleischernes Herz geben (Hes. 11, 19). Wie auch eure Krankheit beschaffen sei, wenn du gleich in Sünden mondsüchtig geworden bist - also dass du nach den Gesetzen des Landes solltest tief im Gefängnis sitzen; und ob du schon so unbändig bist, dass dich die Menschen einen wahren Teufel von Gottlosigkeit nennen - also dass du besessen geworden bist - so hat er dennoch die Macht, dich zu heilen. Ach, wirf dich vor ihm auf dein Angesicht und rufe: „Du Sohn Davids, erbarme Dich mein.“ Ach, Jesu, halt hier stille und stehe auf diese alle und mache, dass sie selig werden können. Du Sünder, weißt du auch, dass was auch diene Lieblingssünde gewesen sein mag, du in der Bibel ein gleiches Beispiel findest - ein Beispiel der Gnade, um zu zeigen, dass gerade so Einer wie du auch schon selig geworden ist. John Bunyan sagt in seinem „Gnadenüberfluss“: „Wo ich auch von einem armen Trunkenbold höre, der selig geworden ist, so denke ich immer: „dann steht die Türe jedem Trunkenbold offen.“ Wenn ich von einem argen Ehebrecher, einem großen Dieb, oder einem schändlichen Hurer höre, der selig geworden ist, so sage ich: „Jetzt können die, welche desgleichen Gelichters sind mit diesen Männern und Frauen, sagen: Also ist die Pforte auch für mich offen“. Wie ists damit? Wenn ihr etwa einmal krank seid und es kommt euch eine Zeitungsanzeige unter die Hände - vielleicht eine unzuverlässige - von einer Person, welche in eurem Falle war, und wenn ihr auf Erkundigung hin diesen Mann aufsucht und fragt und er euch sagt: „Gerade so habe ichs gehabt; meine Krankheit dauerte gerade so lang; ich war gerade so krank und matt und abgezehrt wie Sie. Ich ging dann zu dem und dem Arzt und er machte mich gesund.“ Ja! da durchdringt euch ein Gefühl, wie wenn ihr schon halb geheilt wäret. „Dann,“ sagt ihr, „dann ist mein Fall nicht ganz hoffnungslos; er hat die gleiche Krankheit geheilt wie die meine, er kann auch mich heilen.“ Ach, du armer Sünder, ich beschwöre dich, fasse dies als einen rechten Trost für deine Seele auf; es sind Sünder selig geworden, die gerade waren wie du; und Viele sind im Himmel die einst gerade waren wie du; und wenn du in den Himmel kommen wirst, so wirst du nicht allein sein, sondern solche um dich haben, die dir sagen werden, sie hätten gesündigt wie du, sie hätten sich empört wie du, und dennoch hätte die Gnade sie selig gemacht. Ja, Viele sind im Himmel, leuchtend wie die Sterne der Zwillinge am Firmament. Da gibt es viele heilige Wolken von Sternen - Plejaden (Das Siebengestirn, eine der glänzendsten Sterngruppen; siehe auch Hiob 38, 31) großer Sterne, - göttliche Sterngruppen von Menschen, die einst in gleicher Sünde und gleicher Gottlosigkeit sich wälzten, und jetzt alle versöhnt sind und als Sterne leuchten am Firmament des Himmels immer und ewiglich. (Vgl. Dan. 12, 3). Sei gutes Muts, armer Sünder. Ich weiß nicht, wer du bist und kenne deine Sünde nicht; aber Sünder wie du, ja eben wie du, sind selig geworden, warumsolltest dus nicht auch werden? Ach! dass es bei dir zur Wahrheit werden möge, dass du selig werden kannst. Christus heilte nicht nur allerlei Kranke, er heilte auch unheilbare Kranke, - Leute mit Krankheiten, welche aller Geschicklichkeit der Ärzte trotzten. Man betrachtete im Morgenland die Gichtbrüchigen, und die Mondsüchtigen besonders, als aller ärztlichen Kunst unzugänglich, und manche ausgezeichnete Ausleger glauben, dass beinahe alle die Krankheiten, welche Jesus heilte, von solcher Art waren, dass man dieselben den Spott der Ärzte zu nennen pflegte, weil an ihnen alle Weisheit und alle Kunst der damaligen Wissenschaft zu Schanden wurde. Der Herr Jesus heilte unheilbare Krankheiten, und er ist im Stande, auch unverbesserliche Sünder zu heilen. „Ja,“ sagt Einer, „gerade ein solcher bin ich; ich glaube, dass ich unverbesserlich bin.“ Viele Unverbesserliche, die geheilt worden sind, befinden sich hier. Wenn ich mein Kirchenbuch durchgehe und sehe da die Geschichte mancher, mancher Seelen, so kann ich nicht anders, als ich muss auf dies Gebäude wie auf ein Spital von Unheilbaren hinblicken. Es hat Sünder gegeben, die fünfundzwanzig, dreißig oder vierzig Jahre lang nie ein Gotteshaus besuchten; Flucher, Gotteslästerer, Menschen, die jedes Verbrechen im Register der Gotteslosigkeit begangen hatten, und doch begegnete ihnen hier die allmächtige Gnade, sie sitzen heute hier, und wenn hier der passende Ort und die geeignete Zeit dazu wäre, so würden sie aufstehen und sagen: „Es ist wahr; ich war einer der Unheilbaren, aber die freie, unerschöpfliche Gnade hat mein Herz erneuert und meine Seele umgewandelt.“ Und nun, du unheilbare Seele, du unverbesserlicher Klotz - der du so lange dahingegangen bist, bis die Freunde und Kameraden dich aufgegeben haben - noch ist Hoffnung vorhanden, noch ist Hoffnung vorhanden. Noch kannst du deine Fesseln zerbrechen, noch leben, noch ein Christ werden und dich erquicken mit dem Volk Gottes. Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du selig (Apg. 16, 31). Ihr wisst, als Christus starb, befahl er seinen Jüngern, zu predigen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern, beginnend in Jerusalem (Luk 24, 47), weil eben in Jerusalem die verworfensten Sünder waren. Dort waren ja die Männer, welche seine Seite durchstochen hatten; welche den Schwamm mit Essig gefüllt hatten, ihn damit zu tränken. „Fangt bei ihnen an,“ sprach er, „fangt bei ihnen an;“ und so möchte der Herr Jesus gerne mit euch anfangen. Glaubet mirs, wenn mein Meister mich aussendet zu fischen, so heißt er mich nicht Heringe fangen, sondern euch harpunieren, die ihr großen Walfischen und Krokodilen der Gottlosigkeit gleicht. O Geist Gottes, sende heute deine Pfeile, und lass irgendeine unverbesserliche Seele an diesem Tage anfangen zu bedenken, dass, wenn Gnade für sie vorhanden ist, es Zeit ist, die Gnade nicht zu verschmähen, sondern sich von Ganzem Herzen zu Gott zu bekehren. Jesus heilte unheilbare Krankheiten. Wir gehen weiter und fügen bei, dass Jesus Kranke aus allen Gegenden heilte, und so kann er auch Sünder aus allen Ländern heilen. „Und es folgte ihm nach viel Volks aus Galiläa, aus den zehn Städten, von Jerusalem, aus dem jüdischen Lande, und von jenseits des Jordans.“ Heute sind hier Leute aus allen Ländern versammelt. Ich sehe umher, und ich kann sehr leicht in einigen Gestalten amerikanische Brüder von Jenseits des Meeres entdecken. Die meisten wohnen wahrscheinlich in dieser großen Stadt, aber vielleicht sind Vertreter aller Teile unseres Landes, auch aus Deutschland hier versammelt, um Gottes Wort zu vernehmen. Und sei es euren Ohren lieblich, euch, die ihr allerlei Länder und Sprachen angehört, die ihr vielleicht den Heiland noch nie gefunden habt, sei es euch lieblich zu vernehmen, dass er mächtig ist, selig zu machen ohne Ansehen der Volksstämme und der Himmelsstriche, der Zeiten und Orte. Es gibt eine Quelle für uns alle, teure Brüder, ein Kleid der Gerechtigkeit, und zwar in einerlei Weise für uns Alle. Es ist ein teurer Name, vor dem wir uns alle beugen und eine gewisse Erlösung, auf welche wir alle bauen müssen. Ach! dass wir alle auf Christum bauen möchten, und alle heute, ja heute noch Jesum köstlich fänden! Du bist aus dem fernen Westen gekommen, mein Bruder, und hast noch nie an Jesum gedacht? O, so denke doch heute an ihn. Vielleicht bracht dich der Herr über den Ozean, um dich selig zu machen, und wird dich als einen neuen Menschen zurücksenden. Bist du aus dem geschäftigen Treiben New Yorks gekommen, wo jeder Mensch sich rührt und bemüht, sein Glück zu machen? Vielleicht gewinnst du heute die köstliche Perle (Mat. 13, 45. 46). Ach, ich flehe zu Gott, dass es geschehe! Und du lieber Pächter, bist auch du heute hergekommen? Gestern bist du in hiesige Stadt zu Markte gegangen, und heute bist du gekommen, Gottes Wort zu hören. Ich bitte, dass du mit einem erneuerten Herzen mögest heim zu den Deinen kehren, und wenn du gleich ein Branntweinsäufer gewesen bist, und manchmal deine arme Frau geängstigt und bedroht hast, wenn du so spät nach Hause kamst, so hoffe und flehe ich zu Gott, du könntest zu ihr sagen: „Gott Lob und Dank, ich bin ein neuer Mensch.“ Ich glaube fest, es wird so herauskommen, dass du wirst sagen müssen: „An jenem Sonntag ging ich in jenes Gotteshaus, und der Herr kam über mich, und obgleich ich mich sehr sträubte, so hat er mich doch gewonnen; ob ich schon meinte, ich wolle ihm beide Augen und Ohren verschließen, so drang das Wort doch ein und zerbrach wie mit einem Hammer die eherne Kruste meines Herzens, und schmelzte wie mit Feuer meine Lebensgeister, bis dass die hellen Tränen über meine Wangen liefen.“ Nochmals sage ich, dass es doch geschehen möchte, Gott zur Ehre. Und wenn du heute auch vom Ende der Erde gekommen bist, aus einem Lande, wo du das Evangelium selten zu hören bekamst; ach dass du es denn jetzt hörtest und gleich dem Kämmerer aus Mohrenland heimkehrtest, Andern zu erzählen die Botschaft, die du mit deinen Ohren gehört und in dein Herz aufgenommen hast. Der Herr Jesus kennt ja keinen Unterschied zwischen den Sündern, mögen sie sein aus welchem Lande sie wollen.

Ferner: Der Herr Jesus heilte Sünder ohne Einschränkung der Zahl. Man brachte ihm, wie ihr wisst, allerlei Kranke und allerlei Sieche. „Und es folgte ihm viel Volks nach.“ Der göttliche Arzt war ebenso gut im Stande, Tausende zu heilen, als fünfzig. Wenn die Menge wuchs und sich vergrößerte, bis sie so zu sagen ganze Morgen Landes bedeckte, so ging er unter derselben umher, und so lange Kranke dalagen, hörte die heilende Kraft nicht auf zu wirken. Sie war wie das Öl der Witwe; das floss so lange, als man seiner bedurfte. Und so viele Gefäße auch zu füllen waren, es floss das Öl und stand nicht stille bis zuletzt die Gefäße vom Segen voll waren (2. Kön. 4,1-6). So ists auch heute. Es ist hier eine Menge zusammengekommen, eine große Versammlung. Christus ist im Stande, eine ganze Versammlung selig zu machen, als einen Einzelnen. Dasselbe Wort, das einem Sünder zum Segen ist, kann fünfzigen zum Segen werden. Der würdige Tropp sagt: „Und wenn die Menge noch so groß wäre, so zeigt sichs nicht, dass Einer den Andern hindert und wenn eine noch nie erhörte Menge zu Christo käme, so wäre übrig Raum genug für alle. Es ist da nicht wie bei einem Gotteshaus, das zu eng ist, wo einige wieder umkehren müssen, sondern da ist Raum für alle, die kommen, für alle die da suchen, für alle die da vertrauen, für alle, die da glauben. Nie ist ein Sünder leer ausgegangen, der kam um in Jesu Christo Gnade zu suchen.

Ich kann bei keinem dieser Punkte lange verweilen. Der Herr Jesus heilte diese alle, aber er bekam für all das nichts, außer den Ruf, und die Ehre, und den Dank ihrer liebenden Herzen. So heute, armer Sünder; Jesus will nichts annehmen aus deiner Hand, und es ist dir eine Gnade, weil du nichts dafür zu geben brauchst. Wenn du auf das Heil warten müsstest, bis du ein gutes Werk vollbringen könntest, so müsstest du ewiglich warten; denn wenn du eines zu Stande gebracht hast, das dem echten Silber der guten Werke gleicht, so musst du erkennen, dass es wertloses, versilbertes Metall ist und wenn du es mit ein wenig Pulver der Selbstprüfung reibst, so kommt das armselige Metall zu Vorschein und die dünne Silberschicht reibt sich ab. Ich sage dir, Mensch, du kannst nie einen guten Gedanken, den du gehabt hast, finden, der nicht mit Sünde und Schwachheit befleckt ist, so dass all sein Wert in nichts zerrinnt. Ruterford sagt: „Alle Heiligen im Himmel sitzen zinsfrei; sie haben ihre Throne nie gekauft und zahlen auch jetzt nichts dafür. Armer Sünder, ich sage dir, wenn du zu Christo kommst, so musst du ohne Zoll, ohne Einlasskarte, ohne Hindernis kommen.

„Alle Schicklichkeit ist hier,
Dass du fühlst, Er mang'le dir;
Dieses schenkt er Dir
durch seines Geistes Zier.“

Er verlangt keine Erfahrung von dir, er fragt nicht nach Dank und Früchten; er gibt dir das alles umsonst, wenn du gerade so zu ihm kommst, wie du bist, bedeckt mit den Lappen deiner Sünden, ja und vielleicht buchstäblich in Fetzen, so will er dich annehmen. Wenn du dich schon in die Sümpfe der Sünde und des Lasters gestürzt hast, und befleckt bist mit dem Unflat der Ungerechtigkeit, so will er deine Sünden hinwegnehmen - dich abwaschen und dich kleiden mit dem Kleid der Gerechtigkeit und dein Seele selig machen. Ein freies Evangelium - ein Evangelium der Gnade, - ein Evangelium, das nichts von uns verlangt, aber uns alles gibt. Das ist das Evangelium, das ich euch verkündige. Schauet auf Jesum, und werdet selig.

Gleichwie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, so will ich Christum erhöhen. Betrachtet seine Wunden - seine durchgrabenen Hände, seine blutenden Füße; betrachtet seine für euch durchstochene Seite! Sünder, sein Tod muss dein Leben sein - seine Wunden deine Heilung. Vertraue, ich bitte dich inständig darum, vertraue auf das, was er getan hat; bereue die begangenen Sünden, aber traue auf Christi Verdienst, das er erworben hat. Im Augenblick, wo deine Seele auf Christum vertraut - im selben Augenblick sind dir alle diene Sünden vergeben. Im Augenblick, da du deine Arme um das Kreuz schlingst, im selben Augenblick wirst du selig, ja selig, ohne Gefahr, verloren zu werden. Ach, dass ihr nun sprechen könntet:

So wie ich bin und ohne Grund,
Als dass Dein Blut mich macht gesund
Und Du mich rufst zu dieser Stund',
So komm' ich, Gottes Lamm!

Und nun gebe Gott seinen Segen dazu, und der Herr Jesus wolle auch noch heute unter uns wandeln und seine heilende Kraft uns überströmen lassen, um seines teueren Namens willen. Amen.