Im Namen Jesu. Amen!
Wir lesen von einem weisen König, der einen jungen unerfahrnen Sohn zum Nachfolger zurückließ, daß er auf seinem Todtenbette befohlen habe, dieser solle nicht früher zur Regierung kommen, als bis er einen goldenen Apfel, den der Vater zu dem Ende hatte verfertigen lassen, dem größten Narren, den er finden könnte, geschenkt hätte, weßhalb er in fremde Länder reisen und einen solchen Thoren suchen solle. Der kluge Vater wußte wohl, daß das Reisen von großem Nutzen wäre, und daß die Weisheit nicht blos von Verständigen und Klugen, sondern auch von Unweisen und Thoren gelernt werden könne, weil jene lehren, was man thun und wie man sich vorsichtig verhalten, diese, was man meiden und unterlassen müsse. Darum antwortete ein kluger Perser auf die Frage: woher er so große Weisheit habe? - „Von den Narren und Unverständigen, durch deren Schaden ich klug geworden bin, und was ich Thörichtes an ihnen sah, das habe ich fleißig vermieden.“ - Wir wollen uns übrigens nicht lange aufhalten mit weitläufigen Erzählungen der mancherlei Thorheiten, welche jenem Prinzen auf der Reise vorkamen, bis er endlich seinen Apfel an den Mann brachte; das aber wollen wir bemerken, daß ohne Zweifel der Apfel vor allen Andern dem als dem größten Thoren hätte gegeben werden müssen, welcher seine edle Seele um zeitlicher Dinge willen dahin gibt, das Irdische für das Himmlische erwählt und wegen der Eitelkeit der Welt nicht an die Ewigkeit denkt. Wir halten dafür, der Herr unser Gott bestätige selbst unsere Meinung, indem er es solchen Leuten, die nur das Vergängliche suchen, gelingen läßt, ihnen gleichsam den goldenen Apfel darreicht, im Leben ihnen ihren Theil gibt, und ihre Kästen, Böden und Keller mit Schätzen füllet, wie man an dem reichen Manne sehen kann, der, als er aus der Hölle um Erbarmung rief, zur Antwort erhielt: Gedenke Sohn, daß du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben! -
Wir wollen aber auch kürzlich zu zeigen suchen, daß man solche Leute nicht mit Unrecht die größten Thoren nenne, auch wenn sie die Weisesten in der Welt wären. -
Unverständig heißt man die Kinder, welche sich ein Goldstück um einen Apfel abschwätzen lassen. So war Esau ein leichtsinniger Mensch, weil er sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht hingab. Ebenso unbesonnen war Achan, der sich des Guts gelüsten ließ, darauf der Fluch Gottes haftete und sich sammt seinem ganzen Hause dadurch in's Verderben stürzte. Warum sollte man nicht auch diejenigen für unbesonnene Thoren halten, welche um eines geringen Gewinns und schnöder Lust, um vergänglicher Ehre und Herrlichkeit willen, ihre Seligkeit aus den Augen setzen, die das Zeitliche gewinnen, aber ihre Seele verlieren? - Würde man Umfrage halten, ob Jemand sein Herz um eine große Summe verkaufen wolle, so daß man ihm zwar dieselbe bezahlen, aber ihn gleich darauf an Händen und Füßen binden, seine Brust öffnen und das Herz herausnehmen wollte, - so würde sich wohl Niemand finden, wenn er nicht gleich jenem thörichten Geizhals, von dem die Geschichte sagt, sich selbst nach seinem Tode zum Erben einsetzen wollte. Jeder würde vielmehr sagen: was nützt mich das Geld ohne Leben und was hilft dieser Reichthum, wenn mein Herz verloren ginge, kann ich mir wohl wieder ein anderes Herz kaufen, oder ein anderes Leben für Geld schaffen? Ich wäre wohl der größte Thor, wenn ich dieses thun würde. Nun, wie kommt es denn, daß die Seele so vielen Menschen um Geld und andere Dinge feil ist, daß sie das Geld nehmen und die Seele dem ewigen Tode übergeben? Was helfen die Schätze der ganzen Welt, wenn sie ihre Seele verloren haben, oder können sie wieder eine andere kaufen, wenn diese verloren ist, oder die verlorene mit Gold und Silber wieder lösen. Soll man diese Leute nicht die größten Thoren nennen? - Die Vögel gerathen in die Schlinge um der rothen Beeren willen; sie wissen aber nicht, daß es ihr Leben gilt. Die Weltkinder aber wissen es, daß sie die zeitliche Lust und Weltfreude mit dem Verlust des ewigen Lebens büßen werden, und lassen sich doch nicht davon abhalten. Sind sie nicht thörichter als die Vögel? - Lächerlich ist es, daß die Dohle oder Krähe, die in den Häusern gehalten wird, allerlei Sachen heimlich entwendet und zusammenträgt, wie einst eine solche Geld, Ringele, stahl, und dadurch mehrere Leute im Hause verdächtig machte, bis man ihr endlich auf die Spur kam und den Schatz zu ihrem großen Verdruß wegnahm. - O alberner Vogel, was nützte dich dein gestohlenes Gut? Doch noch mehr, ihr thörichten Menschen, was hilft euch das zeitliche Gut, das ihr mit Verletzung eures Gewissens sammelt? Und was soll euch der betrügliche Reichthum, der so manches Herz verleitet, im Tode helfen? Hat nicht unser Erlöser solche Leute mit allem Recht Narren genannt, wenn er zu einem Menschen, der sein Vertrauen aufs Zeitliche setzte und sich nicht befliß, in Gott reich zu seyn, spricht: „Du Narr, diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern, und wessen wird seyn, was du gesammelt hast?“ - Die Kinder dieser Welt sind so klug in ihren irdischen Angelegenheiten, aber meistens sehr thöricht in der Sorge für ihr Seelenheil. Der Satan sucht sie in sein Netz zu ziehen, ohne daß sie wissen, wie ihnen geschieht. Er schmeichelt und spricht ihnen ganz freundlich zu: Es hat keine Noth, es ist noch Zeit genug. Gott ist barmherzig, er vergibt alle Sünden, und ihr könnet euch vor eurem Ende noch wohl bekehren.' - Auf solche Weise verwickeln sie sich immer mehr, bis sie allzu viel getraut haben und bei ihrer großen Klugheit doch die größten Thoren gewesen sind. Sehr passend läßt daher das Buch der Weisheit die Gottlosen sagen: „Wir Thoren hielten das Leben des Frommen für unsinnig und sein Ende für eine Schande, wie ist er nun gezählet unter die Kinder Gottes und sein Erbe ist unter den Heiligen? Darum haben wir den rechten Weg verfehlt, was hilft nun alle Pracht, was hilft unser Reichthum und Stolz? –
Eine auffallende Probe von menschlichem Leichtsinn wurde einst in einer Handelsstadt Spaniens gegeben. Der Rath dort wollte in aller Eile einige Galeeren oder Ruderschiffe ausrüsten lassen, und da es an Ruderknechten fehlte, so wurde auf dem Marktplatz ein Spieltisch aufgestellt und mit viel Geld versehen. Wer Lust hatte, der konnte mit dem Aufseher spielen; wenn er gewann, so erhielt er eine Summe Geldes; verspielte er aber, so war die Freiheit verloren und er mußte auf das Schiff. Dort wartete seiner ein sehr mühseliges, elendes Leben; denn in der Regel werden nur diejenigen, die ein grobes Verbrechen begangen oder auch das Leben verwirkt haben, zur Strafe auf solche Schiffe geschickt. Nicht selten aber wünschen sich die Galeerensklaven lieber den Tod, als in einem solchen erbärmlichen Zustande fortzuleben. - Demohngeachtet fanden sich sehr Viele, die das gefährliche Spiel wagten und in der Hoffnung eines geringen Gewinns ihre Freiheit und ihr zeitliches Glück daran setzten, so daß in wenigen Tagen die gewünschte Anzahl gefunden war. - Sind das nicht Thoren gewesen, die ihre Freiheit so leichtsinnig verscherzt haben, wird Mancher denken? Aber, o Christ, sind diejenigen nicht die größten Thoren, welche um zeitlichen Gewinns, vergänglicher Ehre, vorübergehender Lust und Freude willen ihre Seligkeit auf das Spiel setzen? - Und es sind ihrer doch so viele, die es täglich thun! Dieß kommt wohl daher, daß die Menschen die hohe Würde ihrer unsterblichen Seele nicht recht kennen und schätzen. Sie halten dieselbe für gering, dagegen lassen sie sich von dem irdischen Tand ganz verblenden, wozu der Satan das Seinige treulich beiträgt. Deßwegen ist es höchst nöthig, daß man auf die Hoheit der Seele nach allen Theilen aufmerksam mache, was wir schon im Vorhergehenden gethan haben und auch dießmal thun wollen. Gott segne unser Vorhaben um Jesu Christi willen. Amen.
Wie einem Fürstensohn, welcher Anwartschaft auf die Regierung hat, nicht blos Diener und Aufwärter beigegeben werden, sondern zuvörderst auch ein Hofmeister, der sein beständiger Begleiter ist und ihm die Regeln des Anstands beibringt, so hat Gott nicht blos alle Geschöpfe, selbst seine Engel zu Dienern der menschlichen Seele verordnet, sondern er gibt derselben, nachdem er sie durch das Blut seines Sohnes von des Teufels Gewalt errettet und an Kindesstatt angenommen hat, auch seinen heiligen Geist, der sie leitet, regiert und sich ihrer treulich annimmt, bis er sie zur Seligkeit bringt. Wie nun aus dem, was der Sohn Gottes an der Seele des Menschen gethan hat, ihre Würde erkannt wird, so erhellt dieselbe gleichfalls aus dem, was der heilige Geist an ihr thut, und es wird dem Frommen Freude machen, darüber nachzudenken. „Herr mein Gott! groß sind die Wunder Deiner Güte, die Du an uns beweisest, Dir ist nichts gleich, ich will sie verkündigen und davon sagen, wiewohl sie nicht zu zählen sind.“ Die Schrift sagt: Gott habe Mühe mit uns Menschen, er bekümmere sich um uns, und nehme 'sich unser an, suche uns täglich heim, erforsche unser Herz und habe Acht auf unser Vorhaben zu jeder Stunde. - Sehet, so lieb sind wir dem dreieinigen Gott und so hoch sind wir geachtet in seinen Augen! Der Vater ist die Liebe, der Sohn ist die Liebe und der heilige Geist ist die Liebe, und diese Drei sind Eins - zuvörderst ihrem Wesen nach; denn es ist nur ein einiger Gott; aber auch ihrer Liebe zu den Menschen nach, daher wir schon in der heiligen Taufe einen Bund mit allen drei Personen machen und des Vaters Fürsorge, des Sohnes Liebe und Treue und des heiligen Geistes Regierung, Trost und Beistand unser Lebenlang empfinden. - Den heiligen Geist nennt die Schrift unsern Wegweiser und Führer. „Dein guter Geist, sagt David, führe mich auf ebener Bahn,“ und Jesus , selbst verspricht: „Der Geist der Wahrheit wird euch in alle Wahrheit leiten.“ Hat nun die Seele einen solchen Führer, so muß sie in der That von Gott hochgeachtet seyn. - Der heilige Geist ist unser Tröster, er wird aber nirgends so genannt, als in der letzten Rede des Heilandes an seine Jünger, und bei Johannes in seinem ersten Brief, wo das Wort den Herrn Jesum selbst bezeichnet, weil wir ohne Zweifel daraus lernen sollen, daß ein solcher Tröster nicht unter den Geschöpfen sey und daß nichts in der Welt sey, von dem wir das erwarten können, was dieser Name in sich schließt, als Jesus und der heilige Geist. Das Wort bedeutet aber einen Beistand, einen Freund, einen Rathgeber und Fürsprecher, der in Nöthen freundlich zuspricht, Muth macht und immer bei uns ist, daß wir uns seines Raths, Trostes und Beistands getrösten können. Wie hoch geschätzt muß aber die Seele im Himmel seyn, weil Gott selbst ihr Beistand, Rath, Freund und Fürsprecher ist! - Als einst ein berühmter Prediger von einem fremden Fürsten etwas zu bitten hatte und demselben diesen Wunsch durch seinen Landesherrn, bei dem er sehr in Gnaden stand, vortragen ließ, so erwiderte jener: er hätte keinen bessern Sachwalter haben können, und versprach, die Bitte zu erfüllen. Wie aber hätte unsere Seele in so mancherlei Gefahr und Widerwärtigkeiten einen bessern Sachwalter haben können, als Jesum Christum zur Rechten Gottes und den heiligen Geist auf Erden? - Die Erfahrung aller Gläubigen bezeugt es laut, daß dieser Beistand und Fürsprecher treulich für uns sorge. Zwar reden nach der Schrift die Frommen bisweilen sehr ängstlich in ihrer Bekümmerniß; aber sie sind bald wieder voll Freudigkeit und bezeugen ihre feste Zuversicht auf Gottes gnädige Hülfe. So schließt David, nach dem er das Lange, Langes welches dem Herzen bange macht, mehrmals wiederholt hatte, mit den Worten: „Ich hoffe aber darauf, daß Du so gnädig bist“ Zweimal unterbricht er die Betrachtung seines Elends auf der Flucht mit den tröstlichen Worten: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde Ihm noch danken, daß Er meines Angesichts Hülfe und mein Gott ist.“ Wenn er das Glück der Gottlosen und das beständige Kreuz der Frommen mit einander vergleicht und zuletzt ausruft: „Israel hat dennoch Gott zum Trost! Herr, wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde“ wenn Hiob endlich alle seine Klagen damit unterbricht: „Wollte mich gleich der Herr tödten, so will ich doch auf Ihn hoffen: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ so erhellt daraus, daß sie der getreue Beistand mitten in ihrer Trübsal nicht verlassen, sondern in der größten Angst und Noth mit Freudigkeit und Muth erfüllt hat. Dieß empfinden noch täglich alle Frommen. O wie oft sitzen wir da, sorgen, seufzen, weinen, denken hin und her und können keinen Ausgang unseres Kreuzes finden; bald aber fühlen wir einen kräftigen Trost, stehen mit Freuden und voll Zuversicht auf und sprechen:
Weil Du mein Gott und Vater bist,
Dein Kind wirst Du verlassen nicht;
Ich bin doch ja Dein liebes Kind,
Trotz Teufel, Welt und aller Sünd!
D'rum will ich, weil ich lebe noch,
Mein Kreuz hier fröhlich tragen doch!
Mein Gott, mach mich dazu bereit,
Es dient zum Besten allezeit!
Geben wir uns manchmal traurigen Gedanken und Sorgen hin, und wissen uns nicht mehr zu rathen noch zu helfen, so erinnert uns der heilige Geist an eine Stelle der Schrift, stärkt damit unser betrübtes Herz, daß es Ruh und Trost empfindet und sich zufrieden gibt. - So gerieth einst ein Mann, der sich auf einer Reise bei Nacht an einem abgelegenen Orte unter gottlosen Menschen befand, beinahe in Todesangst. Als ihm in seiner Traurigkeit die Augen ein wenig zufielen, vernahm er deutlich die Worte: „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen (wie Gott einst zu Jakob sagte); siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hingehst, ich will dich nicht lassen.“ Dieß gab ihm Hoffnung, und sie wurde nicht zu Schanden. - Ein Märtyrer in England schrieb aus dem Gefängniß an seine Freunde,, daß er einen besondern Trost empfunden habe und eine liebliche Erquickung durch seinen ganzen Körper gedrungen sey, als man ihn vor seine Richter stellte. Ein anderer in Frankreich schrieb: Er sey in seinem Leben nie heiterer und gesünder gewesen an Leib und Seele, als in seinem Gefängniß, und habe sein Lebenlang die Güte des Herrn nicht besser empfunden, als in demselben. - Sehet also, welch' ein getreuer Beistand der heilige Geist ist, und wie hoch er die Seelen der Menschen schätzt! Wenn ein Freund dem andern überall nachfolgt, in Krankheiten vor seinem Bette sitzt, ihn in Trübsal und Noth besucht, ihm tröstlich zuspricht und sich seiner herzlich annimmt, wer kann läugnen, daß hier große Liebe und Hochschätzung Statt findet? - Hieher gehören auch die Worte des Apostels: „Der heilige Geist gibt Zeugniß unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind.“ Gott hat uns die Herrlichkeit seiner Kindschaft in Christo geschenkt, unser armes Herz kann sich nicht darein schicken, die Ehre ist zu groß, es darf sich derselben nicht anmaßen, besonders wenn der Satan ihm seine Unwürdigkeit vorhält und es durch äußere und innere Anfechtungen verzagt macht. Der heilige Geist aber widerspricht diesem, überzeugt uns, daß wir wirklich Gottes Kinder sind, und bringt uns dahin, daß wir uns dieses Rechts mit großer Freudigkeit bedienen, dem Satan trotzen und unsern Gott loben. - Gleich wichtig sind auch die Worte: „Der heilige Geist hilft unserer Schwachheit auf.“ Wenn uns eine Last zu schwer werden will, so hilft sie uns der heilige Geist tragen, er kommt uns in Noth und Anfechtung zu Hülfe, und wenn wir schwach werden wollen, so hält und stärkt er uns, daß wir nicht fallen, er erquickt uns mit Trost und Kraft, daß wir überwinden und den Sieg behalten. - Die Seele ist auch die Schule des heiligen Geistes, darin er Jesum Christum erklärt, Ihn groß und herrlich vorstellt und nebst seinen Wohlthaten dem Herzen einprägt; damit es weiß, was es an seinem Erlöser hat, - nämlich die Gerechtigkeit und das ewige Leben. Sie ist seine Wohnung, darin er ohne Unterlaß arbeitet, daran er immer bessert, und sie mit seinen Gaben ausschmückt. Sie ist sein Tempel, darin er sich herrlich und kräftig erweist, welchen er mit seiner Gnade erfüllt, und wo er lehrt, seufzet, betet, eifert und wirkt. Daher sagt Arndt im wahren Christenthum sehr schön: „Der Seelen Würde besteht darin, „daß sie eine Wohnung Gottes ist, darin Gott lieber wohnt, „als im Himmel und auf Erden, und die gläubige Seele „hat mehr von Gott in sich, als alle Himmel und alle „irdische Tempel und Alles, was Gott je geschaffen hat; „denn das Herz und Wohlgefallen Gottes ist in der Seele „mit all' seiner Gnade und Liebe.“ - Darauf deutet- auch Petrus mit den Worten hin: „Der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruhet auf euch.“ Wie heilig aber und erhaben muß die Seele seyn, in welcher Gott seine Ruhe findet! - Der heil. Geist ist gleichsam auch der Wein für die Seele, durch welchen sie erquickt wird. „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz, sagt Paulus, durch den heil. Geist, welcher uns gegeben ist.“ Dieses süßen Weins waren die Apostel voll an jenem Pfingstfeste. - Und dieß war des fliehenden Davids Labsal, wenn er sehen mußte, wie Andere Erndte und Weinlese hielten, während er sich in der Wüste aufhalten, in Höhlen sich verstecken und kümmerlich leben mußte: „Du erfreuest mein Herz, mein Gott, ob Jene gleich viel Wein und Korn haben. Du sättigest meine Seele so gut, daß ich liege und schlafe ganz im Frieden.“ O hohe Würde der Seele! Der edelste Wein, die beste Speise der Welt ist zu gering für sie, Gott selbst ist ihre Speise, die Liebe und der Geist Gottes ist ihr Wein, der sie erquickt und mit Muth und Freude erfüllt. Diese Herrlichkeit aber kann das fleischlich gesinnte Herz nicht verstehen, und die es wissen, was das heißt: voll heiligen Geistes seyn, in der Liebe Gottes stehen und sich derselben erfreuen, die können es nicht aussprechen. Dieß ist der Vorschmack und der Anfang des ewigen Lebens. Der heilige Geist wird endlich auch die Salbung der Seele genannt. Wie im alten Testament die Priester, Propheten, Könige mit dem heiligen Salböl gesalbt wurden, so werden die gläubigen Seelen, welche Christus vor Gott zu Königen und Priestern gemacht hat, mit dem heiligen Geist gesalbt. Dieses heilige Oel, welches über Jesum, unser Haupt, ausgegossen wurde, stießt herab auf uns, seine Glieder; denn Gott hat in der Taufe über uns reichlich ausgegossen einen heiligen Geist durch Christum, unsern Heiland. Waren nun im alten Testament die Gesalbten des Herrn in hohem Ansehen, wie vielmehr die im neuen Testament? - Ferner ist der Geist Gottes ein Siegel der Seelen und das Pfand ihres Erbes, weil er ihnen die Versicherung der Gnade des himmlischen Vaters, der Vergebung der Sünden und des ewigen Lebens in's Herz drückt. Wie lieb und theuer muß aber unserem Gott das Gefäß seyn, das er also versiegelt, und mit einem so hohen Pfande seiner Gnade versichert! - Von Jesu sagt die Schrift: der Vater habe Ihn versiegelt, oder Ihn mit solchen Geistesgaben ausgerüstet, daß man Ihn für den einigen Mittler zwischen Gott und den Menschen annehmen müsse. Wie nun der Erlöser von seinem Vater versiegelt ist, so tragen auch seine Gläubigen das Siegel des lebendigen Gottes an ihrem Haupt und auf ihrem Herzen, und darum sind sie als Eigenthum des Allerhöchsten so hoch zu schätzen. - Von eben diesem Siegel Gottes sagt auch der Apostel: „Betrübet nicht den heiligen Geist, damit ihr versiegelt seyd auf den Tag der Erlösung.“ Unfern Gott kann nichts so sehr betrüben, als wenn Ihn die Seele durch Sünde verläßt und dem Satan Raum gibt. Wie es schon bei Moses heißt: „Da aber der Herr sahe, daß der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse immerdar von Jugend auf; da reuete es Ihn, daß Er die Menschen gemacht hatte auf Erden und es kümmerte Ihn in seinem Herzen.“ Wenn auch Himmel und Erde vergehen würde, sammt Allem, was darin ist, so könnte man wohl von Gott nicht sagen, daß es Ihn betrübe; wenn Er aber sehen muß, daß eine geliebte Seele Ihm abtrünnig wird und sich der Bosheit ergibt, da sagt Er von Sich selbst, daß es Ihm zu Herzen gehe, Ihn bekümmere und betäube. Dieß war auch die Ursache, warum der Heiland weinte, als er die unbußfertige Stadt Jerusalem sah und bemerken mußte, wie dieselbe sammt vielen tausend Seelen, die darin wohnten, die Zeit ihrer Heimsuchung nicht erkannten, und Ihn mit seinem Heile verschmähten. Ach! dachte Er, soll Ich das Verderben so vieler Tausende sehen, muß Ich erfahren, daß die, zu welchen Ich zuerst gesandt worden bin, sich nicht helfen lasse n wollen, und die Finsterniß mehr lieben als das Licht? Darüber stoßen Ihm Thränen über die Wangen, und man darf wohl sagen, wie die Juden, die Ihn bei dem Grabe Lazari weinen sahen: „Siehe, wie lieb hat Er ihn gehabt“ Siehe, wie lieb Gott der Vater, der Sohn und der heilige Geist die Seelen hat, über deren Sünde und Verderben er sich bekümmert, betrübt und weint! - Schon daraus erhellt zur Genüge, wie theuer und werth die Seele ihrem Gott sey; doch wollen wir noch mehrere Beweise anführen. Die Engel sind reine Geister, voll Licht und Weisheit. Doch hat sie Gott zum Dienste der Seelen verordnet, wie die heilige Schrift sagt: „Sind nicht die Engel allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit? Die Engel stehen zwar alle Zeit vor Gott, um seine Herrlichkeit zu schauen und Ihm mit Freuden zu lobsingen; doch haben sie noch ein anderes Geschäft; - sie sind um die Menschen, beobachten sie, und sehen darauf, was zu ihrer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt dient. Von jeher glaubt die Kirche, daß jedem Menschen ein Engel beigegeben seye, der ihn von Mutterleibe an begleiten und behüten müsse. Schon dieß wäre etwas Großes, und mehr, als wir Menschen verdienten; allein wir lesen bisweilen nicht blos von einem, sondern von vielen Engeln, die sich bei einem Menschen aufhalten. Als Jakob auf der Reise war, sah er im Traum ein ganzes Heer solcher Wesen, eben so auch der Prophet Elisa. - David sagt: „Er hat seinen Engeln befohlen, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen, daß sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ „Der Engel des Herrn lagert sich um die her, so ihn fürchten, und hilft ihnen aus.“ Gerade wie die Eltern, wenn sie etwas außer dem Hause zu verrichten haben, dem Gesinde ihr kleines Kind, das noch der meisten Aufsicht bedarf, mit den Worten empfehlen: Thut, was ihr thut, nehmet nur das Kind in Acht, daß es keinen Schaden leide. - Ach Herr, was ist der Mensch, daß Du Dich sein so annimmst, und des Menschen Kind, daß Du dasselbe so hoch achtest? Die Engel, die reinen Geister, sollen uns arme, sündhafte, gebrechliche Menschen auf den Händen tragen? - Doch, hat Gott seinen Sohn für uns dahingegeben, wie sollte Er uns mit Ihm nicht Alles schenken; hat der Sohn Gottes um unsertwillen Knechtsgestalt angenommen, warum sollten nicht alle Engel zu unserem Dienste bereit seyn? - Wir könnten noch mehrere Beispiele von ihrer Hilfe aus dem alten Testament anführen; aber wir wollen zunächst sehen, was im neuen Testament von diesen höheren Geistern gesagt wird. Bei der Geburt Jesu bezeugten sie große Freude über der Menschen Heil und Seligkeit; denn nicht blos Ein Engel verkündigte den Hirten die große Freude, die allem Volke wiederfahren sey, sondern die ganze Menge der himmlischen Heerschaaren jauchzte darüber und preisete Gott. Einst hatte der Apostel Paulus auf einer Reise eine Erscheinung, er sah die Gestalt eines Mannes aus Makedonien, der ihn bat: er solle nach Makedonien kommen und ihnen helfen. Einige halten diese Erscheinung für einen Traum, ich möchte aber der Meinung eines alten gottseligen Lehrers beistimmen, welcher diesen Mann für einen Engel hielt, der den Apostel bat: er möchte kommen und ihm mit dem Worte des Evangeliums und mit seinem Gebet streiten helfen wider die bösen Geister. - Es bezeugt das auch der Prophet Zacharias, daß die Engel das Elend eines Landes in geistlichen und leiblichen Dingen zu Herzen nehmen und um Hilfe und Rettung bitten mit den Worten: „Herr Zebaoth, wie lange willst Du Dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte In das, über welche Du zornig gewesen bist siebenzig Jahre?“ Hieraus sehen wir, wie sehr es die heiligen Engel wünschen, daß ein Land mit der Predigt des göttlichen Wortes erfüllt, Kirchen und Schulen errichtet, und die seligmachende Erkenntniß Jesu Christi fortgepflanzt werde, weil sie wohl wissen, daß dadurch des Satans Reich zerstört wird und viele Seelen gerettet werden. Auch der Heiland selbst sagt ausdrücklich, daß bei den Engeln Gottes im Himmel Freude sey über einen, Sünder, der Buße thue. Die Engel haben in Gott Freude die Fülle, und ich möchte nicht sagen, daß noch etwas hinzugefügt werden könne, wenn nicht der Herr selbst gesagt hätte, daß ihnen eine bekehrte Seele neue Freuden bereite. - Sehet also, wie hoch die menschlichen Seelen im Himmel angeschrieben sind! Die Engel freuen sich theils aus Liebe zu Gott, weil sie wissen, daß Er die Seelen so herzlich liebt, sie für seinen Reichthum hält, auch sich über deren Buße und Seligkeit freut, so freuen sie sich mit Ihm. Sie freuen sich mit dem Sohn Gottes, daß sein theures Blut abermals einer Seele zu gut kommt, und daß der getreue Hirte sein Schäflein endlich wieder gefunden hat. Sie freuen sich mit dem heiligen Geist, daß sein Wort wohl gerathen ist und seine Gnade abermals ein erwünschtes Gefäß gefunden hat. Wie sollten sich die Diener nicht freuen, wenn sie sehen, daß der Vater einen verlornen Sohn, den man für todt gehalten hat, umarmt, an sein Herz drückt und mit Freude aufnimmt? Die Engel freuen sich aber auch aus Liebe zu uns Menschen selbst, sie ahmen Gott nach, vor dem sie stehen, und gönnen Jedem die Seligkeit; je mehr neue Seelen gewonnen werden, desto größer ist die Freude. - Sehr passend sagte einst ein Heide: „Wenn ein Mensch mitten unter den Sternen wandeln und die Wunder des Himmels nach Herzenslust betrachten könnte, so würde er doch dabei kein solches Vergnügen finden, als wenn er einen Freund um sich hätte, dem er seine Freude mittheilen könnte. Wenn die Sonnenstrahlen von einem Spiegel zurückprallen, so sind sie stärker als an sich selbst, und die Freude ist größer, wenn sie „sich in eines Freundes Herz ergießen kann.“ -
So ist es mit den Menschenfreunden, den Engeln Gottes; sie wandeln ja mitten unter den Sternen und genießen alle Freuden des Himmels; aber sie wünschen doch die Menschen bei sich zu haben, um mit ihnen selig zu seyn. Denn gleich wie die Freude der Auserwählten im Himmel in sich selbst wächset, wenn eine Seele der andern als ein leuchtender Stern entgegenstrahlen und ein verklärter Leib durch seinen Glanz den andern ergötzen wird, also ist es auch mit den Engeln, unsere Freude ist auch ihre Freude, unsere Seligkeit verdoppelt die ihrige. Sie freuen sich darüber, daß sie durch Gottes Gnade täglich mehr Gesellschafter bekommen im Genuß der Liebe und in der Ausbreitung des Lobes Gottes. Sie freuen sich, daß ihre Zahl, welche durch den Abfall der bösen Geister vermindert wurde, durch die menschlichen Seelen ergänzt wird, und daß sie an diesen reichlich wieder bekommen, was sie an jenen verloren haben. Bedenket daher, wie hoch die Seelen im Himmel angeschrieben sind, welche Gott und seine Engel erfreuen können, und welche würdig geachtet werden, der Engel Stellen zu ersetzen und den Engeln gleich zu werden! - Dieß lehrt auch Petrus, wenn er sagt: daß die Engel mit Lust schauen in das Geheimniß des Evangeliums und den Reichthum der Gnade Gottes, welcher durch die Propheten verheißen und durch die Apostel der Welt dargeboten worden ist. Die heilige Schrift ist ein Schatz voll mancherlei Weisheit und Wunder der Liebe Gottes; durch die Predigt des Wortes wird derselbe geöffnet, und Jesus mit seinem theuren Verdienst und Blut, wie auch die mancherlei Gnade Gottes und der reiche Trost des heiligen Geistes umsonst und ohne Geld den Menschen angeboten. Diesen Schatz wünschen auch die Engel zu schauen, damit sie dadurch zur Anbetung der Allmacht, Weisheit und Güte Gottes ermuntert werden. Sie haben aber auch die Menschen so lieb, und sehen ihre Seligkeit in Christo so gerne, wie ein Bruder an des andern Glück mit Lust und Freude Theil nimmt. Die Engel ergötzen sich daran, wie so viele tausend arme, sündliche Seelen bei Jesu, dem Gnadenstuhle, Vergebung der Sünden, Heil und ewiges Leben suchen und finden. - Den gleichen Sinn haben die Worte Pauli: „Ihm, dem Allergeringsten unter den Heiligen, sey gegeben diese Gnade, unter den Heiden zu verkündigen den unaussprechlichen Reichthum Christi, damit nun kund würde den Fürstenthümern und Herrschaften in dem Himmel die mannigfaltige Weisheit Gottes an der Gemeine.“ Der Apostel will sagen: „er habe den Befehl von dem barmherzigen, gütigen Gott, alle Schätze und die Fülle der Gnade, der Gerechtigkeit, der Weisheit und der Seligkeit, die er in Christo, seinem lieben Sohn, dargelegt habe, den Heiden zu eröffnen und durch die Predigt des Evangeliums anzubieten, und zwar nicht blos, damit alle Menschen die ihnen angebotene Seligkeit durch den Glauben annehmen, sondern auch daß den Engeln dadurch um so mehr Ursache zum Lob und zur Liebe Gottes gegeben werde. Den Engeln war zwar jenes Geheimniß von der Berufung der Heiden zu Christo schon früher bekannt; aber sie sahen jetzt erst die Erfüllung desselben und hatten ihre Lust daran. Die Kirche Jesu ist gleichsam der Spiegel, darin jene seligen Geister den Reichthum der göttlichen Gnade anschauen und sich darüber verwundern. Als Wächter und Beförderer der Gottseligkeit sind sie in den heiligen Versammlungen zugegen, ermuntern die unachtsamen und schläfrigen Gemüther zum Gebet und zum Anhören des göttlichen Wortes, und helfen uns Gott loben und preisen. Sie befördern die Predigt des Evangeliums, und räumen alle Hindernisse aus dem Wege, sie freuen sich, daß Gott ein Mittel gefunden hat, die in der Abgötterei und in andern Sünden versunkenen Heiden zu bekehren, und wünschen, daß die ganze Welt selig werden möchte. O welch eine große Ehre ist es für das Menschengeschlecht, daß wir schon in diesem Leben Gemeinschaft mit den Engeln haben, und sie sich unser nicht schämen. Wir treten mitten unter ihnen hin vor Gott, um Ihn anzubeten und zu loben, wie es-im Psalm heißt: „Ich danke Dir von ganzem Herzen, vor den Göttern (vor den Engeln) will ich Dir lobsingen.“ - O Herrlichkeit und Seligkeit der menschlichen Seelen! - Der Herr unser Gott bat aber auch sterbliche Engel auf Erden, nämlich Lehrer und Prediger, die Er selbst dieses Namens gewürdigt hat. Obgleich Er dieselben auserwählt und mit herrlichen Gaben ausgerüstet hat, so geschah es doch nur um des Dienstes der Seelen willen. „Sie wachen über dieselben, als die da Rechenschaft dafür geben sollen.“ Sie sind Gottesdiener und Gehülfen in seinem Garten, die Seelen sind die edeln Pflanzen, welche von jenen verpflegt, begossen, vom Unkraut gereinigt und mit großem Fleiß bewahrt werden sollen. Daher sagte Paulus: „Wer bin ich, wer ist Apollo? Diener sind wir, durch welche ihr gläubig geworden seyd, ich habe gepflanzet, Apollo hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben.“ Sie sind Lichter, die sich selbst in Mühe und Arbeit verzehren, und den Seelen zum Himmel leuchten müssen; sie gehören mit allen ihren Gaben, Kräften und Vermögen nicht sich selbst, sondern der Gemeine zu, wie der Apostel abermals sagt: „Es ist alles euer, es sey Paulus oder Apollo, es sey Kephas oder die Welt, es sey das Leben oder der Tod, Alles ist euer.“ Die Prediger sind verbunden, euch nicht blos so lange sie leben, zu dienen; sondern auch mit ihrem Tode, wenn sie euch dadurch im Glauben befestigen und in der Gottseligkeit weiter bringen können. Daher Paulus versichert: ich will sehr gerne darlegen und dargelegt werden für eure Seele. 2. Kor. 12, 15; - Alles, was ich habe, will ich daran setzen, will mein Leben gerne wagen und dahin geben für eure Seligkeit. - Die Lehrer sollen weder Mühe noch Arbeit, ja selbst den Tod nicht scheuen, damit der Name des Herrn gepriesen und die Erkenntniß Jesu Christi befördert werden möge in der Gemeine. – Sie sind Gottes Haushalter über seine Geheimnisse, denen Er die Schlüssel zu allen seinen Schätzen anvertraut, doch so, daß sie seine Kinder mit dem Notwendigen versorgen und zu rechter Feit mit Speise versehen sollen. Gleichwie Gott den Eltern eine außerordentliche Liebe zu den Kindern eingepflanzt hat, weßwegen sie sich alle Mühe und Arbeit um derselben willen gefallen lassen, so hat Er auch den Lehrern Liebe zu ihren Zuhörern eingeprägt, daß sie keine Widerwärtigkeit und keine Anstrengung scheuen, sondern Alles gerne übernehmen, um einigen Nutzen zu schaffen und etliche zur Seligkeit zu führen. „Wir leiden Hunger und Durst, sagt Paulus, und sind blos, und werden geschlagen, und haben keine gewisse Stätte, und arbeiten und wirken mit unsern eigenen Händen. Wir sind stets als ein Fluch der Welt und als ein Auskehricht aller Leute.“ - O wie manche fromme Diener Christi in Dörfern, Marktflecken und Städten leiden Noth bei ihrem mühseligen Amte! Man betrübt dieselben durch gottlosen Wandel, quält und bedrängt sie, und legt ihnen allerlei Hindernisse in den Weg. Sie bringen ihr Leben mit Sorgen, Kummer, Mangel, Arbeit und Widerwärtigkeiten zu; aber sie werden doch nicht müde, für die Gemeine zu beten, zu wachen und sie herzlich zu lieben; denn Gott, der Seelenfreund, stärkt ihre Herzen in der Liebe Jesu Christi, und macht sie freudig in allerlei Trübsal, damit die ihnen anvertrauten Seelen gerettet und durch ihren Dienst zum Himmel geführt werden. - Der Hohepriester des alten Testaments trug einen Schild mit 12 Edelsteinen besetzt, in welche die Namen der 12 Stämme Israels eingegraben waren, auf seiner Brust. Ein schönes Vorbild für die rechtschaffenen Diener der Gemeine im neuen Testament. Die Namen wurden in Edelsteine gegraben, um den hohen Werth der Seelen anzudeuten, sie hat Gott seinen Dienern gleichsam auf's Herz gebunden, und will, daß sie geliebt werden, wie das eigene Herz. Dazu erweckt Er sie durch seinen Geist, und die Liebe Christi dringet sie dazu. Demnach dienet Alles den Seelen der Menschen, Gott selbst und was im Himmel und auf Erden ist. Der Mensch spricht: „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“ - Gott dagegen sagt: „Alles, was Leben und Kräfte hat, diene der Seele“ O wie hochgeschätzt ist also dieselbe bei dem Herrn, ihrem Gott! - Lasset euch aber nicht verdrießen, daß ich so oft auf die hohe Würde der Seele aufmerksam mache; es ist wohl der Mühe werth, auch wäre zu wünschen, daß alle Christen dieß wohl beherzigten, und daß es allen von Kindheit an eingeprägt würde. Alle sollten wissen, wozu sie Gott erschaffen und mit einer vernünftigen, unsterblichen Seele begabt hat; warum Er sie durch das theure Blut seines Sohnes erkauft, mit seinem heil. Geist versiegelt, mit seinen Engeln umgeben und einer so großen Gnade und Güte gewürdigt hat. - Leider aber kennt sich die Seele oft selbst nicht. Sie versteht ihren Adel und Herrlichkeit nicht, und läßt sich so leicht zu nichtswürdigen Dingen verleiten. - Die kleinen Kinder setzen sich mit den kostbarsten Kleidern in den Sand, und spielen in ihrer Unwissenheit mit Scherben oder Puppen. Ebenso vergißt auch unsere Seele gar oft ihre Hoheit, hängt sich an zeitliches und vergängliches Gut, sucht ihre Freude an dem Irdischen, und will in ihrer Thorheit ihren Schmuck gegen eiteln Tand vertauschen. - Darum merke auf, du edle Seele, und siehe, wohin dich dein Gott gesetzt und wie hoch Er dich erhoben hat? Du bist versiegelt mit dem Siegel des lebendigen Gottes, bist die Wohnung des Höchsten, die Er sich zur Ruhe erwählt hat. Seine Engel begleiten dich auf allen deinen Wegen, wachen um dein Bette, wenn du schläfst, trauern mit dir, wenn du betrübt bist, und stärken dich in Angst und Noth, sie nehmen Theil an deiner Freude, hören und sehen dir zu, wenn du deinem Gott dienst, Ihn anbetest und seine Güte preisest, sie wünschen auch nichts anders als deine zeitliche. und ewige Wohlfahrt. Diesen Sinn hat der gute Gott den höhern Geistern eingepflanzt, daß sie sich ganz deinem Dienste widmen; ihre Gaben, ihre Weisheit, ihre Sorge, ihr Gebet, ihr Leben ist dein, sie sind bereit, Alles zu thun, nur damit du zu Gottes Preis im Glauben, in der Liebe, in der Hoffnung befestigt und zur Seligkeit erhalten werdest. - Was willst du also thun, o Christ, und was erwählst du für dich? Ist die Sünde oder die Gottseligkeit besser? Willst du nicht lieber ein Tempel des hell. Geistes als eine Wohnung des Satans seyn? Ist es nicht besser, den Geist Gottes zum Freund, zum Tröster, zum Beistand zu haben, als den höllischen Geist, der uns zum Bösen verführt? Ist nicht die Gesellschaft der Engel besser, als die der Teufel? Ist es nicht besser, den Dienern der Gemeine eine Freude zu machen, als sie zu betrüben und ihr Seufzen wider sich zu haben? Warum wolltest du deine hohe Bestimmung verlassen und dich ins Elend stürzen? Ist es die schnöde Lust der Sünde und die vergängliche Freude der Welt werth, daß man um ihretwillen die Gnade Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes verscherzt und sich zu abgesagten Feinden des menschlichen Geschlechts gesellt? - Das sey ferne! - Darum führe allezeit einen guten Wandel und betrage dich so, wie es einem Kinde Gottes zusteht. Schreibe die Worte des Apostels in dein Herz: „Wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, welchen ihr habt von Gott, und seyd nicht euer selbst? Ihr seyd theuer erkauft. Betrübet nicht den Geist Gottes, damit ihr versiegelt seyd auf den Tag der Erlösung.“ Fliehet das gottlose Wesen der Welt und meidet jede Gelegenheit zur Sünde: „Dein Lebenlang habe Gott vor Augen und im Herzen, und hüte dich, daß du in keine Sünde willigest.“ Verwahre dich täglich vor dem Bösen durch die Betrachtung deiner hohen Würde, die du durch Gottes Gnade in Jesu Christo erlangt hast. Und, weil du weißt, daß die heiligen Engel überall um dich sind, so lebe als ein Engel unter den Engeln, in der Furcht Gottes, in Keuschheit und Mäßigkeit, hüte dich mit allem Fleiß, daß du diese deine Freunde nicht betrübst und dagegen den bösen Geistern eine Freude machst. Betrübe auch die Lehrer nicht, die über deine Seele wachen, sie sind ohnehin geplagt genug; denn es ist leider dahin gekommen, daß die eifrigsten Diener Christi ihr Amt mit beständigem Seufzen führen, und traurig leben und sterben müssen, weil sie sehen, daß das gottlose Wesen mit Macht zunimmt, und das wahre Christenthum täglich mehr verschwindet. Seitdem her Satan die Gottesläugner gesandt hat, ist Christus und sein Wort und seine Diener bei Vielen zum Gespötte geworden. O geselle dich nicht zu solchen gottlosen Leuten, und betrübe nicht noch mehr die rechtschaffenen Diener Jesu Christi; sondern gehorche ihnen, daß sie ihrem Gott danken können, so oft sie dein gedenken, und daß sie dich mit Recht die Krone ihres Ruhms, ihre Ehre und Freude nennen, und dich als eine gesegnete Frucht ihrer Arbeit dem Herrn Jesu bei seiner Zukunft darstellen mögen. - - Prüfet daher auch euren bisherigen Wandel, meine liebe Christen, ob derselbe eurem Taufbund und der Herrlichkeit eures Berufs gemäß gewesen sey oder nicht? O wie viele Herzen findet man unter den Christen, die nicht wissen, warum sie Christen sind, und die in ihren Sünden und in der größten Sicherheit dahin leben, wie die Heiden. -Das Thier achtet nicht auf des Himmels Lauf, wenn es nur seine Krippe voll hat, und mancher Käfer ergötzt sich an dem Düngerhaufen, wenn gleich über demselben Rosen in voller Blüthe stehen; so gibt es leider viele Christen, denen der Schlamm der Sünde lieber ist, als der lautere Strom der Gnade Gottes, sie achten nicht auf die Würde ihrer Seele, nicht auf die Herrlichkeit, welche dieselbe bei Gott durch Christum hat, wenn sie sich nur mit der Freude, Lust und Ehre der Welt sättigen können. Ach, wie mancher Mensch betrübt täglich den heiligen Geist, verunreinigt dessen Tempel in sich, vertreibt die Engel, und quält die Herzen derer, die für seine Seele wachen! Prüfe dich wohl, o Mensch! ob du nicht auch zu dieser Zahl gehörest, und bisher deine Seele zum schmählichen Dienste des Satans und der Sünde hingegeben hast? Ach, kehre wieder! Kehre wieder du Abtrünniger, gedenke, durch was du gefallen bist, und thue Buße! Vielleicht hast du bisher aus Unwissenheit und Unverstand gesündigt, und dachtest nicht an die Herrlichkeit der Kindschaft Gottes, die dir in der Taufe geschenkt wurde? Vielleicht hast du die mancherlei Wohlthaten und die Güte Gottes, die Er an dich gewendet hat, nicht verstanden? Nun aber, nachdem du dieses hörst und liesest, kannst du dich mit der Unwissenheit nicht mehr entschuldigen, und darfst glauben, daß alle Sünden, die du nun begehst, um einen Centner schwerer sind als die vorigen. Darum kehre wieder zu deinem Gott und seiner Gnade, kehre wieder du verlorner Sohn, zu deinem liebreichen Vater, der längst nach dir sieht, und dich mit offenen Armen erwartet! Kehre zurück, du Verführter, und bringe dein unreines Herz zu den Wunden Jesu Christi, und denke an die Worte des gnädigen und barmherzigen Gottes: „Ich will rein Wasser (den heiligen Geist) über euch sprengen, daß ihr rein werdet von aller eurer Unreinigkeit, und will ein neu Herz und einen neuen Geist in euch geben.“ - Warum, o Mensch, willst du noch länger ein Feind deines gnädigen und gütigen Gottes bleiben? Warum soll das theure Lösegeld Jesu länger an dir verloren seyn? Warum versagst du dem heiligen Geist die Wohnung m deinem Herzen? Ist es denn besser, den Satan, als diesen Tröster bei sich zu haben? Ist es recht, einen Feind zu beherbergen und den treuen Freund hinauszustoßen? Siehe, noch jetzt schwebt der Geist Gottes als Bote des Friedens über deinem Herzen, warum willst du dich weigern, Ihn anzunehmen? Laß es genug seyn, daß du die vergangene Zeit deines Lebens zugebracht hast nach dem heidnischen Willen, daß du gewandelt hast in Unzucht, Lüsten, Völlerei und Trunkenheit, und lebe die Zeit, die du noch zu leben hast im Fleisch, dem Willen deines gütigen und liebreichen Gottes! Erfreue die Engel, die du bisher mit deinen Sünden betrübt hast, nun auch mit deiner Sinnesänderung. Siehe, die Boten Gottes bieten dir den Frieden an, sie bitten dich an Christi Statt: „Laß dich versöhnen mit Gott.“ Du solltest billig den Frieden suchen, und wenn Gott dir die Versöhnung nicht anbieten würde, derselben nachgehen, wie ein Hirsch dem frischen Wasser; du solltest zu der Gnade des gekreuzigten Jesu auf den Knieen kriechen, weil dort Versöhnung zu finden ist. Du solltest sie mit all deinem Gut, ja mit den Schäden der ganzen Welt erkaufen; und du wolltest dich lange bedenken, sie anzunehmen, da sie dir aus lauter göttlicher Güte und Barmherzigkeit umsonst angeboten wird? Siehe, die Prediger bieten dir von Gott einen Oelzweig an, und du willst solchen mit einem Dornenstrauch erwidern? Sie ballen dir die Barmherzigkeit Gottes vor, und du setzest derselben deine Hartherzigkeit entgegen? Sie zeigen dir die offenen Wunden Jesu, und hu schließest dein Herz fest zu vor denselben? Sie weinen, sie rufen, sie bitten dich, und du spottest ihrer? Wie lange willst du so rasend seyn, und wider deine Seele streiten? Wie lange soll man dich noch bitten, du möchtest dir doch zum Himmel und zur Seligkeit helfen lassen? Ach Herr, Herr Gott! Barmherzig, gnädig, geduldig und von großer Gnade und Treue! Habe noch eine Zeitlang Geduld mit denen, die deine Gnade bisher verachtet haben! Wir wollen diese unfruchtbaren Bäume noch fleißig umgraben, sie bedüngen und begießen, ob sie nicht noch Früchte bringen würden! Wir wollen nicht nachlassen, sie zu bitten, zu ermahnen, und ihnen deine Güte in Christo durchs Wort vorstellen, ob sie sich vielleicht nicht erbitten und gewinnen lassen! Ach Gott! gedenke, daß es Seelen sind, die Du zum ewigen Leben erschaffen, mit dem Blut deines Sohnes erlöst, und durch deinen Geist zu deinem Reich berufen hast! Es sind verirrte und verführte Schafe, Herr Jesu, Du treuer und guter Hirte! Suche und bringe sie zurecht, so wollen wir dir danken in Ewigkeit. Amen.