Ich habe mir leicht die Rechnung zu machen, daß es Viele Wunder nehmen wird, daß ich bei so kümmerlichen Zeiten diese meine Arbeit öffentlichem Druck übergebe; darum ich nicht Umgang haben kann, von Einem und dem Andern einen kurzen Vorbericht zu geben. Diese gute Stadt hat den uralten löblichen Gebrauch, daß in ihren Pfarrkirchen alle Jahr viermal der kleine Katechismus Luthers erkläret, und in der St. Nikolai-Kirche am ersten Advent, in St. Maria an Estomihi, in St. Jakob am Trinitatisfest, in St. Petri am ersten Sonntag nach Egidii (1. Sept.) der Anfang gemacht, die Woche hindurch fortgesetzt, und am nächstfolgenden Sonntag zu Mittag mit der Predigt vom hochwürdigen Abendmahl geschlossen wird, da indessen alle andern Predigten am Sonntag zu Nachmittag und in der Woche eingestellt, und die Katechismuspredigten von der ganzen Stadtgemeinde in der Kirche, an welcher die Ordnung ist, besuchet werden. Als nun in dem jetzt zu Ende eilenden Jahr 1658 mein hochgeehrtester und lieber Herr Collega, Gevatter und großer Freund, Herr Petrus Belkovius, treufleißiger, wohlverdienter Pastor an St. Jakob allhier, von dem lieben Gott mit einer schmerzlichen Krankheit heimgesucht war, kam das Fest Trinitatis heran, da die Katechismuspredigten in St. Jakob sollten gehalten werden. Und wollt' es nach Gottes Willen einen Weg wie den andern nicht sein, daß er jene Predigten selbst verrichten sollte, darum er denn endlich bewogen wurde, solche Arbeit mir freundlich aufzutragen, die ich auch gerne übernommen, und die Predigten, so wie sie hier sind, aufgesetzet, und vermittelst des himmlischen Beistandes fast unverändert gehalten habe. Wobei denn der heilige Geist vielen Zuhörern das Herz also gerühret, daß sie nicht allein mit unermüdetem Fleiß mir die ganze Woche in Menge zugehöret, sondern auch alsofort durch Einen und Andern mich ganz freundlich ersuchen lassen, daß ich sie zum Druck übergeben möchte, mit dem Erbieten, daß, wiewohl sie in großem und fast unerträglichem Beschwer säßen, sie dennoch gern Etwas darauf wenden wollten, weßhalben ich denn in weniger Zeit die Predigten auf's Reine gesetzt, übersehen und im Namen Gottes zum Druck übergeben habe.
Sollte sich denn nun Jemand finden, dem die in diesen Predigten gebrauchte Lehrart nicht gefallen wollte, so muß ich bekennen, daß ich selbst Einer von denen bin, welchem meine Arbeit nicht allzeit zum Besten gefällt, weil ich mir selbst, und vielleicht auch Andern es nicht gut genug mache, wenn ich von göttlichen, geistlichen Dingen, wie es meine Amtspflicht fordert, öffentlich zu reden habe. Jedoch kann ich das mit Wahrheit sagen, daß all' meiner Gedanken, Reden, Gleichnisse, Erzählungen, Lehrarten und Betrachtungen einiger endlicher Zweck sei die Ehre meines lieben Gottes und Erbauung meiner mir so theuer befohlenen Zuhörer, und zu dem Ende pfleg ich, was ich in alten und neuen Schriften, bei Gottes- und Weltgelehrten, bei Juristen, Aerzten und Philosophen finde, fleißig zu bemerken und bei gegebener Gelegenheit, doch mit reifem Nachdenken, anzuwenden, allermaßen wie ein Gärtner und Blumenliebhaber ein edles Kraut und schönes Blümlein aus weitem wildem Feld in seinen Lustgarten überträgt und versetzet. So will es auch die Beschaffenheit der letzten Zeiten fast nicht anders leiden, da man der meisten Menschen Herzen einem verderbten und krankhaften Magen ähnlich findet, dem man zuweilen mit sauren und süßen Gerichten eine Lust zum Essen machen muß.
Was die abgehandelten Sachen selbst betrifft, wird, so Gott will, Nichts daran sein, das von der einigen Richtschnur der heiligen göttlichen Schrift und nebst derselben von der Augsburgischen Confession und dem Concordienbuch im Geringsten sollte abtreten; und wie ich mich mit Herz und Mund zu gedachten Büchern bekenne, also will ich auch Dieses und Alles, was ich lehre und schreibe, nicht anders, als nach denselben gedeutet und verstanden haben.
Aus diesem nun wird Jedermann ersehen, wie ich ganz unverhofft und ohn' einiges Gesuch eigener Ehre und Nutzbarkeit zu Verfertigung und Publicirung dieses geringen Werkleins veranlaßt, und demnach desto mehr wider aller Uebelgesinnten Mißdeutung zu entschuldigen bin. Dessen ich mich denn gänzlich versichert halte, und bitte schließlich Gott und den Vater unsers Herrn JEsu Christi, daß Er die güldene Katechismuslehre gnädigst bei uns und unseren Nachkommen erhalten. Seine werthe hochbetrübte und hochbeschwerte Christenheit mit beständigem Frieden dermaleins erfreuen, oder durch Seines lieben Sohnes hochverlangte Erscheinung aus dem Stückwerk in die Vollkommenheit, aus dem Glauben in's Schauen uns bald verhelfen wolle!
Stendal, 16. Dezember 1658.
M. Chr. Scriver.