Gotthold kam ungefähr zu einem Ameisenhaufen und sah eine Weile der Arbeit dieser mühsamen Thierlein mit Lust zu, dabei er sich erinnerte der Worte Salomos: Gehe hin zur Ameise, du Fauler! siehe ihre Weise an und lerne! ob sie wohl keinen Fürsten, noch Hauptmann, noch Herrn hat, bereitet sie doch ihr Brod im Sommer und sammelt ihre Speise in der Erndte. Sprüchw. 6, 6. ff. Bald dachte er bei sich selbst: mein Gott! man soll wol Leute finden, die in Bereitung und Anschaffung des zeitlichen Vorraths nicht weniger Müh und Sorgfältigkeit, als diese Thierlein anwenden, aber wie gehts immermehr zu, daß wir einen geistlichen Vorrath für unsere Seele zu sammeln so schläfrig sind? Gleichwie diese Thierlein oft einen Splitter, ein Sträuchlein oder sonst etwas, welches größer ist, als sie selbst, daher mehr wälzen, als tragen, so bürden sich die Menschenkinder oft eine Sorgenlast auf, die ihnen zu schwer fällt und, wenn es recht bedacht wird, nicht so viel Nutzens, als ein solches Reislein werth, in sich hat, und das ists, was dein Prophet sagt: Sie machen ihnen viel vergeblicher Unruhe, sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird. Ps. 39, 7. An das Ewige aber wird am wenigsten gedacht, und auf die Zeit ohne Zeit wird die geringste Zeit angewandt. Nun ich weiß, daß mich auch dermaleinst der Winter betreten wird; wenn du entweder, mein Gott! schwere Anfechtungen über mich verhängen solltest, oder wenn der Tod herzunaht, da will ich mir nun die edlen Körnlein der theuersten Sprüche der Schrift unabläßlich einsammeln und in meinem Herzen verwahren, auf daß es mir, wenn alles andere zerrinnt, an einem Vorrath zum Trost meiner Seele nimmer fehlen möge.