Schwenckfeldt, Caspar - Aus Briefen über die Wiedertäufer

So wurde auch Schwenkfeld für einen Wiedertäufer gehalten: „des Kindertaufs halben,“ schreibt er an Johann Bader, „der gibt mir wahrlich gar nichts zu schaffen. Ich hab auch mein Lebtag von Kindertauf mit Niemand je geredet. Wie ich nun des Kindertaufs halben in's Geschrei kommen, wie zuvor des anderen Sacraments halben, das ist Gott bekannt und sei ihm befohlen. Darum irret ihr gewisslich daran, dass ihr meinet, der Eifer wider den Kindertauf sei größer bei mir, denn ihr gedacht habt. Ich weiß, was Schadens der Kindertauf ins Christenthum eingeführt hat. Ihr habt zwei Schlösser, damit ihr euren heiligen Kindertauf zu erhalten vermeint: Die Beschneidung der Juden und die Versehung der Christen. Darauf setzet ihr allen euren Grund und verstehet doch derselben keines recht. Die Beschneidung haltet ihr entweder für eine Consecration, damit die Kinder Gott aufgeopfert wurden, oder für ein Symbolum regenerationis, so es doch allein ein Zeichen war eines figürlichen Volkes und deutet auf die Zukunft Christi im Fleische … Ihr könnt in Wahrheit nicht sagen, dass weder ich, oder auch, soviel mir bewusst, irgend ein Wiedertäufer die Kinder verdammt habe. Sie sagen, dass sie alle selig seien. Haltet ihr, dass den Kindern die Seligkeit durch den Wassertauf gegeben werde, so solltet ihrs frei anzeigen und aus der heiligen Schrift beweisen. Da hättet ihr doch erst Ursach', wider den Geist der Wiedertäufer zu schreien und zu schreiten. Wiewohl ich kein Wiedertäufer, noch auf ihre Weise getauft bin, kann ich doch aus eurem Schreiben spüren, dass ich deshalb bei euch nicht ohne Verdacht bin: Sollten aber die alle Wiedertäufer sein, die vom Kindertauf nichts halten, so sind jetzt überall Wiedertäufer.

Die Wiedertäufer sind mir deshalb desto lieb, weil sie sich um die göttliche Wahrheit etwas mehr, als viele der Gelehrten bekümmern. Wer Gott im Ernst suchet, der wird ihn finden. Dass ihr sie blinde Winkeltäufer und des Teufels Märtyrer heißt, das werdet ihr vor Gott verantworten. Ihr sollet von solchem schweren Eifer wider die armen Leute bei Weiten abstehen. Deshalb sag ich frei, wenn ich soviel Ursach, die Wiedertäufer umzubringen gegeben hätte, als Ihr und andere mit Eurem fleischeifrigen, unchristlichen Ausschreiten gethan habt, so könnt es mein Gewissen in Ewigkeit nicht überwinden; ich müsst darüber vor Gott eine ernste Buße thun. Dass Ihr aber Euch damit entschuldigen wollet, als ob sie Euch dazu hätten verursacht, das ist gar nichts geredet, und Ihr macht Eure Sache vor Gott und der Welt nur noch ärger: denn es soll keine Ursache so groß sein, dass einer seinem Nächsten dadurch den Tod wünsche.

Damit will ich aber etliche irrige Wiedertäufer oder deren Vorsteher keineswegs entschuldigt haben. Ich sehe auf das, was Euch als einem gottergebenen Manne zugestanden hätte.“

„Nun kann ichs nicht leugnen,“ sagt Schwenkfeld in einem anderen Schreiben, da der Landgraf Philipp von Hessen seine Ansicht über die Kindertaufe vernehmen wollte, „dass ich den Kindertauf nicht halte für den Tauf Jesu Christi, sondern für ein Menschengesetz und noch nicht glauben kann, dass die Apostel unmündige Fleischkinder getauft haben. Ob ich nun gleich vom Kindertauf noch nicht soviel halten kann, so will ich mich doch daneben bedinget haben, dass ich darum kein Wiedertäufer bin, auch allen ihren Tauf für unrecht halte, weil das Reich Gottes nicht in äußerlichem Taufen oder Wiedertaufen, sondern in Jesu Christo und im wahren lebendigen Glauben ist. Man hält sich an rein äußerliche Dinge: Man forscht mehr, wann die Taufe eingesetzt, wem sie zuständig ist und ob man die Kinder taufen oder nicht taufen solle, als was das Wesen der Taufe sei, was für Nutz und Wirklichkeit sie in sich habe. Billiger wäre es zu forschen, wie wir mit dem hl. Geiste innerlich im Herzen getauft und vor Gott rechtschaffene Christen würden.“