Inhaltsverzeichnis

Schrenk, Elias - Andachten über das 1. Buch Mose

1. Mose 1,31.

Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut.

Heute kann uns dieses Wort gar wehmütig stimmen. Wenn wir um uns her blicken in Gottes Schöpfung, so ist Vieles nicht mehr gut, am wenigsten wir Menschen. Das Dichter des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf, sprach Gott nach der Sintflut. Und weil wir böse geworden sind, so ist Vieles um uns her auch böse geworden: „Verflucht ist der Acker um unsertwillen“. Es soll uns tief demütigen, dass unsere Sünde Alles verdorben hat. Wie muss es unsern Gott betrüben, wenn er sieht, wie ihm die Menschen Alles verpfuscht haben und immer noch verpfuschen. Dürften wir allein auf die Verwüstung durch die Sünde blicken, so müssten wir verzagen. Gott sei Dank! es ist Hoffnung auf eine neue Zeit da. Derselbe Gott, der im Anfang Alles gut machte, spricht in Offenb. 21,5: Siehe, ich mache Alles neu! Das ist ein Trostwort, das durch die ganze Schöpfung hindurch geht, bis es erfüllt sein wird und ein neuer Himmel und eine neue Erde da sein werden. Diese Neuschöpfung Gottes hat begonnen in Christo. Vorbereitet wurde sie schon im alten Bund; aber erst im Menschensohn, im zweiten Adam sehen wir, wie Alles neu werden soll. An ihm war keine Spur vom Fall zu sehen. Zwei Mal sprach der Vater über ihm aus: „Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Dieses Wort harmoniert mit dem Schöpfungswort: siehe da, es war sehr gut. Jesus der Menschensohn ist der Erstgeborne unter vielen Brüdern; in Allen, die durch den Glauben Reben an ihm geworden sind, beginnt die Erneuerung der Schöpfung.

Jesu Geist heiligt uns durch und durch, ganz samt Leib, Seele und Geist, so dass in Wirklichkeit wir unserem erstgebornen Bruder ähnlich sein werden. Hat er sich so eine Gemeinde erneuert und gesammelt, so wird er mit Seiner Gemeinde in Herrlichkeit offenbar werden, und dann die Kreatur führen zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes, und dann wird es für ewig heißen: siehe da, es ist sehr gut.

Dir sei Anbetung, Du barmherziger Gott, dass Du Deinen Schöpfungszweck festhältst. Verwirkliche ihn auch bei mir, und erneure mich ganz in Dein Bild, damit ich mitseufzen kann: Herr mache Alles neu! Amen.

1. Mose 13,9.

Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten, und willst du zur Rechten, so will ich zur Linken.

Was werden wohl die Kananiterfürsten gesagt haben, als der ältere Abraham dem jüngeren Lot das prachtvolle Sodomtal mit seinen herrlichen Weideplätzen überließ, und sich mit weniger schönem Weideland begnügte? Sie werden gesagt haben, Lot ist ein schlauer Mensch, er versteht sein Geschäft und wird den Alten an Reichtum weit überflügeln. Und der Alte ist ein einfältiger Mensch, sonst ließe er sich so etwas nicht gefallen. Ja, so redet die Welt; sie sieht, was vor Augen ist, und rechnet ohne den Wirt, d. h. ohne Gott. Das Gras war schön im Sodomtal; aber die Menschen waren schlecht. Mit schlechten Menschen zusammenwohnen ist immer bedenklich. Kommt Gottes Gericht über sie, so müssen wir es auch tragen. So ging es Lot: zuerst verlor er durch Krieg sein Vermögen, und kam mit seiner Familie in Gefangenschaft, aus der ihn dann Abraham samt seiner Habe erretten musste. Und schließlich verlor Lot bei der Zerstörung Sodoms alles Vermögen und sein Weib, und rettete nur sein und seiner Töchter nacktes Leben. Nicht eine Seele konnte er von den Sodomitern erretten; er selber und seine Familie waren im Gegenteil in beständiger sittlicher Gefahr. So wurde der schlaue Rechner zu Schanden, und stand schließlich als „ruinierte Existenz“ da. Und Abraham? Der vor der Welt einfältige Abraham rechnete mit Gott, vertraute seinem Gott und sah nicht auf das, was vor Augen war. Die Folge war reicher irdischer und geistlicher Segen, so dass er immer angesehener und einflussreicher wurde, und für einen weiten Kreis ein Segen war und heute noch ein Segen ist, wo sein Name genannt wird. Rechnest du wie Lot, oder wie Abraham?

Herr, hilf mir in den Fußstapfen Abrahams wandeln, und lehre mich in allen Dingen mit Dir rechnen. Amen.

1. Mose 18,30.

Und Abraham sprach: zürne nicht, Herr, dass ich noch mehr rede.

Abraham war, wie Jakobus sagt, ein Freund Gottes, weil er im Glauben stand und mit Gott vertraut war. Wie wir unseren Freunden Geheimnisse anvertrauen, so lässt auch Gott seine Freunde seine Geheimnisse wissen. Dieses Verhalten Gottes hängt mit der Reichsstellung der Seinen zusammen. Abraham war von Gott zum Segensträger für alle Völker erwählt; er stand also mit Wohl und Wehe auch der ihn umgebenden Stämme in priesterlicher Beziehung. Ein Beweis hiervon waren seine Altäre, die er an verschiedenen Orten aufrichtete, und durch die er seine Stationen im Land der Verheißung zu Stätten der Anbetung weihte. Auch jetzt trat seine priesterliche Stellung klar hervor, als ihm der Herr das Gericht über Sodom und Gomorra offenbarte. Er hörte die Mitteilungen des Herrn nicht nur stillschweigend an, sondern legte Fürbitte ein, wozu allerdings durch seinen Verwandten Lot noch besondere Veranlassung vorhanden war. Er bittet um Verschonung der Städte, wenn fünfzig Gerechte darinnen wären und seine Bitte wird ihm gewährt. Er hat hierbei aber keine Ruhe, sondern steigt mit seiner Fürbitte immer weiter herunter, bis zu zehn Gerechten, und selbst zu dieser Bitte lässt sich der Herr herab, er will die Städte verschonen auf Abrahams Eintreten hin, wenn nur zehn Gerechte darinnen sind. Wir stehen hier vor einer großen Tatsache; wir lernen die Bedeutung eines gläubigen Beters kennen, für die Entwicklung des Reiches Gottes und sehen zugleich, wie zehn Gerechte das Gericht Gottes über eine ganze Gegend aufhalten können. Von welcher Tragweite ist doch die Stellung wahrhaft gläubiger Menschen! Traurig war es, dass in Sodom und Gomorra nur ein wirklich Gerechter war, Lot. Bei seiner Frau reichte es nicht, bei den Töchtern auch nur halb und so musste das Gericht seinen Lauf nehmen.

Barmherziger Hoherpriester! mache mich zu einem lebendigen Glied Deines königlich priesterlichen Volkes! Amen.

1. Mose 22,3.

Abraham stand des Morgens früh auf und ging hin an den Ort, davon ihm Gott gesagt hatte.

Abraham stand des Morgens früh auf, um die größte Glaubens- und Gehorsamstat zu vollbringen, die uns in seinem Leben berichtet wird, um seinen Sohn Isaak zu opfern. Ohne Zweifel schlief noch fast Jedermann in seinem Gehöft, als er am frühen Morgen mit seinem Gott aufstand. Ich bin in meinem Leben vielen Kindern Gottes begegnet und habe die stille Wahrnehmung gemacht, dass die, welche früh aufstehen, um ihrem Gott zu begegnen und mit ihm allein zu sein, zu den geheiligtsten Personen gehören, die ich gesehen habe, und darum auch die gesegnetsten Werkzeuge für andere sind. Manche Christen haben einen kranken Leib, und wer wollte ihnen ein Gesetz machen mit dem früh aufstehen? Bist du noch jung, so weihe deinen Leib deinem Heiland. Gib nicht deine besten Kräfte den bösen Lüsten und Begierden, sondern bewahre deine Gesundheit als ein Kleinod, das dir vom Herrn geschenkt ist. Und dann beherzige das Wort: „Morgenstund hat Gold im Mund.“ Stärke dich täglich früh in Gott und seinem Wort; ziehe Kräfte der Ewigkeit an, und dann gehe im Namen des Herrn an dein Tagewerk, und bleibe den Tag über in der Festung der Gnade Gottes. Dann wirst du viel Frucht bringen für die Ewigkeit. Auch in unserm Leben gibt es Gänge nach Morija, wie bei Abraham; wir können sie nur tun, wenn wir uns im stillen Kämmerlein wappnen mit dem Glaubensgehorsam, der im Heiligtum wächst. Wie nötig sind solche Ermahnungen in unserer Zeit mit ihrem vielen Getriebe!

O, mein Gott! ich habe viel gesündigt durch verkehrte Zeiteinteilung; ich habe oft zu viel gearbeitet und zu wenig gebetet. Vergib mir alle meine Sünden und Torheiten, und segne Du die Gnadenzeit reichlich, die Du mir noch schenken willst. Amen.

1. Mose 22,12.

Nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen.

Den alttestamentlichen Gottesmenschen waren Kinder eine Gabe Gottes; den Kindern Gottes im Neuen Bund sind sie auch Gabe Gottes. Die vielen Christen, die über Kinder anders denken, sind keine Kinder Gottes; ihre Anschauungen sind durch allerlei geheime Sünden verfinstert und tragen den Stempel der Gemeinheit. Isaak war für Abraham in besonderem Sinn eine Gabe Gottes; als Sohn der Verheißung wurde er ihm zu einer Zeit geschenkt, in der er nach Naturgesetzen keinen Sohn mehr erwarten konnte. Die Erfüllung aller Verheißungen, die Gott dem Abraham gegeben, war an Isaak gebunden und nun verlangte Gott, er solle Isaak opfern. Das war die größte Probe, auf die Gott den Glauben Abrahams stellen konnte. Was war wohl der Zweck des Herrn bei dieser Forderung an Abraham? Der Zweck war ein doppelter: erstens sollte Abraham beweisen, ob er seinem Gott auch das Liebste, ob er ihm Alles opfern könne. Zweitens sollte Abraham zeigen, ob er in Betreff aller ihm gegebenen Verheißungen Gott auch dann vertrauen könne, wenn es gegen allen Menschenverstand ginge. Abraham bestand diese Doppelprobe, indem er Isaak auf den Altar legte. Unser Gott führt alle seine Leute ähnlich; er lässt Stunden kommen, in denen die Frage in einem Kind, oder auf andere Weise vor uns liegt: kannst du mir das Liebste geben? Er lässt uns Erfahrungen machen, durch die die sogenannten schönsten Hoffnungen vernichtet werden. Sieht er, dass er uns über Alles geht, dass wir ihm den Isaak auf den Altar legen und unbedingt vertrauen können, so kann er wie bei Abraham den Isaak zurückgeben; oder aber viel Herrlicheres schenken.

Herr, Deine Wege sind Wunderwege. Ich danke Dir für alle Prüfungen und auch für alle Züchtigung. Erhalte mich nur an Deiner Hand. Amen.

1. Mose 26,24.

Ich bin der Gott deines Vaters Abrahams. fürchte dich nicht; denn ich bin mit dir und will dich segnen und deinen Samen mehren um Abrahams, meines Knechtes willen.

Es ist eine überaus liebliche und besonders für Eltern und Kinder beherzigenswerte Redeweise Gottes dem Isaak und Jakob gegenüber, wenn er Beiden sagt: ich bin der Gott deines Vaters und sie zugleich merken lässt: ich bin auch dein Gott. Ach, wäre es doch so, dass jeder Vater in der Gemeinschaft mit Gott stände wie Abraham und die Kinder es dann vom Vater und von der Mutter absehen könnten, wie man zu Gott stehen soll. Wie viele Hilfsanstalten und wie viele Hilfsmittel setzt man in unseren Tagen in Bewegung für die gottlosen Eltern und die gottlosen Kinder, und doch können alle diese Dinge den frommen Vater und die fromme Mutter nicht ersetzen. Liebe Väter, liebe Mütter! wir haben den ersten und höchsten Beruf in der Welt, er liegt in der Familie, unter unseren Kindern. Kann Gott uns sagen: ich bin dein Gott, vor dem du wandelst, der dir wie Abraham über Alles geht? Und wenn wir einst nicht mehr hienieden sein werden, kann dann Gott zu unserem Kinde sagen: ich bin der Gott deines Vaters, deiner Mutter? Gib die Antwort im Kämmerlein vor dem Herrn. In unserer Gemeinschaft mit Gott liegt die Segensquelle für unsere Kinder. Ich will dich segnen um Abrahams, meines Knechtes willen, sprach Gott zu Isaak. Des Vaters Segen bauet den Kindern Häuser; aber der Mutter Fluch reißt sie nieder. Wenn Eltern einig sind im Herrn, einig in der Fürbitte für die Kinder, so ist das das größte Kapital für die Kinder. In solchen Familien ist Gott.

Gott, sei mir Sünder gnädig! vergib mir alle Fehler, alle Versäumnisse, alle Verkehrtheiten, die ich mir an den Meinen habe zu Schulden kommen lassen. Hilf mir, Dir in meinem Hause zu gefallen. Amen.

1. Mose 27,13.

Da sprach Rebekka zu Jakob: Der Fluch sei auf mir, mein Sohn; folge du nur meiner Stimme, gehe hin und hole es mir.

Esau sollte als der Erstgeborene von seinem Vater Isaak gesegnet werden. Die Mutter Rebekka hatte den jüngeren Sohn Jakob lieber, als Esau und suchte ihrem Liebling den Segen zuzuwenden. Das konnte sie nur durch Betrug. Sie dringt in Jakob, er möge sich verstellen, seinem Vater sagen, er sei Esau, um so den Segen zu erlangen. Welch große Sünde war es doch für Rebekka, ihren eigenen Mann betrügen zu helfen, und ihr eigenes Kind zum Betrug zu verführen. Wehe der Frau, die ihren Mann betrügt, und wehe den Eltern, die ihren Kindern Ärgernis geben durch Verleitung zur Sünde! Der Fluch kann nicht ausbleiben. Es ist eine ganz gewaltige Verblendung, Segen durch Lüge erwerben zu wollen. Lüge kann nur Unsegen bringen, und doch sehen wir Viele in unseren Tagen, die ganz ähnliche Kunstgriffe anwenden, wie Rebekka, um irdische Vorteile zu erlangen. Diese Armen! Wüssten sie doch, dass sie Fluch säen, und Fluch ernten werden für sich und ihre Nachkommen! Wer nicht mit Gott sammelt, zerstreut. Was hat Jakob geerntet, weil er nicht warten konnte, bis der Herr ihm den Segen zuwandte? Flucht, Vielweiberei und allerlei Not. Es ist auch ein Betrug, Jemand zur Sünde zu verleiten und ihm zu sagen: „Dein Fluch sei auf mir“. Nur Einer konnte den Fluch aller Anderen tragen; wir können Anderen den Fluch nicht abnehmen. Wir Alle sind vor Gott selbstverantwortlich, und sollen unsere Kinder auch zur Selbstverantwortlichkeit erziehen. Fürchte Gott!

Herr, mein Gott! Bewahre die Eltern vor Ärgernisgeben und hilf ihnen, einander aufrichtig zu lieben, und die Kinder in Deiner Furcht zu erziehen. Amen.

1. Mose 24,40.

Der Herr, vor dem ich wandle, wird seinen Engel mit Dir senden und Gnade zu Deiner Reise geben.

Abraham wandelte vor Gott. Die Gegenwart Gottes war ihm täglich lebendig. Es gehört mit zu der großen Armut unseres Geschlechtes, dass ihm die Gegenwart Gottes so sehr entschwunden ist. Wie hat Gott mit Abraham verkehrt, wie nahe trat er ihm immer wieder! So lernte Abraham glauben, dass sein Gott täglich mit ihm sei und es war ihm ein Anliegen, seinen Wandel unter den Augen Gottes zu führen. Im neuen Bund sollte das noch viel mehr der Fall sein. Gott will uns ja nicht nur nahe sein, sondern er will in uns wohnen. Unser Heiland hat uns verheißen: ich bin bei euch alle Tage. Kannst du sagen: Der Herr, vor dem ich wandle? Gott hatte einen Gnadenbund mit Abraham gemacht und so war die Gegenwart Gottes dem Abraham etwas Beseligendes. Wenn du in Bundesgemeinschaft mit Gott stehst durch das Blut des neuen Testaments, so ist dir seine Nähe auch köstlich, sie ist dir Bedürfnis. Durch die Gemeinschaft mit Gott treten wir überhaupt wieder ein in die Gemeinschaft mit der oberen Welt, so dass uns auch der Engeldienst wieder Realität wird. Abraham erfuhr den Engeldienst; ihm und allen alttestamentlichen Heiligen war es nicht unbekannt, dass die Engel ausgesandt sind zum Dienste um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit. Und so glaubte er an Engelgeleite für seinen Elieser, damit er für Isaak die rechte Frau finde. Sein Glaube wurde nicht zu Schanden. Der alte Knecht wurde wunderbar geleitet, so das Gottes Gnade sichtbar wurde. Lernen wir doch mit unserem Herzen im Himmel wandeln, während unsere Füße die Erde berühren, damit auch in unserem Leben Gottes Walten sichtbar sei.

Vater im Himmel! Du bist uns nahe gekommen in Deinem lieben Sohn, noch viel näher, als einem Abraham. So lass diese unaussprechliche Gnade dazu dienen, dass ich Dir immer näher komme, bis ich endlich heim komme und ewig bei Dir sein werde. Amen.