Der HErr ist nahe Allen, die Ihn anrufen. Ps. 145,18.
Es wird in diesem Psalm die unaussprechliche Größe Gottes, Seine Gewalt, Seine herrliche schöne Pracht, Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit, und Sein ewiges Reich hochgepriesen. Bei solchen Vorstellungen könnte aber ein schwacher Menschenverstand stocken und ungewiß sein, wessen er sich zu dem großen und gewaltigen Gott versehen, und wie er Ihm begegnen solle; darum zieht David Alles wieder in eine faßliche Enge zusammen, indem er sagt: der HErr ist nahe Allen, die Ihn anrufen. Bleibe also nicht mit einer Betäubung vor dem großen und herrlichen Gott stehen, begehre auch Seine Größe und Herrlichkeit nicht zu übersehen. Genug ist’s, wenn du einen heilsamen Eindruck zur Furcht Gottes V. 19. davon bekommst. Ruhe Ihn aber an als deinen Gott und HErrn, und als deinen Vater. Rufe Ihn mit Ernst oder in der Wahrheit an, so daß dein Mund und dein Herz, und beide mit dem geoffenbarten Willen Gottes übereinkommen, und dein Vertrauen auf Seine Verheißungen, die in Christo Jesu Ja und Amen sind, gegründet sei. Rufe Ihn an, denn der unaussprechlich große und herrliche Gott ist nahe denen, die Ihn anrufen. Er ist ihnen nahe nach Seiner Allgegenwart, und bedarf also nicht, daß sie laut schreien: Er ist nahe, und weiß also, was sie bitten, und es ist auch ihr Seufzen und stilles Verlangen Ihm nicht verborgen. Er ist aber so nahe, daß sie Sein göttliches Wesen, welches lauter Licht und Liebe ist, fühlen können. In diesem Verstand naht Er sich zu ihnen, wenn sie sich anbetend zu Ihm nahen. Die Anrufung Gottes ist also das gewisseste Mittel, eine Empfindung von dem göttlichen Wesen zu bekommen, und wenn diese Empfindung auch eine Bestrafung und Zermalmung in sich faßt, so ist sie heilsam; wenn sie aber erquicklich ist, so ist sie der Himmel auf der Erde, und ein Vorschmack des ewigen Lebens. Freilich wenn man nur mit seinem Munde zu Gott naht, und mit den Lippen Ihn ehrt, mit dem Herzen aber ferne von Ihm bleibt, so kann sich Gott der Seele nicht als ein wahrer Gott offenbaren, und man lebt gleichsam ohne Gott in der Welt. Die wahrhaftigen Anbeter aber, die Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten, empfinden, daß Gott als ein lebendiger Geist ihnen nahe sei. Die Israeliten empfanden dieses Nahesein Gottes am völligsten im Tempel, wo Gott Seine Wohnung hatte, und gingen deßwegen, um ihrer Schwachheit aufzuhelfen, sehr gern in den Tempel, um darin zu beten: allein David hat seinen Ausspruch nicht an den Tempel, oder die Stiftshütte gebunden, welche ohnehin von Vielen wegen der Entfernung nur selten besucht werden konnten, sondern überhaupt gesagt: der HErr ist nahe Allen, die Ihn anrufen. Er hat aber auch V. 19. hinzugesetzt: Er thut, was die Gottesfürchtigen begehren, Er höret ihr Schreien und hilft ihnen. Neben der Erquickung also, die man durch das anbetende Zunahen zu Gott erlangt, hat man auch eine Erhörung des Gebets und eine thätige Hülfe von Ihm zu erwarten. Wer sollte also nicht die Anrufung Gottes und das Bitten für eine höchst schätzbare Uebung des Glaubens, und die Erlaubniß dazu für eine sehr große Wohlthat halten?
Mel.: Mir nach, spricht Christus etc.
1.
Gott ist nicht ferne, Er ist nah’:
Das ist ein Trost der Seinen;
Geh’n sie durch’s Feu’r,
so ist Er da,
Mit Hülfe zu erscheinen,
Und geh’n sie durch die Wasserfluth,
So ist Er da, der Hülfe thut.
2.
Der Fremdling traut dem HErrn in Noth,
Der Wais’ dem nahen Vater,
Die Wittwe ihrem treuen Gott,
Der Arme dem Berather,
Im Kerker singt die Unschuld so:
Gott ist bei mir, das macht mich froh.
3.
Ein rohes Herz vergißt die Pflicht,
Daß ihm die Furcht gezieme,
Und der Verzagte merkt es nicht,
Und fliehet nicht zu Ihme.
Der Glaube aber scheut den HErrn,
Und ruft Ihn an, weil Er nicht fern.
4.
Gott, Dir sei Dank, der nahe ist,
Wenn wir in Ernst Dich beten,
Und lässest uns in Jesu Christ
So nahe zu Dir treten.
Bring’ dort uns vor Dein Angesicht,
So lobt und rühmt man Dich im Licht.
Ein Jeglicher prüfe sein selbst Werk, alsbald wird er an ihm selber Ruhm haben, und nicht an einem Andern. Gal. 6,4.
Paulus hatte vorher von dem rechten Verhalten gegen einen Menschen geredet, der unartig handelt, oder von einem Fehler übereilt wird und gesagt, diejenigen, die geistlich seien, sollen ihm mit sanftmüthigem Geiste wieder zurecht helfen. Weil es aber in diesem Falle oft geschieht, daß derjenige, der des Andern Uebereilung weiß, sich etwas darauf einbildet, daß er sich nicht so übereilt habe, und seinen Ruhm in dem Vorzug sucht, den er vor dem Andern habe, so sagt Paulus: ein Jeglicher prüfe sein selbst Werk, oder sein eigenes Thun, alsdann wird er, wenn sein Thun rechtschaffen ist, an sich selbst, oder wegen seines eigenen Zustandes Ruhm haben, und nicht nöthig haben, seinen Ruhm auf die Vergleichung mit einem Andern zu bauen. Freilich ist nöthig, daß ein Jeglicher sein eigenes Thun untersuche; denn ein Jeglicher wird am Tage des Gerichts seine eigene Last tragen, V. 5., oder sein eigenes Thun verantworten müssen. Der Richter wird einem Jeglichen geben, wie sein Werk bei der Entdeckung desselben sein wird, Offenb. 22,12. Wie soll ich aber mein eigenes Thun prüfen? So daß ich es nicht mit der Sitte meines Vaterlandes, mit dem Thun Anderer, die vielleicht auch verwerflich sind, oder mit den menschlichen Schilderungen der christlichen Rechtschaffenheit, sondern mit dem Worte Gottes vergleiche, und darnach beurtheile. Will ich den Brief Pauli an die Galater dazu benutzen, so kann ich die Worte Paulus Gal. 5,19-23. als eine Prüfstein gebrauchen: offenbar sind die Werke des Fleisches, als da sind Ehebruch, Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht, Abgötterei, Zauberei, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zank, Zwietracht, Rotten, Haß, Mord, Saufen, Fressen und dergleichen, von welchen ich euch habe zuvor gesagt, und sage euch noch zuvor, daß, die solches thun, werden das Reich Gottes nicht ererben. – Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuschheit. Wider solche (Leute) ist das Gesetz nicht. Sie sind in Christo Jesu, und stehen in der Gnade. Ferner: wenn ich mit des Gesetzes Werken umgehe, und durch mein eigenes Thun mich dem großen Gott beliebt und des ewigen Lebens würdig machen will, so bin und bleibe ich unter dem Fluch, denn Paulus sagt Gal. 3,10.: die mit des Gesetzes Werken umgehen, sind unter dem Fluch; wenn ich aber durch den Glauben an Christum Gerechtigkeit, Geist, Leben, Segen und Freiheit erlangt habe, und als ein Solcher wandle, so bin ich ein Kind Gottes, stehe in der Gnade des Neuen Testaments, und habe das himmlische Erbe zu gewarten. Auf eben diese Weise kann mir das ganze Wort Gottes und das Vorbild Christi, wie auch das Beispiel Seiner echten Jünger ein Prüfstein sein: nur ist nöthig, daß bei dieser Prüfung Gott, der ein Licht ist, mich und einen Jeden erleuchte, damit wir uns selbst unparteiisch und nach der Wahrheit richten können, und entweder unsers Gnadenstandes immer mehr vergewissert, oder von unserer Heuchelei und Gottlosigkeit zu rechter Zeit, da noch zu helfen ist, überführt werden, aber auch im ersten Fall unsere Mängel in der Heiligung einsehen, und nach der Empfahung eines größern Maßes der Gnade begierig werden.
Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s etc.
1.
Wer prüfen will, der prüfe sich:
Wie ist mein Werk, wie steht’s um mich?
Wie sieht mein Herz aus nach der Schrift,
Die das Gewissen mächtig trifft`
2.
Fehlt jener dort, so seh’ ich zu,
Ob ich gewisse Tritte thu’,
Da hab’ ich meine eig’ne Prob’
Und nicht an einem Andern Lob.
3.
Denn wenn ich nicht ein Nabel bin,
So hab’ ich noch nicht Davids Sinn;
Sein eig’ner Ruhm war dieß allein:
Ein Mann nach Gottes Herzen sein.
4.
O Gott! mein Werk ist bloß vor Dir;
Prüf’ ich mich selbst, mißfall ich mir;
Im Glauben kann mein Herz allein
Ein Herz nach Deinem Herzen sein.
5.
Ich habe Noth, in mich zu geh’n,
Auf And’re will ich nicht mehr seh’n;
Du bist der HErr, Dir fällt, was fällt,
Dir steht, was Deine Hand erhält.
6.
HErr! hab’ ich etwas Gut’s an mir,
So hab’ ich solches nur von Dir.
Ach übersieh’, was ich gethan,
Und sieh’ nur Dein Werk an mir an!
7.
So fürcht ich endlich im Gericht
Auch Dein gerechtes Urtheil nicht;
Denn hast Du Gnade hier für mich,
So währet sie auch ewiglich.
HErr, Du erforschest mich, und kennest mich. Ps. 139,1.
Gott hat nicht nöthig, nach und nach durch Fragen oder angestellte Versuche etwas zu erforschen, denn es ist Alles bloß und entdeckt vor Seinen Augen; wenn aber Seine Erkenntniß sich auf dasjenige beziehet, das sonst den Menschen, ja allen Geschöpfen verborgen ist, und überdieß Sein Licht dasjenige, das verborgen gewesen war, den Geschöpfen entdeckt und offenbaret, so wird es ein Erforschen genannt. Kein Mensch kennt sich selber so, wie Gott ihn kennt. Es gibt aber Augenblicke, Stunden und Tage, wo Gott das wesentliche Licht in der Seele helle macht, und derselben etwas von Seiner Erkenntniß mittheilt. Alsdann thut der Mensch Blicke auf sich selbst. Alsdann wird ihm der Rath seines eigenen Herzens in Ansehung seiner Worte und Werke offenbar. Er fühlt zugleich entweder das freundliche Wohlgefallen oder den scheltenden Ernst des HErrn. Er wird gebeugt, klein, demüthig vor dem HErrn, und die Eigenliebe und Weltliebe wird von seinen Werken genauer als vorher weggeschmelzt. Dieses ist das Strafen und Züchtigen, wovon der HErr Jesus Off. Joh. 3,19., oder das Rechnen und Rechten, wovon Er Matth. 18,23. und Jes. 1,18. redet. So etwas hatte David erfahren, und sagte deßwegen: HErr, Du hast mich erforschet, Du hast das Verborgene meiner Seele mit Deinem Licht beleuchtet und aufgedeckt, und hast mich erkannt, und mir den rechten Bescheid über meinen Zustand gegeben. Er wünscht aber, eben dieses noch mehr zu erfahren, und bat deßwegen in den letzten Versen dieses Psalmen darum.
Bei einem solchen göttlichen Erforschen muß der Mensch freilich stehen, und nicht fliehen, aufmerken, und sich nicht zerstreuen. Wenn auch ein scharfes Rügen damit verbunden wäre, und die Angst seines Herzens groß würde, so soll er doch nicht meinen, daß nun über seine Person ein unabänderliches Urtheil der Verdammung gesprochen werde. Muß er sich auch als einen Gottlosen und als einen Heuchler ansehen: wohlan, die Gnadenzeit währet noch: er kann noch Gnade finden, es ist im Reich Gottes für ihn noch Raum da. Bei den Gerechtfertigten aber ergeht die göttliche Strenge nicht über ihre Personen oder über ihren ganzen Zustand, sondern nur über die Unreinigkeit, die ohne ihr Wissen noch in ihnen ist, und auch an ihren Worten und Werken klebt. Der HErr schilt sie, wie man ein Kind schilt, dessen Untugenden man haßt, das man aber zugleich doch liebt, und durch das Schelten nicht verderben, sondern bessern will.
Bei der herrlichen Zukunft des HErrn wird ein Jeder in seiner eigentlichen sittlichen Gestalt offenbar werden. Der HErr bewahre uns, daß wir alsdann nicht zu Schanden werden, und erforsche und läutere uns in der Gnadenzeit nach Seiner großen Barmherzigkeit. Laßt uns also nur darauf bedacht sein, daß wir vor Ihm Gnade finden, und Ihm wohlgefallen, übrigens aber in der Welt im Angedenken des HErrn Jesu und nach dem Beispiel Seiner theueresten Knechte mit einer stillen Gelassenheit durch Ehre und Schande, durch böse und gute Gerüchte gehen. Der HErr kenn uns: der HErr ist’s, der uns richtet. Dieses soll uns nicht schrecklich sein, denn es ist besser, in die Hände des HErrn fallen, als in die Hände der Menschen, weil Er barmherzig ist, die Menschen aber das rechte Maß nie treffen. Er ist uns aber auch nahe. Er ist allenthalben um uns. Wenn etwas Gutes von uns geschieht, so schafft Er’s durch Seinen Geist: Ihm gebührt also die Ehre, auch hält Er bei den täglichen Gefahren, denen unser leibliches und geistliches Leben ausgesetzt ist, Seine Hand über uns, und schützet uns. Gebt unserm Gott die Ehre!
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Gott, Du sieh’st alle Tiefen
In Erd’ und Himmel ein;
Du kannst die Nieren prüfen,
Und prüfst sie auch allein.
Es wird von Deinem Geist
Der Menschen Geist durchdrungen;
Kein Wort ist auf der Zungen,
Das Du nicht alles weiß’st.
2.
Das macht uns ohne Sorgen,
Wenn uns die Welt berennt;
Dem sind wir unverborgen,
Der uns’re Herzen kennt.
Es ist ein Trost für mich,
Ich bete oder singe,
HErr, Du weiß’st alle Dinge;
Du weiß’st, ich liebe Dich.
3.
Gott, mir ist dieß Erkenntniß
Zu wunderlich und hoch,
Und über mein Verständniß
Erheb’ und rühm’ ich’s doch.
Sieh’ nur mich sonst nicht an,
Als nur in Deinem Sohne,
Daß ich vor Deinem Throne
Im Licht erscheinen kann!
Die Menschen müssen Rechenschaft geben am jüngsten Gericht von einem jeden unnützen Wort, das sie geredet haben. Matth. 12,36.
Wer ist, der seine eigene Gerechtigkeit vor Gott zu behaupten sich trauen könnte, wenn er diesen Spruch mit Bedacht liest? Du hast vielleicht diese oder jene Uebelthaten nicht begangen, und dich überhaupt wohlanständiger Sitten beflissen: allein du hast doch in deinem Leben eine große Menge unnützer Worte geredet, und wegen diesen allen mußt du am jüngsten Gericht Rechenschaft geben, wenn du bei Leibesleben keine Vergebung derselben erlangst. Ist’s also nicht wahr, was David Ps. 130,3. schrieb: wenn Du willst, HErr, Sünde zurechnen: HErr, wer wird bestehen? Unnütze Worte sind solche, die man nur aus Langeweile oder Leichtsinn, oder Ehrgeiz, oder in der Absicht, Andere zu verleumden und zu betrügen, redet. Es sind solche, deren Quelle weder das geistliche Leben, das in den Wiedergebornen ist, noch zutheuerst das Gewissen ist, welches alle Menschen haben. Sie sind eine faule Frucht eines faulen Baumes. Sie sind böse Ausflüsse von dem Bösen, dessen das Herz voll ist. Sie sind böse Ausgaben von dem bösen Herzensschatz eines bösen Menschen, V. 33.34.35. Die Lästerung wider den Heiligen Geist, welche die Pharisäer damals, da der HErr Jesus dieses Alles redete, vorgebracht hatten, ist die ärgste Gattung solcher unnützen Worte; die spöttische und aus einem unglaubigen Herzen fließende Rede: Meister, wir wollten gern ein Zeichen von dir sehen, V. 38., gehörte zu einer andern Gattung unnützer Reden; eine andere Gattung sind faule oder stinkende Reden, denen Paulus Eph. 4,29. gute, erbauliche, und zur Gnade verhelfende entgegensetzt, und so sind überhaupt alle Reden, deren Ausbildung im Gemüth, und deren Ausgang aus dem Mund kein Werk ist, das Gott gefallen könnte, unnütze Worte. Wenn meine Worte bei Andern aus ihrer Schuld keinen Nutzen schaffen, so wird es mir nicht zugerechnet: nur sollen sie bei mir aus einem guten Schatz hervorkommen, mit Bedacht geredet, und ein ernsthaftes Werk sein. Am jüngsten Gericht werden die Worte, welche die Menschen geredet haben, sehr Vieles austragen; wie denn Christus V. 37. sagt: aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden. Wenn die Worte ohne alle Heuchelei so lauten, wie der Sinn des Herzens beschaffen ist, so sind sie geradezu ein Beweis von der innerlichen Beschaffenheit des Menschen: werden sie aber in Heuchelei geredet, so daß sie Wahrheit enthalten, wenn schon im Herzen keine Wahrheit ist, so geben sie einen Beweis wider den Menschen selber ab, wovon Luk. 6,46. ein Beispiel vorkommt, da Christus denen, die Ihn mit dem Munde HErr, HErr nannten, vorhält, warum sie denn nicht thun, was Er sage? Auch wird der Richter zu einem faulen Knecht, der von Seinen strengen Rechten geredet hatte, sagen: aus deinem Munde richte ich dich, du Schalk, Luk. 19,22. Ein solches Gericht wird nach Röm. 2,17-24. über alle wohl unterrichteten Juden und Christen, folglich auch in einem noch größern Maß über alle Lehrer und Prediger, die unbekehrt geblieben sind, gehen. Wohlredenheit ist nicht das Erste, worauf sich die Menschen legen sollen. Darum lieben Brüder, ein jeglicher Mensch sei schnell zu hören, langsam aber zu reden, und langsam zum Zorn, Jak. 1,19. Gott ist im Himmel, und du auf Erden, darum laß deiner Worte wenig sein. Pred. Sal. 5,1.
Mel.: O Durchbrecher aller etc.
1.
Lehr mich, HErr die Worte wägen,
Eh’ sie noch die Zunge spricht;
Mir ist viel daran gelegen,
Denn die Luft verweht sie nicht;
Nein, von Worten, die nichts nütze,
Forderst Du einst Rechenschaft,
Und vor Deinem Richtersitze
Werden sie mir Ernst bestraft.
2.
Sei, o Gott, mir Sünder gnädig,
Den sein eig’ner Mund verdammt;
Denn der war auch übelredig
Und vom Zorn oft angeflammt.
Ach sprich, da Du mich könnt’st tödten,
Mir Dein Wort der Gnaden ein,
Laß Dein Blut, HErr Jesu, reden,
Daß mir soll vergeben sein!
3.\\
Halte durch die Zucht der Gnade
Mir die Zunge stets im Zaum,
Sonst entstehet leicht ein Schade,
Und der Leichtsinn merkt ihn kaum.
Was uns an dem Heil verkürzet,
Das ist schädlicher als Gift;
Meine Rede sei gewürzet
Mit dem Salz aus Deiner Schrift.
4.
Mach’ mich allezeit bedächtlich,
Daß ich rede als ein Christ,
Ob es schon dem Stolz verächtlich,
Und dem Weltsinn Einfalt ist;
Wenn es nu zu Deiner Ehre
Und zu Deinem Dienst geschicht;
Was der Welt gefällig wäre,
Das gefiele Christo nicht.
Durch den Glauben merken wir, daß die Welt durch Gottes Wort fertig ist, daß Alles, was man siehet, aus Nichts worden ist. Hebr. 11,3.
Gott schuf den Adam und die Eva am sechsten Tage, folglich waren sie keine Zuschauer der großen Werke, die Gott in den fünf ersten Tagen machte, und nichts als eine göttliche Offenbarung hat von diesen eine Nachricht geben können. Wer nun die göttliche Offenbarung, die Moses hernach aufgeschrieben hat, für wahr hält, hat denjenigen Glauben, der nach V. 1. eine Ueberzeugung von demjenigen ist, das man nicht siehet. Die Welt ist durch das Wort oder Sprechen Gottes fertig worden. Gott hat durch Sein Sprechen eine Welt gemacht, in welcher alles dasjenige in bestimmten und langen Zeitläuften geschehen sollte, was schon geschehen ist, jetzt geschieht und geschehen wird. Er hat die Welt schon im Anfang so eingerichtet, daß Alles, was hernach in ewigen Zeiten geschieht, hat geschehen müssen, oder doch geschehen können. Auch auf mich, der ich jetzt lebe, und auf meine Leiden und Werke, und auf mein ewiges Schicksal hat Gott gesehen, da Er die Welt machte. Er hat Alles auf einmal schon im Anfang, ja vor diesem Anfang vor dem Gesicht gehabt. Zuerst schuf Gott den Himmel und die Erde, und hernach, da schon Etwas vorhanden, Alles aber noch in einem rohen Zustand war, sprach Er, und Sein Sprechen zeigte eine allmächtige Kraft. Und so ist Alles, was man siehet, worden. Als Adam und Eva erschaffen waren, und ihre Augen das erstemal aufthaten, war schon Alles da. Was von da an geschahe, konnten sie als Augenzeugen ihren Nachkommen erzählen, aus was aber Alles, was schon da war, worden sei, konnten sie nicht anders als durch eine göttliche Offenbarung wissen. Es war nämlich aus demjenigen worden, das ihnen und uns nicht sichtbar gewesen war. Sie sahen die Geschöpfe Gottes vor sich: aber ihr Werden und ihren Urstoff hatten sie nicht gesehen. Und wenn sie auch schon am ersten Tage gelebt hätten, so hätten sie doch das Nichts nicht sehen können, aus welchem der Himmel und die Erde worden war. Nichts siehet man nicht, und der Uebergang vom Nichts zu Etwas übersteigt nicht nur unsere Sinnen, sondern auch unsern Verstand. Wir glauben aber doch, weil Gott es Mosi nach den ältern Patriarchen und Propheten, und durch ihn uns geoffenbart hat, daß Alles, was man siehet, worden sei, folglich ehemals nicht gewesen sei, ob wir schon dasjenige, woraus es worden ist, nicht sehen. Dieses Werk der Schöpfung ist eine Ursache des Lobes, womit Gott im Himmel und auf Erden geehrt wird und geehrt werden soll. Es ist auch ein Grund des Vertrauens, das wir zu Gott, als einem allmächtigen, allein weisen und gütigen Gott haben sollen. Abraham glaubte an Gott als denjenigen, der dem, was nicht ist, rufen kann, wie dem, was ist, Röm. 4,17. Gleichwie nämlich dasjenige, was ist, herkommen muß, wenn man ihm ruft, also ruft Gott demjenigen, was nicht ist, und es muß alsbald entstehn und kommen. Zu einem solchen Glauben werden wir alle gedrungen und berufen; denn das Licht und Leben und Heil, worauf wir warten, ist bei uns selber nicht, Gott aber ruft ihm durch Sein Wort, und es entsteht. Zu einem solchen Glauben werden wir alle gedrungen und berufen; denn das Licht und Leben und Heil, worauf wir warten, ist bei uns selber nicht, Gott aber ruft ihm durch Sein Wort, und es entsteht. Wohl dem, deß Hülfe der Gott Jakobs ist, deß Hoffnung auf den HErrn seinen Gott steht, der Himmel, Erde, Meer und Alles, was darinnen ist, gemacht hat, der Glauben hält ewiglich, Ps. 146,5.6. Gleichwie aber die Schöpfung der Anfang der Werke Gottes ist, also ist sie auch die erste Quelle, woraus alle Pflichten herzuleiten sind. HErr, Du bist würdig zu nehmen Preis und Ehre und Kraft, denn Du hast alle Dinge geschaffen, und durch Deinen Willen haben sie das Wesen, und sind geschaffen, Off. Joh. 4,11.
Mel.: Sollt’ ich meinem Gott nicht singen.
1.
Wenn ich meinen Schöpfer lerne
In der ausgewölbten Luft;
Sehe Sonne, Mond und Sterne,
Denen Gott zum Aufgang ruft;
Wenn ich auch die kleinsten Werke,
Wie die größesten beschau’,
Und an meines Leibes Bau
Gottes Kraft und Gottheit merke,
So fehlt noch ein stärk’rer Zug,
Weil dieß Wissen nicht genug.
2.
Aller Lauf des Himmelsrundes
Ist durch’s Wort des HErrn gemacht,
Und vom Geiste Seines Mundes
All’ sein Heer hervorgebracht.
Das ist eine Glaubenslehre,
Eigen für das Christenthum,
Davon hat der Vater Ruhm,
Und der Sohn und Geist auch Ehre.
HErr, wir Christen singen Dir
In dem Glauben Dank dafür.
Laset uns aber Gutes thun, und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. Gal. 6,9.
Paulus hatte in dem Brief an die Galater sehr ernstlich und ausführlich behauptet, daß der Sünder allein durch den Glauben die Gerechtigkeit, den Geist, das Leben, den Segen, und den freien Zustand der Kindschaft Gottes erlange. Viele Leute nun sind so gearbeitet, daß sie die Lehre vom Glauben nur obenhin hören, da sie ihnen dann leicht und seicht zu sein deucht. Wenn man aber nur dasjenige erwägt, was man nach dem Zeugniß Pauli durch den Glauben erlangt, so kann man alsbald erkennen, daß der Glaube etwas sehr Wichtiges und Edles, ja daß er nicht Jedermanns Ding sei. Ueberdieß war Paulus gewohnt, ohne sich zu widersprechen, wenn er vom Glauben gehandelt hatte, alsbald Ermahnungen zu einem heiligen Wandel hinzuzuthun, welche vergeblich gewesen wären, wenn er nicht gewußt hätte, daß der Sünder durch den Glauben verändert und tüchtig gemacht werde, diesen Ermahnungen zu folgen. Nach dieser Weise schrieb er an die Galater: lasset uns Gutes thun, und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. Ein Glaubiger soll also durch die Geisteskraft, die er empfangen hat, Gutes thun, und wenn ihm sein Dienst lang zu währen scheint, und dem Guten, das er thun will, viele Hindernisse entgegen stehen, nicht müde oder verdrossen werden, und auch die Geisteskraft zum Gutesthun nicht verlieren. Das Aufschauen auf Jesum und die Hoffnung der ewigen Ernste gibt von Zeit zu Zeit neuen Muth, und die Geisteskraft, die er von dem HErrn empfängt, ist an sich selbst etwas Unvergängliches und derjenigen Abnahme der Kräfte, welche sonst das Alter mit sich bringt, nicht unterworfen. Man lasse also immer seine Lenden umgürtet und sein Licht brennend sein. Man sei fleißig im Dienst des HErrn, es sei nun, daß man in dieser Welt Ehre oder Schande, Vortheile oder Verlust davon habe. Dieses Alles ist gering, wandelbar und vergänglich: Eines aber ist gewiß, wichtig und ewig, nämlich dieses, daß derjenige, der hier bis an sein Ende Gutes gethan hat, ohne Aufhören ernten werde. Gutes thun ist die Saat: was ist aber die Ernte? Die Empfahung des ewigen Lebens nach seiner Vollkommenheit, V. 8. Ps. 126,5. wird angedeutet, daß ein Knecht Gottes nicht ohne Thränen säe, aber dagegen mit Freuden ernten werde. 2 Kor. 9,6. wird der Ernte so gedacht, daß sie den Gnadenlohn bedeutet, dessen Maß nach dem Maß des Guten, das man gethan hat, eingerichtet sein wird. Das Säen währt eine kurze Zeit: aber die Ernte hört nimmer auf. Ach wenn die öffentliche fröhliche Ernste am jüngsten Tag angehen wird, so wird Jedermann Gutes ernten wollen; aber Paulus ruft den sterblichen Menschen V. 7. zu: irret euch nicht, Gott lässet Seiner nicht spotten. Was der Mensch säet, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch säet, wer Alles nur zur Vergnügung seiner natürlichen Lüste thut, wird von dem Fleisch das Verderben ernten: wer aber auf den Geist säet, und seine geistlichen Kräfte durch Gutesthun anwendet, und vermehrt, wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Der HErr vergebe uns unser böses Thun, und mache uns tüchtig zu allem guten Werk, und schaffe in uns, was vor Ihm gefällig ist.
Mel.: Meinen Jesum laß ich nicht.
1.
Seelen, laßt uns Gutes thun,
Gut’s thun und nicht müde werden;
Wenn es Zeit ist, wird man ruh’n,
O wie sanft! von den Beschwerden;
Aber ruhen nicht allein,
Dort wird auch die Ernte sein.
2.
O daß wir an uns’rer Zeit
Auf die Ewigkeit hin lernten!
Wer hier kärglich ausgestreut,
Wird auch wieder kärglich ernsten;
Wer hier reichlich Gutes thut,
Sammelt dort auch reiches Gut.
3.
Nicht nur nach dem Augenschein
Müssen wir das Säen richten;
Manches Körnlein scheinet klein,
Und trägt zehenfältig Früchten.
Klein gesä’t, und dennoch dicht,
Fehlet in der Ernte nicht.
4.
Lehr, o Gott, mich Gutes thun
Und in solchem nicht erliegen;
Denn die Zeit dazu ist nun,
Künftig wird man keine kriegen.
Wenn man gleich was G’ringes thut,
Ist’s nur gut, so ist es gut.
5.
Stelle mir die Ernte für,
Daß ich darf auf Hoffnung säen;
Was wir thun, und thun es Dir,
Läß’st du nicht umsonst geschehen;
Hat man kein Verdienst davon,
Gibt doch auch die Gnade Lohn!
Wir reden von der heimlichen verborgenen Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Welt, zu unserer Herrlichkeit. 1 Kor. 2,7.
Vergeblich trachtet man das Evangelium von Jesu Christo so auszuwickeln und aufzuklären, daß es auch den natürlichen Menschen faßlich werde, und daß überhaupt keine dunkle Tiefe oder unübersehliche Höhe dabei übrig bleibe. Wer dieses thun will, kann es nicht anders thun, als durch Verfälschung und Schmälerung des Evangelii, und betrügt also sich und Andere damit. Paulus nennt 1 Kor. 1,21. das Evangelium eine thörichte Predigt, weil es den Weisen und Obersten der Welt eine solche zu sein scheint. Er sagt K. 2, V. 6., nur die Vollkommenen erkennen es als eine Weisheit, bekennt aber doch V. 7., es sei eine Weisheit Gottes im Geheimniß, oder es sei eine Weisheit, die in ein Geheimniß eingehüllt sei, folglich ihre Dunkelheit mit sich führe. Man könne dabei nicht Alles auswickeln, nicht von Allem Grund geben, nicht alle Fragen, die man aufwerfen möchte, beantworten. Sie sei überdieß den Weisen und Klugen dieser Welt verborgen, wie auch Christus Matth. 11,25. gesagt hat. Uebrigens sei es fest, nothwendig und heilsam, denn Gott habe dieses Evangelium oder diese Seine weise Lehre vor der Welt zu unserer Herrlichkeit verordnet, daß wir nämlich die ewige Herrlichkeit dadurch erlangen.
Wer nun auch durch angestellte Proben überzeugt werden will, daß die Weisheit, oder der weise Rath Gottes von unserer Seligkeit, wie er in dem Evangelio von dem gekreuzigten Christo enthalten ist, den Weltmenschen verborgen, an sich selbst aber und in Ansehung aller Menschen in ein Geheimniß eingehüllt sei, versuche es erstlich bei den Weltmenschen, und sage ihnen, wenn sie gutes Muths sind, etwas davon vor. Wenn sie nicht spotten, so werden sie es doch mit Ekel hören, für etwas Altes und Unkräftiges halten, und sich mit ihrem Gemüth alsbald davon wegwenden. Was ist die Ursache hievon? Sie wird Matth. 11,25. angezeigt, ingleichem 1 Kor. 2,14., wo Paulus sagt: der natürliche Mensch vernimmt nichts von dem Geist Gottes, es ist ihm eine Thorheit, und kann es nicht erkennen, denn es muß geistlich beurtheilt sein. Wenn aber auch ein vollkommener oder erleuchteter Mensch dieses Evangelium hört, und für eine göttliche Kraft und Weisheit hält, so muß er Vieles glauben, das man ihm nicht erklären kann. Wie ist’s möglich gewesen, daß alle Fülle der Gottheit hat in dem Menschensohn Jesu wohnen können? Wie war’s möglich, daß Christus Gott blieb, und Sich doch erniedrigte und ausleerte? Wie hat Sein Leben von nicht gar 33 Jahren und sonderlich Sein letztes Leiden von nicht gar 24 Stunden eine Erstattung für alle Sünden der ganzen Welt und eine Erduldung des ganzen Fluches des Gesetzes sein können? Dergleichen Fragen könnte man noch viele machen. Wer kann aber hier alles ausrechnen, auslegen und aufklären? Gewißlich ist das Evangelium eine Weisheit Gottes im Geheimniß. Allein der Glaube stößt sich nicht daran. Man muß ja nicht Alles deutlich wissen, was man glauben soll: das Klare und das Dunkle, das daran stößt, nimmt der Glaube als eine lautere und kräftige Wahrheit und Weisheit zugleich an, und thut es desto billiger, da auch bei den natürlichen und sichtbaren Dingen, an deren Dasein Niemand zweifelt, überall unerklärliche Geheimnisse anzutreffen sind. Gott ist allein weise. Ihm ist nichts ein Geheimniß.
Mel.: Sollt’ es gleich bisweilen scheinen.
1.
Gott! der Himmel, Meer und Erden
Hieß nach Seiner Weisheit werden,
Und sie weislich noch regiert,
Du bist’s, welchem Ruhm gebührt.
2.
Weislich hast du nach dem Falle
An ein Mittel für uns alle
In dem lieben Sohn gedacht:
Dir sei Ruhm dafür gebracht.
3.
Weislich hast Du Ihn mit Bildern
Und durch Schriften lassen schildern,
In dem Blut und auf dem Thron;
Du hast allen Ruhm davon.
4.
Weislich hast Du diesem Sohne
Tod und Leben, Kreuz und Krone,
Uns zum Leben zubereit’t:
Dir sei Ruhm und Herrlichkeit.
5.
Weislich führst Du nun die Deinen;
Wenn sie hier stets sterbend scheinen,
Leben sie dort ewiglich,
Und im Leben rühmt man Dich.
6.
Mach’ durch Deinen Geist mich weise,
Daß ich Deine Weisheit preise,
Jetzt als Kind in Deiner Schul’,
Dort als Priester vor dem Stuhl.
Es werden nicht Alle, die zu Mir sagen: HErr HErr, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen thun Meines Vaters im Himmel. Matth. 7,21.
Schon damals, da unser Heiland die Bergpredigt hielt, gab es Leute, die Ihn HErr nannten, obschon der Name HErr bei den Juden nicht so gewöhnlich war, als er heut zu Tag ist. Es scheint auch, es habe Leute gegeben, die, um sich Ihm gefällig zu machen, den Titel HErr gegen Ihn gar oft wiederholten. Nun sagte Er zwar nicht, daß Ihm dieser Titel nicht gebühre, bezeugte aber doch, daß nicht Alle, die zu Ihm sagen: HErr, HErr, in das Himmelreich kommen, gleichwie man heut zu Tag sagen kann, daß nicht Alle, die von dem HErrn Jesu schreiben, predigen, hören, lesen, reden, oder Seinen Namen im Beten nennen, in das Himmelreich kommen. Welche sind es aber, die darein kommen? Diejenigen, die den Willen Seines Vaters im Himmel thun. Der Wille des Vaters ist auch Sein Wille, und eben deßwegen, weil man Ihn HErr nennen darf, soll man auch Seinen Willen thun, und Seine Gebote halten, Off. 22,14. Es war aber im Stand der Erniedrigung, da Er noch nicht verklärt war, Seine Weise, die Menschen, wenn Er ihnen etwas Göttliches vorhalten wollte, auf den unsichtbaren Vater in dem Himmel zu weisen: dieser war Sein Vater in einem besondern Verstand, denn Er war der eigene und eingeborne Sohn Gottes. Es ist aber der Wille und das Gebot des himmlischen Vaters, daß wir glauben an den Namen Seines Sohnes. Sein Wille ist unsere Heiligung. Sein Wille ist überhaupt Alles, was uns in der heiligen Schrift geboten ist. Diesen Willen sollen wir aber nicht nur wissen, sondern auch thun, folglich gute Bäume sein, die gute Früchte tragen, wie der Heiland vorher gesagt hatte. Dazu wird aber ein solches Herz und ein solcher Sinn erfordert, als Er Matth. 5,2-12. beschreibt. Zu diesem Zweck ist aber auch nöthig, daß man den wahren Sinn des göttlichen Gesetzes verstehe, ein einfältiges Auge habe, und ernstlich bete. So wenig man Gott nach eigenem Gutdünken oder nach Menschensatzungen dienen darf: so wenig darf man in Ansehung Seines geoffenbarten Willens gleichgültig sein. Ein Mensch kann ohnehin nicht unthätig sein. Thut er den Willen seines Gottes nicht, so ist er ein Uebelthäter, und wird, wenn er ein solcher bleibt, mit Andern seines Gleichen am jüngsten Tag das schreckliche Urtheil hören: Ich habe euch noch die für die Meinigen erkannt, weichet von Mir, ihr Uebelthäter. So sei denn unser Wille dem Willen des himmlischen Vaters unterworfen, und der HErr Jesus, der zu Ihm gesagt hat: Deinen Willen, Mein Gott, thue Ich gerne, gebe uns auch von Seinem Sinn und Geist, und mache uns tüchtig, in den Fußstapfen Seines lautern Gehorsams zu wandeln. Es ist nicht nöthig, daß wir hiebei große Thaten thun, wie Einige am jüngsten Tag von sich rühmen werden. Wenn wir nur die Pflichten, die unser geringer Stand mit sich bringt, treulich erfüllen, und die damit verbundenen Beschwerden williglich ertragen, und überhaupt als Kinder vor unserm himmlischen Vater wandeln, so wird Er unser Thun höher achten, als wir selber, und uns am jüngsten Tag einen größern Gnadenlohn geben, als wir gehofft hatten-
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
HErr! du red’st in’s Gewissen,
Die Worte sind geflissen
Zu unsrer Warnung scharf,
Daß man mit HErr, HErr
Sagen Sich nicht zum Himmel wagen
Und sich bei Dir nicht melden darf.
2.
O daß mir Deine Lehre
Stets im Gedächtniß wäre,
So würd’ ich herzlich fromm,
So würd’ ich mich mit Lügen
Nicht bis dahin betrügen,
Wo ich an’s Licht des Tages komm’.
3.
Vor Dir mag’s nicht gerathen,
Wenn man bei bösen Thaten
Nur gute Worte spricht;
Du lässest dir nicht schmeicheln,
Du offenbarst das Heucheln,
Die Uebelthäter kennst du nicht.
4.
O daß Dein Wort recht kräftig,
O daß Dein Geist geschäftig
In meinem Herzen sei,
Nur Deines Vaters Willen
Und Dein Wort zu erfüllen!
Weil ich’s nicht kann, so steh’ mir bei.
5.
Im Glauben Dich zu kennen,
In Wahrheit HErr zu nennen,
Das will der Vater nur.
Hier muß’st Du Gnade geben,
Sonst kann ich Dir nicht leben:
Man will’s und kann’s nicht von Natur.
Gott hat uns gezeuget nach Seinem Willen, durch das Wort der Wahrheit, daß wir wären Erstlinge Seiner Creaturen. Jak. 1,18.
Jakobus hatte vor diesen Worte im ersten Kapitel seines Briefs von den Anfechtungen, vom glaubigen Gebet, von der Demuth als der nöthigen Eigenschaft der Reichen, und von der eigenen bösen Lust als der Wurzel aller Versuchungen gehandelt, gleichwie er hernach vor dem Zorn und vor aller Unsauberkeit und Bosheit warnet, und von dem Mißbrauch und rechten Gebrauch des göttlichen Wortes, und von der Beschaffenheit des rechten Gottesdienstes ernstliche Lehren und Gebote vorträgt. Zwischen diese Lehren und Gebote hinein, die einen strengen Ernst mit sich führten, gab er dann den Brüdern, an die er schrieb, einen kurzen Wink, der sie auf die Betrachtung ihres hohen geistlichen Adels wies. Und so wurde ihnen diese Betrachtung erquicklich und heilsam, da sie hingegen ihnen schädlich geworden wäre, wenn Jakobus ohne das Salz der Gebote ganze Blätter von ihren geistlichen Vorzügen voll geschrieben hätte. Gott hat uns gezeuget, sagt er, nach Seinem Willen. Kein Verdienst auf unserer Seite, sondern nur der Liebeswille Gottes war die Ursache dieser Zeugung. Das Mittel dazu aber ist das Wort der Wahrheit, das man hören kann, wie Jakobus hernach sagt. Indem man’s aber hört, dringt die Kraft Gottes mit demselben in den Menschen ein, und so zeuget oder wiedergebiert Gott den Menschen, wenn dieser nicht widerstrebt, und ich von dem Wort der Wahrheit genugsam richten, aber auch zum Glauben an den Heiland der Welt bringen läßt. Was sind wir aber, wenn wir so von Gott gezeuget sind? Gottes Kinder sind wir, wie ein Jeder leichtlich erkennen kann: Jakobus aber sagt hier, wir seien ein gewisser Erstling der Creaturen Gottes. Es gibt sehr viele Creaturen Gottes, und unter denselben sind viele sehr vortrefflich. Die allervortrefflichste unter allen aber ist die menschliche Natur, welche das ewige und wesentlich Wort, welches Gott ist, in die Einigkeit Seiner Person aufgenommen hat. Nach derselben heißt der Sohn Gottes das (sichtbare) Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborne der ganzen Schöpfung, der Anfang und der Erstgeborne unter den Todten, die auferstehen, Kol. 1,15.18., der Erstgeborne unter vielen Brüdern, Röm. 8,9., wie auch der Erstling unter denen, die da schlafen und wieder auferstehen. 1 Kor. 15,20. Bis zu dieser Würde reicht Niemand hin, er heiße Engel oder Mensch, denn die Engel müssen diesen Erstgebornen anbeten, Hebr. 1,6., folglich auch die Menschen und alle übrigen Geschöpfe, Offenb. Joh. 5,8-13. Uebrigens sollen doch auch diejenigen, die Gott nach Seinem Willen durch das Wort der Wahrheit gezeuget hat, ein gewisser Erstling der Creaturen Gottes sein. Niemand sei auf seine menschliche Natur stolz, denn ein Mensch kann bis unter alle Würmer, bis in die untere Hölle hinab erniedrigt, und ewiglich als ein überwundener Feind zum Schemel der Füße Jesu gelegt sein: aber ein wiedergeborner Mensch ist ein Erstling unter den Geschöpfen, und hat einen hohen Rang unter ihnen, ist vorzüglich von Gott geliebt, hochgeachtet und zu einer sehr großen und ewigen Herrlichkeit bestimmt. Man bedenke, was Paulus 1 Kor. 9-13. von sich und den übrigen Aposteln geschrieben hat. Lasset uns also mit Christo sterben, damit wir mit Ihm leben, lasset uns dulden, damit wir mit Ihm herrschen.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Gott selbst gebiert uns wieder,
So sind wir Christi Glieder,
Mit Christi Geist erfüllt;
Wir von Natur Verlornen
Sind nun die Neugebornen
Nach Gottessohnes Ebenbild.
2.
Wir können uns das Leben
Als Todte nicht mehr geben,
Gott ist es, der es kann;
Sonst blieben ohne Zweifel
Wir eben wie der Teufel.
Gott wollte es, Gott hat’s gethan.
3.
Seid denn belebt, ihr Seelen,
Befeuert Zung’ und Kehlen,
Und singt aus aller Kraft:
Gott ist es, der Getreue,
Der sich Sein Lob auf’s Neue
Im Mund Seiner Kinder schafft.
4.
Ihr Werke Seiner Hände,
Begürtet nun die Lende,
Die Wahrheit sei die Gurt;
Lebt zu des Vaters Lobe:
Dieß ist des Lebens Probe;
sonst seid ihr eine Mißgeburt.
5.
HErr, laß uns aus der Erden
Einst neugeboren werden,
Und herrlich aufersteh’n,
Und in dem Bild des Sohnes,
Getränkt vom Strom des Thrones,
Des Vaters Lob mit Dank erhöh’n!
Betet ohne Unterlaß! 1 Thess. 5,17.
Christus trug Luk. 18,2 u.ff. ein Gleichniß von einer Wittwe vor, die den Richter oder Vorsteher ihrer Stadt oft überlief, bis er ihr endlich half, und lehrete dadurch, wie Lukas sagt, daß man allezeit beten und nicht laß werden solle. Allezeit beten heißt also oft und zu einer jeden Zeit beten, und auch über Einer Sache, die Gott gefällig ist, im Bitten fortfahren. Den Thessalonichern aber schrieb Paulus: betet ohne Unterlaß, das ist: unterlasset das Gebet nie, wenn ihr Muße und Kraft dazu habt, und höret nicht auf, fleißig zu beten, so lange ihr lebet. Beten ist eine Uebung der geistlichen Kraft, und geschieht unter dem Zunahen zu Gott, und dieses führet eine Abkehr der Seele von allem irdischen Geräusch mit sich. Wenn man also noch nicht an die Gewährung der Bitten denken will, die man vor Gott bringt, so sollte man doch diese geistliche Uebung nicht unterlassen. Beten ist aber auch ein Gespräch mit Gott. Welche Creatur sollte aber sich’s nicht zur unverdienten und großen Gnade und Ehre rechnen, wenn sie mit dem höchsten Gott reden darf, und zwar vertraulich, herzlich, wie ein Kind mit dem Vater? Wer sollte also nicht das Gebot mit Freuden hören: betet ohne Unterlaß, das ist, gebet eure Unterredungen mit Gott nicht auf, so lang ihr lebet. Beten heißt vornehmlich Bitten, und zwar für sich und für Andere. Nun sagt Christus: bittet, so wird euch gegeben u.s.w., Matth. 7,7., und ein andersmal Joh. 16,23.: so ihr den Vater etwas bitten werdet in Meinem Namen, so wird Er’s euch geben. Solcher Verheißungen gibt es noch viele in der heiligen Schrift. Wer sollte nun nicht gerne im Beten anhalten und fortfahren, da das Bitten das Mittel ist, alle guten und vollkommenen Gaben zu erlangen, und die Dürftigkeit bei uns und Andern, so lange wir leben, nicht aufhöret. Beten heißt aber auch den HErrn loben und Ihm danken, welches David ein köstliches Ding nennet, und das eine Vorübung auf den Himmel, und eine ewige Pflicht aller vernünftigen Geschöpfe gegen Gott ist. Es ist also das Gebot: betet ohne Unterlaß, auch in Ansehung dieser Pflicht, billig und nothwendig. Unser Vater im Himmel weiß zwar, was wir bedürfen, ehe wir bitten. Diese Wahrheit, welche Viele im Unverstand als eine Einwendung wider die Pflicht des Betens mißbrauchen, trägt der HErr Jesus selber Matth. 6,8. vor, macht aber daraus nur diesen Schluß, daß man bei dem Beten nicht, wie die Heiden, plappern und sich auf die Menge der Worte verlassen solle; übrigens heißt Er uns ungeachtet jener Wahrheit dennoch beten, und schreibt uns das Vaterunser als die allerbeste Gebetsformel vor. Gott weiß Alles und will alles Gute. Unter dem Guten aber, das Er will, ist auch das Beten. Er will durch unser Beten geehrt werden, Er will bei der unumschränkten Freiheit, und bei der Wahl unter vielem Guten, die Er in Seiner Regierung offen hat, oft etwas Gewisses, das gut ist, darum thun, weil ihn ein glaubiger Christ darum bittet. Er will auch seine Kinder damit ehren und erfreuen, daß Er sie durch Seinen Geist zum Bitten erweckt, damit sie dasjenige, was Er hernach thut und gibt, als eine Gewährung ihrer Bitten und als ein Gnadenzeichen ansehen können. Betet also ohne Unterlaß, ihr Christen, und wenn ihr euch selbst für ungeschickte Beter halten müsset, so bittet zuvörderst um den Geist der Gnaden und des Gebets.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende.
1.
Gott! gib mir Deinen Geist zum Beten,
Zum Beten ohne Unterlaß,
Getrost im Glauben hinzutreten,
Wenn ich Dein Wort mit Freuden fass’,
Und auch im Glauben hinzuknie’n,
Wenn ich in Furcht und Jammer bin.
2.
Im Schrecken über meine Sünde
Sei dieß mein Ruf: erbarme Dich!
So oft ich mich so schwach empfinde,
Sei dieß mein Seufzer: stärke mich!
Sink’ ich, so werde dieß mein Flehn:
HErr, hilf, sonst muß ich untergeh’n!
3.
Fühlt Seel’ und Leib ein Wohlergehen,
So treib’ es mich zum Dank dafür;
Läß’st Du mich Deine Werke sehen,
So sei mein Ruhm auch stets von Dir;
Und find’ ich in der Welt nicht Ruh’,
So steig’ mein Sehnen himmelzu.
4.
Ist der Versucher in der Nähe,
So lehr mich ihn im Beten fliehn’;
Wenn ich den Bruder leiden sehe,
So lehr’ mich bitten auch für ihn;
Und in der Arbeit meiner Pflicht
Sei doch mein Herz zu Dir gericht’t.
5.
Am Abend heiß’ mich mit Dir reden,
Am Morgen auch noch bei Dir sein;
Und sterb ich, laß in letzten Nöthen
Doch Deinen Geist noch in mir schrei’n.
Weckst Du mich einst, so bet’ ich dann
Dich ewig auch im Himmel an.
Seid stark in dem HErrn und in der Macht Seiner Stärke. Eph. 6,10.
Wer Goliaths Harnisch anziehen, und seine Waffen gebrauchen sollte, müßte eine innerliche Stärke dazu haben: und so verhält es sich auch mit dem Harnisch Gottes, der Eph. 6,13-17. stückweis beschrieben wird. Paulus setzt nämlich, da er davon handeln wollte, die Ermahnung voraus: seid stark in dem HErrn und in der Macht Seiner Stärke. Man soll nämlich gegen die listigen Anläufe des Teufels bestehen, V. 11., man hat nicht (nur) mit Fleisch und Blut, das ist mit Menschen als Menschen, sondern mit argen Geistern zu kämpfen, unter denen es Fürsten und Gewaltige gibt, und die mit einander als Herren der Welt in der Finsterniß dieser Welt herrschen. V. 12. Diese argen Geister können unmittelbar in einen Menschen wirken, sie können aber auch, wenn sie dieses bei einem Menschen thun, denselben als ein Werkzeug brauchen, Andere zu versuchen und zu plagen. Ein Christ, der dieses lieset, sehe auf seinen Lauf zurück. Wie viele Versuchungen zur Wollust, zum Stolz, Zorn, Neid, Haß, Rachgier, zur Ungeduld, Kleinmüthigkeit, Trägheit, Erhebung seiner selbst, zum Geiz u.s.w. sind ihm schon aufgestoßen, und daraus kann er den Schluß machen, daß ihm noch mehrere derselben, so lange er in dieser Welt leben wird, aufstoßen werden. Welchen Druck kann auch noch die letzte Krankheit auf die Seele thun? Wer kann nun überall bestehen? Wer kann an einem jeden bösen Tag Alles wohl ausrichten und das Feld behalten? Niemand, als wer stark in dem HErrn ist und in der Macht Seiner Stärke, und als ein solcher die Waffenrüstung Gottes angezogen hat. Was die Stärke in dem HErrn anbelangt, so ist sie freilich nicht die Stärke der sogenannten starken Geister, nicht der natürliche Muth, Scharfsinn und Eigensinn, sondern sie ist die Kraft eines Christen, welche er deßwegen hat, weil er in Christo Jesu ist. Er ist alsdann stark in der Macht der Stärke Christi. Christus nämlich, der die unermeßliche Stärke oder Kraft des göttlichen Wesens in Sich selbst hat, und deßwegen nicht nur nicht überwältigt werden kann, sondern auch mächtig genug ist, Alles was sich Ihm entgegen setzt, zu überwinden, theilt der Seele etwas von der Macht Seiner Stärke mit, und kann ihr desto mehr mittheilen, je mehr sie ausgeleert ist von dem Vertrauen auf sich selbst und auf andere Geschöpfe. Ein Christ sei und fühle sich nur schwach in sich selbst; denn die Kraft Christi wird in der Schwachheit vollendet, oder völlig geoffenbaret. Ein Christ werde leer, damit ihn Jesus mit dem Geist der Kraft füllen könne. Er lasse sich alle falschen Stützen nehmen, damit er allein an dem HErrn bange. Er werde mißtrauisch gegen alle eitlen Dinge, und vertraue sich zuversichlich der Hand Jesu Christi und Seines himmlischen Vaters, der größer ist als Alles. Ach daß wir viele starke Christen hätten, damit der ärgerlichen Fälle, der schädlichen Verwirrungen und verderblichen Rückfälle unter den Erweckten weniger würde! Der himmlische Vater gebe uns Kraft nach dem Reichthum Seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch Seinen Geist an dem inwendigen Menschen, und Christum zu wohnen durch den Glauben in unsern Herzen, und durch die Liebe eingewurzelt und gegründet zu werden. Eph. 3,16.17. Er stärke und bewahre uns vor dem Argen. 2 Thess. 3,3.
Mel.: Kommt her zu mir etc.
1.
Dank sei Dir, Jesu, starker Held,
Daß Du den Satan und die Welt
So mächtig überwunden,
Und gibst den Deinen Kraft und Muth;
Sie kämpfen nicht mit Fleisch und Blut
In ihren bösen Stunden.
2.
Du gibst den Glauben uns zum Schild,
Darinnen glänzt Dein Heldenbild,
Und deckt uns, wenn wir kämpfen;
So kann man Satans Feuerpfeil
Mit seiner argen Macht und Eil’
In Deiner Stärke dämpfen.
3.
Da trägt der Streiter, der da glaubt,
Den Helm des Heils auf seinem Haupt,
Das wir in Jesu hoffen;
Das Schwert des Geistes ist Dein Wort,
So wird auch aus der Höllenpfort’
Der Feind zum Fall getroffen.
4.
Wie stark bist Du, wie schwach sind wir!
Der Ruhm der Kraft gehört nur Dir,
Dir singt man Siegespsalmen.
Gib, Herzog unsrer Seligkeit,
Nach dem durch dich vollbrachten Streit,
Vor Deinen Throne Palmen!
Vater, Ich will, daß, wo Ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast, daß sie Meine Herrlichkeit sehen. Joh. 17,24.
Wegen dieser Fürbitte des Sohnes Gottes konnte Paulus Phil. 1,23. schreiben: ich habe Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, und 1 Thess. 4,17.: wir werden bei dem HErrn sein allezeit, ingleichen Johannes 1 Joh. 3,.: wir wissen, daß wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist. Große Verheißungen! in eben den himmlischen Tempel aufgenommen werden, in welchem Christus Sein Priesterthum verwaltet, Offenb. 7,15. Hebr. 8,2., und in der Stadt Gottes wohnen, welche eine Hütte Gottes bei den Menschen sein, und in welcher der Thron Gottes und des Lammes sein wird, Offenb. 21,3. 22., und die Herrlichkeit Jesu sehen, und durch dieses Sehen Ihm gleich werden, gleichwie ein reiner Spiegel, wenn er gegen die Sonne gehalten wird, voll Licht und Glanz und der Sonne gleich wird. Dieses ist die Hoffnung aller derjenigen, die der Vater dem Sohn gegeben, und diese sind erstlich die Auserwählten und Glaubigen, die vor Christo gelebt haben, hernach die Jünger und Jüngerinnen, denen Er den Namen Seines Vaters in den Tagen Seines Fleisches offenbarte, Joh. 17,6., und endlich alle diejenigen, die bis an’s Ende der Welt durch das Wort der Apostel an Ihn glauben werden V. 20. Diese Alle sind von dem Vater dem Sohn als ein Eigenthum, als eine Beute, als ein Volk, als eine Heerde gegeben. Sie sind Ihm schon durch eine ewige Erwählung gegeben worden, ehe der Welt Grund gelegt ward; in der Zeit aber ziehet der Vater alle diese Erwählten zu dem Sohn, und übergibt sie Ihm wirklich. Wir können in die ewige Erwählung, oder in die Tiefen der Gottheit nicht geradezu hineinsehen, und wollen da den Anfang nicht machen, wenn wir unsere Zufriedenheit und unsere Hoffnung gründen wollen, sondern uns selbst erforschen, ob wir uns von dem Vater zu dem Sohn ziehen lassen, und ob wir durch das Wort der Apostel an den Sohn glaubig worden seien, und nun gern mit Leib und Seele ewiglich Sein Eigenthum sein wollen. So gewiß wir sind, daß wir diesen Sinn bis an unser Ende durch Seine Gnade behaupten können und werden, so gewiß sind wir auch, daß wir dem Sohne vom Vater von Ewigkeit her gegeben worden; wie denn auch Paulus Eph. 1,.4. erstlich Gott und den Vater unsers HErrn Jesu Christi lobet, weil Er ihn und Andere mit einem geistlichen Segen in himmlischen Gütern durch Christum gesegnet habe, und hernach erst mit diesen Mitgenossen des geistlichen Segens auf die ewige Erwählung zurücksieht. Lasset uns nur im Glauben treu sein, und bis an’s Ende beharren: was der eingeborne Sohn von dem Vater begehrt hat, wird uns alsdann gewißlich zu Theil werden. Kein Mensch hätte mit seinem Verlangen bis zu dem Sein bei Christo und bis zu dem Sehen Seiner Herrlichkeit aufsteigen können, wenn nicht Christus vorangegangen wäre, und Sein Geist alsdann die Herzen der Glaubigen zu dieser Hoffnung erweckte. Wir sind nicht werth, dieses herrliche Ziel zu erlangen; aber der Sohn Gottes ist’s werth, daß der Vater thue und gebe, was Er will. Gelobet sei der HErr Jesus, daß Er uns die Hoffnung gegeben hat, nach der Vollendung der Pilgrimschaft ewiglich bei Ihm zu sein und Seine Herrlichkeit zu sehen!
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Es ist auch für uns gebeten,
Die wir Christi Jünger sind
Und den Kreuzweg angetreten,
Den allein der Glaube find’t;
Seelen, sucht es hier mit Flehen,
Bis euch dort der Anblick freut;
Jesum sollen wir einst sehen,
Jesum in der Herrlichkeit.
2.
Hier sind noch die Leidenswochen,
Thränen hemmen uns das Licht;
Doch weil Er für uns gesprochen,
Währt es ja so lange nicht.
Er bereitet uns die Wonne
Schon in Seines Vaters Haus,
Und der Glanz von jener Sonne
Trocknet bittre Quellen aus.
3.
Jesu! Dir sei für dieß Bitten,
Eh’ Dein Mund die Galle trank,
Und Du unsern Tod gelitten,
Nun von ganzem Herzen Dank.
Naht sich die Versuchungsstunde,
Dringt die Nacht des Todes ein,
Laß dieß Wort aus Deinem Munde
Unsers Glaubens Anker sein.
4.
Vater, welcher mir zum Leben
Auch den Sohn der Liebe gab,
Und auch mich dem Sohn gegeben,
Daß ich in Ihm Leben hab’,
Laß es auch an mir geschehen,
Daß mein Glaube hier sich freut,
Daß ich dort darf Jesum sehen,
Jesum in der Herrlichkeit!
Brannte nicht unser Herz, da Er mit uns redete auf dem Wege, da Er uns die Schrift öffnete. Luk. 24,32.
Der Heiland hatte an den zwei Jüngern, die nach Emmaus gingen, erstlich ihre Thorheit, und zweitens die Trägheit ihrer Herzen zum Glauben bestraft. Luk. 24,25. Ihre Thorheit bestand darin, daß sie die Nothwendigkeit und den Nutzen Seines Leidens und Todes nicht einsahen, und im Gegentheil noch von Vorurtheilen eingenommen waren, welche theils von ihrem natürlichen, fleischlichen Sinn, theils aber von ihrer Auferziehung und von dem Unterricht, den sie von den Schriftgelehrten empfangen hatten, herrührten. Es war nämlich damals unter den Juden gewöhnlich, daß man sagte, der Messias bleibe ewiglich, das ist, sterbe gar nicht, und man meinte, solches aus dem Gesetz oder aus der Bibel beweisen zu können. Joh. 12,34. Auch beschrieb man Ihn nur als einen großen König, denn den großen Propheten, von dem Moses 5 Mos. 18. geweissagt hatte, hielt man für eine andere Person, an Sein Priesterthum aber dachte man gar nicht. Aber auch das Königreich des Messias stellte man sich falsch vor, und meinte, Er werde Israel von der Römer Herrschaft erlösen und ein irdisches Reich anrichten. Mit solchen Gedanken kamen alle Apostel und Jünger zu Jesu; und ob sie schon die Wahrheit von Ihm reiner und vollständiger hörten, so haftete sie doch nicht so in ihren Herzen, wie sie hätte haften sollen. Insonderheit blieb es ihnen unfaßlich, daß Jesus der Messias in der Sünder Hände übergeben werden und am Kreuz sterben sollte. Hier stockte der Glaube der Jünger, als Er gestorben war, und ihre Hoffnung, die sie auf Ihn hatten, war erschüttert. Hier kam es nun darauf an, ob sie von Ihm abtreten oder Ihm treu bleiben sollten. Zwar lagen ihnen die Weissagungen Mosis und der Propheten vor Augen, welche von dem Leiden, Tod und der Auferstehung des Messias handelten, auch sagten die glaubwürdigen frommen Weiber, sie haben ein Gesicht der Engel gesehen, welche sagten: Jesus lebe; allein sie waren zum Glauben träg oder langsam. Eine unnöthige Vorsichtigkeit, eine muthlose Traurigkeit, ein übertriebenes Zweifeln hielt sie allzulange vom Glauben zurück; und gleichwie sie träg zum Glauben waren, also waren sie auch ohne Zweifel träg zum Gebet, zur Liebe, zu guten Werken, und zur Ausrichtung aller Pflichten, deren Wurzel der Glaube ist.
Nun diesen redlichen Männern, die aber damals in der Gefahr eines gänzlichen Rückfalls aus der Gnade standen, kam Jesus zur rechten Zeit zu Hilfe. Er ließ unter der Auslegung vieler Schriftstellen ein neues Licht in ihnen aufgehen. Dieses Licht war zugleich auch ein Feuer, welches sie brünstig im Geist machte; und deßwegen konnten sie zuletzt sagen: brannte nicht unser Herz in uns, da Er mit uns redete auf dem Wege, als Er uns die Schrift öffnete? Sie bekamen den unbekannten Gefährten, von dem sie weise und kräftige Worte hörten, brünstig lieb, und nöthigten Ihn deßwegen, da Er weiter gehen wollte, bei ihnen zu bleiben. Bei dieser Liebe nahmen sie gern und schnell an, was Er sagte, und traten nach dem vorigen Zaudern eine neue Stufe des Glaubens an, von welcher sie nicht mehr herabfielen. Auch wurde die brüderliche Liebe in ihnen brünstiger, weßwegen sie noch in der Abenddämmerung zu den übrigen Jüngern Jesu, von denen sie weggegangen waren, zurückliefen, um ihnen ihre neue Erkenntniß und Freude mitzutheilen.
Mel.: Wer Jesum bei sich hat.
1.
Wem Du, o Jesu, nah’,
Deß Herz muß brennen;
Im Innern fühlen’s ja,
Die Dich schon kennen;
Du machst die Schriften klar
Den Heilsverwandten,
Als der gestorben war
Und auferstanden.
2.
Du gibst im Abendmahl
Uns noch zum Leben,
Was Du am Kreuzespfahl
Für uns gegeben;
Dieß ist das Unterpfand,
Auf das wir trauen,
Weil uns das Herz entbrannt,
Dich einst zu schauen.
3.
Mein Heil, ich danke dir,
Daß ich Dich kenne;
Mein sehnend Herz sagt mir,
Wovon es brenne.
Dir fremd und kalt zu sein
Ist ewig Schade;
Bin ich, HErr Jesu, Dein,
Ist’s ewig Gnade.
4.
Ach bleibe nah’ bei mir,
Mit mir zu wandeln;
Laß auf dem Weg von Dir
Mich immer handeln.
Laß mich Dein Angesicht
Bald seh’n dort droben,
So brennt mein Herz, im Licht
Dich stets zu loben.
Wer die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Und die Welt vergehet mit ihrer Lust. Wer aber den Willen Gottes thut, der bleibet in Ewigkeit. 1 Joh. 2,15.17.
Die Welt ist der Prüfstein der Christen, alldieweil sie in derselben sind. Wer sie fürchtet, und aus Furcht vor ihrer Ungunst Christum verleugnet, geht mit ihr verloren; wer sie aber lieb hat, und ihre Freundschaft dadurch erwirbt, wird von dem himmlischen Vater nicht geliebt, und liebt auch den himmlischen Vater nicht. Die Welt liegt im Argen, und kann doch ihre Gestalt so sehr schmücken, daß ein thörichter Mensch sie lieb gewinnt. Sie kann den Augen und dem Fleisch etwas zur Lüsternheit vorhalten, und überdieß eine gewisse kleine oder große Pracht zeigen, welche sie ehrwürdig oder ansehnlich machen soll. Dieses Alles kann noch durch eine falsche Weisheit entschuldigt, gerechtfertigt, angepriesen, ja als nothwendig aufgedrungen werden, daß das Grauen davor bei Leuten, die einen Funken von Gottesfurcht hatten, vergehen kann, und sie endlich von der Liebe der Welt so bezaubert und eingeschläfert werden, daß sie zuerst auf eine ehrbare, zuletzt aber auf eine grobe Art sich der Welt in der Eitelkeit des Sinnes und in bösen Worten und Werken gleich stellen, und Andere auch verführen. Die Ermahnung Johannis: habt nicht lieb die Welt, ist also höchst nöthig. Er gibt derselben dadurch einen großen Nachdruck, daß er hinzu setzt, man könne bei der Liebe der Welt die Liebe des Vaters nicht in sich haben, das ist, man könne von Ihm nicht geliebt werden, und Ihn auch nicht lieben. Welch ein Gegensatz! der Vater und die Welt; die Liebe des Vaters und die Liebe der Welt! Wähle unter diesen beiden. Die Wahl ist für einen vernünftigen Menschen nicht schwer: hingegen ist’s schwerer, die Welt und die Liebe der Welt so kennen lernen, wie sie mit der Liebe des Vaters nicht bestehen kann. Denn die Schlange, welche Evam mit ihrer Schalkheit verführt hat, ist so listig, daß sie die Menschen bereden will, die Liebe der Welt thue der Liebe des Vaters keinen Eintrag, und die Welt sei dem Vater im Himmel nicht so mißfällig, daß der Liebhaber derselben sich den Zorn Gottes zuzöge. Man lerne aber die Welt nur recht kennen, wie lüstern, falsch und eitel sie sei, wie sie es mit den Geboten Gottes so gar nicht genau nehme, wie sie die Gnadenzeit verschleudere, wie sie zwar von der Tugend schwatze, aber von dem Glauben an Jesum, von der Wiedergeburt, von der Inwohnung des Heiligen Geistes nichts erfahren wolle. Man sehe sie an, und vergleiche sie mit dem Wort Gottes, mit dem Bild Christi, und mit dem Sinn und Wandel Seiner ächten Jünger, so wird man bald erkennen, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft sei. Und wer ist, der bei der Liebe der Welt sich der Liebe des Vaters wahrhaftig trösten könnte? Man stellt sich der Welt gleich, und liebt sie mit einer fühlbaren Liebe: die Liebe des Vaters aber bildet man sich nur ein, und fühlt nichts davon. Die Liebe der Welt ist wirksam, und treibt den Menschen zu vielen thörichten und schädlichen Dingen: von der Liebe des Vaters wird man zu nichts getrieben. Die Liebe der Welt verhilft zu fleischlichen Ergötzungen, von der Liebe des Vaters hat man aber noch keine Erquickung bekommen. Also ist dann die Liebe des Vaters nicht in einem solchen Menschen.
Mel.: Christus, der ist mein Leben.
1.
Sollt’ ich die Welt noch lieben?
O nein, mir ist bewußt,
Sie müsse bald zerstieben
Mit aller ihrer Lust!
2.
Wenn ich das Fleisch hier weide
In vollem Ueberfluß,
Wo hab’ ich morgen Freude,
Wenn das heut’ sterben muß?
3.
Folg’ ich dem Reiz der Augen
Zu dem, was neu und schön,
Was wird’s der Seele taugen,
Wenn jene nichts mehr seh’n?
4.
Will ich mit Eitlem prangen,
Wie vormals Salomo,
Was ziert, wenn dieß vergangen,
Hernach auf ewig so?
5.
Herz, such’ des Vaters Liebe
In Jesu, unserm Licht;
Denn wenn dir nichts mehr bliebe,
Vergeht dir dieses nicht.
6.
Will dich der Arge locken,
So überwinde ihn;
Schätzt nicht dergleichen Docken
Ein Kind des Vaters hin?
7.
Da, wo der Vater wohnet,
Ist mehr als in der Welt,
Sein Kind, das Er belohnet,
Kriegt mehr als Gut und Geld.
8.
O Vater, Deine Liebe
Durchdringe meine Brust,
So bleibt, wenn ich zerstiebe,
Im Himmel meine Lust!
Der HErr ist groß, und sehr löblich, und Seine Größe ist unaussprechlich. Ps. 145,3.
Der HErr ist ein großer König über alle Götter, Ps. 95,3., das ist über alle Engel und Regenten, deren jeder in seinem Maße auch groß ist. Er hat eine große Güte, Ps. 145,7.; eine überschwängliche Kraft, Eph. 1,19.; Er ist groß von Rath, und mächtig von That, Jer. 32,19. Mit solchen Ausdrücken lehrt die heilige Schrift, daß Gott die höchste und unumschränkte Gewalt über Alles habe, und daß alles Gute in Gott unendlich und unermeßlich sei. Eben deßwegen ist Er aber auch sehr zu loben. Wenn es möglich wäre, daß ein vernünftiges Wesen Gott erkennete und anschaute, welches noch keine Wohlthat von Ihm empfangen hätte, so müßte es doch Gott wegen Seiner Größe, oder wegen Seiner unermeßlichen Vortrefflichkeit und Herrlichkeit loben: wie viel mehr sollen es Seine Geschöpfe thun, welche ihr Wesen und Alles, was sie genießen, von Ihm empfangen haben. Doch soll Niemand, der den HErrn lobt, meinen, er könne Seine Größe erforschen, folglich durch menschliche Worte genugsam erklären. Es ist in Gott eine Tiefe, die Niemand ergründen, eine Höhe, die Niemand übersehen kann. Es gibt einen unerforschlichen Reichthum Christi, Seine Liebe übertrifft alle Erkenntniß. Kein erschaffener Geist, sondern der Geist Gottes erforscht alle Dinge, auch die Tiefe der Gottheit. Wenn ich also die Güte, die Kraft, die Weisheit Gottes als groß erkenne, so soll ich glauben, daß dieses Alles noch größer sei, als ich’s erkenne, und wenn meine Erkenntniß wächst und endlich vollkommen wird, so wird Gott noch immer größer bleiben, als meine Erkenntniß. Wie thöricht ist’s also, wenn die Menschen wollen Gottes Rathgeber sein, oder wenn sie außer demjenigen, das Er geoffenbart hat, errathen wollen, was Ihm gezieme, oder was Er thun werde und wolle. Hier macht Gott zu Nichte die Weisheit der Weisen, und verwirft den Verstand der Verständigen. Er macht die Weisheit der Welt zur Thorheit (1 Kor. 1,19.20.), weil Er gar anders handelt, als die Welt meint, daß Er handeln werde und solle, welches durch nichts deutlicher erwiesen worden, als durch die Erlösung des menschlichen Geschlechts, von welcher Niemand gedacht hätte, daß sie durch die Kreuzigung des Sohnes Gottes werde ausgeführt werden. Ach daß wir immer Licht genug hätten, Gott allein als unaussprechlich groß zu erkennen. Es gibt ja wohl auch große Leute in der Welt, an denen sich Viele so vergaffen, daß sie Gottes dabei vergessen. Haben diese großen Leute etwas von Gaben und Gewalt, so soll man sie deßwegen in gewissem Maße verehren, aber auch erkennen, daß es nur in Gottes Hand stehe, Jemand groß und stark zu machen (1 Chron. 30,12.). Uebrigens ist die von Gott abhängende Größe der Menschen gegen der göttlichen Größe für nichts zu rechnen. Es verfehlen auch viele Großen in der Welt ihres Zwecks; sie wägen weniger denn nichts in der Wage Gottes; sie sind Herren über andere Menschen, und Knechte der Sünde und des Satans. Und wie viele Thoren gibt es, die, ohne eine Gewalt zu haben, sich einbilden, an Weisheit groß zu sein, und bei dieser Einbildung verloren gehen! Das göttliche Licht zeige uns Alles in seiner wahren Gestalt, und, wenn dieses geschieht, so werden wir Gott in traurigen und fröhlichen Tagen loben, Ihn über Alles fürchten und lieben, und auf Ihn unser höchstes Vertrauen setzen. Es ist nicht nöthig, daß wir Alles, was in Gott ist, erforschen und aussprechen können, denn auch dieses, daß Seine Größe unaussprechlich ist, gereicht zu Seiner Ehre und unserer heilsamen Demüthigung.
Mel.: Schmücke dich, o liebe Seele.
1.
Die ihr Gnade wollt genießen,
Betet an zu Gottes Füßen,
Und bekennet, daß die Ehre
Ihm, dem Einigen, gehöre.
Denn Sein Licht ist unzugänglich,
Seine Gnade überschwänglich,
Seine Größe unaussprechlich,
Seine Wahrheit unzerbrechlich.
2.
Sein Arm ist unüberwindlich,
Seine Weisheit unergründlich,
Sein Gericht bleibt unumstößlich,
Und Sein Vorsatz unauflöslich.
Wo Er straft, ist’s unerträglich,
Was Er wirkt, das ist unsäglich;
Wie Er führt, ist unvergleichlich,
Wenn Er segnet, gibt Er reichlich.
3.
Kurz, Gott ist ganz unbegreiflich.
Seelen, überlegt es reiflich,
Beugt und schämt euch vor der Klarheit,
Glaubt und rühmet Seine Wahrheit,
Preist Ihn wegen Seiner Werke,
Danket Seiner Huld und Stärke,
Singt von Seiner Liebe Proben,
Ewig soll Ihn Alles loben!
Durch unsern HErrn Jesum Christum haben wir den Zugang im Glauben zu der Gnade, worin wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der Herrlichkeit. Röm. 5,2.
Gerechtfertigt werden heißt: einen Zugang zu der Gnade haben, und gerechtfertigt sein heißt: in der Gnade stehen. Wenn ein wegen seiner Sünden geängsteter Sünder glaubig wird, so bekommt er einen Zugang zu der Gnade. Vorher war er von derselben entfernt, und konnte nicht glauben, daß auch für ihn Gnade bereitet sei: nun geht ihm aber ein neues Licht auf, nun erblickt er die Gnade, und fliehet zu derselben hin, wie Paulus Hebr. 6,18. redet, um zugleich die vor Augen liegende, und an dieselbe angeheftete Hoffnung der Herrlichkeit zu ergreifen. Es bekommt aber der Sünder diesen Zugang oder die Zuflucht zu der Gnade nicht anders, als durch den HErrn Jesum Christum. Keine eigene Gerechtigkeit oder Würdigkeit öffnet ihm diesen Zugang. Sein Beten, seine Thränen, seine guten Vorsätze und Versprechungen, seine angefangene bessere Einrichtung des Wandels verschafft ihm denselben noch nicht. Das Wort Gnade schließt alles Verdienst der Werke aus. Der HErr Jesus Christus aber ist’s werth, daß alle Sünder um Seinetwillen durch den Glauben Gnade erlangen. Seine verdienstlichen Werke und Leiden, Sein vergossenes Blut, Seinen Gehorsam bis zum Tod am Kreuz, Sein Versühnopfer, Seine Fürbitte siehet der himmlische Vater an, wenn Er einen Sünder, der sich mit einem noch schwachen, aber wahren Glauben darauf beruft, rechtfertigt und ihm den Zugang zur Gnade verstattet. Lange kann sich ein Sünder vor der Gnadenthüre vergeblich bemühen und abmatten, und dieselbe durch Anstrengung seiner Kräfte aufstoßen wollen: sie bleibt aber verschlossen, bis der Heilige Geist durch das Evangelium ihn überzeugt, daß sie nur um Christi willen geöffnet werde, und daß der Sünder als mühselig und beladen, ja als getödtet durch’s Gesetz, Christo die Ehre geben, und bekennen müsse, daß nur Sein Name den Menschen zum Heil gegeben sei, daß nur Sein Opfer sie mit Gott versöhnt habe, und daß die Menschen nur durch Seine Fürbitte Gott angenehm werden. Wenn der Mensch dieses durch die Kraft des Heiligen Geistes glaubt, folglich sein Glaube mit dem Zeugniß Gottes von Seinem Sohne übereinkommt, so hat er einen Zugang zu der Gnade, und fühlt es mit innigem Dank, zur Erquickung seines Geistes. Nun ist er dem Fluch entrückt, nun gilt ihm, was David Ps. 32,1. sagt: wohl dem, dem die Uebertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist, wohl dem Menschen, dem der HErr die Missethat nicht zurechnet, in deß Geist kein Falsch ist. Nun ist der verlorene Sohn bei dem Vater, und wird von Ihm geküßt, bekleidet und geschmückt. Auf diesen Zugang zu der Gnade folgt das Stehen in der Gnade. Und dieses Stehen soll ewiglich währen. Aus dieser Festung soll man nimmer entfallen. Der Glaube muß aber deßwegen fortwähren und mit seinen Früchten immer völliger werden. Aus der Gnade erwächst ewige Herrlichkeit. Wer in der Gnade steht, darf sich schon der Hoffnung der Herrlichkeit rühmen, und hat nicht nöthig, diese noch besonders zu verdienen. Zu einem solchen Gnadenstand verhelfe der HErr noch Vielen, und erhalte diejenigen darin, die in demselben stehen, zur Ehre Seines Namens.
Mel.: Wer nur den lieben Gott etc.
1.
Dem Glauben steht der Zugang offen,
Daß man zur Gnade kommen kann;
Der Heiland, der mit Blut getroffen,
Hat schon den Vorhang weggethan,
Da geht der Glaubige allein,
Und ohne Glauben Niemand ein.
2.
Dring’ ein, mein Herz, in vollem Glauben,
Jedoch durch Jesum Christum nur;
Was dir der Vater will erlauben,
Verwehrt dir keine Kreatur.
Nimm Gnade hin, denn sie ist dein,
Doch lasse Gnade Gnade sein.
3.
Was sonst uns Sündern nicht geziemet,
Das haben wir Versöhnte nun,
Daß man sich Gottes selber rühmet;
Man darf es auch in Trübsal thun,
Und rühmt sich schon in dieser Zeit
Der Hoffnung jener Herrlichkeit.
4.
Das macht getrost, wenn Sünde kränket:
Man hat in Jesu Christo Heil,
Das Gott dem armen Glauben schenket.
Der fasset seinen Gnadentheil;
Man lebt davon, man leidet gern,
Und stirbt auf Gnade seines HErrn.
5.
O Gott, Du Vater aller Gnade!
Laß mich durch Christum zu Dir hin;
So ist auch Sterben mir kein Schade;
Und wenn einst erwecket bin,
Laß mir den Zugang vor dem Thron
Im Himmel auch durch Deinen Sohn!
Wie Er hatte geliebet die Seinen, die in der Welt waren, so liebete Er sie bis an’s Ende. Joh. 13,1.
Der HErr Jesus sagte Joh. 17,11. zu Seinem himmlischen Vater: Ich bin nicht mehr in der Welt. Mein Lauf geht nun zu Ende, Ich wandle von nun an nicht mehr unter den Menschen, in wenigen Stunden bin ich der Welt entrückt: sie aber, meine Jünger, sind in der Welt. Ohne Zweifel hat Er diese Worte mit einem innigen Mitleiden ausgesprochen; denn, was die Welt sei, und was das Sein in der Welt austrage, hat Er nach Seiner hellen Erkenntniß und reinen Empfindung besser als wir verstanden. Daraus flossen hernach die barmherzigen Fürbitten, die Er in diesem Gebet für Seine damaligen Jünger, und für Alle, die durch ihr Wort an Ihn glaubig wurden, gethan hat. Johannes pries auch die beständige und treue Liebe des Heilandes gegen die Seinen, da er erzählen wollte, wie Er ihnen die Füße gewaschen, und zugleich ihre Seelen von der sündlichen Unreinigkeit, welche sie sich aus Unvorsichtigkeit zugezogen hatten, gereinigt hatte. Sie hatten diese Reinigung nöthig, weil sie in der unreinen Welt waren, durch deren Umgang man leichtlich befleckt wird. Er selbst, der HErr Jesus, blieb heilig, unschuldig und unbefleckt, ob Er schon gegen 3 Jahre in der Welt war. Bei Seinen Jüngern aber ging es nicht ohne Befleckung ab, wiewohl (den Judas Ischarioth ausgenommen, bei dem auch die Reinigung nicht anschlug) keine Bosheit dabei war. Hätte Er sie aber damals nicht gereinigt, so hätten sie am folgenden Tag das heilige Abendmahl nicht mit demjenigen Segen genießen können, der ihnen hernach durch dasselbe zu Theil wurde, auch hätten sie in der großen Versuchung, welche bei dem Leiden und Tod Jesu über sie kam, nicht ausharren können. Und da der Teufel sie bei ihrer noch nicht reinen Erkenntniß von dem Reich Jesu Christi je und je durch den Gedanken versuchte: welcher unter ihnen für den Größten gehalten werden sollte, und sie auch hernach aus Männern von geringem Stand zu Vorstehern vieler tausend Christen wurden, und neben dem Haß der Welt große Ehre und Achtung von allen Glaubigen genossen, so hätten sie sich der Erhebung ihrer selbst und des daraus fließenden Zwiespalts nicht erwehren können, wenn ihnen nicht neben Anderem das Beispiel Jesu einen bleibenden Eindruck gegeben hätte, welcher als ihr Meister und HErr sich mit der größten Wohlanständigkeit so weit herabließ, daß Er ihnen, als ob Er ihr Knecht wäre, die Füße wusch. Hiedurch wurde ihnen durch’s Anschauen klar, was Jesus vorher Matth. 20,26.27. mit Worten gelehrt hatte, daß der Gewaltige ein Diener, und der Vornehmste ein Knecht sein müsse, wenn er ein ächter Jünger Jesu sein wolle. Auch noch jetzt liebt der HErr Jesus die Seinen, die in der Welt sind, mit einer beständigen treuen und thätigen Liebe. Er zermalmt und warnt, und tröstet und reinigt zur rechten Zeit durch Sein Wort, und, wenn man nicht alsbald weiß, worauf dieses oder jenes ziele, das Er an der Seele thut, so erfährt man’s hinten nach, daß es nämlich eine Vorbereitung gewesen sei auf bevorstehende Leiden oder auf Werke, zu welchen man hernach berufen worden. Ein Christ sei nur immer bei sich selbst, und nahe fleißig zu seinem Gnadenstuhl, so wird er immer Barmherzigkeit empfahen und Gnade finden auf die Zeit, wenn ihm Hülfe noth sein wird; der in ihm das gute Werk angefangen hat, wird es auch vollführen.
Mel.: O Durchbrecher etc.
1.
Unser Jesus liebt die Seinen,
Bis an’s Ende liebt Er sie.
Seelen, faßt dieß auch im Weinen,
Euer Trostgrund liegt allhie.
Weint ihr, o so weint vor Freuden,
Weil es doch so herzlich ist:
Nichts kann von der Liebe scheiden,
Die in Christo Jesu ist.
2.
Bis zum Schweiß und Blutvergießen,
Bis zur tiefsten Seelennoth,
Bis an’s Kreuz zum Sündenbüßen,
Und am Kreuz bis an den Tod;
Ferner bis zum Auferstehen,
Und hernach bis auf den Thron,
Ja, bis wir Ihn herrlich sehen,
Liebt uns der geliebte Sohn.
3.
Liebe, ewig feste Liebe,
Ewig sei Dir Dank dafür;
Wenn nicht Deine Flamme bliebe,
Blieb’ es ewig kalt in mir;
Lieb’ mich, bis Du wirst erscheinen,
Nun ich glaub’s, Dein Wort ist hie:
Unser Jesus liebt die Seinen,
Bis an’s Ende liebt Er sie!
Ewige Freude wird über ihrem Haupte sein. Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerzen und Seufzen wird weg müssen. Jes. 35,10.
Gleichwie Jes. 66,24. der Zustand der Leichname, die an dem HErrn mißhandelt haben, und deßhalb ertödtet worden sind (V. 16.), so beschrieben wird, wie er ein Vorbild des Zustandes in der Hölle war, und deßwegen der Heiland dieselben Worte Marc. 9,44. gebraucht hat, da Er von den Verdammten in der Hölle redete, also wird auch der herrliche Zustand, worein die Kirche noch vor dem Ende der Welt versetzt werden wird, oft von Jesaias so beschrieben, daß sich die Worte auch auf den himmlischen Zustand deuten lassen; welches desto füglicher geschehen kann, weil der herrliche Zustand der streitenden Kirche ein Vorbild, ja ein Vorspiel und Anfang ihrer himmlischen Herrlichkeit ist. Von dieser Art sind nun auch die Worte, in welchen Jesaias von den Erlösten des HErrn, die von ihrer Zerstreuung wieder kommen, und gen Zion kommen werden, sagt: ewige Freude wird über ihrem Haupte sein. Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerzen und Seufzen wird weg müssen. eine Freude, die von oben herab kommt, wird als eine Krone über ihrem Haupt sein und diese Freude wird ewig sein, weil sie nicht nur auf Erden eine lange Zeit währen, sondern auch im himmlischen Zustand, an welchen der irdische sich anschließt, ohne Ende fortwähren wird. Die Freude ist der Gegensatz gegen den traurigen Zustand, der Jes. 33,7.8.9. beschrieben wird. Wenn das Elend lange währt, und ein Volk oder einzelner Mensch gleichsam lange in einer Wüste oder Einöde leben muß, Jes. 35,1., so werden die Hände müde, die Kniee straucheln (V. 3.), die Herzen werden verzagt (V. 4.) und können, wenn sie auch nicht ganz im Unglauben stecken, keine Freude ergreifen: deßwegen sagt der Prophet: Freude und Wonne wird sie ergreifen, daß sie sich derselben nicht werden erwehren können. Wo kommt aber der vorige Schmerz und das vorige Seufzen hin? Diese müssen weg sein. Dieses Alles wird geschehn, wenn Israel von der Zerstreuung und von der antichristlichen Noth erlöset, und von dem HErrn durch den Glauben an Christum reichlich begnadigt werden wird. noch völliger aber wird dieses Alles erfüllt werden, wenn die streitende Kirche zur triumphirenden, oder auch eine einzelne glaubige Seele in den himmlischen Zustand versetzt werden wird. Wie sieht es aber jetzt in der christlichen Kirche aus? Eine jede Seele kann zwar durch den Glauben an Christum Friede und Freude im Heiligen Geist empfangen und genießen, da dann ihre vorhergegangene Traurigkeit in Freude verwandelt wird. Wenn wir aber um uns herumsehen, und den ganzen Zustand der christlichen Kirche betrachten, so sitzen wir an den Wassern zu Babel und weinen. Wir leben noch in einer wüste und Einöde. Zion, das freie fröhliche und herrschende Zion, ist noch nicht vorhanden. Wir sind also in dieser Absicht denen gleich, welche im Glauben sterben müssen, und die Verheißung nicht empfangen, sondern sie von ferne sehen, und sich derselben vertrösten und wohl begnügen lassen müssen (Hebr. 11,13.). Fröhliche Zeiten sind noch entfernt, himmlische Freuden aber sind den Glaubigen nahe. Freuet euch in dem HErrn allewege, ob ihr euch gleich über den Zustand eurer Kirche und eures Vaterlandes nicht freuen könnet.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Einen Tag im Himmel leben,
Freuet mehr als tausend hier.
Sollt’ ich an der Erde kleben?
Nein, vor dieser eckelt mir!
Könnt’ ein Mensch auch tausend Jahre
Hier in eitler Freude sein,
Wär’ es gegen jene wahre
Doch wahrhaftig eine Pein.
2.
Hier ist Seufzen, hier sind Schmerzen,
Tausendfältiger Verdruß,
Und kein Mensch freut sich von Herzen,
Der den Tod befürchten muß.
Aber dort sind keine Thränen,
Noch ein Leid, noch ein Geschrei,
Und der Tod kann allen denen,
Die dort leben, nicht mehr bei.
3.
Ewig währet da die Wonne,
Ewig in der Gottesstadt,
Die die Herrlichkeit zur Sonne
Und das Lamm zur Leuchte hat!
Jetzt noch kann’s kein Herz erkennen,
Wie man Ewigkeiten mißt,
Noch ein Mund die Größe nennen,
Die bei solcher Freude ist.
4.
Gott zu schauen, Gott zu dienen,
Das ist ihre Lust allein;
Denn Er selber, Gott bei ihnen,
Wird ihr Gott auf ewig sein.
HErr! entzünde mein Verlangen,
Zieh’ auf Erden meinen sinn,
Nur dem Himmel anzuhangen,
Bis ich ewig freudig bin.
Der Kriegsknechte Einer öffnete Seine Seite mit einem Speer, und alsbald ging Blut und Wasser heraus. Joh. 19,34.
Johannes sah diese Begebenheit als sehr wichtig an, und setzte deßwegen hinzu: der das gesehen hat, der hat es bezeuget, und sein Zeugniß ist wahr, und derselbe weiß, daß er die Wahrheit saget, auf daß auch ihr glaubet; denn solches ist geschehen, daß die Schrift erfüllet würde: ihr sollt Ihm kein Bein zerbrechen; und abermal spricht eine andere Schrift: sie werden sehen, in welchen sie gestochen haben, V. 35.36.37. Nachdem also Johannes die Wahrheit dieser Begebenheit durch sein, als eines Zuschauers, Zeugniß bestätigt, und dem Glauben der Leser seines Buches empfohlen hatte, so führt er zwei Sprüche an, welche dadurch erfüllt worden seien. Der erste, 2 Mos. 12,46., handelt nach dem buchstäblichen Verstand von dem Osterlamm, und befiehlt: es soll ihm kein Bein zerbrochen werden. Nun wäre bei dem Osterlamm nichts an der Zerbrechung eines Beines gelegen gewesen; weil es aber ein Vorbild auf Christum war, so mußte es Christum auch dadurch vorbilden, daß ihm kein Bein zerbrochen werden durfte, und schon zur zeit Moses zielte Gott mit diesem Verbot auf Christum, an dem solches vornämlich erfüllt werden sollte. Es war nahe dabei, daß dem HErrn Jesu wie den zween Schächern die Beine zerbrochen würden, und Er auf diese Weise getödtet würde; Er übergab aber Seinen Geist vorher in die Hände Seines Vaters, und da Er nun todt war, lenkte Gott das Herz eines Kriegsknechts dahin, daß er nur die Wahrheit Seines Todes durch den Stich in seiner Seite erforschte, dabei aber Seine Gebeine unverletzt ließ. Auf eben diesen Stich aber deutete der andere Spruch, der Zachariä 12,10. von bußfertigen Juden steht: sie werden denjenigen (im Geist) ansehen, welchen jene gestochen haben. Nur Ein Kriegsknecht öffnete die Seite Jesu mit einem Speer: es halfen aber mehrere mit Rath und That dazu, und nahmen auch mit ihrem Beifall daran einen Antheil; weßwegen diese That Mehreren zugeschrieben wird. Aus der geöffneten Seite Jesu ging Blut und Wasser heraus; und dieses war bei einem todten Leichnam ein Wunder. Das Blut Jesu wurde hiebei vollends ganz vergossen, und neben demselben auch die wässerichte Feuchtigkeit, die in Seinem Leibe war, und sich an den Ort, wo die Wunde gemacht wurde, versammelt hatte. Weder jenes noch dieses ist verweset, ob schon eines wie das andere damals auf die Erde floß. Ohne Zweifel hat ein jedes derselben zu dem Heil der Menschen seine besondere Wirkung. Durch das Blut Jesu sind wir erkauft. Es ist zur Vergebung der Sünden vergossen worden. Durch dasselbe ging Jesus in das himmlische Heiligthum ein, und fand eine ewige Erlösung. Durch dasselbe werden wir besprengt und von Sünden gewaschen. Es sind aber Geist und Wasser und Blut beisammen, 1 Joh. 5,8. Wo also das Blut Jesu ist, da ist auch das Wasser, welches aus Seiner Seite floß, und der Geist, das geistliche und verklärte Wesen Seines Leibes und Seiner Seele. Der ganze Christus verwendet Sich gleichsam, uns zu entsündigen, zu reinigen, und zu dem Bild Gottes zu erneuern. Wer böse ist, sei auf seine Gefahr immerhin böse, wer unrein ist, sei auf seine Gefahr immerhin unrein, Off. Joh. 22,11. Wer aber gerechtfertigt und geheiligt werden will, wende sich zu Jesu, welcher unsere Gerechtigkeit und die Heiligungsquelle ist. Er hat Sich selbst für uns gegeben; Er gibt Sich aber auch uns, wenn wir’s begehren, als Speise und Trank, als Licht und Leben, als Arznei und Kleid. Ihm sei Dank für Seine Liebe.
Mel.: Liebster Immanuel, Herzog etc.
1.
Jesu, Dir dank’ ich die Oeffnung der Seite,
Wo Blut und Wasser zum Wunder entsprang,
Die ich auf Tauf’ und auf Abendmahl deute,
Da ich die herrlichen Güter empfang’,
Die Du erworben,
Weil Du gestorben;
Darum gebührt Dir ein lobend Gesang.
2.
Berstende Felsen und offene Grüften
Gleichen der Oeffnung der Seite noch nicht,
Die Du, ein Denkmal der Wunder zu stiften,
Selber zum offenen Borne gericht’t;
Hier ist Vergebung,
Hier ist Belebung,
Danke dem Heiland, wem dieses geschicht.
3.
Jesu, Du warst schon am Geiste lebendig,
Ist schon Dein Leichnam erst nachher erwacht,
Darum erkennt Dich der Glaube beständig,
Uns zur lebendigen Quelle gemacht.
Jesu, Dir danken
Alle wir Kranken,
Daß Du dieß Mittel des Lebens gebracht!
Thut Fleiß, daß ihr euern Beruf und Erwählung fest machet, so wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang zu dem ewigen Reich unseres HErrn und Heilandes Jesu Christi. 2 Petr. 1,11.
Ein schwacher Christ zweifelt oft, ob ein kräftiger Beruf zu dem Reich Gottes an ihn ergangen, und ob er zum ewigen Leben erwählt sei, und kränket sich auch darüber, daß durch sein Straucheln zuweilen dasjenige, was er schon erreicht zu haben meint, wieder zu verschwinden und zernichtet zu werden scheint. Wie kann er nun recht gewiß werden, daß er ein Berufener und Auserwählter sei? Und wie kann sein Gnadenstand, in dem er als ein solcher steht, befestigt, und vor dem wirklichen Rückfall gesichert werden? Petrus sagt, man solle Fleiß thun, und V. 5., man solle allen Fleiß anwenden. Wie aber? So daß man in seinem Glauben Tugend, und in der Tugend Bescheidenheit, und in der Bescheidenheit Mäßigkeit, und in der Mäßigkeit Geduld, und in der Geduld Gottseligkeit, und in der Gottseligkeit brüderliche Liebe, und in der brüderlichen Liebe gemeine Liebe darreicht. Petrus setzt voraus, daß man zu diesem Allem Kraft vom HErrn empfangen habe, welche man nun wohl anwenden soll. Wie aber? Wenn man den Glauben darreichen soll, so muß der Unglaube als Sünde erkannt werden, wenn man Tugend oder Tapferkeit beweisen soll, muß die Menschenfurcht und Faulheit verläugnet werden, die Bescheidenheit oder Vernunft (1 Petr. 3,7.), mit der man Andern begegnen soll, ist dem schnell zufahrenden, eigensinnigen, rauhen und trotzigen Wesen entgegengesetzt. Soll ich mäßig und geduldig sein, so muß die Unmäßigkeit im Genuß, und die Untugend im leiden verläugnet und getödtet werden. Die Gottseligkeit heißt mich das Zunahen zu Gott, den Umgang mit Gott, und alle gottesdienstlichen Werke fleißig ausüben. Die brüderliche Liebe ist der Kaltsinnigkeit und dem genommenen Aergerniß, und die allgemeine dem Haß gottloser Menschen entgegengesetzt. Alle diese Früchte der Gerechtigkeit kosten einen Kampf und Tod. Täglich kommen aber Gelegenheiten dazu vor; da dann Paulus den Christen zuruft: ziehet an, Kol. 3,12., und Petrus: reichet dar. Wenn man aber immer bei sich selber ist, und die Erweisungen des geistlichen Lebens, die Petrus beschreibt, reichlich darreicht, so wird man seines Berufs und seiner Erwählung immer gewisser, denn diese Erweisungen sind Beweise davon: da hingegen ein fauler und unfruchtbarer Christ wie ein Blinder mit der Hand tappt, und nicht weiß, wo er daran ist, V. 8.9. Auch wird demjenigen, der reichlich darreicht, was er darreichen soll, von Gott der Eingang in sein ewiges Reich reichlich dargereicht werden. Man frage nicht, was für ein Reich Gottes hier gemeint sei, denn Gott hat nur Ein Reich, das im Himmel und auf Erden ist, wer aber allen Fleiß anwendet, sich als ein Christ bei allen Fällen nach dem Maaß der empfangenen Gnade zu beweisen, der wird in dieses Reich immer weiter hineingeführt werden (denn wer da hat, dem wird gegeben), und also immer weniger zweifeln und rückfällig werden können. Der Mangel desselben aber hat in der Zeit und Ewigkeit große Folgen. HErr, erwecke uns immer mehr zu diesem Fleiß!
Mel.: Gott sei Dank in aller Welt.
1.
Jesus Christus hat ein Reich,
Seelen, Er berufet euch,
Und ihr seid dazu erwählt,
Daß Er euch zu Bürgern zählt.
2.
So befleißt euch auf das Best’,
Machet die Erwählung fest;
Denn das Reich, das ihr begehrt,
Ist ja Fleiß und Eifer werth.
3.
Er, der Niemand zu sich zwingt,
Nimmt doch an, wer zu Ihm dringt,
Und den Eingang reicht Er dar
Reichlich dem, der fleißig war.
4.
HErr! so Vieles zeigst uns Du,
Gib uns selbst auch Kraft dazu,
Daß wir Fleiß thun einzugehn,
Dich auf Deinem Thron zu seh’n.
5.
Reiche, die auf Erden sind,
Blühen und verblüh’n geschwind:
Wo Du, Jesu, König bist,
Ist ein Reich, das ewig ist.
6.
Deiner Bürger Recht ist groß,
Und ihr Erb’ ein selig Loos,
Ihre Wohnung Gottes Stadt;
Wohl dem, wer den Eingang hat!
7.
Heiland! lenke meinen Sinn,
Daß auch ich fein fleißig bin;
Werd’ ich träg’, so rufe Du
Mir, mich aufzufrischen, zu.
8.
Mach’ mir meine Hoffnung wahr,
Reich’ auch mir den Eingang dar,
Bei dem Ausgang aus der Zeit,
In Dein Reich der Herrlichkeit!
Und er legt Ihn in ein gehauen Grab, darin Niemand je gelegen war. Luk. 23,53.
Mit dem Tod Jesu fing alsbald eine gewisse Erhöhung des HErrn Jesu an, denn Sein Geist ging damals in die göttliche Ruhe und Freude ein, und Sein Leib wurde nicht auf den Richtplatz auf eine unehrliche Weise verscharret, wie den Leichnamen der zwei Schächer geschehen sein mag, sondern ehrerbietig in das Grab, welches ein reicher Rathsherr für sich und sein Geschlecht in einen Felsen hauen lassen, gelegt. Die Vorsehung Gottes fügte es so, daß noch Niemand je in dieses Grab gelegt worden war, damit man nicht sagen könnte, die Gebeine eines Andern hätten den Leib Jesu lebendig gemacht, wie die Gebeine des Elisa einen israelitischen Mann, oder damit man nicht, wenn zwei oder drei Leichname darin gelegen wären, nach der Auferstehung Jesu mühsam untersuchen müßte, welcher von ihnen auferstanden wäre, weil doch damals viele Leiber der Heiligen auferstunden. Man fand aber hernach das Grab leer, Niemand als Jesus war darin gelegen: folglich war Er auferstanden. Jesus lag also allein in des Josephs Grab, aber doch mitten unter vielen Millionen Leichnamen, die auf der ganzen Fläche des Erdbodens begraben waren. Gleichwie Seine abgeschiedene Seele zu den abgeschiedenen Seelen kam, also kam Sein Leichnam in die Gesellschaft der begrabenen Leichname. Der Stand eines begrabenen Todten, wovor uns oft graut, ist Ihm also nicht zu verächtlich gewesen, und das glaubige Angedenken an Seine Grabesruhe sollte jenes Grauen bei uns vertilgen. Er hätte alsbald nach Seinem Tod, da er noch am Kreuz hing, oder, sobald Er davon herabgenommen war, wieder lebendig werden, und sodann gen Himmel fahren können: allein auf diese Weise hätte man zweifeln können, ob Er wahrhaftig gestorben sei, und wir hätten den Trost nicht gehabt, daß Er uns in Ansehung der Grabesruhe gleich geworden sei. Im Grab ruhte Sein Fleisch auf Hoffnung der Auferstehung. Mit dieser Hoffnung will ich auch an die Einwicklung meines todten Leibes, an die Verschließung desselben in eine Bahre, und an seine Einsenkung in die Erde, an seine Bedeckung mit der Erde, und an die Verwesung in der Erde denken. Alles dieses gehört zum Weg und nicht zum Ziel. Hindurch! das Ziel ist ewiges Leben, auch in Ansehung des Leibes. Christus ist als der Erstling unter den Todten und als der Durchbrecher vorangegangen, und die Glaubigen dürfen Ihm nachfolgen. Werde ich gleich länger im Grabe liegen als Christus, und die Verwesung sehen, die Er nicht gesehen hat, so werde ich doch davon keine Ungelegenheit empfinden, auch wird meine Seele in der himmlischen Wohnung bei dem Warten auf die Auferstehung des Leibes keine lange Weile haben. Nur ist nöthig, daß ich Ihm angehöre und anhange, und mich auf der Erde keine Lust noch Furcht von Ihm abziehe. Unter der Erde werde ich alsdann keine Gefahr mehr haben. Wenn Himmel und Erde vergehen werden, so wird auch mein Grab vergehen, und mein durch Seine Stimme auferweckter Leib wird alsdann den Stand der Verwesung auf ewig zurückgelegt haben. Ein reicher Mann, ein ehrbarer Mann, der einen guten Namen unter den Menschen hatte, und ein vornehmer Rathsherr, der zu dem Pilatus einen Zutritt haben, und um den Leichnam Jesu bitten durfte, mußte derjenige sein, der Jesum begrub, und Nikodemus, der ohne Zweifel mit dem ihm gleichgesinnten Joseph schon vorher eine Bekanntschaft unterhalten hatte, mußte ihm dabei helfen. Was diese zwei angesehenen und vermöglichen Männer thaten, konnte damals keiner von den Aposteln thun, was aber diese thaten, konnten jene nicht thun. Gott hat verschiedene Knechte; ein jeder thue, was ihm angewiesen ist.
Mel.: Wer nur den lieben Gott läßt walten.
1.
Mein HErr, der Sich am Fleisch ließ tödten,
Ward gleich lebendig nach dem Geist.
Ihm war kein eigen Grab vonnöthen,
Weil Er der Fürst des Lebens heißt;
Er nahm die Kammer nur zu Lehn,
Da Morgens herrlich auszugehn.
2.
Er hat der Ausgesöhnten Gräber
In einem neuen Grab geweiht,
Als todt, und ist doch der Beleber
Der Todten, die Sein Tod befreit.
Als HErr lag Er in dieser Gruft,
Der künftig alle Todten ruft.
4.
Mein HErr, Dein Ruhetag im Grabe
Ist mir ein Trost für meinen Leib,
Daß ich, wenn ich geschlafen habe,
Ein Kind der Auferstehung bleib’.
Mein Gott, ich danke Dir dafür,
Und aus dem Grabe leb’ ich Dir!
Das ist je gewißlich wahr: dulden wir, so werden wir mit herrschen. 2 Tim. 2,11.12.
Paulus schrieb in diesem Kapitel an den Timotheus V. 3.: leide dich als ein guter Streiter Jesu Christi. Von sich selber aber sagt er V. 9.: ich leide mich über dem Evangelio bis an die Bande, und V. 10.: ich dulde Alles um der Auserwählten willen u.s.w. Hernach hielt er sich und dem Timotheus diese Wahrheit zum Trost vor: das ist je gewißlich wahr, dulden wir, so werden wir (königlich) mit herrschen. die Zeit, die man in der Welt zubringen muß, ist zum Dulden gegeben. Man sei gerechtfertigt, und durch Gnade zum Erben Gottes erklärt, und ein Tempel Gottes und ein Glied am Leib Christi: so ist man doch zum Dulden berufen. Paulus hält es den Korinthern zu ihrer Beschämung vor, daß sie schon ohne die Apostel herrschen, das ist oben schwimmen, Andere meistern, sich um nichts bekümmern, und alles Ungemach von sich wegstoßen wollen, setzt aber hinzu: wollte Gott, ihr herrschetet in der Wahrheit, und hättet schon wirklich alle Duldung rechtmäßig überstanden, damit auch wir mit euch herrschen möchten. Allein er legt ihnen hernach die großen und mannigfaltigen Leiden ausführlich und nachdrücklich vor die Augen, welche die Apostel noch dulden müssen. Auch die Salome dachte zu bald an das Herrschen, da sie den HErrn Jesum bat, von ihren Söhnen einen zu Seiner Rechten, und den andern zu Seiner Linken in Seinem Reich zu setzen: allein der weise Heiland wies sie und ihre Söhne auf Seinen Leidenskelch und auf Seine Schmerzenstaufe, und mahnte sie also an das Dulden, welches vor dem Herrschen hergehe. Paulus sagt nicht: indem wir dulden, so herrschen wir schon als Könige, sondern er stellt das Dulden als gegenwärtig, und das Herrschen als zukünftig vor. Das Dulden sollen wir jetzt durch die Kraft der Gnade Gottes ausüben, das Herrschen aber hoffen, und dieses wird auch von denjenigen ausgeübt werden, die gewürdigt werden, Bürger im neuen Jerusalem zu sein; denn von diesen wird Offenb. Joh. 22,3.5. gesagt, daß sie Gott und dem Lamm als Seine Knechte dienen, aber auch königlich regieren werden von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wer duldet, ergibt sich zum Tragen, Nachgeben, Schweigen, Zurückstehen, und wird von der Welt, die sich, so lange Gott es ihr zuläßt, durch List und Gewalt zu helfen weiß, und dabei Ungerechtigkeit ausübt, für einen Thoren gehalten: aber eben diese duldenden Christen werden als Könige im neuen Jerusalem auftreten, indem die Welt als das Auskehricht draußen im Feuersee liegen wird. Ueberhaupt wird die Verfassung in der zukünftigen Welt ganz anders sein, als die Verfassung in der gegenwärtigen. Wer sich selbst erhöhet hatte, wird erniedrigt sein, und wer sich selbst erniedrigt hatte, wird erhöhet sein. Darnach wollen wir uns richten, im Dulden nicht müde werden, und die Vorzüge des Christenthums oder den Adel der Kindschaft Gottes jetzt nicht nach einem fleischlichen Sinn gebrauchen, oder in die Verfassung dieser Welt einzuführen begehren, wie schon Viele zu ihrem Schaden versucht haben. Ein Jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war. Lasset uns aber herzhaft glauben, was gewißlich wahr ist, daß nämlich diejenigen, die hier dulden, mit Christo herrschen werden. Das Dulden will uns oft zu schwer werden, und zu lange währen; darum ist bei der Geduld auch Langmüthigkeit nöthig.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Nur um Christi willen dulden,
Nicht aus eigenem Verschulden,
Ist kein Leiden ohne Lohn.
Christus ist uns vorgegangen;
Ob Er schon am Kreuz gehangen,
Stieg Er doch auch auf den Thron.
2.
Herrschen folgt auf Schmach und Leiden,
Und so macht in diesen Zeiten
Gott uns uns’rem König gleich.
So ist’s Gottes Wohlgefallen,
Er verknüpfet bei uns Allen
Noch die Drangsal und das Reich.
3.
Denkt nicht, Leiden sei die Sache,
Die zum Herrschen würdig mache;
Nein, auch Missethat hat Pein!
Unter Gottes Rath und Hulden
Muß das Herrschen und das Dulden
In Gemeinschaft Jesu sein.
4.
Können Menschen das nicht fassen,
Die uns spotten, lästern, hassen,
Wird es doch einst offenbar.
Will auch unser Fleisch sich regen,
Glaubt man doch dem Wort dagegen,
Das ist je gewißlich wahr!
5.
Ach, daß sich mein Herz bequemer
Und sein Kreuz gern auf sich nehme!
Jesu, führe Du mich an,
Daß ich, folgsam Deinen Tritten,
Leiden, und wenn’s ausgelitten,
Freudig mit Dir herrschen kann!
Nun weiß ich wahrhaftig, daß der HErr Seinen Engel gesandt hat, und mich errettet. Ap. Gesch. 12,11.
Petrus wurde durch einen Engel bei Nacht auf eine außerordentliche Weise au dem Gefängniß geführt, wußte aber, indem es geschahe, nicht, daß es ihm wahrhaftig geschehe. Da er aber ganz zu sich selber kam, so sagte er: nun weiß ich wahrhaftig, daß der HErr Seinen Engel gesandt hat, und mich errettet. Wenn wir nun bedenken, was die heil. Schrift sagt, daß nämlich alle Engel Geister, und zum Dienst Gottes im Himmel bestimmt seien, aber auch ausgesandt werden zur Verrichtung eines Dienstes um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen, Hebr. 1,14.; daß Christus Matth. 18,10. von einigen Engeln sagt, daß sie der kleinen Kinder Engel seien, weil sie die Kinder behüten; daß David Ps. 103,20. die Engel Gottes starke Helden nennt, welche Seinen Befehl ausrichten, daß man höre die Stimme Seines Worts; daß eben dieser David, Ps. 34,8., da er Gott wegen seiner Errettung aus einer großen Noth gepriesen hatte, mit allgemeinen Ausdrücken sagt: der Engel des HErrn lagert sich um die her, so Ihn fürchten, und hilft ihnen aus; und daß Ps. 91. zu einem Jeden, der unter dem Schirm des Höchsten sitzet, und zu dem HErrn spricht: meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe, V. 11. gesagt wird: der HErr hat Seinen Engel befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen, daß sie dich auf den Händen tragen, und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest, oder keinen schweren Fall thust; wenn man endlich die in der heil. Schrift beschriebenen Beispiele der Heiligen bedenkt, welche den Schutz der heiligen Engel auf eine sichtbare Weise genossen haben: so kann man nicht zweifeln, daß man selber auch eben denselben Schutz und Beistand genieße, wenn man in der Furcht Gottes und im Vertrauen auf Gott wandelt. Allein wir wissen gemeiniglich nicht, daß uns dieses oder jenes durch einen Engel geschehe, weil wir sie als Geister nicht sehen, und ihre Werke nicht deutlich von andern unterscheiden können. Ohne Zweifel werden wir aber in der seligen Ewigkeit, wo wir ein völliges Licht bekommen, und zu einer sichtbaren Gemeinschaft mit den heiligen Engeln gelangen werden, sagen, wie Petrus gesagt hatte: nun weiß ich, daß der HErr Seine Engel gesandt hat, und mich da und dorten errettet. Diese Einsicht wird alsdann eine Ursache des Lobes Gottes sein. Als Petrus durch einen Engel errettet wurde, betete die christliche Gemeinde für ihn unabläßig zu Gott, Ap. Gesch. 12,5. Auch sagte David Ps. 34,7., da er von dem genossenen Schutz eines Engels zeugen wollte: da dieser Elende (David) rief, hörete der HErr, und half ihm aus allen seinen Nöthen. Wollen wir also auch heute und fernerhin den Beistand der heiligen Engel genießen, so sollen wir nicht die Engel, sondern den HErrn darum bitten: aber auch vor dem HErrn so wandeln, daß die heiligen Engel sich für unsere Mitknechte halten können; wie denn ein Engel zu dem Apostel Johannes, der vor ihm niedergefallen war, und ihn so anbeten wollte, wie man im Morgenland die Könige anbetete, Offenb. Joh. 22,9. sprach: siehe zu, thue es nicht, denn ich bin dein Mitknecht, und deiner Brüder der Propheten, und derer, die da halten die Worte dieses Buchs: bete Gott an. Wir sollen ach fleißig Gott loben, und nicht zweifeln, daß die heiligen Engel es mit uns thun, und uns freuen, daß wir bald sie sehen, ihnen gleich sein, und unter ihnen wandeln werden.
Mel.: Eins ist Noth, ach HErr.
1.
Jesum ehren Seraphinen,
Wie den Vater, so den Sohn,
Und von Engeln, die Ihm dienen,
Sendet Er von Seinem Thron,
Die schützen die Seinen und wehren den Schaden.
Ihr Erben der Seligkeit seid ja in Gnaden,
Euch werden Bediente vom Hofe geschickt,
Wenn Welt und der Satan euch hasset und drückt.
2.
Herrscher über alle Thronen,
Deine Schafe danken Dir,
Die wir unter Wölfen wohnen,
Dir, dem Hirten, trauen wir.
O daß wir nicht Engel mit Sünden vertreiben!
Wenn wir in Gemeinschaft der Engel hier bleiben,
So tragen sie dorthin, wo Jesus vertritt,
Zu englischen Chören, da singen wir mit.
Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer Geist ganz sammt Seele und Leib müsse behalten werden unsträflich auf die Zukunft Jesu Christi unsers HErrn. 1 Thess. 5,23.
Paulus hatte sich über den Gnadenstand der Thessalonicher gefreuet, und ihren Glauben und ihre Liebe gerühmet, sie aber auch alsbald Kap. 4,1. gebeten und in dem HErrn Jesu ermahnet, daß sie immer völliger werden möchten. Darauf zielt denn auch der Wunsch, der 1 Thes. 5,23. steht. Er nennt in demselben Gott den Gott des Friedens; denn Gnade und Friede muß der Mensch von Gott haben, wenn er durch und durch geheiligt werden soll. Die Heiligung soll nach und nach die ganze Seele, den ganzen Leib, und den ganzen Wandel durchdringen, so daß alle Kräfte und Bewegungen der Seele dem Gott des Friedens unterworfen seien, alle Glieder sich zum Dienst der Gerechtigkeit hingeben, und der Mensch in seinem Wandel zeige, daß er zu allem guten Werk geschickt sei. Hievon ist mehr in diesem Leben zu erreichen, als viele kleinmüthige und faule Christen, die bald müde und satt sind, meinen, denn es gibt eine gewisse Vollkommenheit, welche schon auf Erden erlangt werden soll, s. Matth. 5,48. Phil. 3,15. Tim. 3,17. 1 Joh. 4,17.18., bei welcher wir aber noch nicht sagen dürfen: wir haben keine Sünde, 1 Joh. 1,8., sondern auf eine höhere Vollkommenheit oder Vollendung, die in jener Welt geschehen wird, warten müssen, Phil. 3,12.13. Was nun Paulus im Anfang seines Wunsches kurz gesagt hatte, führt er hernach weiter aus, da er vom Geist, von der Seele und vom Leib redet. Geist ist das Neue, das durch die Wiedergeburt in dem Menschen entsteht, Joh. 3,6. Geist ist ein neues Licht und Leben. Nach dem Geist hanget der Mensch Gott an, und ist Ihm ähnlich. Der Geist ist das Vermögen, geistliche Dinge zu fassen, und die Kräfte der zukünftigen Welt zu schmecken. Nach dem Geist wandeln, heißt heilig wandeln. Geistlich gesinnt sein, ist Leben und Friede. Dieser Geist nun soll nicht gedämpft, V. 19., sondern bis auf die Zukunft Jesu Christi unsers HErrn ganz erhalten werden, und wenn dieses geschieht, so wird er auch bis zu seiner Völligkeit heranwachsen. Die Seele ist im Unterschied von dem Geist dasjenige in dem Menschen, was noch irdische Dinge begehret, und sich damit einläßt, folglich auch davon zur Verwunderung, Freude, Betrübniß u.s.w. so berührt wird, daß es so in dem himmlischen Leben nicht fortwähren kann. Das Wort Seele bedeutet eigentlich nichts Böses, wiewohl unsere Seelen immer auch ihre Verderbniß in sich haben: aber so lange ein Wiedergeborner noch nicht ganz verklärt ist, so hat er Geist und Seele, nicht als zwei abgesonderte denkende Wesen, sondern als zweierlei Kräfte in sich, und ist durch den Geist mit den himmlischen Dingen verbunden, durch die Seele aber mit den irdischen. Was der Leib sei, den Paulus in seinem Wunsch der Seele zugesellt, wissen wir Alle. Nun diese Seele und dieser Leib sollen bis auf die Zukunft Jesu Christi unsers HErrn, bei welcher sie ganz geistlich werden, unsträflich behalten werden, so daß sie sich nie zum Dienst der Unreinigkeit hingeben (Röm. 6,19.), sondern auch in irdischen Dingen dem Willen Gottes dienen, und kein Fluch, kein Bann, keine unvergebene Sünde darauf hafte. Was aber Paulus den Thessalonichern gewünscht hat, geschehe auch an mir und den Meinigen um Christi willen.
Mel.: Mein’s Herzens Jesu etc.
1.
O Gott des Friedens! heil’ge mir
Den Geist sammt Leib und Seele,
Daß mir der Eingang einst zu Dir
Und Deiner Ruh’ nicht fehle;
Daß Jesus Christus mich alsdann
Untadelich erfinden kann,
Wenn Er, der HErr, wird kommen.
2.
Du hast ja einen neuen Geist
Bereits in mich gegeben;
So lasse, wie Dein Wort mich heißt,
Mich auch im Geiste leben;
So müsse meine Seele rein,
So muß mein Leib ein Tempel sein,
Und Gott zum Dienst geheiligt.
3.
O selig, die unsträflich sind,
Wenn Jesus wird erscheinen,
Und durch und durch geheiligt find’t
Die Ihm erkauften Seinen;
Wenn Alles Ihm an uns gefällt,
Und Er sieht, daß wir in der Welt,
Wie Er war, auch gewesen.
4.
Ich weiß, o Gott, die Heiligung
Ist mir nicht im Vermögen;
Doch hab’ ich die Versicherung
Aus Deinem Wort dagegen.
Dir, Gott des Friedens trau’ ich nun;
Du bist getreu, Du wirst es thun,
Daß ich Dein Thun einst rühme!
Ich will den Tröster zu euch senden, und, wenn derselbe kommt, wird Er die Welt strafen. Joh. 16,7.8.
Es ist ein großer Beweis von der ewigen und höchsten Gottheit Jesu Christi, daß Er den Tröster, den Heiligen Geist sendet, wie Ihn der Vater sendet: wenn Er Ihn aber sendet, so kommt Er, und wenn Er kommt, so straft Er die Welt, oder überzeugt sie von einer Wahrheit, welche ihr vorher ganz unbekannt gewesen war, oder welche sie wenigstens nicht hatte glauben können. Die Apostel des HErrn wurden in eine wider Jesum und sie selbst feindselige Judenwelt, und in eine abgöttische Heidenwelt ausgesandt, um das Evangelium zu predigen, und eine christliche Kirche zu pflanzen. Welch’ eine Beredtsamkeit, welch’ eine künstliche Disputirkunst, welche Versprechungen für das Fleisch, welchen Beistand mächtiger Obrigkeit hätte Mancher gefordert, um hier etwas auszurichten. Allein der Heiland verhieß Seinen Aposteln anstatt aller dieser unkräftigen Mittel einen göttlichen Geist, der ihnen beistehen, und die Welt durch ihr Wort von der Sünde, von der Gerechtigkeit, von dem Gericht, folglich von der ganzen Wahrheit des Evangelii überzeugen werde. Die Geschichte der Apostel bezeugt auch, daß der HErr Jesus diese Verheißung erfüllt, und dadurch große Dinge ausgerichtet habe. Paulus deutete auch darauf, indem er 1 Kor. 2,4. schrieb: mein Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft. Und 2 Kor. 10,4.5.: die Waffen unserer Ritterschaft sind nicht fleischlich, (und schwach) sondern geistlich und mächtig vor Gott, zu zerstören die Befestigungen; damit wir zerstören die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebet wider das Erkenntniß Gottes, und nehmen gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi. Wenn nun auch heut zu Tag ein Lehrer oder Zuhörer über der Ausbreitung des Reichs in der Christen-Juden-mahomedanischen oder heidnischen Welt bekümmert ist, so bete er um die Zukunft des Trösters, und überlasse sich diesem, wenn er sich von Gott als ein Werkzeug brauchen lassen will. Dieser Tröster muß es thun, wenn etwas gethan werden soll, auf diesen Tröster muß man sich verlassen, und Ihm die Ehre geben. Aber die Menschen, die Ihn nicht kennen, suchen freilich viele Künste (Pred. Sal. 7,30.), und richten damit nichts aus, das Gott gefiele. Freilich muß dieser Tröster zuerst den Prediger in alle Wahrheit leiten, und Jesum in ihm verklären (Joh. 16,13.14.), hernach aber wird er durch das Wort des Predigers auch an der Welt seine Kraft beweisen. Ueberzeugen wird er die Welt, daß dasjenige, was in der Bibel von der Sünde, von der Gerechtigkeit, und von dem Gericht bezeugt wird, wahr sei. Er wird sie so überzeugen, daß sie Alles auf sich selber wird deuten, und theils mit einem tiefen Schmerz, theils aber mit Wonne einsehen können, daß sie selbst gemeint sei. Aus dieser kräftigen Ueberzeugung entstehen Buße, Glaube und neuer Gehorsam, und so wird dem HErrn ein Volk des Eigenthums bereitet, an dem Er Seine Lust sieht. Im Vertrauen, daß der Heilige Geist immer so durch’s Wort wirksam sei, kann man noch jetzt das Predigtamt in der Welt getrost verwalten, und in eben diesem Vertrauen die Bekehrung Vieler, die noch zur Welt gehören, hoffen. Der Heiland lasse auch in unsern Tagen diese Hoffnung an Vielen erfüllet werden.
Mel.: Ach, Jesu, meiner Seelen Freude.
1.
Der Vater gab die Welt voll Bösen
Dem Sohn der Liebe zu erlösen,
Sie ward durch’s Blut des Sohnes frei;
Der unterwirft dem Geist die Erde,
So daß die Welt gestrafet werde,
Die Jüngerschaft versiegelt sei.
2.
Sein Zeugen ist ein mächtig Zeugen;
Er kann die härtsten Nacken beugen,
Lehrt Sünd’, Gerechtigkeit, Gericht.
Er zeuget göttlich im Gewissen,
Und zeuget, bis das Herz zerrissen
Von Buße und von Glauben spricht.
3.
Er zeugt auch nach der Buße Schmerzen
Dem Glauben in der Jünger Herzen
Von Gnade, Friede, Seligkeit.
Sei, Geist des HErrn, von uns erhoben,
Mach’ uns zu einem ew’gen Loben
Des Vaters und des Sohns bereit!
So oft ihr von diesem Brod esset, und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des HErrn Tod verkündigen, bis daß Er kommt. 1 Kor. 11,26.
Als der HErr Jesus das heilige Abendmahl einsetzte, so sagte Er ausdrücklich, man solle es zu Seinem Gedächtniß oder zum Angedenken Seiner halten: Paulus aber sagt, man solle dabei des HErrn Tod verkündigen, bis daß Er komme. Das Angedenken ist bei einem Jeden innerlich: die Verkündigung aber soll öffentlich in der Gemeinde geschehen. Wenn man also Alles in der Welt vergessen wollte, soll man doch nicht vergessen, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, und man soll insonderheit nicht vergessen, daß Er gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift. Es wird uns zwar dieses Alles gepredigt, und wir lesen’s auch in Büchern: allein das heilige Abendmahl soll den zerstreuten und vergeßlichen Menschen auf’s Neue und nachdrücklich daran mahnen; denn bei demselben hört er, daß Christus Seinen Leib für uns in den Todgegeben, und Sein Blut für uns vergossen habe zur Vergebung der Sünden. Schon diese Worte sind eine Verkündigung des Todes Jesu: es ist aber fein, wenn auch das Uebrige, das man predigt, singt und verliest, das Angedenken desselben erneuert. Warum soll aber dieses Angedenken so oft erneuert werden? Darum, weil an dem Tod Jesu Alles gelegen ist. Wäre Sein Tod nicht geschehen, so wären wir nicht erlöset, wir hätten keinen Zugang zu Gott, wir wüßten von keinem Opfer für unsere Sünden, und von keinem Mittel, vom Fluch des Gesetzes frei zu werden. Wäre Christus nicht gestorben, so müßten wir Alle ohne Hoffnung eines ewigen Lebens sterben. Dadurch preiset aber nun Gott Seine Liebe gegen uns, daß Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. So werden wir je vielmehr durch Ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch Sein Blut gerecht worden sind; denn so wir Gott versöhnet sind durch den Tod Seines Sohnes, da wir noch Feinde waren: vielmehr werden wir selig werden durch Sein Leben, so wir unversöhnet sind, Röm. 5,8.9.10. Damit aber diese heilsame Frucht des Todes Jesu bei den Sündern entstehe, so muß er verkündiget werden, und im Angedenken bleiben. Denn am Glauben liegt’s: wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Röm. 10,14. Und wie sollen Gnade und Friede, Licht und Kraft, Dank und Lob bei dem Menschen entstehen, wenn das Angedenken des am Kreuz gestorbenen Jesu in ihm nicht erhalten wird? Weil auch ein Christ gemeiniglich in den letzten Lebensstunden das heilige Abendmahl empfängt, so ist’s ihm auch da heilsam und erquicklich, wenn er seine Andacht, die er ohnehin alsdann nicht weit ausbreiten kann, in das Aufschauen auf den gekreuzigten Heiland, und in das Angedenken Seines Todes zusammen zieht, und so im Glauben an seinen Erlöser und im Frieden Gottes dahin fahren kann. Der Tröster, der Heilige Geist, öffne meine und viele andere Augen, daß wir im Geist denjenigen ansehen können, welcher als ein Fluch zwischen zwei Missethätern am Kreuz gehangen, gestorben, und auch nach dem Tod zerstochen worden ist, und lehre uns kräftig verstehen, was es uns zu unserem Heil austrage, daß Sich Christus damals selbst für uns gegeben hat.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende.
1.
Wir dürfen Christi Tod verkünden,
Bis daß Er kommt zum Weltgericht.
Das theure Mittel für die Sünden
Nimmt uns die Welt und Satan nicht;
Dieß Testament muß ewig sein,
Eh’ fallen Erd’ und Himmel ein.
2.
Ach Jesu! segne mir in Gnaden
Dieß Zeichen Deiner großen Huld,
Daß ich mich nicht zu meinem Schaden
An Deinem Leib und Blut verschuld’;
Weil sein Gericht sich ißt und trinkt,
Wen dieß ein schlechtes Essen dünkt.
3.
Wenn ich zu Deinem Tische gehe,
Bereite mich durch Deinen Geist,
Daß von mir und an mir geschehe,
Was Du befiehlst und uns verheiß’st;
So dürstet meinen Geist nach Dir,
Und Du, mein Heiland, lebst in mir.
4.
So läß’st Du mich den Leib genießen,
Der an dem Kreuz zum Opfer hing;
DS läß’st Dein Blut in’s Herz mir fließen,
Das dort aus Deinen Wunden ging;
Dein Geist drückt mir dieß Siegel ein:
Die Sünde soll vergeben sein.
5.
O reich’ auf meinem Sterbebette
Mir dieß zur letzten Labung hin,
Zum Trost, daß mich vom Tode rette
Der Heiland, deß ich eigen bin,
Zur Hoffnung, daß ich freudenvoll
Dich, wenn Du kommst, einst sehen soll!
Derselbige Geist wird euch erinnern alles dessen, das Ich euch gesagt habe. Joh. 14,26.
Dieser Verheißung haben wir’ zu danken, daß vier Männer, nämlich Matthäus, Markus, Lukas und Johannes die Reden Jesu viele Jahre nach Seiner Himmelfahrt treulich haben beschreiben können; denn obschon Markus und Lukas nicht unter den zwölf Aposteln waren, so haben sie doch von diesen ächten Nachrichten von demjenigen, was Jesus geredet hat, vernehmen und alsdann schreiben können. Die Apostel selbst haben’s dieser Verheißung zu danken gehabt, daß sie einen guten Kampf kämpfen, einen richtigen Lauf durch die Welt machen, und bis an’s Ende Glauben halten konnten: denn nichts hat sie dabei so sehr stärken und leiten können, als die Erinnerung der Reden Jesu. Sie hatten zwar auch die Schriften des Alten Testaments: allein die Reden Jesu enthielten mehr Licht als jene, und paßten auf den Zustand und die Schicksale der Apostel genauer als jene.
Auch unser Gedächtniß soll, wie unsere ganze Seele, der Wirkung des Heiligen Geistes offen stehen. Wie oft kommt ein Fall vor, wobei man in der Gefahr steht, in eine Sünde zu fallen, und auf einen Schmerzens-Weg zu gerathen: aber ein zur rechten Zeit in’s Angedenken gebrachter Spruch, oder eine im Gemüth erneuerte schriftmäßige Wahrheit, wenn sie auch nicht mit Schriftworten ausgedrückt ist, hält den Menschen von dem Fall und Irrweg zurück. Hiemit wird erfüllet, was Ps. 25,8.9. steht: der HErr ist gut und fromm, darum unterweiset Er die Sünder auf dem Wege, Er leitet die Elenden recht, und lehret die Elenden Seinen Weg; und was Ps. 32,8. steht: Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst: Ich will dich mit Meinen Augen leiten. Kann ein böser Engel oft einem gottesfürchtigen Menschen wider seinen Willen ärgerliche Dinge in’s Angedenken bringen: warum sollte nicht der Heilige Geist Gottes an wahre und kräftige Worte Gottes, worauf sich der Mensch selber nicht zur rechten Zeit besinnen kann, erinnern können. Ohne diese göttliche Hülfe würde kein Christ bei der Schwachheit seiner Natur, und bei dem täglichen Umtrieb, dem er ausgesetzt ist, auf dem Weg des Lebens fortschreiten können.
Will uns aber der Heilige Geist an die Worte Gottes bei jeder Gelegenheit erinnern, so ist nöthig, daß wir wachen und nüchtern seien. Der Weg des Lebens ist so beschaffen, daß auch die Thoren, wenn sie aufmerksam sind, darauf nicht irren können, Jes. 35,8. Wenn aber ein aufmerksamer Christ eine Erinnerung von dem Heiligen Geist bekommt, so versteht sich’s von selbst, daß er sich nach derselben zu richten verbunden sei. Ist’s ein Trost, so soll er sich dadurch stärken und aufrichten lassen: ist’s eine Warnung, so soll er sich durch dieselbe von etwas zurückhalten lassen: ist’s ein Gebot, so soll er sich dadurch zu etwas antreiben lassen; denn wer sein eigenes Gutdünken behaupten, und seinen eigenen Willen durchsetzen will, wird von dem Heiligen Geist vergebens erinnert, und hat hernach wegen derselben eine desto größere Verdammung in seinem Gewissen. Freilich kann es auch geschehen, daß der Satan, wenn er sich in einen Engel des Lichts verstellt, den Menschen zuweilen durch Worte der heiligen Schrift zu einem gefährlichen Schritt verleiten will, wie er’s bei Christo in der Wüste versucht hat, oder, daß das böse Herz solche übel verstandene Worte zur Rechtfertigung seiner bösen Begierden und Anschläge mißbraucht: allein, wer geistlich gesinnt ist, und geübte Sinnen hat, merket diesen Betrug leichtlich; denn es ist kein Licht und keine Kraft dabei, und die falsche Deutung der Worte Gottes ist dem klaren Verstand anderer Worte zuwider.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende.
1.
Der Geist erinnert uns noch dessen,
Was der getreue Heiland sprach.
Wie bald wär’ Alles sonst vergessen;
Das Fleisch denkt doch so langsam nach.
Auch im Erinnern sagen wir,
O Geist des HErrn, Dir Dank dafür.
2.
In Noth heißt’s: Ich will euch nicht lassen;
Im Beten: das geschehe dir;
In Angst: ihr sollt die Seelen fassen;
Im Thun und Lassen: folge mir;
In Aergernissen: hütet euch;
Im Welthaß: euer ist das Reich.
3.
Im Glauben heißt’s: dir ist vergeben;
Im Lieben: thut, wie Ich euch thu’;
Im Tod: Ich lebe, ihr sollt leben.
So spricht der Geist uns immer zu.
O Geist des HErrn, erinn’re mich
Auch Seines Worts: ich preise Dich.
Verleugnen wir, so wird Er uns auch verleugnen. 2 Tim. 2,12.
Paulus schrieb hier eben dieses, was der HErr Jesus Matth. 10,33. gesagt hatte: wer Mich verleugnet vor den Menschen, den will Ich auch verleugnen vor Meinem himmlischen Vater. Christus warnte vor diesen Worten vor der Furcht, und sagte, man solle sich nicht vor Menschen fürchten, die den Hausvater Beelzebub geheißen haben, und vielmehr seine Hausgenossen so heißen werden: ja man solle ich nicht vor Leuten fürchten, die den Leib tödten. Auf gleiche Weise redete Paulus, ehe er von der Verleugnung Christi redete, von Sterben und Dulden, V. 11.12. Hieraus wird klar, daß eigentlich die Furcht zur Verleugnung Christi treibe. Die Menschen können sich fürchterlich machen. Sie können spotten, schelten und schmähen, sie können mit dem Tod drohen, und, wenn es Gott zuläßt, wirklich tödten. Wer nun dieses Alles nicht dulden, wer nicht um Christi willen auch sterben will, verleugnet Christum, um dem Zorn der Welt zu entgehen. So verleugnete Petrus Christum in des Hohepriesters Palast, und sagte: er kenne ihn nicht, weil er fürchtete, er möchte sein Leben bei dem Bekenntniß Jesu einbüßen. Unter den Christen gibt es eine falsche scheinbare Kirche, welche Babel, oder die große Hure genannt, und von welcher Offenb. Joh. 17,6. gesagt wird, daß sie von dem Blut der Heiligen trunken worden sei. Auch gibt es ein Thier, da ist eine grimmige und fürchterliche Macht, welche mit den Heiligen schon einen öffentlichen Krieg geführt und sie überwunden hat. Wer das Bild dieses Thiers dereinst nicht wird anbeten wollen, soll getödtet werden, und wer sein Malzeichen nicht an sich nimmt, nicht kaufen und verkaufen dürfen. Offenb. Joh. 13,7.15.17. Bei diesen wichtigen Fällen sind wahre Christen auf die Probe gesetzt worden, und werden noch auf die Probe gesetzt werden, ob sie Christum vor den Menschen bekennen oder verleugnen wollen, und nach ihrer Treue oder Untreue, welche sie hiebei beweisen, richtet sich ihr Schicksal in der Ewigkeit. Doch da diese namhaften Gelegenheiten nicht allenthalben und allezeit vorkommen, so bedenke man, daß die Welt oft nicht verlangt, daß man Christum lästere, oder von seiner Religion abfalle, nur soll man keiner von den Frommen oder Heiligen sein, welche die Welt, wie Noah (Hebr. 11,7.), verdammen, und Heuchler, Pietisten, Mucker, Sonderlinge genannt werden. Wer zu tief in die Buße hinein gerathen, wer’s mit den Geboten Gottes genau nehmen will, wird von Welt-Freunden, oder vom Teufel selbst durch seine Eingebungen gewarnt. Man hält auf solche Leute nichts, sie werden zurückgesetzt, und machen ihr Glück nirgends. Große Männer lassen sie ihre Ungnade fühlen. Man spottet ihrer in’s Angesicht oder hinterwärts. Durch solche Vorstellungen wird oft ein schwacher Mensch in eine Furcht gesetzt, welche ihn bewegt, dem Heiligen Geist, der ihn fromm machen will, zu widerstreben, und mit Worten und Werken zu zeigen, daß er nicht zu jener verhaßten Partei gehöre. Man behilft sich eine Zeit lang mit den Gedanken, daß man Christum vor Seinem himmlischen Vater bekennen, folglich heimlich beten, lesen, fromm sein wolle. Christus aber fordert, man solle Ihn vor den Menschen bekennen. Wird am Tag des Gerichts die Welt ihren furchtsamen Anbetern helfen können? Werden alsdann die Vortheile, die man durch die mit der Verleugnung Christi erkaufte Gunst der Welt erlangt hatte, noch trösten können?
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Sich Jesu zuzueignen
Ist lauter Seligkeit;
Hingegen Ihn verleugnen
Bringt ewig Herzeleid;
Wenn Er dich nicht will kennen,
Und dich einst zum Verbrennen
Von den Gerechten scheid’t.
2.
Die Welt hält Menschenliebe
Allein für ihre Pflicht,
Rühmt, was aus eignem Triebe,
Nicht was im Geist geschicht,
Weicht von dem Wort des Lebens,
Hält Glauben für vergebens,
Und kennet Christum nicht.
3.
Das heißt sie nun vernünftig.
Wie aber geht’s zuletzt,
Wenn Jesus Christus künftig
Auf Seinen Thron sich setzt,
Und vor des Vaters Augen
Verleugner, die nichts taugen,
Verleugnungswürdig schätzt?
4.
O bleib’, Du Geist des Sohnes,
Mir nie vom Herzen fern,
Daß ich, trotz alles Hohnes,
Den HErrn bekennen lern’;
Mein Leiden, Reden, Leben
Müss’ ein Bekenntniß geben
Von Jesu, meinem HErrn!
5.
Laß keinen Witz der Erden
Mir zur Versuchung sein,
Dem Heiland fremd zu werden,
Auch bei dem größten Schein;
Daß Er an Seinem Tage
Von mir zum Vater sage:
Den kenn’ Ich auch als Mein.
Durch Christum seid ihr, da ihr glaubtet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher ist das Pfand unsers Erbes zu unserer Erlösung, daß wir Sein Eigenthum würden, zu Lobe Seiner Herrlichkeit. Eph. 1,13.14.
Wenn von Weissagungen gesagt wird, daß sie versiegelt werden, so wird dadurch angedeutet, daß sie den Menschen eine Zeit lang verborgen werden, wie die Schrift eines versiegelten Briefs verborgen ist. Dan. 12,4. Offenb. Joh. 22,10. Wenn aber von Menschen gesagt wird, daß sie versiegelt werden, so wird dadurch angezeigt, daß sie unter Andern als ein Eigenthum Gottes ausgezeichnet werden, s. Offenb. 7,2.3. Eph. 4,0. 2 Kor. 1,22., gleichwie das Siegel, das man auf einen Brief drückt, ein Zeichen ist, woran man denjenigen erkennen kann, von dem er herkommt. Welches ist aber das Siegel, durch welches die Auserwählten gezeichnet, und von allen andern Menschen unterschieden werden? Paulus sagt, der Geist der Verheißung, das ist der verheißene Geist, sei es, den man empfange, wenn man an Christum glaubig werde. Wer nämlich Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein, wer Ihn aber hat, ist Sein. Welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder. Unter dem ganzen menschlichen Geschlecht sind also diejenigen, die den verheißenen Geist empfangen haben, versiegelt und ausgezeichnet als das auserwählte Geschlecht, das königliche Priesterthum, das heilige Volk, das Volk des Eigenthums, und diese sollen verkündigen die Tugenden Deß, der sie berufen hat von der Finsterniß zu Seinem wunderbaren Licht (1 Petr. 2,9-). Der Heilige Geist ist aber nicht nur das Siegel, womit sie gezeichnet sind, sondern auch das Pfand oder Angeld ihres himmlischen Erbes. So gewiß derjenige, der ein Angeld empfängt, die ganze Bezahlung einer versprochenen Schuld von einem ehrlichen Mann hoffen darf, so gewiß, ja noch viel gewisser ist’s, daß derjenige das ganze himmlische Erbe, welches das ewige Reich Gottes heißt, hoffen dürfe, der den verheißenen Geist empfangen hat. Wir werden mit demselben versiegelt zu unserer Erlösung von allem Uebel, folglich zur völligen Befreiung von der Sünde und von allem Elend, welches die Sünde in unserer ganzen Wallfahrt und bis auf die Verwesung des Leibes hinaus nach sich zieht. Von diesem Allem werden diejenigen erlöst, die mit dem Heiligen Geist versiegelt sind, und wenn sie so erlöst worden, sind sie ein errettetes Eigenthum Gottes. Andere gehen verloren, sie aber werden selig. Zu Andern sagt der Richter: gehet hin, ihr Verfluchten, zu diesen aber: kommet her, ihr Gesegneten Meines Vaters. Andere müssen in die ewige Pein gehen, sie aber dürfen in’s ewige Leben gehen. Diese Glückseligkeit widerfährt allen denjenigen, aber auch nur denjenigen, die mit dem verheißenen Geist versiegelt worden sind, und dieses Alles gereicht zum Lob der Herrlichkeit Gottes. Die herrliche Gnade, der herrliche Reichthum, die herrliche Macht und Pracht Gottes wird nämlich an diesen Versiegelten offenbar, und an ihnen gepriesen, wenn sie auch herrlich werden.
Die Welt hat Titel, Wappen, Kleidungen und andere Zeichen, wodurch viele Menschen als Leute von hoher Geburt, von vornehmerem Stand, und als Mitgenossen gewisser Orden ausgezeichnet werden. Dieses alles ist unter dem Ausspruch enthalten: das Wesen dieser Welt vergehet. Die Kindschaft Gottes aber ist eine ewige Würde, und das Siegel, welches die Kinder Gottes empfangen, ziert und beglückt sie in dieser und in der zukünftigen Welt.
Mel.: Meine Kraft ist hin.
1.
Wenn mein Herz bedenkt,
Was mir Gott geschenkt
An des Geistes Pfand,
O so muß mein Leben
Ihm zum Ruhm sich geben,
Weil ich Gnade fand.
2.
Denn ich weiß hiebei,
Daß Er in mir sei,
Daß Er in mir bleibt,
An der großen Gabe,
Dich ich von Ihm habe,
Die mich zu Ihm treibt.
3.
Mich, Sein Eigenthum,
Wird Er Sich zum Ruhm
In der bösen Zeit
Durch den Geist erhalten,
Bis ich wird’ erkalten,
Bis zur Ewigkeit.
4.
Wider alle Noth,
Wider dich, o Tod,
Ist dieß Pfand mir gut;
Daß von meinem Leibe
Auch im Grab nichts bleibe,
Wenn er ausgeruht.
5.
Lob sei allezeit
Seiner Herrlichkeit
Für dieß göttlich Pfand,
Daß ich nach dem Sterben
Darf mich Christo erben
In dem Vaterland.
Er ließ sich taufen, und freuete sich, daß er an Gott glaubig worden war. Ap. Gesch. 16,33.34.
Dieses wird von dem Kerkermeister zu Philippi gesagt, bei dem in Einer Nacht sehr Vieles vorging. Auf die rohe Sicherheit, mit welcher er eingeschlafen war, folgte ein Schrecken wegen des Erdbebens und der geöffneten Thüren, hernach eine große Furcht der Strafe, die auf ihn fallen würde, weil seine Gefangenen, wie er meinte, entflohen seien. Zu dieser Furcht schlug sich eine Wuth, mit welcher er sich selber erstechen wollte; die Furcht wurde ihm von Paulo benommen und die Wuth besänftigt, als derselbe zu ihm sagte. thue dir nichts Uebels, denn wir sind Alle hier. Als er nun nach seinen äußerlichen Umständen hätte ruhig sein können, so rührte Gott sein Innerstes, und ließ Seine Hand schwer über ihm werden. Er bekam durch das göttliche Licht einen Blick in seinen elenden Seelenzustand und in das ewige Verderben, welches derselbe nach sich ziehen müsse. Er forderte also ein Licht, sprang in’s Gefängniß hinein, und ward zitternd, und fiel Paulo und Sila zu den Füßen, und führte sie heraus, und sprach: liebe Herren, was soll ich thun, daß ich selig werde? Welch ein weiter Schritt von der Wuth, womit er sich selbst entleiben wollte, bis zu dieser wichtigen Frage, die er doch sehr bald machte, weil der Geist des HErrn ihn bewegte. Paulus und Silas sprachen zu ihm: glaube an den HErrn Jesum, so wirst du und dein Haus selig. Dieses Wort, und was sie ihm noch weiter sagten, haftete bei ihm und seinen Hausgenossen: er ließ sich taufen und alle die Seinen alsbald, und freute sich, daß er an Gott glaubig worden war. Also war in dieser für ihn höchst merkwürdigen Nacht seine letzte Gemüthsbewegung Freude, eine Freude nämlich, die daraus entstand, daß er sich nun bewußt war, er sei an Gott glaubig worden. Vorher war dieser Mann ein Götzendiener gewesen, und war ohne Gott in der Welt gewesen, wie Paulus Eph. 2,12. von den Heiden sagt; denn die Fabellehre von den falschen Göttern war so beschaffen, daß sich kein gescheidter Mensch daraus trösten, oder einen von jenen Göttern für einen wahren Gott halten konnte. Nun freute sich aber der Kerkermeister, daß er kein Atheist mehr sei, sondern an Gott glaube. Der Gedanke von Gott war ihm wichtig und süß, weil ihm überdieß gesagt worden war, daß Gott um Christi willen sein gnädiger Gott sein wolle. Auf diesen Glauben hatte er sich taufen lassen, und war nun der christlichen Kirche einverleibt, und hatte Gemeinschaft mit dem Paulus und Silas, die er als heilige Gesandte Gottes ansah, und mit allen wahren Christen.
Unsere Voreltern waren auch Heiden, lebten ohne Gott in der Welt, und waren unwissender und wilder als der Kerkermeister zu Philippi und seine Landsleute. Nun sind wir, ihre Nachkommen, getaufte Christen, und haben das Wort Gottes und die heiligen Sakramente unter uns, durch die uns der Name Gottes, an den wir glauben sollen, kund gethan und der Zugang zu Ihm gezeigt ist. Was war die Ursache, daß das Reich Gottes zu unsern Voreltern kam, da andere Nationen in der Finsterniß blieben, und daß es bisher unter uns erhalten wurde? Nichts als Seine große Gnade und Barmherzigkeit. Lasset uns nun dem Evangelio würdiglich wandeln, dieweil wir es haben, und die empfangene Taufe hoch schätzen.
Mel.: Jesus, meine Zuversicht.
1.
Meine Taufe freuet mich
Mehr, als mein natürlich Leben;
Denn ein geistliches hab’ ich,
Weil mir’s damals Gott gegeben;
Und was hülf’s, ein Mensch allein,
Aber nicht ein Christ zu sein?
2.
Von der Mutter Leibe her
Ist mein Athem Gottes Gabe;
Aber Gottes Geist ist mehr,
Den ich von der Taufe habe:
Jener dient auf diese Zeit,
Dieser auf die Ewigkeit.
3.
Weil auf Drei, die Eines sind,
Man mich mit dem Wasser taufte,
Ward ich damals Gottes Kind,
Das der Sohn mit Blut erkaufte;
Gottes Bild ward eingeprägt,
Gottes Nam’ auf mich gelegt.
4.
Als ich weg vom Vater lieg,
Und mein Kindesrecht verscherzte,
Gott hingegen mir noch rief,
Daß mich mein Entlaufen schmerzte,
Freute mich die Taufe noch;
Denn der Vater liebte doch.
5.
Bricht der größte Jammer ein,
Freut die Taufe mich am besten;
Muß es auch gestorben sein,
Wird die Taufe mich noch trösten;
Ein mit Blut gezeichnet Schaf
Freut sich da auf Ruh’ und Schaf.
Auf daß auch ihr Gemeinschaft mit uns habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo. 1 Joh. 1,3.
Mit den geistlichen und himmlischen Gaben Gottes verhält es sich nicht so, wie mit den irdischen Gütern, unter welchen ein jedes so eines Besitzers Eigenthum ist, daß alle andern Menschen von dem Besitz und Genuß desselben ausgeschlossen sind. Wenn auch eine Erbschaft einem Geschlecht zufällt, so theilt man das Erbe unter so Viele, daß ein jeder Erbe nur seinen Theil bekommt, an den kein Anderer eine Ansprache machen darf. Allein im Reich Gottes haben alle Gerechten den Heiligen Geist, insofern Er eine Gabe ist, gemeinschaftlich. Alle haben gemeinschaftlich eine Ansprache an die Früchte der großen Erlösung, die Christus ausgerichtet hat. Was in dieser heiligen Schrift ein geistlicher Segen heißt, als: Gnade, Licht, Leben, Freiheit, Kindschaft, Friede und Freude, gehört Allen gemeinschaftlich, und ist Keinem so verheißen, daß ein Anderer ausgeschlossen wäre. Auch das unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbe, das im Himmel behalten wird, empfangen sie gemeinschaftlich, denn Christus wird an jenem Tag zu den Gesegneten Seines Vaters sagen: erbet das Reich, und wird nicht hinzusetzen: theilet es unter euch. Dieses ist die Gemeinschaft, welche alle Kinder Gottes unter sich haben, die Apostel und Propheten nicht ausgenommen, und nach welcher sie Ein Leib, Ein Volk, Eine Heerde, Eine Braut Christi, und zwar nach den Gaben verschieden sind, übrigens aber gleiche Rechte haben, so daß einem Jeden der Genuß von Allem, was das Reich Gottes in sich schließt, vergönnt ist. Wer aber in einer solchen Gemeinschaft mit allen Heiligen stehen will, muß auch Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo haben, und diese Gemeinschaft ist freilich der Grund von jener, ja der Grund des ganzen Heils, das die Heiligen genießen. Es besteht aber die Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo darin, daß die Heiligen den Geist des Vaters und des Sohnes empfangen haben; weßwegen sie auch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes 2 Kor. 13,13. genannt wird. Daran erkennen wir, sagt Johannes 1 Joh. 3,4. daß Er in uns bleibet: an dem Geist, den Er uns gegeben hat. Obgleich der Geist von dem Vater und Sohn ausgeht und gesandt wird, so ist Er doch nicht von dem Vater und Sohn getrennt. Wem der Geist des Vaters und Sohnes gegeben ist, in dem ist und bleibet der Vater und Sohn, der hat also Gemeinschaft und ist vereinigt mit dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo.
Die Bekehrung besteht also nicht darin, daß man sich nur zu frommen Leuten halte und geselle, und ihre Weise äußerlich annehme. Wer sich bekehren will, bekehre sich zu dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo, und erbitte Gnade und den Heiligen Geist; alsdann ist der Grund des Heils gelegt durch den Glauben, alsdann ist man aber durch die Liebe mit allen Gliedern Christi verbunden, und steht in einer Gemeinschaft mit ihnen, welche auch der Tod nicht trennen und aufheben kann. Was nützt es, wenn man sich der äußerlichen Kirche rühmt, zu der man sich bekennt? Keine solche Kirche oder keine Partei der Christenheit hat die Verheißungen von Gott empfangen, daß alle ihre Glieder unfehlbar selig werden. Wie reich bin ich bei der irdischen Armuth, wenn ich mit allen Heiligen Gemeinschaft habe und meine Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesu Christo ist!
Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s Lebens Licht.
1.
Ich bin an Christi Leib ein Glied,
Das von dem Haupt sein Leben zieht,
Er schenkt mir auch von Seinem Geist,
Den Er den Seinen theu’r verheißt.
2.
Ich habe mit der Christenheit
Auch Hoffnung jener Seligkeit;
Wir haben einerlei Beruf
Zum neuen Himmel, den Er schuf.
3.
Er ist ihr HErr, und ist auch mein;
Denn Jesus ist der HErr allein.
Sie glauben, und ich ebenso,
Wir sind in Einem Glauben froh.
4.
Die Taufe hab’ ich auch wie sie;
Ein Gott und Vater ist allhie,
Dem rufen Kinder Abba! zu.
O Geist des Sohns, das wirkest Du.
5.
Dir dank’ ich, Gott, mit frohem Sinn,
Daß ich ein Glied der Kirche bin,
Denn wenn ich je von Engeln wär’,
So würd’ und wär’ ich doch nicht mehr.
6.
O Geist des HErrn, bereite mich,
Daß ich im Himmel auch durch Dich
Mit allen Heil’gen loben lern’
Gott und den Vater unsers HErrn.
Mein Mund soll des HErrn Lob sagen. Ps. 145,21.
Als Paulus 2 Kor. 11. und 12. sich selbst rühmte, protestirte er etliche Mal, daß er etwas thue, das sonst die Thoren zu thun pflegen, sagte aber, die Korinther haben ihn dazu gezwungen, weil sie ihn nicht als einen ächten Apostel erkennen wollen, und deßwegen in der Versuchung stehen, den Verführern, welche ihnen das von Paulo gepredigte Evangelium verdächtig machen, Gehör zu geben. Er richtete aber auch sein Rühmen so ein, daß seine herzliche Demuth überall herausschimmerte. Er setzt 2 Kor. 10,17.18. voraus, wenn ein Mensch sich rühmen wolle, so müsse er sich des HErrn rühmen, denn darum sei Einer nicht tüchtig, daß er sich selber lobe, sondern daß ihn der HErr lobe. Hernach rühmte er sich vornehmlich seiner Schwachheit, das ist seiner schweren Leiden, die er im Dienst des HErrn ausgestanden habe, und da er einer hohen Offenbarung Meldung gethan hatte, verschweigt er nicht, daß ihm zur Verhütung der Selbsterhebung ein Pfahl in’s Fleisch gegeben worden sei u.s.w. Auf diese Weise dürfte sich ein Christ, wo es zur Ehre Gottes nöthig wäre, ohne Sünde selber rühmen; sonst aber gilt die allgemeine Regel Spr. Sal. 27,2.: laß dich einen Andern loben, und nicht deinen Mund, einen Fremden, und nicht deine eigenen Lippen. Doch ist auch das Lob, das man von andern Menschen bekommt, oder Andern gibt, oft etwas Sündliches, immerdar aber etwas Vergängliches. Man lobt oft die Thorheit, wie David Ps. 49,14. sagt. Man lobt zu viel und zu wenig. Man lobt, was die Nachkommen schelten werden, und schilt, was die Voreltern gelobt hatten. Man lobt, und bald hernach verschwindet das Lob wie der Tadel auf dem Erdboden, und der Gelobte und Getadelte fällt dem höchsten Richter in die Hand, welcher auch den Lober und Tadler richten wird. Aber den HErrn kann man nicht zu viel loben. Mein Lob soll also des HErrn Lob sagen, und alles Fleisch lobe Seinen heiligen Namen immer und ewiglich. Er ist würdig, gelobt zu werden, weil Alles, was gut und vortrefflich ist, ohne Maß in Ihm ist, und alles Gute in den Geschöpfen Sein Werk und Seine Gabe ist. Man soll Ihn loben, weil alle Seine Werke wunderbar, unvergleichlich und untadelich sind. Man soll Ihn wegen der herrlichen schönen Pracht loben, die Er in Seinem Reich zur Bewunderung, aber auch zum Genuß der Geschöpfe, die Ihm dienen, bereitet hat. Man soll Ihn loben wegen Seiner Herablassung zu den Elenden, wegen der Erhörung ihres Gebets, wegen der Hülfe, die Er ihnen widerfahren läßt. Man soll Ihn loben, weil Er ist, was Er ist, und weil Er war und sein wird, was Er ist. Mein Mund soll des HErrn Lob sagen, denn ich bin als ein Geschöpf und als ein erlöster Sünder, dem der HErr schon große Barmherzigkeit erzeigt hat, dazu verpflichtet. Ob ich schon noch nicht in der himmlischen Freude schwebe, und auf Erden von vielem Elend gedrückt werde, so soll mein Mund doch bei der Zufriedenheit über meinem Schicksal, welches mir heilsam und nöthig ist, des HErrn Lob sagen. Gelobet sei der dreieinige Gott ewiglich!
Mel.: Nun laßt uns Gott dem Herren.
1.
HErr, lehr’ in allen Dingen
Mich Dir ein Loblied bringen;
Dein Lob soll mir auf Erden
Ein himmlisch Vorspiel werden.
2.
Dein Lob sei in der Freude,
Dein Lob sei auch im Leide
Mir immer in dem Munde
Und stets im Herzensgrunde.
3.
Wenn And’re in den Plagen
Mit bitt’rem Murren zagen,
So lehr’ in Leidensproben
Mich in Geduld Dich loben.
5.
Wenn Satan in der Seelen
Mich will mit Schwermuth quälen,
So sei Dein Lob im Herzen
Das Mittel für die Schmerzen.
6.
Wenn das Gesetz mich schrecken
Und Schulden will aufdecken,
Mach’ Du zum Lob mich munter
Ob Deiner Liebe Wunder.
7.
Wenn auf dem Krankenbette
Ich wenig Kraft mehr hätte,
Sei mir für Grab und Made
Zum Trost Dein Lob der Gnade.
8.
O HErr! Dein Geist alleine
Bring’ meinen Ton in’s Reine,
Dein Lob schon hier zu singen,
Bis daß es dort wird klingen.
Jesus ließ sich taufen von Johannes im Jordan. Mark. 1,9.
Die Beschneidung, welche der HErr Jesus am achten Tage Seines Lebens annahm, war ein öffentliches Zeichen, daß Er ein Israelit sei, sich zu dem israelitischen Volk als der König desselben bekenne, und es auf ich genommen habe, das ganze Gesetz, das dem Volk Israel gegeben worden, zu erfüllen. Da Er aber hernach getauft wurde, bekannte Er, daß Er das Haupt der christlichen Kirche sein wolle, welche durch die Taufe und den neutestamentlichen glauben entstehen, und alle israelitischen Rechte, welche das Heil der Seelen betreffen, genießen sollte. Kurz zu sagen, durch die Beschneidung trat der HErr Jesus in eine Verbindung mit dem Judenvolke; da man aber hernach fragen konnte, ob Er denn allein die Juden für die Seinigen erkennen, und ihr Heiland mit Ausschluß anderer Völker sein wolle, so trat Er durch die Taufe auch in die Verbindung mit der christlichen Kirche, welche durch ihn errittet werden, und glaubige Juden und Heiden in sich fassen sollte. Es war eine große Erniedrigung des HErrn Jesu, daß Er Sich von Seinem Knechte, dem Johannes, taufen ließ. Dieser hatte Ihn vermuthlich vorher noch nie gesehen (Joh. 1,33.), da er Ihn aber das erste Mal sah, und vielleicht hörte, daß Er der Sohn der Maria sei, die 30 Jahre vorher zu Seiner Mutter Elisabeth gekommen war, erkannte und glaubte er alsbald, daß Jesus sein HErr, und der heilige Sohn Gottes sei. Er demüthigte sich also vor Ihm, und sagte: ich bedarf, daß ich von Dir getauft werde, und Du kommst zu mir. Der HErr Jesus aber, der keine Sünde, wie andere Leute bekennen konnte, antwortete: laß es also sein, also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er’s Ihm zu, Matth. 3,15. Es ist ein Beweis der Leutseligkeit und Sanftmuth Jesu, daß Er bei neuen und ungemeinen Begebenheiten geduldet hat, daß Ihm die Seinigen demüthige Einwendungen machten, welche Ihm einen Anlaß gaben, sie zu belehren; es ist aber auch schön, daß die Seinigen Seine obgleich kurzen Belehrungen annahmen, und sich, obgleich noch eine Dunkelheit dabei war, Seinem Willen unterwarfen. Bei der Taufe Jesu wurde er feierlich für den Sohn Gottes erklärt, und zwar durch die Stimme des Vaters, aber auch durch die Uebereinkunft des Heiligen Geistes, auf welche der Täufer Johannes vermöge einer göttlichen Verheißung gewartet hatte, Joh. 1,3. Der Heilige Geist kam in der Gestalt einer Taube von dem geöffneten Himmel herab und auf Jesum, wie Matthäus und Markus melden; Er blieb aber über Ihm, wie der Täufer Johannes Joh. 1,33. bezeugt, so daß man Ihn nimmer wegweichen sah, obschon freilich die Taubengestalt bald verschwand. Die menschliche Natur Jesu wurde sowohl durch die Rede des Vaters, als auch durch die Uebereinkunft des Heiligen Geistes unvergleichlich erquickt und gestärkt, und kam in diejenige Fassung, mit welcher sie in der Wüste die Versuchungen des Teufels überwinden, und hernach das Lehramt antreten sollte. Dank sei dem lieben Heiland, daß Er sich durch Seine Taufe zu uns getauften Christen bekannt hat. Er wurde bei Seiner Taufe von dem Vater öffentlich für Seinen lieben Sohn erklärt, an dem Er Wohlgefallen habe, wir aber werden durch die Taufe aus Gnaden und um Christi willen Gottes Kinder. Der Heilige Geist kam bei der Taufe sichtbarlich auf Ihn, und blieb auf Ihm; wir empfangen Ihn auch durch die Taufe nach dem Maße; dessen wir fähig sind.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’.
1.
Komm, Seele, die der HErr erkauft,
Zu Christi Wasserbade,
Er ward auch Dir zum Heil getauft:
Dank’ Ihm für diese Gnade.
Der Vater sprach von Seinem Thron:
Der, der ist Mein geliebter Sohn,
An dem hab’ Ich Gefallen.
2.
Der Geist des Vaters kam auf Ihn,
Und blieb auf Ihm beständig.
Weil ich auf Ihn getaufet bin,
Bin ich durch Ihn lebendig;
In Ihm bin ich durch Wasser rein,
Darf Gottes Kind und Erbe sein
Und Seinen Geist empfangen.
3.
O Gnade, Gott hat nun in Ihm
An mir ein Wohlgefallen.
Er ist es, dessen ich mich rühm’,
Es soll gen Himmel schallen:
Lob sei dem Vater, Sohn und Geist,
Nun macht Gott, was Er uns verheißt,
In Christo Ja und Amen!
4.
O Gnade, die uns neugebiert
Und besser ist als Leben;
Das Angeld, daß man selig wird,
Wird uns hiemit gegeben.
Welt, danke Dem, der uns erkauft,
Er fuhr gen Himmel, als getauft,
Und hieß die Völker taufen.
Ich elender Mensch! wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes! Ich danke Gott durch Christum Jesum unsern HErrn. Röm. 7,24.25.
Der Mensch, der vorher ohne Gesetz gelebt, das ist das Gesetz Gottes in seinem Leichtsinn nicht geachtet hatte, kommt in ein großes Gedränge, wenn das Gebot kommt, wie Paulus Röm. 7,9. sagt, das ist, wenn es seine Kraft in seiner Seele zu zeigen anfängt. Alsdann wird die Sünde lebendig, der Mensch aber stirbt V. 9.10., das ist er fühlt, daß er des Todes würdig sei. Ohne Gnade und Friede, ohne Licht und Leben zu haben, macht er alsdann nach dem Trieb seines aufgewachten Gewissens Versuche, sich selber zu helfen; fühlt aber mit Schmerzen, daß das Gesetz geistlich, er aber fleischlich und unter die Sünde verkauft sei, V. 14. Er findet, daß zwar das Wollen in ihm sei, das Vollbringen des Guten nach der Regel des geistlichen Gesetzes findet er nicht. Er thut wenigstens innerlich durch böse Lüste, was er nicht will, und was er will, nämlich heilige Gedanken und Begierden haben, thut er nicht, V. 19.20. Er hat Lust am Gesetz Gottes nach dem inwendigen Menschen, der aber noch kein neuer Mensch ist, und nichts als Triebe des Gewissens in sich hat; siehet aber ein anderes Gesetz, das ist einen andern Trieb, in seinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in seinem Gemüthe, und ihn gefangen nimmt in der Sünden Gesetz, welches in seinen Gliedern ist, V. 22.23. Weil nun dieser Zustand sehr kümmerlich ist, und weil der Mensch dabei erkennt und fühlt, daß sein verstimmter Leib viele Reizungen zur Sünde macht, und die Sünde gleichsam in alle Glieder desselben ausgebreitet ist, so daß ein jedes Glied das Werkzeug zu einer besonderen Sünde sein will, ruft er aus: ich Elender, daß ich ein Mensch bin! wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes, oder von dem Leibe, worin die Sünde ihre Kraft beweist, und mir dadurch den Tod als den Sold der Sünde zuzieht? Wenn ihn aber doch dabei ein Licht des Evangeliums anstrahlt, und ihm Hoffnung macht, daß er aus seinem gegenwärtigen Zustand in einen bessern, wozu jener eine Vorbereitung sei, übergehen könne, so kann er schon auch sagen: ich danke Gott durch Jesum Christum unsern HErrn. Derjenige Zustand, den Paulus Röm. 7,10-25. beschreibt, war nicht der Zustand des begnadigten Apostels, als welcher Röm. 8. beschrieben wird, obwohl Paulus Röm. 7., um seinen Vortrag lebhafter zu machen, von sich selbst so schrieb, als ob er selber damals unter dem Gesetz stünde. Er erfuhr aber Alles, was er hier beschreibt, schnell auf dem Weg nach Damaskus, als ihm Jesus erschien, und in den dreien Tagen, die vor seiner Taufe hergingen. Uebrigens muß ein Jeder, der sich bekehrt, einmal unter dem Gesetz sein, wie es Paulus Röm. 7,10-25. beschreibt; denn das Gebot: du sollst dich nicht lassen gelüsten, V. 7., welches, wenn auch die äußerlichen Ausbrüche verhütet werden, die größte Noth verursacht, geht wegen der Heiligkeit Gottes alle Menschen an. Und wer wird die Erlösung Jesu Christi hochschätzen, wenn er sich selbst nicht vorher als fleischlich und todeswürdig gefühlt hat? Den ehrlichen Abschied von dem Gesetz bekommt man nur durch den Tod Jesu, wenn man glaubig wird, wie Paulus Röm. 7,1-6. lehrt. Wer dem Gesetz in einem fleischlichen Sinn entlaufen, oder sich seiner erwehren will, wird von ihm ein anders Mal wieder ergriffen, und, wenn dieses allzu spät geschieht, in die Hölle gestürzt.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ etc.
1.
Ich Elender: wer rettet mich
Von diesem Todesleibe?
So lang’ ich lebe, fühle ich,
Daß ich der Mensch noch bleibe,
Der Mensch vom ersten Sünder her,
Und der gern ohne Sünde wär’,
Und wird’s nicht bis zum Sterben
.
2.
Ich danke Gott durch Jesum Christ,
Den mächtigen Erlöser;
So lang die Sünde mächtig ist,
So lang ist Gnade größer;
Am Kreuz hat Er sie abgethan,
Doch hängt sie noch dem Fleische an;
auch da wird Er sie tilgen.
3.
Ich bin versühnt, das glaub’ ich fest,
Die Sünde ist vergeben;
Ich hasse dich, doch bleibt ihr Rest
Mir noch am Herzen kleben;
So wünsch’ ich mich vollkommen frei,
daß es kein Leib des Tods mehr sei,
Und der zum Himmel tauge.
4.
Wie wird’s so gar ein And’res sein
In jenem Auferstehen!
Der Mensch wird da sich völlig rein
An Leib und Seele sehen;
Da dankt er Gott in Jesu Christ,
Daß er kein Elender mehr ist.
Hilf uns dahin, HErr Jesu!
Da ward Jesus vom Geist in die Wüste geführt, daß Er vom Teufel versucht würde. Matth. 4,1.
Niemand unter uns wird vom Geist getrieben, den Versuchungen des Teufels wissentlich entgegen zu gehen, oder sich an einen Ort zu begeben, wo er weiß, daß der Teufel seiner warte: dem HErrn Jesu aber, dessen menschliche Natur bei der Taufe ausnehmend gestärkt worden war, gebührte es, einen solchen Gang im Glauben und Gehorsam zu machen. Vom Heiligen Geist, der Seine menschliche Seele in Seiner Gewalt hatte, wurde Er in die Wüste oder in eine einsame Gegend, wo Niemand wohnte, geführt. Der Geist trieb Ihn, dahin zu gehen, und stellte Seinem menschlichen Verstand die Geziemlichkeit und Nothwendigkeit dieses Ganges vor. Er entzog Sich hiemit den Ehrenbezeugungen, die Er von dem Johannes, der Ihn kurz vorher getauft hatte, und von allen redlichen Israeliten, welche bei dieser wichtigen Taufhandlung gewesen waren, oder davon gehört hatten, hätte empfangen können. Der Geist führte Ihn in die Wüste, damit Er von dem Teufel versucht würde; dieses war der Zweck dieser Führung, denn der himmlische Vater wollte ein Wohlgefallen an der Treue haben, mit welcher Jesus die Versuchungen des Teufels überwinden würde. Dieses Ueberwinden gehörte auch in die Reihe der allervortrefflichsten Werke, mit welcher der Sohn Gottes die Schulden der Menschen bezahlen sollte. Gott sah nach der Schöpfung alles, was Er gemacht hatte, an, und siehe, es war sehr gut; als Er aber sah, daß der Teufel die Eva und den Adam überwand, mußte Er ein Mißfallen daran haben. Damit Er nun wieder einen vollkommenen Sieg über den Teufel mit Wohlgefallen ansehen könnte, mußte Jesus von ihm versucht werden. Zugleich mußte Jesus in Seiner menschlichen Natur eine Erfahrung von heftigen und gefährlichen Versuchungen bekommen, damit Er hernach in seinem Lehramt, und hernach, so lange die Welt steht, mit denen, die versucht werden, Mitleiden haben könnte. Er wurde freilich nicht von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt, hingegen drangen die teuflischen Versuchung in den vierzig Tagen, die Er fastend bei den Thieren zubrachte, desto schärfer auf Ihn, wiewohl der Heilige Geist für gut befunden hat, nur die drei letzten und schärfsten Anfälle aufschreiben zu lassen.
Der HErr Jesus hat den Teufel in der Wüste, und so allenthalben und allezeit überwunden, und ist bei Seinen Versuchungen heilig, unschuldig und unbefleckt geblieben. In Ihm sollen wir auch überwinden, das ist, wir sollen den Willen des Teufels nicht thun, ob er uns gleich dazu reizt und treibt. Das klare und kräftige Wort Gottes wird bei uns immer den Ausschlag zum Sieg geben, wenn wir uns fest daran halten, gleichwie sich auch Jesus in Seinem Kampf daran gehalten hat. Weil aber unsere Seelen in den Versuchungen nicht so rein bleiben, wie die Seele des HErrn Jesu, und sich bei uns oft wenigstens eine heimliche Belustigung an der Sünde, ein Hang zur Sünde, ja zuweilen gar ein Fall in die Sünde ereignet, so sollen wir mit einer herzlichen Reue und Scham Jesum ansehen, und dabei glauben, daß Er durch Seine vollkommene Treue, womit Er des Teufels Versuchungen abgetrieben hat, und mit Seiner untadelhaften Reinigkeit, die Er dabei behauptet hat, unsere Gerechtigkeit worden sei.
Mel.: Wachet auf, ruft uns etc.
1.
Voll von des Geistes Salben
Ward unser Priester allenthalben,
Daß Er barmherzig sei, versucht.
Er ward versucht ohn’ Sünden;
Daß nun wir Sünder überwinden,
Ist Seines großen Sieges Frucht.
Mit Seines Vaters Wort
Trieb Er den Teufel fort.
Hallelujah!
Daß Er gesiegt,
Macht mich vergnügt,
Wenn Welt und Teufel mich bekriegt.
2.
Er ließ sich Seinen Glauben
Von Seiner Sohnschaft nicht mehr rauben,
Und siegte in des Geistes Kraft.
Von diesem Ueberwinder
Hat nun der Glaub’ der Gotteskinder
Die Waffen Seiner Ritterschaft;
Sein Geist und Wort ist hie;
Dem Heiland singen sie:
Hallelujah!
Das Heil ist Dein,
Und ist’s allein;
Dein soll das Lob auch ewig sein.
Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist. Luk. 6,36.
Bei dem Haß wider das Böse, und bei der Schärfe, welche wir zuweilen, wenn es nöthig ist, dagegen beweisen müssen, sollen wir barmherzig sein; denn die Menschen, mit denen wir’s zu thun haben, sind auch schwach, geplagt, verwahrlost, und haben also eine Seite, nach welcher wir sie mit Barmherzigkeit ansehen sollen. Keine Schärfe ist Gott angenehm, und keine hat einen Nutzen, wenn sie nicht mit Barmherzigkeit gemildert ist. Unser Vater im Himmel ist barmherzig, darum sollen auch wir als Seine Kinder barmherzig sein, denn es gebührt den Kindern, daß sie das Bild ihres Vaters an sich tragen. Wenn Gott nicht barmherzig wäre, so würde kein Mensch selig; denn Er fände an einem Jeden genug Ursachen, ihn nach der Strenge zu richten und zu verdammen. Aber wie ich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HErr über die, so Ihn fürchten; denn Er erkennt, was für ein Gemächt wir sind, Er denkt daran, daß wir Staub sind, Ps. 103,13.14. Er erhält, die da fallen, und richtet auf, die niedergeschlagen sind, Ps. 145,14. Er zerbricht das zerstoßene Rohe nicht, und löscht das glimmende Docht nicht aus, Jes. 42,3. Er vergibt um Seines Namens willen, und gibt den Müden Kraft, und Stärke genug den Unvermögenden, bis Er sie zum Ruhm Seiner Barmherzigkeit vollendet und herrlich gemacht hat.
Auch an diesem Abende soll die Barmherzigkeit des Vaters im Himmel mein Trost sein. Sehe ich meine Natur und meine Werke an, so finde ich, daß jene sehr schwach und unrein sei; diese aber sehr mangelhaft und mit wirklichen Vergehungen untermengt seien. Sehe ich um mich herum und vor mich hinaus, so bemerke ich drückende und gefährliche Versuchungen. Was kann mich also trösten als die Barmherzigkeit des himmlischen Vaters? Er ist barmherzig, denn Sein eingeborner Sohn, der in Seinem Schooße ist, hat es selber gesagt. Zu dieser Seiner Barmherzigkeit wende ich mich jetzt, und finde in derselben eine neue Kraft und einen neuen Frieden meiner Seele. In der Rücksicht auf die vergangene Zeit kann ich sagen: HErr, ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an Deinem Knecht gethan hast (1 Mos. 32,10.). Aber in Ansehung der gegenwärtigen und zukünftigen Zeit bete ich wie Nehemias Kap. 13,22.: schone meiner nach Deiner Barmherzigkeit, und wie David Ps. 119,77.: laß mir Barmherzigkeit widerfahren, daß ich lebe; denn ich habe Lust zu Deinem Gesetz, und wenn ich so bete, so darf ich mich auf das Wort des Sohnes Gottes berufen, der gesagt hat: euer himmlischer Vater ist barmherzig. Ohne Zweifel will der Vater in dem Himmel barmherzig sein, damit die Wahrheit dessen, was Sein Sohn geredet hat, zur Ehre desselben immer bestätigt werde. Ich soll aber auch barmherzig sein. Bin ich’s heute gewesen? Oder ist mein Eifer wider das Böse in einen bittern Grimm ausgeartet, so daß ich in meinem Herzen ein Todtschläger geworden bin? Finde ich einen solchen Grimm in mir, so vergebe mir der barmherzige Vater meine Vergehung und lösche ihn durch Seinen Geist wieder aus, damit die barmherzige Liebe als Sein Bild in mir sei und bleibe.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Gott! Dein Lieben ist ein Lieben,
Das kein Mensch begreifen kann.
Lehre mich Erbarmung üben,
Wie Du auch an mir gethan.
Du gibst selbst Dich zum Exempel;
Kein Herz ist, das vor Dir gilt
Ohne Deines Geistes Stempel,
Ohne Deiner Liebe Bild.
2.
Feinde lieben, Sünder tragen,
Ohne Ausnahm’ gütig sein,
Auch zu Fluchern Friede sagen,
Großen Schuldnern viel verzeih’n,
Bös’ mit Gutem überwinden,
Gnad’ erzeigen statt der Rach’,
Das läßst Du an dir uns finden;
Wer’s erfährt, der ahmt es nach.
3.
Vater! werde ob mir Armen
Des Erbarmens ja nicht müd’,
Lehr’ mich aber auch erbarmen,
Wie Dein Kind am Vater sieht.
Werd’ ich irgend ungeduldig,
Halt mein Herz in Deiner Zucht,
Daß es Brüder, die mir schuldig,
Nicht im Zorn zu würgen sucht.
4.
Laß mich auf Dein Wort stets sehen:
Unbarmherziges Gericht
Werde über den ergehen,
Der sein hartes Herz nicht bricht.
Aber gib in jenem Lichte,
Denn der Richter kommt doch an,
Daß ich gegen das Gerichte
Dein Erbarmen rühmen kann!
Aus Seiner Fülle haben wir Alle genommen Gnade um Gnade. Joh. 1,16.
Johannes hatte V. 14. geschrieben: das Word ward Fleisch, und wohnte unter uns voll Gnade und Wahrheit; V. 16. aber setzte er in seinem und aller Glaubigen Namen hinzu: aus Seiner Fülle haben wir Alle genommen Gnade um Gnade. Dasjenige also, von was Jesus voll war, hat Er nicht für sich allein behalten, sondern von Sich ausfließen lassen. Er war voll von Gnade und Wahrheit, das ist von einer wahrhaftigen Gnade, von einer Gnade, wodurch die Wahrheit nicht nur in freundlichen Geberden und Worten bestand, sondern die Gabe des Heiligen Geistes mittheilte. Aus dieser Seiner Fülle, sagt Johannes, haben wir Alle genommen. Seine Fülle oder Sein Reichthum war für Alle hinreichend, die in den Tagen Seines Fleisches und in den ersten Jahren der christlichen Kirche an Ihn geglaubt haben. Diese Fülle ist aber damals nicht vermindert und noch weniger erschöpft worden. Sie ist noch ganz vorhanden, obschon viele Millionen daraus genommen haben, was sie bedurften. Das Nehmen oder Empfangen deutet auf einen gütigen Geber, und ist das Werk eines dürftigen aber zuversichtlichen Bettlers. Wir nehmen aus der Fülle Jesu, was wir in uns selber nicht haben, und wessen wir doch äußerst bedürftig sind, und was dann? Gnade, nämlich die wahrhaftige Gnade, deren V. 14. Meldung geschieht. Wie aber? Empfängt man diese Gnade nur einmal, so daß man hernach auf ewige Zeiten abgefertigt ist? Nein, sondern man nimmt Gnade um Gnade, das ist eine Gnade nach der andern. Der Bettler kommt also oft wieder, weil er oft eine neue Dürftigkeit fühlt. Die vorige Gnade hat er nicht verloren, sondern bewahrt; er bemerkt aber, daß das Empfangene zu neuen Versuchungen nicht hinreichend sei. Er bittet also um eine neue Gnade, das ist um eine neue Mittheilung des Lichts und Lebens, das in Jesu Christo ist, und bekommt sie auch, und so bettelt man sich durch seine Wallfahrt hindurch, bis man das Ziel derselben erlangt. Die Gnade wird auch im Fortgang nie in einen schuldigen Lohn verwandelt: nein, sondern Gnade bleibt Gnade. Die tägliche Uebung wahrer Christen ist bis an ihr Ende diese, daß sie aus der Fülle Jesu eine Gnade nach der andern nehmen. Wird aber der HErr Jesus nicht überdrüssig, wenn man immer kommt und nimmt, ohne Ihm etwas zu vergelten? Ach nein. Er ist willfähriger zu geben, als wir zu nehmen. Er ist Liebe, und die Liebe theilt gern mit. Er hat Wohlgefallen an Erweisung der Barmherzigkeit und nicht am Opfer. Der Unglaube, welcher oft den Schein der Weisheit und Demuth annimmt, und von eigener Unwürdigkeit schwatzt, ist nach seiner innern Beschaffenheit Thorheit und Stolz, da hingegen eine glaubige Seele, welche immer zu Jesu naht und nimmt, was Er geben will, wahrhaftig weise und demüthig ist. Die Gnade, die man aus der Fülle Jesu empfängt, richtet sich nach unserem Bedürfniß. Sie ist also eine erleuchtende, tröstende, unterweisende, stärkende, und heilsam bestrafende Gnade. Sie schafft und stärkt den neuen Menschen in uns und richtet auch unsern äußerlichen Weg zum Vortheil desselben ein. So bete ich dann auch an diesem Morgen: HErr, kehre Dich zu uns, und sei Deinen Knechten gnädig. Fülle uns früh mit Deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang, Ps. 90,13.14.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Das ist des Vaters Wille,
Der uns in Christo liebt,
Daß Er uns eine Fülle
In Seinem Sohne gibt,
So daß man nehmen soll
Aus Ihm von Grad zu Grade
Im Glauben Gnad’ um Gnade,
Die ganzen Herzen voll.
2.
Der Vater sei gepriesen,
Der Jesum so erfüllt;
Dem Sohn werd’ Ehr’ erwiesen,
Der uns so reichlich quillt;
Dank sei zugleich dem Geist,
Der, dieß Heil zu ergreifen,
Die Glaubenshand will steifen,
Das unerschöpflich heißt.
3.
Wie leer sind doch die Seelen,
Die diese Fülle flieh’n.
Dort wird ein Tropf’ auch fehlen,
Wenn einst die Zungen glüh’n.
Wer hier nimmt, wird dort voll
Von nie geseh’nen Gaben,
Die man vom Vater haben,
Vom Sohn genießen soll.
Wer beharret bis an’s Ende, der wird selig. Matth. 24,13.
Nicht Alle, die laufen, erlangen das Kleinod, nicht Alle, die Gnade erlangt haben, bewahren ihren Gnadenstand bis an’s Ende. Es gibt Leute, die eine Zeit lang glaubig sind, aber zur Zeit der Anfechtung wieder abfallen. Es gibt Christen, welche dem Unflath der Welt durch die Erkenntniß Jesu Christi entflohen waren, und hernach wieder in denselben eingeflochten werden. Viele sind durch die Wollust gefällt worden, ohne daß ihnen etwas Schreckendes oder Beängstigendes in den Weg gekommen wäre; Viele werden aber unter dem Leiden matt, und weigern sich, auf dem schmalen Weg fortzugehen, wo täglich etwas zu verläugnen ist, und wo man oft auf ein Glück, das die Kinder dieser Welt an sich reißen, Verzicht thun muß; sie wenden sich also lieber mit dem Verlust des Glaubens und der Liebe zu der Welt, um bei ihr gute Tage zu bekommen. Dieses ist der Fall, von dem der Heiland Matth. 24,13. redet. Vorher hatte Er nämlich zu den Aposteln gesagt: sie werden euch überantworten in Trübsal, und werden euch tödten. Und ihr müsset gehaßt werden um Meines Namens willen von allen Völkern. Dann werden sich, setzte Er hinzu, Viele ärgern; Viele werden nämlich denken: wenn es den Vornehmsten unter den Christen so geht, so ist nicht gut ein Christ zu sein; die christliche Frömmigkeit macht unglückliche Leute. Es wird also Einer den Andern verrathen, oder bei der Obrigkeit angeben, um sich bei ihr in Gunst zu setzen, und der Verrathene wird den Glauben verläugnen, und seine Verräther wird er wegen einer andern Sache angeben, und so werden sie sich unter einander hassen. Und es werden sich viele falsche Propheten erheben, und werden Viele verführen, und weil die Ungerechtigkeit unter der Verfolgung und Verführung wird [überhand nehmen, wird die Liebe, ohne welche Niemand ein Christ sein kann, in Vielen erkalten. Wer aber geduldig ausharrt bis an’s Ende, wird errettet werden. Wenn also Vieles zu leiden ist um Christi willen, so soll man geduldig ausharren bis an’s Ende. Wenn falsche Lehren, Spaltungen, Trennungen, Abfälle und Rückfälle Anderer vorkommen, soll man in der Liebe Christi und der Brüder geduldig ausharren bis an’s Ende. Man soll sich nicht ärgern, sich nicht auf die Seite der Welt schlagen, und die Liebe in sich nicht erkalten lassen. Es wird nicht ewig so fortwähren. Das Ende der schweren Versuchungen ist bestimmt. Bis an dieses Ende soll man ausharren. Man soll das angefangene Wesen bis an’s Ende fest behalten. Man soll nicht sein von denen, die da weichen, sondern von denen, die da glauben und ihre Seele retten. Die Seele wird man retten, wenn auch der Leib getödtet würde, wiewohl auch über diesen Gottes bewahrende Vorsorge walten kann; da hingegen diejenigen, welche weichen, Unfrieden anstatt des Friedens, Unglück anstatt des Glücks, Schande anstatt der Ehre, den Fluch anstatt des Segens, und das Verderben anstatt der Seligkeit davon tragen. Gott gebe, daß Alle, die ihr Christenthum zu bauen anfangen, tief graben und den Grund auf den Felsen legen (denn hier fehlt es bei Vielen), damit ihr Bau unter dem Sturm fest bleibe. Gott bewahre die Seinigen mit Seiner Macht durch den Glauben zur Seligkeit. Er bewahre sie auch alsdann, wenn die Wollust oder die Hoffnung eines weltlichen Glücks sie versucht.
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Wer ausharrt bis an’s Ende,
Wird endlich selig sein;
Doch treffen harte Stände
Noch bis zum Ende ein;
Viel Feinde sind zu dämpfen,
Viel Proben durchzugeh’n;
Der Glaube muß im Kämpfen
Bis an sein Ende steh’n.
2.
Nur etlich Gänge wagen,
Hernach im härt’sten Streit
Erst an dem Sieg verzagen,
Ist nicht die rechte Zeit;
Da wird man erst zu Schanden.
Hingegen wer getreu,
Dem steht, der beigestanden,
Auch bis zum Ende bei.
3.
Das frischt uns an, ihr Brüder!
Verliert nur nicht den Muth,
Legt nicht die Waffen nieder
Und fechtet bis auf’s Blut.
Wenn wir nur nicht erliegen
In Seiner Gegenwart,
So werden wir doch siegen,
Wenn uns die Hand erstarrt.
4.
HErr! Du kennst meine Schwäche;
Nur Deiner harre ich;
Nicht das, was ich verspreche,
Was Du sprichst, tröstet mich.
Richt’ auf die lassen Hände
Und stärk’ die müden Knie,
Und sage mir am Ende:
Die Seligkeit ist hie!
Jesus sprach: habt ihr jemals Mangel gehabt? Sie sprachen: nie keinen. Luk. 22,35.
Als die Jünger Jesu in Seine beständige Nachfolge eintraten, mußten sie ihre Handthierungen und ihr Hauswesen verlassen, und da Er sie einmal zum Predigen ausschickte, durften sie zur Uebung ihres Vertrauens auf Gottes Vorsorge keinen Beutel mitnehmen, worin Geld gewesen wäre, keine Tasche, worin Lebensmittel verwahrt gewesen wären, und keine Schuhe, wodurch sie Füße vor der Verletzung bewahrt hätten. Und doch konnten sie, als der HErr Jesus sie zuletzt fragte: habt ihr auch jemals Mangel gehabt? antworten: nie keinen; denn Gott lenkte immer andern Leuten die Herzen, daß sie Jesu und Seinen Jüngern beisteuerten, was nöthig war. Armuth erfuhren die Jünger Jesu in der Nachfolge Jesu, aber Mangel erfuhren sie nicht: freilich auch keinen Vollauf. Gerstenbrod und Wasser mag oft ihre und ihres Meisters Speise und Trank gewesen sein, außer daß zuweilen in der Nähe des fischreichen galiläischen Meeres gebratene Fische mögen dazu gekommen sein. Sie ließen sich aber nach dem Vorbild Jesu an demjenigen begnügen, das da war, und so hatten sie keinen Mangel. Die Furcht vor einem Mangel bewog den Judas Ischarioth, den Beutel zu bestehlen, in welchem das dem HErrn Jesu und Seinen Jüngern geschenkte Geld gelegt war, und Ihn hernach um 30 Silberlinge, oder 15 Conventionsthaler, um die er einen Acker kaufen wollte, zu verrathen. Damit nun nicht eine gleiche Furcht in den Herzen der übrigen Jünger entstehen möchte, hieß Er sie auf ihre bisherige Erfahrung zurücksehen, und lockte das Bekenntniß aus ihnen heraus, daß sie nie keinen Mangel gehabt haben. Indem sie dieses freiwillig bekannten, ehrten sie den HErrn Jesum wegen Seiner treuen Fürsorge, bekamen aber auch einen starken Antrieb, sich derselben auf’s Künftige zuversichtlich zu überlassen; wobei ihnen doch der Heiland zu verstehen gab, daß nun eine neue Zeit bei ihnen angehen werde, in welcher sie sich ihrer eigenen Beutel und Schwerter werden bedienen, das ist durch die gewöhnlichen Mittel für ihre Nahrung und Sicherheit sorgen müssen, welches auch von den Aposteln bis zum nächsten Pfingsttag geschahe, wie wir denn Joh. 21. finden, daß sie sich wieder mit dem Fischfang beschäftigt haben.
Was Gott Seine Kinder in dem gewöhnlichen Lauf des menschlichen Lebens erfahren läßt, ist dieses, daß sie bei einer heitern Vergnügsamkeit sagen können: wir haben nie keinen Mangel. Paulus rechnet freilich unter die Dinge, die den Gerechten aufstoßen können, Röm. 8,35. auch Hunger und Blöße, und sagt von sich selbst, Phil. 4,12.: ich bin geschickt, beide satt sein und hungern, beide übrig haben und Mangel leiden. Dieser Hunger, diese Blöße, dieser Mangel sind alsdann als Ausnahmen anzusehen, die gemeiniglich nicht lange währen. Wenn aber nur diese Begegnisse nicht von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, scheiden, und wenn man nur geschickt ist, sie zu ertragen, so ist man doch selig und vergnügt. Aber das unglaubige Herz quält sich oft mit Sorgen, wo kein gegenwärtiger Hunger und Mangel erscheint. Es quält sich, weil es den Ueberfluß nicht hat, den Andere haben, oder weil es mit seiner Vernunft auf den morgenden Tag oder auch auf eine längere Zeit keine deutliche Aussicht der Versorgung hat. Haben wir bisher keinen Mangel gehabt, und haben wir heute keinen, so wollen wir auch auf’s Künftige Gott vertrauen. Seine Augen sehen nach dem Glauben.
Mel.: Mache dich, mein Geist etc.
1.
Jesu, folgt ein Schäflein Dir,
O so kriegt’s auch Weide.
Lüge, Welt, mir ja nicht für,
Daß es Mangel leide.
Gibt Sein Wort
Immerfort Nahrung für die Seelen,
Sollt’s dem Leibe fehlen?
2.
Nein, Ihm sei’s zum Ruhm gesagt,
Wenn der HErr die Seinen
Jetzt noch wegen Mangel fragt,
Heißt’s: wir haben keinen.
Wer Ihn hat, Wird auch satt,
Und wenn Er will segnen,
Muß es Brode regnen.
3.
Wer nicht glaubt, dem mangelt stets,
Kriegt nie zur Genüge.
Ihr Nachfolger Christi seht’s,
Wie so gut Er’s füge;
Ihr sitzt hin,
Schaut auf Ihn,
Und aus Seinen Händen
Essen die Elenden.
4.
Jesu, Du hast meine Speis’
Mir auch zugemessen;
Meinen Dank und Deinen Preis
Will ich nicht vergessen.
Lehr mich sein Hungrig fein
Nach dem Brod des Lebens,
Sonst leb’ ich vergebens.
Mich wundert, daß ihr euch so bald abwenden lasset, von Dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, auf ein anderes Evangelium. gal. 1,6.
Keine Verfolgung und keine Reizungen der Wollust wurden den Galatern gefährlich: hingegen brachte sie der unbedachtsame Leichtsinn, oder die Untreue gegen die erkannte Wahrheit des Evangelii beinahe um ihren Gnadenstand. Sie ließen sich von dem himmlischen Vater, der sie in die Gnade Christi berufen hatte, auf ein anderes Evangelium abwenden, und zwar bald oder schnell, daß sich Paulus darüber wunderte. Vorher waren sie durch den Dienst Pauli von Gott in die Gnade Christi berufen worden, und hatten auch diese Gnade, welche Gerechtigkeit, Licht, Leben, Freiheit, Segen und Geistesgaben in sich faßt, durch den Glauben erlangt. Das Evangelium, durch welches sie berufen worden waren, war das wahre Evangelium. So lange sie dabei blieben, waren sie selige Leute. Es kamen aber in der Abwesenheit Pauli Leute zu ihnen, welche sich einen Anhang machen wollten, und sie überredeten, das Ceremonialgesetz, welches Gott den Juden gegeben hatte, sei der Weg zum Leben, und zwar nicht insofern es Vorbilder auf Christum enthielt, sondern insofern es mühsame Werke gebot. Sie sagten, diese Werke müsse man thun, damit man durch dieses Thun die Seligkeit erlange. Wie nun Paulus diesen Irrthum widerlegt habe, kann man in seinem ganzen Brief an die Galater finden. Im Anfang desselben bezeugte er seine Verwunderung über die schnelle Abkehr der Galater zu dem falschen Evangelio, welches sie doch ihrer vorigen Geisteskraft und ihres Friedens beraubte, und sie gleichsam in eine dürre und finstere Sandwüste führete. Es ist freilich immer wunderlich und beinahe unerklärlich, wenn ein begnadigter Christ seinen Gnadenstand verläßt, und sich zu etwas wendet, das ihm die Welt anbietet. In dem ersten Augenblick seiner Abkehr sollte er den Schaden merken, den er an seiner Seele leidet: allein ein Mensch kann sehr unvernünftig handeln. Er kann wie ein unverständiges Kind sich kostbare Kleinodien abschwätzen, und schlechte Scherben dafür geben lasen. Das Neue, so schlecht es auch ist, macht immer eine gefährlich Reizung bei ihm. Er kann also unbesonnen handeln, und sich selbst schaden, wie Einer, der bezaubert ist.
Zu unserer Zeit ist ein großer Theil der Christenheit es alten Evangelii, das Christus und die Apostel gepredigt haben, müde werden, und wendet sich zu einem andern unechten Evangelio, welches gelehrte Verführer so ausdenken, daß sie zwar das jüdische Ceremonialgesetz Niemand aufdringen, aber doch nur eine trockene Sittenlehre predigen, und dabei die Gottheit und Genugthuung Christi und die Wirkungen des Heiligen Geistes verläugnen. Die Sittenlehre soll also der Weg zum ewigen Leben sein. Sie selbst aber halten dieselbe nicht, und von ihren Anhängern kann keiner sie halten, weil sie Christum und Seinen Geist verläugnen. Was wird endlich aus diesem Allem werden? Der Abfall, von dem Paulus 2 Thess. 2. geweissagt hat, hernach eine greuliche Verführung zu der antichristlichen Religion: am Ende aber wird der Fluch, den Paulus Gal. 1,8.9. ausgesprochen hat, die Verführer so treffen, daß sie ihn fühlen werden. Wer also die Wahrheit erkannt, und die Gnade Jesu Christi erlangt hat, halte, was er hat, daß ihm Niemand seine Krone nehme.
Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu etc.
1.
Nur Jesus ist allein mein Ruhm,
In Ihm nur weiß ich Gnade;
Ein and’res Evangelium
Ist Lügen und ist Schade.
Verrückt mir Jemand dieses Ziel,
Es heiße wenig oder viel,
Der sucht mich zu verführen.
2.
Durch Jesum Christum, Gottes Sohn,
Darf ich zu Gott hintreten;
Durch diesen darf ich vor dem Thron
Als ein Versühnter beten;
In diesem kann ich heilig sein;
Mit diesem leid’ ich auch allein;
Auf diesen will ich sterben.
3.
Vernunft, hie setze mir nicht zu
Mit ausgeschmückten Schlüssen;
Welt, lasse mich in meiner Ruh’
Mit deinen Aergernissen;
Mir gilt doch außer Ihm nichts mehr,
Und wenn es auch ein Engel wär’,
So will ich den nicht hören.
4.
Ja, Vater, gründe Du mich nur
Auf Jesum bis an’s Ende,
Damit mich keine Kreatur
Von Deiner Gnade wende.
So reißt kein Tod den Grund mir ein,
Er ist es ganz und ist’s allein,
Und wird es ewig bleiben!
Der HErr hat zu mir gesagt: laß dir an Meiner Gnade genügen. 2 Kor. 12,9.
Wenn wir uns schon keinen deutlichen Begriff davon machen können, wie es zugegangen ist, daß ein satanischer Engel den Apostel Paulus zu seiner heilsamen Demüthigung mit Fäusten geschlagen hat, und nicht wissen, ob er sichtbarer oder unsichtbarer Weise von demselben geplagt worden sei, so ist doch aus seiner ganzen Erzählung so viel klar, daß er in der angeführten Stelle von einem außerordentlich schweren und fast unerträglichen Leiden rede, das der HErr über ihn verhängt hatte. Er meldet ausdrücklich, daß er dreimal den HErrn um Abwendung dieser tief einschneidenden Plage sehnlichst angefleht, und doch nichts erlangt habe, als den tröstlichen Zuspruch: laß dir an Meiner Gnade genügen, denn Meine Kraft wird in der Schwachheit vollendet. Es kann also geschehen, und geschieht wirklich nicht selten, daß auch redliche Kinder Gottes und echte Nachfolger Jesu in Umstände gerathen, da sie alles menschlichen Trostes entbehren müssen, und unter innerlichen Anfechtungen und äußerlichen Trübsalen an Leib und Seele auf’s Empfindlichste angegriffen werden, ja daß auch ihr dringendes Beten und Flehen um Abwendung oder Milderung ihrer Leiden gleichsam wieder auf sie zurückzufallen, und ganz vergeblich zu sein scheint. Wie oft kann ein Glaubiger um Linderung leiblicher Schmerzen, um Unterstützung in Armuth und Mangel, um Befreiung von unverdienter Schmach und Schande, um Offenbarung seiner gerechten Sache, um weitere Lebensfrist für diese oder jene Person, die ihm fast unentbehrlich scheinet, um sichtbares Gedeihen in seiner Berufsarbeit u. dergl. herzlich und anhaltend beten; und es hat doch das Ansehen, als ob die Noth nicht nur nicht vermindert, sondern gar von Tag zu Tag vermehrt würde; ja es erfolgt wohl gar in manchen Betracht das gerade Gegentheil von dem, was er gewünscht und um was er gebetet hatte.
Unter solchen Umständen ist’s nun freilich der Vernunft eine unbegreifliche Sache, daß man dennoch an der Gnade Gottes nicht irre werden, sondern bei dem Allem dennoch die Ueberzeugung durchbehaupten solle, daß Er uns lieb habe. Leute dieser Welt sind auch oft schnell genug besonnen, das Urtheil zu fällen: wenn dieser oder jener bei Gott so wohl daran wäre, als er sich einbildet, warum geht’s ihm dann so fatal? warum schlägt ihm dann eine Verheißung nach der andern fehl, womit er sich getröstet, und worauf er sich verlassen hatte? David mußte wenigstens es oft in seine Ohren hinein, daß man täglich zu ihm sagte: wo ist nun dein Gott? und daß man ihn mit seinem Beten höhnisch durchzog. Und wenn auch die Menschen nicht so bösartig sind, daß sie es einem Glaubigen gönnen, wenn ihn der HErr bei seinen Nöthen so lange im Warten übt; wenn sie aus natürlicher Gutherzigkeit noch Mitleiden mit ihm haben, so ärgern sie sich doch zuweilen heimlich daran, daß das Gebet des Frommen, wie sich’s äußerlich ansehen läßt, so wenig helfen soll, und daß ihn Gott so vergeblich rufen und schreien lasse. Die arme, blinde Welt! Sie sieht und hört und spürt eben nichts von dem verborgenen Zuspruch, den der HErr den Seinigen mitten unter ihrem Gedränge angedeihen läßt: laß dir an Meiner Gnade genügen!
Wohl uns, wenn wir mit Paulo aus Röm. 8,38. ff. rühmen können: ich bin’s gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstenthum noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm HErrn!
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Gott Lob! ich hab Gnade,
An Gnade ist’s genug;
Sonst ist mir alles Schade:
Der Mammon ist Betrug,
Die Wollust ein Verderben,
Die Ehre wird nicht satt.
Der kann zum Himmel sterben,
Wer nichts als Gnade hat.
2.
Die Gnade gibt Genüge,
Und wenn ich Satans Pfahl
Auch in dem Fleische trüge,
So stillte sie die Qual;
Und ging’ ich stets im Leide
Die ganze Lebenszeit,
Gibt Gnade doch noch Freude,
Zuletzt die Seligkeit.
3.
Von Gnade will ich singen,
Die man in Jesu kriegt;
Ich will mein Danklied bringen,
Wenn mir daran genügt.
Ich trete ganz gerade
Hier und dort vor den Thron,
Und rühm’s: ich habe Gnade
In Jesu, Gottes Sohn.
Diese kommen aus der großen Trübsal, und haben ihre Kleider gewaschen und helle gemacht in dem Blut des Lammes. Offenb. 7,14.
Johannes sahe eine große Schaar, die Niemand zählen konnte, aus jeder Nation, und Stämmen, und Völkern, und Sprachen vor dem Throne Gottes und vor dem Lämmlein stehend. Alle und Jede hatten Palmen als Freudenzeichen in ihren Händen, und schrieen mit großer Stimme: das Heil (das uns widerfahren ist), sei unserm Gott, der auf dem Thron sitzt (zugeschrieben) und dem Lämmlein. Diese seligen Seelen, von denen die meisten vor Christo aus der sichtbaren Welt abgeschieden waren, waren auch mit weißen Kleidern angethan. Einer von den vierundzwanzig Aeltesten sagte unter Anderem von ihnen: diese kommen aus der großen Trübsal, und haben ihre Kleider gewaschen und helle oder weiß gemacht in dem Blut des Lammes. Die große Trübsal ist keine besondere Verfolgung oder Landplage, denn aus einer solchen könnte keine unzählbare Schaar kommen, sondern überhaupt die Noth, welche alle Pilgrime auf der Erde drückt. Gleichwie wir zu sagen pflegen, daß die Erde ein Jammerthal oder Thränenthal sei, also nennt hier der Aelteste im Himmel, welcher wohl wußte, was eine lautere Freude sei, das Leben auf der Erde eine große Trübsal. Weil zu der großen Schaar, indem er mit dem Johannes redete, immer neue Ankömmlinge kamen, so sagte er, sie kommen aus der großen Trübsal, obschon die meisten schon lange gekommen waren. Er sagte aber auch: sie haben ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht im Blut des Lammes. Dieses ist höchst nöthig, wenn man in dem himmlischen Tempel Gott dienen, und vor Seinem Thron und dem Lämmlein stehen soll. Auf Erden sind die Kleider dasjenige, das an einem Menschen vornehmlich in die Augen fällt, weil bei einer Person, die bekleidet ist, ein sehr kleiner Theil des bloßen Leibes sichtbar ist. Man befleißigt sich deßwegen, wenn man vor einem großen Herrn erscheinen soll, feine und reine Kleider anzuziehen: die Ehrerbietung gegen den großen Herrn erfordert solches; weßwegen es auch Joseph beobachtet hat, 1 Mos. 41,14. Vor Gottes Augen aber ist die ganze Seele bloß und entdeckt, Hebr. 4,13. Was also vor den Menschen ein Kleid heißt, ist vor Gott die Seele selbst. Sie soll ganz durch das Blut Jesu gewaschen, das ist von der Sünde gereinigt werde, und wenn dieses geschieht, so wird sie weiß, wie das Licht weiß ist, Matth. 17,2. Sie wird also Gott ähnlich, der ein Licht, und mit Licht bekleidet ist. Die weißen Kleider, die man erst im Himmel bekommt, und die nicht zum Wesen der Seele gehören, sind eine Zugabe zu ihrer innerlichen Herrlichkeit, und erhöhen dieselbe noch mehr.
Wir werden also durch die Rede des himmlischen Aeltesten belehrt, daß wir, wenn wir in den himmlischen Tempel als den eigentlichen Sammelplatz abgeschiedener gerechten Seelen versammelt werden wollen, die Erfüllung des Sprüchleins: das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde, ganz erfahren müssen; deßwegen ermahnt Paulus diejenigen, die durch das Blut Jesu gerecht worden sind, daß sie sich ferner reinigen, und mit der Heiligung fortfahren sollen in der Furcht Gottes, 2 Kor.7,1. Er heißt uns Hebr. 12,14. der Heiligung nicht nachschleichen, sondern nachjagen. Und hiebei dürfen wir an sein Beispiel denken, welches er Phil. . vorhält.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen etc.
1.
Seelen, sucht euch schön zu schmücken,
Nicht mit Gold und Silberstücken,
Rost und Motte frißt sie an;
Sucht euch Kleider zu erhalten,
Die nicht mit der Welt veralten,
Die kein Brand verzehren kann.
2.
Gott! ich wünsche mit den Deinen
Schön geschmückt auch zu erscheinen
An dem Tag des Bräutigams.
Doch ist nichts in allen Gränzen,
Daß mein Kleid davon kann glänzen,
Als allein das Blut des Lamms.
3.
Ach mein Heiland! gib mir’s reichlich;
Denn so prang’ ich unvergleichlich,
Wenn mich Gott und Engel sehn,
Wenn ich aus dem Staub und Aschen
Darf, in diesem Blut gewaschen,
In dem Tempel Gottes gehen.
4.
Laß mich bei dem Sturz der Erden
Ja nicht bloß erfunden werden,
Noch in meinem eig’nen Kleid;
Denn mein eig’nes ist beflecket;
Wenn mich Christi Blut nicht decket,
Deckt mich nichts in Ewigkeit.
5.
Laß mich nicht die Zeit verlieren,
Auf den Himmel mich zu zieren;
Laß mich ja nicht sicher sein;
Hilf mir in der Trübsal wachen,
Meine Kleider hell zu machen
Nur in Deinem Blut allein!
Diese Zeichen aber sind geschrieben, daß ihr glaubet, Jesus sei Christ, der Sohn Gottes, und daß ihr durch den Glauben das Leben habt in Seinem Namen. Joh. 20,31.
In diesen Worten hat Johannes, der Liebling Jesu, den Hauptzweck der evangelischen Geschichte recht eigentlich zu erkennen gegeben.
Die wohlthätigen Wunder, welche im Alten Testament auf Christum geweissagt waren, hat Jesus, der Sohn Maria, vor den Augen vieler tausend Menschen verrichtet, und Sich selbst Matth. 11,4. ff. ausdrücklich darauf berufen, daß es nicht schwer sei, daran zu erkennen, ob in Seiner Person der verheißene Messias in der Welt erschienen sei oder nicht. Weil aber Jesus in Seinen Reden nicht nur behauptete, daß Er Christus, sondern auch, daß Er der Sohn Gottes, daß Er mit dem Vater Eines, daß Er vor Abraham schon gewesen sei, so sind Seine Wunderwerke zugleich auch ein Beweis von Seiner ewigen Gottheit, welche freilich nach Seiner wirklichen Erscheinung auf Erden deutlicher und allgemeiner bekannt wurde, als zuvor; ob es schon auch zu den Zeiten des Alten Testaments nicht an Zeugnissen von der göttlichen Würde des zukünftigen Messias gefehlt hatte. Darum versichert Johannes, man könne durch die Erzählung von den Wundern Jesu nicht nur überzeugt werden, daß Er Christus sei, sondern auch, daß Er der Sohn Gottes sei: zugleich aber versichert er, durch den Glauben an den Sohn Gottes erlange man das ewige Leben in Seinem Namen. Die Propheten im Alten Testament und die Apostel im Neuen Testament haben auch durch Wunder und Zeichen erwiesen, daß sie von Gott gesandt, und göttliche Botschafter an das menschliche Geschlecht seien, deren Zeugniß nicht nur glaubwürdig, sondern schlechterdings unbetrüglich und unverwerflich ist. Ihren Reden ist man also Beifall, und ihren Anweisungen Gehorsam schuldig, nicht weniger, als den Worten und Vorschriften Christi selbst. Man kann aber doch von keinem Propheten und von keinem Apostel sagen, daß er in dem Verstand, wie es von Jesu wahr ist, der Sohn Gottes sei, und daß man durch den Glauben an ihn das Leben habe in seinem Namen; man wollte denn die Ehre, die Gott allein gebührt, auf eine höchst strafbare Weise einem Geschöpf zuwenden. Durch den Namen Jesu haben also diejenigen, die an Ihn, als an den eingebornen Sohn des Vaters, glauben, das Leben; nicht nur darum, weil sie sich durch Seine weisen und heiligen Lehren zu Vermeidung der Laster und zur Ausübung der Tugend bewegen lasen (denn sonst hätte Er vor andern Knechten Gottes einen schlechten oder gar keinen Vorzug); sondern darum, weil sie Ihn für den erkennen und verehren, der Er in der That ist; weil sie Ihm den Respekt, der Ihm gebühret, williglich zukommen lassen, und sich dadurch von den Rebellen, die Seine unumschränkte Herrschaft nicht anerkennen wollen, unterscheiden; weil sie durch Ihn und in Ihm allein dasjenige Heil suchen, das Er als der einige Mittler zwischen Gott und Menschen durch Seinen blutigen Versühnungstod am Kreuz erworben hat; weil sie in demüthiger Erkenntniß ihrer verdammlichen Sündenschuld diejenige Gerechtigkeit, die allein vor Gott gilt, und die Er ihnen selbst durch das Evangelium anbietet, dankbarlich annehmen, und dem göttlichen Erlöser die schuldige Ehre lassen, daß Er allein ihr Versühner, Mittler und Seligmacher sei, durch den sie zu Gott kommen, und Seiner Gemeinschaft auf Zeit und Ewigkeit froh sein können.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’.
1.
Ihr Seelen, stimmt von Jesu an,
Und singt von Seinen Wundern;
Was Er an Israel gethan,
Das soll auch uns ermuntern.
Sie zeugen uns, daß Er der Christ,
Daß Er der Sohn des Vaters ist;
Wir glauben auch, wie jene.
2.
Er lehrte uns auch Gottes Rath;
Er trug auch uns’re Schmerzen;
Was Er an Jener Leibern that,
Das thut Er uns am Herzen;
Durch Sein Wort weckt Er uns auch auf;
Uns dient Sein ganzer Lebenslauf,
Sein Tod und Auferstehen.
3.
HErr Jesu, Dir sei Ruhm gebracht
Für Deine Wunderthaten;
Wir danken Dir für Deine Macht
Und für Dein Wort der Gnaden.
Stärk’ unsern Glauben durch Dein Wort,
Und laß vor Deinem Thron uns dort
Von Deinen Wundern singen.
Sammelt euch Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen, und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen. Matth. 6,20.
Lukas hat diese Worte Kap. 12,32.33.34. ausführlicher geschrieben, denn nach seinem Zeugniß hat Christus zu Seinen Jüngern gesagt: fürchte dich nicht, du kleine Heerde; denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben. Verkaufet, was ihr habt, und gebet Almosen. Machet euch Sekel, die nicht veralten, einen Schatz, der nimmer abnimmt, im Himmel, da kein Dieb zukommt, und den keine Motten fressen; denn wo euer Schatz ist, da ist euer Herz. Man sammelt auf Erden Schätze, wenn man Gold, Silber, Kleinodien, Hausrath, Kleider, liegende Güter, und überhaupt allerhand kostbare und angenehme Dinge sammelt, und das Gesammelte für sein höchstes Gut und für seinen besten Trost hält, folglich, wie David Ps. 62,11. redet, sein Herz daran hängt, welches man aus der unmäßigen Begierde und Freude, aus dem Leichtsinn, womit man wegen dieser Dinge wider Gott und den Nächsten sündiget, und aus dem trostlosen Zustand der Seele bei dem Verlust derselben erkennet, gesetzt, daß man auch das Anhangen des Herzens in der Heuchelei vor sich selbst und vor Andern verberge. Wer aber dergleichen etwas erbt, oder kauft, oder geschenkt bekommt, und dabei ein so freies Herz behält, als besäße er’s nicht, und wer diese Dinge braucht, daß er sie nicht mißbraucht, wie Paulus 1 Kor. 7,30.31. sagt, hält diese Dinge nicht für seinen Schatz: sein Herz ist nicht dabei. Die Schätze im Himmel, die Sekel, die nicht veralten, und der Schatz, der nicht abnimmt, sind das Reich, das der himmlische Vater den Glaubigen geben will, und alle Herrlichkeit, welche dasselbe in sich faßt, und die ewiges Leben, ewige Freude, ewige Hütten, Lohn, Krone, Macht u. dergl. genannt wird. Diese Schätze frißt keine Motte und kein Rost, das ist, sie sind keiner innerlichen Abnahme und keinem Verderben unterworfen, auch gräbt kein Dieb darnach, um sie zu stehlen, das ist, sie können dem, der sie hat, durch keine List noch Gewalt entrissen werden. Die irdischen Schätze hingegen vergehen von innen heraus, wenn sie alt werden, auch werden sie dem Menschen durch eine äußerliche Gewalt und List, wovon der Diebstahl nur als ein Beispiel angeführt wird, wozu man aber auch Brand, Ueberschwemmung, Plünderung, Zerstreuung durch verthunerische Erben, und Anderes rechnen kann, zernichtet. Wer sie hat, kann sie verlieren, und verliert sie gewißlich im Tode, und wer hofft, er werde seinen Nachkommen dadurch ein dauerhaftes Glück verschaffen, betrügt sich, wie die Erfahrung lehrt, sehr. Der HErr Jesus gab damals Seinen Jüngern auch den Befehl: verkaufet, was ihr habt, und gebet Almosen, und sahe dabei auf ihren besonderen Beruf, nach welchem sie von der Zeit der Bergpredigt an mit Ihm reisen, und hernach ausgehen sollten, das Evangelium zu predigen, folglich kein ordentliches Hauswesen mehr führten durften. Es war also rathsam für sie, daß sie ihre liegenden Güter, welche sie nicht mehr verwalten und benutzen konnten, verkauften, und davon Almosen gaben; wogegen sie sich in der folgenden Zeit von dem Evangelio nähren durften, 1 Kor. 9,7-14. Luk. 10,7. Zu allen Zeiten ist das Almosengeben, woraus es auch bei jenem Verkaufen vornehmlich ankam, das Mittel, im Himmel Schätze zu sammeln, 2 Kor. 9,6.7.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Das Sammeln auf der Erden
Ist kurzes Kinderspiel,
Im Himmelreich zu werden,
Das ist das rechte Ziel,
Der wahre Schatz allein,
Der Schatz für edle Seelen;
Vor Motten, Rost und Stehlen
Kann dieser sicher sein.
2.
Der Weltgeiz macht nur Schmerzen,
Und wird im Grab zu Spott.
Nur heilsbegier’ge Herzen
Die werden reich in Gott:
Sie sammeln Stück für Stück,
Der Glaube suchet heftig,
Die Liebe wirkt geschäftig,
Die Hoffnung legt zurück.
3.
Dieß Sammeln mag nicht hindern,
Wenn wir den Schatz nicht seh’n;
Der Vater spart uns Kindern
Doch mehr als wir versteh’n;
Den Schatz, der ewig währt,
Das Kleid auf Feierzeiten,
Das Man auf Ewigkeiten,
Das Gold von Gott verklärt.
4.
Der Schatz wird nicht verdienet,
Jedoch mit Ernst gesucht;
Weil Christus uns versühnet,
Ist er des Kreuzes Frucht,
Die nur der Glaube kennt,
Versprochen denen Armen,
Geschenket aus Erbarmen,
Vermacht im Testament.
5.
HErr! präge mir die Würde
Von diesen Schätzen ein,
Und lasse die Begierde
Ganz unersättlich sein.
Frißt in der Erde gleich
Der Wurm die Leibeshülle,
Mach’ nur mit aller Fülle
Mich in dem Himmel reich!
Dem, der uns liebet, und gewaschen hat von unsern Sünden mit Seinem Blute, und hat uns gemacht zu einem Königreich, zu Priestern, Seinem Gott und Vater, dem sei die Herrlichkeit und die Kraft in Ewigkeiten. Amen. Offenb. 1,6.
Wer derjenige seie, dem dieser Lobspruch mit tiefster Ehrerbietung dargebracht wird, ist leicht zu erachten. Es ist eben der, von welchem der Verfasser der Offenbarung in seinem ersten Brief Kap. 1,7. schreibt: das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.
Jesus Christus ist es also werth, daß Ihm der Ruhm der Herrlichkeit und Kraft nicht nur jetzt, auf die kurze Zeit unserer Pilgrimschaft, sondern in alle Ewigkeiten gebracht werde. Schon als der Sohn Gottes, den alle Engel Gottes anbeten, ist Er unserer innigsten Verehrung und Anbetung würdig: wenn wir aber vollends an Seine unbeschreibliche und unbegreifliche Liebe denken, womit Er uns unwürdige, sündhafte, verdorbene, hochverschuldete Menschen umfangen hat, so übersteigt unsere Verpflichtung gegen Ihn Alles, was sich denken läßt. Er liebet uns, die wir doch von Natur Seines und Seines Vaters Feinde sind, und erweiset uns Gutes für Böses. Er hat, aus Liebe zu uns, unter der äußersten Schmach, und unter den empfindlichsten Martern an Seele und Leib, Sein Blut vergossen zur Versühnung für unsere Missethat; aber mit eben diesem kostbaren Blut hat Er uns, die wir Ihn im Glauben an Sein Evangelium als unsern Mittler und Seligmacher angenommen haben, von unsern garstigen Sündenflecken an unsern Herzen und Gewissen gereinigt, und will uns von Tag zu Tag, wenn wir Ihm stille halten, noch weiter reinigen. Diese Reinigung aber soll den erstaunlichen Erfolg haben, daß wir Seinem Gott und Vater, der durch Ihn und um Seinetwillen auch unser Gott und Vater ist, nicht nur als hochbeglückte und begnadigte Unterthanen Seines unendlich ausgebreiteten Königreichs, sondern gar als Priester in Seinem himmlischen Heiligthum, die den nächsten Zutritt zu Seinem majestätischen Thron haben, zu Seinem göttlichen Wohlgefallen mit einer solchen Ehre und Wonne dienen sollen, gegen welcher alle Ehrenstellen, womit die Großen dieser Welt ihre Lieblinge auszeichnen können, nur Kinderspiel und Schattenwerk heißen mögen. Was kann wohl Prächtigeres und Seligeres gedacht werden, als dieser himmlische Priesterstand, der K. 7,15., und noch umständlicher K. 22,3.4. also beschrieben wird: und es wird (in der Stadt Gottes) kein Verbanntes mehr sein, und der Stuhl (der Thron) Gottes und des Lammes wird darinnen sein. Und Seine Knechte werden Ihm dienen, und sehen Sein Angesicht, und Sein Name wird an ihren Stirnen sein. (Seine Klarheit wird aus ihnen, als eben so vielen lebendigen Spiegeln, zurückstrahlen). Und wird keine Nacht da sein, und nicht bedürfen einer Leuchte, oder des Lichts der Sonne; denn Gott, der HErr, wird sie erleuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.
O wie trefflich, wie hoch kann ein armer schnöder Sünder in jener Welt ankommen, wenn er sich in dieser Vorbereitungszeit dazu hergibt, daß die Kraft des Blutes Jesu an seinem Herzen und Gewissen ihre volle Wirkung beweisen, und ihn von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes befreien kann! Aber welch ein Glück verscherzen auch diejenigen, die nicht aufhören wollen, in offenbaren oder verborgenen Sündengräueln sich zu wälzen, und alle Liebes-Anträge Dessen, der auch ihnen zu gut Sein Blut vergossen hat, in stolzem Unglauben, oder frecher Sicherheit, oder träger Gleichgültigkeit zu verschmähen!
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr.
1.
Singt, die ihr hier an Jesum glaubt
Und Seinen Namen nennet,
Des Vaters Sohn, der Kirche Haupt,
Auch Seine Liebe kennet:
Dem, der uns liebt, auch hier im Leid,
Dem sei die Kraft und Herrlichkeit
In Ewigkeiten! Amen.
2.
Dem, welcher uns gewaschen hat
Mit Blut von unsern Sünden,
Daß wir, als rein, noch eine Statt
In Seinem Himmel finden,
In einem hellgemachten Kleid,
Dem sei die Kraft und Herrlichkeit
In Ewigkeiten! Amen.
3.
Dem, der zu einem Königreich
Als unser Heilserstatter,
Dem, der zum Priesterthum zugleich
Uns Gott und Seinem Vater
So gnädig und so mächtig schafft,
Dem sei die Herrlichkeit und Kraft
In Ewigkeiten! Amen.
Er hat euch versöhnet mit dem Leibe Seines Fleisches durch den Tod, auf daß Er euch darstellete heilig und unsträflich und ohne Tadel vor Ihm selbst; so ihr anders bleibet im Glauben gegründet, und fest und unbeweglich. Kol. 1,22.
Die Menschen sind nach ihrem natürlichen Zustand von Gott entfremdet und Seine Feinde, und dieses offenbart sich dadurch, daß sie mit ihrer Vernunft allerhand Arges ausdenken, und in bösen Werken wandeln. Sie denken und thun also, was Gott zuwider ist. Solche Leute hat Gott versöhnet durch den Leib des Fleisches Christi, und zwar durch den Tod desselben. Indem nämlich der Leib Christi, welcher noch nicht verklärt, sondern Fleisch war, am Kreuz in den Tod gegeben wurde, geschah die Versöhnung der Feinde Gottes, wie Paulus auch Röm. 5,10. bezeuget. Es wurde nämlich für sie ein Opfer geopfert, um deßwillen Gott, der ein unwiderrufliches Todesurtheil über sie hätte aussprechen und an ihnen vollziehen können, denselben Gnade anbieten, und das Evangelium des Friedens oder das Wort Gnade predigen lassen konnte. Sein Zweck hiebei ist dieser, daß Er diese von Ihm entfremdeten Leute, diese Seine Feinde vor Ihm selbst als heilig und unsträflich und untadelich darstellen möchte. Hiemit geht dann in den Menschen selbst eine große Veränderung vor. Vor Ihm selbst will Gott die Menschen so darstellen, denn auf Sein Urtheil, auf Sein Wohlgefallen kommt es hiebei an; da hingegen die Menschen auf Erden oft ungerechte Urtheile über einander fällen. Heilig will Gott die Menschen haben: sie sollen nämlich Ihm, dem Heiligen HErrn und Vater ähnlich sein, damit sie geziemend vor Ihm stehen und Ihm gefallen können. Sie haben aber nach der Natur viel Tadelhaftes an sich: dieses Tadelhafte aber soll nach und nach abgethan werden; es ist ihnen wegen ihrer Werke Vieles vorzuwerfen: diese Vorwürfe sollen aber durch die Vergebung und durch Tüchtigkeit zu guten Werken zernichtet werden. Es ist aber hiezu nöthig, daß sie das Evangelium des Friedens glauben, und in diesem Glauben bis an das Ende beharren. Bei diesem Beharren werden sie nicht immer schwach und wankend bleiben, sondern im Glauben gegründet werden. Sie werden im Glauben stehen, wie ein Haus, dessen Grund auf den Felsen gelegt ist, und welches von keinem Sturmwind oder Gewässer umgeworfen wird. Diese Gründung aber schließt zweierlei in sich, daß man nämlich einerseits innerlich fest und seines Gnadenstandes gewiß wird, oder daß man eine innerliche Kraft hat, sich in allen Fällen und zu allen Zeiten an den Erlöser Jesum Christum und Sein Evangelium zu halten, daß man aber auch andererseits durch den Wind falscher Lehren nicht bewegt wird von der Hoffnung der Herrlichkeit, welche das Evangelium anbietet und gewährt. Auf diese Weise werden Menschen, welche von Gott entfremdet waren, Ihm nahe, und diejenigen, die Seine Feinde gewesen waren, werden Ihm ähnlich, und werden von Ihm geliebt, gleichwie sie auch gegen Ihn Zuversicht haben, und von Ihm alles Gute zu empfangen hoffen. Der Grund hievon ist aber die Versöhnung, welche durch den Tod des Leibes Christi gestiftet worden ist. Wohl uns, wenn Alles, was in diesem Spruch enthalten ist, sich auch bei uns findet! Der HErr erstatte bei uns, was hierin noch mangelt.
Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s etc.
1.
Gott hat uns mit Sich selbst versöhnt,
Hiezu hat Christi Tod gedient,
Da Er an armer Sünder Statt
Sein Fleisch und Blut geopfert hat.
2.
O Gnade, du bist wunderbar!
So stellt uns Gott Ihm heilig dar;
Da ist kein Tadel unsres Thuns,
Und keine Klage wider uns.
3.
So sind wir Christo einverleibt.
Nur daß man auch im Glauben bleibt,
In Ihm gegründ’t, im Herzen fest,
Und sich nicht mehr bewegen läßt!
4.
O Gott, mein Gott! ich glaube Dir,
Den Glauben wirktest Du in mir,
So gib mir, daß ich fernerhin
Bis zu dem Tod im Glauben bin.
5.
Ficht Satan meinen Glauben an,
Gib, daß ich Jesum halten kann;
Er ist der Grund, durch Ihn allein
Kann ich versöhnt und selig sein.
6.
Wankt je mein Herz, das schwache Rohr,
Richt’ es durch Deine Kraft empor,
So steht es fest, wenn Winde weh’n,
Denn von sich selbst mag’s nicht besteh’n.
7.
Mach’ meine Hoffnung unbewegt,
Wenn sich die Welt mit Spöttern trägt;
So sterb’ ich auch im Glauben hin,
Weil ich mit Gott versöhnet bin.
Die heilsame Gnade züchtiget uns. Tit. 2,12.
Weil viele Menschen das Wort Gnade unrecht verstehen und mißbrauchen, so hielt Paulus für nöthig, Röm. 6,1.15. die Fragen aufzuwerfen: sollen wir in der Sünde beharren, auf daß die Gnade desto mächtiger werde? Sollen wir sündigen, dieweil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind? Er beantwortet aber diese beiden Fragen so, wie es einem heiligen Apostel zustand; er antwortet beidemal: das sei ferne, und leitet seine Antwort aus der innerlichen Beschaffenheit der Gnade Gottes her, wie sie in dem Evangelio beschrieben wird. Tit. 2,12. aber sagt er sogar: die heilsame Gnade züchtiget uns, daß wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt. Er nennt die Gnade eine heilsame Gnade, das ist eine Gnade, welche dem Menschen zum Heil oder zur Seligkeit verhilft. Er sagt: sie züchtige uns, das ist, sie treibe uns an, sie gewöhne und stärke uns, zu verleugnen das ungöttliche Wesen u.s.w. Man darf nur bedenken, daß die heilsame Gnade uns Empfindungen der Liebe Christi gewähre, und daß nach derselben uns der Heilige Geist gegeben werde, und dieser durch das Blut Christi unser Gewissen und unsere ganze Seele reinige, so wird man bald einsehen, daß sie zu einem heiligen Wandel treibe und tüchtig mache. Wer also mit dem Munde sagt, er hoffe aus Gnaden selig zu werden, und stehe schon jetzt in der Gnade, dabei aber das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste nicht verleugnen, und in dieser Welt nicht züchtig, gerecht und gottselig leben will, dessen Hoffnung ist eitel, dessen Ruhm von der Gnade ist lügenhaft, der kann wohl das ehrwürdige Wort Gnade im Munde führen, aber von der Kraft derselben fühlt er nichts in seinem Herzen. Gleichwie es Gnade ist, wenn man gerechtfertigt wird, also ist es Gnade, wenn man geheiligt und Christo innerlich ähnlich gemacht wird. Es ist Gnade, wenn man von der Schuld und Strafe der Sünden los wird, es ist aber auch Gnade, wenn man von der Herrschaft der Sünde frei, und wenn die Sünde hernach noch weiter in der Seele abgethan wird. Ja es ist auch Gnade, wenn man über einer jeden Uebereilung eine innerliche Bestrafung bekommt, bei einer jeden Gefahr, in die Sünde zu fallen, in eine Angst und Furcht geräth, und zuweilen durch ein Leiden am Fleisch von dem Wandel nach dem Fleisch, wozu man hingerissen werden könnte, abgehalten wird. Wer die Verleugnung des ungöttlichen Wesens und der weltlichen Lüste, und züchtiges, gerechtes und gottseliges Leben für eine verdrießliche Last und für eine Pein hält, hat noch keine Erfahrung davon bekommen, und in das vollkommene Gesetz der Freiheit noch nicht durchgeschauet. Das Joch Christi ist sanft, und Seine Last ist leicht, und geistlich gesinnet sein, ist Leben und Friede: deßwegen wird auch jene Verleugnung und jenes Leben aus der Gnade hergeleitet. Die allen Menschen erschienene heilsame Gnade werde auch mir und den Meinigen zu Theil, und erhalte uns auch heute bei dem Einigen, daß wir Gottes Namen kindlich fürchten, und diese kindliche Furcht durch einen vorsichtigen Wandel offenbaren. Was das Gesetz, welches die Sünde reizt und den Sünder verdammt, bei uns nicht zuwege bringen kann, wirke die Gnade in uns. Sie mache uns frei vom Gesetz der Sünde und des Todes, das ist von dem Trieb zu sündigen und in das Verderben hinein zu rennen; hingegen verschaffe sie, daß die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in uns als Leuten, welche nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist leben, erfüllet werde.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Wenn uns Gott das Herz besichtigt,
Und durch Seine Gnade züchtigt,
Sollen wir Ihm dankbar sein.
Gottes Zorn bleibt auf dem Sünder;
Aber für die Gotteskinder
Gilt die Gnadenzucht allein.
2.
Zärtlich kann die Liebe dringen,
Sie will nicht gesetzlich zwingen,
Macht’s dem Herzen nicht zu schwer;
Züchtig und gerecht zu leben,
Und sich Gott als Kind ergeben,
Das kommt von der Gnade her.
3.
Theure Gnade! starke Liebe!
Auch mein Herz fühlt Deine Triebe,
Daß sie alle heilsam sind.
Zieh’ mein Herz, wie es Dein Wille,
Sag’ ihm nur auch in der Stille:
Du hast Gnade, du bist Kind.
4.
Hielt’ mich nicht die Zucht der Gnade,
O wie wäre das mein Schade,
O wem lief’ ich Armer zu!
Dir sei Dank für Deine Rührung,
Dir sei Ruhm für Deine Führung,
Was ich bin, das wirkest Du.
Strebet nach der Liebe. 1 Kor. 14,1.
Paulus hatte 1 Kor. 12. von der Verschiedenheit der Gaben, welche sich in der christlichen Kirche zeige, gehandelt, und unter Anderem V. 8 gesagt: Einem wird gegeben, durch den Geist zu reden von der Weisheit, dem Andern wird gegeben, zu reden von Erkenntniß nach demselben Geist u.s.w. Er beschließt aber V. 31. seine Abhandlung damit, daß er sagt: strebet nach den besten Gaben, und ich will euch noch einen köstlichen Weg zeigen. Hernach handelt er Kap. 13. von der Liebe, welche dieser köstliche Weg ist, sagt aber alsdann nicht: Einem wird gegeben die Liebe, einem Andern etwas Anderes, sondern preisset die Liebe als etwas allen Christen Unentbehrliches, ja, als etwas, das auch in der Ewigkeit fortwähren werde, an. Endlich beschließt er mit der Ermahnung: strebet nach der Liebe, jaget der Liebe nach.
Ach liebe Mitchristen, lasset uns dafür halten, Paulus rufe uns Allen zu: strebet nach der Liebe. Wir sollen nach der Liebe streben, weil die Welt voll Haß, Neid, Bitterkeit, Zwietracht und Falschheit ist, und wir uns also durch nichts von ihr besser unterscheiden können, als durch die Liebe. Lasset uns nach der Liebe streben, weil Gott die Liebe ist, folglich die Liebe Sein Bild in dem Menschen ist. Nach der Liebe sollen wir streben, weil sie des Gesetzes Erfüllung und das Band der Vollkommenheit ist, das ist, weil sie alle Tugenden, welche das Gesetz erfordert, ohne Ausnahme in sich faßt, und des Menschen Vollkommenheit in der Vollkommenheit der Liebe besteht. Lasset uns nach der Liebe streben, weil sie das Halten der Gebote Gottes leicht, und den Menschen zur Erfüllung seiner Pflichten muthig und lustig macht. Lasset uns auch deßwegen nach der Liebe streben, weil sie auch im Himmel und im neuen Jerusalem fortwähren wird: denn was wird man da thun? Man wird lieben. Die Seligen werden Gott auf’s Höchste und sich unter einander auf’s Brünstigste lieben. Wer also keine Liebe im Herzen hat, taugt nicht in die Gesellschaft der Seligen. Fragst du: wen soll ich lieben? so antwortet dir die Heilige Schrift und dein Gewissen: du sollest Gott über Alle lieben, und deinen Nächsten als dich selbst. Sprichst du: ich habe und fühle Liebe in mir: wohlan, wenn es wahr ist, so strebe doch noch nach der Liebe, denn mit wenig Liebe kommt man bis an’s Ende seines Lebens nicht aus. Die Gebote Gottes erfordern oft, daß man Seinen Willen in schweren Fällen thue, und daß man sich Seine Wege auch in empfindlichen und langwierigen Leiden gefallen lasse. Soll ich nun diese Gebote halten, so muß die Liebe zu einem genugsamen Grad aufsteigen. Und viele Fälle gibt es, da die Liebe gegen den Nächsten, die man hat, bei seinem feindseligen Sinn, oder bei den unvorsätzlichen Gebrechen, die er an sich hat, kaum, oder gar nicht mehr zureichend sein will. Strebet also nach der Liebe, damit ihr euch immer so beweisen könnet, wie Paulus 1 Kor. 13,4.5.6.7. fordert, oder damit ihr vor Gott immer heilig und unsträflich seid in der Liebe (Eph. 1,4.). Wie sollen wir aber nach der Liebe streben, und woher sollen wir sie erlangen? Johannes sagt 1 Joh. 4,7.: die Liebe ist von Gott. Lasset uns also Gott um den Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht bitten, lasset uns dabei Bestrafungen annehmen, wenn sich Zorn und Haß bei uns regt, und die Schuld nicht bei unsrem Nächsten allein, sondern auch bei uns suchen. Lasset uns der Heiligung nachjagen; denn wer dieser nachjagt, jagt auch der Liebe nach.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Liebe ist die größte Gabe,
Die der Geist den Christen gibt.
Wenn ich Engelssprache habe,
Habe aber nicht geliebt,
Bin ich nichts als eine Schelle,
Oder nur ein tönend Erz;
Denn die Stimme klingt wohl helle,
Und hingegen fehlt das Herz.
2.
O du Geist, der mir gegeben,
Daß mein Glaube Jesum sucht,
Lehre mich nach Liebe streben,
Liebe ist des Glaubens Frucht.
Sie übt Langmuth, sie ist gütig,
Bösen Eifer hat sie nicht,
Gar nicht thut sie übermüthig,
Wie sie auch nicht trotzig spricht.
3.
Sie ist artig in Geberden,
Liebe siehet nicht auf sich,
Sie mag nicht erbittert werden,
Macht sich Niemand fürchterlich;
Wahrheit freut sie, nicht das Trügen;
Sie verträget je und je,
Sie glaubt Alles mit Vergnügen,
Alles hofft und duldet sie.
4.
Ja, die andern Gaben alle
Werden erst durch Liebe schön.
Liebe kommt auch nicht zum Falle,
Nein, sie bleibet ewig steh’n.
Jesu! präg’ mir Dein Exempel
Durch den Geist der Liebe ein,
Bis ich einst in Gottes Tempel
Darf in Liebe fröhlich sein.
Ihr seid versiegelt durch den Heiligen Geist auf den Tag der Erlösung. Eph. 4,30.
Der Tag der Erlösung ist bei den Gerechten der Todestag, denn an diesem geschieht, was Paulus nach 2 Tim. 4,18. hoffte, indem er schrieb: der HErr wird mich erlösen von allem Uebel (bösen Handel), und aushelfen zu Seinem himmlischen Reich, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der Tag der völligen Erlösung ist aber der Tag der Auferstehung, an welchem dasjenige bei den Gerechten geschehen wird, was 1 Kor. 15,53.54. geschrieben steht: dieß Verwesliche muß anziehen das Unverwesliche, und dieß Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit. Dann wird erfüllet werden das Wort, das geschrieben steht: Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Nicht alle Menschen erlangen diese Erlösung. Viele kommen durch den Tod in höllische Gefängnisse, wo sie mit großer Angst unter dem Gefühl des Zorns Gottes auf den Gerichtstag warten; und diese sind es, die zum Gericht oder zur ewigen Schmach und Schande aufstehen, und deren Ende die Verdammniß (oder Verderben) ist (Phil. 3,19.). Wenn man aber das ganze menschliche Geschlecht übersehen könnte, so wäre die Frage, woran man diejenigen erkennen könne, oder durch was diejenigen ausgezeichnet seien, welche die Erlösung von allem Uebel zu hoffen haben? Paulus antwortet aber, daß sie an der Gabe des Heiligen Geistes, welche sie empfangen haben, zu erkennen, oder durch den Heiligen Geist versiegelt seien. Wie man dieses Siegel empfange, lehrt Paulus Eph. 1,3., da er sagt: durch Christum habt ihr gehört das Wort der Wahrheit, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit, und durch denselben seid ihr, da ihr glaubet (oder glaubig wurdet), versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung. Der Mensch hört also durch Christi Gnade das Evangelium von seiner Seligkeit, er glaubt es, und indem er’s glaubt, empfängt er den verheißenen Heiligen Geist als ein Siegel, wodurch er ausgezeichnet wird als einer von denjenigen, welche die Erlösung von allem Uebel zu hoffen haben. Ein glaubiger Christ kann und soll sich dieses Siegels bewußt sein, denn der Heilige Geist ist in ihm lebendig, und offenbart Sich durch alle diejenigen Wirkungen, welche Ihm in der Heiligen Schrift zugeschrieben werden. Weil auch bei dem Fortfahren in der Heiligung diese Wirkungen immer völliger und deutlicher werden, so wird sich auch der Mensch seiner geschehen Versieglung, folglich auch seines Gnadenstandes immer besser bewußt, und seine Hoffnung der Erlösung von allem Elend wird immer fester. Uebrigens ist freilich dieses Siegel Gott allein sichtbar. Er kennt die Seinen mit der allerhellsten Erkenntniß, weil Er das Siegel in ihnen sieht, welches sie von Ihm selbst empfangen haben. Den Menschen aber, welche geistliche Sachen geistlich richten oder beurtheilen können, wird dieses Siegel durch die Worte, Werke und Geberden an Andern offenbar, wenn sie nämlich Andere eine geraume Zeit und unter verschiedenen Umständen, welche keiner Verstellung Raum lassen, beobachten können. Welch ein großes Glück ist’s aber, versiegelt zu sein auf den Tag der Erlösung! Wenn in der letzten Krankheit der Leib und die Seele in gewissem Maße verschmachtet sind, und der Todestag endlich kommt, und die Seele kann denselben durch die Kraft des Heiligen Geistes als den Tag ihrer Erlösung ansehen; und wenn der Tag des Gerichts einbricht, da ein Jeder empfahen soll, nach dem er bei Leibesleben gehandelt hat, und der Mensch kann diesen Tag als den Tag der völligen Erlösung von allen Folgen der Sünden ansehen: welch eine Glückseligkeit ist das!
Mel.: O Jerusalem, du schöne.
1.
Wo sich Gottes Klarheit spiegelt,
Daß man in dem Sohn Ihn ehrt,
Da wird auch das Herz versiegelt,
Daß es Christo angehört,
Und man am Erlösungstag
Vor dem HErrn bestehen mag.
2.
Plaget unser Herz ein Zweifel,
Höhnt die Welt uns über dieß,
Widerspricht es uns der Teufel,
Macht dieß Siegel doch gewiß,
Daß uns Gott hieran erkennt,
Und uns seine Knechte nennt.
3.
Gott sei Dank, der denen Seinen
Dieß geheime Siegel schenkt;
Denn bis Jesus wird erscheinen,
Bleibt die Hoffnung ungekränkt;
Da der HErr, der sie erlöst,
Wie sie hoffen, ewig tröst’t.
4.
Ja es präget dieses Siegel
Uns das Bild des Lämmleins ein,
Das auf Zions lichtem Hügel
Wird der Seinen Sonne sein.
Jesu, bringe mich dahin,
Wozu ich versiegelt bin!
Gott gebe euch erleuchtete Augen eures Verständnisses, zu erkennen, welches da sei die Hoffnung eures Berufs. Eph. 1,18.
Gleichwie einem Blinden nicht geholfen ist, wenn die Sonne hell scheint, oder ein Licht angezündet wird, weil es ihm an der Tüchtigkeit zum Sehen fehlt, also ist einem natürlichen Menschen nicht damit geholfen, wenn ihm Gott die Wahrheit in Seinem Worte vorlegt, weil er als ein solcher nichts vom Geist Gottes vernimmt. Soll ihm diese Wahrheit klar und heilsam sein, so muß ihm Gott auch einen Sinn oder Verstand dazu geben (1 Joh. 5,20.), die Augen öffnen (Ps. 119,18.), das Verständniß öffnen, um die Schrift zu verstehen (Luk. 24,45.), und so erleuchtete Augen des Verständnisses geben. Christus heißt deßwegen nicht nur ein Lehrer, sondern auch ein Licht, und zwar in demjenigen Verstand, in welchem der Täufer Johannes, der doch viel Gutes predigte, nicht das Licht war (Joh. 1,8.9.). Auch betete David, ob er schon das geschriebene Wort Gottes vor sich hatte, noch besonders um die Oeffnung seiner Augen (Ps. 119,18.), und Jakobus, hieß Kap. 1,5. Gott um die Weisheit bitten, die er Kap. 3,15.17. die Weisheit von oben nennt. Auch wünschte Paulus Eph. 1,18., daß der Gott unsers HErrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, den Ephesern (die an der Lehre keinen Mangel hatten) den Geist der Weisheit und der Offenbarung zu Seiner selbst Erkenntniß gebe. Lasset uns also auf unsern natürlichen Verstand nicht stolz sein, denn er ist nicht fähig, geistliche Dinge zu erkennen und zu fassen. Lasset uns nicht damit uns beruhigen, daß die Sonne der geoffenbarten Wahrheit uns scheint, und uns in der Bibel und andern guten Büchern das Licht aufgesteckt ist, denn es muß uns auch die Fähigkeit von Gott geschenkt werden, dieses Licht zu sehen. Wir haben insonderheit erleuchtete Augen des Verständnisses nöthig, um die Hoffnung unseres Berufs zu erkennen. Wir sind nämlich zum ewigen Leben, oder zur himmlischen Freude und Ruhe berufen, und dürfen dieses Alles vermöge unseres Berufs hoffen. Diese Hoffnung des Berufs erkennen, ist eine selige Sache; denn man erkennt sie mit einem erquickenden und stärkenden Eindruck, mit einer Gewißheit, die auch im Tode getrost macht, und mit einem Vorschmack der Kräfte der zukünftigen Welt, welcher den Glaubigen zuweilen gegeben wird. Ebenso verhält es sich mit allen andern Artikeln des christlichen Glaubens, wie denn Paulus Eph. 1,19 – 23. mehrere anführt. Wer sie recht erkennt oder versteht, wird dadurch getröstet, gestärkt, bestraft, geheiligt, und zur Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo geleitet. Dazu hat man aber geöffnete Augen des Verständnisses nöthig, denn durch diese allein kann das göttliche Licht, welches ein Licht des Lebens heißt, folglich kräftig und wirksam ist, in die Seele eindringen. Wir wollen also fleißig, wie David mit allen Heiligen gethan, und Jakobus befohlen hat, um geöffnete Augen und Weisheit bitten. Wir wollen aber auch mit dem Wort Gottes fleißig umgehen, und dasselbe gern hören, lesen und betrachten, weil Gott mit demselben und durch dasselbe die Erleuchtung wirkt und Seinen Geist mittheilt. Uebrigens wollen wir der Wahrheit auch gehorsam sein, weil die Weisheit nicht in eine boshaftige Seele kommt und Gott, wenn Er durch Sein Wort erleuchtet, heilige Leute bilden will. Sein Licht war und ist noch das Leben der Menschen.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Die Gnade ist geschäftig,
Gott ruft und ruft uns kräftig
Zu Seiner Herrlichkeit.
Wer folgt, folgt nicht vergebens,
Die Hoffnung jenes Lebens
Ist schon zuvor von Gott bereit’t.
2.
Laß meine Herzensaugen,
Mein Gott, zu sehen taugen,
Wie groß die Hoffnung sei;
Wie freudig man kann sterben,
Wie reichlich man darf eben,
Wie der Berufer so getreu.
3.
Ach laß von Deinem Lichte
Dem Glauben sein Gesichte
Beständig heiter sein,
Daß Satan nicht behende
Mit einem Dunst mich blende,
Noch auch die Welt mit einem Schein!
4.
Wenn sich die Augen feuchten,
So laß durch Dein erleuchten
Mich auch durch Thränen seh’n,
Damit ich sicher wisse,
Daß Deine Gnadenschlüsse
In ewige Erfüllung geh’n.
5.
Berufst Du mich zum Leben,
So wirst Du solches geben;
Versprichst Du Seligkeit,
So wirst Du dieß auch halten;
Ich will auch im Erkalten
Noch hoffen, bis das Seh’n erfreut.
Jesus schrie laut: Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen. Matth. 27,46.
Christus hat diese Worte, welche der Anfang des 22. Psalms sind, am Kreuz nach der dreistündigen Finsterniß laut ausgesprochen; das Uebrige aber, das in demselben Psalm steht, ist die Summe Seiner Gedanken gewesen, die Er am Kreuz in Seinem Gemüth gehabt hat, ohne sie auszusprechen. Die Verlassung, über die Jesus klagte, litt Er, wie alles Uebrige, in Seiner menschlichen Natur, und hörte dabei nicht auf, Gottes Sohn zu sein. Er litt sie, als Er auf Sein heftiges Schreien und auf Sein Flehen keine Hülfe, ja nicht einmal eine tröstliche Antwort bekam, und als Sein Gott es so weit mit ihm kommen ließ, daß Er Sich ein Wurm und kein Mensch mehr zu sein däuchte, und als Er Ihn verspotten und verachten ließ, ohne den Spöttern und Verächtern Einhalt zu thun, V. 7.8.9. Der Heiland fühlte sich auch deßwegen von Seinem Gott verlassen, weil Er, der sonst mit einem lieblichen Gefühl hat sagen können: der Vater läßt Mich nicht allein, Er ist mir zur Rechten, Er ist mir nahe, jetzt sagen mußte: sei nicht ferne von Mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer, V. 12. Es überließ Ihn derselbe Seinen sichtbaren und unsichtbaren Feinden, und ließ denselben zu, einen fürchterlichen Grimm und grausamen Muthwillen wider Ihn auszuüben, V. 13.14.17.21.22. Was Seinen Leib anbelangt, so war er wie ein trockenes Gefäß, aus dem das Wasser ausgeschüttet ist, Seine Gebeine hatten sich bei dem Hangen am Kreuz und bei der Verblutung zertrennt, und waren in den Gelenken auseinander gegangen. Sein Herz war in Seinem Leibe wie zerschmolzen Wachs, und hatte keine Kraft, das noch vorhandene Blut umzutreiben. Seine Leibeskräfte waren vertrocknet wie ein Scherbe und Seine Zunge klebte an Seinem Gaumen, weil die Feuchtigkeit in Seinem Munde bei dem großen Durst zäh geworden war: und allen diesen Schwachheiten und Schmerzen, bei welchen kein anderer Mensch einen Augenblick hätte lebendig bleiben können, half der große Gott nicht ab, so lange die Verlassung währte. Er gab damals diesem Müden keine neue Kraft, sondern legte Ihn in des Todes Staub, das ist, Er ließ Ihn auf’s Empfindlichste spüren, was der Tod sei, ehe Er wirklich todt war, V. 15.16. Dabei genoß Er nicht einmal ein Mitleiden, das sonst ein schwaches Labsal in den Schmerzen ist, sondern merkte, daß man an der Magerkeit Seines entblößten Leibes eine feindselige Freude habe, V. 18. Er war ganz nackend, und mußte Seine Kleider theilen und verloosen sehen, wie es bei der Hinrichtung der Missethäter gewöhnlich war, V. 19. Er däuchte Sich in einer großen Gefahr zu sein, wie Einer, über den ein Schwert gezuckt ist, oder wider den grimmige Hunde losgelassen sind, oder den ein Löwe verschlingen will, oder den Einhörner zerstechen und zertreten wollen, V. 21.22., und hiebei darf man ohne Zweifel an den Satan und seine bösen Engel denken. so fühlte Sich der Messias Jesus in derjenigen Zeit, da Er von Seinem Gott verlassen war. Und dennoch blieb Er glaubig und sagte zweimal: Mein Gott. Er harrte in der reinsten Geduld aus, bis die heitern Gedanken in Seiner Seele entstunden, die Ps. 22,23-3. beschrieben sind. Wenn uns nun der HErr Jesus auch etwas Weniges von der Verlassung fühlen läßt, die Er erfahren hat, so wollen wir von denjenigen sein, welche durch Glauben und Geduld unter Seufzen und Flehen die Verheißung ererben.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Mein Heiland, der voll Wunden
In den drei finstern Stunden
Von Gott verlassen hing,
Und in dem Durst der Seelen
Bei dem geheimsten Quälen
Nicht einen Tropfen Trost’s empfing!
2.
Mein Heil, was soll ich sprechen?
Ich will in Worte brechen,
Die ich nicht sagen kann.
Was hast Du mir erlitten!
Was hast Du mir erstritten!
Was hast Du mir zu gut gethan!
3.
Du wardst von Gott verlassen,
Die Liebe schien zu hassen,
Gott schien nicht mehr Dein Gott.
O unbegreiflich’s Büßen
In tiefsten Finsternissen!
Das war noch mehr als Kreuz und Spott.
4.
Was kann ich? nichts als loben,
O Liebe, sei erhoben!
O Heiland, Dir sei Ruhm!
O Mittler, sei gepriesen!
Das, was Du mir erwiesen,
Macht mich Dein ewig Eigenthum.
Kindlein, es ist die letzte Stunde und wie ihr gehört habt, daß der Widerchrist kommt, und nun sind viele Widerchristen worden. Daran erkennen wir, daß die letzte Stunde ist. 1 Joh. 2,18.
Schon zur Zeit Johannis sagte man, der Widerchrist komme. Paulus hat ihn 2 Thess. 2. deutlich beschrieben, da er V. 3.4. sagte: der Tag Christi kommt nicht, es sei denn, daß zuvor der Abfall komme und offenbart werde der Mensch der Sünden, und das Kind des Verderbens, der da ist ein Widerwärtiger, und sich erhebt über Alles, das Gott, oder Gottesdienst heißt, also, daß er sich setzt in den Tempel Gottes, als ein Gott, und gibt vor, er sei Gott. Er nennt ihn auch V. 8. den Boshaftigen (oder Gesetzlosen) und sagt, daß ihn der HErr umbringen werde mit dem Geist Seines Mundes, und sein ein Ende machen durch die Erscheinung Seiner Zukunft, und daß Seine Zukunft geschehe nach der Wirkung des Satans mit allerlei lügenhaften Kräften, und Zeichen, und Wundern, und mit allerlei Verführung zur Ungerechtigkeit unter denen, die verloren werden, dafür, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht haben angenommen, daß sie selig würden u.s.w., V. 8.9.10. Es ist klar, daß Paulus hier von einem bösen und schädlichen Menschen redet, durch welchen der Satan die gefährlichste Versuchung auf der Erde ausbreiten, und den ärgsten Anlauf wider das Reich Gottes machen werde. Gleichwie er aber V. 7. sagt, daß das Geheimniß der Bosheit schon zu seiner Zeit wirksam sei, und nur noch aufgehalten werde; also sagte Johannes, es seien schon zu seiner Zeit viele Widerchristen geworden. Der große Widerchrist, den Daniel Kap. 11,36. u. ff. einen König, und Johannes Offenb. 17,11. den Achten an den siebenköpfigen Thiere nennt, war zur Zeit der Apostel noch nicht gekommen, und ist noch jetzt nicht vorhanden, obwohl seine Ankunft nahe ist, und der überhandnehmende Abfall von der christlichen Religion und die sehr gemeine Geringschätzung der Wahrheit ihm den Weg hurtig bahnen; es sind aber doch schon zur Zeit der Apostel viele, und indessen noch mehrere Widerchristen geworden. Es gab nämlich schon zur Zeit Pauli Leute, welche durch den Antrieb eines bösen Geistes Jesum verfluchten, 2 Kor. 12,3. Johannes aber sagt 1 Joh. 4,3.: daß ein Geist sich in einigen Verführern rege, welcher nicht bekenne, daß Jesus Christus in dem Fleisch gekommen sei, folglich die Menschwerdung Jesu Christi, und die Wahrheit Seiner menschlichen Natur läugne, und setzt hinzu, dieser Geist sei der Geist des Widerchrists. Ueberhaupt sagt er 1 Joh. 2,22., derjenige sei der Widerchrist, der den Vater und Sohn läugne. Wer also der Lehre von Gott dem Vater und Seinem eingebornen Sohn widerspricht, wer insonderheit einen andern Christus predigt, als derjenige ist, den die Apostel gepredigt haben, und welcher Gott über Alles gelobet in Ewigkeit, und zugleich wahrer Mensch in Einer Person ist, wer der Kirche ein anderes Haupt aufdrängen will als Christum und einen andern Weg zur Seligkeit anpreisen als Christum, wer die Versöhnung verwirft, die Er am Kreuz ausgerichtet hat, und zugleich Seine Gebote auflöst – ist ein Widerchrist, und wird vom Geist des Widerchrists getrieben, und wenn Er die Bibel anführt, so legt er sie verkehrt aus, und wenn er auch Wunder thäte, so thäte er sie nach der Wirkung des Satans. Prüfet also die Geister, ihr Christen. Prüfet Alles und das Gute behaltet. Lasset euch das Ansehen der Menschen nicht blenden. Es gibt Weise nach dem Fleisch, deren Weisheit irdisch, menschlich, teuflisch ist. Liebet die Wahrheit und seid ihr gehorsam.
Mel.: O Gottes Sohn, Herr Jesu Christ.
1.
Es lebt doch Jesus Christus noch,
Sind gleich viel Widerchristen;
Es siegte Seine Wahrheit doch,
Wenn sich die Lügen brüsten.
Ist nun die letzte Stunde da,
So ist die Zukunft Christi nach,
Sein Schwert wird sie vertilgen.
2.
Ihr, die ihr Jesum Christum kennt,
Seid froh, ihr werdet siegen;
Die Feinde, welche uns berennt,
Die werden plötzlich liegen!
Denkt nur an keine Uebergab’
Und legt nicht Muth noch Waffen ab;
Der HErr ist uns zur Rechten.
3.
HErr, unser Gott! erhalt uns Du
In den Versuchungsstunden;
Eil, Jesu, Deinen Streitern zu,
Bis daß sie überwunden;
Du Geist der Wahrheit und der Kraft,
Bewahre Christi Jüngerschaft
Vor lügenhaften Kräften!
4.
HErr! präg’ uns Deine Wahrheit ein,
Daß wir das Ziel erreichen;
Laß uns Dein Wort gewisser sein,
Als Satans Wunderzeichen.
Erscheine bald, wie Du verheißst,
Und mach’ durch Deines Mundes Geist
Dem Widerchrist sein Ende!
Sie füllten einen Schwamm mit Essig, und hielten es ihm dar zum Munde. Joh. 19,29.
Als der HErr Jesus bei Seiner Hinausführung zur Kreuzigung auf den Richtplatz Golgatha gekommen war, gaben sie Ihm, wie Matthäus Kap. 27,34. erzählt, Essig zu trinken mit Gallen vermischt. Allein Er nahm’s nicht an. Er schmeckte den Essig, oder nahm etwas davon in den Mund, wollte aber, ungeachtet Ihn sehr dürstete, nichts davon trinken, oder hinunterschlucken, weil Sein Leib keine Labsal durch diesen Trunk bekommen hätte, und Er Seine Sinnen durch die Myrrhen nicht betäuben wollte.
Der HErr Jesus hatte also schon damals einen großen Durst, und die Bosheit Seiner Feinde verstattete Ihm nicht, vor der Kreuzigung denselben zu löschen. O wie angenehm wäre Ihm damals ein Trunk kalten Wassers gewesen! Aber Er bekam Keinen. Sein Durst währte fort, als Er am Kreuze hing, und es wurde erfüllt, was Ps. 22,16. geweissagt war: meine Kräfte sind vertrocknet, wie eine Scherbe, und meine Zunge klebet an meinem Gaumen. Er litt diesen Durst stillschweigend. Endlich, als Er wußte, daß schon Alles vollbracht war, daß die Schrift erfüllt würde, sprach Er: Mich dürstet. Er wußte also, daß Er aus der Tiefe Seines Leidens, wodurch Er Alle davon handelnde Weissagungen der Propheten erfüllt hatte, nunmehr allmälig heraufsteigen dürfe, und begehrte also durch das Wort: Mich dürstet, etwas zu trinken. Da stund nun, wie Johannes ferner erzählt, ein Gefäß voll Essig, dergleichen die Soldaten in den heißen Ländern zu trinken pflegten. Einer aber, der sah, daß man Seinen Mund mit einem Krug nicht erreichen konnte, füllte einen Schwamm mit Essig, und legte ihn um einen Ysopen, dessen Stängel hohl, und also ein Rohr war, und hielt es ihm dar zum Munde. Hier war also weder Myrrhe noch Galle. Es war Essig, vermuthlich mit Wasser vermengt, wodurch ein Durstiger, der nicht zärtlich ist, gelabt werden kann. Ein gewisser Mann, vermuthlich ein Soldat, wendete auch Fleiß und Mühe an, Ihm diese Labsal beizubringen: wiewohl Er und Andere hiebei die Spotrede: halt, laß sehen, ob Elias komme, und Ihm herabhelfe, vorbrachten. Jesus nahm den Essig, und saugte zur Anfeuchtung Seines Mundes etwas aus dem Schwamm heraus; weil Er aber bei der Einsetzung des heil. Abendmahls gesagt hatte, Er werde von dem Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken u.s.w., so ist gewiß, daß dieser Essig seinen Ursprung nicht vom Weinstock, sondern von einer andern Pflanze gehabt habe. Dank sei unserem HErrn für Seine geduldige Ertragung Seines großen Dursts, wodurch Er unsere Lüsternheit und Uebermaaße im Essen und Trinken gebüßt hat. Der Heiland hat, als Er noch unter den Menschen wandelte, auch gefastet (Ps. 69,11.) und zwar nicht nur an den allgemeinen jüdischen Fasttagen (denn darüber wäre er nicht verspottet worden), sondern außerordentlich und nach Seinem eigenen Belieben. Seinen heiligen Casteiungen, Seinem erlittenen Hunger und Durst haben wir’s nun zu danken, daß wir mit Danksagung essen und trinken dürfen, ja, daß wir in der seligen Ewigkeit mit dem verborgenen Manna gespeiset, und mit Wasser des Lebens getränkt werden.
Mel.: Wunderbarer König.
1.
Durch der Mörder Hände
Trinkt für uns Elende
Jesus noch vor Seinem Ende.
Eh’ Er noch will sterben,
Menschen zu erwerben,
Trocknet Er gleich einer Scherben.
Sagt Ihm Dank
Für den Trank,
Die ihr Jesum nennet
Und das Heil erkennet.
2.
Von des Vaters Gaben
Durft’ Er, sich zu laben,
Kaum den Schwamm voll Essig haben;
Daß Er unser denke,
Uns im Himmel tränke
Und da Lebenswasser schenke.
Sagt doch Dank
Für den Trank,
Laßt uns nach Ihm dürsten,
Nach dem Lebensfürsten.
3.
Lamm, für mich geschlachtet!
Wenn mein Herz einst schmachtet,
Gib mir, daß es sonst nichts achtet,
Als daß Du mir eben
Wollst zu meinem Leben
Nur Dein Blut zu trinken geben.
Habe Dank
Für den Trank,
Bis ich Dich kann droben
Bei der Quelle loben!
O ihr Thoren und träges Herzens, zu glauben alle dem, das die Propheten geredet haben. Luk. 24,25.
Der Unglaube schminkt sich oft mit dem Namen der Weisheit: der HErr Jesus aber nennt ihn eine Thorheit; auch wird die Unentschlossenheit, bei welcher man der Wahrheit lange den Beifall versagt, oft eine kluge Behutsamkeit genannt; der HErr Jesus aber nennt sie eine Trägheit oder Langsamkeit des Herzens. Verständig soll man werden durch die Erkenntniß der Wahrheit, und schnell zum Glauben. Wo ist aber die Wahrheit, die man glauben soll? Sie ist in den Schriften der Propheten anzutreffen. Man soll nicht erst prüfen, sondern schnell glauben, was die Propheten geredet haben, wie der HErr Jesus zu verstehen gab, und eben damit bezeugte, daß alle Schriften der Propheten von Gott eingegeben seien. Soll man aber nicht auch schnell glauben, was der HErr selbst gepredigt hat, und was Seine Apostel, welche größer als die Propheten waren, gelehrt haben? Ohne Zweifel. Nicht wer zweifelt, sondern wer glaubt und getauft wird, wird selig, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. Es gibt zwei Wege, durch welche der Mensch zu einer Erkenntniß und zu einer Gewißheit in der Erkenntniß gelangen kann. Der eine Weg ist der Weg der leiblichen Sinnen, und diesen Weg geht man in Ansehung der natürlichen und gegenwärtigen Dinge. Der andere Weg ist der Weg eines glaubwürdigen Zeugnisses und auf diesem Weg gelangt man zur Erkenntniß und Gewißheit von demjenigen, was entfernt, zukünftig und unsichtbar ist. Welcher Zeuge nun hat so viel Ansehen, daß er mir sagen kann, wie es bei der Schöpfung hergegangen sei, die kein Mensch gesehen hat, was zwischen dem Vater und Sohn bei der Erlösung des menschlichen Geschlechts vorgegangen sei, was der Mensch in Rücksicht auf den Zustand nach Seinem Tod zu hoffen, oder zu fürchten habe, und was noch vor, bei und nach dem Ende der Welt vorgehen werde. Dieses Alles hat kein Auge gesehen, und kein Ohr gehört, auch ist es in keines Menschen Herz gekommen. Wollten aber die Menschen von demjenigen, das sie durch die leibliche Sinnen erkennen, im Schließen fortschreiten, und auf diese Weise errathen, was Gott gethan habe, oder thun werde, so würden sie, wie das Beispiel der weisesten Heiden lehrt, zu keiner Gewißheit kommen. Gottes Zeugniß kann uns hierin allein gewiß machen. Er hat vor Zeiten manchmal und auf mancherlei Weise zu den Vätern geredet durch die Propheten, in den letzten Tagen aber durch den Sohn, Hebr. 1,1.2. den Aposteln aber hat der Sohn Gottes befohlen, das Evangelium aller Kreatur zu predigen, und hinzu gesetzt, wer’s glaube und getauft werde, soll selig werden. Paulus hat insonderheit von allen Aposteln gesagt: Gott habe ihnen die Dinge, die sonst Niemand wissen können, durch Seinen Geist geoffenbart, 1 Kor. 2,10. von sich selbst aber, V. 4.5.: Sein Wort und Seine Predigt sei nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft, auf daß der Glaube derer, die Sein Wort annehmen, nicht auf Menschenweisheit bestehe, sondern auf Gottes Kraft. Auch nennt Er Sein Wort 1 Thess. 2,13. ausdrücklich Gottes Wort. Hier ist also ein schneller glaube die größte Weisheit.
Mel.: Christus, der ist mein Leben.
1.
Du träges Herz, wie lange
Bist du mir eine Last!
Wie vielmal macht mir bange,
Was du versäumet hast!
2.
Wie träg bist du zu glauben,
Was Gott so theu’r verspricht,
Als spräch’ Er nur zu Tauben,
Und hielt die Worte nicht
3.
Wie träg’ bist du zu fassen,
Was uns der Vater gibt,
Als wollte Er dich hassen,
Und hätte nie geliebt!
4.
Wie träg’ bist du zum Beten,
Da dir so Vieles fehlt,
Als würde Er nicht retten,
Die Er doch auserwählt!
5.
Wie träg’ bist du zum kämpfen,
Wenn sich die Sünde regt,
Als wäre nichts zu dämpfen,
Und schon der Feind erlegt!
6.
Wie träg’ bist du zum dulden,
Wenn du gezüchtigt wirst,
Als wärst du ohne Schulden,
Da du doch täglich irrst!
7.
HErr! Du weißst, daß mich’s schmerze,
Daß ich so träge sei;
Ach trage doch mein Herze
Noch in Geduld und Treu!
8.
Treib’ auf dem Lebenspfade
Mich immer wieder auf;
So bringt mich Deine Gnade
Zum Ziel an meinem Lauf.
Auf daß er gerecht sei und gerecht mache den, der da ist des Glaubens an Jesu. Röm. 3,26.
Die Rechtfertigung oder Begnadigung eines Sünders ist eine sehr erwünschte und große Wohlthat. Wer von Natur unrein ist, wer Millionen Sünden mit Gedanken, Worten und Werken begangen, wer deßwegen Gottes gerechtes Mißfallen sich zugezogen hat, kann nicht anders als mit Bewunderung und Beugung daran denken, daß ihn Gott rechtfertigen wolle, oder schon gerechtfertigt habe. Wie geschieht aber solches? Soll Gott Seine Gerechtigkeit dabei hintansetzen oder verläugnen? Dieses kann kein vernünftiger Mensch fordern. Wie aber? Wenn Gott nur vergäbe und nicht strafte, wenn Er nur begnadigte, und Sein Recht, zu verfluchen, das Er doch in Seinem Wort geoffenbart hat, nicht ausübte; würde Er als ein gerechter Gott erkannt? Mit nichten. Niemand denkt hiebei, es sei genug, daß Gott einen Jeden, den Er begnadigt, Sein Mißfallen an der Sünde in der Buße fühlen lasse, und ihn vor und nach der Begnadigung züchtige; denn jenes Mißfallen, insoweit Er’s den Menschen fühlen läßt, und diese Züchtigung ist bei Weitem nicht der ganze Zorn, Fluch und Strafe, so der gerechte Gott in Seinem Wort den Sündern gedroht hat. Auch würde die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannt, wenn Er einen Theil des menschlichen Geschlechts verfluchte, und den Andern ohne weitere Verfügung selig machte, denn Seine Gerechtigkeit muß auch bei einem Jeden derer, die selig werden offenbar werden; auch bei einem Jeden, der gerechtfertigt wird, muß die Ehre Gottes unverletzt erhalten, und Seine Gerechtigkeit erkannt werden. Wie kann nun Solches geschehen? So daß der Sünder des Glaubens an Jesu ist, oder an Jesum Christum glaubt, der in Seinem Blut als ein Gnadenstuhl dargestellt, um unserer Missethat willen verwundet, um unserer Sünden willen zerschlagen, und am Kreuz ein Fluch für uns geworden ist. Durch den Glauben hält der Sünder diese schmerzliche Erlösung, bei welcher alle Drohungen des Gesetzes erfüllt wurden, für wahr und bezeugt vor Gott, er halte dafür, daß sie auch für ihn geschehen sei, und wolle nicht anders, als durch dieselbe selig werden. Der Glaube sagt zu Allem, was Christus für die Menschen gethan hat, ja und Amen, und hält seine Genugthuung für den einigen Grund der Vergebung der Sünden und der Hoffnung des ewigen Lebens. Hat sich Christus der Welt Sünde zugeeignet, und ist wegen derselben gerichtet und gestraft worden; so eignet sich der Sünder seine Erlösung zu, und wird wegen derselben gerechtfertigt.
Auf diese Weise bleibt Gott gerecht, indem Er den Sünder, der an Christum Jesum glaubt, rechtfertigt, denn, da Seine Gerechtigkeit sowohl eine göttliche Strenge, als auch eine göttliche Güte in sich faßt, jene aber auf die vollkommenste Art, nach dem ganzen Inhalt der Drohungen des Gesetzes, an Christo in Seinem Leiden erzeigt worden ist, so darf nun Niemand Gott einer Ungerechtigkeit beschuldigen, wenn Er den Sünder, der in Christo Jesu ist, durch die Rechtfertigung Seine Güte genießen läßt, gleichwie Er sie auf eine unermeßliche Weise an Christo dem Gerechten selber geoffenbart hat. Hallelujah. Gott ist gerecht und kann doch gerecht machen den, der da ist des Glaubens an Jesu.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’.
1.
Gott ist gerecht und macht gerecht,
Er wollt’ am Kreuzesstammen
An Jesu, als an einem Knecht,
Die Sünde selbst verdammen;
Auf Sünde war der Tod gedroht,
Nun starb die Sünde durch den Tod
Des Mittlers aller Sünder.
2.
Darf nun ein ausgesühnter Knecht
In Christo wieder leben;
So ist Gott auch hierin gerecht,
Die Sünden zu vergeben.
Tilgt Sein gerechter Zorn die Schuld,
So zeigt sich die gerechte Huld
Auch wieder an dem Sünder.
3.
O unbegreiflich’s Gottesrecht!
Wer kann die Tiefen gründen?
Auch ich bin ein versühnter Knecht,
Auch ich kann Gnade finden.
Dem Gott, der mich gerecht gemacht,
Sei auch im Glauben Dank gebracht
Und Seinem Namen Ehre!
Also hat Gott die Welt geliebet, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab, auf daß Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh. 3,16.
Dieser Spruch ist eine Erklärung des Wunsches: Die Gnade unsers HErrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch Allen (2 Kor. 13,13.). Von der Liebe Gottes des Vaters zeuget Sein eingeborner Sohn selber. Er redet in der vergangenen Zeit, und deutet damit nicht nur auf die zurückgelegten Jahre der Welt, sondern auch auf die Ewigkeit, die vor der Welt war. Von Ewigkeit hat Gott, der Alles vorausgesehen, die Welt geliebet. doch, da von Ihm gesagt wird: du, HErr, bleibest, wie Du bist; so darf man auch von Ihm sagen: Er liebet die Welt, das ist, das ganze menschliche Geschlecht, noch, und wird sie lieben.
Nun, möchte man denken, ist Alles schon berichtigt, Gott liebet die Menschen, und will nach dieser Seiner Liebe, daß sie nicht verloren werden, sondern ewiges Leben haben. Was bedarf es dann einer weiteren Anstalt? Allein diese wichtige Sache mußte auch geziemend ausgeführt werden. Gott sieht bei allen Seinen Werken auf Seine Ehre. Zwischen die Liebe also, welche den Sündern ewiges Leben gehen wollte, und zwischen der wirklichen Schenkung des ewigen Lebens mußte um der Ehre Gottes willen etwas hinein kommen, welches diese Schenkung geziemend und rechtmäßig machte und dieses ist die Hingabe des eingebornen Sohnes Gottes, Sein Mittleramt, Seine Gnade.
So weit rückte also Gott mit Seiner Liebe heraus, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab. Der Vater gab den Sohn aus Liebe, und der Sohn gab Sich selbst aus Liebe für die vielen Menschen zur Erlösung. Die Liebe des Vaters und des Sohnes war gleich; denn der Vater liebt den Sohn, wie Sich selbst; und da Er den Sohn gab, war es in Ansehung der Liebe so viel, als ob Er sich selbst gegeben hätte. Er gab Ihn in die Welt herein. Er gab Ihn auch den Menschen, daß Er ihr Lehrer, Haupt, Hirt, König, Fürsprecher, Bräutigam, Licht und Leben sein möchte. Christus heißt der eingeborne Sohn Gottes, um anzudeuten, daß Er Seines Gleichen nicht habe. Da nun derselbe gegeben ist, und Sich selber gegeben hat, so denkt die Welt, es sei nichts mehr übrig, als daß sie so, wie sie ist, der höllischen Verdammniß entrinne und selig werde. Allein, man wünscht ja auch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, welcher den Glauben in der Seele wirkt. Es ist nämlich des himmlischen Vaters Wille, daß diejenigen Sünder, denen Er das ewige Leben schenkt, an Seinen eingebornen Sohn glauben; denn dieser Glaube ist die dankbare Annahme der Gnade Jesu Christi und der Gabe des Lebens. Hiezu ist nun die Gemeinschaft des Heiligen Geistes nöthig, denn dieser Geist heißt der Geist des Glaubens. Er leitet in alle Wahrheit des Evangelii, daß man sie erkenne und glaube. Wenn nun der Mensch durch die Erkenntniß seiner Sünden gedemüthiget, und dabei der Glaube in ihm durch den Heiligen Geist gewirket ist, so neiget sich die Liebe Gottes durch Christum zu ihm herab, und er ergreift sie gleichsam durch den Glauben.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Viel besser, nicht geboren,
Als ewiglich verloren,
Von Gott getrennt sich sehn;
Von keinem Heil nichts wissen,
Vom Licht zu Finsternissen,
Vom Leben zu dem Tode gehen.
2.
Von Freuden in dem Klagen,
Vom Hoffen im Verzagen,
Von Wollust in der Pein,
Von Freiheit in den Banden,
Von Ehren in den Schanden,
Von Ruhe in der Qual zu sein.
3.
Im Fluch auf ewig brennen,
Gott seinen Gott nicht nennen,
O das ist ja betrübt!
Ach Gott, ich flieh’ gerade
Allein zu Deiner Gnade,
Mein Gott, der Du die Welt geliebt!
4.
Du hast den Sohn gegeben,
Im Sohn ein ewig Leben,
Im Sohn will ich Dich fleh’n,
Dich fleh’n um Deine Liebe,
Dich fleh’n aus heißem Triebe:
Laß mich das Heil in Jesu sehn!
5.
Ich war dem Tod zum Raube;
Nun gib mir, daß ich glaube;
Wer glaubt, wird selig sein;
So geh’ ich nicht verloren,
So bin ich neu geboren,
So dring’ ich in das Leben ein!
Gott hat Jesum Christum vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in Seinem Blut. Röm. 3,25.
In dem Allerheiligsten der Stiftshütte und des Tempels war die sogenannte Bundeslade, die einen Deckel hatte, welcher der Gnadenstuhl genannt wurde, und über welcher der HErr zur Zeit Mosis in der Wolkensäule zu erscheinen, und zu reden pflegte. Dieser Gnadenstuhl nun wurde am Versühnungsfest, welches jährlich einmal gefeiert wurde, von dem Hohenpriester mit Opferblut besprengt, 3 Mos. 16. Nun sagt Paulus, Gott habe Jesum Christum zu einem Gnadenstuhl in Seinem Blut vorgestellt. Gleichwie also der Hohepriester und die geschlachteten Opferthiere Vorbilder Christi waren, also war auch der Gnadenstuhl Sein Vorbild. An Ihm selbst ist die Versühnung der Welt geschehen, und Er wurde deßwegen mit Seinem Blut benetzt. Es war nicht nur die Herrlichkeit des HErrn über Ihm, sondern es wohnte die ganze Fülle der Gottheit in Ihm, auch da Er Sein Blut vergoß. Er wurde aber nicht insgeheim, sondern öffentlich als der Gnadenstuhl mit Seinem Blut benetzt; weil es aber nicht alle Menschen sehen konnten, so ließ es Gott allen Menschen durch das Evangelium verkündigen, und schämte Sich dieser Seiner göttlichen Thorheit, wie Paulus redet, nicht, wie sie denn freilich, als die tiefste und höchste Weisheit, aller Menschen Weisheit zur wahren Thorheit macht. Doch ist der HErr Jesus Christus nur demjenigen, der an Ihn glaubt, ein wirklicher Gnadenstuhl, weil der Glaube allein den Menschen fähig macht, die durch Ihn zu Stand gebrachte Versühnung zu genießen.
Lasset uns also auf diesen mit Blut beflossenen Gnadenstuhl glaubig sehen, wenn uns die Anklage des Gesetzes und Gewissens wegen unserer Sünden bange macht. Unsere Bitten und Vorsätze, unsere Kasteiungen, und aller Zwang, den wir uns anthun, das Gethane nimmer zu thun, verschaffen uns die Vergebung der Sünden nicht: wenn wir aber unser Vertrauen auf diesen Gnadenstuhl setzen, uns glaubig darauf berufen, und zu der an demselben geschehen Versühnung Ja und Amen sagen, und zwar auch in der Absicht auf uns: so finden wir Barmherzigkeit, unsere Sünde verschwindet wie ein Nebel, das Licht der Gnade gehet uns auf, und der Zugang zu Gott steht uns offen. Der HErr Jesus hat Sein Blut unter so sonderbaren Umständen vergossen, auch war Sein ganzes Bezeugen in Seinem Leiden so sonderbar, Seine Traurigkeit und Angst so groß, Seiner Worte so wenig, daß man leichtlich erkennen kann, Er sei nicht nur wie ein Märtyrer zum Beispiel für Andere und zur Bestätigung Seiner Lehre gestorben. Durch Ihn und an Ihm selbst ist die Versühnung der Welt mit Gott, oder die Genugthuung für unsere Sünden geschehen. Die Opfer des Alten Testaments, und die Namen Versühnopfer, welche viele unter ihnen tragen, wie auch der Name Gnaden- oder Versühnungsstuhl, welchen Gott selbst dem Deckel auf der Bundeslade beigelegt hat, ja die ganze levitische Opferanstalt hätten keinen vernünftigen Grund, wenn nicht dadurch eine wahre und ewig geltende Versühnung, die durch Christi Leiden, Blut und Tod ausgerichtet werden sollte, vorbildlich angedeutet worden wäre. Christus Jesus, der auch mir als ein Gnadenstuhl in Seinem Blut vorgestellt ist, sei mein Trost in meinem Leben und Sterben. Im Aufsehen auf Ihn darf ich wie der Zöllner beten: Gott sei mir dem Sünder versühnt.
Mel.: Nun sich der Tag geendet hat.
1.
Gott hat uns Jesum vorgestellt
Zu einem Gnadenstuhl.
Das ist, woran ein Herz sich hält;
Hier ist des Glaubens Schul’.
2.
Da wohnet Gottes Herrlichkeit
Auf dem erhab’nen Thron,
Der Vater hat Zufriedenheit
Am Blut von Seinem Sohn.
3.
Hier redet das Besprengungsblut,
Was ewig für uns gilt;
Hier ist des Priesters Weihrauchsgluth,
Der Gottes Tempel füllt.
4.
Die Engel schauen selbst auf Ihn,
Sie wundern sich darob,
Daß Gott mit Sich durch Blut versühn’,
Und singen Ihm ein Lob.
5.
Hie tritt mein Glaube froh hinzu
Zu diesem Heiligthum
Und singt: Du großer Mittler Du,
Nimm ewig Dank und Ruhm.
6.
Mein Lied ist durch Dein Blut geweiht,
Der Glaube gibt den Klang;
Mach's nach dem Vorspiel dieser Zeit
Zum himmlischen Gesang!
Es ist genug. So nimm nun HErr meine Seele. 1 Kön. 19,4.
So betete der Prophet Elia in der Wüste, in welche er wegen der Drohung der Königin Isabel geflohen war. Er hatte vorher, weil die zehn Stämme Israels auf den Baalsdienst verfallen waren, um den HErrn, den Gott Israel, geeifert und in seinem Eifer um eine viereinhalbjährige Dürre gebeten, damit das Volk dadurch gedemühtigt und zum heilsamen Nachdenken gebracht werden möchte. Hernach that er ein Wunder auf dem Berg Carmel, wobei das versammelte Volk schrie: Jehovah ist Gott, Jehovah ist Gott, und hieß die Propheten Baals nach dem Gesetzt Mosis (5 Mos. 8,20.) tödten. Hierauf bat er um einen Regen, welcher auch kam, und lief sodann in die königliche Residenz Jesreel, um da das Weitere zur Zerstörung der Abgötterei und Anrichtung des wahren Gottesdienstes vorzunehmen. Indem er aber mit diesen Gedanken umging, ließ ihm die Königin Isabel mit einer Betheurung sagen: sie wolle ihn tödten lassen, und der König Ahab, der vorher gerührt schien, ja der ganze Hof und das ganze Volk entzogen ihm ihren Schutz. Nun floh Elia, und ging in die arabische Wüste eine Tagreise hinein, setzte sich unter einen Wachholder, und bat, daß seine Seele stürbe. Er stellte sich nämlich vor, sein Eifer um den HErrn Zebaoth sei vergeblich gewesen, und seine angefangene Reformation, die ihm so sehr am Herzen lag, sei in’s Stocken gerathen. Daß sein Gemüth von dieser traurigen Vorstellung eingenommen gewesen sei, beweist seine Rede V. 10., worin er sagte: ich habe geeifert um den HErrn, den Gott Zebaoth; denn die Kinder Israel haben Deinen Bund verlassen, und Deine Altäre zerbrochen, und Deine Propheten mit dem Schwert erwürget, und ich bin allein überblieben, und sie stehen darnach, daß sie mir da Leben nehmen. Er redete also, wie hernach der Messias einmal in der Absicht auf Sein prophetisches Amt gedacht hat: Ich arbeite vergeblich, und bringe Meine Kraft umsonst und unnützlich zu; wiewohl Meine Sache des HErrn und Mein Amt Meines Gottes ist, Jes. 49,4. Hätte Elia eine Frucht seiner Arbeit vor sich gesehen, so hätte er gern noch länger gelebt, und sich die Arbeit, Armuth und Schmach nicht verdrießen lassen: nun aber sagte er: es ist genug, so nimm nun meine Seele. Er bat also um seinen Tod, weil er dachte, er sei auf Erden nichts nütze: allein Gott nahm seine Seele damals nicht weg, und hieß ihn durch einen Engel essen, trinken, und bis an den Berg Sinai gehen, wo Er ihm neue Anweisungen gab, nach welchen er voraus sahe, daß Hasael, Jehu und Elisa nach verschiedenen Weisen die angefangene Reformation unter Israel befördern werden. Auch bekam er V. 18. eine Anzeige von einer schon gegenwärtigen Frucht seines Eifers. Auch jetzt kann ein Knecht Gottes leichtlich in die Vorstellung hinein gerathen, er arbeite vergeblich, und dabei wünschen, aufgelöset zu werden. Allein Gott verbirgt zuweilen vor Seinen Knechten die Frucht ihrer Arbeit, und überhaupt sind Seine Gedanken nicht unsere Gedanken. Wenn ich auch heute bäte: nimm HErr meine Seele, so nähme Er sie vielleicht noch nicht. Er wird sie aber zu der von Ihm selbst erwählten Stunde nehmen; indessen gefällt Ihm doch mein kindisches Verlangen, bald bei Ihm zu sein.
Mel.: Meine Kraft ist hin.
1.
HErr! es ist genug,
Was ich bisher trug;
Ich bin lebenssatt
Und des Leidens müde.
Hier ist doch kein Friede,
Wie der Himmel hat.
2.
Kennt’ ich Jesum nicht,
Der das wahre Licht,
Der das Leben ist,
Würd’ ich um das Leben
Mich nicht sehr bestreben,
Wo Du, Jesu bist.
3.
Doch ich kenne Dich,
Wie getreu Du mich
Bis zum Tod geliebt,
Und daß Dein Versühnen
Mir vor Gott kann dienen,
Der das Leben gibt.
4.
Ja, Du nimmst als Dein
Mensch zum Himmel ein.
Dieses treibt mich an,
Daß ich Dich zu schauen
Sicherlich vertrauen,
Sehnlich wünschen kann.
5.
Hier ist’s nur geschwebt;
Dort heißt’s erst gelebt.
Bring’ mich bald dahin,
Daß ich in dem Lichte
Dir vor dem Gesichte
Und im Leben bin.
6.
Unter Deiner Huld
Laß mich in Geduld
Dir entgegen sehn,
Bis die Zeit verloffen,
Daß Du läß’st mein Hoffen
In Erfüllung gehen.
7.
Du weiß’st, wenn’s genug;
Mir kommt Dein Verzug
Nicht zu lange für.
Nimm nur meine Seele,
Die ich Dir befehle,
Selig ein zu Dir!
Freuet euch in dem HErrn allewege, und abermal sage ich: freuet euch. Phil. 4,4.
Wer Andere zur Freude ermuntern will, muß selbst auch ein fröhliches Gemüth haben, und dieses hatte Paulus, da er den Brief an die Philipper schrieb. Er betete als abwesend mit Freuden für sie, und stand ihretwegen in einer guten Zuversicht, Kap. 1,4.5.6. Er war zu Rom als ein Gefangener: allein auch diesen schmählichen und beschwerlichen Zustand sahe er mit einem heiteren Gemüth an, und rühmte, daß er zur Förderung des Evangelii gerathen sei, V. 12.13.14. Es gab Leute, welche Christum aus Zank und nicht lauterlich (vermuthlich mit einiger Vermengung mit dem Judenthum) verkündigten, und dadurch seine Banden eine Trübsal zuwenden, und die Christen bereden wollten, Paulus habe Christum nicht gepredigt: allein der heitere Paulus schrieb: was ist ihm aber denn? Daß nur Christus verkündiget werde allerlei Weise, es geschehe aus böser Absicht, oder rechter Weise, so freue ich mich doch darin, und will mich auch freuen u.s.w., V. 15/18. Er dachte, indem er diesen Brief schrieb, an das Sterben, aber mit Heiterkeit, V. 20/25. Kap. 2,17.18. Er hatte bei seiner Armuth eine Beisteuer von den Philippern bekommen, darüber war er in einem sehr lautern Sinn sehr froh, und dünkte sich jetzt reich zu sein. Ich habe Alles, sagte er, und habe überflüssig, K. 4,0.18. Er hatte aber auch schon in Ansehung der Nahrung demüthigende Umstände, ja Hunger und Mangel erfahren: allein auch darüber führte er keine wehmüthige Klage, sondern sagte: ich habe gelernt, dieses und das Gegentheil zu ertragen, ich bin dazu eingeweiht, daß ich mich in alle Dinge und in alle Menschen schicken kann. Ich vermag Alles durch den, der mich mächtig macht, Christus, V. 11.12.13. Dieser heitere Paulus nun durfte und konnte an die Philipper unter Anderem schreiben: freuet euch in dem HErrn allewege, und abermal sage ich, damit ihr’s das erstemal nicht flüchtig überhöret: freuet euch. Die Philipper hatten zwar auch ihre Widersacher und Leiden, K. 1.28.29.30. Wenn sie aber dieselben so ansehen konnten, wie Paulus die seinigen; so konnten sie sich doch freuen. Ueberdieß verlangte Paulus nicht, daß sie sich über ihre äußerlichen Umstände freuen sollten, sondern schrieb: sie sollen sich in dem HErrn freuen. Freuen sollten sie sich also, daß sie Jesum zum HErrn haben, der ihretwegen Sich selbst geäußert und erniedrigt habe, und hernach verkläret und über Alles erhöhet worden sei, K. 2. Sie sollten sich freuen, daß sie, wie Paulus, in Ihm eine vollkommene Gerechtigkeit haben, und, weil Er nahe sei (K. 4.5.), bald das Kleinod der Herrlichkeit erlangen werden, K.3., und Gott alles Gute ferner in ihnen wirken, und Sein Werk in ihnen bis zur Vollendung fortführen werde, K.2,13. 1,6. Die Freude, wozu Paulus die Philipper ermunterte, konnte bei der Furcht und dem Zittern stattfinden, dessen er K. ,12. gedenkt, denn auch die Thränen, die Paulus unter dem Schreiben bei dem Anblick der Feinde des Kreuzes Christi vergoß, (K. ,18.), störten seine Freude nicht, welche er empfand, wenn er auf den HErrn sahe. Wenn die Welt fröhlich sein will, so hat sie Geld, Wein, Musiken, Buhlschaften und Anderes dazu nöthig, bleibt aber dabei innerlich leer, und verschuldet sich noch mehr. Die Freude im HErrn erfordert aber nichts Weiteres, als daß ein Christ seinen HErrn kenne, und in Ihm erfunden werde. Sie ist nur bei den Vollkommenen (Phil. 3,15.) allewege.
Mel.: Sollt es gleich bisweilen scheinen.
1.
Wer sich in die Welt zerstreuet
Und sich nicht in Jesu freuet,
Hat die wahre Freude nicht,
Weil das Herz ihm widerspricht.
2.
Jesum glauben, Jesum lieben,
In Geduld die Hoffnung üben,
Mit dem Sinn im Himmel sein,
Das ist Freude ohne Pein.
3.
Wenn Geschlechte dieser Erden
Am Gerichtstag heulen werden,
Wird erst diese Freude groß
Durch ein unvergänglich Loos.
4.
Jesu, das ist Deine Gabe,
Daß ich in Dir Freude habe;
Dank sei Dir und Deinem Geist,
Der das Oel der Freuden heißt.
5.
Freudig glaub’ ich Dein Versühnen,
Hoffe, was noch nicht erschienen,
Liebe mich an Jesu satt,
Dem die Welt nichts Gleiches hat.
6.
Laß mir, wenn ich auch muß weinen,
Nur Dein Licht im Herzen scheinen,
Bis mein Herz nach kurzem Leid
Ewig sich im Licht erfreut.
Darum wachet, denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird. Matth. 25,13.
Die Thüre war verschlossen, Matth. 25,10.: schreckliches Wort! Wahrlich Ich sage euch, Ich kenne euer nicht, V. 12.: schrecklicher Ausspruch! Wann wird jenes geschehen, und dieser Ausspruch gehört werden? Alsdann, wenn der Bräutigam, der auch Richter ist, als ein Menschensohn kommen wird. Wenn wird Er aber kommen? Er sagt selber zu uns: ihr wisset weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird. Wem wird aber die Thüre des Hochzeithauses verschlossen werden? Wem wird das schreckliche Urtheil gelten: wahrlich Ich sage euch, Ich kenne eurer nicht? Denen, die vorher thörichten Jungfrauen gleich gewesen, und geschlafen haben. Darum sagte der Heiland: wachet. Er sagte dieses zu Seinen Jüngern, die den jüngsten Tag nicht erlebten: Er sagt dieses auch uns, und wir sollen dieses Sein Wort annehmen und befolgen. Wenn gleich unser Leben nicht bis an den jüngsten Tag hinreichen wird, so sollen wir doch auch wegen allem demjenigen wachen, was uns auf dem Weg zur unsichtbaren Welt begegnen kann. Wachen sollen wir, damit wir nicht in Anfechtung oder Versuchung, folglich von einer Sünde in die andere fallen, Matth. 26,41. Nüchtern sollen wir sein und wachen, weil unser Widersacher der Teufel auch nicht schläft, sondern wie ein brüllender Löwe umhergeht, und suchet, welchen er verschlinge, damit wir ihm fest im Glauben widerstehen können, 1 Petr. 5,8.9. Auch hat die herrliche Zukunft Christi, von welcher man weder den Tag noch die Stunde weiß, ihre Vorboten bei vielen und bei einzelnen Menschen, von welchen man auch nicht weiß, wann sie daher kommen; weßwegen Christus Offenb. Joh. 3,3. zu einem schlafenden Heuchler sagt: so du nicht wirst wachen, werde Ich über dich kommen, wie ein Dieb, und wirst nicht wissen, welche Stunde Ich über dich kommen werde. Gleichwie also 2 Petr. 3,10. von dem Tag des HErrn, das ist von dem jüngsten Tag, gesagt wird, daß er unvermuthet, und unangemeldet über die Schlafenden wie ein Dieb in der Nacht kommen werde: also sagt der HErr in Ansehung der Vorboten Seiner letzten Zukunft, Er werde über einen Schlafenden wie ein Dieb in der Nacht kommen, und zwar unversehens und unangemeldet. Solche Vorboten sind aber alle schweren Gerichte, und zuletzt bei einem jeden Menschen die letzte Krankheit und der Tod. Gott hätte uns von den zukünftigen Dingen Vieles, und so auch den Tag der herrlichen Zukunft Seines Sohnes ausführlich und deutlich offenbaren können: allein wir wären alsdann weniger zu einer beständigen Wachsamkeit gedrungen gewesen, und diese Wachsamkeit nebst der damit verbundenen Geduld hätte weniger Werth gehabt. So lasset uns also nicht vorwitzig nach zukünftigen Dingen, die uns nicht geoffenbaret sind, forschen. Die Hoffnung und die Furcht ist wegen derselben vergeblich. Lasset uns nur täglich, ja an Einem fort wachen, so wird uns nichts, das kommen wird, schaden. Die Zukunft des Menschen Sohnes selber, welche den Umsturz der ganzen Welt mit sich führen wird, wird uns alsdann nicht schädlich noch schrecklich, sondern heilsam und erfreulich sein.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende.
1.
Wir wissen weder Tag noch Stunde,
Woran des Menschen Sohn erscheint.
Wer nun nicht wacht aus diesem Grunde,
Ist seiner eig’nen Seele feind;
Der HErr befiehlt auf alle Zeit,
Bis daß Er kommt, die Wachsamkeit.
2.
Wenn Jemand tausend Jahre wachte,
Und Er käm’ erst im letzten an,
So wär’s, obgleich der Spötter lachte,
Doch klug und nicht umsonst gethan;
Und wer nicht an dem Tage wacht,
Der schläft gewiß auch bei der Nacht.
3.
HErr! mache Du mich alle Tage
Auf alle Stunden recht bereit,
Daß ich mein Oel stets bei mir trage,
und sei zum Brauttag angekleid’t.
Wenn Du schon kommst, so ist der Rath,
Sich erst zu rüsten, allzuspat.
4.
Ach mache das Gefäß der Seele
Mit einem Glaubensvorrath voll,
Damit mir’s in der Zeit nicht fehle,
Wenn ich entgegen gehen soll;
So schließ’st Du mich vom Hochzeithaus
Nicht in der letzten Stunde aus.
5.
Lehr’ jetzt mich, was mir noth ist, kaufen,
So brennt die Lampe stets bei mir,
Daß ich nicht erst umher darf laufen;
Ich such’ es aber nur bei Dir;
Wer bei Dir sucht, dem schenkest Du,
Und schließ’st Dein Haus vor ihm nicht zu!
Alles und in Allen Christus. Kol. 3,11.
Zur Zeit Pauli bestand die christliche Kirche aus ungleichen Nationen, die einander vorher zu verachten gewohnt waren. Es gab nämlich damals Griechen, das ist gesittete Heiden, welche des römischen Kaisers Unterthanen waren, und viele Künste und Wissenschaften unter sich hatten, unter diese rechnete Paulus auch die Römer, Röm. 1,14.16. Es gab Juden, und diese waren nebst den jüdischen Proselyten beschnitten: da hingegen alle Heiden Vorhaut hatten. Es gab ferner Ungriechen oder Barbaren, das ist Leute, welche noch eine ordentliche Polizei und Wohnplätze hatten, den Griechen aber in der Wissenschaft nicht gleich waren: es gab endlich auch Scythen, welche auf dem Erdboden herumschweiften, und eine wüste, fast thierische Lebensart führten. Von allen diesen Nationen wurden einige der christlichen Kirche einverleibt, und hiedurch wurde erfüllt, was Ps. 87,4.5. geweissagt worden war: Ich will predigen lassen Rahab (das ist den Egyptern, welche zur Zeit Pauli Griechen waren), und Babel, (welches aus Barbaren bestand) daß sie Mich kennen sollen: die Philister und Tyrer sammt den Mohren (welche alle Barbaren waren) werden daselbst geboren. Man wird zu Zion sagen, daß allerlei Leute (auch scypische) darinnen geboren werden, und daß Er der Höchste sie baue. Der HErr wird predigen lassen in allerlei Sprachen, daß deren etliche auch daselbst geboren werden. Neben dieser verschiedenen Abstammung gab es aber auch damals Knechte, das ist Sklaven, und freie Leute, und von beiden Gattungen wurden Viele an Christum glaubig. Wie nun? Sollte der getaufte Jude noch immer den getauften Griechen verabscheuen, und sollte der getaufte Grieche den getauften Ungriechen und Scythen verachten, und durften die glaubigen freien Leute sich immer über die glaubigen Sklaven erheben? Oder durfte man sogar dafür halten, daß Gott selber die Menschen nach dem Unterschied ihrer Abstammung und ihres Standes schätze? Paulus sagte: Nein, und lehrte, im Reich Gottes sei nicht Grieche, Jude, Beschneidung, Vorhaut, Ungrieche, Scythe, Knecht, Freier, d.i. diese Namen machen Niemand werth oder unwerth, sondern Alles und in Allen sei Christus. Das ist, bei einem Jeden komme es nur darauf an, daß er Christi theilhaftig sei, und in Ihm erfunden werde. Christus mache Alle ehrlich. Durch Christum werden sie alle gerecht, und Gottes Kinder. Alle bekommen gleiche Rechte durch Ihn in Seinem Reich. Auch jetzt wird das Evangelium Leuten gepredigt, welche Barbaren und Scythen heißen können, oder wirkliche Sklaven sind, zu geschweigen, daß das Christenvolk von sehr verschiedenen Nationen abstammt. Ein Christ sieht aber auch in der Nähe Reiche und Arme, Vornehme und Geringe, Gelehrte und Ungelehrte, ehlich und unehlich erzeugte Menschen. Hier soll er nun denken: Alles und in Allem Christus. Das Wohlgefallen, das der himmlische Vater an Seinem Sohn Christo hat, fließt auf alle diejenigen, aber auch nur auf alle diejenigen, die an Seinen Sohn glauben, und Seinen Geist und Sinn haben. Wer’s im Reich Gottes hoch bringen will, muß es in dem Glauben an Christum und in der Gleichförmigkeit mit Ihm weit bringen; und dieses kann der Arme wie der Reiche, der Ungelehrte wie der Gelehrte. So sei denn auch mein tägliches Bestreben, Christum zu gewinnen, und in Ihm erfunden zu werden.
Mel.: Gott sei Dank in aller Welt.
1.
Keine Weisheit macht mich froh,
Keine Kunst erheb’ ich hoch,
Keine Klugheit heiß’ ich fein:
Alles soll mir Jesus sein.
2.
Keine Schätze sind gewiß,
Keine Wollust ist mir süß,
Keine Ehre gibt mir Schein:
Alles kann mir Jesus sein.
3.
Keine Treue acht’ ich fest,
Keine Gnade, die mich tröst’,
Keine Liebe nimmt mich ein:
Alles mag mir Jesus sein.
4.
Keine Menschen retten mich,
Keinen Engel flehe ich,
In mir selber hätt’ ich Pein:
Alles muß mir Jesus sein.
5.
Mein Gerechtsein nützt mich nicht,
Mein Ruhm schwindet im Gericht,
Mein Blut machte mich nicht rein:
Jesus will mir Alles sein.
6.
Sonst bedarf ich weiter nichts,
Keines Lebens, Heils und Lichts,
Auch im Himmel wird allein
Gott und Jesus Alles sein.
Gott gebe euch erleuchtete Augen eures Verständnisses, daß ihr erkennen möget, welcher da sei der Reichthum Seines herrlichen Erbes an Seinen Heiligen. Eph. 1,18.
Gott hat uns das Erbe, welches den Wiedergebornen im Himmel behalten ist, mit vielen Worten und nach mancherlei Weisen in der Bibel beschreiben lassen: es sind aber erleuchtete Augen des Verständnisses nöthig, um den Reichthum dieses herrlichen Erbes zu erkennen. Warum wird es ein Erbe genannt? Ein Erbe bekommt man umsonst. Wer sich noch einbildet, er verdiene etwas, und mache Gott durch seine Werke oder Leiden zu seinem Schuldner, versteht noch gar nicht, was dieses Erbe sei. Ein Erbe bekommt man aber nach dem Kindesrecht. Wie wird man aber ein Kind Gottes? Wie empfindet und bewahrt man die göttliche Kindschaft unter den mancherlei Zufällen des menschlichen Lebens? Dieses erkennet Niemand ohne Erleuchtung und Erfahrung. Gott hat das Erbe für Seine Heiligen bestimmt. Welches sind denn die Heiligen Gottes? Wie unterscheiden sie sich von den übertünchten Todtengräbern, deren jetzt die Welt voll ist? Wer versteht ihre Würde, ihre Niedrigkeit, ihre Empfindungen, ihre eigenen Leiden? Niemand, als wer erleuchtet, und selber ein Heiliger Gottes durch die Gnade ist. Das Erbe, das Gott Seinen Heiligen bereitet hat, ist herrlich, und die Herrlichkeit ist bei demselben nicht sparsam angebracht, so daß nur hie und da ein kleiner Glanz hervorleuchtete: sondern es ist ein Reichthum der Herrlichkeit vorhanden. Man sehe nur das neue Jerusalem an, wie es Off. Joh. 21. und 22. beschrieben ist. Welch’ ein Reichthum der Herrlichkeit ist an demselben wahrzunehmen! Gassen von Gold, Thore von Perlen, Gründe von Edelsteinen, Mauern von Jaspis. Freilich wird jenes Gold nicht wie unser unreines und undurchsichtiges Gold sein, auch werden die Perlen und Edelsteine den irdischen nicht gleich sein. Es wird aber ein Gold von einer himmlischen Feinheit, es werden Perlen und Edelsteine von einer himmlischen Vortrefflichkeit sein. Ueberdieß wird der Thron Gottes, der jenes Alles übertrifft, in dieser Stadt sein. Was aber noch das Allerhöchste ist, so wird der HErr der Allmächtige und das Lamm selber der Tempel in dieser Stadt sein, die Herrlichkeit Gottes wird sie erleuchten, und ihre Leuchte wird das Lamm sein. Seine Knechte werden Ihm dienen, und sehen Sein Angesicht, und Sein Name wird an ihrer Stirne sein, und sie werden als Könige regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. Ist dieses nicht ein Reichthum der Herrlichkeit? Und zwar der Herrlichkeit des Erbes? Denn wer überwindet, der wird’s Alles ererben. Wer erkennt aber diesen Reichthum? Kein Sterblicher erkennt ihn vollständig. Auch die Heiligen auf Erden denken und reden wie Kinder davon, und haben eine Erkenntniß, die ein Stückwerk heißt und aufhören wird. Doch haben sie eine wahre und kräftige Erkenntniß, zu deren kindischer Schwachheit sich der große Gott durch bildliche Vorstellungen und Gleichnißreden herabgelassen hat. Sie bekommen auch zu dieser Erkenntniß von Ihm erleuchtete Augen des Verständnisses. Ihnen ist also die Beschreibung des ewigen Erbes und Seiner reichen Herrlichkeit so klar und so eindrücklich, daß sie zur Beweisung der Geduld in der Hoffnung dadurch gestärkt werden.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Der Reichthum, den einst erben
Die Heiligen im Licht,
Glänzt ihnen, eh’ sie sterben,
Schon herrlich in’s Gesicht.
Das macht sie so geflissen,
Weil sie im Glauben wissen,
Was ihnen Gott verspricht.
2.
Was soll die Erde taugen?
Sie ist zu arm und klein;
In den erleucht’ten Augen
Muß viel was Größ’res sein;
Ein Himmel voll von Gaben,
Die man soll ewig haben,
Der leuchtet besser ein.
3.
Der Mensch kann das nicht sehen;
Er will nicht, und ist blind;
Der Christ nur kann verstehen,
Was das für Güter sind;
Er bittet, daß er’s lerne;
Doch red’t er in der Ferne
Davon noch, wie ein Kind.
4.
Wie herrlich sind die Kronen,
Die man vom Siegen hat!
Wie herrlich ist’s, zu wohnen
In einer güld’nen Stadt!
Wie herrlich ist die Freude,
Man wird von reichster Weide
Bei Lebenswassern satt!
5.
Durch Thun wird’s nicht erworben;
An Christi Kreuz allein
Ist dieß uns anerstorben,
Ein Erbe mit zu sein.
HErr! mach’, es einzuschauen,
Das Herz mir voll Vertrauen,
Die Augen hell und rein!