Unter allen Leiden sind die Gebrechen und Krankheiten des Leibes die gewöhnlichsten; denn sie sind die Vorboten des Todes, welcher zu allen Menschen hindurchgedrungen ist, weil sie alle gesündiget haben. Es gibt Leute, welche lang einen siechen, gebrechlichen und schwachen Leib herumtragen; und wenigstens erfahren diejenigen, die alt werden, daß die bösen Tage bei ihnen kommen, und die Jahre herzutreten, von denen man sagen muß: sie gefallen mir nicht; weil alsdann ihre Leiber diejenigen Schwachheiten und Gebrechen bekommen, die Salomo Pred. Sal. 12,2-6. beschreibt. Von Abraham steht geschrieben, daß er abgenommen habe, ehe er gestorben sei, 1 Mos. 25,8. Isaak hat etlich und zwanzig Jahre vor seinem Ende schon so blöde Augen gehabt, daß er seine beiden Söhne Esau und Jakob nicht mehr hat erkennen können (1 Mos. 27,1.22.23.). David hat in seinem Alter eine besondere Kälte an seinem Leib empfunden, I Kön. 1,1. Und es ist kein Zweifel, daß alle Patriarchen, Propheten und Apostel, die ein hohes Alter erreicht, dergleichen Beschwerden und Schwachheiten erfahren haben. Ist es nun diesen Lieblingen GOttes so gegangen: warum wollten sich andere, die größere Sünder sind, weigern, solche Dinge zu leiden? Uebrigens thut die heilige Schrift auch vieler siechen und gebrechlichen Leute, nämlich vieler Blinden, Lahmen, Tauben, Aussätzigen u. dergl. Meldung, deren viele noch kein hohes Alter mögen erreicht haben, und es ist kein Ort und keine Zeit, da nicht Leute gesehen werden, die mit einem merklichen Leibesgebrechen beladen sind, oder über eine anhaltende leibliche Schwachheit zu Nagen haben. Von diesen sind aber diejenigen unterschieden, die mit heftigen Krankheiten überfallen werden, welche ihnen entweder bald den Tod bringen, oder bald durch die Wiedergenesung geendiget werden.
Vor diesen Leiden schützt kein Reichthum und kein Ehrenstand; ja es zeigt die Erfahrung, daß arme und geringe Leute von der Gesundheit insgemein mehr genießen als Reiche und Vornehme.
Wer nun ein Leiden an seinem Leib zu empfinden anfangt, wende sich alsbald zu GOtt, und flehe zu ihm, wie der König Hiskias gethan hat, Es. 38. Dasjenige, um was man bitten darf, ist vornehmlich das Heil der Seele und die Vergebung der Sünden; wie dann Hiskias, nachdem er seine Krankheit überstanden hatte, bekannte: „siehe, um Trost war mir sehr bange: du aber, o GOtt, hast dich meiner Seele herzlich angenommen, daß sie nicht verdürbe; denn du wirfest alle meine Sünden hinter dich zurück,“ Jes. 38,17. Diesen Sinn hatte auch der Gichtbrüchige, der auf seinem Bettlein zu Jesu gebracht wurde; weßwegen der HErr JEsus, ehe er ihn gesund machte, zu ihm sagte: „sei getrost mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben,“ Matth. 9, 2. Was würde es auch dem Menschen am Ende helfen, wenn ihm GOtt einmal über das andere zu seiner vorigen Gesundheit verhülfe, dabei aber die Sünde nicht vergäbe? Würde er nicht zuletzt doch ohne Trost und Hoffnung sterben, und zur Hölle fahren müssen? Wer also eine Krankheit oder Schwachheit an seinem Leibe zu spüren beginnet, glaube, daß er dadurch zur Buße berufen werde, und daß er nichts besseres thun könne, als wenn er gleich Anfangs seinen vorigen Lebenswandel untersucht, in sein eigenes Herz geht, und GOtt ernstlich und anhaltend um Vergebung aller seiner erkannten und unerkannten Sünden bittet. Sagt doch die Schrift: „HErr, wenn Trübsal da ist, so sucht man dich (o GOtt), und wenn du sie züchtigest, so rufen sie ängstiglich,“ Jes. 26,16. Warum sollte aber dieses nicht vornehmlich in Krankheiten geschehen, die den Leib unmittelbar betreffen, und das Leben in Gefahr setzen? Und zwar soll es geschehen, ehe die Krankheit überhand nimmt, ehe die Schmerzen allzuheftig, und die Sinnen schwach werden, und ehe ein unvermutheter Tod an der Gnadenzeit ein Ende macht. Viele verschließen ihre Ohren und Herzen vor dem Wort GOttes, und widerstreben dem heiligen Geist, so lang sie eine Hoffnung zur Genesung haben; eben als wenn es nur gut wäre, dem HErrn Jesu zu sterben, nicht aber ihm zu leben. Es sind aber dieses thörichte und unselige Leute; denn zu geschweigen, daß die Hoffnung der Genesung keine Gewißheit ist, und daß bei den meisten Krankheiten der Tod vollends schnell kommt, wenn die Hoffnung der Genesung aufhört, und alsdann keine Bekehrung mehr möglich ist: so muß es auch dem treuen GOtt und Heiland sehr mißfallen, wenn der Mensch die Zukehr zu ihm oder die Bitte um seine Gnade so lang als möglich aufschiebt: als ob sie ein großes Uebel wäre. Wenn ein Mensch auch gewiß wüßte, daß er noch so lang leben werde als Methusalah gelebt hat: so sollte er sich doch ohne Aufschub bekehren, damit er 969 Jahre in der Gnade und im Frieden GOttes leben und viel Gutes thun könnte, wovon er hernach in der Ewigkeit eine reiche Erndte einzusammeln hätte. Nun weiß aber niemand, wie lang er noch zu leben habe: weil ein Gesunder plötzlich sterben, und eine jede Schwachheit und Krankheit des Leibes durch einen neuen Zufall tödtlich werden kann. Besinne dich also, mein lieber Christ, der du durch eine leichte oder schwere Krankheit an deine Sterblichkeit gemahnet wirst, wie es mit deiner Seele stehe, sprich nicht im Leichtsinn oder in der Ungeduld: mich hält nichts auf; das Leben ist mir entleidet; wenn ich nur stürbe! sondern besinne dich auch, wohin deine Seele fahren würde, wenn sie jetzt vom Leib scheidete. Hast du Vergebung deiner Sünden? Stehest du mit GOtt und Menschen im Frieden? Ist ein Anfang der Heiligung in dir gewirket, ohne welche niemand GOtt schauen kann? Hast du das Siegel der göttlichen Kindschaft, das Pfand der göttlichen Liebe, das Angeld des himmlischen Erbes, nämlich den heiligen Geist empfangen? Zweifelst du daran, oder weißt du gar gewiß, daß es dir an diesem allem noch fehle: so demüthige dich eilends vor GOtt, suche sein Angesicht mit Bitten und Flehen, hungere und dürste nach seiner Gnade, und lasse du überhaupt deine Bekehrung einen wahren Ernst sehn. Halte damit an. wenn sich auch eine Besserung bei deiner Krankheit ereignete, weil sie doch auch unvermuthet wieder umschlagen und gefährlicher werden könnte. Zerstreue dich nicht mit unnützlichen Gesprächen, wozu du durch eitele Freunde, wenn sie dich besuchen, verleitet werden könntest, sondern veranlasse lieber, daß diejenige, die zu dir kommen, schweigen, oder etwas Erbauliches reden. Berufe auch deinen Beichtvater zu dir, wenn er nicht von selbst kommt, und denke nicht aberglaubischer Weise, daß sein Besuch ein Zeichen des Todes sei. Gib ihm Gehör, wenn er dir den Weg zum Leben weiset. Zürne nicht, wenn er dich an deine Sünden mahnet; folge, wenn er dich in der rechten Ordnung tröstet. Hast du vorher mit jemand in Feindschaft gelebt, so versöhne dich mit ihm. Hast du unrechtes Gut unter deinem Vermögen, so thue es von dir. Hast du den Deinigen etwas anzubefehlen, so bestelle auch in diesem Stück dein Haus, und erwarte mit Gelassenheit, zu was für einem Ausgang GOtt deine Krankheit lenken werde.
Wer in seiner Krankheit heftige Schmerzen leidet, darf wie Hiskias (Jes. 38,14.) beten: „ HErr, ich leide Noth, lindre mir's,“ und wer ein Verlangen nach einem längern Leben in sich empfindet, darf GOtt auch um neue Gesundheit und Verlängerung des Lebens bitten: wobei doch nöthig ist, nicht nur mit dem Munde zu sagen, sondern auch im Herzen hinzuzudenken: „HErr, nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe;“ denn obwohl ein Mensch einige Ursachen anfuhren könnte, warum es ihm nöthig und nützlich zu seyn dünke, daß er länger lebe: so sind doch oft GOttes Gedanken nicht unsere Gedanken, und seine Wege nicht unsere Wege; und so unermeßlich hoch der Himmel über die Erde erhaben ist: so unermeßlich höher, vortrefflicher, weiser und heiliger sind GOttes Gedanken als unsere Gedanken, und GOttes Wege als unsere Wege. Wer aber doch meint, seine Stunde zum Sterben sei noch nicht gekommen, mache einen Versuch, und bitte den HErrn um Verlängerung des Lebens. Er thue es aber mit aller Demuth, und möglichster Aufopferung des eigenen Willens. Wenn dir der HErr auch nicht willfahren wird; so wird er dir doch nicht unfreundlicher antworten, als er der Salome und ihren Söhnen geantwortet hat: zu welchen er in einem solchen Fall nur sagte: „ihr wisset nicht, was ihr bittet,“ Matth. 20,22. Ja wenn er dir auch deine Bitte nicht gibt, so wird er dir dagegen etwas besseres geben: und du wirst also nicht umsonst gebeten haben.
Bei diesem allem ist es rathsam, daß man, wenn man es anders vermag, einen Arzt um Rath frage, und Arznei brauche: „denn der HErr lasset die Arznei aus der Erde wachsen, und ein Vernünftiger verachtet sie nicht. Ward doch das bittere Wasser süße durch ein Holz, auf daß man seine Kraft erkennen sollte (2 Mos. 15, 25.); und er hat solche Kunst den Menschen gegeben, daß er gepreiset würde in feinen Wunderthaten. Damit heilet er und vertreibet die Schmerzen, und der Apotheker machet Arznei daraus, Sirach 38,4-7. Gleichwie nämlich GOtt, wie Sirach sagt, das bittere Wasser zu Mara durch ein Holz süß gemacht, und gleichwie Christus durch seinen Speichel Blinde sehend gemacht, und gleichwie Jesaias durch ein Pflaster von Feigen den König Hiskia geheilet hat (Jes. 38, 21.), da dieses alles auch unmittelbar hätte geschehen können: also schenkt GOtt heutiges Tages vielen Kranken durch Arzneien eine Linderung ihrer Pein, oder eine Verlängerung ihres Lebens; obschon seine Allmacht auch ohne die Arzneien helfen könnte. Wer es also vermag und Gelegenheit dazu hat, soll sich derselben als rechtmäßiger Mittel, die GOtt schon oft gesegnet hat, bedienen: doch nicht wie der König Assa, der in seiner Krankheit nur die Aerzte und nicht den HErrn gesucht hat, 2 Kön. 16,12. Man suche also zuerst den HErrn im Gebet, und hernach die Aerzte als seine Diener, die nicht mehr vermögen, als ihnen GOtt gelingen läßt. Am allerwenigsten soll man sich aberglaubischer und zauberischer Mittel bedienen, als durch deren Gebrauch man GOtt verläßt und verläugnet, und noch mehr als vorher unter die Gewalt des Teufels geräth. Wenn es auch scheinen möchte, daß dadurch eine leibliche Hülfe geschähe: so ist doch der Schaden, den man an seiner Seele leidet, unermeßlich größer als jene leibliche Hülfe, und diese wahret gemeiniglich auch nicht lang, und ziehet einen desto gewisseren Jammer nach sich. Hiob ist von dem Satan an seinem Leibe angetastet worden. Paulus hat von demselben Faustschläge erlitten s2 Cor. 12, 7.), und ein gewisses Weib ist durch einen bösen Geist, welchen Lukas einen Geist der Krankheit nennet, gebunden oder contrakt gemacht worden (Luc. 13,11.): man liest aber nicht, daß Hiob oder Paulus oder dieses Weib bei Zauberern wider den Satan Rath und Hülfe gesucht haben. Nein, sie haben GOtt vertrauet und angerufen; und dieser hat ihnen auch zur rechten Zeit geholfen. Ihre Hülfe stund im Namen des HErrn, der Himmel und Erde gemacht hat, und dem alle sichtbaren und unsichtbaren Dinge unterworfen sind.
Endlich ist in Krankheiten nichts nötiger, als daß man des leidenden Heilands fleißig gedenke; wozu aber freilich die Wirkung des heiligen Geistes nöthig ist. Wem aber dieser Tröster JEsum vor die Augen malet, wie er am Oelberg gezittert und gezagt, und auf der Erde gelegen, und blutigen Schweiß geschwitzet, oder wie er gegeißelt und mit Dornen gekrönet worden, oder wie er nackend am Kreuz gehangen, große Schmerzen empfunden, Durst gelitten und von seinem GOtt eine Zeit lang verlassen gewesen; wem, sage ich, der heilige Geist JEsum vor die Augen malet, der wird geduldig seyn, und auf die Hülfe des HErrn harren können. Wollte je dabei der Eigenwille noch widerstreben: so könnte der heilige Geist den Menschen mit einer gerechten Schärfe erinnern, daß er mit allen denjenigen Gliedern gesündiget habe, an welchen er nun die Züchtigung GOttes empfinde. Endlich wer von einer Krankheit gesund worden ist, lasse sich gesagt seyn, was Ps. 107,17 u. ff. steht: ,die Narren, so geplagt waren um ihrer Uebertretung willen, und um ihrer Sünde willen; daß ihnen eckelte vor aller Speise, und wurden todtkrank, und sie zum HErrn riefen in ihrer Noth, und er ihnen half aus ihren Aengsten; er sandte sein Wort, und machte sie gesund, und errettete sie, daß sie nicht starben; die sollen dem HErrn danken um seine Güte und um Wunder, die er an den Menschenkindern thut, und Dank opfern, und erzählen seine Werke mit Freuden.“ Auch soll ein solcher Mensch zu Herzen nehmen, was der Heiland Joh. 5,14. zu einem Juden gesagt hat: „siehe zu, du bist gesund worden, sündige fort nicht mehr, daß dir nicht etwas ärgeres wiederfahre.“ Ingleichem was David Ps. 50,14. gesagt hat: „opfere GOtt Dank, und bezahle dem Höchsten deine Gelübde,“ das ist, halte das Versprechen, das du in der Krankheit gethan hast. Er soll also dem HErrn leben, damit er dem HErrn dereinst auch sterben könne.
–Gottfried Arnolds christlicher Rath und Unterricht für Kranke und Sterbende, Anhang zu dessen Paradiesischem Lustgarten oder Gebetbüchlein.–
Himmlischer Vater! Es ist dir gefallig, mich mit einer Krankheit zu züchtigen, und dadurch anzumahnen, daß nicht nur die Erbsünde in meine Natur eingedrungen sei, sondern daß ich auch meine Glieder oft zum Sündigen mißbraucht habe. Ich beuge mich deßwegen unter deinen Willen, und bekenne, daß derselbe gerecht, ich aber ein Sünder sei. Vergib Mir nun meine Sünden, und laß mir Gnade wiederfahren um deines Sohnes Jesu Christi willen. HErr, gehe nicht ins Gericht mit mir; denn vor' dir ist kein Lebendiger gerecht. Nimm dich meiner Seele herzlich an, daß sie nicht Verderbe, und wirf alle meine Sünden hinter dich zurück. Ach HErr, weß mag ich mich trösten? Ich hoffe auf dich. Errette mich von aller meiner Sünde, und laß mich nicht zu Schanden oder den Gottlosen ein Spott werden. Ich will schweigen und meinen Mund nicht aufthun; du wirst's wohl machen. Wende deine Plage von mir; denn ich bin verschmachtet von der Strafe deiner Hand. Wenn du einen züchtigest um der Sünde willen: so wird seine Schöne verzehret wie die Motten. Ach wie gar nichts sind doch alle Menschen! Höre mein Gebet, HErr, und vernimm mein Schreien, und schweige nicht über meine Thränen; denn ich bin beide dein Pilgrim und dein Bürger wie alle meine Vater. Laß ab von mir, daß ich mich erquicke, ehe denn ich hinfahre und nicht mehr hie bin, Ps. 39,8-14. Schenke mir und denen, die meiner Pflegen, Geduld, und schaffe, daß beiderseits eine Frucht deiner Züchtigung entstehe. Weißest du, daß die Verlängerung meines Lebens m deiner Ehre gereiche, und mir und andern heilsam sei: so stärke meine Kräfte, segne die Mittel, die ich zu meiner Genesung gebrauche, und errette mein Leben vom Verderben. Mache mich aber alsdann auch tüchtig zu deiner Ehre zu leben, und als ein guter Baum gute Früchte zu tragen. Ist aber mein Ende nach deinem Rathschluß nahe, so bereite mich vollends zu, daß ich im Frieden und mit Freude hinfahren könne, wirke noch alles in mir, was zum seligen Sterben nöthig ist, und laß die kurze Zeit, die ich noch übrig habe, eine gesegnete Gnadenzeit für mich seyn. Laß deine Hand nicht allzuschwer auf mir liegen, lindre meine Pein, und wenn mein Ende kommt, so nimm meine Seele in Gnaden, und lasse sie zur Ruhe kommen in einer der Wohnungen, die in deinem himmlischen Haus sind. Ja zeuch mich zu dir, du erhöhter Heiland, daß ich deine Herrlichkeit schaue, welche dir der Vater gegeben hat. Amen.
Nachdenken über sich selbst am Anfange einer Krankheit.
1. Die Krankheit, meines Leibes Plage,
Mahnt mich an's Ende meiner Tage
Und an ihr Ziel, die Ewigkeit.
Ach daß (wer weiß wie nah mein Ende?)
Ich jeden Augenblick verwende
Zur Sorge für die Seligkeit!
2. Wie sind die Worte meines GOttes
So wahr: der Mensch, ein Raub des Todes,
Ist nichts als Asche nur und Staub,
Und seine schwache Leibeshütte
Gleicht einer Blume, die kaum blühte,
Und bald nichts ist als welkes Laub!
3. Ach GOtt! wer glaubt's? vielleicht sind morgen
Schon dieses Erdenlebens Sorgen
Für mich ein Traum! vielleicht noch heut!
Vielleicht muß ich noch heute gehen!
Wie aber, bin ich zu bestehen
In jener Welt auch schon bereit?
4. Ach haben sich die guten Stunden
Schon ehmals bei mir eingefunden,
Da ich die Sünden recht bereut,
Und GOtt um Gnad geflehet habe,
Und um des beilegen Geistes Gabe,
Und Hab ich diese auch noch heut?
5. Ist meine Heil'gung angefangen?
Und war dem Guten anzuhangen,
Die Welt und ihre Lust zu flieh'n.
Das Arge an mir selbst zu hassen,
Von jeder Sünde abzulassen
Mein immer wachsendes Bemüh'n?
6. O GOtt! ich sehe deine Winke.
Du hast, damit ich das bedenke
Mich nicht so plötzlich weggerückt:
Dein guter väterlicher Wille
Hat mir auch diese Krankheits-Stille
Zu meinem Heil noch zugeschickt.
7. Ach! Gott hilf, daß ich nichts versäume!
Bewahre mich, daß ich nicht träume
Von Leben und von Seligkeit,
Und so mich jämmerlich betrüge,
Und im Betrug entgegen fliege
Der grenzenlosen Ewigkeit.
8. Entdecke mir noch meine Blöße,
Und zeig mir durch dein Licht die Größe
Der aufgehäuften Sündenschuld:
Doch laß mich Gnade bei dir finden,
Vergebung aller meiner Sünden
Erbitt ich mir von deiner Huld.
9. Dich, Jesu, möcht' ich gern gewinnen,
Dich fühlen und auch halten können.
Ach gib dich mir und nimm mich hin.
Ich suche dich: komm mir entgegen;
Nimm weg den Fluch, gib mir den Segen,
Weil ich von dir erlöset bin.
10. Sei du mein Labsal, meine Wonne,
In finstern Nächten meine Sonne,
Mein Trost und Helfer in der Noth.
Laß keinen Feind von dir mich scheiden.
Und wenn ich ja den Tod soll leiden:
So sei mein Leben in dem Tod.