Du bist mein Gott, ich danke Dir, mein Gott, ich will Dich preisen. Ps. 118,28.
Es ist etwas Erquickliches, wenn man glaubig zu Gott sagen kann: Du bist mein Gott. Was ist Gott? Was bedeutet das Wörtlein mein? Kein menschlicher Verstand kann die Antworten auf diese beiden Fragen vollkommen ausdenken. Gott ist ein unermeßliches gutes Wesen. Er ist ein Licht, und in Ihm ist keine Finsterniß, Er ist Liebe, Er ist Vater, Erlöser, König, Fürsprecher, Haupt, Hirte, Bräutigam, Tröster. Wenn man nun zu allen diesen Namen das Wörtlein mein setzen kann, welch’ eine Wonne, welch’ ein Trost ist das! Das Wörtlein mein deutet an, daß Gott Sich gegen mich so beweiset, wie Sein Name anzeiget, oder daß ich Ihn so erkennen und genießen darf, wie Er Sich in Seinem Wort geoffenbaret hat. Dreimal sagte die Sulamith im Hohenlied: mein Freund ist mein, zweimal setzte sie hinzu: und ich bin sein; das drittemal aber: und er hält sich auch zu mir, oder: er hat eine Neigung zu mir. Christus sagte mehrmals zu den Menschen: euer Vater, und hieß sie beten: unser Vater, und sprach nach Seiner Auferstehung: Ich fahre auf zu Meinem Vater, und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott. Die Apostel reden oft in ihren Briefen von unserm HErrn Jesu Christo; und obschon der Heilige Geist niemals unser Geist genannt wird, so wird doch von Ihm gesagt, daß Er uns gegeben, und in unsere Herzen gesandt werde. Alle diese Ausdrücke zeigen an, daß die Erkenntniß und die Verehrung des Dreieinigen Gottes bei uns nicht trocken und kaltsinnig bleiben dürfe, sondern daß sie mit einer glaubigen Zueignung und Annahme und zugleich mit einem Genuß verbunden sein solle. Darauf folgt Ruhe der Seele, Geistesstärke, Ergebenheit an Gott, Vereinigung mit Gott, Verlangen nach einem noch völligeren Genuß, und bei der Anbetung Gottes viel Dank gegen Gott, und viel Lob Gottes; wie denn auch in dem obenstehenden Spruch gesagt wird: ich danke Dir mein Gott, ich will Dich preisen, und hernach: danket dem HErrn, denn Er ist freundlich, und Seine Güte währet ewiglich. Ich will mich auch am Anfang dieses Monats freuen, daß der HErr mein Gott ist, und Ihm danken. Ein Reicher mag ich freuen, wenn er sein Geld und seinen Hausrath und seine liegenden Güter ansehen, und davon sagen darf: dieses Alles ist mein, ein Andrer mag ich seiner Gönner und seiner Lieblinge freuen: ich freue mich dessen, daß der HErr Sich nicht schämet, mein Gott zu heißen, und daß ich durch Christum, den verworfenen Stein, der zum Eckstein geworden ist, das Gnadenrecht erlangt habe, Ihn meinen Gott zu nennen. Jetzt erkenne und genieße ich Ihn ungefähr so, wie man die Sonne bei dem dicksten Nebel erkennt und genießt. Man sieht sie nicht, man genießt auch ihren Glanz nicht völlig, doch weiß man, daß sie über dem Horizont sei, fühlt etwas von ihrer Wärme, und genießt etwas von ihrem Licht. In der seligen Ewigkeit aber wird der Nebel vergangen sein. Alsdann wird die Herrlichkeit Gottes den Gerechten wie eine unvergleichlich reine und unermeßliche Sonne leuchten, und sie werden sie unmittelbar und ohne Verletzung ihrer Augen sehen, und viel näher als jetzt zu ihr hingerückt sein. Alsdann wird völlig klar sein, welch’ eine unendliche Seligkeit es sei, wenn man zu Gott sagen kann: Du bist mein Gott. Hallelujah.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’.
1.
Zu Gott zu sagen: HErr mein Gott,
Ist eine theure Gnade.
An fremdem Troste kriegt man Spott,
Er ist den Seelen Schade.
Weiß aber ich, Gott sei auch mein,
Ist’s ewig g’nug an Ihm allein,
Ich kann nichts Bessers haben.
2.
In solch’ Wort darf der Glaube nur
Durch Jesum Christum brechen,
Der nach dem Tod gen Himmel fuhr,
Und uns so lehrte sprechen;
Das Zeugniß gibt der Geist hiebei,
Daß Sein Gott unser Gott auch sei,
Sein Vater unser Vater.
3.
Ich bin denn dieser Gnade froh,
Mein Glaube darf es wagen,
Und zu des Sohnes Vaters so
In Seinem Geist sagen.
Dieß sei ein ew’ger Psalm in mir:
Du bist mein Gott, ich danke Dir,
Mein Gott, ich will Dich preisen!
Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Ihm selber, und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu, und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. 2 Kor. 5,19.
Paulus schrieb dieses in der Rücksicht auf die Zeit des Leidens und Todes Christi, wodurch Er für uns zur Sünde oder zu einem Sündopfer gemacht war, wie er am Ende dieses Kapitels sagt. Christus war nicht der Vater, aber doch war der Vater in Ihm, und Er in dem Vater, Er selbst war das wesentliche Wort, das Gott ist, Er war der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. Er war zwar nicht der Heilige Geist, aber doch war dieser Geist über Ihm und in Ihm. Er war Sein Geist, da Er hingegen keines andern Menschen Geist genannt wird. In Christo wohnte also damals und wohnet noch jetzt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, das ist, die ganze Gottheit wohnet wesentlich in Ihm. Gott war in Christo, nicht nur Seine eigene göttliche Natur, wiewohl diese allein mit dem Fleisch zu Einer Person vereinigt war. Gott aber, oder das ganze göttliche Wesen, das in Christo war, versöhnte die Welt mit Ihm selber. Eine jede göttliche Person war nach ihrem persönlichen Charakter bei dieser Versöhnung wirksam, und diese Versöhnung widerfuhr der Welt, die Gottes Feindin gewesen war. Man kann nicht sagen, daß in der Zeit der Erniedrigung und des Todes Jesu, auf die Paulus zurücksieht, die Welt wirklich bekehrt und zur Liebe Gotte herumgelenkt worden sei; denn die Wenigen, welche das Wort Christi annahmen, und der Schächer am Kreuz, der allein zur Zeit des Leidens Jesu gewonnen wurde, waren nicht die Welt, sondern ein sehr kleiner Theil der Welt. Gott versöhnte aber die Welt mit Ihm selber durch den Tod Jesu (Röm. 5,10.), durch welchen Er ein Sündopfer für uns wurde. Feinde hatten diese Versöhnung nöthig, und die unmittelbare Frucht derselben war diese, daß Gott ihnen ihre Sünden nicht zurechnete. Wie aber? Hat denn Gott zur Zeit des Todes Jesu allen Seinen Feinden, welche mit einander die Welt waren, ihre Sünden wirklich vergeben? Hat Er sie wirklich begnadigt? Nein, denn Er hat hernach erst das Wort von der Versöhnung aufgerichtet, oder das Evangelium predigen lassen, damit die Menschen durch den Glauben die Gnade oder Vergebung der Sünden erlangen könnten. Wiefern hat also Gott Seinen damals mit Ihm versöhnten Feinden ihre Sünden nicht mehr zugerechnet? So, daß diese Sünden den Antrag der Gnade durch da Evangelium nicht hindern sollten, und nun Gott durch Seine Knechte alle Menschen ermahnt, daß sie mit Ihm wirklich versöhnt oder Seine lieben Kinder sein sollen. Man stelle sich Rebellen vor, die als Feinde ihres Königs seinen Zorn wider sich erregt, und den Tod verdient haben. Wenn nun ein Mittler sie versöhnt, so ist die nächste Wirkung davon diese, daß der König den Rebellen, ungeachtet ihrer Uebelthaten, durch eine Gesandtschaft Gnade anbieten und den neuen Zutritt zu seinem Thron eröffnen läßt. Durch dieses Alles aber soll hernach auch der harte Sinn bei den Rebellen erweicht, ihre innerliche Feindschaft beschämt und überwunden, und eine neue Liebe und Ehrerbietung gegen den König in ihnen gepflanzt werden.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Die Versöhnung ist geschehen,
Daß das Herz auf Jesum sehen
Und sich Seiner freuen kann;
Unser Priester hat mit Blute
Seinem liebsten Volk zu Gute
Seinen Eingang schon gethan.
2.
Gottes Sohn hat uns gedienet,
Da Gott mit Sich selbst versöhnet,
Der in Christo Jesu war;
Er will unser Aller Sünden
In der Rechnung nicht mehr finden,
Und mit Blut durchstreicht Er’s gar.
3.
Ja die Botschaft ruft auch ihnen:
Lasset euch mit Gott versöhnen,
Dessen Aug’ auf Glauben sieht.
Seht doch, Sünder, das ist Gnade
In dem allerhöchsten Grade,
Wo der Glaube niederkniet.
4.
Gott! ich glaube Dein Erbarmen,
Daß Du mir verlor’nen Armen
Ein versöhnter Vater bist;
Ist es mir schon unergründlich,
Glaub ich’s doch und bete kindlich,
Weil Dein Wort die Wahrheit ist.
5.
Auch in meiner letzten Stunde
Ruht mein Herz auf diesem Grunde,
Der im Tod zum Leben dient.
Jesu! eh’ mein Herz soll brechen,
Laß darin den Geist noch sprechen:
Gott hat uns mit Sich versöhnt.
Oeffne mir die Augen, daß ich sehe die Wunder in Deinem Gesetz. Ps. 119,18.
Wenn in dem Psalter von dem Gesetz des HErrn die Rede ist, so ist das ganze geoffenbarte und geschriebene Wort Gottes, oder die Bibel, wie man sie damals hatte, gemeint. Die Bibel als das göttliche Lehrbuch enthält Wunder, welche zu sehen Augen nöthig sind, die Gott öffnet. Ist es nicht etwas Wunderbares und Geheimnißreiches, daß schon in den ersten Büchern der Bibel von Gott als dem Einigen geredet wird, und daß doch schon 1 Mos. 1. gesagt wird: lasset Uns Menschen machen, ein Bild das Uns gleich sei, als ob es Mehrere wären, die dieses sagten, und daß zuweilen ein Engel des HErrn erschien, der als Gott bei sich selbst schwur, und als Gott redete, und daß auch des Geistes Gottes besonders Meldung geschieht? Ist nicht die Schöpfung etwas Wunderbares und Unbegreifliches, und nach der Schöpfung die Zulassung des Sündenfalles und so vieles Bösen, das Gott mit Gewalt hätte hindern können? Wie geheimnißvoll waren die Verheißungen, daß des Weibes Samen der Schlange den Kopf zertreten, und daß durch den Samen Abrahams alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen, und daß dem Helden (Schiloh), der von Juda entspringen sollte, alle Völker anhangen werden! Was hat ein Verständiger über die Opfer für Betrachtungen anstellen können, als welche ein unvernünftiger Gottesdienst gewesen wären, wenn sie keine vorbildliche Bedeutung gehabt hätten? Gott hat nach der Anzeige der heiligen Schrift gerechte Leute immer gesegnet, geliebt und gepriesen, aber auch oft in die Hände der Gottlosen übergeben, wie schon an Abel zu sehen war. Er hat hingegen Gottlose mit vieler Langmuth getragen, zuletzt schon einige in dieser Welt scharf gestraft, andere aber im Glück sterben lassen. Er hat den Menschen Vieles geboten, verheißen und gedroht, das sich vorher kein Mensch hätte in den Sinn kommen lassen. Er hat die Gerechten in tiefe Nöthen gerathen lassen, und ihnen wieder wunderlich geholfen. Sind dieses nicht Wunder im Gesetz oder Lehrbuch Gottes, wie es schon zu Davids Zeiten vorhanden war? Wer will aber den wunderbaren Rath Gottes ergründen oder genug preisen, nach welchem das wesentliche Wort, da die Zeit erfüllet ward, Fleisch geworden ist, und die Erlösung des menschlichen Geschlechts am Kreuz vollbracht hat? Hier erschien eine göttliche Thorheit, die doch weiser war als die Menschen sind, und eine göttliche Schwachheit, die doch stärker war als die Menschen sind. Welche Wunder leuchten aus der Pflanzung und Erhaltung der christlichen Kirche heraus, die in den Geschichten der Apostel und in der Offenbarung Johannis beschrieben sind? Nun möchte man denken: alle diese Wunder oder Geheimnisse sind schon lange von den Schriftauslegern gezeigt, und erklärt worden, daß ein Jeder sie verstehen kann. Warum bat aber David, welcher die Bibel in seiner Muttersprache leichter als wir lesen konnte, den HErrn: öffne mit die Augen, daß ich sehe die Wunder in Deinem Gesetz? Ach dieses Sehen ist nicht Jedermanns Ding, nämlich das Sehen mit Gewißheit und mit einem tiefen Eindruck, oder das Sehen, welches Bewunderung, Furcht Gottes, Lob Gottes, und Vertrauen auf Gott nach sich zieht. Die Menschen fahren über die wichtigsten Zeugnisse der heiligen Schrift mit ihren blinden Augen hinüber. Blinde Gelehrte arbeiten in der Bibel wie in einem Bergwerk, um mit der Wahrheit ihren eigenen Ruhm herauszugraben. Wem aber Gott die Augen des Verständnisses durch Seinen Geist öffnet, der siehet Wunder in der Bibel, und demüthiget sich dabei mit seinem Verstand und Willen, betet den hohen und erhabenen Gott an, und wird weise zur Seligkeit.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
HErr, Dein Wort hat Wunderdinge,
Scheint es Thoren schon geringe,
Die das Aug’ auf Eitles dreh’n.
Von dem Anbruch aller Zeiten
Bis in alle Ewigkeiten
Kann man da die Wunder seh’n.
2.
Wunder, wie die Allmacht schaffet,
Wie der Eifer Sünde strafet,
Wie die Gnade mächtig wird;
Wie die Weisheit auf das Beste
Und bis in den Himmel führt.
3.
Wie der Vater uns zum Leben
Seinen eig’nen Sohn gegeben;
Wie der Sohn mit Blut erlöst
Und vor Gott für uns erschienen;
Wie der Geist durch dieß Versühnen
Seelen, die da glauben, tröst’t.
4.
Mein Gott, öffne mir die Augen,
Daß sie einzusehen taugen
Solche Wunder in dem Wort;
Oeffne auch den Mund, die Proben
Deiner Wunder stets zu loben,
Herzlich hier und herrlich dort.
Dann werden sie anfahen zu sagen zu den Bergen: fallet über uns, und zu den Hügeln: decket uns. Luk. 23,30.
Als der Prophet Hoseas von der Eroberung der Stadt Samaria und der Zerstörung des Reiches Israel weissagte, so sagte er Hos. 10,8.: es werde dabei so jämmerlich hergehen, daß sie Leute sagen werden: ihr Berge bedecket uns, und ihr Hügel fallet auf uns; und als der HErr Jesus zur Kreuzigung hinausgeführt wurde, so weissagte Er gleichfalls, man werde bei der Belagerung und Eroberung Jerusalems anfahen, zu den Bergen zu sagen: fallet auf uns, und zu den Hügeln: decket uns. Diese Worte wurden also wie im Sprüchwort in der größten Bestürzung und Angst von den Juden gebraucht, und bedeuten ebenso viel, als wenn man nach unserer Weise sagte: ach daß wir lebendig begraben würden! ach daß wir uns unter die Erde verkriechen könnten! ach daß wir stürben! Es werden aber diese Worte Offenb. 6,16. auch denjenigen in den Mund gelegt, welche durch den Anbruch des jüngsten Tages in einen verzweiflungsvollen Schrecken gesetzt werden, wobei aber doch der Wunsch nicht auf das Sterben, sondern auf das Verbergen vor dem Angesicht deß, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes gerichtet ist.
Als der HErr Jesus durch die Gassen Jerusalems zur Kreuzigung hinausgeführt wurde, so war Er in Seiner Seele ruhig und getrost. Er wünschte nicht, daß Berge auf Ihn fallen, und Hügel Ihn bedecken möchten, ja Er wollte nicht, daß die Weiber von Jerusalem über Ihn weinen sollten, ob Er schon mit Schmach und Noth umgeben war. Hingegen weissagte Er von einer angstvollen Verzweiflung, welche bei der Zerstörung Jerusalems über Seine Feinde kommen werde, und führte sogar die Worte an, welche sie alsdann brauchen werden. Ich weiß nicht, was für eine Noth noch auf mich wartet. Wenigstens steht mir die letzte Todesnoth bevor. Aber im glaubigen Angedenken Jesu, und unter dem Beistand Seines Geistes werde ich getrost leiden, und im Leiden ausharren können. Ich werde mir keinen unzeitigen Tod, und noch weniger die Verbergung vor Seinem Angesicht wünschen. Aber die Gottlosen überfällt zuletzt Angst ohne Vertrauen, Schrecken ohne Trost, Verzweiflung ohne Hoffnung. Sie wünschen sich – was denn? Nicht geboren zu sein, oder jetzt zu sterben, oder vor dem Angesicht deß, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes verborgen zu sein. Aber alle diese Wünsche sind vergeblich. Sie sind nun geboren, das Sterben vermindert ihr Elend nicht, sondern vergrößert es, und vor dem Angesicht Gottes müssen sie, um gerichtet zu werden, erscheinen, und den Zorn des Lammes über sich ausbrechen lassen. Dieses ist das Ende der leichtsinnigen Scherze und Spöttereien, der unreinen Wollüste, des rohen Unglaubens, und des trotzigen Uebermuthes, womit solche Leute ihr Leben zugebracht haben. Nun trösten sie sich ihres guten Lebens nicht mehr, nun sind die guten Tage verschwunden, nun brüstet sich ihre Person nicht mehr, nun fällt ihnen der Pöbel nicht mehr zu, nun ist aller Genuß, den sie in der Welt gehabt haben, für sie wie ein Traum. Ach HErr Jesu, sei Du mir gnädig, halte Du mich in Deiner Hand, und laß mich immer in Dir erfunden werden, so wird mich kein Leiden verzagt machen, und kein Fall in die Verzweiflung stürzen.
Mel.: Es ist gewißlich an der Zeit.
1.
Es fällt mein Herz ein Schauer an,
Wenn ich hör’ Jesum sagen,
Was einst die Sichern treffen kann,
Wie sie verzweifelnd klagen:
Fallt doch, ihr Berge, über uns
Vor diesem Rächer unsers Thuns;
Bedecket uns, ihr Hügel!
2.
Wenn man den Thron und Angesicht
Des Richters nicht kann sehen,
Und vor dem Zorn des Lämmleins nicht,
Als nur mit Zittern, stehen:
O Tag, wie schrecklich wirst du sein;
HErr Jesu, drücke mir es ein,
Noch eh’ Du wirst erscheinen!
3.
Gewiß, es ist recht hohe Zeit,
Dir jetzt die Füße küssen
In Reue, die Niemand gereut,
Gewaschen im Gewissen
Mit Deinem Blut, Du Gottes Sohn,
Begnadigt vor des Vaters Thron,
Und mit dem Geist versiegelt.
4.
Ach Gott und Vater, lasse Du
Mich so erfunden werden!
Mein Heiland, Dir nur flieh’ ich zu
Im Einsturz dieser Erden!
Jetzt glaube, jetzo bete ich:
Dein Heilandsblut besprenge mich,
Mich decken Deine Wunden!
Deine Rechte sind mein Lied in meinem Hause. Ps. 119,54.
David oder ein anderer Prophet, welcher den 119. Psalm geschrieben hat, sahe das göttliche Wort, welches er in diesem Psalmen hoch rühmte, auf verschiedenen Seiten an, und gab ihm deßwegen verschiedene Namen. Er nannte es oft geradezu das Wort oder die Rede Gottes, da er denn Gott sich als den unendlichen Geist vorstellte, welcher Sich durch Reden zu den Menschen herabgelassen und ihnen Vieles geoffenbaret hat. Er redet auch von den Zeugnissen Gottes, und erinnerte sich bei diesem Wort, daß der wahrhaftige Gott von dem, was ist, und war, und gewesen ist, und von demjenigen, was geschiehet, geschehen war, und geschehen sollte, in Seinem Wort gezeuget habe. er gedenkt auch der Gebote Gottes, und stellte sich dabei Gott als einen gebietenden HErrn vor, ingleichen des Gesetzes oder der Lehre Gottes, da denn Gott als der treueste Lehrer der Menschen gepriesen wird. Er redet auch von den Befehlen oder Heimsuchungsgeboten Gottes, und scheint durch diesen Namen diejenigen Verordnungen, Tröstungen und Drohungen Gottes anzudeuten, welche nicht allgemein lauten, sondern in der Anwendung auf besondere Fälle und Personen, da Gott gleichsam eine besondere Visitation anstellte, ausgesprochen worden, übrigens aber bei einer weisen Anwendung von einem allgemeinen Nutzen sind. Er redet ferner von den Gerichten oder gerichtlichen Aussprüchen Gottes, worin Gott als Richter über die Menschen ein gnädiges oder strenges Urtheil gefällt, und ihre Werke gelobt oder gescholten hat. Endlich thut er auch der Rechte oder Satzungen Gottes Meldung, wodurch der ewige und unveränderliche Gott gewisse Säulen und Grundfesten hingestellt hat, welche kein Widerspruch und keine Gewalt umstoßen kann. Von diesen Rechten nun sagt er V. 54., sie seien sein Lied in seinem Hause. Der Prophet stellt sich also als einen Hausvater vor, und sagt, daß in seinem Haus von den Rechten Gottes Vieles gesungen, und geredet werde: und so soll es in einem jeden Hause hergehen. Nicht der blinde Eigensinn des Hausvaters oder der Hausmutter, auch nicht der störrige Sinn der Kinder und Ehehalten, sondern die unbeweglichen Grundsätze, die Gott festgestellt und ausgesprochen hat, sollen das Haus regieren. Auch soll ein Haus, das dem HErrn geheiligt ist, nicht nach den Sitten der eitlen Welt, und nach den Aussprüchen derer, die der böse Geist treibt, eingerichtet sein. Die göttlichen Grundsätze sollen darin gelten, von denselben soll man, anstatt fauler Geschwätze oder Zänkereien, singen und sagen, aus denselben sollen alle Hausgenossen ihre Weisheit schöpfen. Auch sollen dieselben für Alle bei den täglichen Beschwerden die Trostquelle sein. Wohl dem Hause, in dem es also hergeht! In demselben mangelt es an Ordnung, Liebe, Zucht, Heiterkeit und Segen nicht. Soll es aber in einem Hause also hergehen, so muß insonderheit der Hausvater wie David gesinnt sein, der Ps. 101., nachdem er V. 2. gesagt hatte: ich handle vorsichtig und redlich bei denen, die mir zugehören, und wandle treulich in meinem Hause, V. 6.7. hinzusetzt: meine Augen sehen nach den Treuen im Lande, daß sie bei mir wohnen, und habe gern fromme Diener. Falsche Leute habe ich nicht in meinem Hause, die Lügner gedeihen nicht bei mir.
Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s etc.
1.
Wenn ich bei mir zu Hause bin,
So zieht mein Heiland meinen Sinn
Durch Seines Geistes Trieb zu Sich,
Von Seiner Gnade singe ich.
2.
Denn Seine Rechte sind mein Lied,
So bleibt in meinem Herzen Fried’;
Dieß ist’s, was mir die Zeit verkürzt
Und Thränenbrod mit Zucker würzt.
3.
So wird mir alle Arbeit süß,
Die ich mit Trost und Lust beschließ’.
So wird dem Sorgenschwarm gewehrt,
Daß er mir nicht vom Herzen zehrt.
4.
Schleicht je der Trauergeist sich ein,
So lass’ ich ihn nicht Meister sein.
Still, sag’ ich, mach’ mir nicht Verdruß,
Weil ich dem Heiland singen muß!
5.
Mein Heiland, ja ich danke Dir
Für Deinen guten Geist in mir,
Daß Er die Gnade mir gethan,
Daß ich Dir sing’ und singen kann.
6.
Ach gib mir, daß Er in mir bleib’
Zu diesem sel’gen Zeitvertreib.
Geh’ ich als Pilgrim hier einst aus,
Lehr’ mich Dein Lied in’s Vaters Haus!
In Deine Hände befehle ich meinen Geist: Du hast mich erlöset, HErr, Du treuer Gott. Ps. 31,6.
Fast eben diese Worte hat der sterbende Erlöser am Kreuz ausgesprochen, und ein jeder Christ darf sie Ihm nachsprechen. David war noch ein junger Mann, als er seinen Geist in die Hände Gottes befahl, denn er that es damals, da ihm Gott eine wunderbare Güte in einer festen Stadt, nämlich in der Stadt Kegila, bewiesen, wie 1 Sam. 23. erzählt wird, da es ihm aber auch sehr wehe that, daß seine Nachbarn sich seiner schämten, seine Verwandten sich vor ihm scheueten, und Alle, die auf den Gassen ihn sahen, vor ihm flohen, damit sie nicht durch das Gespräch mit ihm, als einem in die Ungnade des Königs gefallenen Mann, unglücklich, und in eben diese Ungnade verwickelt würden. Er war auch damals in einer großen Lebensgefahr; denn es schalten ihn nicht nur Viele übel, sondern rathschlagten auch mit einander, und gedachten ihm das Leben zu nehmen: wobei er denn inne werden mußte, daß diejenigen, denen er Gutes gethan hatte, seiner vergaßen, und ihn wie ein zerbrochenes Gefäß gleichsam wegwarfen, V. 12.13.14. Hiebei machte dann die Bekümmerniß seinen Leib schwach und krank, da ihn ohnehin auch seine Missethat innerlich anfocht, und es däuchte ihn, es gehe mit ihm dem Sterben zu. Er sagte aber unter vielen Aeußerungen eines ringenden Glaubens V. 16. zu Gott: meine Zeit steht in Deinen Händen, Du kannst mich erhalten und kannst mich sterben lassen, und V. 6.: in Deine Hände befehle ich meinen Geist, Du hast mich erlöset, HErr, Du getreuer Gott. Wir lernen hieraus, daß, wenn wir unsern Geist in die Hände Gottes befehlen wollen, wir es nicht auf die letzten Augenblicke unsers Lebens aufschieben sollen, wiewohl es auch alsdann nach dem Beispiel Christi geschehen soll, sondern daß wir es auch vorher und zwar mehrmals thun sollen. Wir haben nicht nöthig, uns etwas Besonderes auf die Ewigkeit auszubitten: hat es doch auch der sterbende Erlöser nicht gethan. Wenn nur unser Geist in Gottes Hände kommt, und als eine Ihm übergebene Beilage bis an den Tag der Auferstehung von denselben umschlossen und bewahrt wird, so kann uns genügen. In den Händen Gottes wird unser ermüdeter Geist ruhen, da wird ihn keine Qual anrühren. Indem wir aber unsern Geist in die Hände Gottes befehlen, so kann die Erinnerung der mannigfaltigen Erlösung, die uns schon von dem treuen Gott widerfahren ist, unsern Glauben stärken. David erfuhr eine solche Erlösung in der Stadt Kegila, und lobte Gott wegen derselben in den letzten Versen dieses Psalms; war aber schon vorher mehrmals eine gleiche Erlösung inne worden, auf die er sich V. 6. berief. Er nannte hiebei Gott einen treuen oder wahrhaftigen Gott; denn er erfuhr, daß Gott dasjenige, was Er ihm durch den Propheten Samuel bei der Salbung und auch sonst in Seinem Wort und durch innerliche Ansprachen verheißen hatte, treulich erfülle. Auch Jakob sprach 1 Mos. 32,12. zu Gott: Du hast gesagt: Ich will dir wohl thun, u.s.w. und erfuhr hernach, daß Gott wahrhaftig sei. Er hat auch mich erlöst, und wird mich auch aus der Todesnoth erlösen. Ich befehle meinen Geist in Deine Hände, HErr, Du getreuer Gott.
Mel.: Ach bleib’ mit Deiner Gnade.
1.
Mein Gott! in Deine Hände
Befehl’ ich meinen Geist;
Du lebst und liebst ohn’ Ende
Und thust, wie Du verheißst.
2.
Du hast mich ja erlöset,
HErr, Du getreuer Gott!
Wer nicht sein Heil verstößet,
Wird nicht an Dir zu Spott.
3.
Wem sollt’ ich mich empfehlen,
Wenn ich will selig sein?
Dein sind ja alle Seelen,
So ist mein Geist auch Dein.
4.
Du hast ihn mir gegeben,
So nimm ihn wieder hin,
Dort bei dem HErrn zu leben,
Deß ich hier eigen bin.
5.
Mein angeerbter Schade
Macht mich der Hölle werth;
Nun lebt mein Geist von Gnade,
Die ihn zu Gott bekehrt.
6.
Er ist mit Blut besprenget,
Mit Blut von Deinem Sohn;
Mit diesem Schmuck umhänget
Taugt er vor Deinem Thron.
7.
Mein Glaube schwingt die Flügel
Bereits zu jener Stadt,
Dieweil der Geist das Siegel
Auf die Erlösung hat.
8.
Gott! warst Du mein Befreier
Schon in der Sündennoth,
So bist Du, o Getreuer,
Es auch in meinem Tod.
9.
Du lebst und liebst ohn’ Ende
Und thust, wie Du verheißst,
Mein Gott, in Deine Hände
Befehl’ ich meinen Geist!
Da gab Pilatus ihnen Barrabam los; Jesum aber überantwortete er, daß Er gekreuzigt würde. Matth. 27,26.
Es werden in der Welt zuweilen Wahlen angestellt, bei welchen die Wählenden aus Unverstand oder Bosheit einen Unwürdigen und Untüchtigen dem Würdigen und Tüchtigen vorziehen. Wenn nun dieses geschieht, so soll man sich erinnern, daß derjenige, der auf diese Weise hintangesetzt wird, zu der Gemeinschaft der Schmach Jesu berufen werde. Jesus, der Sohn Gottes, und Barrabas, der Mörder, zwei unermeßlich ungleiche Personen, kamen in die Wahl, und diese Wahl betrag kein Ehrenamt, sondern das Leben. Die Juden sollten ihre Stimmen geben. Was geschah nun? Sie schrieen: hinweg mit diesem (Jesu) und gib uns Barrabam los, und Pilatus mußte diese Wahl bestätigen, und Barrabam los geben, Jesum aber überantworten, daß er gekreuzigt würde. Die Juden schrieen, da sie ihre Stimmen gaben; bei dem Schreien aber ist immer wenig Ueberlegung und Einsicht. Sie schrieen, weil sie von ihren Obersten dazu angetrieben wurden. Sie schrieen also mit einer blinden Heftigkeit, und zogen einen Mörder dem HErrn Jesu vor, den sie wenigstens als einen Wunderthäter, Gutthäter und unschuldigen Lehrer kennen konnten. Hintennach sagten’s ihnen die Apostel, da sie bei sich selber waren, sie haben den Messias, den Fürsten des Lebens getödtet, der hernach auferwecket und zur Rechten Gottes erhöhet worden sei. Alsdann besannen sie sich, und sahen ihre Sündenschuld ein; aber damals, da sie in der Tollheit schrieen, wußten sie nicht, was sie thaten, und doch mußte ihr Schreien gelten, weil eine alte Gewohnheit ihnen das Recht verschafft hatte, zu bestimmen, welcher Gefangene auf’s Osterfest losgegeben werden sollte. Der HErr Jesus war also auch in dieser schreienden Sünder Hände übergeben, und mußte die Schmach erfahren, daß Er nicht nur geradezu zum Kreuzestod verdammt, sondern Ihm auch ein Mörder in der Wahl vorgezogen wurde. Wer will also noch ferner Fleisch für seinen Arm halten, oder sein Glück auf der Menschen Gunst bauen? Wer sollte aber auch verzagt sein, wenn er um Christi willen von Sündern hintangesetzt und verworfen wird? Wer dieses in dieser Welt geduldig leidet, und dabei dem HErrn Jesu treu bleibt, und durch diese Treue zeigt, daß er Ihn über Alles liebe, wird sein Glück in jener Welt mit Christo und bei Christo überschwänglich machen. Bei dem Leiden Christi sind vieler Herzen Gedanken offenbar geworden; ja es haben alle Gattungen von Menschen, Juden, Heiden, Männer, Weiber, die im geistlichen, weltlichen und Hausstand, Bürger und Soldaten, Uebelthäter und ehrliche Leute, rohe und fromme Menschen waren, den innersten Grund ihrer Seelen entdeckt, aber auch gezeigt, wie schwach das Fleisch und wie unzuverlässig ein Mensch sei. Dank sei dem lieben Heiland, daß Er dem Barrabas die Verlängerung seiner Gnadenzeit gegönnet, für Sich selbst aber keine Verlängerung Seiner Wallfahrt begehrt hat, weil nämlich damals Seine Stunde gekommen war, daß Er aus der Welt zum Vater ginge, und Sein Tod zur Versöhnung der Menschen mit Gott geschehen sollte.
Mel.: Morgenglanz der Ewigkeit.
1.
Meine Seele danket Dir,
Jesu, was hast Du erduldet.
Dir zog man den Mörder für,
Der den härt’sten Tod verschuldet;
Jesu, Alles, was in mir,
Danket Dir.
2.
Dieß war wohl der Frevler That,
Aber mehr dein Liebeswille,
Daß sich Deines Vaters Rath,
Und die Schrift an Dir erfülle.
Deinetwegen sterb’ ich nicht
Im Gericht.
3.
Keine Schuld verdammte Dich:
Mir gebührte nur die Hölle;
Aber hier standst Du für mich,
Und ich komm’ an Deine Stelle:
Die Verwechslung, die so groß,
Macht mich los.
4.
Du littst Strafe als ein Knecht,
Denn Du trugest uns’re Sünde.
Gott macht mich in Dir gerecht,
Ja in Dir zu Seinem Kinde.
Bin ich nun nicht ewig Sein?
Ich will’s sein!
5.
Gib mir Deinen Geist hiezu,
Daß ich’s herzlich glauben könne,
Daß mein Herz darin beruh’,
In der Liebe zu Dir brenne,
Und in Liebe dankbar sei
Für die Treu.
Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Matth. 5,8.
Israel hat dennoch Gott zum Trost, wer nur reines Herzens ist; schrieb Assaph Ps. 73,1. Er deutete diese Worte ohne Zweifel auf sich selbst, da er sich erinnerte, daß er wegen des Anstoßes, den er an dem Glück der Gottlosen genommen, schier gestrauchelt hätte; daß ihn aber Gott erhalten, zurecht gewiesen und wieder gestärkt habe. Diejenigen also, die reines Herzens sind, können noch Schwachheit an sich haben; hingegen sind sie im Grund ihrer Seele aufrichtig, und haben einen Geist ohne Falsch. In der Buße ist der Wille zu sündigen in ihnen zerbrochen worden und sie haben ich ohne Vorbehalt an ihren Gott und Heiland ergeben. Sie sind wahrhaftig aus Gott geboren; sie sind die Vollkommenen, deren Christus Matth. 5,48. gedenket, ihr Auge ist einfältig (Matth. 6,22.), sie sind die guten Bäume, welche gute Früchte tragen (Matth. 7,17.), sie sind durch den Glauben an Christum der Sünde und dem Gesetz gestorben und der Welt gekreuziget, und leben Gott in Christo Jesu. Von Solchen sagt nun Christus Matth. 5,8.: selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Bei der Reinigkeit oder Aufrichtigkeit ihres Herzens sehen sie auf Erden viel Böses, das sie kränket und betrübet, sie sind aber doch selig, und werden Gott schauen. Abraham und Andere sahen Gott in einer räthselhaften Gestalt, wenn sie den Engel, der Jehovah hieß, in einer menschlichen Gestalt sahen; Moses aber sah Ihn im Gesicht in einer herrlichen Gestalt, durch welche Gottes geistliches und unsichtbares Wesen seine Majestät offenbaren wollte, und wurde deßwegen 4 Mos. 12,8. andern Propheten vorgezogen. Eine gleichfalls herrliche Gestalt Gottes sahen hernach auch Jesaias, Ezechiel, Daniel und Johannes. Ohne Zweifel wird aber dasjenige, was die verklärten Seelen und auferstandenen Heiligen sehen werden, noch herrlicher sein, als was Moses und einige Propheten nach ihm bei Leibesleben gesehen haben. Das Herrlichste wird das Angesicht Gottes sein, welches die Inwohner des neuen Jerusalems sehen werden, Offenb. 22,4.; denn gleichwie der ganze Charakter eines Menschen, wodurch er von Andern unterschieden ist, aus seinem Angesicht herausleuchtet, und nur derjenige einen Menschen recht erkennen kann, der sein Angesicht sieht, also werden diejenigen, die gewürdigt werden, das Angesicht Gottes zu sehen, zwar nicht die Tiefen der Gottheit, aber doch Seine den Geschöpfen geoffenbarte Herrlichkeit unmittelbar auf das Hellste, ganz und mit Einem Blick so erkennen, daß sie davon gesättigt werden. Alsdann werden aber nicht nur ihre Herzen, sondern auch ihr ganzes Wesen rein und verklärt sein. Sie werden das Angesicht Gottes in (vollkommener) Gerechtigkeit sehen, wie David Ps. 17,15. sagt. Der erste Anblick der Herrlichkeit Gottes in jener Welt wird alles Leiden ersetzen: welche Wonne wird’s aber sein, wenn man Sein Angesicht sehen wird! Um dieses Ziel zu erreichen, soll ich bei Leibesleben mit einem reinen Herzen oder mit einem Geist ohne Falsch wandeln, aber auch der Heiligung noch weiter nachjagen, ohne welche den heiligen Gott Niemand sehen wird. Wer seine Unreinigkeit beibehalten will, dem wird Gott ein verzehrendes Feuer sein.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
HErr! Du kannst selig sprechen,
Und Niemand kann’s, als Du;
Wie Du kannst Böses rächen,
So schaffst Du Frommen Ruh;
Du lehrst des Vaters Willen
Im Glauben uns erfüllen
Und gibst auch Kraft dazu.
2.
Wir hören Dich die preisen,
Die rein am Herzen sind
Und dessen sich befleißen,
Was sie mit Gott verbind’t;
Gott läßt sie vor Ihm stehen,
Auf ihn im Lichte sehen,
Wo sich kein Schatten find’t.
3.
Gott! wie ist mir zu Muthe:
Ich weiß mein Herz nicht rein;
Ach laß es in dem Blute
Des Lamms gereinigt sein,
Und flöße mir im Kämpfen,
Des Fleisches Lust zu dämpfen,
Des Geistes Kräfte ein.
4.
Mein Herz sei Dir alleine
Zum Gotteshaus bestimmt,
Wo nichts taugt, als das Reine,
Das man zum Opfer nimmt;
Da sei mein stetes Bitten
Ein Weihrauch Deiner Hütten,
Der auf den Kohlen glimmt.
5.
Wenn dann die Sündenglieder
Im Grab zu Schanden geh’n,
Laß meinen Leib einst wieder
In Klarheit aufersteh’n,
Und Dich mit reinen Augen,
Die in den Himmel taugen,
Als Salems Sonne seh’n!
Und sie kreuzigten mit Ihm zween Mörder, einen zu Seiner Rechten und einen zur Linken. Da ward die Schrift erfüllet, die da saget: Er ist unter die Uebelthäter gerechnet. Marc. 15,27.28.
Unter den Menschen ist der Stand eines Uebelthäters der allerniedrigste, und wer die Freiheit zu wählen hat, wird immer wünschen auf dem Bett zu sterben, sollte es auch nach großen Schmerzen geschehen. Der Stand eines Uebelthäters wird nämlich durch die große Schmach, die auf ihm liegt, sehr bitter gemacht. Er muß sehen, hören und fühlen, daß man ihn für einen Auswürfling halte, der nicht werth sei, länger unter den Menschen zu leben. Er wird also unter das ganze zu seiner Zeit lebende menschliche Geschlecht herabgewürdigt, und dieses wird ihm nicht nur durch die Hinrichtung, deren er sich gemeiniglich mit einem gesunden Leib unterwerfen muß, sondern auch durch fürchterliche Anstalten und Auftritte zu erkennen gegeben. Auch der Ort, wo ein Uebelthäter hingerichtet wird, vermehret sein Grauen. Es ist ein unehrlicher Platz, ein Platz, auf dem schon Viele, die man für solche Auswürflinge gehalten hat, hingerichtet worden, und wo zuweilen noch ihre Leichname oder Gebeine vorhanden sind. Wird Jemand hingerichtet, der gegen die Ehre ein empfindsame Seele hat, so vermehrt es seine Schmach, wenn er mit andern ehrlosen Personen zur Hinrichtung hinausgeführt und hingerichtet wird. Dieses Alles ist nun dem hochgelobten Sohn Gottes Jesu Christo widerfahren, denn Er wurde, wie Jesaias Kap. 53,12. geweissagt hat, unter die Uebelthäter gerechnet. Wer jemals über einen Uebelthäter das Todesurtheil hat sprechen hören, und ihn auf den Richtplatz hinausführen, und da hinrichten sehen, erinnere sich, daß es dem Heiland der Welt auch so gegangen sei. Wenn es nur um die Schmerzen zu thun gewesen wäre, die der Heiland für uns leiden sollte, so hätte Er sie insgeheim leiden, und unter großen Qualen irgendwo sterben können: Er sollte aber gerichtlich zum Tode verdammt, Er sollte in den schmählichen Stand eines Uebelthäters versetzt werden, und zwischen zwei Mördern öffentlich sterben, damit Sein Leiden und Sein Tod Zeugen hätten, und damit Er auch dasjenige für uns litte, was in der heiligen Schrift Schande oder zu Schanden werden heißt. Wir verdienen, öffentlich zu Schanden gemacht und im Beisein aller Engel gerichtet, verdammt und in’s höllische Feuer hingewiesen zu werden. Diese Schmach hat Jesus übernommen, um uns, die wir an Ihn glauben, von derselben zu erlösen. Darum will Ihm der himmlische Vater wie Jes. 53,12. gesagt wird, eine große Menge (auserwählter Menschen, an denen Er Seine Lust hat) zur Beute geben, und was die starken bösen Geister anbelangt, welche die Menschen gefangen hielten, so will Er ihnen ihren Raub entreißen, weil Er Sein Leben in den Tod gegeben hat, und den Uebelthätern gleich gerechnet ist, und Er Vieler Sünden getragen hat, und für die Uebelthäter gebeten hat. Gelobet sei der HErr Jesus für die Schmach, die Er in der Gesellschaft der Uebelthäter williglich getragen hat. Er nehme auch mich und die Meinigen als eine Beute hin und verhelfe uns zu der Ehre, ewiglich Seine Knechte und Erben zu heißen. In dieser Welt wollen wir gern Seine Schmach tragen und uns erniedrigen, damit Er uns in jener Welt erhöhen könne.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Der von den Seraphinen,
Die Gottes Thron bedienen,
Ein ewig Lob empfing,
Hat Schmach für uns gelitten,
Indem Er in der Mitten
Von zwei gehenkten Schächern hing.
2.
Mein Heiland, welch’ ein Wunder!
Wie tief gingst Du herunter,
Wie hoch ist Deine Huld!
Du wardst, wie unser Einer,
Stets niedriger und kleiner,
Und trugst nur fremden Spott und Schuld.
3.
Du zweite der Personen,
Die in der Höhe thronen,
Machst dadurch Dir uns gleich.
Dankt Ihm, bekehrte Sünder,
Lobt Gott als Gottes Kinder;
Glaubt euer Heil und freuet euch!
4.
Habt nur mit Ihm am Holze
Auch euer Herz, das stolze,
Daß es sich selbst vergißt.
Ihn kann ein Herz nur loben,
Das glaubt und zeigt in Proben,
Daß es mit Ihm gekreuzigt ist.
Wir wissen, daß die Stunde da ist, aufzustehen von dem Schlaf, sintemal unser Heil jetzt näher ist, denn da wir glaubten. Röm. 13,11.
Das wahre Christenthum wird so fortgesetzt, wie es angefangen worden ist. Ist man im Anfang vom geistlichen Schlaf und Tod erweckt worden, so steht man hernach noch weiter vom Schlaf auf, und es werden alle Seelenkräfte durch das Leben und Licht Jesu immer stärker und munterer zur Anbetung Gottes und zu Seinem Dienst. Hat man Jesum durch den Glauben angezogen, so ziehet man Ihn noch weiter an, damit Er in der Seele eine Gestalt gewinne, und sie nach Ihm gebildet werde, Röm. 13,14. Hat man die Werke der Finsterniß, wie eben dieser Apostel V. 2. sagt, abgelegt, oder hat man den alten Menschen, der sich durch Lüste in Irrthum verderbet, durch die glaubige Einsenkung in den Tod Jesu abgelegt, so ist man doch noch nicht so weit gekommen, daß nicht der Apostel noch immer zurufen dürfte: leget ab, ziehet an, erneuret euch u.s.w., wie Eph. 4. Kol. 3. gesagt wird. Die Ursache dieser Ermahnungen ist die in der Seele noch übrige Verderbniß, oder das Fleisch, welches wider den Geist gelüstet, und das, wenn es nicht immer gedämpft wird, den Verlust des Gnadenstandes verursachen kann. Als Paulus Röm. 3,11. sagte, das die Stunde da sei, von dem Schlaf aufzustehen, so hatte er die Zeit, worin er und die Römer lebten, vor Augen. Die Nacht des Alten Testaments war vergangen, da die Kerze des prophetischen Wortes in einem dunkeln Ort schien, und der Tag war herbei genahet. Was für ein Tag? Ohne Zweifel der Tag der Erscheinung Jesu Christi zum Gericht, welcher in der heiligen Schrift oft der Tag in besonderem Verstand genennet, und als nahe vorgestellt wird. Von diesem Tag unterscheidet Paulus die Stunde, da man von dem Schlaf aufstehen soll, folglich die Morgenstunde, da das Licht dieses hellen Tages schon anbricht. Diese Stunde, sagt er, ist da, weil der Tag herbei genahet ist. Es ist also jetzt nimmer Schlafenszeit, sintemal unser Heil, oder unsere Erlösung jetzt näher ist, als da wir glaubig wurden. Er hätte sagen können: die Zeit ist kurz, der Richter ist vor der Thüre, es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge; weil er’s aber mit Glaubigen zu thun hatte, so schrieb er: das Heil ist nahe, ja es ist jetzt schon näher, als da wir glaubig wurden; das Heil, von dem er redet, ist die Erlösung aus allem Uebel und Alles, was die Glaubigen bei der Erscheinung ihres HErrn zu empfangen hoffen dürfen. Wie aber, möchte man sagen, ist denn nicht von der Zeit an, da Paulus den Brief an die Römer schrieb, schon eine lange Zeit verflossen, ohne daß der HErr erschienen wäre? Und trägt denn der kleine Zeitraum von ihrer Bekehrung an bis auf das Datum dieses Briefes etwas Namhaftes bei diesem großen Zeitraum aus? Ja, wenn man bedenkt, daß der Tod eines jeden Christen und die Zukunft des HErrn gleichsam an einander stoßen, und die Zwischenzeit keine Saatzeit mehr sei. Ich soll wachen; denn der HErr kommt, und meine Zeit, die mir zur Vorbereitung auf Seine Zukunft gegeben wird, ist kurz, und schon auf der Neige. Das völlige Heil wird mir immer näher: folglich soll ich mich vollends so verhalten, daß ich dessen theilhaftig werden könne.
Mel.: Jesus, meine Zuversicht.
1.
Jetzo ist die Stunde da,
Von dem Schlafe aufzustehen,
Weil wir unser Heil so nah’
Und in stärk’rem Anbruch sehen,
Als zuvor, da wir bei Nacht
Erst zum Glauben aufgewacht.
2.
HErr! Du hast auch mich erweckt,
Da Du mir an’s Herz geschlagen,
Und mich durch’s Gesetz erschreckt,
Nach dem Heil in Dir zu fragen;
Deine Gnade trieb an mir,
Und mein Glaube folgte ihr.
3.
Nun so will ich mich bemüh’n,
In der kurzen Zeit auf Erden,
Jesum Christum anzuzieh’n,
Bis ich muß zur Erde werden,
Daß er mich an Seinem Tag
Wohl bekleidet sehen mag.
4.
Denn in Christo gehe ich
Reicher, als in güld’nen Stücken;
Seine Demuth kröne mich,
Seine Sanftmuth soll mich schmücken;
Seine Wahrheit soll allein
Meine Gurt der Lenden sein.
5.
Bricht mein letztes Stündlein an
Zur Entkleidung dieser Glieder,
Weckt doch Jesus mich alsdann
Aus dem Schlaf im Grab wieder.
O wie wird man da so schön
In den weißen Kleidern geh’n!
Diesen Jesum hat Gott auferwecket. Ap. Gesch. 2,32.
Ein jedes Wort Gottes kann einen schreckenden und einen erquickenden Eindruck machen, je nachdem es ein menschliches Herz antrifft, folglich ist das Gesetz in keinem besondern Theil der Bibel anzutreffen, sondern Alles, was man ohne die Verbindung mit der Gnade Jesu Christi und der Verheißung des Geistes faßt, ist ein drückendes und verdammendes Gesetz, da hingegen alle Worte Gottes, die man in dieser Verbindung glaubig annimmt, ein liebliches Evangelium sind. Die Gebote Gottes sind für Viele ein tödtender Buchstabe oder ein Gesetz: David aber sagte Ps. 119,39. zu dem HErrn: Deine Rechte sind lieblich, und V. 47.: ich habe Lust zu Deinen Geboten und sind mir lieb. Den Zuhörern Petri am Pfingsttag mußte es einen durchdringenden Schrecken verursachen, als er ihnen sagte: diesen Jesum hat Gott auferweckt, weil sie sich’s bewußt waren, daß sie Ihn durch die Hände der Ungerechten genommen und angeheftet oder gekreuzigt und umgebracht haben, wie er es ihnen V. 23.6. ausdrücklich vorhielt. Sie hatten geschrieen: kreuzige, kreuzige ihn; hinweg mit diesem, und gib uns Barrabam los; und durch ihr Schreien Seine schmähliche Hinrichtung erzwungen; nun hörten sie, Gott habe Ihn auferwecket, und dadurch erwiesen, daß Er wahrhaftig Sein eingeborner Sohn und der Messias sei. Die Zuhörer Petri wurden also von ihrem Gewissen zu ihrer tiefen Zermalmung und Beschämung überzeugt, daß sie ihren Messias und den Sohn Gottes gekreuzigt haben. Und doch sagte hernach Petrus, da er ihr Verlangen nach der Seligkeit wahrnahm, mit einem sanften Ton zu ihnen: thut Buße, und lasse sich ein Jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi, zur Vergebung der Sünde, so werdet ihr empfahen die Gabe des Heiligen Geistes; denn euer und eurer Kinder ist diese Verheißung u.s.w. Sie wurden auch durch die Taufe der Vergebung ihrer Sünden so versichert, und mit dem Trost des Heiligen Geistes so erfüllt, daß sie hernach Gott mit Freuden und einfältigem Herzen lobeten, V. 38.39.47. Alsdann dachten sie ohne Zweifel mit Wonne ihrer Herzen daran, daß Jesus auferweckt sei und lebe, weil sie auch in Seiner Gnade lebten, und von Ihm eine fröhliche Auferstehung zu gewarten hatten. Auch ich soll meine Sünden wider Jesum, die ich durch meinen Unglauben, Herzenshärtigkeit, Gleichgültigkeit und Entfremdung gegen Ihn, wie auch durch Uebertretung Seiner heiligen Gebote begangen habe, bußfertig erkennen und bereuen; wenn mir aber Gnade widerfahren ist, mich freuen, daß Gott der Vater durch die Auferweckung Jesu die Wahrheit Seines ganzen Evangeliums bestätigt hat, und daß nun Jesus lebt und auf dem höchsten göttlichen Thron über mich und Alles herrscht, mein Fürsprecher ist, und als der Erstgeborne von den Todten mir die Gewißheit verschafft, daß ich auch, aus meinem Grab erweckt, ewig mit Ihm leben werde. Er lebe auch in mir durch Seinen Geist, damit ich im Sterben den Tod nicht sehe, und mir von dem andern Tod kein Leid geschehe. Gott hat Jesum auferweckt. Ach daß auch in unsern Tagen Viele von sich selbst sagen möchten, was Eph. 2,5.6. steht: da wir todt waren in den Sünden, hat uns Gott, der da reich ist von Barmherzigkeit, sammt Christo lebendig gemacht, und sammt Ihm auferweckt, und sammt Ihm in das himmlische Wesen gesetzt in Christo Jesu.
Mel.: Einer ist König etc.
1.
Gott hat uns Jesum von Todten erweckt
Und Ihm die Bande der Hölle gelöst.
Freut euch, die ehmals die Hölle geschreckt,
Wir sind in Jesu vollkommen getröst’t.
Ist denn das Haupt nun vom Tode erstanden,
Bleiben die Glieder auch nimmer in Banden.
2.
Vater der Herrlichkeit, Dir sei gedankt,
Daß Du uns sammt Ihm lebendig gemacht;
Weil doch Dein Rath der Erlösung nicht wankt,
Sind wir ja sammt dem Erlöser erwacht;
Und nach der Stärke, die Jesum erwecket,
Wirkst Du den Glauben, den nichts mehr erschrecket.
3.
Uns’re Gerechtigkeit ist nun gewiß,
Ist doch die Sünde am Kreuze gebüßt.
Gott, der die Bande des Todes zerriß,
Schenkt sie, daß man sie in Jesu genießt.
Vater, ach laß uns mit Jesu dort leben,
Daß wir Dir ewig die Herrlichkeit geben!
Christus ist uns gemacht von Gott zur Heiligung. 1 Kor. 1,30.
Das Wort heilig bedeutet etwas sehr Großes. Als die Seraphim den Dreieinigen Gott hoch preisen wollten, so sagten sie Je. 6,3.: heilig, heilig, heilig ist Gott, der HErr Zebaoth, und die ganze Erde ist Seiner Herrlichkeit voll, und als Petrus alle Gebote Gottes kurz zusammenfassen wollte, so sagte er 1 Petr. 1,14.15.16.: als gehorsame Kinder stellet euch nicht wie vorhin, da ihr in Unwissenheit nach den Lüsten lebet: sondern nach dem, der euch berufen hat, und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem eurem Wandel; denn es stehet geschrieben: ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig. Auf diese Weise schrieb Paulus 2 Kor. 7,1.: lasset uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen, und fortfahren mit der Heiligung in der Furcht Gottes, und Hebr. 12,14.: jaget nach dem Frieden gegen Jedermann und der Heiligung, ohne welche Niemand wird den HErrn sehen. Die Heiligung ist also bei den Menschen den sündlichen Lüsten, nach welchen man in der Unwissenheit lebt, oder der Befleckung des Fleisches und des Geistes oder des Leibes und der Seele entgegengesetzt, welche durch Sünden entsteht, die man durch den Leib, oder auch nur durch böse Gedanken und Begierden in der Seele begeht. Wer also heilig werden soll, darf nicht mehr in Unwissenheit nach den Lüsten leben, und muß sich von dieser doppelten Befleckung reinigen durch das Anziehen des HErrn Jesu, dessen Kraft die Finsterniß vertreibt und die Sünde tödtet. Der treue und liebreiche Gott läßt es aber daran nicht bewenden, sondern so viel man von der Unsauberkeit gereinigt wird, so viel Licht und Leben bekommt der Mensch aus Christo durch Seinen Geist, um dem heiligen Gott ähnlich zu werden. Er wird erneuert nach dem Bild dessen, der ihn geschaffen hat. Er wird in das Bild Christi verkläret von einer Klarheit zu der andern. Er wird also eine schöne, herrliche, edle Kreatur, welche würdig ist, vor dem Thron Gottes zu stehen, in Seinem himmlischen Tempel Ihm zu dienen und dereinst im neuen Jerusalem Sein Angesicht zu sehen. Zu dieser Heiligung ist uns Christus gemacht. Er ist nicht nur das vollkommene Vorbild, nach welchem wir gebildet werden wollen, und hat uns nicht nur Gebote und Lehren hinterlassen, nach welchen unser Sinn und Wandel, wenn er heilig sein soll, eingerichtet sein muß, sondern man stirbt auch durch den Glauben an Ihn der Sünde, und wird mit Ihm lebendig gemacht, auferwecket, und in’s himmlische Wesen versetzt. Um Seinetwillen nahet Gott zu dem Menschen, um ihn durch Seinen Geist zu bearbeiten, und zu einer neuen Kreatur zu machen. Er ist’s auch, der unsere Leiber auferwecken und Seinem verherrlichten Leib ähnlich machen wird. Herrlichkeit ist die geoffenbarte oder ausleuchtende Heiligkeit, und Heiligkeit ist eine verborgene Herrlichkeit. Was die heidnischen und alle andern Weltweisen, ohne das Evangelium von Christo dazu zu nehmen, von der Tugend geschrieben haben, reicht, ob es gleich etwas von der Wahrheit enthält, bei Weitem nicht an die Vorstellung von der Heiligkeit hin, welche uns das Evangelium macht, und welche man durch Christum erlangen kann und soll. HErr Jesu, ich liebe Dich deßwegen, weil Du mir zur Heiligung gemacht bist, denn mich verlanget nach der Heiligung.
Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu Christ.
1.
Gott fordert Heiligung von mir,
Sonst werd’ ich Ihn nicht sehen;
Die find’ ich, Jesu, nur in Dir,
Mit Dir kann ich bestehen;
Von Ewigkeit hat’s Gott bedacht,
Und Den zur Heiligung gemacht,
Den Er als heilig kennet.
2.
HErr! so wie Du mir worden bist,
Soll Dich mein Glaube fassen,
Und weil an mir nichts heilig ist,
Sich nur auf Dich verlassen.
Dein Opfer heiligt mich allein;
An mir kann nichts vollkommen sein,
In Dir nur ist’ vollkommen.
3.
Doch soll ich nach der Heiligung
Von ganzem Herzen streben,
Und in der Sinns-Erneuerung
Nach Seinem Vorbild leben;
Fühl’ mich täglich mangelhaft,
So bleibe Deines Geistes Kraft
Doch in mir Schwachen mächtig.
4.
Ich suche nicht Verdienst noch Ruhm,
Sonst muß mich Gott beschämen;
Nur daß Du in Dein Heiligthum
Mich könn’st als tüchtig nehmen.
Verwirf mich auch im Sterben nicht;
Zum Erb’ der Heiligen im Licht
Laß mich auf ewig kommen!
Gott hat ausgezogen die Fürstenthümer und die Gewaltigen, und sie zur Schau getragen öffentlich, und einen Triumph aus ihnen gemacht durch Christum. Kol. 2,15.
In diesem Spruch ist gewiß von unsichtbaren Fürstenthümern und Gewaltigen die Rede, denn die sichtbaren hat Gott durch Christum nicht ausgezogen oder von ihrer Gewalt entblößt, sondern vielmehr durch Seinen Knecht Paulus Röm. 3,. gebieten lassen: Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Daß es aber in der unsichtbaren Welt feindselige Fürstenthümer und Gewaltige gebe, erhellt daraus, daß der Satan oder Beelzebub der Dämonen Oberster genannt und ihm ein Reich zugeschrieben wird, Luk. 11,15.18., und daß Paulus Eph. 6,12., nachdem er vorher von den listigen Anläufen des Teufels geredet hatte, der Fürsten und Gewaltigen Meldung thut, mit denen man zu kämpfen habe, und die er von Fleisch und Blut, das ist von Menschen, unterscheidet und Weltbeherrscher nennet, die in der Finsterniß dieser Welt herrschen. Es ist auch fast keine Nation auf der Erde, welche nicht von bösen Geistern einen Begriff hätte und sie fürchtete. Paulus sagt aber Kol. 2,15.: Fürstenthümer sind die Obersten einer Klasse. Wenn nun diese ausgezogen sind, so sind auch ihre Untergebenen ausgezogen. Gewaltige sind starke Geister, welche sich über gewisse Sachen eine Gewalt anmaßen. Was hat ihnen aber Gott ausgezogen? Ihren Harnisch oder ihre Waffenrüstung, wie Luk. 11,22. gesagt wird. Was aber diese Waffenrüstung bedeutet, ist schwer zu sagen. Eph. 6,13. uff. wird die göttliche Waffenrüstung beschrieben, welche die Glaubigen ergreifen sollen. Im Gegensatz gegen dieselbe kann man sagen, daß Gott die stolzen und mächtigen Dämonen ausgezogen habe, da Er ihre Lügen, welche bei dem Götzendienst und bei falschen Wundern und Weissagungen, ja auch bei falschen Lehren einen Schein der Wahrheit hatten, durch das Licht des Evangeliums entdeckte, und da er ihre scheinbare Gerechtigkeit, welche sie als Ueberwinder der Menschen, 2 Petr. 2,19., zu haben meinten, und worauf sie mit einer stolzen Zuversicht sehr trotzten, weil sie die Menschen als Rebellen wider Gott ansahen, mit denen sie handeln dürfen, wie sie wollen, zu nichte machte, und durch das wahre und hohe Recht, welches Christus an die Menschen als Seine Erlösten hat, gänzlich aufhob. Indem Gott die Fürstenthümer und Gewaltigen von ihrer Waffenrüstung so entblößte, trug Er sie öffentlich oder freimüthig zur Schau, indem Er einen Triumph aus ihnen machte. Dieses mag bei der Himmelfahrt Christi in der unsichtbaren Welt mit einem besondern Gepränge geschehen sein, aber auch in der sichtbaren Welt that Er’s und thut Er’s noch immer, indem der Götzendienst fiel, die Orakel und Zaubereien in Verruf gebracht und die eigentlichen Diener der Dämonen, wie Elymas, von Gott und von Menschen gestraft werden. Dieses Alles thut Gott durch Christum, denn Seine Erlösung ist der Grund von diesem Allem. Wir haben also nicht nöthig, böse Geister zu verehren, damit sie uns nicht schaden, oder wider sie abergläubische Mittel zu brauchen, oder auch sie ängstlich zu fürchten. Der Glaubensgedanke: ich bin Gottes durch Christum, Christus hat mich mit Seinem Blut erkauft, ich stehe unter dem Schutz eines Königs, der größer als Alles ist, ich gehöre demjenigen an, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet – dieser Glaubensgedanke macht getrost, und schützt wider alle Dämonen, sie mögen sein, wie sie wollen.
Mel.: Die Tugend wird durch’s Kreuz etc.
1.
Mein Herz fürcht’t nun den Satan nimmer,
Ich bin kein Theil von seinem Haus.
Gott zog ja selbst die Fürstenthümer
Und Höllenmachten mächtig aus;
Sie sind schon längst zur Schau getragen,
Mein Heiland selbst hielt den Triumph,
Will’s noch der Fürst mit Pfeilen wagen,.
Sind sie dem Glauben doch zu stumpf.
2.
Singt in den Hütten, ihr Gerechte,
Mit Freuden nun nach solchem Krieg;
Singt vom Triumph: die starke Rechte
Des Herrn behielt den großen Sieg.
Auch ich ward einst dem Feind zum Raube,
Der ich nun Jesu Beute bin;
Ich weiß, an welchen ich jetzt glaube,
Mein Herr kennt mich, ich kenne Ihn.
3.
Hat Gott den Feind zur Schau geführet,
So steh’n auch die Erlösten da,
In feierlichem Schmuck gezieret,
Die man zuvor in Ketten sah.
Herr, zieh’ mich auch vor Deinem Throne
Einst mit den Siegeskleidern an,
Daß ich dem Vater und dem Sohne
Für mein Erretten danken kann!
Christus Jesus ist unser Friede. Eph. 2,14.
Zur Zeit des alten Testaments war das Ceremonialgesetz ein Zaun, welcher Juden und Heiden so von einander trennte, daß jene mit diesen wegen des Verbotes vieler Speisen nicht essen, und wegen des Sabbaths ihnen nicht leicht dienen konnten. Es waltete aber auch zwischen beiden eine Feindschaft, nach welcher die Juden von den Heiden wegen ihres besondern Gottesdienstes gehaßt, die Heiden aber von den Juden als unreine und unwissende Götzendiener verabscheut wurden, so war es schwer, sie zu einer Vereinigung zu bringen. Die Glaubigen aus den Juden verlangten, diejenigen von den Heiden, welche glaubig worden waren, sollten sich beschneiden lassen und das ganze Ceremonialgesetz halten, folglich bei dem Glauben an Jesum jüdische Proselyten werden, damit sie mit ihnen brüderlich umgehen könnten, Ap. Gesch. 15,1. Allein Petrus sagte V. 10.11.: was versucht ihr Gott mit Auflegung des Jochs auf der Jünger Hälse, welches weder unsere Väter noch wir haben mögen tragen? Sondern wir glauben, durch die Gnade des Herrn Jesu Christi selig zu werden, gleicher Weise, wie auch sie, nämlich die Jünger aus den Heiden. Doch wurde damals wegen des Eckels der jüdischen Brüder so weit nachgegeben, daß den heidnischen neben der Hurerei, welche sie im Heidenthum nie für Sünde gehalten hatten, das Essen vom Götzenopfer, vom Blut und vom Erstickten untersagt wurde, V. 29. Uebrigens hat Paulus hernach auf eine völlige Gleichheit und Vereinigung der glaubigen Juden und Heiden gedrungen, und insonderheit Eph. 2,14. behauptet, der Zaun zwischen ihnen sei zerbrochen und es sei der Wille Gottes, daß aus beiden Ein Mensch, Ein Bau und Eine Bürgerschaft im Reich Gottes werde. Der Grund dieser Einheit war nach der Lehre Pauli Christus Jesus. Er ist unser Friede, sagte er, und hat aus Beiden Eins gemacht. In Christo Jesu findet der Israelit durch den Glauben Gnade, Friede mit Gott, und die Hoffnung des ewigen Lebens: und der Heide findet dieses Alles auch in Christo Jesu durch den Glauben. Durch Ihn haben alle beide Zugang in Einem Geiste zum Vater, V. 8.
Auch zu unserer Zeit sind glaubige Christen nicht nur durch die leibliche Abstammung und durch den äußerlichen Stand, sondern auch durch Meinungen und gottesdienstliche Gebräuche, welche nicht zum Wesen des Christenthums gehören, von einander unterschieden: der Unterschied aber soll keine Trennung der Herzen machen. Christus Jesus ist unser Friede. Er ist das Haupt, der Herr, der Erlöser, der Fürsprecher und die Quelle des Lichts und Lebens für Alle. Freilich sollen diejenigen, die bei einander wohnen und zu Einer Gemeinde gehören, auch einerlei Rede führen und fest an einander halten in Einem Sinn, und in einerlei Meinung, wie Paulus den Korinthern 1 Kor. 1,10. befiehlt, weil sonst schädliche und beschwerliche Spaltungen auch über Nebensachen entstehen; doch muß auch zwischen solchen Christen, und zwischen allen übrigen, die einander ganz unbekannt sind, Christus Jesus der Friede sein. Wer sich nicht an Ihn als das Haupt hält, wer Seiner nicht durch den Glauben theilhaftig worden ist oder theilhaftig bleibt, ist kein Bruder, keine Schwester, kein Glied an Seinem Leibe. Er allein hält alle Glieder Seines Leibs durch Seinen Geist zusammen, gleichwie sie auch durch Ihn Friede mit Gott haben.
Mel.: Sieh, hier bin ich etc.
1.
Die Beschwerden
Dieser Erden
Häufen sich noch immerzu,
Und im Streiten
Dieser Zeiten
Hat man nirgends keine Ruh’.
Wo ist Friede
Für uns Müde?
Du bist’s, treuer Jesu, Du!
2.
Sünden schmerzen
Oft im Herzen,
Und kein Fried’ ist im Gebein;
Unverbunden
Sind die Wunden;
Jesu! Dein Blut heilt allein,
Dein Versühnen
Kann uns dienen,
Du mußt unser Friede sein.
3.
In der Eile
Fahren Pfeile
Von dem Satan auf uns dar;
Jesus schützet,
Glaube nützet
Als ein Schild uns in Gefahr;
So ist Frieden
Uns beschieden,
Weil der Heiland Sieger war.
4.
Uns bekriegen
Mord und Lügen
Zwar von außen in der Welt;
Doch von innen
Kann’s gewinnen,
Wer Geduld und Glauben hält;
Nichts heißt Schade,
Wenn nur Gnade
Unser Herz zufrieden stellt.
5.
O Erlöser!
Noch viel größer
Ist der Friede jener Stadt,
Da sind Psalmen,
Da sind Palmen,
Die ein Ueberwinder hat;
Nimm mich Müden
Hin im Frieden,
Dort wird Niemand lebenssatt!
Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast Du eine Macht zugerichtet. Ps. 8,3.
Diese Worte werden von Christo Matth. 21,16. angeführt, nachdem jüdische Kinder im Tempel zu Jerusalem zu Seiner Ehre geschrieen hatten: Hosianna dem Sohn Davids. Denn da die Hohenpriester und Schriftgelehrten zornig und neidisch zu Ihm sagten: hörest Du auch, was diese sagen? so sprach Er zu ihnen: ja, habt ihr nicht gelesen: aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast Du Lob zugerichtet. Junge Kinder sind Unmündige, ob sie gleich reden können; unter diesen konnten aber auch Säuglinge sein, denn die jüdische Mutter, deren sieben Söhne um des Glaubens willen hingerichtet wurden, hielt dem jüngsten derselben vor, sie habe ihn bei drei Jahren gesäuget, 2 Macc. 7,28. Was Ps. 8,3. eine Macht genannt wird, heißt Matth. 21,6. Lob. Wenn man nun beide Worte zusammennimmt, so entsteht der Begriff von einem Lob, welches mit Macht ausbricht, und sich durch kein saures Gesicht, durch keine Drohung und Lästerung zurückhalten läßt. Es gereichte zum Lob des HErrn Jesu, daß die jungen Kinder schrieen: Hosianna dem Sohn Davids. Sie huldigten Ihm dadurch als ihrem König, ja sie priesen Ihn als den Messias, weil von Seinem Einzug zu Jerusalem Ps. 118,24.25.26. geweissagt war: dieß ist der Tag, den der HErr machet; lasset uns freuen und fröhlich darinnen sein. O HErr hilf (das ist Hosianna), o HErr laß wohl gelingen. Gelobet sei, der da kommt im Namen des HErrn. Die Kinder wurden also nach dem Vorgang anderer rechtschaffener Israeliten im Tempel durch einen göttlichen Antrieb fröhlich, und riefen dem HErrn Jesu die Worte: Hosianna dem Sohn Davids zu; da hingegen die Hohenpriester und Schriftgelehrten finster und grimmig waren, weil der Feind, der rachgierige Satan, ihre Herzen erfüllt hatte, der aber durch das Geschrei der Kinder überwunden und zurückgetrieben wurde.
Lasset uns aus dieser Geschichte lernen, wie kleine Kinder keine unbedeutenden Personen im Reich Gottes seien, wie sie göttlicher Gnadenwirkungen fähig seien, und wie ihr Beten, Loben und Danken, welches durch denselben Geist erregt wird, ein wichtiger Gegenstand des göttlichen Wohlgefallens sei. Man errichtet heutiges Tags viele Erziehungsanstalten, und schreibt viele Bücher von der Erziehung der Kinder: es scheint aber, die Anweisung zur Anbetung und zum Lob des HErrn Jesu werde allzuviel dabei vergessen, und man rechne viel zu wenig auf die Wirkungen des Heiligen Geistes in den Seelen der Kinder und auf die Empfindungen, welche sie von der Wahrheit auch ohne einen tiefsinnigen Beweis bekommen. Alte Leute haben mit Aergernissen, Zweifeln, Menschenfurcht und gefährlichen Lüsten zu kämpfen, und müssen deßwegen, wenn sie aus der Taufgnade gefallen sind, mit einem ernstlichen Kampf zu der Gnade und Wahrheit durchbrechen. Wer nun Kinder in der Auferziehung auch dazu anstrengen will, irret sehr. Sie glauben leicht, sie freuen sich leicht. Die Wahrheit findet bald bei ihnen Eingang. Zu ihrem himmlischen Vater und zu ihrem göttlichen Erlöser fassen sie bald eine Zuversicht. Sie loben Ihn, wenn Andere schweigen; sie bekennen Seinen Namen, wenn Furcht, Neid, Haß, Mißmuth und Zweifel Andere stumm macht. Nicht die Kunst, sondern Gott selbst macht sie durch das Evangelium, wenn man’s ihnen treulich vorsagt, zu Seinem Lob tüchtig. Alte müssen umkehren, und wie die Kinder werden, wenn sie in’s Reich Gottes eingehen wollen.
Mel.: Herr Jesu, Gnadensonne.
1.
HErr, wenn ich Kinder höre,
Wie ihre Stimme klingt,
Daß Dir, o Gott, zur Ehre
Ein munt’res Völklein singt,
So wird mein Herz gerühret,
Weil man an ihnen spüret,
Was Deine Gnade wirkt.
2.
Es ist Dein Wohlgefallen,
Daß Du ein Abba hörst,
Das Säuglinge kaum lallen,
Und das Du doch gewährst.
Ist nun Dein Lob im Munde,
Was wird im Herzensgrunde
Dein Geist verborgen thun!
3.
Stimmt nun, ihr kleinen Kinder,
Dem HErrn Sein Loblied an;
Singt nun, ihr jungen Sünder,
Was Jesus uns gethan;
Wißt ihr sonst nichts zu finden,
Singt nur: von allen Sünden
Macht Christi Blut uns rein.
4.
HErr, der Du uns erkaufet
Zu Deinem Eigenthum,
Belebe, was getaufet,
Zu Deines Namens Ruhm.
Dort werden auch die Kleinen
Vor Deinem Thron erscheinen
Zum Lobe Deiner Macht.
Seid fest im Glauben, wie ihr gelehret seid. Kol. 2,7.
Es war schon zu der Apostel Zeit sehr nöthig, im Glauben fest zu werden, weil neben den Leiden, welche auf die Glaubigen zustürmten, auch viele Verführer und Betrüger in der Welt waren, welche unbefestigte Seelen verwirren und von der erkannten Wahrheit abführen konnten, wie in den Briefen der Apostel mehrmals angezeigt wird. Aber auch nach dem Tod der Apostel und bisher, vorzüglich aber auch zu der jetzigen Zeit, da der Abfall von der christlichen Religion sehr überhand nimmt, ist die apostolische Ermahnung: seid fest im Glauben, wie ihr gelehret seid, allen wahren Christen sehr nöthig. Wie kann man aber im Glauben fest werden? Soll ein jeder Christ alle weither geholten Beweise von der Wahrheit des Evangeliums, welche die Gelehrten gesammelt haben, sich bekannt machen? Soll ein jeder alle Einwendungen der Feinde der Wahrheit wissen und widerlegen können? Dieses Alles ist den allermeisten Christen unmöglich. Der treue und barmherzige Gott, dem di Seele des Ungelehrten so lieb ist, als die Seele des Gelehrten, muß einen näheren Weg zur Festigkeit im Glauben in Seinem Wort gezeigt haben. Dieser Weg ist der Weg des Gehorsams, denn Christus sagt Joh. 7,17.: so Jemand will den Willen dessen thun, der Mich gesandt hat (so weit ihm derselbe Wille bekannt ist), der wird inne werden, ob Meine Lehre von Gott sei. Er ist ferner ein Weg der erbetenen Erleuchtung. So Jemand Weisheit mangelt, der bitte von Gott, der da gibt einfältiglich Jedermann u.s.w. Jak. 1,5. Der himmlische Vater offenbart Seinen Sohn in der Seele durch den Heiligen Geist, und der Sohn offenbart den Vater durch den Heiligen Geist; Christus erleuchtet die Seele als das Licht der Welt, Er öffnet das Verständniß, und gibt erleuchtete Augen des Verständnisses durch den Geist der Weisheit und der Offenbarung; dadurch entstehen helle, gewisse, kräftige Einsichten, bei welchen man bleibet, die Welt mag nebenher erdenken und plaudern, was sie will. Es ist ferner ein Weg der geistlichen Empfindung. Das Evangelium ist eine Kraft Gottes zur Seligkeit; die Wahrheit macht von der Sünde frei; man wird in der Wahrheit geheiligt; sie erquickt und tröstet die Seele gründlich; und aus diesen Wirkungen, welche man in sich selbst empfindet, wird sie als Wahrheit erkannt. Es ist ferner ein Weg der Prüfung, welche auch einem Einfältigen möglich ist. Man betrachte die Beschaffenheit der Personen, welche glauben, und nicht glauben, und bedenke, daß nur die wahre Lehre ein guter Samen sei, der gute Früchte hervorbringe, folglich von guten Früchten auf eine gute Lehre geschlossen werden könne. Es ist endlich ein Weg der Anbetung Gottes und der Geduld. Wird je die Seele eines Christen durch Zweifel oder neue Meinungen beunruhiget, so soll er nur nicht schnell zufahren, sondern still stehen, beten, und mit Geduld warten, bis seine Seele genug Licht empfangen hat, Alles zu prüfen. Auf diesem Weg, welcher ein einiger, heiliger und gebahnter Weg ist, worauf auch die Thoren nicht irren können, mache mich, o treuer und wahrhaftiger Gott, im Glauben immer fester.
Mel.: Was Gott thut, das ist wohlgethan.
1.
Ich kenne Jesum, Gottes Sohn,
Und bin Sein Jünger worden;
Regt sich die Macht der Feinde schon
Mit Dräuen und mit Morden,
So bleibt doch Er
Mein Gott und HErr;
Ich will Ihn frei bekennen
Und meinen Heiland nennen.
2.
Ich weiß es, was Er mir gethan,
Wie hoch Er mich geliebet:
Er nahm sich meiner herzlich an,
Ward bis zum Tod betrübet
Und starb für mich;
Sein Blut hab’ ich,
Das reinigt mich von Sünden;
Was könnt’ ich Theurer’s finden?
3.
Ich glaube Seinem Wort und Geist,
Dem Wort und Geist der Gnaden.
Er hält mir fest, was Er verheißt,
Was sollt’ ein Fleisch mir schade\\n?
Ich habe Gott;
Welt, treibst Du Spott,
Ich kann bei Hohn und Schmähen
Zu Gott als Vater flehen.
4.
Vom Menschendräuen stirbt kein Christ,
Er weiß es, wenn er lebe,
Und weiß, wie groß das Erbtheil ist,
Das Gott den Seinen gebe.
Er lebt dem HErrn,
Und stirbt Ihm gern.
HErr! laß mich Dir auch sterben,
Und laß mich mit Dir erben.
Danksaget dem Vater, welcher uns errettet hat, von der Obrigkeit der Finsterniß, und hat uns versetzt in das Reich Seines lieben Sohnes. Kol. 1,13.
Die Errettung von der Obrigkeit oder Gewalt der Finsterniß muß eine sehr wichtige Wohlthat sein, weil Paulus die Kolosser aufmuntert, dem himmlischen Vater dafür zu danken. Diese Obrigkeit oder Gewalt wird dem Reich des Sohnes Gottes entgegengesetzt, und der Sohn Gottes wird hernach nicht nur als derjenige beschrieben, indem man die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden habe, sondern auch als das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, und als der Schöpfer und HErr und das Ziel aller Dinge, V. 15 – 18. Es ging nämlich in Kolossä und in der Gegend, wo diese Stadt lag, eine morgenländische Weltweisheit (Kap. 2,8.) im Schwang, nach welcher der Mensch mit Gott noch nicht versöhnt war, sondern ich durch die Enthaltung von gewissen Speisen, Beobachtung jüdischer Feiertage, Härtigkeit gegen den Leib, und Beobachtung anderer Satzungen Ruhe der Seele verschaffen sollte, Kap. 2,16.20.21.22.23. Christus war nach derselben nicht der Erste und der Höchste, nicht das A und das O. Man verehrte die Engel, man redete viel von geistlichen Hoheiten und Gewalthabern und fürchtete dieselben u.s.w. Paulus aber lehrte, Christus sei der Sohn Gottes und das Haupt alles dessen, was Thron, Herrschaft, Fürstenthum oder Obrigkeit heißen könne. Er habe ein Reich, in das die Glaubigen versetzt werden. In Ihm haben sie die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, daß sie dieselbe nicht anderswo und auf eine andere Weise zu suchen nöthig haben. Den unsichtbaren geistlichen Wesen aber, welche jene Weltweisen fürchteten, und durch allerhand abergläubische Mittel zu begütigen trachteten, gab er den Namen der Obrigkeit oder Gewalt der Finsterniß, und versichert die Glaubigen zu Kolossä, sie haben keine Ursache, sie ängstlich zu fürchten oder zu begütigen, denn Gott habe sie schon durch Christum davon errettet. Es ist also nicht gleichgültig, ob man eine finstere Macht, die dem Reich Jesu Christi entgegengesetzt ist, erkenne oder nicht; denn die Errettung von derselben ist ein großer Beweis der Liebe Gottes, und eine große Frucht der Erlösung Jesu Christi, folglich ist die Lehre davon ein namhafter Theil des Evangeliums. Die Macht der Finsterniß oder der Satan, der in der Finsterniß dieser Welt herrschet, erhält eine jede Seele, die darunter steht, in der Unwissenheit in Ansehung der geistlichen Dinge, verhütet alle Eindrücke des Wortes Gottes, oder löscht sie wieder aus, stellt der Seele das Böse als gut und das Gute als bös vor, und erhält sie in einer beständigen Neigung, Böses zu denken, zu reden, und zu thun, und Gott zu hassen. Obschon die Einwirkung böser Geister in die Seelen der Menschen, wie vieles Andere, nicht erklärt werden kann, so ist sie doch gewiß, und wird von der heiligen Schrift bestätigt. Sie währt vielleicht nicht an Einem fort, aber die böse Beschaffenheit der Seele, die daraus entsteht, währt fort, bis eine Errettung geschieht. Christus hat diese Errettung allen Menschen erworben, sie widerfährt aber nur denen, die sich zu Ihm bekehren. Wie gern will ich im Reich des Sohnes Gottes, wo das Licht des Lebens scheint, leben! Ewig will ich gern darin leben.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Im Kerker trauern müssen,
Vom Licht getrennet sein,
Nichts von der Liebe wissen,
Und nur von Zorn und Pein,
Das ist ein Höllenstand.
Von solchen Finsternissen
Hat Gott herausgerissen
Durch Seine starke Hand.
2.
Im Reich des Sohns der Liebe,
In Gottes Gnaden steh’n,
Und bei des Geistes Triebe
Sein lichtes Erbloos seh’n,
Das ist ein Himmelsstand,
Der ewiglich ergötzet.
Hierein sind wir versetzet
Durch Gottes Vaterhand.
3.
Gebt, ihr erlösten Sclaven,
Die Gottes Arm befreit,
Gebt, die ihr nun zu Schafen
Von Ihm gezeichnet seid,
Gebt Ihm der Allmacht Ruhm;
Dankt Ihm in voller Freude,
Als Schafe Seiner Weide,
In Seinem Heiligthum.
4.
Der Vater aller Lichter
Sei ewiglich gepreist,
Der nun sich nicht als Richter,
Nein, als ein Vater weist;
Er will es und verspricht’s,
Wir sollen dort Ihm singen
Und Lob der Gnade bringen
Im Erbtheil jenes Lichts.
Die heilsame Gnade züchtiget uns, daß wir – warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi. Tit. 2,11.12.13.
Auf was wartest du, mein lieber Mensch? Vielleicht auf gute Tage in dieser Welt, die noch kommen sollen; vielleicht auf ein Ehrenamt, das dir noch zu Theil werden soll; vielleicht auf einen Reichthum, der dir noch zufallen soll? Wie aber, wenn dein Warten vergeblich wäre? Alsdann wärest du äußerst mißvergnügt. Und wie, wenn dein Warten und Hoffen erfüllt würde? Alsdann wärest du auch mißvergnügt; denn Salomo, der Alles bekam, was ein Mensch auf Erden begehren kann, sagt, es sei doch Alles Eitelkeit und Mühseligkeit gewesen, und unter der Sonne bleibe einem Menschen nichts übrig, oder er finde kein bleibendes Gut, Pred. 2,1.; ja, es habe ihn verdrossen zu leben, denn Alles, was unter der Sonne sei, habe ihm übel gefallen, weil es so gar eitel und Mühe sei, V. 17. Auf dieses Mißvergnügen läuft alles Begehren und Warten derjenigen hinaus, welche unter der Sonne ihr höchstes Gut suchen; wie auch die Lebensläufe vieler Menschen, die sehr glücklich zu werden schienen, einen Jeden belehren können. Auf was sollst du also warten, mein lieber Christ, wenn das Wort Salomo’s Spr. 10,28. an dir erfüllt werden soll: das Warten der Gerechten wird Freude werden? Du sollst warten auf die selige Hoffnung, du sollst nämlich warten, daß die Hoffnung, welche an sich schon selig macht, und welche auf eine vollkommene Seligkeit gerichtet ist, an dir ganz erfüllet werde. Du sollst warten auf die Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und Heilandes Jesu Christi, welche dich unaussprechlich erquicken, und zu einer herrlichen und völlig vergnügten Kreatur machen kann. Auf dieses sollst du warten. Ist aber das Erwartete auch gewiß? Es ist an sich selbst gewiß, denn der wahrhaftige Gott, der nicht lügen kann, hat es verheißen. Es soll aber auch in Absicht auf dich selbst gewiß sein, damit du nicht vergeblich wartest, und bei deinem Warten zu Schanden werdest. Darum, mein Lieber, weil du darauf warten sollest, so thue Fleiß, daß du vor dem HErrn unbefleckt und im Frieden erfunden werdest, 2 Petr. 3,14. Zu diesem Ende soll dich die allen Menschen in Christo erschienene heilsame Gnade züchtigen, das ist anleiten und anweisen, daß du verleugnest das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig lebest in dieser Welt. Diese Welt ist aber eine böse Welt. So überwinde sie denn durch den Glauben. Wie aber, wenn ich bei einem solchen Leben in dieser Welt überall zurückstehen und Schaden und Schmach leiden muß? Alsdann tröste dich mit jener Hoffnung und Erscheinung. Wenn jene Hoffnung erfüllt werden, und jene Erscheinung geschehen wird, so wirst du viel reicher, vornehmer, herrlicher und vergnügter werden, als du in dieser Welt bei einer königlichen Würde geworden wärest. Dieses Warten währt aber so lange? Was sagt aber die Schrift Hab. 2,3.4.? Die Weissagung wird noch erfüllet werden zu seiner Zeit, und wird endlich frei an den Tag kommen, und nicht außen bleiben. Ob sie aber verzeucht, so harre ihr, sie wird gewiß kommen, und nicht verziehen. Siehe, wer halsstarrig ist, wird keine Ruhe in seiner Seele haben; denn der Gerechte lebet seines Glaubens.
Mel.: O Jerusalem, du schöne.
1.
Keusch, gerecht, gottselig leben
Lernt man in der Gnade Zucht;
Denn darum erschien sie eben,
Als sie Sünder heimgesucht,
Und es ist der Christen Staat,
Gnade glauben in der That.
2.
So erwarten Dich die Deinen,
Gott und Heiland, Jesu Christ,
Bis Du herrlich wirst erscheinen,
Der Du ihre Hoffnung bist.
Dein, HErr Jesu, Dein bin ich,
Denn Du gabst Dich auch für mich!
3.
Züchtige mich auch durch Gnade,
Heilsam ist sie immer mir,
Daß mich ihre Zucht gerade
Auf das Ziel der Hoffnung führ’,
Und ich, Deiner Zucht getreu,
Schon in Hoffnung selig sei.
4.
Wenn Du Dich wirst offenbaren,
O wie herrlich wird es geh’n,
Wenn Dich alle Menschenschaaren
In den Wolken kommen seh’n!
Großer Heiland! komm alsdann
Mir als Seligmacher an.
5.
Raff’ mich nicht weg zum Verderben
Und Erwartung des Gerichts;
Laß mich in der Gnade sterben
Auf ein Erbtheil jenes Lichts,
Daß ich an dem jüngsten Tag
Deine Gnade preisen mag.
Gott dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, dem alleinigen Gott, sei Ehre und Preis in Ewigkeit. 1 Tim. 1,17.
Nachdem Paulus die Barmherzigkeit, die ihm als einem ehemaligen Lästerer und Verfolger und Schmäher widerfahren war, gepriesen, und dieselbe aus der Erlösung Jesu Christi hergeleitet hatte, so erhob er sich endlich zu der höchsten Quelle, aus welcher Alles, auch die Erlösung Jesu Christi, herfloß, und sagte: Gott dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, dem alleinigen Gott, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Gott ist ein ewiger König, der das höchste Recht hat zu begnadigen und zu verdammen, und der, wenn Er begnadigen will, auch einen Mittler, durch den die Begnadigung geschehen konnte, hat aufstellen können. Wenn Er einem Sünder Barmherzigkeit erzeigt, so hat es ewige Folgen, da die sterblichen Könige auf Erden nur auf eine kurze Zeit wohlthun können. Er hört nie auf König zu sein; folglich werden auch die Geschöpfe, über die Er herrscht, nie aufhören zu sein. Er ist unvergänglich, weil Er das Leben in Sich selber hat. Die nach einander dahin fließenden Zeiten und Ewigkeiten verursachen Ihm kein schwaches Alter, Er bleibet wie Er ist, der immer gleich lebendige, gleich weise, gleich gute, gleich heilige Gott. Die Ausflüsse und Mittheilungen, die von Ihm herkommen, vermindern nichts und erschöpfen nichts bei Ihm. Alle Seine Werke ermüden Ihn nicht. Wer also in Ihm ist, kann es ohne Aufhören sein. Gott ist unsichtbar im höchsten Verstand, folglich von den Göttern der Heiden unermeßlich unterschieden, von denen man glaubte, daß sie eine sichtbare Natur haben. Unsern Gott hat kein Mensch gesehen, und kann kein Mensch sehen, obschon einige Propheten Seine Gestalt, worin Er ihnen Seine unsichtbare Kraft und Gottheit als in einem Spiegel zeigte, gesehen haben. Aber Sein geistliches Wesen hat kein Mensch je gesehen, und kann kein Mensch sehen, und dieses beweist die unbegreifliche Vortrefflichkeit desselben, als welche so unendlich über Alles erhaben ist, daß keines Menschen leibliche oder geistliche Sinnen sie erreichen können. Doch damit uns der unsichtbare Gott nicht unbekannt bliebe, und weil die Gestalt, welche die Propheten sahen, nicht Alles entdecken konnte, so mußte Jesus Christus das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes werden, damit wir die Herrlichkeit Gottes in Seinem Angesicht sehen könnten. Wer Ihn sahe, der sahe den Vater. Wer Gott erkennen will, erkenne Christum, wie Er uns im Evangelium vor die Augen gemalt ist. Christus hat Seinen Sinn durch Worte und Werke genugsam geoffenbart, aber so, wie Er gesinnt war und noch ist, ist der unsichtbare Gott gesinnt. Gott ist der alleinige Gott, und hat deßwegen verboten, andere Götter neben Ihm zu haben. Wenn Er Seinesgleichen hätte, so wäre das Ihm gleiche Wesen auch Gott: Ihm ist aber nichts gleich, Er ist unvergleichlich, Er ist unermeßlich über Alles erhaben. Niemand soll also gefürchtet, geliebt, gelobt und angebetet werden, wie Er. Er ist der Einige, dem wir uns aufopfern, dem wir anhangen, und in dem wir selig sein sollen. Ob Er schon der Einige, und außer Ihm kein Gott ist, so hat Er Sich doch als der Vater, das Wort und der Heilige Geist geoffenbart: diese Drei aber sind Eins. Ihm sei Ehre! Ihm sei Herrlichkeit von mir und allen Geschöpfen! Ehre, weil Er der König der Ewigkeit ist; Herrlichkeit, weil Er der Unvergängliche, Unsichtbare und der alleinige Gott ist. Alles, was Athem hat, lobe Ihm. Hallelujah!
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Kommt und betet unterthänig
Gott für Sein Erbarmen an!
Gott, der Ewigkeiten König,
Macht sich Alles unterthan.
Alle Zeit ist unzulänglich,
Daß sie Ihm Sein Leben miß,
Er, der HErr, ist unvergänglich,
Da sonst Alles endlich ist.
2.
Gott ist nicht ein sichtbar Wesen,
Wohnt Er schon in einem Licht;
Was wir von dem Lichte lesen,
Sehen doch die Augen nicht.
Thoren, die ihr Gott sollt sehen!
Was man siehet, ist nicht Gott;
Nur der Glaube lernt’s verstehen,
Und der Unglaub’ wird zu Spott.
3.
In dem Wesen ist’s nur Einer,
Und der Eine ist’s allein.
Außer Ihm ist sonsten keiner,
Kann auch sonsten keiner sein\\.
Alles, was Er schuf, zusammen,
Hat Er Sich zum Lob bereit’t;
Alles singe Seinem Namen
Ehr’ und Preis in Ewigkeit.
Wen da dürstet, der komme, und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst. Offenb. Joh. 22,17.
Es ist sehr löblich, daß in diesem Vers das Wörtlein komm gleichsam von zwei Seiten her erschallet. Der Geist und die Braut sprechen zu dem HErrn Jesu: komm; der Geist sagt es nämlich in den auserwählten Seelen, mit denen sich der HErr Jesus verlobt hat, und die Seine Braut ausmachen, und diese Seelen stimmen von Herzen mit dem Geist überein: gleichwie nach Röm. 8. der ewige Geist Gottes und der Geist der Glaubigen bei dem Zeugniß von der Kindschaft Gottes mit einander übereinstimmen und zusammen treffen. Johannes setzt aber hinzu: wer es höret, daß der Geist und die Braut so sprechen, sage auch zu dem HErrn Jesu: komm. Er wünscht, daß alle Menschen so sprechen, durch dieses Sprechen dem HErrn Jesu Seine Ehrerbietung beweisen, und zum Stehen vor Ihm bei Seiner Zukunft geschickt werden. Auf diesen Zuruf: komm, antwortet nun der HErr Jesus: wen da dürstet, der komme. Er weiß, daß alle Seelen auf Erden noch durstig seien. Keine ist mit Geistesgaben bis oben an erfüllet. Und die Hitze der Trübsal vermehrt noch bei einer jeden den Durst. Wen aber dürstet, der soll kommen. Wohin soll erkommen? Die Antwort auf diese Frage steht Joh. 7,37., wo Christus sagt: wen da dürstet, der komme zu Mir und trinke. Was bedeutet aber dieses Kommen? Christus erklärt es V. 38., wo Er sagt: wer an Mich glaubet, wird erfahren, was die Schrift von dem Messias sagt: von Seinem Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen. Wer ist aber dieses lebendige Wasser? Johannes sagt’s uns V. 39., da er zu der Rede Christi hinzusetzte: das sagte Er aber von dem Geist, welchen empfahen sollten, die an Ihn glaubeten. Ich soll also zu Christo kommen, das ist, glaubig mich zu Ihm wenden, und so von dem Wasser des Lebens eine Gabe nach der andern umsonst empfahen. Von Ihm fließt dieses Wasser immer reichlich aus, denn Er hat’s ohne Maß empfangen. Ob es aber gleich ausfließt, und den Kommenden gegeben wird, so entgeht Ihm doch nichts. Es bleibt immer voll. Man empfängt aber die Geistesgaben umsonst von Ihm, wie es auch Jes. 55,1. bezeugt wird, wo Er sagt: wohlan alle, die ihr durstig seid, kommet her zum Wasser, und die ihr nicht Geld habt, kommet her, kaufet und esset, kommet her und kaufet ohne Geld und umsonst beide Wein und Milch, d.i. Geistesgaben, die Stärke und Freude machen. Wann soll ich aber kommen? Ich soll heute, ich soll jetzt kommen, wie denn Christus Joh. 7,37. lebende Menschen dazu aufgerufen, und Joh. 4,10. zu einer samaritischen Sünderin gesagt hat: wenn du erkennetest die Gabe Gottes, und wer der ist, der zu dir sagt: gib Mir zu trinken, du bätest Ihn, und Er gäbe dir lebendiges Wasser. Weil ich aber doch bei Leibesleben nicht ganz mit dem Wasser des Lebens erfüllt werden kann, so will ich Ihn bitten, und bitte ihn jetzt: HErr heiß mich zu Dir kommen, wenn ich sterbe (Matth. 14,28.), und wenn Er alsdann sagen wird: komm her (V. 29.), so werde ich zu der großen Schaar gelangen, die Er weidet, und zu dem lebendigen Wasserbrunnen leitet (Offenb. 7,17.), und zuletzt werde ich satt werden, wenn ich erwache nach Seinem Bilde.
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Ich hab’ ein Wort vernommen,
Das Jesus selber spricht,
Wen dürstet, der soll kommen;
Wer will, der kauft es nicht,
Doch kommt er nicht vergebens,
Aus Christi Fülle quillt
Ein Wasser solches Lebens,
Das alles Schmachten stillt.
2.
So komm’ ich denn geladen,
Weil meine Seele dürst’t,
HErr, zu dem Born der Gnaden,
Wo Du mich tränken wirst.
Mein Herz lechzt vor Verlangen,
Mein Mund eröffnet sich,
Dieß Wasser zu empfangen,
Wo nicht, so sterbe ich.
3.
Trink, ausgezehrte Seele,
Dich dieses Wassers satt;
Du folgest dem Befehle
Deß, der das Leben hat;
Es quillt aus dessen Ritze,
Den man am Kreuz verwund’t;
Trink in der größten Hitze,
Du trinkst Dich ganz gesund.
4.
Im letzten Durst auf Erden
Erquickt dieß meinen Geist,
Daß man soll trunken werden
Von dem, was Gott verheißt.
Wenn wir hier Tröpflein nehmen,
So leben wir davon;
Was wird’s erst sein mit Strömen
Vom Wasser aus dem Thron!
Der Gerechte wird seines Glaubens leben. Gal. 3,11.
Diese Worte, welche Hab. 2,4. stehen, hat Paulus sowohl Röm. 1,17. als auch Gal. 3,11. angeführt und daraus bewiesen, daß die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, aus Glauben in Glauben komme, und daß hingegen Niemand durch das Gesetz gerecht werde. Habakuk redet von dem Glauben in der Beziehung auf eine Weissagung, die zur rechten Zeit werde erfüllt werden, und auf die man, wenn sie auch verziehe, harren müsse. Er versichert auch, daß sie gewiß kommen und nicht verziehen werde. Hierauf sagt er: siehe, wer halsstarrig ist, wird keine Ruhe in seinem Herzen haben; denn der Gerechte lebt seines Glaubens. Halsstarrig sein, oder sich selbst in einen finstern Unmuth gleichsam verschließen, oder, wie Paulus Hebr. 10,38. schreibt, weichen, und sich dem tröstenden Wort Gottes entziehen, ist mit einem Wort der Unglaube, dem in der heiligen Schrift die schädlichsten Wirkungen und Folgen zugeschrieben werden. Bei dem Unglauben ist das Herz nicht aufrichtig, daß Gott ein Wohlgefallen daran haben könnte, wie Paulus Hebr. 10,38. sagt. Hingegen lebt der Gerechte durch den Glauben der Weissagung, wie Habakuk schreibt, oder, wie man jetzt sagen muß, durch den Glauben des Evangelii, welches die erfüllte Weissagung ist. Das Leben, welches der Gerechte durch den Glauben findet, und im Glauben führt, ist ein Leben unter dem Wohlgefallen Gottes, folglich ein Leben, wobei man die Gerechtigkeit hat, die vor Gott gilt, und durch diese Gerechtigkeit Friede mit Gott, und den Anfang des ewigen Lebens. Weil auch die Weissagung, auf die sich der Glaube bezieht, kein Gesetz ist, wie denn überhaupt das Gesetz, wie Paulus Gal. 3,12. sagt, kein Gegenstand des Glaubens, sondern des Thuns ist, und der Mensch, welcher durch dasselbe ein Leben in der Gerechtigkeit erlangen sollte, es durch’s Thun erlangen müßte, so schließt Paulus mit Recht aus den Worten Habakuks, in welchen das Leben aus dem Glauben hergeleitet wird, daß durch das Gesetz Niemand vor Gott gerecht werde. Was ist es aber für eine Weissagung, von welcher Habakuk geredet hat? Welche Weissagung ist so kostbar, so edel, so wichtig, daß der Gerechte, der sie glaubt, leben kann? Der Prophet hatte vorher über den Einfall der Chaldäer in’s jüdische Land und den Untergang des jüdischen Reichs traurige Klagen geführt. Diesen Klagen aber ist diese Weissagung entgegen gesetzt. Konnte aber diese Weissagung nur schlechthin von dem Fall Babels und von der Wiederkehr aus der babylonischen Gefangenschaft handeln? Keineswegs. Die Weissagung von dem Messias war immer der eigentliche Gegenstand des Glaubens aller Gerechten, und wer diese glaubte, lebte unter dem Wohlgefallen Gottes. Warum mußte Babel fallen? Warum durfte Israel von den Chaldäern nicht verschlungen werden? Warum geschahe alles Uebrige zur Zeit des Alten Testaments? Um des Messias willen, der unter Israel und im jüdischen Land auftreten sollte. Nun ist Er erschienen und aufgetreten. Gott hat das Erlösungswerk in der Mitte der Weltjahre lebendig gemacht oder dargestellt, Hab. 3,2. Die Weissagung ist zu einem Evangelio worden. Wer nun an Jesum glaubt, ist ein Gerechter, und lebt durch diesen Glauben unter dem Wohlgefallen Gottes ewiglich. Hallelujah.
Mel.: Ach, was sind wir ohne Jesu.
1.
Gott! ich danke für mein Leben,
Das Dein Gnadenwort verspricht;
Du, Du kannst’s dem Glauben geben,
Das Gesetz vermag es nicht;
Denn die Hoffnung eines Lebens
Ist bei Werken nun vergebens.
2.
Müßt’ ich leben durch die Werke,
Blieb’ ich ewig in der Noth;
Denn wo nähm’ ich Recht und Stärke
Zu dem Aufstehn’ aus dem Tod?
Wer als Sünder schon geboren,
Dessen Werke sind verloren.
3.
Nur des Vaters große Liebe,
Nur des Sohns Versühnungsblut,
Nur des Geistes Kraft und Triebe
Sind uns jetzt zum Leben gut.
Kein Verdienst ist’s; es sind Gaben,
Die wir in dem Glauben haben.
4.
Großer Gott, o welch’ Geschenke!
In dem Glauben dank’ ich Dir.
Gib mir, daß ich nichts gedenke,
Als nur: Jesus lebt in mir.
Laß mich auch in jenem Leben
Dir den Ruhm der Gnade geben!
Vater Ich will, daß, wo Ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast, daß sie Meine Herrlichkeit sehen, die Du Mir gegeben hast. Joh. 17,24.
Mit einer Freimüthigkeit, welche nur dem eingebornen Sohn Gottes gebührt, sagt der HErr Jesus in Seinem Gebet: Vater Ich will. Kein Prophet, kein Apostel hat jemals so zu Gott gesagt. Am Oelberg sagte der HErr Jesus: nicht Mein Wille, sondern Dein Wille geschehe, und meinte, da Er von Seinem Willen redete, den Willen Seiner dem Vater zum tiefsten Gehorsam unterworfenen, aber doch schwachen menschlichen Natur. Joh. 17. aber sagte Er als Gottmensch, und als der eingeborne Sohn, der in des Vaters Schooß ist: Vater Ich will, und war gewiß, daß, was er wollte, auch der Vater wollte. Was wollte Er denn? Ich will, sagte Er, daß, wo Ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast, daß sie Meine Herrlichkeit sehen. Wo ist denn Christus, nachdem Er in die Herrlichkeit aufgenommen worden? Er hat es selber angezeigt, da Er sagte: Ich gehe hin zu Dem, der Mich gesandt hat; Ich verlasse die Welt und gehe zum Vater, und da Er betend zu Seinem Vater sagte: Ich komme zu Dir, verkläre Mich nun bei Dir selbst. Christus ging zu Seinem Vater: wer also nach dem Tod da ist, wo Christus ist, der ist auch bei dem Vater, nämlich in des Vaters Haus, wo viele Wohnungen sind, im Tempel Gottes und vor Seinem Thron, und im neuen Jerusalem, welches eine Hütte Gottes bei den Menschen sein wird. Stephanus betete, als er sterben sollte. HErr Jesu nimm meinen Geist auf. Der Geist des Stephanus kam also zu dem HErrn Jesu, da er aus der irdischen Hütte ging, und eben dieses wird den Geistern oder Seelen aller Gerechten widerfahren, und doch wird das Sein bei Christo erst am jüngsten Tag seine Vollendung erreichen; denn Er wird alsdann noch zu den Gerechten sagen: kommet her, und sie werden, wenn sie dem HErrn in der Luft werden entgegen gerückt sein, also auf eine neue Weise, bei dem HErrn sein allezeit, 1 Thess. 4,7. Wer aber bei Christo ist, siehet auch Seine Herrlichkeit. Die Apostel sahen sie bei Seiner Taufe, bei Seinen Wundern, bei Seiner Verklärung auf dem Berge, und nach Seiner Auferstehung, doch war dasjenige, das sie sahen, eine noch verhüllte Herrlichkeit. Wenn man aber Jesum sehen wird, wie Er ist, so wird man Seine Herrlichkeit als ganz aufgedeckt sehen. Es ist die Herrlichkeit, welche Er schon als das Wort bei dem Vater gehabt hatte, ehe die Welt war, folglich eine göttliche Herrlichkeit, die aber Ihm hernach auch als einem Menschensohn gegeben ward, folglich im Himmel aus Seiner menschlichen Natur herausleuchten wird. Wer sie siehet, in dem spiegelt sie sich, in wem sie ich aber spiegelt, der wird in Sein Bild verkläret, und dieses fängt nach 2 Kor. 3,18. schon in dieser Welt bei den Gerechten an, wird aber in jener Welt vollkommen geschehen. Es wird nach dem Willen des Sohnes Gottes bei Allen geschehen, die Ihm der Vater durch Seine ewige Gnadenwahl und durch Seinen kräftigen Gnadenzug gegeben hat. HErr Jesu, ich bin Dein: Dein Wille geschehe auch an mir. Laß mich immer gewisser werden, daß ich auch unter denjenigen sei, die Dir der Vater als eine Beute und al ewiges Eigenthum gegeben hat.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
HErr! Du hast es uns erbeten,
Deine Herrlichkeit zu seh’n,
Eh’ Du zum Altar getreten,
Wo Dein Opfertod gescheh’n.
Ich auch glaube Deiner Wahrheit,
Und Dein Vater gab mich Dir,
Ja es spiegelt Deine Klarheit
Sich aus Gnaden auch in mir.
2.
Jetzo bin ich noch auf Erden,
Wo Du selbst nicht herrlich gingst,
Und, das Heil der Welt zu werden,
Zwischen Missethätern hingst;
Jetzt will ich Dich gern nur glauben,
Haßt und plagt die Welt mich gleich,
Wirst Du mir nur einst erlauben,
Dich zu seh’n in Deinem Reich.
3.
Herrlich bist Du aufgefahren,
Herrlich sitzt Du auf dem Thron,
Und es sehen ganze Schaaren
Der Vollendeten dich schon,
Wie Du Deinen lieben Freunden
Deines Vaters Huld erbitt’st,
Und den unterschied’nen Feinden
Mächtig auf den Nacken trittst.
4.
Künftig aber, großer König,
Wird noch Alles herrlicher,
Und Dir Alles unterthänig,
Da ist auch der Tod nicht mehr.
Sterb’ ich, heiß mich auferstehen,
Und zu leben, wo Du bist,
Deine Herrlichkeit zu sehen,
Welche Dir gegeben ist!
Der Blindgeborne, dem Jesus die Augen aufgethan, sprach: HErr, ich glaube, und betete Ihn an. Joh. 9,38.
Es war eine große Gnade, daß der HErr Jesus den Blindgebornen sehend machte, eine noch größere aber, daß Er ihm hernach zum Glauben an Ihn verhalf. Es geschahe dieses, nachdem dieser Mann in einem Verhör vor den Pharisäern einen schweren Kampf, bei welchem ihn auch seine Eltern aus Menschenfurcht verließen, treulich ausgekämpft, und gegen alle Einreden jener bittern Feinde Jesu behauptet hatte, Jesus sein kein Sünder, das ist kein Betrüger, sondern ein Prophet, weil Er ihm die Augen aufgethan habe. Wäre dieser nicht von Gott, sagte er zuletzt, er könnte nichts (dergleichen) thun. Dieser Beweis war zu hell und zu stark, als daß ihn die Pharisäer hätten umstoßen können: sie erwiederten ihn also nur mit Grobheiten, und sprachen zu dem blindgewesenen Mann, der hiedurch eines Leidens um Christi willen gewürdigt wurde: du bist ganz in Sünden geboren, und lehrest uns; und stießen ihn hinaus. Dieses kleine Leiden wurde ihm bald hernach durch eine große Gnade überschwänglich ersetzt. Es kam vor Jesum, daß sie ihn ausgestoßen hatten (Er suchte ihn), und da Er ihn fand, sprach Er zu ihm: glaubest du an den Sohn Gottes? Er antwortete, und sprach: HErr welcher ist’s, auf daß ich an Ihn glaube? Jesus sprach zu ihm: du hast Ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist’s. Er aber sprach: HErr, ich glaube, und betete Ihn an. Zu dem samaritischen Weibe sagte Jesus: Ich bin der Messias, Joh. 4,26., und zu dem Blindgebornen: der mit dir redet, ist der Sohn Gottes. Sonst findet man kein Beispiel in den Evangelisten, daß der HErr Jesus diese zwei großen Wahrheiten, welche in Eine zusammenflossen, nämlich daß Jesus sei Christus, des lebendigen Gottes Sohn, so kurz und gerade zu Jemand hingesagt habe. Beide Personen aber, nämlich die Samariterin und der Blindgeborne, hielten Jesum schon vorher für einen Propheten, jene deßwegen, weil Er ihr unordentliches Leben mit sechs Männern ihr vorgehalten, und dieser deßwegen, weil Er ihm die Augen aufgethan hatte. Nun dachten sie ganz richtig: ein Prophet der verborgene Dinge weiß, oder Wunder thun kann, ist kein Lügner; wenn er also sagt: Ich bin der Messias, oder: Ich bin Gottes Sohn, so muß es wahr sein. Sie glaubten also schnell, richtig und weislich, und waren glücklicher, als diejenigen, die, wenn ihnen eine Wahrheit mit einem tüchtigen Beweis vorgehalten wird, dabei noch still stehen und sich bedenken, bis der Versucher Zeit gewinnt, ihnen den Glauben durch mittelbare oder unmittelbare Einwürfe zu erschweren, oder sie ganz davon abzuhalten. Beide Personen, die so schnell glaubig wurden, sahen Jesum damals das erstemal, und wer wollte zweifeln, daß nicht auch Seine majestätisch freundliche Gestalt, und die Redlichkeit, die aus Seinem Angesicht heraus leuchtete, ihnen einen tiefen Eindruck gemacht, und Seine Worte glaubhaft gemacht habe? Die Samariterin betete Jesum nicht alsbald an, sondern lief weg, holte ihre Landsleute; der Blindgeborne hingegen betete alsbald Jesum an. Beide Personen thaten nach dem Trieb des Heiligen Geistes, der den Glauben in ihnen gewirkt hatte, was recht und nach den Umständen schicklich war. Bei beiden zeigte sich der Glaube als lebendig. HErr Jesu, laß auch meinen Glauben immer lebendig und thätig sein, gegen meinen Nächsten und gegen Dich selbst.
Mel.: Ich singe Dir mit Herz etc.
1.
Sobald sich Jesus offenbart,
So betet man Ihn an;
Das ist des Glaubens edle Art,
Gott gibt’s ihm, daß er’s kann.
2.
Sobald man Seine Gottheit kennt,
So fällt man Ihm zu Fuß;
Die tiefgebeugte Seele brennt,
Daß sie Ihn ehren muß.
3.
Sobald Er uns die Augen schenkt,
So freuet uns Sein Licht,
Daß man an Seine Macht gedenkt,
Von Seiner Gnade spricht.
4.
Sobald Er uns im Worte fragt:
Glaubst du? so sucht man Ihn.
Sobald Er uns im Herzen sagt:
Ich bin’s, so fällt man hin.
5.
Eröffnet Er uns unsern Mund,
So freut man sich darob,
Da macht man Seine Wunder kund,
Da singt man Ihm Sein Lob.
6.
Mein HErr! mein Gott! ich kenne Dich,
Und Deine Gnade ist’s.
Kein Heil ist außer Dir für mich;
Du bist’s allein, Du bist’s!
7.
Laß mich Dich auch im Himmel seh’n,
So bete ich Dich an;
Laß mich vor Deinem Throne steh’n,
Daß ich Dich loben kann!
Erlöse uns von dem Argen. Matth. 6,13.
Die Erlösung von dem Argen, um welche in der siebenten Bitte des Vater Unser gebeten wird, ist das Gegentheil von der Führung in die Versuchung, welche in der sechsten Bitte abgebeten wird, wie das Wörtlein sondern anzeigt, durch welches diese zwei Bitten an einander gehängt werden. Wenn Gott den Menschen in die Versuchung hinein führt, so geschieht es aus Zorn wegen der vorher begangenen Untreue. Er setzt den Menschen auf’s Schlüpfrige, gibt ihn in einen verkehrten Sinn dahin, läßt ihn von einer Sünde in die andere fallen, weichet von ihm, und läßt des Teufels und des Menschen eigenen bösen Willen bei ihm vollbracht werden. Dieses dünkt man solche blinde Leute eine Zeit lang eine Glückseligkeit zu sein. Nun gelingt es ihnen in der Bosheit, nun geht es ihnen nach Wunsch und Willen, nun können sie ohne innerliche Angst und Unruhe sündigen; zuletzt fühlen sie aber, daß sie betrogen seien. Sie gehen unter, und nehmen ein Ende mit Schrecken. So lange nun ein Mensch gern sündiget, und sich freuet, wenn es ihm bei dem Sündigen gelingt, kann er die sechste Bitte des Vater Unser nicht von Herzen beten. Wem’s aber um die Heiligung des Namens Gottes, um die Zukunft Seines Reichs, um die Vollbringung Seines Willens, bei der Begnügsamkeit nur um das tägliche Brod, und um die Vergebung seiner Sündenschuld zu thun ist, der bittet Gott mit Andern von Herzen: führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Uebel, oder von dem Argen. Der Arge ist der Satan, der Urheber alles Unheils, das auf Erden ist. Dieser ist auch der Versucher, welcher die Menschen von einer Sünde in die andere stürzet, daß sie oft wider ihre eigene Vernunft und natur toben müssen. Von diesem wünscht nun ein heilsbegieriger Mensch erlöset zu werden, und bittet Gott nach der Anweisung Christi darum. Gott erlöset von dem Argen, wenn Er die Seele von seiner Gewalt oder von seinen Stricken befreiet, wenn Er Licht und Kraft gibt, ihm zu widerstehen, wenn Er seine Nachstellung vereitelt, wenn Er jeden Funken, den er angezündet hat, durch die Zucht Seines Geistes wieder auslöscht, jeden verderblichen und grimmigen Anschlag, den er auch durch Menschen ausführen will, zu Schanden macht, ja wenn Er auch diejenigen, die gefallen sind, wie Petrus, wieder aufrichtet, und die Niedergeschlagenen wieder stärkt. Eines jeden Christen Lauf ist voll von mannigfaltigen Erlösungen von dem Argen. Wenn der Satan tausend Jahre in den Abgrund verschlossen sein wird, Offenb. 20., so wird man in derselben zeit auch von ihm erlöset sein; wenn er aber nach seiner Loslassung aus diesem Gefängniß den letzten Sturm auf das Volk Gottes, durch den Gog und Magog wird ausgeführt haben, so wird er in den feurigen Schwefelpfuhl geworfen werden, und die Kirche seinetwegen Ruhe haben. Indessen sehnt sich eine glaubige Seele nach der Aufnahme in den himmlischen Tempel, denn wer in demselben sein wird, wird auch von dem Argen völlig erlöset sein. Himmlischer Vater, erlöse auch mich auf diese Weise von dem Argen.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Von der Wiege bis zum Sarge
Feindet in der Welt der Arge
Uns um die Erlösung an;
Weil er uns mit Blut Erkaufte,
Uns auf Christi Blut Getaufte
Nicht so selig sehen kann.
2.
HErr! erlös uns von dem Bösen,
Denn Du kannst allein erlösen,
Der Du Macht und Liebe hast;
Immer mit dem Feind zu kämpfen,
Und das Feu’r der Pfeile dämpfen,
Ist den Christen eine Last.
3.
Kann er nicht im Zorn uns fällen,
Braucht er List, sich zu verstellen,
Welt und Fleisch dient seiner List;
Ja durch lügenhafte Lehren
Sucht er Dein Wort zu verkehren,
Das doch lauter Wahrheit ist.
4.
Hilf uns, mächtiger Erlöser,
Denn sein Grimm wird täglich größer,
Weil er kurze Zeit mehr hat.
Gib der Kirche Sieg auf Siege;
Ihr Gebet in diesem Kriege
Dient an aller Waffen Statt.
5.
HErr! erlös uns, wir sind müde;
Dort ist Ruhe, dort ist Friede,
Dort ist aller Feind verbannt;
Hol’ uns heim als Deine Kinder,
Führ’ uns ein als Ueberwinder,
Gib uns Palmen in die Hand.
Christus ward aus bedachtem Rath und Vorsehung Gottes ergeben. Ap. Gesch. 2,23.
Die Zuhörer, welchen Petrus am Pfingsttag predigte, waren Einwohner der Stadt Jerusalem, und übrigens nach ihrer Erkenntniß gottesfürchtige Männer. Weil nun die Einwohnerschaft der Stadt Jerusalem überhaupt vor andern Juden wider Jesum eiferte, und an Seinem Tod schuldig wurde, so hielt Petrus auch seinen Zuhörern vor, sie haben Jesum von Nazareth genommen durch die Hände der Ungerechten, und Ihn angeheftet und erwürget. Wie hätte aber dieses geschehen können, wenn dieser Jesus nicht ergeben, oder herausgegeben worden wäre, und zwar nach einem bestimmten Willen Gottes, nach welchem Gott Seiner nicht verschonte, sondern Ihn für alle Menschen dahin gab, und nach der vorgängigen Allwissenheit Gottes, nach welcher Gott voraus wußte, daß um die Zeit des Leidens Christi Judas, Caiphas, Pilatus und Andere dieses und jenes an Christo thun würden. Dieser bestimmte Wille oder bedachte Rath Gottes ward in den Weissagungen der Propheten vorher verkündigt, und diese vom Geist Gottes eingegebenen Weissagungen zeigten an, daß Gott Alles, was Christo geschehen würde, vorher gewußt habe. Es ging aber, wie Paulus Ap. Gesch. 13,27. sagte: die zu Jerusalem wohnen, und ihre Obersten, dieweil sie Jesum nicht kannten, noch die Stimme der Propheten, welche auf alle Sabbather gelesen werden, haben sie dieselben mit ihren Urtheilen erfüllet. So geht’s bei allen Begebenheiten. Gott siehet alle vorher, auch ist bei Allem ein bestimmter Rath oder Wille Gottes, daß nämlich diese oder jene Veränderung in der Welt entstehen, und wenigstens gute oder böse Menschen dieses oder jenes leiden sollen. Dabei können aber auch böse Menschen thun, was sie wollen; und dieses ist eine unergründliche Tiefe der Weisheit und der Erkenntniß Gottes, daß Er dem bösen Willen der Menschen Raum läßt, und zugleich Seinen heiligen Willen ausführt, oder daß Sein heiliger Rath und ein böser menschlicher oder auch satanischer Rath bei Einer Sache zusammen kommen, und sich doch nicht mit einander vermengen. Gottes Rath bleibt unbefleckt, der menschliche oder satanische Wille aber wird durch den Rath Gottes und durch alle guten Folgen, die daraus entstehen, nicht gerechtfertigt. Gott bleibt heilig und gerecht, die Menschen aber, die ohne ihr Wissen die Weissagungen erfüllen, bleiben Sünder, wenn der Rath ihrer Herzen böse ist. Ich will hiebei von dem HErrn Jesu einen unvergleichlichen Vortheil lernen. Bei allen Begebenheiten, die eine traurige, schmerzhafte, ja sündhafte Seite haben, will ich zu meiner Beruhigung vielmehr auf Gottes Willen als auf der Menschen Willen sehen. Jesus betete am Oelberg zu Seinem Vater: nicht Mein Wille, sondern Dein Wille geschehe, und hernach sagte Er: es muß also gehen, wie würde sonst die Schrift erfüllet? Er sahe also Sein Leiden so an, wie es von Seinem Vater beschlossen und durch Seinen Geist vorher verkündiget worden war. Bei dieser Betrachtung war es lauter Gehorsam. Auch ich soll also bei Allem, das mir begegnet, bedenken, daß alle Haare meines Hauptes von Gott gezählt seien, und daß, wie kein Sperling auf die Erde fällt ohne Gottes Willen, also auch mir nichts ohne Gottes Willen begegne. Diese Erkenntniß macht getrost und beruhigt die Seele.
Mel.: Jesus, meine Zuversicht.
1.
Gott, Dein wunderbarer Rath
Ist an Christi Tod zu sehen.
Was der Jud’ und Heide that,
Sahst Du vor und ließst’s geschehen;
Doch war auch der Liebe Schluß,
Daß die Welt versühnt sein muß.
2.
Unter göttlicher Geduld
Und des Heilands sanfter Stille
Häuft der Mörder zwar die Schuld:
Im Geheimniß ist’s Dein Wille.
Schlachten sie, so macht dieß Lamm
Sich zum Opfer an dem Stamm.
3.
Gott, hier beten wir Dich an,
Preisen Deiner Weisheit Tiefen,
Die das Herz doch glauben kann,
Kann schon kein Verstand sie prüfen.
Welche Tiefe! sagen wir;
Gott sei ewig Lob dafür.
4.
Dir sei Ehre, Dank und Ruhm,
Lämmlein, das für uns geschlachtet,
Und in seinem Marterthum
Nur auf unser Heil geachtet.
Gott, der dieß zuvor bereit’t,
Sei in Christo Herrlichkeit!
Ich verlasse die Welt, und gehe zum Vater. Joh. 16,28.
Der HErr Jesus redete diese Worte, da es nicht mehr 24 Stunden bis zu Seinem Tod anstund. Ich verlasse die Welt, sagte Er. Was die Welt sei, wußte Er nach Seiner hellen Erkenntniß und nach Seinem zarten Gefühl besser als ich und alle Sünder. Er hatte beinahe 33 Jahre in der Welt unter vielen Leiden zugebracht. Er hatte schwere Arbeiten verrichtet, und mühsame Reisen gethan. Er hatte den Menschen wohl gethan, ja gedienet, und von Vielen Undank zur Vergeltung bekommen. Er hatte einen lautern Samen des göttlichen Wortes mit aller Weisheit und Treue ausgestreuet, und war inne worden, daß er bei Vielen keine Frucht gebracht habe. Seine Jünger waren die besten und Ihm die liebsten unter allen Männern auf dem Erdboden, und doch machten sie so viele Ihm beschwerliche Fehler, daß Er Luk. 9,41. zu ihnen sagte: o du unglaubige und verkehrte Art, wie lange soll Ich bei euch sein und euch dulden? Seine Seele war überdieß frei von Augenlust, Fleischeslust und hoffärtigem Wesen. Woran Andere in der sichtbaren Welt klebten, daran klebte Er nicht. Zwar sind die Werke des HErrn auch in dieser sichtbaren Welt groß, und wer ihrer achtet, hat eitel Lust daran. Diese reine Lust genoß der HErr Jesus auch bei dem Anblick der sichtbaren Geschöpfe; weil Er aber wußte, daß die vortrefflichsten Werke und die edelsten Geschöpfe in der unsichtbaren Welt seien, ja, weil Er immer in des Vaters Schooß war, und Seine zärtlichste Liebe genoß, so konnte Ihn keine Schönheit der sichtbaren Welt fesseln. Er verließ diese Welt gern, da Er noch in der Mitte des gewöhnlichen Maßes des menschlichen Alters stand, und ging alsdann zum Vater, zu dem Er auch Joh. 17,11. sprach: Ich komme zu Dir. Das Ziel war gut und herrlich im allerhöchsten Verstand; der Gang selber aber, oder das Kommen, faßte noch das schwerste und bitterste unter allen Seinen Leiden in sich. Er ging durch’s Leiden des Todes zum Vater, Er ging zu Ihm als der Hohepriester, der Sein eigenes Blut Ihm darbrachte. Er ging aber auch als der Edle, oder als der hochgeborne Sohn zum Vater, um ein Reich einzunehmen, Luk. 19,12. Er ging zum Vater, der größer war als Er, Joh. 14,28., das ist, der nicht erniedrigt war wie Er. Denn eben deßwegen sollten sich Seine Jünger aus Liebe zu Ihm über diesen Hingang freuen, weil er Ihn auch nach Seiner menschlichen Natur zu der Größe, das ist zur Herrlichkeit des Vaters führte, sintemal Er alsdann bei dem Vater verklärt wurde mit de Herrlichkeit, die Er bei Ihm gehabt hatte, ehe die Welt war, Joh. 17,5. Er ging zum Vater, um den Tröster, den Heiligen Geist zu senden, Joh. 16,7. Er ging hin in den Himmel, um wieder zu kommen, und diejenigen Knechte, denen Er Gaben anvertraut hatte, zur Rechenschaft zu ziehen, und Seine aufrührerischen Unterthanen zu strafen, Luk. 19,12. u. ff. Daß der HErr Jesus in der Welt gewesen, ist für mich und Alle, die darin sein müssen, tröstlich, denn Er hat uns ein Vorbild und einen überschwänglichen Segen hinterlassen. Daß Er die Welt verlassen hat, und zum Vater gegangen ist, erinnert mich, daß ich ein Pilgrim in der Welt sei, und mein Vaterland im Himmel habe, wo Christus ist.
Mel.: Jesus meine Zuversicht.
1.
Jesus ging zum Vater hin,
Der uns selbst den Sohn gegeben;
Jesus, deß ich eigen bin,
Ging dahin auch mir zum Leben;
War Sein Hergang nicht für sich,
Ist Sein Hingang auch für mich.
2.
Ewig käm’ ich nicht zu Gott,
Denn mich scheideten die Sünden;
Nur durch eines Heilands Tod
ist der Weg zu Gott zu finden.
Jesu, dieser Weg bist Du,
Und ich geh’ gerade zu!
3.
Ging’ ich in den Tod hinein,
Müßt’ ich in dem Bach versinken;
Aber Jesus konnt’ allein
Davon auf dem Wege trinken;
Denn Er hob das Haupt empor,
Daß der Tod die Kraft verlor.
4.
Weil Du nun beim Vater bist,
Wirst Du mich auch zu Dir ziehen;
Ob der Tod dazwischen ist,
Darf ich doch den Gang nicht fliehen;
Denn ich gehe Dir nur nach,
Der die Bahn zum Vater brach.
5.
Jesu! halt’ mich an der Hand,
Wenn ich an das Ufer trete;
HErr! mein Arm ist ausgespannt,
Daß ich Dich um Hülfe bete;
Weil ich doch Dein eigen bin,
Führe mich zum Vater hin.
Gott hat uns gegeben den Geist der Liebe. 2 Tim. 1,7.
Zweimal belehrt uns der HErr Jesus in Gleichnissen von der Schädlichkeit der Furcht, denn Matth. 25,25. legt Er einem Schalk und faulen Knecht die Worte in den Mund: ich fürchtete mich, und ging hin, und verbarg deinen Centner in die Erde, und Luk. 19,21. sagte Er, der Schalk, der sein Pfund im Schweißtuch behalten, spreche zu seinem Herrn: ich fürchtete mich vor dir, denn du bist ein harter Mann; du nimmst, das du nicht geleget hast, und erntest, das du nicht gesäet hast. Die Welt wird durch Lust und Furcht umgetrieben. Wegen der Furcht wird insonderheit sehr viel Gutes unterlassen. Man stellt sich in der Furchtsamkeit vor, die Gebote Gottes seien zu schwer, Gott fordere unmögliche Dinge, die Schwachheit sei groß, und die Zeit bös; man fürchtet sein Glück zu verscherzen, wenn man immer an der Gerechtigkeit und Wahrheit fest halten wollte. Man thut also lieber gar nichts, oder nur so viel, als die Erhaltung des zeitlichen Wohlstandes erfordert; man wankt zuerst, hernach fällt man in den Strom der Welt hinein, und endlich fährt man mit diesem Strom dahin, und hält Andere für Thoren, welche sich diesem Strom widersetzen wollen. Ganz anders sind diejenigen gesinnt, denen Gott den Geist der Liebe gegeben hat. Der Geist der Liebe sagt nicht zu Christo: Du bist ein harter Mann, sondern er dringet den Menschen, nicht sich selbst zu leben, sondern demjenigen, der für ihn gestorben ist. Der Geist der Liebe verbirgt den Centner nicht in die Erde, und behält das Pfund nicht im Schweißtuch, sondern macht den Menschen muthig, die Gabe Gottes, die in ihm ist, zu erwecken, wozu Paulus auch den Timotheus ermuntert, 2 Tim. 2,6. Der Geist der Liebe schämt sich des Evangeliums, und derer, die das Evangelium glauben, nicht, sondern bekennt jenes ohne Furchtsamkeit, und hat mit diesen ohne Scheu Gemeinschaft, ob es schon von der Welt für eine Thorheit gehalten wird, und sie von den Gottlosen gehaßt werden. Der Geist der Liebe läßt sich die Leiden und Mühseligkeiten, welche mit dem Dienst des Geliebten verbunden sind, nicht schrecken und müde machen. Ihm ist’s süß, daß er dem Geliebten dienen darf, da er ohnehin weiß, daß derselbe reich, freundlich, treu, herrlich und unveränderlich sei, und Seine Diener mit ewigen und unvergleichlichen Gaben belohnen wolle. Der Geist der Liebe kann auch den Nächsten nicht mit einem gleichgiltigen Gemüth verderben sehen, sondern wendet den empfangenen Centner, oder die vom HErrn verliehene Gabe gern dazu an, daß demselben, wo es möglich ist, geholfen werde. Kurz zu sagen, der Geist der Liebe macht fleißig, muthig, treu, vergnügt, unverdrossen. Er belebt den ganzen Dienst, den man dem HErrn leisten soll, und macht ihn angenehm. Er ist sinnreich in Ansehung der Mittel, die darin anzuwenden sind. Er thut mehr, als die Menschen fordern und belohnen. Er erhält die Willigkeit des Knechtes oder der Magd Gottes, bis jener oder diese von dem irdischen Posten abgerufen werden. Er gehet aber auch mit ihnen in jene Welt, und belebt den ganzen Dienst, den sie Gott in Seinem himmlischen Tempel, und in dem neuen Jerusalem als Priester und Könige leisten sollen. Wenn Alles vergehen und verändert werden wird, so wird doch der Geist der Liebe bleiben. HErr, gib ihn mir reichlich.
Mel.: Höchster Priester, der Du Dich etc.
1.
Gottes Geist, der Glauben schafft,
Gibt auch zu dem Lieben Kraft;
Denn Er ist ein Geist der Liebe
Und erwecket gleiche Triebe.
2.
Liebt man sonst auch von Natur,
Die uns wieder lieben, nur,
O so lehret Er das Lieben
Nun auch in der Gnade üben.
3.
Also wird die Liebe rein;
Dem Begnadigten fällt ein:
Sie sind auch mit Blut gewonnen,
Sie sind auch dem Tod entronnen.
4.
Geist des HErrn, Du sei’st geehrt,
Der uns wahre Liebe lehrt,
Der in Christo recht vereinigt
Und das, was Natur ist, reinigt.
5.
Also liebt man frei und gern,
Ja, man liebet in dem HErrn,
Der es Jüngern angewiesen,
Und der Vater wird gepriesen.
6.
Ach HErr, bring’ uns da hinein,
Wo nichts wird als Liebe sein,
Und wir Gottes Liebe loben,
Die uns bis zu sich erhoben!
Da jammerte den Herrn desselben Knechts, und ließ ihn los, und die Schuld erließ er ihm auch. Matth. 18,27.
Das Recht, Sünder zu begnadigen, ist ein wichtiges und für uns sehr tröstliches Majestätsrecht des großen Gottes; wie Er aber dasselbe ausübe, hat Christus in einem Gleichniß, Matth. 18., gezeigt. Im Himmelreich, sagt Er, geht es so zu, wie wenn ein König mit seinen Knechten rechnen willen, da ihm dann ein Knecht vorkommt, der ihm zehntausend Talente (eine ungeheure Summe) schuldig ist. Dieser Einzige ist ein Bild vieler Menschen. Ein jeder Mensch hat vor Gott eine ungeheure Sündenschuld auf sich liegen, und es gibt eine Zeit, da Gott mit ihm rechnet, das ist, ihm seine Sündenschuld aufdeckt, und im Gewissen vorhält. Ist sie mir aufgedeckt? Ist sie mir vorgehalten? Ach, daß noch in der Gnadenzeit geschehe, was in diesem Stück noch fehlt! Der König läßt es aber bei dem Rechnen nicht bewenden, sondern, weil der Knecht nicht bezahlen kann, so heißt er ihn und sein Weib und seine Kinder, und Alles, was er hatte, verkaufen, und bezahlen. Dieses war nämlich das strengste Recht gegen einen Schuldner, das man in den Morgenländern auszuüben pflegte, daß man ihn und die Seinigen als Sklaven, und seine Habe zugleich verkaufte, und von dem Erlös seine Schulden bezahlte, s. Kön. 4,1. Hiemit wird angezeigt, daß Gott den Menschen bei seiner Bekehrung erkennen, ja fühlen läßt, wie weit Er Sein strenges Recht treiben könne. Er zeigt ihm nämlich, wie er werth sei, von Ihm, wenn er auch länger leben dürfe, verlassen, verstoßen, in seinen verkehrten Sinn dahin gegeben, ja der Gewalt des Satans überlassen zu werden, da dann freilich zuletzt das ewige Verderben folgte. Ein andersmal, wenn er durch eine neue Untreue sein Sündenmaß vollgemacht hat, übergibt Er ihn durch einen unseligen Tod geradezu und ohne weitern Aufschub den Peinigern, das ist, Er wirft ihn in die Hölle, wo er klagen muß: ich leide Pein in dieser Flamme. So weit geht das strenge Recht des großen Gottes; Sein Begnadigungsrecht aber geht so weit, daß Ihn des Knechts, der seine Schuld bekennt, um Geduld bittet, und Seinen HErrn mit einer neuen treue zu dienen verspricht, jammert, Er ihn losläßt und die Schuld ihm auch erläßt. Daß hier Christi Verdienst und Fürbitte dem Knecht zu gut komme, und der Knecht dazu im Glauben seine Zuflucht nehme, wollte der HErr Jesus zu derjenigen Zeit, da Er dieses Gleichniß vortrug, noch nicht sagen, weil Seine Zuhörer es noch nicht hätten fassen können, der Heilige Geist aber hat es hernach deutlich genug entdeckt, wiewohl auch die Propheten schon darauf gedeutet haben. Das Jammern ist das Gegentheil von Zorn, das Loslassen das Gegentheil von dem Verkaufen oder Verstoßen. Der gute König sagt nämlich zu dem bösen Knecht: du sollst doch noch länger Mein Knecht bleiben, und gibt ihm zur neuen Treue einen neuen und gewissen Geist. Die Schuld erläßt Er ihm auch, ganz und umsonst mit einer unbegreiflichen Großmuth. Wie wichtig ist es also, wenn ein Christ in seinem Catechismus sagt: ich glaube eine Vergebung der Sünden“ Wehe aber dem Menschen, der durch beständige Zerstreuungen sogar der göttlichen Rechnung ausweicht, oder nach derselben, anstatt sich bußfertig zu demüthigen, sich durch einen neuen Leichtsinn zu helfen sucht, oder nach der Begnadigung wieder rückfällig wird!
Mel.: O Durchbrecher etc.
1.
Schuld und Strafe sind erlassen,
Gott erbarmt Sich über mich!
Dieß Wort darf ich Sünder fassen,
Und mein Glaube freuet sich.
Lobe Gott, befreite Seele,
Diese Schenkung ist ja groß;
Seine gnädigen Befehle
Machen mich von Ketten los!
2.
Meine Rechnung ist vollendet,
Weil ein reicher Bürge kam,
Der Sein theures Blut verwendet
Und die Zahlung auf Sich nahm;
Nicht ein Heller blieb mir stehen,
Millionen sind gebüßt;
O wie wäre mir geschehen,
Wenn ich selber büßen müßt’!
3.
O wie hat der Schulden Menge
Mich in tausend Noth gebracht;
Wie hat mir des Königs Strenge
Und mein Armsein bang gemacht!
Aber Gott ließ Sich erbitten,
Da ich Ihm den Fußfall that,
Weil mein Bürge in der Mitten
Selber für den Schuldner bat.
4.
Nunmehr darf ich wieder leben,
Kein Verkaufen ficht mich an,
Alles hat Gott mir vergeben,
Alles Jesus abgethan.
Darauf kann ich froh erblassen;
Meine Seele tröstet sich:
Schuld und Strafe sind erlassen,
Gott erbarmt Sich über mich!
Sie verdammeten Ihn Alle, daß Er des Todes schuldig wäre. Mark. 14,64.
Wer waren die frechen und blinden Richter, welche den großen Propheten, den heiligen Wunderthäter, den Messias und hochgelobten Sohn Gottes verdammten, und den Ausspruch thaten, daß Er des Todes schuldig sei? Es waren die Rathsherren, welche nicht nur das Stadtgericht zu Jerusalem, sondern das höchste jüdische Gericht ausmachten, das die wichtigsten Sachen entscheiden sollte, die unter dem ganzen Volk Israel vorkamen. Welches war denn das Gesetzbuch, wornach diese Rathsherren sprechen mußten? Es war kein weltliches, sondern ein göttliches Gesetzbuch. Es war das Gesetzbuch Mosis. In demselben nun stand unter Anderem auch dieses 3 Mos. 24,16. geschrieben: welcher des HErrn Namen lästert, der soll des Todes sterben, die ganze Gemeine soll ihn steinigen. Dieses Gesetz war gerecht und gut; aber die Anwendung desselben auf den HErrn Jesum, der bekannt hatte, Er sei Christus, des lebendigen Gottes Sohn, und der deßhalb für einen Gotteslästerer gehalten wurde, war äußerst ungerecht. Warum haben diese Richter nicht verlangt, daß der HErr Jesus diese Seine Aussage beweise, gleichwie Er sie Joh. 5. vor den Ohren vieler Bürger zu Jerusalem bewiesen hat? Warum sind sie so schnell zugefahren? Sie waren Ihm eben feind, und hatten Seinen Tod schon vor dem Verhör beschlossen, wie aus Joh. 11,50.53. erhellet. Warum ist aber der HErr Jesus nicht gesteiniget worden, wie das Gesetz befahl? Darum weil der jüdische Rath damals kein Todesurtheil vollziehen lassen durfte; wie denn die Juden selber zu dem Pilatus sagten: wir dürfen Niemand tödten. Vermuthlich war ihnen das Recht zu tödten wegen der vielfältigen Ungerechtigkeiten, welche sie zum Aergerniß der Heiden dabei begingen, von dem Kaiser entzogen worden, wiewohl sie es hernach in einer Zwischenzeit, da ein Landpfleger abgezogen und sein Nachfolger noch nicht angekommen war, an dem Stephanus wieder ausübten. Der HErr Jesus aber wurde dem Landpfleger Pilatus vorgestellt, der Ihn nach dem kaiserlichen Recht kreuzigen ließ, weil Er des Aufruhrs beschuldigt wurde.
Dieses Verfahren lehrt uns, daß gute Gesetze zur Handhabung der Gerechtigkeit nicht genug seien, sondern daß es vornämlich auf gute Richter ankomme. Wie oft ist schon ein unschuldiger und wahrhaftig heiliger Mensch so verdammt worden, daß man sich dabei auf die Bibel oder auf das weltliche Rech berufen hat; weil man ihm feind war, weil man seinen Untergang aus Geiz, Neid und Stolz beschlossen hatte, und hernach die Beschuldigung einer schädlichen Ketzerei, einer Verwirrung der Kirche oder des Staats, oder einer Gotteslästerung gern glaubte! Auch außer einer gerichtlichen Handlung kann es geschehen, daß man fromme Leute schmähet, drücket, und allerlei Böses von ihnen redet und glaubt, und dabei die Miene eines klugen und gerechten Eifers an sich nimmt. Hiebei ist aber das Angedenken Jesu tröstlich. Nach Seiner Weise leiden ist rühmlich; aber auch nach Seinem Vorbild still wie ein Lamm sein, oder mit Bedacht und Sanftmuth sich verantworten, pflichtmäßig. Seine Verdammung zum Tode ist die Quelle der Rechtfertigung und des ewigen Lebens für Alle, die an Ihn glauben.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ etc.
1.
Mein Heiland ward zum Tod verdammt,
Gleich einem stillen Schafe;
Der Jud’ und Heid’ gab insgesammt
Der Unschuld Schuld und Strafe;
Mit Willen nahm Er alle Schuld,
Litt alle Strafe mit Geduld,
Uns Sünder zu versühnen.
2.
O wer begreift, was Jesus trug,
Der heilige Erlöser!
Hier ist kein Menschendank genug,
Die Gnade ist noch größer.
Blieb’ alle Welt Dein Eigenthum,
So wär’s sie doch zu Deinem Ruhm,
O Gottes Sohn, zu wenig!
3.
Was bin denn ich, ich schnöder Staub!
HErr, ich bin zu geringe;
Doch willst Du Dank, willst, daß ich glaub’
Und auch Dein Lob besinge.
Mein war die Schuld, die Strafe mein;
Ich bin begnadigt, ich bin Dein,
Mein Heil, mit Leib und Seele!
Doch was ihr habt, das haltet, bis Ich komme. Offenb. 2,25.
In der Gemeinde zu Thyatira gab es zweierlei Leute, erstlich solche, die sich von einer falschen Prophetin verführen ließen, unter einem geistlichen Vorwand Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen, und zweitens solche, welche diese Lehre nicht hatten, und die Tiefen des Satans, wie die Andern sagten, zu ihrem großen Vortheil nicht erkannt hatte. Diesen verspricht der Heiland, Er wolle keine andere Last auf sie legen, sondern ihnen, wenn die falsche Prophetin und ihr Anhang, von denen sie bedrängt worden waren, durch göttliche Strafgerichte würden gedämpft sein, eine ruhige Zeit, ja eine freudenvolle Ewigkeit geben. Doch, setzt Er hinzu, was ihr habt, das haltet. Sie sollten also die erkannte Wahrheit bewahren, in der ersten Liebe bleiben, den angefangenen Lauf bis an’s Ende fortführen, den Glauben und ein gutes Gewissen behalten, und als Reben in dem Weinstock Christo bleiben. Hatten sie die Verführung der falschen Prophetin überwunden, so sollten sie nun die Welt noch weiter überwinden, unter was für einer Gestalt sie auch zu ihnen nahen würde, und dem Satan, dessen Bosheit mannigfaltig ist, noch ferner widerstehen.
Nun die Ermahnung des HErrn: was ihr habt, das haltet, sollen alle Knechte und Jünger Jesu wohl zu Herzen nehmen. Er hat einem Jeden etwas Kostbares gegeben, eine Erkenntniß der Wahrheit, eine geistliche Kraft, eine Gabe, Andern nützlich zu sein: dieses Alles soll ein Jeder als ein kostbares Gut, für das er Rechenschaft geben muß, oder als eine gute Beilage, die ihm anvertraut ist, bewahren. Man erlebt allerhand neue Moden; aber die Wahrheit bleibt Wahrheit, und der schmale Weg bleibt der schmale Weg, gleichwie Christus selber gestern und heute, und derselbe in Ewigkeit ist. Es gibt Leute, die gut anfangen, aber übel endigen, weil sie es im Fortgang weder in der Lehre noch im Leben mehr genau nehmen, sondern Leute nach der Mode werden, und dadurch Beredungen ihrer Anverwandten, Nachbarn, Freunde und Amtsbrüder dazu verleitet werden, oder sich selbst eine Hoffnung vorspiegeln, sie könnten durch das Einlenken in die Weise der Welt ihr Glück besser machen. Ach wer etwas Gutes hat, halte, was er hat, und lasse sich darob gern verachten und hintansetzen. Indem er’s hält, wird es vermehrt, und das geistliche Wachsthum bleibt nicht aus. Bei einem Kind sorgt man nicht für das Wachsthum, man sorgt nur für die Bewahrung seiner Gesundheit, bei welcher jenes von sich selbst entsteht. Also wird auch demjenigen, der etwas Gutes hat und bewahrt, noch mehr gegeben, daß er die Fülle habe. Man soll halten, was man hat, bis der HErr kommt. Käme Er schon, alldieweil wir leben, zum Gericht, so würden wir Freudigkeit haben, vor Ihm zu stehen, wenn wir die empfangene Gnade bis dahin bewahrt hätte. Wenn wir aber auch vor Seiner Zukunft entschlafen, so ist es unsere Pflicht, dasjenige, was wir haben, auf der gefährlichen, aber kurzen Pilgrimreise durch die Wüste dieser Welt zu bewahren, und eben diese Bewahrung in der Zwischenzeit zwischen unserem Tod und zwischen der Zukunft des HErrn fortzusetzen; wozu aber in jener Welt die besten Anstalten sein werden.
Mel.: Gottlob, ein Schritt zur Ewigkeit.
1.
Du, Geist des HErrn, führ’ immerzu
Mir Christi Wort zu Herzen:
Das, was du hast, das halte du,
Man kann es leicht verscherzen.
Wer Glaube, Hoffnung, Liebe hat,
Erhalte sie und sei nicht matt,
Bis daß der HErr wird kommen.
2.
HErr! was ich habe, ist geschenkt,
Gib Kraft, es zu behalten;
Der Glaube wird gar leicht gekränkt,
Die Liebe kann erhalten,
Die Hoffnung wankt; führst Du nur fort,
Und stärkt Dein Geist uns durch Dein Wort,
So steht man wieder feste.
3.
Auf Christi Zukunft kommt es an,
Er fragt nach Seiner Gabe.
Wohl dem, der da noch zeigen kann,
Was er behalten habe!
Weh’ dem, bei dem verloren ging,
Was er von hoher Hand empfing:
Er kommt als ein Vergelter!
4.
Mein Herz, so halte, was du hast,
Und laß es dir nicht rauben;
Geduld macht eine leichte Last,
Und Gnade krönt den Glauben.
Es sei auf Deine Kraft gewagt,
Mein Heiland, der uns zugesagt,
Du wollst uns nicht verlieren!
Der Geist erforschet alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. 1 Kor. 2,10.
Paulus beweist 1 Kor. 2. die Wichtigkeit des Evangeliums so, daß er sagt, es handle von Dingen, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret habe, und die in keines Menschen Herz gekommen seien, die aber Gott geoffenbaret habe durch Seinen Geist. Von diesem Geist nun sagt er: Er erforsche alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit, folglich habe Er den himmlischen Rath Gottes von unserer Seligkeit, welchen er V. 7. eine verborgene Weisheit Gottes nennet, die auch nach ihrer Entdeckung in ein Geheimniß eingehüllt sei, den Menschen, die Er auch ganz kenne, offenbaren können. Er erläutert solches hernach durch das Beispiel eines Menschen der einen Geist habe und sagt: welcher Mensch weiß, was im (andern) Menschen ist, ohne der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß Niemand, was in Gott ist, ohne der Geist Gottes. In dieser Lehre Pauli sind folgende Wahrheiten enthalten: 1) Gleichwie in einem jeden Menschen viele geheime Gedanken, Anschläge und Begierden sind, die Niemand weiß, als sein eigener Geist, also ist auch Vieles in Gott, das man eine verborgene Weisheit nennen kann, ja es sind Tiefen in der Gottheit, welche Niemand erforschen noch wissen kann, als der Geist Gottes. 2) Gleichwie aber der Geist des Menschen seine Gedanken, Anschläge und Begierden durch Worte entdecken kann, also hat auch Gott durch Seinen Geist Seine verborgene Weisheit oder Seine Tiefen geoffenbart, so viel den Menschen nöthig ist. Dieser Geist hat die Worte gelehrt, mit welchen jener weise Rath Gottes von den Menschen gelehrt, V. 13., folglich auch gedacht werden soll. 3) Gleichwie der Geist, der in dem Menschen ist, eine menschliche Natur hat, also hat auch der Geist Gottes eine göttliche Natur, und es wäre sehr thöricht, wenn Jemand denken wollte, Gottes Geist habe ein geringeres Wesen als das göttliche ist. 4) Der Geist des Menschen ist in dem Menschen, er ist sich alles dessen bewußt, was in dem Menschen ist, und siehet es als sein Eigenes an, weil er zum Wesen des Menschen gehört: also ist der Geist Gottes nicht als ein Geschöpf außer Gott. Er ist nicht in demjenigen Verstand der Geist Gottes, wie erschaffene Dinge Gottes sind, sondern Er ist der göttliche Geist, der die Tiefen Gottes als Seine Tiefen erforschet, und die Weisheit Gottes als Seine Weisheit offenbaret. 5) Paulus unterscheidet aber doch den Menschen und den Geist des Menschen; da dann das Wort Mensch alles dasjenige in dem menschlichen Wesen bedeutet, was nicht Geist ist. Also ist auch der Geist Gottes von Gott unterschieden, da dann das Wort Gott dasjenige in dem göttlichen Wesen bedeutet, das nicht der Heilige Geist ist, nämlich den Vater und den Sohn. Gleichwie aber der Mensch und sein Geist das ganze menschliche Wesen ausmachen, also sind der Vater und der Sohn und der Heilige Geist das ganze göttliche Wesen, oder die ganze Fülle der Gottheit. 6) Das Wort erforschen darf hier Niemand anstößig sein, denn es wird auch Ps. 139,1 23. von Gott gebraucht, und bedeutet die Erkenntniß dessen, das Andern verborgen ist. Der Geist Gottes erforscht auch alle Dinge, die außer Gott sind, insofern sie zukünftig sind, und viel Verborgenes in sich haben. Nun der ewige und allwissende Geist Gottes mache mich tüchtig, dasjenige, was Er den Propheten und Aposteln geoffenbart, folglich aus den Tiefen der Gottheit zum Heil der Menschen herausgegeben hat, zu verstehen, zu glauben und zu genießen.
Mel.: Wachet auf, ruft uns etc.
1.
Der Gottheit heil’ge Tiefen
Kann ein erschaff’ner Geist nicht prüfen,
Nur Gottes Geist erforscht’s allein.
Wie Gott im Lichte wohne,
Des Vaters Glanz sei in dem Sohne,
Wie Vater, Sohn und Geist eins sei’n,
Das forscht der Beiden Geist,
Der HErr, wie Jene, heißt.
Ihm sei Ehre!
Es bete dann,
Was beten kann,
Ihn sammt dem Sohn und Vater an.
2.
Er forscht auch unsre Herzen;
Wirkt Glauben da, wo Sünden schmerzen,
Und zeugt uns von versühnter Schuld;
Er lehrt im Glauben beten,
Pflegt unaussprechlich zu vertreten,
Lehrt Christo leben in Geduld;
Er drückt zum Seligsein
Dem Geist das Siegel ein.
Ihm sei Ehre!
Ihn bete an,
Und lobe dann,
Was Er als Gott an uns gethan.
Dem, der uns liebet, und gewaschen hat von unsern Sünden mit Seinem Blut, demselben sei Ehre und Gewalt in Ewigkeit. Offenb. 1,5.
Johannes, welcher den HErrn Jesum im Stand Seiner Erniedrigung gekannt hatte, und an Seiner Brust an einem Abendessen gelegen wahr, Ihn aber auch als todt am Kreuze hangend gesehen hatte, glaubte von Herzen, daß Er der wahrhaftige Gott und das ewige Leben sei, weil er von Ihm bezeuget, daß Ihm Ehre und Gewalt in Ewigkeit gebühre, gleichwie solches Offenb. Joh. 4. und 7. von Gott bezeuget wird. Er erinnerte sich auch ohne Zweifel bis an sein Ende mit einer innigen Freude, daß er der Jünger sei, den Jesus lieb gehabt habe, eignete sich aber diese Liebe des HErrn Jesu nicht allein zu, sondern sagte zu allen Glaubigen: Er liebet uns. Ob wir Ihn schon nicht sehen, ob Er schon in die Herrlichkeit aufgenommen ist, so liebet Er uns doch. Er liebet uns und hat uns von unsern Sünden mit Seinem Blut gewaschen. Die Sünde ist das Einzige an dem Menschen, das Jesu nicht lieben kann. Sie ist ein Unflath, der den ganzen Menschen unrein und verwerflich macht, und wer sich nicht davon frei machen läßt, wird wirklich verdammt und verworfen. Von sich selbst aber und von allen Glaubigen sagt Johannes: Jesus Christus hat uns von unsern Sünden mit Seinem Blut gewaschen. Mit diesem Abwaschen ist die Vergebung aller Sünden verbunden, um derenwillen der HErr Jesus Sein Blut vergossen hat, wie Er denn bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls sagte: Mein Blut ist für euch und für Viele vergossen zur Vergebung der Sünden; das Abwaschen selber aber ist die innerliche Reinigung der Seele, wodurch sie eine Aehnlichkeit mit dem reinen und unbefleckten Lamm Gottes bekommt. Johannes sagte: Christus Jesus hat uns von unsern Sünden mit Seinem Blut gewaschen, als ob’s schon geschehen wäre. Es ist auch, was die Hauptsache bei den Glaubigen anbelangt, wirklich geschehen. Das Blut Jesu hat die Herrschaft der Sünde bei ihnen aufgehoben, und ihre Seelen in Ansehung derselben in eine selige Freiheit gesetzt, wie Paulus Röm. 6. rühmet. Sie haben schon eine Aehnlichkeit mit dem HErrn Jesu bekommen, Er hat eine Gestalt in ihnen gewonnen. Sie hassen die Sünde, die Er auch hasset. Sie wandeln nicht mehr nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist. Insofern hat sie also Christus Jesus mit Seinem Blut gewaschen; doch muß diese Abwaschung oder Reinigung fortwähren, bis sie ihre Vollendung erreicht hat, und die Kinder Gottes sagen können: wir haben keine Sünde, welches sie bei Leibesleben nie sagen können, 1 Joh. 1,8. Darum schrieb Johannes 1 Joh. 1,7.: so wir im Licht wandeln, wie Gott im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft unter einander; und das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, macht uns (noch weiter) rein von aller Sünde, und 1 Joh. 3,3.: ein jeglicher, der die Hoffnung hat, Jesum dereinst zu sehen, und Ihm ganz ähnlich zu sein, reiniget sich, gleichwie Er auch rein ist. Wie wohl wird’s uns sein, wenn wir durch’s Blut Jesu von unsern Sünden ganz gewaschen sein werden, weil doch die Sünde die Ursache aller Finsterniß und alles Mißvergnügens ist! Nun demjenigen, der uns liebet, und gewaschen hat von unsern Sünden mit Seinem Blut, und uns ferner bis zu unserer Vollendung waschen will - demselben sei Ehre und Gewalt in Ewigkeit!
Mel.: Wer nur den lieben Gott etc.
1.
Bis an mein Ende will ich singen
Von Jesu Christo, der uns liebt;
Ich will Ihm Macht und Ehre bringen,
Die Ihm sein ganzer Himmel gibt.
Hier ist’s Verseuch, dort wird es rein
Und ohne falsche Töne sein.
2.
Ja Dem, der uns von unsern Sünden
Mit Seinem Blut gewaschen hat,
Daß wir dort weiße Kleider finden
Und eine neuerbaute Stadt,
Dem sing’ ich hier im Glauben schon
Als meinem HErrn und Gottes Sohn.
3.
Das sei mein Lied auf meinem Wege,
Den ich zu meiner Heimath geh’.
Wird je mein Fleisch im Wallen träge,
So schwingt mein Geist sich in die Höh’;
Da sing’ ich auch, wenn ich betrübt:
Dem sei die Kraft, der mich geliebt.
4.
Das sei mein Lied in meiner Freude;
Denn Christen trauern nicht allein;
Ich bin ein Schäflein Seiner Waide,
Ich bin in Seinem Blute rein.
Ihm sei die Herrlichkeit und Kraft,
Auch hier in meiner Pilgerschaft.
5.
Wenn mir die Zung’ am Gaumen klebet,
Daß ich als krank nichts sprechen kann,
So stimm’ Dein Geist, der mich belebet,
Mein Gott, mir dieß im Herzen an:
Dir sei die Kraft und Herrlichkeit!
So geh’ ich singend aus der Zeit.
Seid stark in dem HErrn und in der Macht Seiner Stärke. Eph. 6,10.
Pharao, der König in Egypten, verstockte sein Herz, und wurde dadurch so fest und stark in seinem Muth, daß er alle Befehle Gottes, die durch Moses an ihn ergingen, mit Verachtung abweisen konnte, ob sie schon durch große und schreckliche Wunder bestätigt waren. Von dem König Antiochus dem Edlen, von dessen Uebelthaten die Bücher der Maccabäer zeugen, wird Dan. 8,23. geweissagt, daß er stark von Angesicht sein werde, weil sein Angesicht bei keiner Schandthat eine Scham, und bei keiner Grausamkeit ein Mitleiden zeigen werde, wie denn diese Redensart Spr. Sal. 7,13. von einer unverschämten Hure, und 5 Mos. 28,50. von unbarmherzigen und grausamen Leuten gebraucht wird. Auch wird in der heiligen Schrift oft von Leuten geredet, die kein Arges scheuen, Ps. 36,5., und nach ihres Herzens steifem Gutdünken oder Willen wandeln, und entweder denken oder auch sprechen, was die Juden zu dem Jeremias Kap. 44,16.17. gesagt haben: nach dem Wort, das du im Namen des HErrn uns sagest, wollen wir dir nicht gehorchen, sondern wir wollen thun nach allem dem Wort, das aus unserem Munde geht. Gibt es nicht auch unter uns Leute, zu denen Gott den ganzen Tag Seine Hände ausstreckt, die sich aber nicht sagen lassen, und widersprechen? Röm. 10,21. Solche Leute kann man starke Geister in einem bösen Verstand nennen. Hingegen wird in der heiligen Schrift ein zerknirschtes und zerschlagenes Herz, ein zerbrochener Geist, ein fleischernes oder weiches Herz, ein Herz, das gegen Gottes Wort zart oder empfindsam ist, dergleichen eines Josia hatte, 2 Chron. 34,27., gepriesen. Dabei kann man in dem HErrn stark sein und in der Macht Seiner Stärke. Man widersetzt sich hier nicht dem Geist Gottes, sondern dem Satan und allem Bösen, das er in der Welt angerichtet hat. Dieses Böse ist entweder drückend oder reizend; wer aber in dem HErrn stark ist, bleibt unter dem Druck fest und unbeweglich, ja er bleibt heiter, und läßt sich den anhaltenden Druck in keine verdrießliche Mattigkeit hineintreiben; dennoch bleib’ ich stets an Dir, sagt ein solcher Mensch, wie der geplagte Assaph; den Reizungen aber widersteht er durch die Erkenntniß der Wahrheit, welche ihm die damit verbundene Gefahr entdeckt, und mit einem Glauben, welcher nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare sieht. Beide Aeußerungen der geistlichen Stärke konnte man an Mose sehr deutlich wahrnehmen, Hebr. 11,24. u.ff. Alle irdischen Dinge unter der Sonne werden im Fortgang der Zeit matt, und durch eine zerstörende Kraft aufgerieben; aber die Stärke in dem HErrn ist über die Eitelkeit erhaben und in ihr selbst unvergänglich. Wenn solche Stärke gleich alt werden, sollen sie doch im Geist fruchtbar und frisch sein, daß sie verkündigen, daß der HErr so fromm ist, ihr Hort, und ist kein Unrecht an Ihm, Ps. 92,15.16. Nach dieser Geistesstärke sollen alle Kinder Gottes streben, und die Ermahnung Pauli, 1 Kor. 16,13: wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark, auf sich deuten. Die höchste Nothwendigkeit erfordert diese Stärke, weil man ohne dieselbe durch die vielen aufstoßenden Versuchungen nicht durchdringt. Wo findet man sie aber? In dem HErrn Jesu, in dem eine Seele bleiben muß wie eine Rebe am Weinstock, und in der Macht Seiner Stärke, womit Er die Seele festhält, ja womit Er in ihr lebt.
Mel.: Ach bleib mit Deiner Gnade.
1.
In Jesu hab’ ich Stärke,
In Jesu, meinem HErrn,
Daß ich die Macht wohl merke,
In der ich streiten lern’.
2.
Der Feind kämpft wohl mit Fleische,
Wir nicht mit Fleisch und Blut.
Da fleh’ ich dann und heische:
Mein Heiland, gib mir Muth.
3.
Er läßt mich Gnade finden,
Er schenkt mir Herz und Kraft,
Und hilft selbst überwinden
In dieser Ritterschaft.
4.
Sein Geist steht bei im Kriege,
Daß es dem Geist gelingt.
Der Glaube wird zum Siege,
Der auch die Welt bezwingt.
5.
Wer stünde sonst in Kämpfen,
Wenn Er nicht Macht bewies’,
Des Satans Pfeil zu dämpfen,
Der Welt ihr Aergerniß.
6.
Denn unsre Macht ist keine:
Dem HErrn gehört der Ruhm,
Ihm bleibt das Lob alleine
Von Seinem Eigenthum.
7.
So preis’ ich Seine Werke
Auch dort in meinem Theil;
Dank sei Ihm für die Stärke,
Und Ehre für das Heil.
Wer überwindet, dem will Ich zu essen geben von dem Holz des Lebens, das im Paradies Gottes ist. Offenb. 2,7.
Wer stark ist in dem HErrn und in der Macht Seiner Stärke, und als ein solcher, so oft ein böses Stündlein kommt, Alles wohl ausrichtet und das Feld behält, Ephes. 6,10.13., ist ein Ueberwinder, an dem die Verheißungen, welche der HErr Offenb. 2. und . gegeben hat, nach seiner Fähigkeit werden erfüllt werden. Der Engel oder Bischof der Gemeine zu Ephesus stand bei einer vermuthlich weitläufigen Arbeit unter allerhand beschwerlichen Umständen, die ihn nach und nach unmuthig und bitter machten, daß er die erste Liebe verließ. wenn er also überwinden wollte, so mußte er zur ersten Liebe umkehren, und sie auf’s Neue bei allen Versuchungen behaupten. Der Bischof zu Smyrna mußte bis an den Märtyrertod getreu sein, und die Liebe zu seinem natürlichen Leben überwinden, der Bischof zu Pergamus seine Trägheit, der Bischof zu Thyatira seine Furchtsamkeit. Zu Sarden mußte sich der Bischof von vorne an bekehren, ob er schon einen guten Namen hatte, folglich alle diejenigen Versuchungen überwinden, welche der Bekehrung, sonderlich bei ehrbaren Leuten, entgegen stehen. Der Bischof zu Philadelphia hatte bei einem kleinen Wirkungskreis, den er in seinem Amt hatte, das Wort Jesu von der Geduld bewahrt, und sollte ferner halten, was er hatte, damit ihm Niemand seine Krone nähme. Der Bischof zu Laodicea sollte insonderheit seine Eigenliebe überwinden, bei welcher er gute und große Gedanken von sich hatte, ob er schon nur lau und nie recht bekehrt worden war, und sich der heilsamen Bestrafung Jesu unterwerfen. So muß überhaupt ein Jeder zu einer jeden Zeit dasjenige überwinden, was ihm in seiner Bekehrung oder im Lauf nach dem vorgesteckten Ziel in dem Weg steht. Nach und nach kommen alle Gattungen von Versuchungen vor. Wer aber überwindet, dem will der HErr Jesus unter Anderem von dem Holz des Lebens zu essen geben, das im Paradies Gottes ist. In dieses Paradies wurde die Seele des begnadigten Schächers am Tage seines Todes aufgenommen; als aber Johannes es sahe, so war er in das neue Jerusalem hinein versetzt, denn er bezeugt Offenb. 22,2.: mitten auf den Gassen dieser Stadt und auf beiden Seiten des Stroms, der durch dieselbe floß, stehe Holz des Lebens, das zwölferlei Früchte trage, und seine Früchte alle Monate bringe, die Blätter des Holzes aber dienen zur Gesundheit der Heiden. Es ist unmöglich, die Natur dieser himmlischen Dinge zu erklären. Uns kann genügen, daß es anstatt des verlornen irdischen Paradieses ein himmlisches gebe, welches Christus um seiner Vortrefflichkeit willen das Paradies Seines Gottes nennt. In diesem Paradies gibt es etwas, das Holz des Lebens heißt. Gleichwie im irdischen Paradies ein Lebensbaum stand, dessen Frucht gewisses Mittel gegen den Tod gewesen wäre, also gibt es in dem Paradies Gottes Lebensbäume, die Früchte und Blätter haben. Wem der Heiland von diesen Lebensbäumen zu essen geben wird, wen Er mit den Früchten derselben speisen wird, der wird dadurch unaussprechlich erquickt und gestärkt werden. Selig sind, die als Ueberwinder Seine Gebote halten, auf daß ihre Macht sei an dem Holz des Lebens, und zu den Thoren einzugehen in die Stadt Gottes. Offenb. 22,14. Nach dieser Seligkeit laßt uns streben!
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Wie gut ist’s, überwinden!
Die Worte sind gewiß:
Man wird zu essen finden
Vom Holz im Paradies.
Man traue dem Versprecher
Auf sein Verheißen nur;
So gibt Er, was der Schächer
Vom Kreuzholz her erfuhr.
2.
Man muß mit Falschen kriegen,
Und wenn sie noch so sein
Sich zu Aposteln lügen,
So prüfe man den Schein;
Sie spotten oder toben,
Man habe nur Geduld;
Wenn uns der HErr will loben,
So sind wir ohne Schuld.
3.
Doch wer will Böses hassen,
Muß ob dem Guten nie
Die erste Liebe lassen,
Denn Christus sieht auf \\sie.
Laßt uns nicht müde werden,
So lang zu tragen ist,
Bis daß man die Beschwerden
Beim Lebensholz vergißt.
4.
HErr! wecke mich zur Buße,
Wo ich gefallen bin;
Denn fällt man dir zu Fuße,
So wirfst Du Niemand hin.
O laß mich nie vergessen,
Was uns Dein Mund verhieß,
Und gib mir auch zu essen
Vom Holz im Paradies!
Ich fürchte, daß nicht eure Sinnen verrücket werden von der Einfältigkeit auf Christum. 2 Kor. 11,3.
Es war in der korinthischen Gemeinde über dem partheiischen Anhangen an begabte Lehrer ein Zwiespalt entstanden, 1 Kor. 1,11. Weil aber sowohl Paulus, als auch Apollo und Petrus Christum lauter predigten, so konnte der Zwiespalt nur über der Verschiedenheit ihrer Gaben und ihres Vortrags, und über den Lehrpunkten, die einer von dem andern vorzüglich trieb, entstanden sein. Ob nun gleich Paulus sie wegen dieser und andern Ausschweifungen in seinem ersten Brief bestraft, und von der zanksüchtigen Beobachtung der Lehrer auf Christum gewiesen hatte, so hielt er doch für nöthig, in seinem zweiten Brief noch Einiges nachzuholen, und insonderheit sein Apostelamt ausführlich zu vertheidigen, weil er befürchtete, die Verachtung desselben möchte die Verachtung des von ihm gepredigten Evangeliums nach sich ziehen. Gleichwie er im ersten Brief vornämlich auf diejenigen, die apollisch heißen wollten, seine Absicht gerichtet hatte, also weiset er im zweiten Brief vornämlich diejenigen zurecht, die den Kephas und alle sogenannten hohen Apostel ihm vorziehen wollten, handelt aber dabei weitläufig von seinen Schwachheiten oder Leiden, um ihnen zu bedeuten, daß sie ihn zwar als einen Apostel erkennen, aber auf einen so geplagten elenden Menschen, wie er sei, nicht zum Nachtheil des Glaubens an Christum sehen, folglich nicht auf eine partheiische Weise paulisch heißen sollen. Bei dem Anfang dieser Abhandlung sagt er mit einem großen Ernst: ich fürchte, daß nicht eure Sinnen verrücket werden von der Einfältigkeit auf Christum. Es ist eine sehr zarte Sache um diese Einsichtigkeit, und es sind nicht eben grobe Laster nöthig, um davon abgebracht zu werden, sondern es kann’s ein aufblähendes und kraftloses Wissen, und das partheiische Anhangen an einen jeden Menschen thun. Die Sinnen, von denen Paulus redet, sind geistliche Sinnen oder Fähigkeiten der wiedergebornen Seele, wodurch sie Christum als den einigen Seligmacher erkennen und genießen kann. Eines Lehrers Schuldigkeit ist, nicht sich selber, sondern Christum zu predigen, der übertriebenen Hochachtung seiner zu wehren, und die Zuhörer auf Christum zu weisen, ja Ihm zuzuführen, 2 Kor. 11,2.; der Zuhörer Schuldigkeit aber ist, sich Christo zuführen zu lassen, und Ihm allein anzuhangen. Wer in der Einfältigkeit auf Christum steht, sagt von Herzen: ich rühme mich keines Menschen, sondern des HErrn, 1 Kor. 1,31., ich weiß nichts als Christum den Gekreuzigten, 1 Kor. 2,2. Es ist Alles mein, ich brauche alles zu meiner Förderung: ich aber bin Christi, Christus aber ist Gottes, 1 Kor. 3,22.23. Die Einfältigkeit auf Christum führt bei einer ausgebreiteten Liebe eine genaue Bewahrung des Evangeliums von Christo mit sich, und da sie viele Dinge als Mittel gebraucht, so hält sie doch Christum allein für den Gegenstand ihres Vertrauens, und für die einzige Quelle des Heils. Wenn eine Lehre auch wahr ist, so ist sie doch, wenn sie ein Religionsunterricht sein soll, eine lose Verführung, wenn sie nicht nach Christo ist, Kol. ,8., oder auf Christum weiset, und Alles aus Ihm herleitet. Wer das Gewissen beruhigen will ohne die Gerechtigkeit Christi, und wer die Menschen fromm machen will, und die Frömmigkeit nicht aus dem Tod, Leben und Geist Jesu herleitet, ist entweder ein vorsätzlicher oder ein unwissender Betrüger.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Die Einfalt scheint verächtlich,
Doch ist sie sehr beträchtlich,
Wenn sie in Christo ist,
Wenn sie auf Jesum blicket,
Und was vom Ziel verrücket,
Nicht weiß noch sucht, und gerne mißt.
2.
Die Einfalt in dem Glauben
Läßt sich den Grund nicht rauben,
Daß Jesus sie versühnt.
Die Einfalt in dem Leben
Bleibt ihrem HErrn ergeben,
Der sie erkauft, und dem sie dient.
3.
Die Einfalt im Ertragen
Lernt nur geduldig sagen:
Des Vaters Will’ gescheh’.
Die Einfalt in dem Sterben
Scheut nicht des Leibs Verderben,
Stirbt hin, damit sie Jesum seh’.
4.
HErr! Fürwitz ist ein Schade,
Die Einfalt ist noch Gnade,
Erhalte mich dabei:
So dank’ ich Dir als Sünder,
So lob’ ich Dich wie Kinder;
Gib, daß mein Zweck nur Jesus sei!
Meine Schafe hören Meine Stimme, und Ich kenne sie, und sie folgen Mir, und Ich gebe ihnen das ewige Leben; und sie werden nimmermehr umkommen, und Niemand wird sie aus Meiner Hand reißen. Joh. 10,27.28.
Alle glaubigen Christen sind Schafe des HErrn Jesu, und wer unter sie gerechnet sein will, muß von Herzen des HErrn Jesu Eigenthum sein; denn dieser Jesus ist kein Miethling, dessen die Schafe nicht eigen sind. Das Eigenthumsrecht des HErrn Jesu geht so weit, daß Paulus den Glaubigen nicht nur 1 Kor. 7,23. schreiben konnte: ihr seid theuer erkauft, werdet (in Gewissenssachen) nicht der Menschen Knechte; sondern auch 1 Kor. 6,19.20.: ihr seid nicht euer selbst, denn ihr seid theuer erkauft. Ich muß also alles Recht, das ich über mich selbst zu haben meinte, dem HErrn Jesu abtreten und übergeben; und darin wird meine ewige Glückseligkeit bestehen, daß Er mich als Sein Schaf kennet und behandelt; denn Er wird Sein Eigenthumsrecht, das Er über mich hat, immer als ein allmächtiger und reicher HErr mit der treuesten und weisesten Liebe ausüben. Er kennet Seine Schafe, nicht nur so wie Er alle Dinge nach Seiner Allwissenheit kennet, sondern auch im Gegensatz gegen diejenigen, zu denen Er an Seinem Tage sagen wird: Ich kenne euch nicht, Ich habe euch noch nie erkannt. Er kennet sie also mit einer besonderen Liebe als die Heiligen, die auf Erden sind, und als die Herrlichen, an denen Er alles Wohlgefallen hat. Er rufet ihnen mit Namen, V. 3., und übersieht also nicht ihren ganzen Haufen auf einmal, sondern kennet sie als einzelne nach ihren besonderen Merkmalen. Sie hören aber auch Seine Stimme; sie sehen Ihn zwar nicht, und können Ihn bei Leibesleben durch’s Schauen nicht erkennen: indem sie aber Seine Stimme hören, so wird Er ihnen bekannt, V. 14. Alles, was in der Bibel steht, ist Seine Stimme oder Sein Wort, durch Seinen Geist aber eignet Er ihnen Seine Worte so deutlich und eigentlich zu, als ob Er mit ihnen redete, und wenn sie die Kraft der Worte fühlen, so merken sie, daß Er es sei, der mit ihnen rede. Sie kennen also Seine Stimme; aber der Fremden Stimme kennen sie nicht, V. 4.5. Seine Stimme oder Sein Wort macht sie auch folgsam. Die Schafe Jesu folgen Ihm, indem sie in Seine Fußstapfen treten, aber auch nach und nach sich williglich in die Gemeinschaft Seiner Leiden hineinführen lassen; und Er gibt ihnen dabei ewiges Leben. Schon hier gibt Er’s ihnen dem Anfang nach, denn das geistliche Leben ist schon ein ewiges Leben, wenn es bewahret wird, weil es von der Schwachheit und dem Tod des Leibes nicht geschwächt und vertilgt wird; in jener Welt aber gibt Er ihnen das ewige Leben völlig, indem Er nicht nur ihre Seelen bis zu Seinem Thron, wo lauter Leben ist, entrückt, sondern auch ihre Leiber zum ewigen Leben auferweckt. Sie werden auch nimmermehr umkommen, so lange sie Ihm folgen. Ihr Gnadenstand wird nie von sich selbst auslöschen, ihr Weg wird nie vergehen, wie von den Gottlosen Ps. 1,6. gesagt wird, sie werden nie aus Mangel der Treue ihres Hirten verlorne Schafe werden: und Niemand wird sie mit Gewalt aus Seiner Hand reißen, weil Seine Hand stärker als Alles ist. HErr Jesu, lasse mich ewiglich Dein Schaf sein; erfülle an mir, was Du hier versprochen hast, und schenke mir Deinen Geist reichlich, daß ich mich immer als Dein Schaf beweisen könne.
Mel.: Aus meines Herzens Grunde.
1.
Mein Herz hört, guter Hirte,
Gern Deiner Stimme zu;
Dein Schäflein, das verirrte,
Sucht Dich und findet Ruh;
So kennest Du auch mich;
Das Blut aus Deinen Wunden
Wird auch an mir gefunden,
Dieß Zeichen trage ich.
2.
Ich folge Deiner Gnade,
Wo Du gehst, geh’ ich mit;
Ich seh’ auf Dich gerade,
Und Du auf meinen Tritt.
Du wirst, wie Du versprichst,
Auch mir, auch mir ein Leben,
Ein ewig’s Leben geben,
Weil Du Dein Wort nicht brichst.
3.
Ich will in mein Verderben
Nicht mehr zurücke geh’n;
Ich will nicht wieder sterben,
Wie es vorhin gescheh’n.
So wirst Du auch ganz fest
In Deine Hand mich fassen,
Dir nicht entreißen lassen,
Was Dir sich überläßt.
4.
Der Sinn, den ich jetzt habe,
Ist, HErr, von Deiner Treu’;
Hilf, daß er bis zum Grabe
Mir unverrücket sei;
So wird mein Wunsch erfüllt,
Mit dem ich froh entschlafe,
Weil dort für Deine Schafe
Ein Lebenswasser quillt.
Der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruhet auf euch. 1 Petr. 4,14.
Von den Richtern und Propheten Israels wird zuweilen gesagt, daß der Geist des HErrn über sie gekommen sei, das letzte Mal aber wird diese Redensart von Maria, der Mutter Jesu, Luk. 1,35. gebraucht. Es wird aber dadurch eine außerordentliche Wirkung des Heiligen Geistes ausgedrückt, welche nicht lange gewähret hat. Petrus aber sagte von den Glaubigen, an die er schrieb, der Geist der Herrlichkeit und Gottes ruhe auf ihnen. Als einen Geist der Kraft, der Liebe, der Zucht, der Weisheit, der Kindschaft u.s.w. haben sie Ihn empfangen; als einen solchen hat ihn Gott in ihre Herzen gesandt, und Er wohnet in ihnen; aber als ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ruht Er auf ihnen. Er beschirmt sie, Er hat ein Aufsehen auf sie, und zwar mit einem liebreichen Wohlgefallen; denn die göttliche Ruhe schließt immer das göttliche Wohlgefallen in sich. Auch auf Jesu ruhte der Geist des HErrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Raths und der Stärke, der Geist der Erkenntniß und der Furcht des HErrn, Jes. 11,2. Und dieses wurde bei Seiner Taufe dadurch angezeigt, daß der Heilige Geist in einer Taubengestalt vom Himmel auf Ihn herab kam, und über Ihm blieb, Joh. 1,32., folglich Niemand diese Taubengestalt von Ihm wegweichen sah, so lange das Gesicht währete. Petrus nennt den Geist, der auf den Glaubigen ruht, den Geist der Herrlichkeit und Gottes, und gibt ihnen hiedurch zu verstehen, was für einen überschwänglichen Ersatz der Schmähungen sie haben, welche sie über den Namen Christi leiden müssen. Er ist ein Geist der Herrlichkeit, weil Er heilig ist, Seine Heiligkeit von sich ausstrahlen läßt, und deßwegen würdig ist, von den Menschen und von allen Geschöpfen hoch gepriesen zu werden. Diejenigen, auf denen Er ruht, werden dadurch auch zu Heiligen und Herrlichen gemacht, an denen der HErr Jesus alles Wohlgefallen hat, Ps. 16,3. Er ist der Geist Gottes, der Geist des Vaters und des Sohnes. Gleichwie nun der Geist des Menschen ein menschlicher Geist ist, und zu des Menschen Wesen gehört, also ist der Geist Gottes ein göttlicher Geist, und gehört zum göttlichen Wesen. Er ist nichts Erschaffenes, keine himmlische Materie, kein englischer Geist. Er wird auch nie der Geist der Glaubigen genannt, ob Er schon auf ihnen ruht, und in ihnen wohnet; hingegen heißt Er der Geist des Jehovah, Ezech. 36,27., der Geist deß, der Jesum von den Todten auferweckt hat, Röm. 8,11., und der Geist Christi, Röm. 8,9., oder des Sohnes Gottes, Gal. 4,6., welcher eben dadurch als der wahrhaftige Gott gepriesen wird. Dieser Geist ist’s also, der auch auf den Glaubigen ruht, so daß sie unter Seinem Schirm und unter Seiner Aufsicht stehen, wenn sie sich in den größten Gefahren befinden, ja wenn sie auch ihre Leiber in den Tod hingeben müssen. Bei der Schöpfung schwebete Er auf den Wassern, und hielt sei, ehe die anziehende Kraft des Abgrundes angerichtet war, zusammen; nun ruht Er aber auf den Glaubigen, und erhält ihre Herzen und Sinnen in der Ordnung, damit sie sich die Hitze der Versuchung, die ihnen widerfährt, nicht befremden lassen. Ach daß der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, immer auch auf mir ruhe! Dieses wird mir ein reicher Ersatz der Schmach sein, die ich um Christi willen leide.
Mel.: Schwing’ dich auf zu deinem Gott.
1.
Glauben und geschmähet sein,
Ist das Loos der Christen;
Doch den Christen fällt nicht ein,
Daß sie zagen müßten;
Denn der Geist der Herrlichkeit
Ruhet doch auf ihnen,
Und zum Ruhm wird nach der Zeit,
Was hier Schmach geschienen.
2.
Dieß erheitert ihr Gesicht,
Da sie Christo wallen;
Kennet schon die Welt sie nicht,
Daß sie Gott gefallen;
Doch ihr Glaube hält still aus,
Wenn ihn Fremde schelten;
Denn sie sind noch nicht zu haus,
Wo das Lob wird gelten.
3.
Dir soll dann, Du Gottesgeist,
Der Geschmähte danken,
Weil Du uns zu stärken weißst,
Eh’ wir möchten wanken;
Daß Du uns die Gnade thust,
Und uns nicht läßt Waisen,
Sondern ob Geschmähten Ruhst,
Daß sie selig heißen.
4.
Ruhst Du auf den Christen schon
In der Schmach der Erden,
Was wird erst vor Gottes Thron
Aus den Christen werden,
Wo das nun erhob’ne Haupt
Wird in Ehre leben,
Und Dir, durch den wir geglaubt,
Herrlichkeit dort geben!
Gott unser Heiland will, daß allen Menschen geholfen werde. 1 Tim. 2,4.
Es ist sehr geziemend, daß in der heiligen Schrift, wo von der Verdammniß der Menschen geredet wird, des Willens oder Wohlgefallens Gottes nie Meldung geschieht. Gott verdammt freilich diejenigen, die bis an ihr Ende unbußfertig und unglaubig bleiben, Er hat aber kein Gefallen an dem Tod oder Verderben des Gottlosen, sondern daran hat Er ein Gefallen, daß sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen und lebe, Ez. 33,11. Er will nicht, daß Jemand verloren werde, sondern daß sich Jedermann zur Buße kehre, 2 Petr. 3,9. Er will, daß allen Menschen geholfen werde, und sie zur Erkenntniß der Wahrheit kommen, 1 Tim. 2,4. So geziemt es sich von Gott, der die Liebe ist, zu denken und zu reden. Weil Er aber weiß, daß die von ihrem Gewissen verurtheilten Menschen schwerlich glauben können, daß er einen so guten Willen gegen sie habe, so bestätigt Er Seine Aussage davon mit einem Eide, und sagt Ez. 33,11.: o wahr Ich lebe. Dasjenige, woraus die Verdammniß der Menschen hergeleitet wird, wird nie der Wille, sondern der Zorn Gottes genannt, welcher freilich heilig, gerecht und unaussprechlich schrecklich ist.
Wenn ich also für mich selbst Gott meinen Heiland bitte, daß Er mir helfe, oder mich selig mache, so bitte ich nach Seinem Willen. So wir aber etwas bitten nach Seinem Willen, so höret Er uns, 1 Joh. 5,14. Ich darf hiebei durch meine Unwürdigkeit mich nicht zurückschrecken lassen; ich darf nicht fragen, warum Er mir helfen wollen, der ich ein schnöder Mensch bin, und Seine Gebote so oft übertreten habe. Genug ist’s, daß Er mir helfen will. Er sagt: wem Ich gnädig bin, dem bin Ich gnädig, und wessen Ich Mich erbarme, deß erbarme Ich Mich, und will nicht, daß man weiter frage, oder sich um ein eigenes Verdienst umsehe. Ein Mensch darf seinem unglaubigen Herzen die Antwort des gütigen HErrn vorhalten: siehest du darum scheel, daß Ich so gütig bin; und wenn sich der Mensch so zu dem gütigen HErrn wendet, und sich im Bitten auf Seinen guten Willen beruft, so kann’s nicht fehlen: es muß auch in ihm, dem Sünder, ein guter Wille entstehen, mit welchem er sich zum Dienst des HErrn und zur Bearbeitung Seines Geistes ergibt.
Paulus trägt aber die große Wahrheit: Gott will, daß allen Menschen geholfen werde, auch in der Verbindung mit der schuldigen Fürbitte für andere Menschen vor; wie er denn 1 Tim. 2,1.2.3.4. schreibt: so ermahne ich nun, daß man vor allen Dingen zuerst thue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, auf daß (wenn auch sonst nichts erbeten werden könnte, Gott Seine herzlenkende Kraft an ihnen beweise, und) wir ein geruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit; denn solches (Bitten) ist gut, dazu auch angenehm vor Gott unserm Heiland, welcher will, daß allen Menschen geholfen werde u.s.w. Wir dürfen also auch nicht schüchtern sein, wenn wir für Andere bitten. Solche Bitten sind Ihm angenehm. Er will schon vorher, was wir bitten, Seine Ehre aber erfordert es, daß Er darum gebeten werde. Alle Menschen, schreibt ein seliger Lehrer, sind wir ein einiger Mensch vor Gott; darum sollen diejenigen, die das Heil erlangt haben, für diejenigen bitten, die noch zurück sind.
Mel.: Gott des Himmels etc.
1.
Daß kein Mensch verloren werde,
Wollte Gott von Ewigkeit;
Denn sonst hätte Er die Erde
Nicht mit Seinem Sohn erfreut;
Und Sein Wort sagt’s aller Welt,
Daß ihr Heil Ihm wohlgefällt.
2.
Gott! laß Deinen guten Willen
Dir zum Lob an mir gescheh’n;
Was ich selbst nicht kann erfüllen,
Dafür wird mein Mittler steh’n.
Was Dein Rath zuvor bedacht,
Hat mein HErr, Dein Sohn, vollbracht.
3.
Grundbös ist der Mensch geboren,
Er will keine Seligkeit,
Und so geht der Mensch verloren,
Bis er’s in der Qual bereut;
Daß wir wollen selig sein,
Wirket Gottes Geist allein.
4.
Will uns Gott geholfen wissen,
O so ist der Mensch verflucht,
Der nicht, auf sein Heil beflissen,
Gottes Hülfe ernstlich sucht!
Gott! das Wollen wirke Du,
Und dann gib auch Kraft dazu.
5.
Hilf mir, daß ich nicht verderbe;
Hilf mir beten, wenn ich schwach;
Hilf mir glauben, bis ich sterbe;
Hilf mir, daß ich froh erwach’,
Und einst sing’ in meinem Theil:
Unsers Gottes ist das Heil!
Singet um einander dem HErrn mit Danken, und lobet unsern Gott mit Harfen. Der den Himmel mit Wolken bedecket, und gibt Regen auf Erden. Ps. 147,7.8.
Als David den Gottesdienst, wie er in der Stiftshütte und hernach in dem Tempel getrieben werden sollte, einrichtete, so verordnete er drei Propheten, nämlich Assaph, Heman und Jeduthun, als Vorsteher derjenigen, welche Psalmen singen und auf Instrumenten dabei spielen mußten. Die musikalischen Sänger waren in 24 Haufen eingetheilt, und zu jedem derselben waren Zwölf gerechnet, welche eine Woche lang ihren Dienst in der Stiftshütte und hernach im Tempel verrichten mußten, da dann nach 24 Wochen die Reihe wieder an die Ersten kam. Alle waren Leviten, und einige derselben Kinder oder Nachkommen des Korah, der sich in der Wüste wider Mose und Aaron empört hat, s. 1 Chron. 26. Auf diesen musikalischen Gottesdienst wird gezielt, so oft in den Psalmen der Harfen, Psalter, Cymbeln und Posaunen Meldung geschieht. Bei einigen Psalmen wird in der Ueberschrift das Instrument namhaft gemacht, auf welchem man bei Absingung derselben musiziren sollte. Bei dem Anbruch des neuen Testaments hat Christus nichts dergleichen angeordnet, wiewohl doch Kol. 3,6. der Psalmen und Lobgesänge und der geistlichen lieblichen Lieder Meldung geschieht. Von den Engeln wird nie gesagt, daß sie singen; doch werden ihnen Trompeten zugeschrieben. Hingegen hatten die 24 Aeltesten im Himmel, als Johannes sie sah, Harfen, und sangen ein neues Lied, Off. 5,8.9. Auch hörte Johannes Kap. 14,2.3. eine große Stimme als der Harfenspieler, die auf ihren Harfen spielten, und ein neues Lied vor dem Throne Gottes sagen. Andere standen am gläsernen Meer im Himmel, und hatten Gottes Harfen und sangen das Lied Mosis, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes, Offenb. 15,2.3. Wer zu diesen Schaaren kommen soll, hat nicht nöthig, das Singen und Musiziren auf Erden kunstmäßig zu lernen, denn der Heilige Geist wird eine vom Leib entkleidete Seele, wenn alle Unordnung in ihr aufgehoben ist, gar bald tüchtig machen, bei dem himmlischen Singen und Musiziren mit anzustehen. Indessen sollen wir schon auf Erden dem HErrn singen und danken, und, wenn es sein kann, unsere Seele durch geziemende musikalische Töne dabei aufmuntern lassen. Er thut uns täglich viel Gutes. Er bedeckt unter Anderem den Himmel mit Wolken, und läßt regnen auf Erden, damit das Gras für das Vieh und die Frucht für die Menschen wachsen könne. Den Werth dieser Wohlthat erkennt man nie besser, als wenn eine Dürre, welche einen Mißwachs verursacht hat, vorhergegangen ist. Viel kostbarer ist der Gnadenregen, dessen Ps. 68,10. Meldung geschieht; denn nachdem David V. 8.9. gesagt hatte: Gott, da Du vor Deinem Volk herzogest, da Du einhergingest in der Wüste, Sela, da betete die Erde, und die Himmel troffen vor diesem Gott in Sinai (als dass Gesetz da gegeben wurde), vor dem Gott, der Israels Gott ist. Weiter fährt David fort: Nun aber (da die Zeit des neuen Testamentes gekommen ist) gibst Du, Gott, einen Gnadenregen, und Dein Erbe, das dürr ist, erquickest Du. Was dieser Gnadenregen sei, wird Jes. 44,3. angezeigt. Gott lasse denselben auch auf mich und die Meinigen reichlich fallen, und uns, die wir ein dürres Erdreich sind, dadurch erquickt und fruchtbar werden.
Mel.: Ihr Kinder des Höchsten.
1.
Wir loben Dich, Schöpfer des Himmels und Erden,
Daß Du noch regierest das, was Du hieß’st werden;
Du speisest die Menschen, Du fütterst das Vieh,
Du öffnest den Himmel, so mangelt es nie,
So scheinet die Sonne, so träufeln die Regen,
So bringest Du Samen und Ernte zuwegen:
In Deiner Hand steht der Mangel und Segen.
2.
Sonst würde der Satan den Himmel verschließen,
Es dürften die Deinen den Thau nicht genießen;
Der Reiche verschlänge den Armen geschwind,
Verpachtete Sonnenschein, Regen und Wind.
Nun rühmen die Deinen Dein göttliches Walten,
Sie dürfen um Segen die Hände Dir falten;
So lange Du HErr bleibst, so sind wir erhalten!
Ich weiß, an Welchen ich glaube, und bin gewiß, daß er mir meine Beilage bewahren wird bis an den Tag. 2 Tim. 1,12.
Paulus hatte durch den Glauben an Christum Jesum keine zeitlichen Vortheile gewonnen, und sich viele und langwierige Leiden zugezogen, die ihn, wenn er ein unglaubiger Jude geblieben wäre, nicht betroffen hätten. Er stand auch damals, da er den zweiten Brief an den Timotheus schrieb, in einem tiefen Leiden, denn er war ein Gefangener zu Rom, und sah seinen gewaltsamen Tod nahe vor sich. Er sagte aber: ich schäme mich meiner Leiden nicht; ich denke nicht, daß ich bei meinem Uebergang zum Christenthum und bei der vieljährigen Verwaltung meines beschwerlichen Apostelamts thörlich gehandelt habe, und mich also schämen müßte, wie sich diejenigen schämen müssen, die sich in ihrer Hoffnung betrogen haben; denn ich weiß, an Welchen ich glaube, und Wem ich mich ganz vertraut habe. Dieser ist Jesus, den ich zuerst verfolgt hatte, der mich aber aus großer Barmherzigkeit vom Himmel herab berufen, aber auch zur selbigen Zeit schon gesagt hat, ich solle Sein auserwähltes Werkzeug sein, Er wolle mir aber auch zeigen, wie viel ich um Seines Namens willen werde leiden müssen. Diesen Jesum hatte Paulus immer als treu, als freundlich, als mächtig gefunden. Er war inne worden, daß Er sein Erlöser, Fürsprecher, Nothhelfer, seine Gerechtigkeit und seine Stärke sei. Er hatte Ihn immer so gefunden, wie sein Herz hatte wünschen können. Er achtete sich von Ihm nicht beleidigt zu sein, ob Er ihn schon einen rauhen Weg geführt hatte, und zuletzt wie ein Schlachtschaf dem Tod übergab, sondern war gesinnt, wie hernach der Bischof Polycarpus, der, als ein heidnischer Richter von ihm forderte, daß er Jesum zur Rettung seines Lebens lästern sollte, zur Antwort gab: achtzig Jahre diene ich Ihm, und Er hat mich nie beleidigt: wie soll ich Ihn denn lästern? Aber wie? wenn Paulus über den Tod hinaussah, was hatte er da für eine Aussicht? er sagte: ich bin gewiß, daß der, an welchen ich glaube, mir meine Beilage bewahren wird bis an jenen Tag. Was war diese Beilage? Sie war Pauli Seele, die er seinem Heiland auf den Fall ihrer Trennung vom Leib zu treuen Händen empfohlen hatte. Eine solche abgeschiedene Seele könnte nun freilich als ein schwacher Geist, dem die Werkzeuge des Leibes mangeln, in dem großen Weltraum herumirren, und vielen feindlichen Anfällen ausgesetzt sein, aber Paulus sagt: der Heiland wird meine Seele schon bewahren bis an jenen Tag des Gerichts, da eine ganz neue Einrichtung in der Welt gemacht, und alle Möglichkeit einer Bedrängniß verschwinden wird.
HErr Jesu, Du bist’s, an den ich glaube. Dir vertraue ich mich an. Von Dir wünsche ich geführt zu werden bis an mein Ende. Wenn ich bei dem Glauben an Dich und bei dem Dienst, den ich Dir leiste, manches Weltglück zu verscherzen und also ein Thor zu sein scheine, so schäme ich mich dessen nicht. Du, HErr, wirst mir alles in Deinem Reich überschwänglich ersetzen. In Deine Hände befehle ich meinen Geist, Dir übergebe ich ihn als eine Beilage, die Du bis an jenen Tag bewahren wollest.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Ich weiß, an Wen ich glaube;
Er gibt nicht hin zum Raube,
Was Ihm sich übergab;
Er hat schon meine Seele,
Die ich Ihm anbefehle,
Er habe sie bis zu dem Grab.
2.
Ihm hab’ ich sie zum Leben
Im Glauben übergeben,
Als Sein erkauftes Gut.
Sollt’ Er sie erst verlieren,
Und nicht zum Leben führen?
Warum vergoß Er denn Sein Blut?
3.
Ihm glaubt man ohne Reue,
Man fleht auf Seine Treue,
Man lebt auf Seine Macht;
Man leidet in der Gnade,
Stirbt man, so ist’s kein Schade,
Er nimmt die Seelen wohl in Acht.
4.
Ich weiß, was Er erworben,
Ich weiß, wie Er gestorben,
Wie hoch Er sich gesetzt;
Da ist’s nun Seine Sache,
Daß Er ganz selig mache;
Was Sein ist, bleibt Ihm unverletzt.
5.
So glaub’ ich auf’s Gewisse,
Weil Der, der es verhieße,
Es auch zu thun vermag;
Mein Grund steht unbeweget;
Was ich Ihm hinterleget,
Bewahrt Er bis an jenen Tag.
6.
Ich weiß, an wen ich glaube;
Er nimmt einst aus dem Staube
Den Leib zur Seele hin.
HErr! laß nur mich nicht wanken.
Ich will Dir ewig danken,
Wenn ich bei Dir im Himmel bin.
Gott hat Alles beschlossen unter den Unglauben, auf daß Er Sich Aller erbarme. Röm. 11,32.
So lange die Herrlichkeit Gottes den Menschen unsichtbar ist, ist keine Verehrung Gottes möglich als durch den Glauben. Gott offenbart sich nämlich ihnen durch Seine Werke, noch mehr aber durch Sein Wort; was Er aber offenbaret, muß geglaubt werden, und zwar mit einem Glauben, der dem Schauen entgegengesetzt ist. Aus diesem Glauben folgt Liebe, Ehrfurcht, Gehorsam und die ganze Anbetung Gotte. Menschen, die auf die Werke Gottes nicht mit einer gehörigen Achtsamkeit merken, und entweder das Wort Gottes nicht haben, oder es nicht zu Herzen nehmen, sind unglaubig, sonderlich in Ansehung Christi, außer welchem kein Heil ist, und welcher der einzige Weg ist, durch den man zum Vater kommt. In diesem Zustand waren und sind noch die abgöttischen und unwissenden Heiden; aber auch die Juden die Christum verwerfen, und vom Glauben Abrahams abgetreten sind, sind solche unglaubige Leute. Wenn sich nun die Heiden über die Juden und die Juden über die Heiden erheben, oder der eine Theil die Bekehrung des andern für unmöglich halten wollte, so sagte Paulus: auch ihr seid alle mit einander vor eurer Bekehrung unglaubige Leute. Gott hat Alles unter den Unglauben beschlossen: Er hat über Alles, was Er auf der Erde sieht, das unwidersprechliche Urtheil gefällt, daß es vor Seiner wirksamen Erbarmung, durch die der Glaube und durch den Glauben Gnade geschenkt wird, unglaubig, folglich zu Seinem Reich untüchtig sei. Weil nun hier die Menschen in Einen Haufen von dem wahrhaftigen HErrn zusammengeschlossen sind, so kann dem einen Theil wie dem andern durch nichts als durch das Erbarmen Gottes geholfen werden, und wenn Gott Sich des einen Theils erbarmet, so darf man es nicht für unglaublich ansehen, daß Er sich auch des andern Theils erbarmen werde. Darum schrieb Paulus V. 30.1.: gleicherweise, wie ihr Heiden weiland nicht habt geglaubet an Gott, nun aber habt ihr Barmherzigkeit überkommen bei dem Unglauben der Juden, indem man sich erst alsdann mit dem Evangelio zu euch wandte, wenn die Juden das Reich Gottes im Unglauben von sich stießen, also haben auch diese Juden nicht geglaubt, auf daß bei eurer Begnadigung auch sie dereinst begnadigt werden. Wenn also ein begnadigter Mensch auf seinen ehemaligen Zustand zurücksieht, so erkennt er, daß er ein unglaubiger Mensch gewesen sei. Wie ist ihm also geholfen worden? Durch die unverdiente Erbarmung Gottes. Wenn er nun die Seinigen oder auch andere Menschen in ihrem Unglauben dahin gehen sieht, so kann er um eine gleiche Erbarmung Gottes für sie bitten, und zugleich hoffen, daß auch ihnen Barmherzigkeit widerfahren werde. Ein Unglaubiger kann sich nicht selber helfen, denn die Wahrheit, welche von der Sünde frei machen kann, ist nicht in ihm. Er hat kein wahres Licht und kein geistliches Leben in seiner Seele. Das Erbarmen Gottes muß ihm von vorne an Alles schenken. Ach Gott, erbarme Dich Aller, die noch im Unglauben stecken, unter denen sich immer Einer über den Andern erhebt, ein Jeder aber sich selber gefällt. Du aber siehest sie als Unglaubige an, und weißt, daß Alle elend sind, und Keiner ich selber helfen kann. Erbarme Dich also Aller um Deines lieben Sohnes willen, und rette, was zu retten ist.
Mel.: Du bist ein Mensch, das weißt etc.
1.
Ihr Menschen glaubt nichts Gut’s von euch,
Wir sind nicht Heilsgenossen;
Der Unglaub’ ist bei Allen gleich,
Worein uns Gott geschlossen.
Aus Fleisch und Blut wächst von Natur
Kein Mittel zu der Seelenkur;
Wir werden lauter Armen,
Daß Gott sich kann erbarmen.
2.
Das ist Sein liebevoller Rath
Von Ewigkeit gewesen;
Dann ließ Er uns die Wunderthat
Am Kreuz im Blute lesen.
So sagt’s die Schrift, so fühlt’s das Herz,
Dem ist sein Unglaub’ selbst ein Schmerz,
Für den in Jesu Wunden
Allein wird Trost gefunden.
3.
Erbarmer! Dir sei Ruhm dafür;
Du zeigst uns unsern Schaden.
Durch solch’ Erkenntniß werden wir
Recht fähig Deiner Gnaden.
So stellt uns Gott das Herz ganz bloß,
Und wird die Sünde mächtig groß;
Doch Gnade ist noch größer
In Christo, dem Erlöser.
4.
O Gott, wie bist Du so gerecht,
Um uns gerecht zu machen!
Nimm Dank vom sündlichen Geschlecht
Und Ehre von uns Schwachen.
Wir rühmen uns nicht unsers Thuns,
Dein Ruhm der Gnade freuet uns;
O laß uns ewig droben
Einst Dein Erbarmen loben!
Nicht allein sie, sondern auch wir selbst, die wir haben des Geistes Erstlinge, sehnen uns auch bei uns selbst nach der Kindschaft, und warten auf unseres Leibes Erlösung. Röm. 8,23.
Wiedergeborne und glaubige Christen werden in der heiligen Schrift Kinder Zions, Kinder des obern Jerusalems und der Freien, Kinder des Lichts und des Reiches genannt: ihr prächtigster Name aber ist dieser, daß sie Kinder Gottes genannt werden. Die frommen und ehrwürdigen Männer vor der Sündfluth, an denen man etwas von dem Ebenbild Gottes wahrnehmen konnte, wurden Söhne Gottes, die frechen Weibsbilder aber Töchter der Menschen genannt, weil das Gute göttlich, und das böse nach dem Sündenfall menschlich ist. Hernach wurde das ganze Volk Israel Gottes erstgeborner Sohn genannt, 2 Mos. 4,22. Moses aber, als er die Israeliten hoch ehren und zur Haltung gewisser Gebote willig machen wollte, sagte 5 Mos. 14,1. im Eingang zu ihnen: ihr seid Kinder des HErrn, eures Gottes. Im Neuen Testament kommt dieser Name oft vor, und wird aus der Geburt aus Gott, und aus dem Glauben an den Sohn Gottes, welcher Seinen Namen und Seine Würde denen, die an Ihn glauben, nach ihrer Fähigkeit mittheilt, hergeleitet. Glaubige Christen werden durch diesen Namen hoch geehrt, und zu Gegenständen der väterlichen Liebe Gottes, wie auch zu Erben Gottes erklärt, und des Geistes Erstling, das ist der Heilige Geist in demjenigen Maße, nach welchem man Ihn auf Erden empfangen kann, ist das Siegel, wodurch sie als solche ausgezeichnet sind, und welches sie selbst versichert, daß sie solche seien, und sich erkühnen dürfen, nach dem Vorgang Johannis 1 Joh. 3,2. zu sagen: wir sind nun Gottes Kinder. So herrlich aber dieses Bekenntniß lautet, so gewiß ist es auch, daß wir dabei sagen müssen: so wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns; dieweil wir in der Hütte des sterbliches Leibes sind, sehnen wir uns, und sind beschwert; wir müssen durch viel Trübsal in’s Reich Gottes eingehen; unser Leib ist sterblich um der Sünde willen u.s.w. Wo ist nun eure Herrlichkeit? möchte man sagen. Sie ist freilich nicht sichtbar, und fällt insonderheit der Welt nicht in die Augen; weßwegen Johannes 1 Joh. 3,1. schreiben konnte: sehet, welch’ eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß wir Kinder Gottes sollen heißen; darum kennet euch die Welt nicht, denn sie kennet Ihn nicht. Auch Kinder Gottes kennen sie (die Herrlichkeit) zuweilen nicht, und lassen sich ihre göttliche Kindschaft durch das Gefühl ihrer Mängel und Leiden aus dem Gesicht rücken oder verdecken. Was wird aber dereinst geschehen? Sie werden in den völligen Genuß ihres Kindsrechts eingesetzt werden, sie werden offenbar und zur Herrlichkeit erhoben werden, es wird, wie Johannes sagt, erscheinen, was sie sein werden, und alsdann werden sie dem verklärten HErrn Jesu ähnlich sein, denn sie werden Ihn sehen wie Er ist, und bei diesem beständigen Sehen als reine Crystalle von Seiner Herrlichkeit an Einem fort durchleuchtet werden. Dieses Alles ist die Kindschaft, nach welcher sich wahre Christen bei sich selbst sehnen. Durch nichts wird ihre Sehnsucht völlig gestillt werden, als durch diese Kindschaft. Diese ist nicht eitel, wie alles dasjenige, das unter der Sonne ist. Sie warten auch auf ihres Leibes Erlösung aus dem Grabe, denn diese muß geschehen, und wird geschehen, damit sie als Kinder Gottes dem HErrn Jesu, welcher auch aus dem Grabe erweckt worden, und einen verklärte Leib hat, völlig ähnlich werden.
Mel.: Mein’s Herzens Jesu etc.
1.
Es seufzen nicht die Christen nur
Nach jener Stadt, der schönen;
Es ängstet sich die Kreatur
Selbst mit geheimem Sehnen;
Ein Vieh weiß nichts, doch seufzt ein Vieh
Still unter seiner schweren Müh’,
Und sehnt sich frei zu werden.
2.
Wir, denen Gott die Erstlinge
Des Geistes schon gegeben,
Wir warten auf das Sehnlichste
Bei uns selbst auf ein Leben,
Als Kinder, die die Heimath freut,
Als Erben großer Herrlichkeit,
Auf unsers Leibs Erlösung.
3.
Erlöser! gib mir Deinen Geist,
Daß Er mein Herz gewöhne,
Daß es nach dem, was eitel heißt,
Sich ja nicht ängstlich sehne;
Mein Seufzen geh’ allein nach Dir,
Und keine Thräne steige mir,
Die nicht gen Himmel steiget.
4.
Wir sind wohl Kinder, aber doch
Hier nicht, was wir einst werden;
In jene Herrlichkeit taugt noch
Kein Leib von alter Erden;
Wir seufzen Dir in Hoffnung zu,
Verklär’ ihn bald und mach’ ihn Du
Dort geistlich, Deinem ähnlich!
Wir haben einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der gerecht ist. 1 Joh. 2,1.
Wenn Jemand gesündiget hat, so verdammet ihn sein Herz als einen Ungerechten, und es ist schon oft geschehen, daß einem Christen in einer Stunde der göttlichen Heimsuchung, welche auch in einem seiner letzten Lebenstage erscheinen kann, sehr viele Begehungs- und Unterlassungssünden von einer ganzen Reihe seiner Jahre aufgedeckt und im Gewissen vorgehalten werden, die er vorher nicht erkannt und geachtet hatte. Hier ist’s nun besonders nöthig, daß man glaube, man habe einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der gerecht ist; wiewohl diese Wahrheit bei dem Zugang zu Gott täglich der Grund unserer Zuversicht sein muß. Es kommt uns Alles darauf an, daß wir bei dem Vater in Gnaden stehen. Kein Mensch und kein Engel spricht das Urtheil über uns, aber von dem Vater, vor dem unser Zustand und unser Wandel bloß und aufgedeckt ist, und der alle unsere Sünden weiß, wird uns das Leben oder der Tod, Vergebung oder Strafe zuerkannt. Vor dem Vater verklagt uns Moses, nämlich das Gesetz Mosis, insofern es im Reich Gottes noch jetzt gilt; weil wir es übertreten haben, Joh. 5,45. Da nun, wo unsere Sache entschieden wird, haben wir einen Fürsprecher, Jesum Christum, der ein unvergängliches Priesterthum hat, und deßwegen selig machen kann immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen, und immerdar lebt, und für sie bittet, Hebr. 7,24.25. Haben wir ein Verlangen selig zu werden, so dürfen wir nicht meinen, daß die Sünden, die wir aus Uebereilung begangen haben, und wegen welcher uns unser Herz verdammt, uns Seiner Fürbitte verlustig machen; denn Johannes sagt: ob Jemand sündiget, welches freilich nicht geschehen sollte, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater. Der HErr Jesus ist also ein Fürsprecher für die Sünder, diese haben Ihn als einen Fürsprecher. Er bittet für Solche, die in der Unwissenheit sündigen: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun. E bittet für einen Menschen, der wie ein unfruchtbarer Feigenbaum ist: HErr, laß ihn noch dieses Jahr. Er bittet für einen Gefallenen, der im Grund der Seele redlich ist, wie für Petrus, daß sein Glaube nicht aufhöre. Er bittet für diejenigen, die in der Gnade stehen, um Erhaltung und Bewahrung, um die Fortsetzung der Heiligung, und um die Einigkeit im Geist, wie Er Joh. 17. gethan hat. Alle diese Fürsprachen, die Er Seinem Vater in den Tagen Seines Fleisches vorgetragen hat, setzt Er ohne Zweifel im Himmel bei dem Vater fort, wer will aber den ganzen Inhalt Seiner Fürbitte, die sich auf die mancherlei Umstände unzählbarer Menschen bezieht, mit seinem Verstand fassen? Genug ist’s, wenn man glaubt, daß derjenige, der gesündiget hat, einen Fürsprecher bei dem Vater habe, der für ihn bittet, wie er es bedarf, der aber auch gerecht ist. Man muß hier nicht an einen gerechten Richter, sondern an einen gerechten Fürsprecher gedenken, der uns mit Seiner Gerechtigkeit zu Hülfe kommt, und sei gleichsam dem Vater vorstellt, als den Ersatz dessen, was wir hätten leisten sollen. Habe Dank, HErr Jesu, daß Du ein solcher Fürsprecher für die Sünder bist. Laß Deine Fürbitte mir täglich, insonderheit aber alsdann, wenn ich von meinem eigenen Herzen verdammt werde, zu Statten kommen.
Mel.: Was Gott thut, das ist etc.
1.
Der zu des Vaters Rechten sitzt,
Der bittet für die Seinen;
So sind sie vor dem Zorn beschützt,
Getröstet in dem Weinen,
Befreit von Noth,
Erlöst vom Tod,
Und dürfen nach dem Sterben
Mit ihrem Heiland erben.
2.
HErr Jesu, Dir gebührt der Ruhm,
Nur Du kannst für uns beten;
Du Priester in dem Heiligthum,
Du kannst Dein Volk vertreten;
Kein and’res Blut
Ist uns zu gut
Zum Opfer je geflossen,
Du hast’s für uns vergossen!
3.
Daher du die Versühnung bist
Bei’m Vater, der Gerechte;
Da, was sonst Mensch heißt, Sünder ist,
Und Engel Deine Knechte;
Du bist der Sohn,
Du hast den Thron,
Und nur in Deinem Namen
Ist die Verheißung amen.
4.
Wir ehren Dich, wir glauben Dir;
Dein Volk, das Du erworben,
Jaucht Dir ein Hallelujah für,
Weil Du für uns gestorben.
Ach bitte Du
Nur immerzu
Für uns aus diesem Grunde,
Auch in der Todesstunde!
Ich bin Dein, hilf mir. Ps. 119,94.
So betete David, oder ein anderer Prophet, der diesen Psalm geschrieben hat, und so darf ich auch beten. Ich bin Dein, HErr mein Gott, weil Du mich erschaffen hast, und ich ein Werk Deiner Hände bin. ich bitte also mit der Ansprache, die ein Geschöpf an seinen Schöpfer machen darf: hilf mir, Deinem armen, dürftigen, gebrechlichen Geschöpf. Ich bin Dein, HErr Jesu, denn Du hast mich theuer erkauft, Du hast mich mit Deinem Blut erkauft, nun bin ich nicht einmal mein selbst. Das Recht, das ich über mich zu haben meinte, ist dein und in Deinen Händen, ich trete es auch Dir williglich ab, ich stelle mein ewiges Schicksal als Dein Leibeigener in deine Hände: aber nun hilf mir als dem Deinigen, sorge für mich, schütze mich, leite mich, und labe mich Elenden mit Deinen Gütern, ohne die mich ein ewiger Mangel quälte. Ich bin Dein, weil ich auf Deinen Namen, o Dreieiniger Gott, getauft, und von Dir hernach auch durch Dein Wort berufen worden bin, um Dein Kind und Knecht zu sein. Du hast mir auch in Deinem Wort theure Verheißungen gegeben, und diese Verheißungen mir durch die Taufe und hernach durch die Gnade des Beruf zugeeignet: nun hilf mir, wie Du verheißen hast, hilf mir, denn ich suche Deine Befehle, und indem ich sie zu verstehen und zu halten trachte, so hoffe ich, Du werdest auch die Verheißung Deiner mannigfaltigen Hülfe, deren ich sehr bedürftig bin, und welche an Deine Befehle überall angeheftet ist, an mir erfüllen, und mich auf den Weg des schwachen aber willigen Gehorsams nicht zu Schanden werden und verderben lassen. Ich bin Dein; weil ich aber aus sündlichem Samen gezeuget bin, und eine sündliche Eigenliebe und allerhand Unreinigkeit in mir habe, so lässest Du mich oft einen geistlichen und leiblichen Mangel fühlen, Du wirfst mich nach dem Recht, das Du über mich hast, oft in einen Ofen des Elend hinein, Du gehest wunderlich mit mir um, daß mir oft um Trost und Hülfe bange wird, aber hilf mir, o mein Gott weil ich Dein bin. Du bist allein mein Trost und mein Nothhelfer, zu Dir habe ich Zuflucht. Ich begehre kein Fleisch für meinen Arm zu halten, und finde auch kein Leben und keine Hülfe in meiner eigenen Hand, Du aber, HErr, hilf mir von Tag zu Tag nach dem Bedürfniß meiner Seele und meines Leibes; errette mich aus allen Nöthen, bewahre mich vor dem Argen, sende Dein Licht und Deine Wahrheit, daß sie mich leiten. Hilf mir, himmlischer Vater, durch Deinen eingebornen Sohn, den Du als einen Helden aufgestellt hast, der helfen soll, Ps. 89,20., und der Jesus, Heiland, Seligmacher oder Helfer heißt. Hilf mir durch Ihn und um Seinetwillen auch von demjenigen Uebel, welches die Verdammniß nach sich ziehet, nämlich von der Sünde, weil Er darum in die Welt gesandt worden ist, daß Er Sein Volk selig mache von ihren Sünden. Hilf mir bis an’s Ende, und endlich erlöse mich aus allem Uebel und hilf mir aus zu Deinem himmlischen Reich. Dieses Alles thue, o himmlischer Vater, um Deines Sohnes Jesu Christi willen!
Mel.: Ach bleib mit Deiner Gnade.
1.
So lang ich hier noch walle,
Soll dieß mein Seufzer sein,
Ich sprech’ bei jedem Falle:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
2.
Wenn ich am Morgen wache
Und schlafe Abends ein,
Befehl’ ich Gott die Sache:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
3.
Geh’ ich an die Geschäfte,
Bitt’ ich, daß sie gedeih’n,
Ihn um Verstand und Kräfte:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
4.
Will sich mein Fleisch vergehen,
Betrogen von dem Schein,
So halt’ ich an mit Flehen:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
5.
Wenn mich die Sünden kränken,
So kann ich noch allein
An den Versöhner denken:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
6.
Fühl’ ich mich schwach im Beten
Und ist mein Glaube klein,
Soll mich Sein Geist vertreten:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
7.
Wenn ich in Leidenstagen
Bei Seiner Ruthe wein’,
So will ich kindlich sagen:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
8.
Will Satan mich berauben,
Und macht die Welt mir Pein,
Ruf’ ich getrost im Glauben:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
9.
Macht auch mein Herz mir Grauen,
Der HErr sei nicht mehr mein,
So seufz’ ich voll Vertrauen:
HErr! hilf mir, ich bin Dein.
10.
In meinen letzten Stunden
Schätz ich mich heil und rein
Durch meines Heilands Wunden;
Er hilft mir, ich bin Sein!
Der HErr erhält Alle, die da fallen, und richtet auf Alle, die niedergeschlagen sind. Ps. 145,14.
Es wird in diesem Spruch die große Barmherzigkeit und Treue gerühmt, welche der HErr als König gegen Fallende und Niedergedrückte beweist; denn unmittelbar vor diesen Worten sagt David zu Ihm: Dein Reich ist ein ewiges Reich, und Deine Herrschaft währet für und für. Gott hat Unterthanen in Seinem Reich, die fallen, und solche erhält oder unterstützt Er, Er siehet niedergeschlagene oder gebückte Unterthanen, und diese richtet Er auf. Von den Gottlosen wird oft gesagt, daß sie fallen. Die Bösen, sagt David Ps. 27,2., müssen anlaufen und fallen, und Ps. 36,13.: laß sie, die Uebelthäter, daselbst fallen. Israel und Ephraim sollen fallen um ihrer Missethat willen; auch soll Juda sammt ihnen fallen, Hos. 5,5. Hingegen sagt der Messias Ps. 118,13.: man stößet mich, daß Ich fallen solle, aber der HErr hilft Mir; und David Ps. 125,1.: die auf den HErrn hoffen, werden nicht fallen; Ps. 145,14.: der HErr unterstützt in Seinem Reich Alle, die da fallen. Fallen heißt also nicht eine Missethat begehen, denn man fällt um der Missethat willen, die man begangen hat. Fallen heißt auch nicht in’s Leiden hineingerathen, denn wer hat mehr gelitten als der Messias, dem doch der HErr geholfen hat, daß Er nie fiel? Und wer ist, der nicht bei dem Vertrauen auf Gott Vieles zu leiden hätte? Was ist also dieses Fallen? Derjenige fällt, der sich durch seine Thorheit und Missethat eine Schmach oder ein Unglück zuziehet, folglich, wenn er leidet, denken muß: das habe ich mir selber durch mein Versehen zugezogen. So fiel Christus nie, und die auf den HErrn hoffen, fallen nicht, gleichwie Johannes sagt: sie sündigen nicht, und ziehen sich also kein Unglück durch ihre Sünden zu. Gleichwie aber Johannes ebenfalls sagt: ob Jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater; und: so unser Herz verdammt, so ist Gott größer denn unser Herz u.s.w., also sagt auch David: ob Jemand von den Reichsgenossen des HErrn fällt: so erhält und unterstütz ihn der HErr, und läßt ihn nicht in’s Verderben gerathen. Man bedenke, in was für ein Gedränge Abraham gerathen, da er von seinem Weib die Unwahrheit gesagt, und was für Leiden sich David durch seine Flucht zu den Philistern zugezogen; der HErr vergab ihnen aber, und half ihnen wieder. Und so fällt der Gerechte siebenmal, und stehet wieder auf, weil er doch ein Gerechter bleibt, und nicht aus dem Reich Gottes hinaus fällt; aber die Gottlosen versinken im Unglück, das sie sich selber zugezogen haben, Spr. 24,16. Der Gottlose wird fallen durch sein gottloses Wesen, Spr. 11,5. Er wird fallen, wenn er sich durch seine Gottlosigkeit ein zeitliches Unglück zubereitet, er wird aber auch am Ende seines Lebens in die Hände des lebendigen Gottes fallen. Wie gut ist es hingegen, ein Reichsgenosse Gottes zu sein! Er unterstützt diejenigen, die da fallen, ob sie schon nicht ohne Schuld sind, und richtet auf, die niedergeschlagen sind, oder gebückt einhergehen. Er richtet sie durch Seinen Trost und Seine Hülfe auf. Gelobet sei Gott, der ewige König, der alle Fallenden in Seinem Reich erhält, und alle Niedergeschlagenen aufrichtet!
Mel.: meine Armuth macht mich scheuen.
1.
Gott, Dein Lob soll weit erschallen!
Die da fallen,
Richtest Du gleich wieder auf.
Deine Vaterhand muß ihnen
Immer dienen,
Denn sie leitet ihren Lauf.
2.
Wirft sie je ein Unfall nieder,
Du hilfst wieder,
Und stellst sie mit Freuden hin,
Und Dir dankt ihr froh Gemüthe:
Deine Güte
Ist’s, daß ich nicht gar aus bin.
3.
Fallen in Versuchungsstunden
Sie sich Wunden,
O so greif’st Du, Vater zu;
Du entreiß’st sie dem Verderben,
Läß’st nicht sterben,
Ihre Buße wirkest Du.
4.
Christi blutiges Versühnen
Zeigst du ihnen
Und der Auferstehung Frucht.
Ja der Geist zeugt vom Vergeben
Und vom Leben,
Das der Glaub’ in Jesu sucht.
5.
Dankt dem Vater, frohe Seelen,
Nach dem Fehlen
Laßt uns Seinen Ruhm erhöh’n;
Laßt uns Ihm zu Füßen fallen,
Laßt erschallen:
Gnade ist es, daß wir steh’n!
Wer glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. Mark. 16,16.
Ein Mensch ist nach seinem natürlichen Zustand ein finsteres Geschöpf, unwissend, und noch dazu mit falschen Vorstellungen angefüllt, welche verkehrte Lüste in ihm erwecken. Der alte Mensch verderbt sich durch Lüste in Irrthum. Es wäre aber weder seiner Natur noch dem Zweck, zu dem ihn Gott erschaffen hat, gemäß, wenn ihn Gott mit einer Kraft, welcher Niemand widerstehen kann, ohne sein Wissen und Wollen umschaffen wollte. Worte des Satans haben die Menschen verderbt: Worte Gottes müssen sie wieder zurechtbringen. Das Gesetz, das ist alles Scharfe in der Bibel, das man ohne Bezug auf Christum und Seinen Geist aus der Bibel herausnimmt, ist auch ein Wort Gottes, aber dieses Gesetz ist nicht des Glaubens, sondern der Mensch, der es thut, wird dadurch leben, Gal. 3,12. Der Glaube ist also an sich selber kein thätiger Gehorsam, weil, wenn er’s wäre, das Gesetz und der Glaube sich geradezu aufeinander bezögen. Der Glaube muß ein anderes Wort Gottes haben: und was für eines? Dasjenige, welches Evangelium heißt. Darum sagte Christus zu Seinen Aposteln: predigt das Evangelium aller Kreatur; wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden. Evangelium ist nach Seinem Namen etwas Liebliches, eine gute Botschaft, folglich, wenn es die Religion betrifft, eine Verkündigung der Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes, die in Christo Jesu als dem Mittler ihren Grund hat, und durch die Wirkungen des Heiligen Geistes dem Menschen zugeeignet wird. Hier ist nun nichts nöthig als glauben. Wer das Evangelium glaubt, bei dem vertreibt es die Finsterniß der Unwissenheit und der lügenhaften Vorstellungen, und die daraus entspringenden verkehrte Lust und Furcht; da es dann an dem thätigen Gehorsam nicht fehlt, weil der verheißene Geist, den man durch den Glauben empfängt, dazu tüchtig macht. Wer das Evangelium glaubt, an dem wird es realisirt oder erfüllt. Gott sagt im Evangelio: du sollst selig werden, und der Mensch wird selig durch den Glauben, und seine Seligkeit fängt schon an, wenn er glaubig wird, wird aber durch das Schauen vollendet. Ueberhaupt kommt der Glaube mit dem Sinn, Vorsatz, Ausspruch, und der Anstalt Gottes überein, und macht den Menschen des ewigen Lebens fähig. Dabei ist aber doch auch die Taufe nöthig. Warum aber? Weil Christus sie befohlen hat, und weil Sein Vorsatz dahin ging, daß eine Gemeinde der Glaubigen gesammelt werden sollte, welche durch die Taufe von andern Menschen ausgezeichnet würde, und, damit dieses Taufen keine schwache und dürftige Satzung wäre, durch dieselbe geistliche Gaben empfinge. Wer aber das Evangelium nicht glaubt, bleibt ein finsteres und durch Lust und Furcht zerrüttetes Geschöpf, denkt Arges von seinem Schöpfer, vermag Seinem Gesetz nicht unterthan zu sein, hält Ihn, wenn Er ihm das wahre Evangelium verkündigen läßt, für einen Lügner, und setzt die Gedanken seines finstern Herzens dem geoffenbarten Rath und Willen Gottes entgegen. Wie kann ein Mensch, der so bleibt, selig werden? Er wird, wie Christus sagt, verdammt werden. HErr, wirke durch Dein Evangelium den Glauben, der Dein Evangelium annimmt, in vielen Herzen.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Wer glaubt, wird selig werden;
Wer nicht glaubt, wird verdammt!
Das sagt der ganzen Erden
Der HErr durch’s Predigtamt;
Denn Er kann selig sprechen,
Er kann mit Feuer rächen,
Das unauslöschlich flammt.
2.
Ich kenn’, HErr, Deine Rechte
Und Deine Macht dabei;
Vom menschlichen Geschlechte
Ist hier nicht einer frei;
Ich weiß, wie reich die Gnade,
Ich weiß, wie groß der Schade
Bei Deiner Ordnung sei.
3.
Du schaff’st es, daß wir glauben,
Daß uns die Taufe freut,
Und läß’st uns Dir nicht rauben;
Da hat man allbereit
Im Glauben die Belebung,
Aus Gnaden die Vergebung,
Und so die Seligkeit.
4.
Du hast Dein Wort gegeben,
Daß man kann glaubig sein;
Du gibst Dein Blut zum Leben,
Das macht im Glauben rein;
Wenn wir zum Vater treten,
Läß’st Du in uns im Beten
Den Geist des Glaubens schrei’n.
5.
HErr! hier ist meine Seele,
Ach halt sie in der Acht,
Daß ihr der Glaub’ nie fehle,
Bis ich den Lauf vollbracht.
Dann laß mich auf mein Flehen,
Wenn ausgeglaubt ist, sehen,
Wie selig Jesus macht.
Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat. Ps. 103,2.
Die Menschen vergessen die Wohlthat Gottes viel eher als ihre Leiden, und wenn sie auch fröhlich sind, so unterlassen sie gemeiniglich das Lob Gottes, und denken nicht daran, daß alles Gute, das sie genießen, von Ihm herkomme. David hat deßwegen seine Seele, das ist sich selbst zum Lob Gottes aufgemuntert, und sich gleichsam selber ermahnt, nicht zu vergessen, was der HErr ihm Gutes gethan habe. Was war denn das Gute, das der HErr ihm erzeigt hatte? Er sagte zu sich selbst V. 3. u.ff.: der HErr vergibt dir alle deine Sünden, und heilet alle deine Gebrechen; Er erlöset dein Leben vom Verderben, und krönet dich mit Gnade und Barmherzigkeit; Er macht deinen Mund fröhlich, daß du wieder jung wirst wie ein Adler. Hernach rühmt er auch allgemeine Gnadenerweisungen Gottes, und sagt: der HErr schaffet Gerechtigkeit und Gericht Allen, die Unrecht leiden, er hat Seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel Sein Thun, barmherzig und gnädig ist der HErr, geduldig und von großer Güte u.s.w. Es ist wunderbar, daß David dieses Alles, sonderlich aber, was V. -5. steht, zu sich selber gesagt hat, als ob er und seine Seele zwei Personen wären, da doch seine Seele selber dieses Alles dachte und sagte. Allein die Menschen sagen oft etwas zu sich selber, wenn sie Gedanken ausbilden, welche sie selber angehen. Wie Mancher würde auch vor der ehrbaren Welt beschämt, wenn er die Gedanken heraussagte, die er von sich selber hat, oder zu sich selber sagt, indem er sich in seinen eingebildeten Tugenden, Gaben, Verdiensten und Vorzügen spiegelt, und bei dem Anblick seiner Werke gleichsam wie Nebucadnezar, Dan. 4,27., sagt: dieß ist die große Babel, die ich erbauet habe zu Ehren meiner Herrlichkeit. Wer aber Gott nicht verherrlicht, und sich selber Herrlichkeit nimmt, begeht eine große Sünde. David war, da er seine Seele zum Lob Gottes aufmunterte, sich seiner Sünden und Gebrechen bewußt. Diese allein waren sein eigen. Jene vergab ihm der HErr, und diese heilete Er: alles Gute aber schreibt er dem HErrn zu. Nach dieser Weise ist die ganze Bibel eingerichtet, und wer nicht wüßte, daß sie ein heiliges und göttliches Buch sei, könnte es daraus erkennen, daß sie überall Gott allein die Ehre gibt, den Menschen aber und allen Geschöpfen den niedrigen Stand unter Gott anweist, der ihnen gebührt. So lobe denn, meine Seele, nie dich selbst, sondern den HErrn, und gleichwie du deines ausgestandenen Leides lange nicht vergessen willst, also vergiß auch nicht, was der HErr dir Gutes gethan hat. Danke Ihm für dieses Gute, und laß deine Zuversicht zu dem HErrn, und deine Hoffnung, die sich auf’s Künftige erstreckt, dadurch gestärkt werden. Ich bin es nicht allein, der den HErrn lobet, denn ich darf wie David, V. 20.21.22., nicht als ein Gebietender, sondern als Einer, der sein Wohlgefallen und seine Uebereinstimmung bezeugt, sagen: lobet den HErrn, ihr seine Engel – lobet den HErrn, ihr Seine Heerschaaren – lobet den HErrn alle Seine Werke an allen Orten Seiner Herrschaft. Und in Verbindung mit diesen Allen: lobe den HErrn, meine Seele!
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Träge Seelen, Gott zu loben,
Auf, und stimmt mit Freuden an;
Gott, der Höchste, sei erhoben,
Der uns so viel Gut’s gethan.
Immer leben, wandeln, essen,
Sehen, hören, schaffen, ruh’n,
Und Gott, der es gibt, vergessen,
Sollen das auch Menschen thun?
2.
Wissen von des Vaters Liebe,
Von des Sohns Versöhnungshuld,
Von des Geistes Gnadentriebe,
Von Vergebung großer Schuld;
Doch nicht lassen sich versühnen,
Doch nicht seinen HErrn allein
Und mit Dank im Glauben dienen,
Sollten das auch Christen sein?
3.
Gott, Dein bin ich, will ich singen,
Leib und Seele freue sich,
Dir ein dankbar Lied zu bringen;
Dein Geist unterweise mich.
Glauben will ich, ich will loben,
Ich will singen, was ich kann:
Gott der Höchste sei erhoben,
Der mir alles Gut’s gethan!
Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tod. Off. 2,11.
Sei getreu bis an den Tod, sagte der HErr V. 10. zu dem Bischof zu Smyrna, so will Ich dir die Krone des Lebens geben. Die Treue des Bischofs sollte also unbeweglich bleiben, wenn er auch den Tod darüber leiden müßte. Er sollte bei derselben nichts fürchten, das er leiden würde, und sich durch nicht zum Rückfall bewegen lassen, wenn es auch der Tod wäre. Würde er diese Treue beweisen, so wolle ihm der HErr die Krone des Lebens geben als einen überschwänglichen Ersatz des schmählichen Todes, den er habe leiden müssen. Warum heißt aber diese Krone eine Krone des Lebens? Darum, weil derjenige, dem sie gegeben wird, mit derselben das Recht ewiglich zu leben empfängt. Eben dieses Recht empfängt auch ein jeder Ueberwinder; denn Christus sagte: wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tod. Der sel. Dr. Bengel sagt bei diesen Worten in den Reden über die Offenbarung Johannis, S. 81.82., Folgendes: „der zweite Tod ist der Feuersee, in welchen diejenigen geworfen werden, die nicht im Buch des Lebens stehen“ Off. 20,14.15. Es ist um den Tod selbst, wie er insgemein genannt wird, und den man im Gegensatz gegen den zweiten Tod den ersten nennen möchte, schon etwas Fürchterliches, wenn ein Mensch, der in seinem Leben so vielerlei muntere, anständige Dinge ausgerichtet hat, endlich dahinfällt, daß der Leib starr, kalt und blaß daliegt, ohne sinnen und Regung, wie ein Stück Holz oder Stein, und noch dazu in die Verwesung eilet, daß über eine Weile Staub und Knochen überbleiben. Dieses ist eine grausame Zerstörung, aber es kommt in keine Vergleichung gegen den zweiten Tod, der ein unaussprechlicher Jammer ist, ohne Leben, ohne Kraft, ohne Erquickung in einer schrecklichen Qual. Dieser zweite Tod hat keine Macht über die Genossen der ersten Auferstehung, Kap. 20,6., und er hat zwar auch keine Macht über diejenigen, die hernach noch am jüngsten Tag im Buch des Lebens geschrieben erfunden werden, aber bei diesen wird solches viel später bekannt, und bei jenen kommt ihre Freiheit vom zweiten Tod gar bald heraus.
Der Ueberwindende, sagt Christus, wird nicht beleidigt werden von dem zweiten Tod. Derjenige wird beleidigt, der ein Recht hat an etwas, das gut ist, und dem doch dass entgegengesetzte Uebel zugefügt wird. Wer nun überwinden soll, muß gerechtfertigt sein, und diese Rechtfertigung wird Röm. 5,18. eine Rechtfertigung des Lebens genannt, weil man dadurch ein Recht bekommt ewiglich zu leben, wie die heilige Schrift vielmal bezeugt. Wenn nun ein Gerechtfertigter von dem zweiten Tod sollte verschlungen werden, so würde dieser Tod ihn beleidigen, und dieses wird Gott, der bei der Rechtfertigung den Ausspruch gethan hat: du sollst nicht sterben, sondern leben, nach Seiner Barmherzigkeit und Treue nicht zugeben.
Weil nach Offenb. 21,8. die Verzagten und Unglaubigen und Gräulichen und Todtschläger und Hurer und Zauberer und Abgöttischen und alle Lügner unter die Gewalt des zweiten Todes kommen, so kann ein Jeder daraus erkennen, was er zu überwinden habe, wenn er ihm entrinnen soll. Jesu, hilf siegen!
Mel.: Ruhet wohl, ihr Todtenbeine.
1.
Seelen! seht auf die Belohnung,
Die ein Ueberwinder hat;
Läßt die Welt euch keine Wohnung,
Bleibt sie euch in Gottes Stadt;
Habt ihr Drangsal, seid zufrieden,
Ruh’ ist euch bei Gott beschieden.
2.
In der Armuth dieses Lebens
Nennt euch euer Herr doch reich;
Lästern sie, sie thun’s vergebens,
Der Wahrhafte kennet euch;
Der euch in Sein Reich versetzte,
Ist der Erste und der Letzte.
3.
Wenn man euch mit Schmach und Banden
Schon auf wenig Tage droht,
Fürchtet nur nichts, was vorhanden,
Seid getreu bis in den Tod;
Denn der König auf dem Throne
Widmet euch die Lebenskrone.
4.
Hofft, euch soll kein Leid geschehen,
Sterbt ihr, so hat’s keine Noth:
In dem ersten Auferstehen
Seid ihr frei vom zweiten Tod;
Aber die von Satans Schule
Kriegen Theil am Schwefelpfuhle.
5.
Du warst todt und bist lebendig,
Jesu Christe, Gottes Sohn!
Mache Du mich selbst beständig
Und getreu bis zu der Kron’.
Schnaubt gleich Hur’ und Thier mit Morden,
Lebt man doch von Deinen Worten.
Auf daß wir etwas wären zum Lob Seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christum gehofft haben. Ephes. 1,12.
Paulus schrieb dieses von sich und allen glaubigen Israeliten. Diese hatten zuvor auf Christum gehofft, oder in Christo eine Hoffnung des ewigen Lebens gehabt, ehe die Heiden zu dieser Hoffnung gelangten. Schon zur Zeit des alten Testaments war die Hoffnung rechtschaffener Israeliten auf den zukünftigen Christum gebaut, und da Er erschienen war, offenbarte Er Sich zuerst den Israeliten, und der erste Ansatz der christlichen Kirche bestand aus Juden. Paulus sagt aber V. 13.: durch Christum habt auch ihr Epheser und Andere, die ihr von Heiden abstammet, das Wort der Wahrheit gehört, und seid, da ihr glaubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung.
Ich lerne aber aus den Worten Pauli, daß Christen etwas sein sollen zum Lob der Herrlichkeit Gottes. Darauf geht der Vorsatz Dessen, der alle Dinge wirket nach dem Rath Seines Willens, V. 11., die Herrlichkeit Gottes oll also an den Christen geoffenbart und deßwegen gelobt werden. Die Herrlichkeit Gottes ist Alles, was man von Gott rühmen kann: Seine Güte, Erkenntniß, Weisheit, Kraft, Gerechtigkeit. Dieses Alles zusammen genommen ist, wenn es sich offenbart, Seine Herrlichkeit. Und dieses Alles wendet Gott an, wenn Er Menschen selig macht. Durch die Erlösung, die Christus vollbracht hat, ist dieses Alles schon geoffenbart und erwiesen worden; hernach fließt dieses Alles auch in das Werk der Heiligung ein. Christen sollen deßwegen sich dem großen Gott ganz hingeben, daß Er Seine Herrlichkeit an ihnen offenbaren könne, und sich’s nicht befremden lassen, wenn bei dem Werk der Heiligung oft eine züchtigende und zermalmende Schärfe vorkommt, denn auch diese gehört zur Offenbarung der Herrlichkeit Gottes, und ist nöthig, wenn etwas Ganzes herauskommen soll.
Diese Herrlichkeit Gottes soll, wie sie sich an ihnen offenbart, gelobt werden. Darum sind sie, was sie sind, damit dieses geschehen könne. Nicht uns, HErr, nicht uns (zweimal wird dieses Ps. 115,1. gesagt, weil der Mensch gern sich selber Lob und Ehre gibt), aber nicht uns, HErr, sondern Deinem Namen gib Ehre, um Deiner Gnade und Wahrheit willen. Christen werden dadurch nicht unglücklich, wenn alle Ehre und alles Lob auf den Namen oder die Herrlichkeit Gottes geleitet wird; denn sie sind dadurch genug gesegnet und beglückt, daß Gott als ihr Gott die Bedeutung Seines Namens an ihnen erfüllt, und Seine Herrlichkeit an ihnen offenbart. Demjenigen gebührt das Lob, dessen dieser Name und diese Herrlichkeit ist: sie aber werden dadurch überschwänglich beglückt, und wenn sie selber Gott loben, oder die Herrlichkeit Gottes ihretwegen gelobt wird, so gereicht es zu ihrer großen Wonne, und Gott erfüllt dabei das Wort: wer Mich ehret, den will Ich wieder ehren. HErr, lasse auch mich etwas sein zum Lobe Deiner Herrlichkeit. Du bist das A und das O. Von Dir, durch Dich und zu Dir sind alle Dinge. Gleichwie alle Dinge ihr Wesen von Dir haben, also werden sie auch durch Dich bearbeitet und zu ihrem Ziel geführt. Dieses Ziel aber bist Du selber, o Gott. Deinem Namen sei Ehre in Ewigkeit!
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Der Cherubinen Chöre
Vor Gottes Angesicht,
Der Engel starke Heere
Vor Seinem Thron im Licht
Besingen Gottes Ruhm,
Sie widmen alle Kräfte
Dem seligen Geschäfte
In Seinem Heiligthum.
2.
Im Reich der Finsternissen
Wird kein Gesang gelehrt;
Die Hölle mag nicht wissen,
Was Gott zum Lob gehört;
Uns hat Gott zubereit’t,
Uns theu’r erlöste Armen,
Zum Ruhm für Sein Erbarmen,
Zum Lob der Herrlichkeit.
3.
Uns Menschen ist’s erlaubet,
Der Geist gibt uns den Ton,
Daß, wer an Jesum glaubet,
Gott lobt in Seinem Sohn.
O stimme, Geist des HErrn,
Mir alle Herzenstriebe,
Daß ich des Vaters Liebe
Im Sohn besingen lern’!
4.
Hier singt die heis’re Kehle
Noch schwach und gar nicht rein;
Doch nimmt das Lob die Seele
Schon so erquickend ein.
O Gott, wie schön wirst Du
Nach englischem Exempel
Gelobt in jenem Tempel!
Ach bring’ uns auch hinzu!
Ihr Lieben, glaubet nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind. 1 Joh. 4,1.
Wenn Menschen etwas mit großem Ernst und Eifer vortragen; um Andere zu belehren, und sich dabei anstatt anderer Beweise auf die Aufschlüsse oder Offenbarungen, welche sie bekommen haben, berufen, so reden sie aus dem Geist als Propheten. Dergleichen Leute hat es in den alten und neuen Zeiten gegeben; Johannes aber sagt: ihr Lieben, glaubet nicht einem jeglichen Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt. Wie soll man sie aber prüfen? Die Prüfung muß anders angestellt werden, wenn solche Leute zukünftige Dinge weissagen, und anders, wenn sie als Lehrer weissagen oder Lehren im Geist vortragen. Wer aus dem Geist Gottes zukünftige Dinge weissagt, dessen Weissagungen müssen nicht nur den schon bewährten göttlichen Weissagungen, die in der heiligen Schrift stehen, nicht widersprechen, sondern auch pünktlich erfüllt werden, s. 5 Mos. 18,20.21.22. Jer. 28,8.9. Wer aber im Geist Lehren vorträgt, darf der schon geoffenbarten göttlichen Lehre nicht widersprechen. Geister, die nicht von Gott sind, haben zu jeder Zeit unter dem Beistand der bösen Engel solche falsche Lehren ausgebildet, welche damals dem fleischlichen Sinn der Menschen die angenehmsten waren, und den größten Schaden anrichten konnten. Zu den Zeiten der Richter und hernach, da der Hang zur Abgötterei bei den Israeliten groß war, konnte ein falscher Prophet oder Träumer auftreten und sagen: lasset uns andern Göttern folgen und ihnen dienen, 5 Mos. 13,2. Zu der Zeit Ezechiels gab es Propheten und Prophetinnen, welche, von ihrer Armuth gedrückt, den Leuten Kissen unter die Arme und Pfühle zu den Häuptern machten, die Seelen zu fahen, das ist, welche sich im Weissagen dem fleischlichen Sinn der Menschen gefällig machten, um sich einen Anhang zu machen, und alsdann ihren Anhängern das Leben verhießen; überdieß aber auch um einer Handvoll Gerste und eines Bissen Brods willen die Seelen zum Tod verurtheilten, die doch nicht sterben sollten, und die zum Leben, die doch nicht leben sollten. Ezech. 13,18.19. Bei den Korinthern lästerten begeisterte Leute Jesum, weil es dem Teufel daran gelegen war, Juden und Heiden dadurch in ihrem Haß wider das Christenthum zu befestigen, 1 Kor. 12,3. In Asien, wo Johannes lehrte, standen hernach Leute auf, welche sonderbare Offenbarungen von einem ewigen Licht und Finsterniß, oder von einem guten und bösen Gott vorgaben, und die Leiber, und Alles, was körperlich oder materiell war, für ein Werk des bösen Gottes hielten, da sie dann von Jesu Christo behaupteten , Er sei nicht im Fleisch gekommen, oder habe keinen Leib gehabt. Deßwegen schrieb Johannes seinen Zuhörern diese Regel vor: daran sollt ihr (zur gegenwärtigen Zeit und in unserer Gegend) den Geist Gottes erkennen: ein jeglicher Geist, der da bekennet, daß Jesus Christus ist in dem Fleisch gekommen, der ist von Gott, und ein jeglicher Geist, der nicht bekennet, daß Jesus Christus ist in dem Fleisch gekommen, der ist nicht von Gott. Kein Geist, der der heiligen Schrift widerspricht, ist von Gott; die Beschaffenheit der Propheten selbst aber wird aus ihren Früchten erkannt. Matth. 7,15.16.
Mel.: Zeuch ein zu Deinen Thoren.
1.
Ihr Lieben, prüft die Geister,
Und glaubt nicht jedem Geist;
Nur der ist unser Meister,
Der Jesus Christus heißt.
Der Geist ist nicht von Gott,
Der Jesum nicht bekennet;
Wa sich von Jesu trennet,
Ist eine Lügenrott’.
2.
Wenn auch ein Engel käme,
Und hielt’ von Jesu nichts,
Hält man mit Recht von deme,
Er sei kein Geist des Lichts.
Und wär’ auch alle Welt
Des falschen Geist’s Geselle,
Was wär’s, da alle Hölle
Von Jesu auch nichts hält?
3.
Seid stolz, ihr weisen Thoren,
Sprecht hoch und denket kühn;
Bleibt Fleisch, vom Fleisch geboren,
Scheint selig ohne Ihn.
Habt ihr an Ihm nicht Theil,
Geht ihr ohn’ Ihn verloren;
Ihr irrt, ihr weisen Thoren!
In Ihm nur ist das Heil.
4.
HErr! Dich will ich bekennen,
Dich Jesum, Gottes Sohn,
Dich meinen Heiland nennen,
Dich ehren auf dem Thron.
Lehr’ Du mich immerhin
Die Höhen und die Tiefen
Der Widerchristen prüfen,
Bis ich dort bei Dir bin.
5.
Dein Geist zeug’ meinen Geiste,
Daß Christus in mir sei,
Daß Er mir Beistand leiste
Und mach’ mich irrthumsfrei;
Denn Christi Wahrheit steht
Im Tod, in dem Gerichte,
Und ewighin im Lichte,
Wenn diese Welt vergeht!
Wenn der HErr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden. Ps. 126,1.
Als das jüdische Reich von den Chaldäern überwältigt wurde, welches schon im vierten Jahr des Königs Jojakim geschah, so wurden einige Juden und unter denselben auch der Prophet Daniel nach Babel geführt. Noch mehrere wurden sieben Jahre hernach mit dem König Jojachin weggeführt, die allermeisten aber eilf Jahre hernach, als das ganze Reich Juda zerstört und Jerusalem mit dem Tempel verbrannt wurde. Der König zu Babel hatte bei diesem Wegführen ohne Zweifel die Absicht, zu verhüten, daß die Juden nicht wieder von ihm abfielen, welches geschehen wäre, wenn sie in ihrem Lande bei einander gewohnt hätten; Gott aber wollte sie dadurch wegen ihres Ungehorsams züchtigen. In ihrem guten Lande waren sie übermüthig gewesen, und hatten Abgötterei und große Greuel getrieben: nun mußten sie als arm und verachtet unter den Heiden wohnen, und sich von ihnen drücken und verspotten lassen. Rechtschaffene Israeliten betrübte der Mangel des erwecklichen öffentlichen Gottesdienstes, dem sie vorher auf dem Berg Zion beigewohnt hatten, am meisten. Da hatte man geopfert und gebetet, und die Psalmen Davids gesungen: da war die Wohnung Gottes bei den Menschen. Nun lag der Tempel in der Asche und der Berg Zions wüste. Die weggeführten Israeliten, welche an den Wassern Babels, am Euphrat, Tigris und andern Strömen, wohnen mußten, weineten, wenn sie an Zion dachten. Ihre Harfen hingen sie ungebraucht an die Weiden, die darinnen waren. Und wenn die Chaldäer, welche sie hart behandelten, und ihnen den Rückweg in ihr Vaterland verwehrten, sie singen und anstatt des Heulens fröhlich sein hießen, wenn sie sogar sagten: Lieber, singet uns ein Lied von denen, die man auf dem Berg Zion zu singen pflegte: so sagten sie: wie sollten wir des HErrn Lied singen im fremden Lande? Ps. 137,1-4. Dieser traurige und schmähliche Zustand währte 70 Jahre von dem vierten Jahr Jojakims, oder 5 Jahre von der Zerstörung Jerusalems an gerechnet. Nachdem aber diese Jahre verflossen waren, erlöste Gott die Gefangenen Zions durch den persischen König Kores, nachdem derselbe die große Stadt Babel eingenommen hatte. Es geschahe dies so unvermuthet, daß die Israeliten bei der ersten Nachricht wie Träumende waren, und nicht wußten, ob sie dieselbe glauben dürfen. Ob sie sich nun gleich in den chaldäischen Ländern angebaut und ihre Nahrung zum Theil auf einen guten Fuß gesetzt hatten, so eilten sie doch mit Freuden in ihr Vaterland, um ihren Tempel als die Wohnung Gottes unter ihnen wieder zu erbauen; denn ein Volk ohne einen Tempel war damals ein verachtetes Volk.
Zu unserer Zeit wohnen fromme Christen als zerstreute Fremdlinge in der Welt. Ihr öffentlicher Gottesdienst bedarf keiner so großen Zurüstung wie der jüdische, doch ist das Wohnen unter den Gottlosen, die den Frieden hassen, immer eine beschwerliche Sache. Es gibt aber ein himmlisches Zion und ein himmlisches Jerusalem, deren Hebr. 12,22. Offenb. 14,1.2. Meldung geschieht. Wer dahin entrückt werden wird, wird voll Freude und Lob Gottes sein, und die besseren Zeiten auf Erden Andern gern überlassen.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’.
1.
Die ihr die stillen Harfen noch
An Babels Weiden hänget,
Singt euer Lied von Zion doch,
Wiewohl der Feind euch dränget,
Stimmt nur von der Erlösung an,
Ob in das Lied schon dann und wann
Sich eine Thräne menget.
2.
Wenn einst der HErr nach Seiner Kraft
Aus so viel Drang der Bösen
Die noch gefang’ne Bürgerschaft
Von Zion wird erlösen,
So werden wir nach langem Weh’
Sein wie die frohe Träumende
Bei Seiner Wunder Größen.
3.
Da wird, wie von dem süß’ten Traum,
Der muntre Mund voll Lachen,
Und glaubt das frohe Herz es kaum,
Die Zunge jauchzend machen.
Nehmt die Verheißung, wenn ihr müd’,
So könnt ihr ein erquicklich Lied
Von Zions Hoffnung machen.
4.
Gott Lob! der Christ hat’s dennoch gut,
Er kann im Trauern singen,
Und noch als fremd im Glaubensmuth
Sein Herz zur Heimath schwingen;
Letzt geht’s auf Zions Berg recht an:
Dieß Große hat uns Gott gethan;
Hie soll es fröhlich klingen!
Die Schrift kann nicht gebrochen werden. Joh. 10,35.
Dieses sagte der wahrhaftige Sohn Gottes, dessen Zeugniß alle Zweifel und Lästerreden der Weisen dieser Welt zu Schanden macht. Er sagte dieses ohne Verstellung, nicht den Juden zu Gefallen, sondern mit derjenigen Aufrichtigkeit, mit welcher Er Alles redete. Er sagte von der Schrift ohne Einschränkung und Ausnahme, sie könne nicht gebrochen werden. Nicht nur etwas in der Schrift, sondern die Schrift oder die Bibel, wie man sie damals hatte, ist unzerbrechlich oder unumstößlich. Wenn von einer Schrift gesagt wird, daß sie gebrochen oder aufgelöst werde, so gibt man zu verstehen, daß sie nichts gelte, daß man davon abgehen und ihr widersprechen dürfe, s. Matth. 5,17.19.; die Schrift aber oder die Bibel kann oder darf nicht gebrochen werden. Wir haben nicht nöthig, die Namen aller ihrer Verfasser zu wissen; wir haben auch nicht nöthig, die Beschaffenheit der göttlichen Eingebung, durch welche sie entstanden ist, zu bestimmen und zu erklären: genug ist’s, daß sie nach dem Zeugniß des Sohnes Gottes unumstößlich wahr sei. Die Juden wollten damals Jesum steinigen, weil Er gesagt hatte: Ich und der Vater sind Eins; denn sie schloßen mit Recht daraus, daß Er dadurch zu verstehen gegeben habe, Er sei Gott. Hierauf führte Jesus einen Spruch aus Ps. 82,6. an, in welchem die Könige und Fürsten, zu denen dort das Wort Gottes geschah, oder welche dort angeredet werden, Götter genannt werden, und sagte zugleich: die Schrift kann nicht gebrochen werden. Nun ist’s je kein Glaubens-Artikel, den alle Menschen zu wissen nöthig hätten, daß mächtige Obrigkeiten Götter heißen; weil es aber in der Bibel steht, so ist’s wahr, und wird bis an’s Ende der Welt wahr bleiben; denn die Schrift kann nicht gebrochen werden. Was nun Christus von der Schrift des Alten Testaments gesagt hat, gilt auch von der Schrift des Neuen Testaments, weil die Apostel, welche dieses geschrieben haben, größer waren, als die Propheten, und das Wenige, das Markus und Lukas geschrieben haben, mit den apostolischen Schriften übereinkommt, und von Aposteln bestätigt worden ist. Kann nun die Schrift nicht gebrochen werden, so muß derselben schlechterdings geglaubt, ja der Verstand und Wille eines jeden Menschen unterworfen werden. Gelobet sei der HErr, daß Er so für uns gesorgt hat. Der größte Theil der Menschen besteht ohnehin aus Leuten, welche keine scharfen Vernunftschlüsse machen können, und wo sind diejenige, die durch Vernunftschlüsse zu überzeugen sind, wenn sie ihre natürlichen Neigungen verleugnen und unsichtbare Dinge glauben sollen? Sie müssen also durch das Ansehen eines unfehlbaren Gebieters und Zeugen gelenkt werden. Wo ist aber ein solcher Gebieter und Zeuge? Unter den sterblichen Menschen gibt’s keinen. Wir haben eine Schrift nöthig, die ganz von Gott eingegeben sei. Wenn man eine Auswahl unter ihren Sprüchen machen müßte, so käme Alles wieder auf die menschliche Weisheit an, welche diese Auswahl machte. Wir haben also eine Schrift nöthig, die nicht gebrochen werden kann, weil Gott als der höchste Gebieter und wahrhaftige Zeuge überall in derselben mit uns redet. Sie zeuget aber von Christo.
Mel.: Wir singen Dir, Immanuel etc.
1.
Nur Jesus ist der Punkt der Schrift,
Auf den ihr ganzer Umfang trifft;
Die Schrift, bis Er der Welt erschien,
Und bis Er kommt, zielt ganz auf Ihn.
2.
Was aller Grimm der Hölle schäumt,
Was aller Witz der Menschen träumt,
Ist schwache Macht und leerer Wahn;
Weil nichts Ihm Sein Wort tilgen kann.
3.
Er bleibet doch der Kirche Haupt;
Er macht doch selig, wer Ihm glaubt;
Er ist doch Richter aller Welt,
Die nichts auf Seine Worte hält.
4.
Ihr Feinde, widerstrebt dem Wort:
Es steht und siegt und wirkt noch fort;
Ihr Glaubigen, hangt nur daran,
Weil dieß euch selig machen kann.
5.
Schreib’, Jesu, selbst Dein Wort in mich;
Bleibt dieß in mir, so kenn’ ich Dich;
Wer Dich erkennt, wird nicht zu Spott;
Wer Dich nicht hat, hat keinen Gott.
6.
Durch’s Wort verkläret Dich Dein Geist,
Daß unser Herz erleuchtet heißt,
Wie Du auf Erden für uns littst
Und in dem Himmel für uns bittst.
7.
In Dir, HErr Jesu, fehlt mir’s nicht;
Eh’ bricht mein Herz, als Dein Wort bricht,
Daß, wer an dich glaubt, selig sei;
Dieß macht im Tod vom Tode frei.
8.
Auf Dein Wort sterb’ ich Trostes voll,
Dieweil ich auferstehen soll;
O da wird herrlich offenbar,
Du seist der HErr, Dein Wort sei wahr!
Auf die Heiden ward die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen; denn sie höreten, daß sie mit Zungen redeten und Gott hoch preiseten. Apost. Gesch. 10,45.46.
Als nach der Himmelfahrt Jesu die Erstlinge aus den Juden bekehrt wurden, so sagte Petrus, Apost. Gesch. 2,38., zu ihnen: thut Buße, und lasse sich ein Jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünde, so werdet ihr empfahen die Gabe des Heiligen Geistes. Und als der Hauptmann Cornelius und die Seinigen als die Erstlinge unter den Heiden in die christliche Kirche aufgenommen werden sollten, so ward auch über sie die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen; weil aber Gott wußte, wie schwer es die getauften Juden ankomme, mit Heiden in eine brüderliche Gemeinschaft zu treten, so gab Er diesen bei der Ausgießung des Heiligen Geistes auch eine Wundergabe, nach welcher sie plötzlich mit fremden Sprachen reden konnten. Sie wendeten auch alsbald diese Gabe so an, daß sie Gott in solchen fremden Sprachen hoch preiseten, und die gegenwärtigen glaubigen Israeliten, die es höreten, konnten auf eine unfehlbare Weise daraus schließen, daß der Heilige Geist auf Jene ausgegossen worden sei, und sie also hinfüro für Brüder in Christo gehalten werden müssen. Wer also mit andern Heiligen ein Bürger im Reich Gottes, wer ein Hausgenosse Gottes, wer ein Miterbe glaubiger Kinder Gottes, wer ein Glied am Leib Christi sein will, muß den Heiligen Geist als die höchste Gabe Gottes empfangen. Gute Rührungen, ja auch fortgehende Gnadenwirkungen Gottes, dergleichen Cornelius schon vor der Ankunft Petri in seinem Hause erfahren hatte, bringen den Menschen nahe zu diesem neutestamentlichen Gnadenstand: dieser Stand selber aber erfordert eine Ausgießung und darauf folgende Inwohnung des Heiligen Geistes. Mit derselben hört der Mensch auf unter dem Gesetz zu sein, und er fängt nun an unter der Gnade zu sein. Nun geht der unruhige und auf eine beständige innerliche Verurtheilung hinauslaufende Zwang zu Ende, der Röm. 7,15. u.ff. beschrieben ist, und der Mensch fängt an, innerlich geistlich gesinnt zu sein, und Leben und Frieden zu genießen. Nun darf er nicht immer ächzen, klagen, und streng richten, sondern kann unter dem Trieb des Geistes Gott hoch preisen, und nach dem königlichen Gebot der Liebe denken, reden und handeln, soll aber auch von allen Kindern Gottes brüderlich geliebt werden. Nun ist das Alte vergangen und Alles neu worden. Diese selige Veränderung versteht Niemand als wer sie erfährt. Die Weisen dieser Welt, sonderlich diejenigen, die als Schriftgelehrte Andere unterrichten, wollen oft auch für Kinder Gottes und Brüder in Christo gehalten sein, wenn sie bei dem dunkeln Vernunftslicht eine buchstäbliche Wissenschaft gesammelt, und nach dem Trieb des Gewissens, zur Erhaltung ihrer Ehre und ihres Einkommens, einen Schein der Tugend um sich herum haben, woran sie sich selbst oft genug ergötzen. Allein das Licht des Heiligen Geistes ist unermeßlich edler als die Vernunft, und sein Trieb ist kräftiger und vortrefflicher als der bloße Trieb des Gewissens, und was Er wirkt, ist rechtschaffenes Wesen in Christo Jesu, und gereicht zum Lob der Herrlichkeit Gottes. Ach Gott, gieße Deinen Geist auch in unserer Zeit reichlich aus, damit Dein Name verherrlicht, und Dein Reich ausgebreitet werde!
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Von der Wollust singt die Jugend,
Und der Weise von der Tugend,
Die der Weltsinn göttlich heißt;
Auch der Heuchler scheint zu singen,
Daß es soll gen Himmel klingen;
Doch was treibt sie für ein Geist?
2.
Ohne Kraft und Leben bleibet,
Wen der Geist des HErrn nicht treibet,
Und sein Lied gefällt Gott nicht.
Gottes Geist schafft neue Zungen;
Da wird Gottes Lob gesungen,
Daß das Herz nicht widerspricht.
3.
Christi Gnade, Gottes Friede
Muß der Inhalt sein vom Liede,
Welches Gott gefallen soll;
Christi Geist nimmt’s von dem Seinen.
Jesu, mach’ mir von dem Deinen
Durch den Geist mein Herz auch voll.
4.
Weil der Vater gnädig höret,
Wo das Lied im Sohn Ihn ehret.
Jetzund singen wir zur Prob’;
Gieß den Geist, auch uns zum Segen,
Hier wie einen sanften Regen,
Dorten stromweis, Dir zum Lob!
Vor allen Dingen ergreift den Schild des Glaubens, womit ihr auslöschen könnet alle feurigen Pfeile des Bösewichts. Eph. 6,16.
Kinder Gottes leben unter bösen Menschen und zugleich unter bösen Geistern. Jene sind bei Weitem nicht so fürchterlich als diese, und schaden meistens nur deßwegen, weil sie aus einem ihnen selbst unbekannten Antrieb böser Geister handeln, welche sie verschmitzter und grimmiger machen, als sie für sich selbst wären. Um der bösen Engel willen, sagt Paulus, sei es nöthig, den Harnisch oder die Waffenrüstung Gottes anzuziehen, und sagt, dieser bestehe erstlich in der Gurt der Wahrheit, womit die Lenden umgürtet sein sollen. Wer nämlich wider die bösen Engel bestehen will, muß zu allen Uebungen des Christenthums wie ein Soldat gegürtet, das ist fertig und munter sein, und zwar soll er sich mit Wahrheit, dass ist mit rechtschaffenem Wesen oder Redlichkeit, umgürten. Er muß aus der Wahrheit sein, in der Wahrheit wandeln, und nach der Regel des wahrhaftigen Wortes Gottes handeln. Wer als ein Heuchler mit Lügen umgeht, ist vom Satan schon verschlungen. Die Brust soll mit dem Brustharnisch der Gerechtigkeit bedeckt sein, daß er sagen könne: nun wir denn sind gerecht worden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unsern HErrn Jesum Christum. Die Füße sollen gestiefelt sein durch die Fertigkeit oder Munterkeit, welche das Evangelium des Friedens verschafft, welches nämlich den Christen stärkt, gewisse Tritte zu thun auf dem Weg, der zum himmlischen Vaterland führt, und auf diesem Weg nicht müde zu werden. Vor allen Dingen aber soll er den Schild des Glaubens ergreifen, mit welchem er alle feurigen Pfeile des Bösewichts auslöschen kann. Diese feurigen Pfeile sind ohne Zweifel alle gefährlichen Reizungen zum Abfall von Gott, zur Lästerung Gottes, zur Verleugnung des Namens Jesu, und zu allen schweren Sündenfällen. Gegen dieselben ist nichts nöthiger als der Glaube. Der Glaube ist eine Stärke der Seele. Der Glaube hält sich an das Wort Gottes. Der Glaube sieht auf Jesum und Sein unsichtbares Reich. Der Glaube weicht nicht, flieht nicht, fürchtet sich nicht. Wer also im Glauben fest steht, kann die feurigen Pfeile des Bösewichts, wenn man auch eine Zeit lang dadurch geplagt wird, auslöschen. Er hat nämlich wegen seines standhaften Glaubens keinen Schaden von denselben, und wird von zeit zu Zeit ihrer gar los, da hingegen ein unglaubiger, furchtsamer und verzagter Mensch von ihnen nicht nur geängstet, sondern auch wohl gar tödtlich verwundet wird. Doch verursachen diese Pfeile, und überhaupt alle Werke des Bösewichts auch dem Glaubigen ein Leiden. Ja wohl; deßwegen soll er den Helm des Heils nehmen, welcher 1 Thess. 5,8. ein Helm der Hoffnung zur Seligkeit heißt. er darf nämlich wie Jakob sagen: HErr, ich warte auf Dein Heil. Er darf die Seligkeit, das ist die Erlösung von allem Uebel, hoffen; dabei aber wider Menschen, die Satans Werkzeuge sind, das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes, brauchen, um sie heilsam zu verwunden; und in allem Anliegen beten. Mit dieser ganzen Waffenrüstung wünsche ich immer angezogen zu sein, damit ich an jedem bösen Tage Widerstand thun, und Alles wohl ausrichten und das Feld behalten möge.
Mel.: Mein Gott, das Herz etc.
1.
Sei stark mein Herz, Gefahr ist da,
Ergreif’ des Glaubens Schild;
Der Feind ist mit Geschossen nah’,
Die er mit Feuer füllt.
2.
Ich glaub’ an Jesum, Gottes Sohn,
D’rauf leb’ und sterbe ich;
Spricht Satan dieser Wahrheit Hohn,
Sie ist der Schild für mich.
3.
Ich glaube, Jesus sei mein HErr,
Der mich so theu’r erkauft;
Hievon bringt mich kein Lästerer:
ich bin auf Ihn getauft.
4.
Ich glaube, Gott hat mich geliebt
Und mit sich selbst versöhnt;
Dieß ist’s, wenn mich der Drach betrübt,
Das mir zur Freude dient.
5.
Ich glaube, ich sei Gottes Kind,
Weil mir Sein Geist es zeugt;
Dieß Zeugnis, das mein Geist empfind’t,
Macht, daß der Arge schweigt.
6.
Ich glaube, daß Sein Geist mich treibt,
Das Abba in mir spricht,
Und Glauben wirkt, der sieghaft bleibt;
Der Böswicht zwingt mich nicht.
7.
Ich glaube, daß mich Christi Blut
Vollkommen waschen kann;
Macht Jesus meiner Sache gut,
Was geht’ den Teufel an?
8.
Ich glaube bei der Züchtigung,
Daß Gott doch Vater sei,
Er liebt und sucht nur Besserung.
Schweig’, Lügner, Gott ist treu!
9.
Ich glaube, daß mein Heiland lebt,
Und sterb’ auf Dessen Wort,
Der einst mich aus dem Staub erhebt,
Das treibt den Satan fort!
Lazarus, unser Freund, schläft. Jesus aber sagte von seinem Tode. Joh. 11,11.13.
Große Leutseligkeit des HErrn Jesu, daß Er von dem Lazarus zu Seinen Jüngern sagte: unser Freund schläft, und dadurch andeutete, daß Er und Seine Jünger bisher einen gemeinschaftlichen Freund an dem Lazarus gehabt haben! Lazarus scheint keiner von denjenigen gewesen zu sein, die Jesu überall hin nachfolgten; er war aber ein Freund Jesu und Seiner Jünger, er erwies ihnen allerhand Liebesdienste, beherbergte sie, und genoß ihres vertraulichen Umgangs. Lazarus und seine zwei Schwestern waren gute und fromme Leute, und fähig, von dem Heiland freundschaftlich behandelt zu werden. Er hatte auch Martha lieb, und ihre Schwester und Lazarus, V. 5. Die Schwestern wußten auch solches, und ließen deßwegen, als ihr Bruder krank war, dem HErrn Jesu sagen: HErr siehe, den Du lieb hast, der liegt krank, V. 3. Ob Sich gleich der HErr Jesus zu einem liebreichen und freundschaftlichen Umgang mit ihnen herab ließ, so ließen sie sich doch aus der Ehrerbietung gegen Ihn nicht verrücken, sondern nannten Ihn HErr, welcher Titel damals nicht so gewöhnlich war, als er jetzt ist. Ja sie verehrten Ihn als den Sohn Gottes, dem Gott Alles gewähre, V. 22., und glaubten, daß Er ihren Bruder gesund gemacht hätte, wenn Er bei seinem Krankenbett zugegen gewesen wäre, V. 21.32. Sie ließen es auch dem HErrn Jesu, der damals jenseits des Jordans war, sagen, daß ihr Bruder krank sei; Jesus aber bleib noch zwei Tage an selbigem Ort, und trat nach dem Verfluß derselben die Reise nach Bethanien an. Nun lag Lazarus, als Jesus zu Bethanien ankam, schon vier Tage im Grabe; wenn wir nun zu den schon gemeldeten zwei Tagen zwei andere Tage rechnen, welche zur Reise angewendet worden, so ist es ersichtlich, daß Lazarus bald darauf gestorben sei, nachdem seine Schwestern einen Boten an Jesum abgefertigt hatten, ja daß er ungefähr um dieselbe Zeit gestorben, da der Bote zu Jesu gekommen und daß er ohne Verzug nach der Juden Weise begraben worden sei. Jesus sagte hernach von ihm: er schläft, aber Ich gehe hin, daß Ich ihn auferwecke; gleichwie Er auch von dem Mägdlein des Jairus gesagt hatte: es ist nicht gestorben, sondern es schläft. Die Gewißheit und Leichtigkeit der nahen Auferweckung veranlaßte Jesum, den Stand des Todes einen Schlaf zu nennen; denn wie ein Schlafender wieder aufwacht, so wachten auch diese Todten wieder auf, und so leicht ein Schlafender durch einen lauten Ruf aufgeweckt werden kann, so leicht war es Jesu, diese Todten durch Seine Stimme zum Leben zurückzurufen. Auch von andern Todten wird gesagt, daß sie vor ihrer Auferweckung schlafen. Viele, sagte ein Engel zu dem Propheten Daniel, so unter der Erden schlafen liegen, werden aufwachen, etliche zum ewigen Leben, etliche zur ewigen Schmach und Schande, Dan. 12,2.; und Paulus nennt 1 Thess. 4,13-16. die Gerechten, die der HErr Jesus bei Seiner Zukunft auferwecken wird, sowohl Schlafende als euch Todte in Christo. Einem Christen gebührt, mit der Hoffnung der Auferstehung sterbend einzuschlafen. Sein Grab ist seine Schlafkammer, in welcher er die Auferweckung erwartet, und nicht sein Kerker, aus welchem er zur Anhörung des Urtheils der Verdammung herausgeführt werden müßte.
Mel.: Sollt’ es gleich bisweilen scheinen.
1.
Christus litt den Tod zur Strafe;
Unser Tod wird uns zum Schlafe:
Der die Sünden hat gebüßt,
Hat das Bitt’re uns versüßt.
2.
Jesus starb an unsern Schulden;
Was wir noch vom Tode dulden,
Kommt nach Christi Tod nicht mehr
Von des Todes Stachel her.
3.
Das ist unsers Heilands Gnade:
Unser Sterben ist kein Schade,
Unser Sterben ist Gewinn;
Denn wir sterben nun auf Ihn.
4.
HErr mein Gott, Dir will ich danken,
Der des Grabes finst’re Schranken
Uns zum Ruhebett gemacht,
Bis man auf Dein Wecken wacht.
5.
Ich bin auch von Deinen Schafen,
Laß mich auch in Dir entschlafen,
Glaubig in die Kammer geh’n,
Fröhlich wieder aufersteh’n.
6.
Ruf’ mir einst zu Deiner Freude,
Schmücke mich mit weißem Kleide;
Lehre mich vor Deinem Thron
Auch den Hallelujahton!
Der HErr ist nahe. Sorget nichts, sondern in allen Dingen lasset eure Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden. Phil. 4,5.6.
Weil der HErr nahe ist, und bald Alles richten wird, soll ein Christ die Bösen nicht streng richten, ihnen nichts Böses anwünschen, und sich nicht selber rächen. Man kann ja das Gericht des HErrn erwarten. Ein Jeder warte nur bis zu seinem nahen Tod; denn nach demselben wird ihn die Bosheit der Menschen nicht mehr ärgern und anfechten, und die Zeit bis zu der wirklichen Zukunft des HErrn für ihn unvermerkt verstreichen. So lange aber dieses Leben währt, ist es eines Christen Schuldigkeit, seine Lindigkeit allen Menschen kund werden zu lassen, V. 5. Auch soll er im Glauben an den HErrn, der nahe ist, nichts sorgen, oder sein Herz nicht mit kümmerlichen Gedanken quälen, wozu die Armuth, die Sterblichkeit der Angehörigen, und der Haß der Welt, und insonderheit der Gewaltigen in der Welt eine Veranlassung geben können. Paulus war zu Rom als ein Gefangener. Sein Leben stand in Gefahr, auch litt er, weil sein Handel sehr lang währte, und er sich selbst verkösten mußte, Mangel. Welch’ eine reiche Materie zum Sorgen, wenn er nicht geglaubt und gebetet hätte! Aber indem er den Brief an die Philipper mit einem sehr heitern Herzen schrieb, versicherte ihn der Geist Gottes, daß er dießmal nicht sterben werde, ob er schon dazu willig gewesen wäre, Phil. 1,22-25. Was aber den Mangel anbelangt, so hatte er gelernt, sich genügen zu lassen, und ihn zu ertragen, Phil. 4,11.12. Uebrigens hatte er ohne Zweifel wegen desselben auch zu Gott gefleht, und alsdann wurde er höchlich erfreut, als die Philipper, ohne daß er bei ihnen gebettelt hätte, durch die herzlenkende Kraft Gottes wieder wacker wurden, für ihn zu sorgen, und ihm durch den Epaphroditus eine Beisteuer zuschickten, wie sie schon vorher einmal gethan hatten, Phil. 4,10-18. Auf gleiche Weise sollen glaubige Christen, anstatt der Sorgen in allen Dingen ihre Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden lassen. Wer den Sorgen nachhängt, behält sein Anliegen bei sich selbst, denkt ihm ängstlich nach und quält sich vergebens. Wer sich aber damit helfen will, daß er nur Menschen um Hülfe bittet, kann noch mehr betrübt werden, wenn sie ihn vergeblich bitten lassen; welches Gott zuweilen deßwegen geschehen läßt, damit man lerne, sich zuvörderst bei Ihm zu melden. Lasset also, ihr Christen, euer Bitten im Gebet und Flehen vor Gott kund werden. Er kann trösten, helfen, und wenn Er Menschen als Werkzeuge brauchen will, die Herzen derselben lenken. Das Beten selber macht schon eine Erleichterung, wenn es im Glauben geschieht. Vergesset aber dabei die Danksagung nicht. Danket Gott, ehe euch in dem gegenwärtigen Anliegen geholfen wird; denn ihr genießet doch auch bei demselben schon viel Gutes, und auch das Recht zu beten, das ihr in Christo Jesu habt, ist einer Danksagung werth. Harret alsdann eine Zeit lang, wie denn das Harren im Psalter den Betenden oft empfohlen wird. Paulus mußte auch harren, bis ihm die Philipper etwas schickten; denn die Zeit litt es vorher nicht, V. 10. Bald kann aber der Harrende sagen: da dieser Elende rief, hörete der HErr, und half ihm aus seinen Nöthen.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Nur für dieses Leben sorgen,
Machet keinen guten Morgen,
Aber manche böse Nacht.
Nur um jenes Leben sorgen,
Bringt einst einen frohen Morgen,
Wenn man aus dem Grab erwacht.
2.
Mein Gott! fehlt es mir an Gaben,
Wünsch’ ich dieß und jen’s zu haben,
Lehr’ mich ohne Kummer sein,
Und Dir in gelaß’nen Bitten
Mein Verlangen auszuschütten,
Denn Du hörst und hilfst allein.
3.
Lehr’ mich, ohne ängstlich Klagen
Dir vergnügten Dank zu sagen
Schon für das, was wirklich da;
Daß nicht meiner Sorgen Hecken
Deines Wortes Frucht verstecken,
Sage mir: der HErr ist nah.
4.
Reich in guten Werken werden,
Das sei mein Gesuch auf Erden;
And’re Sorgen taugen nichts.
Laß in sehnlichem Verlangen
Mich mit ganzem Herzen hangen
An dem Erbtheil jenes Lichts.
5.
Da ist Reichthum, der recht wichtig,
Da ist Leben, das nicht flüchtig,
Jesu! dahin ziehe mich;
Um die Güter jenes Lebens
Ist das Flehen nicht vergebens,
Und der Dank währt ewiglich.
Christus ist ein Mittler des Neuen Testaments, auf daß durch den Tod, so geschehen ist zur Erlösung von den Uebertretungen, die unter dem ersten Testament waren, die, so berufen sind, das verheißene ewige Erbe empfahen. Hebr. 9,15.
Wenn in der heiligen Schrift von einem göttlichen Testament oder Bund die Rede ist, so werden Verheißungen gemeint, welche eine feierliche Bestätigung erlangt haben. Die Verheißung, daß keine Sündfluth mehr entstehen sollte, war ein Bund, weil sie durch den Regenbogen bestätigt wurde; die Verheißungen, welche Gott dem Abraham gegeben hatte, hießen nicht bälder ein Bund, als damals, da sie durch das Zeichen der Beschneidung bestätigt wurden. Die Verheißung, daß Gott Israels Gott sein wollte, wurde ein Bund, da Mose das Volk mit Opferblut besprengte, da der Sabbath mit einer größern Pünktlichkeit als vorher befohlen, und das ganze Gesetz, welches Israel als das Volk Gottes von den Heiden unterschied, demselben aufgelegt wurde. Bei allen diesen Fällen wurden die göttlichen Verheißungen nur durch Zeichen bestätigt, die an sich selbst kraftlos und nicht selber die Ursachen waren, um derenwillen Gott die Verheißung erfüllte. Diejenigen, mit denen Gott den Bund machte, waren schuldig, die Verheißung zu glauben, und das Bestätigungszeichen für ein solches zu halten, oder auch, wenn die menschliche Wirksamkeit dabei nöthig war, dasjenige mit redlicher Ehrfurcht und Liebe zu thun, was Gott befohlen hatte. Der Bund, den Gott mit Israel bei seinem Auszug aus Egypten machte, wird der alte Bund oder das Alte Testament genannt, Jer. 31,32. Hebr. 8,9.13. Dieser Bund enthielt die allergrößte Verheißung, daß Gott Israels Gott sein wolle, war aber mit vielen beschwerlichen Bestätigungszeichen verknüpft und faßte die wirkliche Erscheinung des Messias und der Mittheilung des Geistes der Kindschaft nicht in sich, sondern zeigte beides nur in der Ferne. Die Israeliten blieben nicht in diesem Bund, weil sie die Verheißungen nicht glaubten, und die Gebote Gottes freventlich übertraten. Von Christo und durch Christum wurde ein Neuer Bund gemacht, Jer. 31,31., das ist, alle göttlichen Verheißungen (welche nun von gegenwärtigen Gütern handelten) bekamen eine neue Bestätigung, und zwar durch Seinen Tod, und weil sie durch Seinen Tod bestätigt wurden, so bekamen sie mehr die Form eines Testamentes als eines Bundes. Auch dieses veredelte dieses Neue Testament, daß der Tod Jesu es nicht nur als ein Zeichen bestätigte, sondern daß dieser Tod die eigentliche verdienstliche Ursache war, um derenwillen Gott Seine Verheißungen erfüllte. Christus war hiebei der Mittler, weil Er es mit Gott in Seinem Leiden und Tod zu thun hatte, und den Menschen die Gnade verkündigte und durch Seinen Tod erwarb. Weil unter dem ersten Testament oder Bund die Uebertretungen den Glaubigen zwar vergeben, aber durch keine gültige Versühnung getilgt waren, so starb Er auch noch zur Erlösung von denselben. Und weil die Verheißungen durch Seinen Tod die Form eines Testamentes bekamen, so konnte man recht eigentlich auch von einem Erbe sagen, und zwar von einem ewigen Erbe. Diejenigen, welche von Anbeginn der Welt an berufen sind, und den Beruf angenommen haben, sollen vermöge des Neuen Testamentes das verheißene ewige Erbe empfahen. HErr Jesu, laß auch uns dieses Erbe empfahen!
Mel.: Mir nach, spricht Christus etc.
1.
Ein Testament, mit Blut gestift’t,
Hat Jesus hinterlassen;
Da darf der Glaube nach der Schrift
Nun seinen Antheil fassen.
Mein Name stehet auch darin,
Weil ich ja auch ein Sünder bin.
2.
Es ist nun fest durch Christi Tod,
Der Sünder soll nicht sterben;
Befreit von seiner Schuldennoth
Soll er das Leben erben:
Des Glaubens Leben in der Zeit,
Das himmlische in Ewigkeit.
3.
Unschätzbar Gut von höchstem Werth,
Gestiftet für die Armen,
Die nichts verdient, ja nichts begehrt,
Wir haben’s aus Erbarmen.
Glaubt, Sünder, freuet euch darob,
Genießt es zu des Stifters Lob.
4.
Ich bete an, ich danke Dir,
Ich reichgemachte Made;
Nichts hab’ ich, als ein Herz in mir
Zum Dank für diese Gnade,
Bereite dieß zu Deinem Ruhm
Noch hier und dort im Heiligthum
Siehe, dein König kommt zu dir. Matth. 21,5.
Als der HErr Jesus auf’s letzte Osterfest nach Jerusalem kam, so zog Er mit einer gewissen Feierlichkeit zu Jerusalem ein, und das Volk rief Ihm zu: gelobet sei, der da kommt in dem Namen des HErrn, gelobet sei das Reich unseres Vaters Davids, das da kommt u.s.w. Auch sagt Matthäus, daß damals die Weissagung des Zacharias erfüllt worden sei: saget der Tochter Zion: siehe, dein König kommt zu dir. Es ist auch merkwürdig, daß der HErr Jesus in Seinen letzten Tagen, ob Er schon Seinen schmählichen Tod als nahe vor sich sah, öfter und deutlicher als sonst von Sich selbst als einem HErrn, König und Richter geredet hat. Er blieb auch so fest bei diesen Vorstellungen, daß Er hernach vor dem Pilatus in der tiefsten Niedrigkeit ein gutes Bekenntniß von Seiner königlichen Würde und von Seinem Königreich ablegen konnte. Durch dieses Sein unvergleichliches Beispiel hat Er uns gelehrt, daß ein glaubiger Christ bei der Schmach, die er vor sich sieht, an die Ehre, bei der Armuth an den Reichthum, und bei dem Sterben an das Leben denken, und sich überhaupt in seinem Geist über das Sichtbare erheben solle.
Was nun insonderheit das Königreich Jesu anbelangt, so ist es ein herrliches, unbewegliches und ewiges Reich. Wenn ich glaube, daß Jesus König sei, so darf ich dafür halten, daß Er herrsche, schütze, rette, kriege, strafe, richte, von demjenigen, was Sein ist, Gaben austheile, und eine große Herrlichkeit habe. Ich bin Ihm als meinem König Ehrerbietung, Vertrauen und Gehorsam schuldig. Alles muß Ihm als einem König unterthan werden; wo Ihm aber noch nicht Alles unterthan ist, da will Er noch als König hinkommen, wie die Schrift zu reden pflegt, und Seine königliche Würde und Macht erweisen. Er komme denn auch zu mir und den Meinigen und zu allen Menschen, die jetzt leben; Er bringe, wie Ps. 72. geweissagt ist, das Volk Gottes zur Gerechtigkeit, und errette Seine Elenden. Er lasse die Berge den Frieden bringen, und die Hügel die Gerechtigkeit. Er erhalte das elende Volk bei Recht, helfe den Armen, und zerschmeiße die Lästerer. Ihn fürchte man, so lange die Sonne und der Mond währt, von Kind zu Kindeskindern. Er fahre herab (in Seinem Königreich), wie der Regen auf das Fell (Gideons), wie die Tropfen, die das Land feuchten. Es blühe unter Ihm der Gerechte, und es sei unter Seiner Regierung großer Friede, bis der Mond nimmer sei. Er herrsche von einem Meer bis an’s andere, und vom Wasser an bis zu der Welt Ende. Vor Ihm sollen sich die in der Wüste neigen, und Seine Feinde Staub lecken. Alle Könige sollen Ihn anbeten, und alle Heiden Ihm dienen u.s.w. Zur gegenwärtigen Zeit fehlt freilich an diesem Allem noch Vieles. doch darf ein Christ darum bitten, weil es verheißen ist, und dabei hoffen, daß dasjenige, was noch nicht ist, werden werde. Derjenige, der dieses Alles vorher verkündigt hat, wird’s auch thun. Ja Er wird’s thun, ob’s schon unmöglich scheint. Sein Rath ist wunderbar, Er führt ihn aber herrlich hinaus. Weil Er aber seit Seiner Himmelfahrt Sein Reich auf Erden durch den Dienst Seiner Knechte ausbreitet, so sei ein Jeder zu diesem Zweck gern Sein Knecht, und opfere sich zu Seinem Dienst gern auf. Durch die vereinigten Bemühungen aller Seiner Knechte wird etwas Großes ausgerichtet, wiewohl Keiner weiß, wie viel er dazu beigetragen habe.
Mel.: Meinen Jesum laß ich nicht.
1.
Sieh’, dein König kommt zu dir,
Seele, das sind frohe Worte!
Sprich: mein König, komm’ zu mir,
Sieh’ ich öffne Dir die Pforte;
Zieh’ mit Deiner Sanftmuth ein,
Was Du findest, das ist Dein.
2.
Komm’, ich bin Dein Eigenthum
Schon seit Deinem Wasserbade;
Komm’, Dein Evangelium
Werde mir ein Wort der Gnade,
Du schickst ja Dein Wort voran,
Daß mein König kommen kann.
3.
Komm’ und räume Alles aus,
Was Du hassest und mich reuet;
Komm’ und reinige Dein Haus,
Das die Sünde hat entweihet;
Mach’ mit Deinem Opferblut
Alles wieder rein und gut.
4.
Komm’ in Deinem Abendmahl,
Das Du uns zum Heil gegeben,
Fleisch und Blut vom Kreuzespfahl,
Dadurch Du in uns willst leben;
Komm’, HErr Jesu, leb’ in mir,
Und mein Leben sei in Dir!
5.
Komm’ und bring’ den Geist auch mit,
Deinen Geist, der Dich verkläret,
Der mich im Gebet vertritt
Und des Königs Willen lehret,
Daß ich bis auf jenen Tag:
Komm’, HErr Jesu! rufen mag.
Christus hat uns erlöst vom Fluch des Gesetzes, da Er ward ein fluch für uns. Gal. 3,13.
Röm. 5. und 1 Kor. 3,13. hat Paulus unsern Stammvater Adam und Christum mit einander verglichen und gezeigt, wie das Todesurtheil und der Tod selber, welcher durch die Sünde Adams in die Welt gekommen, und zu allen Menschen durchgedrungen ist, durch Christum, welcher den Menschen Gerechtigkeit und ewiges Leben erworben habe, aufgehoben werde. Weil er aber Röm. 5,20. gesagt hatte, daß zu dem Sündenfall Adams, welcher uns dem Tod unterwerfe, das Gesetz hinzugekommen sei, damit der Verfall der Menschen noch deutlicher erkannt werde, ja weil er Gal. 3,19. bezeugt hatte, das Gesetz sei zu den ältern Verheißungen hinzugethan worden, damit die Sünden als Uebertretungen desselben besser erkannt würden, so war nöthig, daß er auch lehrete, wie Sich Christus und Seine Erlösung gegen das Gesetz verhalten. Bei den Galatern war diese Lehre besonders nöthig, weil diese sich zu dem Gesetz wenden wollten, um durch dasselbe ihre Gerechtigkeit und ewiges Leben zu suchen. Paulus hielt sich hiebei genau an den Buchstaben der heiligen Schrift, und weil dem Adam gedroht worden war, er sollte des Tode sterben, so brauchte Paulus, wenn er Christum ihm entgegenstellte, immer das Wort Leben. Weil aber in dem Gesetz auch der drohende Ausspruch enthalten war: verflucht sei, wer nicht bleibet in Allem dem, das geschrieben stehet im Buch des Gesetzes, daß er darnach thue: so brauchte Paulus, wenn er von Christo im Gegensatz das Gesetz redete, das Wort Segen. Christus, sagte er, ward ein Fluch für uns, auf daß der Segen Abrahams, nämlich der Segen, von dem Gott mit Abraham geredet hatte, über die Heiden käme. Wenn ein Sünder ohne Gnade stirbt, so kann er für sich selbst wegen des Mangels der Gerechtigkeit nicht mehr zum Leben gelangen. Sein Leib und seine Seele bleiben einem Tod, welcher nicht in der Vernichtung, sondern in einem peinlichen Zustand besteht, unterworfen. Und wenn ein Sünder verflucht wird, so kann er keinen Segen mehr von sich selbst erlangen, weil es ihm an der Gerechtigkeit fehlt. Christus aber starb für uns, wegen Seiner Gerechtigkeit aber, die Er als Mittler hatte, wurde Er wieder lebendig, ja eine Lebensquelle für uns. Er wurde ein Fluch für uns; aber wegen Seiner Gerechtigkeit wurde Er nicht nur mit einer ewigen Herrlichkeit gesegnet, sondern auch eine Segensquelle für uns. Gleichwie Paulus Röm. 10,20. von dem Jesaias sagt, er habe kühn geredet, also darf man auch von ihm selbst sagen, er habe kühn geredet, da er gesagt: Christus ward ein Fluch für uns. Der ganze Fluch des Gesetzes wurde nämlich auf Ihn gelegt, weil Er Sich ergeben hatte, vor Gott unsere Stelle zu vertreten. Hiemit hat Er uns aber von dem Fluch des Gesetzes erlöset, daß derselbe uns, wenn wir durch den Glauben an Ihn gerecht worden sind, nicht treffe, sondern das Wort an uns erfüllt werde, das Gott zu Abraham gesagt hatte: durch deinen Samen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. Dieser Segen verhilft zur Gabe des Heiligen Geistes, folglich auch zur Kindschaft Gotte und zur Erbschaft des ewigen Lebens. Dank sei Dir, HErr Jesu, daß Du ein fluch für uns geworden bist: der Segen komme um Deinetwillen auf uns und unsere Kinder!
Mel.: Ich suche Dich in dieser Ferne.
1.
Droht das Gesetz mir mit dem Fluche,
Daß ich in Angst Versühnung suche,
Kann’s Niemand, als nur Jesus sein;
Der Mittler schreibt im Lebensbuche
Mit Blut mich als gesegnet ein.
2.
Die Freude wallt im Herzensgrunde,
Der Dank fließt über in dem Munde,
Was mein Versühner mir gethan;
Und das ist mir die theu’rste Stunde,
Da ich von Jesu singen kann.
3.
Er ließ sich uns zum Heil ermorden;
Da Er ein Fluch für uns ist worden,
Gab Er Sich selbst am Holz dahin.
Ich bin versetzt in Seinen Orden,
Der allen Segen erbt durch Ihn.
4.
HErr, segne mich mit diesem Gute,
Das Du erwarbst mit Gottesblute
Für alle Welt an jenem Stamm;
So sing’ ich einst mit frohem Muthe:
Heil, Macht und Segen sei dem Lamm!
Vater, nicht, was Ich will, sondern was Du willst. Marc. 14,36.
Der HErr Jesus redete diese Worte am Oelberg als der Menschensohn, der Seine Schwachheit fühlte, und weil Er Seine menschliche Natur von göttlichen Freuden damals ausgeleert hatte, ein heftiges Grauen vor dem Kelch, der Ihm dargeboten wurde, das ist vor dem bevorstehenden Leiden und Tod empfand. Aus dieser Empfindung der Schwachheit und au diesem Grauen entstand ein reiner und unschuldiger Wille Seiner Seele, dieses Kelches überhoben zu sein, wenn es möglich wäre, oder wenn des Vaters Wille solches erlaubte. Wider diesen Willen des Vaters aber hatte Er keinen Augenblick auch nur die geringste Widersetzlichkeit in sich. Ja Er sagte selber, daß nicht dasjenige geschehen sollte, was Er als Mensch wollte, sondern was der Vater als Gott wolle. Er trauerte, zitterte und zagte damals, und war bis an den Tod betrübt; und gab doch zu verstehen, der Vater solle wegen alles dessen Seiner nicht schonen, wenn Sein göttlicher Wille erforderte, daß Er den Leidens- und Todeskelch trinke. Der VatersName machte ihm hiebei den göttlichen Willen höchst ehrwürdig und lieb. Als der eingeborne Sohn wollte Er den Vater durch Seinen Gehorsam ehren, und als der eingeborne Sohn des Vaters glaubte Er wider die Empfindung Seiner menschlichen Natur, daß des Vaters Wille gut sei.
Unser menschlicher Wille ist nie so rein, als der menschliche Wille des HErrn Jesu gewesen ist; weil sich immer auch ein Widerstreben wider den Willen Gottes, oder eine Unzufriedenheit über Gottes Rath und Verfügung in unser Wollen mengt, und es gibt Stunden, wo auch heilige Seelen dieses Widerstreben und diese Unzufriedenheit zu ihrer Demüthigung empfinden müssen. Desto mehr haben wir aber zu ringen, daß wir unsern Willen Gott aufopfern, und auch alsdann Gott mit unserer Zufriedenheit und unserem Gehorsam ehren, wenn uns von Ihm ein schmerzliches Leiden auferlegt, oder etwas Erwünschtes versagt wird. Vergeblich ist der menschliche Sinn: dieses oder jenes sollte nicht sein, oder: dieses oder jenes sollte sein; denn so hoch der Himmel über der Erde ist (und dieses ist die weiteste Entfernung, die wir denken können), so hoch sind Gottes Gedanken über unsere Gedanken, und Seine Wege über unsere Wege erhaben. Allein nicht nur die Erhabenheit der göttlichen Gedanken muß uns in der Ehrerbietung gegen Gott erhalten, sondern es muß auch Sein Vatersname durch den Glauben eine ruhige Zufriedenheit in uns wirken. Wir wissen ja und dürfen glauben, daß der Vater unseres HErrn Jesu Christi auch unser Vater sei. Soll es uns nun allzuschwer sein, zu denken und zu sagen, daß des Vaters Wille geschehen solle? Kann der Wille des höchsten Vaters schädlich sein? Können wir etwas Arges dabei muthmaßen? Freilich ist das Ende eines jeden Dinges, das der Vater will, besser als sein Anfang. Lasset uns also mit Geduld auf das Ende warten, und schon bei dem Anfang des Leidens auf dieses Ende, welches Alles ersetzen wird, hinaussehen. Auch am Abend dieses Tages sage ich also mit allen glaubigen Christen: Vater, nicht, was ich will, sondern was Du willst, geschehe. Dein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Vater! Dein Will’ soll geschehen,
Und der meine soll nicht sein;
Dein Will’ ist mein Wohlergehen,
Nur der meine stimmt nicht ein.
Bin ich Kind, so soll ich wollen,
Was der liebe Vater will;
Kinder, die gestäupt sein sollen,
Halten auch im Weinen still.
2.
Jesu, der des Vaters Willen
Lebend uns geoffenbart,
Und im Tod, ihn zu erfüllen,
Bi zum Kreuz gehorsam ward,
O wie hast Du mir gedienet!
Dein Gehorsam bis zum Tod
Hat mit Gott mich ausgesöhnet,
Da die Hölle mir gedroht.
3.
Tilg’ in mir das Widerstreben
Gegen Deiner Gnade Zucht,
Dem mich ganz zu übergeben,
Der mein Seligwerden sucht.
Kommen uns einst solche Triebe
Durch Dein Wirken in den Sinn,
Gleichbald gibt man Deiner Liebe
Sich mit frohem Herzen hin.
4.
Gibt der Vater dann Befehle,
So gehorcht man seinem HErrn;
Schickt Er Kreuz und prüft die Seele,
Leid’t sie auch die Ruthe gern.
Soll sie früh nach Hause gehen,
Stimmt sie voller Hoffnung ein:
Vater! Dein Will’ soll geschehen,
Daß ich solle selig sein!
Das zerstoßene Rohr wird Er nicht zerbrechen, und das glimmende Docht wird Er nicht auslöschen. Matth. 12,20.
Diese Worte werden von dem Evangelisten Matthäus nebst andern aus Jes. 42,1.2.3.4. angezogen und auf den HErrn Jesum gedeutet, von dem sei auch bei dem Propheten handeln. Nachdem nämlich der Evangelist erzählt hatte, wie der HErr Jesus den Pharisäern, welche einen Mordanschlag über Ihn ausdachten, aus dem Weg gegangen, und wie Er zwar die Kranken unter dem Volk, das Ihm nachgefolgt, geheilt, dem Volk selber aber zugleich befohlen habe, Ihn nicht zu melden, und Seine stille Amtsführung durch unvorsichtiges Reden von Seinen Wundern nicht zu stören, so führte Er alsdann die Worte des Jesaias an, um zu zeigen, daß der Messias schon von diesem Propheten nach Seinem sanften und stillen Sinn beschrieben worden sei. Jesaias sagte unter Anderem: Er wird nicht schreien noch rufen; Matthäus aber, um diese Worte einigermaßen zu erklären, schrieb: Er wird nicht zanken noch schreien. Der HErr Jesus hat zwar oft mit einer lauten Stimme reden müssen, wenn Er viele Leute unter dem freien Himmel vor Sich hatte, auch hat Er einigemal Seine Worte im Eifer besonders laut ausgerufen, s. Joh. 7,37. 12,44., und am Oelberg Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen geopfert, Hebr. 5,7. Hingegen hat Er nie zankend geschrieen, und Seine Stimme nie zu diesem Ende erhoben. Man hörte auch Seine Stimme nie auf den Gassen. Die Gassen, von welchen hier die Rede ist, sind die breiten Hauptstraßen der Städte, wo gemeiniglich ein Getöse ist, welche in den jüdischen Städten, die ungemein bevölkert waren, besonders groß war. Hier hat Er nun Seine Stimme nie hören lassen, um ein Aufsehen zu machen, und noch weniger hat Er in diesen Gassen das Volk zusammenberufen, um Ihm wider die Pharisäer zu Hülfe zu kommen. Was hat Er hingegen gethan? Er hat das zerstoßene Roh nicht zerbrochen und das glimmende Docht nicht ausgelöscht; das ist, Er hat schwache, aber redliche Seelen nicht durch ein scharfes Verfahren um das wenige Gute, das sie hatten, gebracht, Er hat sie, wenn sie furchtsam waren, nicht weiter erschreckt, und wenn Er sah, daß sie nicht fern vom Reiche Gottes seien, sie nicht fortgejagt. Er war hold, sanft, freundlich, doch ohne Schmeichelei. Was Hiob Kap. 31,18. von sich sagt, daß er nämlich gern getröstet habe, konnte man mit einem viel größern Recht von Jesu sagen, wie es auch Jes. 61,2.3. von Ihm geweissagt war. Er sah alles Fehlerhafte, aber Er übersah viel. Bei der höchstehrwürdigen Heiligkeit, die aus Seinen Geberden, Worten und Werken herausleuchtete, hatten doch alle geängsteten, traurigen, armen und verachteten Leute Zuversicht genug, zu Ihm zu nahen, Ihn um Alles zu bitten, und zuweilen lange bis zu Seiner merklichen Beschwerde bei Ihm zu bleiben. Der Sinn des HErrn Jesu hat sich bei Seiner Erhöhung nicht geändert. Seine Worte lauten auch in der Bibel so, wie Er sie ausgesprochen hat. Lasset uns Zuversicht zu Ihm fassen wenn wir uns auch schwach fühlen, und zuversichtlich hoffen, daß Er uns stärken werde: lasset uns aber auch Seinem Vorbilde ähnlich werden, und mit Schwachen sanftmüthig umgehen.
Mel.: Meine Kraft ist hin.
1.
Ein zerstoßen Rohr
Richt’t der HErr empor,
Daß Er’s nicht zerbricht;
Wenn ein Doch noch glimmet,
Bleibt’s bei Ihm bestimmet,
Er verlöscht es nicht.
2.
Holder Jesu, Du
Sprichst so herzlich zu,
Wenn die Seele matt,
Wenn der Glaube blöde,
Wenn das Beten öde,
Wenn man leidenssatt.
3.
O wie stärket dieß,
O wie macht’s gewiß,
Daß Du gnädig bist,
Und die kranke Seele
Von des Geistes Oele
Wieder lebend ist!
4.
Ruhm sei Deiner Huld,
Dank für die Geduld,
Preis für solche Treu’!
Nach der Schwachheit Grade
Zeigt sich Deine Gnade,
Daß sie mächtig sei.
5.
Dein Wort macht uns froh,
Dein Wort tröstet so,
Daß es heißt getröst’t;
Denn es kann die Schwachen
Wieder kräftig machen,
Die Du nicht verstöß’st.
6.
Stärk’ uns durch Dein Wort,
Bis das Schwache dort
In der Kraft Dir singt,
Und das Lob der Stärke
Dir für Deine Werke
In dem Himmel bringt.
Wer überwindet, dem will Ich zu essen geben von dem verborgenen Manna, und will ihm geben einen weißen Stein, und auf dem Stein einen neuen Namen geschrieben, den Niemand kennet, denn der ihn empfahet. Offenb. 2,17.
Diese Verheißung kommt mit dem ganzen Brief, den der HErr Jesus an den Engel der Gemeinde zu Pergamus schreiben hieß, überein. Es gab daselbst Leute, welche Christen heißen wollten, und doch die Christen, wie ehemals Bileam die Israeliten, durch eine böse Lehre verleiteten, den üppigen Gastereien in den Götzentempeln beizuwohnen, und wohl gar bei dieser Gelegenheit Hurerei zu treiben. Wer nun bei dieser Versuchung, ja wer auch heutiges Tages bei ähnlichen Versuchungen überwindet, und in der üppigen und unsaubern Welt enthaltsam und keusch bleibt, und sowohl die dem Fleisch angenehmen Befleckungen, als auch die Gelegenheiten dazu in der Furcht Gottes meidet, dem will der Heiland in jener Welt von dem verborgenen Manna zu essen geben. Man soll nicht vorwitzig fragen, was dieses Manna sei, denn der Heiland nennt es ein verborgenes Manna, und deßwegen kann kein Sterblicher seine Natur erforschen. Es ist von einer himmlischen Art, sättigend, vergnügend, unverweslich, wie Alles, was im Himmel ist. Enthalte dich von fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, und überwinde überhaupt, was zu überwinden ist, so wird dir der Heiland, der Gewalt darüber hat, davon zu essen geben, und du wirst alsdann erkennen, was es sei. Du wirst inne werden, daß es eine köstlichere Speise sei, als das Götzenopfer der Welt. Der Bischof zu Pergamus hatte an dem Namen Jesu gehalten, und seinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, da eine blutige Verfolgung entstand, und ein gewisser Antipas, der ein treuer Zeuge Jesu war, getödtet wurde. Wer nun auf diese Weise die Furcht vor Schmach und Plagen, ja vor dem Tod selber überwindet, und an den Namen Jesu auch alsdann, wenn es gefährlich aussieht, hält, dem will der Heiland in jener Welt einen weißen Stein geben u.s.w. Dieser weiße Stein mag ein öffentliches und herrliches Zeugniß der Rechtfertigung sein. Wer ihn bekommt, wird öffentlich und feierlich vergewissert, daß er ewig leben dürfe, gleichwie er bei Leibesleben davon insgeheim durch den Heiligen Geist versichert worden ist. Mit dem weißen Stein bekommt aber ein jeder Ueberwinder auch einen neuen Namen, der auf den weißen Stein geschrieben ist, und diesen neuen Namen weiß Niemand, als der ihn empfähet. Auch der HErr Jesus hat einen neuen und Ihm selbst allein bekannten Namen, Offenb. 3,12. 19,12. Ist uns von diesem Allem noch vieles dunkel, so sollen wir nur die Lust und die Furcht bis an unser Ende überwinden, alsdann wird uns in jener Welt Alles mit großer Wonne klar werden, und wir werden selber empfangen, was Jesus hier verheißen hat.
Mel.: Gott sei Dank in aller Welt.
1.
Wer ein Ohr hat, höre dieß,
Was der Geist sagt, ist gewiß:
Reich beschenket wird ein Christ,
Der ein Ueberwinder ist.
2.
Jesus theilt ihm in der Ruh’
Vom verborg’nen Manna zu;
Wer davon ißt, wird erfreut,
Denn er lebt in Ewigkeit.
3.
Ja, auf einem weißen Stein
Soll sein neuer Name sein,
Welchen sonst kein Fremder kennt,
Als nur der, den Jesus nennt.
4.
Seelen, das ist kämpfenswerth,
Wenn uns Jesus so beehrt!
Straft er uns, so laßt uns nun,
Wo wir fehlten, Buße thun.
5.
Lehrt die Welt, wie Bileam,
Daß man ohne Furcht und Schaam
Auch vom Götzenopfer ißt,
Halb ein Heid’ und halb ein Christ;
6.
Oder kleidet sie sich sein,
Daß sie unter Engelschein
Fleischlich lebt und geistlich spricht:
Seele! flieh’ und trau’ ihr nicht.
7.
Treuer Heiland! halte mich
Nur allein und fest an Dich,
So macht mich kein Aergerniß
Untreu oder ungewiß.
8.
Mach’ durch Deines Geistes Kraft
Meinen Glauben dauerhaft;
Bind’ mein Herz an Deine Schrift,
Daß mich nicht Dein Schlachtschwert trifft.
9.
Setzt die Welt mir etwas für,
Warne mich, so eckelt mir;
Mein Verlangen laß allein
Nur nach jenem Manna sein!