1. An den Wassern zu Babel saßen wir, und weinten, wenn wir an Zion gedachten. 2. Unsere Harfen hingen wir an die Weiden, die darinnen sind. 3. Denn daselbst hießen uns singen, die uns gefangen hielten, und in unserm Heulen fröhlich sein: Lieber, singt uns ein Lied von Zion. 4. Wie sollten wir des HErrn Lied singen im fremden Lande? 5. Vergesse ich dein, Jerusalem; so werde meiner Rechten vergessen. 6. Meine Zunge müsse an meinem Gaumen kleben, wo ich deiner nicht gedenke, wo ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein. 7. HErr, gedenke der Kinder Edoms am Tage Jerusalems, die da sagen: Nein ab, rein ab, bis auf ihren Boden. 8. Du verstörte Tochter Babel, wohl dem, der dir vergilt, wie du uns getan hast. 9. Wohl dem, der deine junge Kinder nimmt, und zerschmettert sie an den Stein.
Der 137. Psalm. Zwischen die bisherigen und die noch weiter folgende Loblieder kommt nun dies Klagelied hinein. Denn die Schrift schreibt, wie sich‘s treibt, wie es im menschlichen Leben und in der Erfahrung vorkommen mag, da es oft Abwechslungen von der Freude ins Leid, und vom Loben ins Klagen auszuschütten gibt. Auf die babylonische Gefangenschaft geht der Psalm offenbar, ob ihn aber ein Mann GOttes früherer Zeiten als eine vorläufige Verkündigung gestellt, oder ob ein unter der Not wirklich stehender Gläubiger, seine und seiner Mitgenossen Not so vor GOtt gebracht habe, das lässt sich so genau nicht bestimmen. Der erste Vers ist wie die ganze Summa des Psalmen anzusehen, und nach demselben ist auch die Einteilung zu machen, so, dass 1) der Mann GOttes das Weinen an den Wassern zu Babel, und die empfindliche Veranlassung dazu beschreibt, V. 1-4. 2) Sein unverrücktes Angedenken an Zion, und was sich darin für Hoffen und Beten geregt habe, V. 5-9. An den Wassern zu Babel ist auch ein Ezechiel gesessen. An der babylonischen Gefangenschaft hat auch ein Daniel, ein Nehemia Anteil genommen. Wenn es solchen schon für ihre eigenen Personen nicht just so übel dabei gegangen ist, so lag ihnen eben doch Zion und die darauf haftende Hoffnung des Reichs GOttes sehr am Herzen, und es beklemmte sie, dass selbige nun durch diese Gefangenschaft so sollte zu Boden gestoßen werden. Deswegen hat GOtt gerade auch um selbige Zeit in den Weissagungen Daniels so eine nachdrückliche Protestation eingelegt, dass weder Babylon noch die nachfolgenden Reiche der Welt Sein Reich verdrängen werden. Ach, dass wir es nicht erfahren müssten, was es ist, über seiner Religion, Gottesdienst und Liedern von Fremden verspottet zu werden. Auf den Fall aber, wenn wir es erfahren müssen, so könnte man sich aus solch einem Wort mit Glauben und Geduld waffnen, damit einem ein solches Leiden nicht zum Ärgernis würde, sondern man den Ruhm der Hoffnung bis ans Ende fest behielte. Es gehört mit unter die Tiefe der Gerichte GOttes, dass, da GOtt sonst zu anderer Zeit selbst kleine Kinder als einen Beweggrund zum Verschonen ansieht, Er hingegen auch wann die Missetat eines Volks voll ist, es an den Kindern mit unbegreiflicher Schärfe heimsuchen kann. Wie reicht die Verheißung so weit, die GOtt dem Abraham gegeben: ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen. Wie wird es sich noch an den Gesegneten des himmlischen Vaters, die das Reich zu erben eingeführt worden, so herrlich zeigen, wie es ihnen in so reicher Segens-Folge nachgegangen ist, dass sie sich der geringsten Brüder angenommen haben, da sich hingegen die Andern durch ihr Fremdtun und Entziehen, noch mehr aber durch Trübsal anlegen und Verspotten der unansehnlichen Glieder Christi, ein schweres Gericht zuziehen werden.