Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 112. Psalm.

1. Hallelujah. Wohl dem, der den HErrn fürchtet, der große Lust hat zu seinen Geboten. 2. Des Same wird gewaltig sein auf Erden, das Geschlecht der Frommen wird gesegnet sein. 3. Reichtum und die Fülle wird in ihrem Hause sein, und ihre Gerechtigkeit bleibt ewig. 4. Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis, von dem Gnädigen, Barmherzigen und Gerechten. 5. Wohl dem, der barmherzig ist, und gerne leiht, und richtet seine Sachen aus, dass er Niemand Unrecht tue. 6. Denn er wird ewig bleiben; des Gerechten wird nimmermehr vergessen. 7. Wenn eine Plage kommen will, so fürchtet er sich nicht; sein Herz hofft unverzagt auf den HErrn. 8. Sein Herz ist getrost, und fürchtet sich nicht, bis er seine Lust an seinen Feinden sieht. 9. Er streut aus und gibt den Armen; seine Gerechtigkeit bleibt ewig, sein Horn wird erhöht mit Ehren. 10. Der Gottlose wird es sehen, und wird ihn verdrießen; seine Zähne wird er zusammen beißen, und vergehen. Denn was die Gottlosen gerne wollten, das ist verloren.

Der 112. Psalm hat wieder ein Hallelujah zum voranstehen. den Wecken, der zugleich zeigt, dass ungeachtet der Psalm die Seligkeit der Gottesfürchtigen beschreibt, doch Alles auf das Lob des HErrn selbst hinauslaufen soll, und man an den Gottesfürchtigen und ihrem Wohl hauptsächlich Seine Hand zu verehren habe, auch sie selbst Ihm ihre Kronen, und was Er ihnen gibt, gar gern mit ihrem Hallelujah zu Füßen legen sollen. Dieser Psalm hat wieder 1) einen Eingang, darin so viel als die Vorstellung des Vorhabens enthalten, V. 1. 2) Die Abhandlung, darin das Wohl aus der Furcht und dem Dienst GOttes, und dann auch das Wohl aus der Lust an den Geboten GOttes vorgestellt wird, V. 2-9. 3) Kommt ein kurzer Beschluss vom Gegenteil, nämlich vom elenden Zustand der Gottlosen, V. 10. In Eilfertigkeit, wo und wie man zukommen kann, ohne Furcht GOttes, ohne Absicht auf Seine Gebote, etwas vom Wohl an sich reißen, das ist unserer Natur eigen, aber sein Wohl in der Furcht GOttes abwarten und auf dem Weg des Gehorsams es aus Seiner Hand empfangen, das scheint so ungewiss, und darum muss die Schrift so oft und nun auch in diesem Psalm die Gottseligkeit als zu allen Dingen nütze, anpreisen, und die Verheißungen auch dieses Lebens, so darauf ruhen, ins Licht stellen. Aber freilich sind es Verheißungen, und lassen sich also nicht abpochen, sondern auf den verschiedenen Wegen, die GOtt geht, und nach den ungleichen Stunden, die Er uns setzt, erwarten. Wenn jetzt im Psalm das Höchste, z. E. sein Same wird gewaltig sein, gesetzt ist, so ist auch das Niedrige darunter eingeschlossen, wenn schon Eines sein Same nicht gewaltig ist, wenn schon nicht große Fülle und Reichtum im Hause ist, so ist es doch ein Se gen vom HErrn, wenn nur sonst nötiges Auskommen und Tüchtigkeit, etwas zu lernen, sich findet. Wer dies Wenigere verachtet, hat gewiss kein solches Herz, dass ihm ein Mehreres könnte gegeben werden. Ein getrostes Herz, das durch stete Übung im Worte GOttes, durch immer erneuertes Angedenken an die Wege GOttes, durch öfters geübten Zugang zu GOtt unterstützt ist, kommt einem oft wohler als aller übrige Vorrat. Hingegen dem Gottlosen ist ein Eifer in den Gebeinen, der ihn auffrisst, wie sich denn Viele an ihrem Vermögen oder gar an ihrem Leben aufzehren, nur darüber, dass sie Andern etwas entreißen, oder an sich bringen wollen.