Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Amos - Das dritte Kapitel

In demselbigen wird nun die unfehlbare Heimsuchung GOttes über Israel noch weiter und so angekündigt, dass die Gerechtigkeit GOttes bei Seinen Gerichten von allen Seiten her erkannt, inmittelst aber doch Seine vorzügliche Liebes-Neigung, Seine Gerichte wieder zu mäßigen, und auf neue Gnade herumzulenken, redlich angeboten werde.

I. GOtt beweist aus Seiner bisher an sie verwendeten Liebe auch Sein Recht, mit ihnen vorzüglich ins Gericht zu gehen.

1. Hört, was der HErr mit euch redet, ihr Kinder Israel; nämlich mit allen Geschlechtern, die Ich aus Ägyptenland geführt habe, und sprach: 2. Aus allen Geschlechtern auf Erden habe Ich allein euch erkannt; darum will Ich auch euch heimsuchen in aller eurer Missetat.

In beidem steht uns noch immer Israel zum Vorbild da, was GOtt für einen unerforschlichen Reichtum von Gnaden anwenden, aber auch was für unbegreifliche Gerichte Er an denen üben kann, die Seine Gnade vergeblich empfangen.

II. Er führt sie durch nachdenkliche Fragen darauf, dass nichts von ungefähr geschehe, dass die göttlichen Drohungen durch die Propheten nicht leer seien, oder nur halb und halb und blindlings zutreffen, sondern dass sie sich vor denselben zu entsetzen Ursache haben, und ihren Nachbarn darin zum Schauspiel dienen würden.

3. Mögen auch zwei mit einander wandeln, sie seien denn eins unter einander? 4. Brüllt auch ein Löwe im Walde, wenn er keinen Raub hat? Schreit auch ein junger Löwe aus seiner Höhle, er habe denn etwas gefangen? 5. Fällt auch ein Vogel in den Strick auf der Erde, da kein Vogler ist? Hebt man auch den Strick auf von der Erde, der noch nichts gefangen hat? 6. Bläst man auch die Posaune in einer Stadt, dass sich das Volk davor nicht entsetze? Ist auch ein Unglück in der Stadt, das der HErr nicht tue? 7. Denn der HErr HErr tut nichts; Er offenbare denn Sein Geheimnis den Propheten, Seinen Knechten. 8. Der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht fürchten? Der HErr HErr redet, wer sollte nicht weissagen? 9. Verkündigt in den Palästen zu Asdod, und in den Palästen im Lande Ägypten, und sprecht: Sammelt euch auf die Berge Samaria, und seht, welch ein großes Zetergeschrei und Unrecht darinnen ist. 10. Sie achten keines Rechten, spricht der HErr, sammeln Schätze von Frevel und Raube in ihren Palästen.

Diejenige, denen GOtt heut zu Tage Sein Zeugnis der Wahrheit in der Welt zu führen, anvertraut hat, können sich zwar nicht gleiches mit den Propheten voriger Zeit anmaßen, und sollen sich auch kein Natur-Feuer hierin übernehmen lassen; doch ist es hochbedenklich, dass der HErr JEsus vom Himmel herunter das teure Zeugnis Seiner Offenbarung, und also auch dasjenige Geheimnis, worunter der Zorn GOttes wird vollendet werden, an die Vorsteher der asiatischen Gemeinden adressiert hat, und damit doch ein Anzeigen gegeben, was der Lehrstand durch alle Zeiten hindurch für Anteil an den Gerichten GOttes habe, teils Selbige vorauszusehen, teils vorauszusagen, teils sonst mit Wachsamkeit und Gebet guten Einfluss darein zu haben.

III. Nun legt der HErr selber Seine ernstlichen aber doch noch mit einer geringen Errettung gemäßigten Gerichte ihnen als ein Zeugnis aufs Gewissen, und deutet auf die schwersten Verschuldungen, womit sie sich diese Strafen zugezogen haben.

11. Darum spricht der HErr HErr also: Man wird dies Land rings umher belagern, und dich von deiner Macht herunter reißen, und deine Häuser plündern. 12. So spricht der HErr: Gleichwie ein Hirt dem Löwen zwei Knie oder ein Ohrläpplein aus dem Maul reißt; also sollen die Kinder Israel heraus gerissen werden, die zu Samaria wohnen, und haben in der Ecke ein Bette, und zu Damaskus eine Sponde1).

So gering wird die Errettung sein, als ob vom Hirten nur ein Knie oder Ohrläpplein noch ergriffen, oder bei einem Brand und Einfall nur noch ein Eck vom Bett oder ein Stück von der Bettlade gerettet würde.

18. Hört und zeugt im Hause Jakobs, spricht der HErr HErr, der GOtt Zebaoth. 14. Denn zu der Zeit, wenn Ich die Sünde Israels heimsuchen werde, will ich die Altäre zu Bethel heimsuchen, und die Hörner des Altars abbrechen, dass sie zu Boden fallen sollen. 15. Und will beides - Winterhaus und Sommerhaus - schlagen; und sollen die elfenbeinerne Häuser untergehen, und viele Häuser verdorben werden, spricht der HErr.

Die Altäre zu Bethel sind die in der Schrift so oft geahndeten Sünden Jerobeams, von denen keiner seiner Nachfolger gelassen hat, immer in der Hoffnung, ihr Reich desto gewisser in Ruhe zu erhalten. Aber GOtt hat ihnen ihre fleischliche Weisheit zur Torheit gemacht.

1)
Spind, Bettlade