Passavant, Theophil - Abraham und Abraham's Kinder - 29. Gehorsam.

Als nun Hagar sah, daß sie schwanger war, achtete sie ihre Frau gering gegen sich. Da sprach Sarai zu Abram: Du thust Unrecht an mir: ich habe meine Magd dir beigelegt; nun sie aber siehet, daß sie schwanger ist, muß ich gering geachtet sein gegen ihr; der Herr sei Richter zwischen mir und dir. Abram aber sprach zu Sarai: Siehe, deine Magd ist unter deiner Gewalt; thue mit ihr, wie dir's gefällt. Da sie nun Sarai demüthigte (sie härter behandelte), floh Hagar von ihr. C. 16,4-6.

Nicht wahr, hier gehet's menschlich, d. i. nicht göttlich zu? Die Magd, nach damaliger Sitte, zu dem gebraucht, das sich nicht geziemet; das junge Blut, das sich herausnimmt, was nicht sein soll; die alte Hausfrau, tief gekränkt und bewegt; der Hausvater zwischen beiden, von Recht und Unrecht hart bedrängt, und mochte Recht und Frieden im Hause bewahren. - O, wenn Gott uns läßt unsere Wege gehen, uns selbst unsere Gegenwart ordnen, unsere Zukunft bauen, unser Haus schmücken, ohne Ihn, da gibt's kein gutes Ding. Was, auf irgend eine Weise, von Ihm sich trennet, und ferne von Ihm oder außer Ihm seine Weisheit sucht, ein Glück, ein Heil, ein Leben, hat es übel berechnet: Denn bei Dir, o mein Gott, ist die lebendige Quelle, und in Deinem Lichte sehen wir das Licht: Ps. 36,10.

Wir schauen von dem Menschen weg auf Gott; das thut Einem oft so wohl, immer wohl, so man es nur glauben will. -

Aber der Engel des Herrn - jener Erste, der Eine und Einzige unter den vielen Tausenden (Hiob 33, 23), - fand sie bei einem Wasserbrunnen in der Wüste, bei dem Brunnen am Wege nach Schur. Schur war eine alte Stadt an der Grenze Egyptens; Hagar floh auf dem einzigen ihr kaum bekannten Wege, ihrer Heimath zu. V. 7.

Der sprach zu ihr: Hagar, Sarai's Magd, wo kommst du her, und wo willst du hin? Sie sprach: Ich bin von meiner Frau Sarai geflohen. Und der Engel des Herrn sprach zu ihr: Kehre wieder um zu deiner Frau, und demüthige dich unter ihre Hand. V. 8.9.

Ein echtes Gottes-Wort, von alten Zeiten her, und für alle Zeiten: kein weiches, wohlfeiles Mitleid, kein eiteler, willkührlicher Trost, kein Gutheißen und Verkleistern deß, was auf dieser, auf jener Seite, ungeschickt oder unbillig war. Ordnung ist ein Grundgesetz in Gottes Reichen: Unterwürfigkeit, Gehorsam und Stille unter einem höheren Willen; und wenn die Obrigkeit noch so drückend, der Meister noch so unfreundlich, die Eltern oder der Mann noch so unbillig wären, da heißt es noch: Gehorsam. Beugung der eigenen Gedanken, des eigenen Willens, der stolzen Kräfte, des empörten Gemüths, - das ist gut dem Menschenkinde, das nimmt ihm Nichts von seinem Werthe, von seinen schönsten Gütern, seinem besten Glücke, nichts; das macht es zu einem Gotteskinde, in der Geduld geprüft, in der Armuth reich, in der Schwachheit mächtig, in der Demuth groß, in Trübsal voll Friedens: denn das ist Gnade, so Jemand um des Gewissens willen zu Gott Kränkungen verträgt, und Unrecht leidet… – 1. Pet. 2,19.20. 3,14. f. - Gehorsam, auch mit Furcht und Zittern, nach jenem goldenen Worte: Seid einander unterthan in der Furcht Gottes: Eph. 5,21. - dies aber auch in aller Einfältigkeit des Herzens, als Christo; nicht mit Augendienerei, als die Menschen gefälligen, sondern als die Knechte Christi, die den Willen Gottes thun von Herzen, und mit Gutwilligkeit dienen, als dem Herrn, und nicht den Menschen… Eph. 6,5. f. - Gehorsam, diese heilige, selige Frucht des Glaubens, das wäre ein Sieg, eine Macht, ein Segen in der Welt, wenn Alles nach Gottes Ordnung also ginge, jedes Herz, jede Kraft, jedes Leben in seinem Theile und nach seiner Stellung, überall und jeder Zeit unterthan, als Gott unterthan. Und wenn Gott von der armen Hagar, der rohen, unwissenden Magd, Solches begehrte, was wird Er zu Seinen Christen sagen, oder zu Denen, welche sich zu Dem bekennen, welcher, wiewohl Er der Sohn war, an dem, das er litt, Gehorsam gelernet (Hebr. 5,8.), und bis zum Tode gehorsam war: Phil. 2. ? - Gehorsam - ich fürchte, dieses einzige Wort wird unsere heutige Welt richten.