Allein durch den Glauben oder das Vertrauen. Joh. 1,12: „So Viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden.“ Es ist auch gewiß, daß diese zwei Reden: „Allein durch den Glauben werden wir gerecht,“ und: „Allein durch den Glauben oder das Vertrauen nehmen wir Christum an, der unsere Gerechtigkeit ist,“ gleichbedeutend sind; denn in beiden ergreift der Glaube die Verheißung von der Verzeihung der Sünde um Christi willen, wodurch wir allein vor Gott gerecht werden. In Summa: Christus wird uns nicht anders vom Vater angeboten, als durch die thörichte Predigt oder die Verheißung der Evangelii; deshalb kann er auch nicht anders angenommen werden, als wenn man im Herzen der Verheißung der Evangelii glaubt.
Der Glaube ist eine solche Gabe des heiligen Geistes, durch welche der Mensch, nachdem er Gottes Willen aus seinem Wort erkannt hat, von Herzen darein willigt und gibt Gott die Ehre, daß er weislich alle seine Worte geredet habe und daß deswegen es gut sei, wie er es geredet hat; er hält ihn auch für einen wahrhaftigen, allmächtigen Gott, der da treulich will und gewaltig kann halten Alles was er zusagt; gibt Gott also die Ehre, und siehet nicht an, was in unserer eigenen Weisheit und in allen andern Creaturen dawider zu seyn scheint.
In dem ganzen Wort Gottes sieht das gläubige Herz vornämlich auf die Verheißung des Evangelii, daß Gott, der sich uns zum Vater gegeben hat, so vollkommen mit uns in Christo versöhnet ist, daß er uns unmöglich etwas zuschicken kann, was nicht zu unserm Besten dienet; und daß er uns aus Gnaden gerecht gesprochen habe von allen unsern Sünden und wolle uns mit seinem heiligen Geist von Tag zu Tag heiligen zum ewigen Leben, auch unterdeß uns eben mit derselben Kraft erhalten, womit er seinen Sohn von den Todten hat auferwecket und durch welche er ihm alle Dinge unterthänig gemacht hat, auf daß die Hoffnung des ewigen Lebens, die in der Wahrheit und Allmacht Gottes gegründet, durchaus gewiß und unbeweglich sey, welche nimmer zu Schanden macht.
Diese Beschreibung des Glaubens begreift des Menschen ganzes Leben, wie all' sein Thun und Lassen aus lauterem Glauben herkommen und im Glauben bestehen muß, wenn es anders Gott gefallen soll. Denn was in dem Briefe an die Hebräer gesagt wird: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen,“ geht nicht allein die Gerechtmachung an, sondern Alles, was wir unternehmen wollen.
Demnach aber zeigt die Beschreibung die Versöhnung und besondere Gnade der Rechtfertigung von Sünden an, die in Christo umsonst angeboten und geschenkt wird, was, weil es uns das versöhnte väterliche Herz Gottes anzeigt, billig der Grund ist in Gott, worauf Alles, was wir zu glauben oder in Glauben von Gott zu erwarten haben, muß gegründet seyn.
Endlich wird auch die Heiligung zum ewigen Leben, die der Glaube auch in Christo bekommt, hinzugefügt, sammt der Beständigkeit bis an's Ende, die Gott auch durch Christum geben will.
Die Stellen der Schrift aber, wonach diese Beschreibung abgefaßt ist, sind vornämlich das 4. Kap. an die Römer, vom 16. Vers an, und das 1. Kap. an die Epheser, vom 17. Vers an bis an das Ende beider Kapitel.
Glauben heißt: Erkennen, daß dies Gottes beständiger, unwandelbarer Wille sey, und in demselben Willen Gottes mit seinem Herzen beruhen, nämlich, daß er uns aus Gnade, umsonst, Vergebung aller unsrer Sünden und die Seligkeit schenket, die er zuvor durch die Propheten verheißen und nunmehr durch Christum an's Licht gebracht hat, wie die Artikel unsers christlichen Glaubens bezeugen: Erkennen, sage ich, daß die Dinge, welche darin begriffen sind, von Gott uns von freier Hand geschenket sind, wie davon zeugen alle Propheten und der Sohn Gottes selbst: und in solchem beständigen Willen Gottes mit herzlichem Vertrauen beruhen: auch in den Artikeln des Glaubens diese Ehre und Glorie Gott geben, daß er seine Wahrheit mit der That in Christo erfüllet und sei ne allmächtige Kraft erzeiget habe, die verheißene Seligkeit uns in Christo hervorzubringen, daß er auch dieselbe Wahrheit und Kraft erzeigen will, uns vollkommen derselben theilhaftig zu machen, und nicht ansehen, was in uns selbst oder außer uns in einer Creatur wider diese verheißene und nunmehr in Christo geleistete Gnade, welche auch vollkommen in uns offenbart werden soll, der Wahrheit und Kraft Gottes sich ansehen läßt zuwider oder verhinderlich zu seyn, sondern das Alles dagegen für nichts halten, sey es auch die Sünde oder der Tod. Wie Paulus von Abraham sagt, daß er im Glauben nicht schwach ward und nicht seinen eigenen Leib ansah, welcher schon erstorben, weil er fast hundertjährig war, auch nicht den erstorbenen Leib der Sara, forschte oder disputirte auch nicht wider die Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern ward stark im Glauben und gab Gott die Ehre, und wußte auf's allergewisseste, was Gott verheißen hat, kann er auch thun. Darum ist's ihm auch zur Gerechtigkeit gerechnet. Das ist aber, spricht ferner der Apostel, nicht allein um seinetwillen geschrieben, daß es ihm zugerechnet ist, sondern auch um unsertwillen, welchen es zugerechnet werden soll, die wir glauben an Den, der unsern Herrn Jesum auferwecket hat von den Todten, welcher ist um unsrer Sünde willen dahingegeben und um unsrer Gerechtigkeit willen auferweckt.
Andere Zeugnisse der Schrift, woraus diese Beschreibung genommen ist, mag man nachlesen.
Quelle: Sudhoff, Karl - C. Olevianus und Z. Ursinus Leben und ausgewählte Schriften