1. Petri 4,10.
Dient einander, ein Jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes!
Röm. 12,6.
Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist.
Ephes. 3,7.
Nach der Gabe, aus der Gnade Gottes, die mir nach seiner mächtigen Kraft gegeben ist.
Ephes. 4,7.
Einem Jeglichen aber unter uns ist gegeben die Gnade nach dem Maß der Gabe Christi.
Bei allem, was Gott tut, zeigt Er den Reichtum Seiner wunderbaren Weisheit und Macht in der unendlichen Verschiedenheit Seiner Werke. Nirgends findet sich Eintönigkeit. Überall entdeckt man Seine unendliche Lebensfülle in den mannigfaltigen Formen, in denen sich das Leben offenbart. Das gilt nicht allein von der Natur, sondern auch und zwar ganz hervorragend von der Gnade.
Unsere Erkenntnis der Gnade ist und bleibt gar schwach, wenn wir nicht darauf achten und das beherzigen, dass sie den Namen „Mancherlei Gnade“ trägt.
Das Wort „Mancherlei Gnade“ wird uns davor bewahren, andere zu verurteilen, ein Fehler, in welchen ein junger Christ so leicht fällt. In der Freude und in dem Feuer der ersten Liebe kann er nicht verstehen, dass nicht alle so sind, wie er. Selbst ein geförderter Christ achtet nicht genug auf den Unterschied der natürlichen Charakteranlage, des Weges Gottes mit der Seele, der Leitung und Gabe des Geistes, durch welche doch das Glaubensleben so verschiedene Ausprägung erhält. Abraham und Isaak, Jakob und Joseph, David und Salomo, Petrus und Johannes, Paulus und Jakobus, welche der Herr in Seinem Reich so dicht nebeneinander gestellt, wie stark unterschieden sie sich doch von einander! Sie waren lebendige Beispiele der mancherlei Gnade, und bewahren uns vor der Gefahr zu meinen, dass Gnade sich bei andern auf dieselbe Art und Weise offenbaren müsse, wie bei uns. So verhält es sich nämlich nicht. Vielmehr hat der reiche Vater Seine Gaben an Seine Kinder nach dem Maße ausgeteilt, wie es für ein jedes Not tat.
Das Wort „Mancherlei Gnade“ kann uns auch vor Missmut bewahren. Es besteht nämlich noch eine andere Gefahr, welche der zuerst erwähnten gerade entgegengesetzt ist, die Gefahr, die ich anstatt Andere mit mir zu vergleichen, mich mit Andern vergleichen will. Der junge Christ nimmt Andere zum Maßstab seiner Selbstbeurteilung. Und wenn er nicht ebenso fühlt, wie sie, verliert er seinen Mut. Das Eine aber ist ebenso verkehrt, wie das Andere. Einem jeden ist „Gnade gegeben nach dem Maße der Gabe Christi.“ Der Segen, welcher darin liegt, dass man dies recht versteht, ist groß. Mag sich dann die Frage erheben: „Wo finde ich Gewissheit, was meine Gabe ist? Wer gibt mir die Gewissheit, dass die Mängel, welche ich an mir entdecke, wenn ich mich mit andern vergleiche, nicht Folgen meiner Untreue sind, sondern sich aus der Absicht der Gnade erklären?“ mag sich diese Frage erheben, ich tappe nicht mehr im Dunkeln. Ich werde auf den Herrn selbst hingewiesen. Ich fühle es: Wenn ich mich kindlich voll und ganz Seiner Leitung anvertraue, wird er mir die kindliche Gewissheit über das geben, was ich nach Seinem Willen tun soll. Dann lerne ich arbeiten nach dem Maß der Gnade Gottes, welche mir gegeben ist, nach dem Maß der Wirkung Seiner Kraft. Die Gnade lehrt mich. Der Geist der Gnade erleuchtet mich, so dass ich nun ganz genau weiß, was meine Gabe und was meine Aufgabe ist.
Das Wort „Mancherlei Gnade“ lehrt den Christen weiterhin, dass er von Ändern abhängig ist. Ein Christ soll Andere nicht nach sich selbst, sich selbst auch nicht nach Andern beurteilen und doch eine Abhängigkeit von Andern fühlen. Soll ein Glied des Leibes wachsen, so müssen alle Glieder dazu helfen. Eph. 4,13 und 15-16; 1. Kor. 4,27; 2. Kor. 8,13-15. Die Fülle der Gnade verteilt sich ja als mancherlei Gnade auf alle Glieder. Und während ein jeder Christ nach dem Maß seiner Empfänglichkeit Überfluss an Gnade haben kann, kommt der Reichtum ihrer Herrlichkeit doch erst dann recht zum Vorschein, wenn durch die Gemeinschaft der Liebe unter Gottes Kindern der eine ergänzt, was dem andern fehlt. Auch wird Gott erst dann recht verherrlicht, wenn der Christ nicht allein für das dankt, was an ihm selbst geschieht, - das kann ja bis zu einem gewissen Grad mit Selbstsucht verbunden sein, sondern auch Gott für Seine Gnade an Anderen preist. Dann strömt die mannigfaltige Gnade Gottes durch die Danksagung Vieler zum Preise der Herrlichkeit Gottes über. 2. Kor. 4,15; 9,12-13. Dann haben wir nicht nur an der Gnade Freude, welche wir selbst empfangen, sondern auch an der Gnade, welche wir an Andern sehen, ja selbst an der, von der wir nur hören. Röm. 1,8; Eph. 1,15, 1. Kor. 1,3-4; Apostelgesch. 11,23.
Das Wort „Mancherlei Gnade“ lehrt jeden Christen, dass er seine Gaben nur zum Nutzen Anderer besitzt. Ein jeder hat seine Pflichten, nachdem er mit Gaben ausgerüstet ist. Die ganze Einrichtung und Verbindung des Leibes Christi ist der Art, dass die Gnade unter die Glieder dieses Leibes so verteilt ist, dass ein jedes etwas hat, was dem Andern fehlt, so dass kein einziges Glied entbehrt werden kann. Wollte darum ein Christ seine Gaben nicht anwenden, so würde er Andere dessen berauben, worauf sie ein Recht haben. Das sollte niemand vergessen: die Gnade, welche euch zu teil geworden ist, muss euren Brüdern dienen. Ein jeder, welcher Gnade empfangen hat, muss auch ein Spender der mancherlei Gnade Gottes werden. Und kommt uns der Gedanke an unsere Schwachheit und Untüchtigkeit, so richtet uns das Wort der Gnade wieder auf: nach der Gabe der Gnade Gottes, welche uns gegeben ist nach der Wirkung Seiner Kraft. Die Gnade wirkt. Sie ist nicht vergebens thätig. Gnade ist Kraft und gibt Kraft. Gott verlangt keine Arbeit von uns, ohne dass uns die Gnade die Kraft zu derselben gibt. Jede Arbeit, welche uns von Gott auferlegt wird, ist auch ein Zeichen, dass uns die Gnade und die Kraft dazu gegeben sind: die Zwei sind stets mit einander verbunden. „Nach der Gabe der Gnade Gottes, nach der Wirkung Seiner Kraft.“ Wer sich einfältig der Gnade und dem Herrn Jesus, in welchem die Gnade ist, anvertraut, wird es erfahren, dass ein Spender der Gnade zu sein keine Aufgabe ist, welche erschöpft und innerlich leer macht, sondern vielmehr eine Aufgabe, welche stärkt und innerlich reich macht. Gnade spenden und Gnade empfangen muss verbunden sein. Der beste Weg, viel zu empfangen, ist der, dass man viel spendet. Ein jeder spende, nach dem Maß er die Gnade empfangen hat, dieselbe Andern als ein guter Verteiler der mancherlei Gnade Gottes. Dient jemand, so diene er mit der Kraft, welche Gott verleiht, auf dass Gott in allen Dingen gepriesen werde.
Lieber Christ! Fange an, Gnade zu spenden! Warte nicht, bis dass du deine besondere Gabe entdeckst! Das kommt erst später. Ergib dich einfach mit all der Gnade, die du hast, dem Dienst der Brüder! Sei als Knecht deines Herrn bereit, zu tun, was dir vor die Hand kommt. Unter der Arbeit nimmt die Gnade zu. Erst in der Übung des Gehorsams entwickelt sich deine Gabe.
Gnade spenden ist der sichere Weg, um mehr Gnade zu erhalten, um in der Gnade zuzunehmen.
„Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“