Epheser 2,4-8.
**Gott, der da reich ist an Barmherzigkeit, durch Seine große Liebe, damit Er uns geliebt hat, da wir tot waren in den Sünden, hat Er uns samt Christo lebendig gemacht, (denn aus Gnade seid ihr selig geworden), und hat uns samt Ihm auferweckt und samt Ihm in das himmlische Wesen versetzt in Christo Jesu, auf dass Er erzeigte in den zukünftigen Zeiten den überschwänglichen Reichtum Seiner Gnade durch Seine Güte über uns in Christo Jesu. Denn aus Gnaden seid ihr selig geworden durch den Glauben - und dasselbe nicht aus euch; Gottes Gabe ist es.
In dem ersten Kapitel dieses Briefes haben wir gesehen, was die Herrlichkeit der Gnade Gottes ist. Sie ist nichts Geringeres, als Gottes eigene ewige Herrlichkeit. Gottes Gnade ist die Krone aller Offenbarungen seiner Herrlichkeit. Dass die Liebe und die Gerechtigkeit Gottes sich dem Gottlosen gegenüber in der Gnade vereinigen konnten, ist und bleibt das größte Wunder der Ewigkeit, in welcher man Gott in einem Licht anbeten wird, welches für Sterbliche unzugänglich und unaussprechlich herrlich ist. Und je mehr man diese Seine Gnade erkennt und anbeten lernt, desto mehr sieht man auch ein, dass dieselbe ebenso wenig von dem Menschen abhängig sein kann, als Seine Herrlichkeit. Nach dem Wohlgefallen Seines Willens hat Er uns zum Lobe Seiner herrlichen Gnade auserwählt.
Diese ewige Herrlichkeit der Gnade wird uns nun kund in dem Reichtum der Gnade, mit welchem Er uns in dem Geliebten begnadigt hat. Aus diesem Grund spricht auch der Apostel von derselben als von einem Reichtum der Herrlichkeit (1,18), von einem außerordentlichen Reichtum, von einem unerforschlichen Reichtum Christi (3,8). Die Herrlichkeit, welche erst geoffenbart werden soll (Kol. 3,4; Titus 2,13) wird da aus dem Reichtum an Gnadenschätzen erkannt, welche in Christo für uns bereit liegen.
Über diesen Reichtum an Gnadenschätzen aber handelt der Apostel im zweiten Kapitel seines Briefes.
In dem ersten Kapitel ließ Er uns bis in den Himmel emporsteigen, um die Herrlichkeit der Gnade da anzubeten, wo wir sie aus Gott in Christo auf Erden herniedersteigen sahen; hier ruft Er uns herbei, uns an ihrem Reichtum da zu erfreuen, wo wir sie den Sünder aus der Tiefe des Todes retten und in Christo bis in den Himmel erheben sehen, damit er in alle Ewigkeit das sichtbare Denkmal dieses außerordentlichen Reichtums der Gnade Gottes sei. Der Reichtum, welcher einem Armen geschenkt wird, ist am besten zu erkennen an der Tiefe von Schuld und Elend, aus welcher Er ihn erlöst, und an dem Genuss und der Ehre, zu welcher Er ihn erhebt. Dementsprechend lässt uns der Apostel einen Blick in die Tiefe werfen, aus welcher die Gnade errettet, und einen Blick auf die Höhe, zu der sie uns erhebt.
Blicken wir zunächst in die Tiefe, aus der sie uns errettet! Beachten wir die Ausdrücke, welche unseren Textworten vorangehen: „Tod durch Übertretungen und Sünden (V. 1). „Kinder des Unglaubens“ (V. 2). „Kinder des Zorns“ (V. 3). Und weiter (V. 12), „Daher ihr keine Hoffnung hattet und wart ohne Gott in der Welt.“ Diese Ausdrücke bezeichnen den Zustand, in welchem die Gnade den Sünder fand, aus dem sie ihn rettete. Christus nahm die Sünde hinweg, errang für Ungehorsame Versöhnung und trug den Zorn des Herrn. So hat er den Tod besiegt und zunichte gemacht. Ach, es ist gar gut, diese Worte zu Herzen zu nehmen und darüber so lange nachzudenken, bis unsere Seele etwas von dem bodenlosen Abgrund der Sünde und Schuld verstehen lernt, welchen der Sohn Gottes mit dem Lösegeld seines teuren Blutes ausgefüllt. Wenn es uns gelingt, etwas davon zu verstehen, werden wir auch sehen, was der Reichtum der Gnade ist.
Wenden wir uns nun zu der Höhe, zu welcher sie erhebt! Der Apostel sagt: „Durch seine große Liebe, damit er uns geliebt hat, da wir tot waren, hat er uns lebendig gemacht, (denn aus Gnaden seid ihr selig geworden) und hat uns samt Ihm auferweckt und samt ihm in das himmlische Wesen versetzt.“ Kann das sein? Kann das buchstäblich wahr sein? Hat Gott die Kinder des Zorns wirklich mit Christo auferweckt? Hat Er ihnen tatsächlich Anteil an dem Leben des Sohnes Seiner Herrlichkeit verliehen? Ja, das hat Er getan. Gott hatte nichts Herrlicheres, nehmt größeren Schatz an uns zu geben als sein eigenes Leben. Und das gab Er. Das gab Er in der Person Seines geliebten Sohnes. Der erniedrigte sich und nahm unser dem Tode verfallenes Leben an, um auf diese Weise ein Leib mit uns zu werden. Und als Er auferweckt wurde, wurde Er als unser Haupt auferweckt. Glauben wir darum an Ihn, so ist Sein Leben unser Leben. Unser Leben ist ja mit Christus verborgen in Gott. Ja, Er hat uns samt Ihm auferweckt und samt Ihm in das himmlische Wesen versetzt. Der Gläubige, dessen Augen sich für den Reichtum der Gnade geöffnet haben, so dass er weiß, wie groß und reichlich ihre Gaben sind, lebt nun hienieden bereits mit seinem Herzen im Himmel. Er sagt: „So lebe nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ Die Verheißung: „An dem Tag werdet ihr erkennen, dass Ich in Meinem Vater bin, und ihr in Mir, und Ich in euch“, trifft bei Ihm zu. In tiefster Demut kennt Er sich selbst als einen Menschen, welchen Gott in Christo in das himmlische Wesen versetzt hat.
Dieses Leben ist es, von dem der Apostel zweimal sagt: Aus Gnaden seid ihr selig geworden. Selig werden ist also dasselbe, wie lebendig werden. Das Leben aber mit seinem ganzen zur Erhaltung des Lebens nötigen Gnadenreichtum, findet sich in dem lebendigen Christus. Der Gläubige braucht sich nur an diesen reichen, teuren, freundlichen Heiland zu halten. In der Gemeinschaft mit ihm strömt ihm die Lebensgnade zu. „Gott hat uns durch Christum mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern gesegnet.“ Gnade ist nichts anderes, als die Fülle des Lebens Christi, welche von selbst das Leben dessen wird, welcher an Ihn glaubt!
O, lieber Christ! Ist das nicht eine reiche Gnade? Und höre nun noch etwas! Lies unsere Textworte noch einmal durch und achte doch darauf, wozu Gott dies Alles getan hat: „Auf dass Er erzeigte in den zukünftigen Zeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade.“ Liebes Gotteskind! Verstehst du das? Ach, lies es noch einmal: „Er hat uns in Christo in das himmlische Wesen versetzt, auf dass Er erzeigte in den zukünftigen Zeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade.“ Oder, wie es im zehnten Vers des dritten Kapitels heißt: „Auf das jetzt kund würde den Fürstentümern und Herrschaften in dem Himmel an der Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes.“ Ja, Gott hat uns auserwählt, um an uns den Fürstentümern und Herrschaften in dem Himmel zu zeigen, wie reich seine Gnade ist und wie reich an Gnade er uns machen kann. Wahrlich, jeder Christ müsste, wenn er nach Gottes Willen sein Leben einrichtete, einzig und allein dazu leben, um zu zeigen, wie überschwänglich reich Gottes Gnade in uns sein kann.
Liebe Mitchristen! Wir haben nicht so gelebt. Gott vergebe es uns! Aber von nun an lasst uns so leben! Lasst uns einer für den andern mit dem Gebet des Apostels Paulus eintreten: „Ich höre nicht auf zu danken für euch, und gedenke eurer in meinem Gebet, dass der Gott unsers Herrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung zu Seiner selbst Erkenntnis, dass ihr erkennen mögt, welches da sei der Reichtum seines herrlichen Erbes an Seinen Heiligen.
Ja, Vater der Herrlichkeit, öffne Du uns die Augen, dass wir erkennen mögen, wie groß der außerordentliche, unerschöpfliche Reichtum Deiner Gnade ist, und wie wir aus diesem Reichtum so viel empfangen dürfen, dass Du an uns der ganzen Welt zeigen kannst, wie reich Du Deine Kinder machst! Amen.
„Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“