Liebe Freunde! Im Augenblick meines Aufbruchs möchte ich Euch um Vergebung bitten, dass ich dem Vertrauen so schlecht entsprochen habe, das ihr in mich gesetzt habt. Meine Frau wird Euch später sagen, welche Umstände mich zu einem Verzicht auf den Plan eines Zusammentreffens im September 1943 bestimmten und warum ich Euch diese langen Monate des Schweigens und der Trennung auferlegen musste. Aber unsere Gemeinschaft ist darunter nicht zerbrochen, da wir sie ja am Abendmahlstisch besiegelt hatten. Im Augenblick, wo uns immer dichtere Mauern des Schweigens voneinander trennen, wissen wir wohl, dass uns nichts von der Liebe Christi trennen wird, dass uns diese Liebe alle Tage bis ans Ende der Welt umschließt und uns gegenseitig in der einen sichtbaren und unsichtbaren Kirche verbindet. Ich bitte Gott, er möge jedem unter Euch den Frieden seiner Vergebung und die Kraft des Glaubens verleihen, in einer Stunde, wo unsere Herzen schwer sind von unserer und der ganzen Welt Sünde, in einer Stunde, wo wir müde geworden sind über unserem und unserer Mitmenschen Leiden und oft vor Furcht zittern von unserem Tod und vor dem Tod lieber Mitmenschen. Ich bitte Gott auch jetzt, er möge mir meine Fehler und diesen Entschluss vergeben, den ich heute ganz frei fasse (denn ich weiß es, dass der bewusste Rückgriff auf die Gewalt vergeben werden muss). Ich breche ohne Hass auf, in der Überzeugung, dass wir Christen nicht das Recht haben, nur die Heiden im Namen eines einfachen politischen Ideals ihr Leben zum Opfer bringen zu lassen in einem Kampf, in dem mit dem Schicksal des Staates auch das Schicksal der Kirche und die geistliche Zukunft unserer Kinder auf dem Spiel stehen. Ich glaube, dass wir in diesem Punkt fast alle einig sind.
Bleibt einig und bleibt in der Kirche! Möchten Eure geistigen und theologischen Unterschiede Euch niemals von der wesentlichen Aufgabe für morgen beurlauben, die in der Wiederaufrichtung der Seelen, und das heißt: in der Verkündigung des Evangeliums bestehen wird. Liebt endlich - ich bitte Euch - das Leben auf der Erde und die menschlichen Arbeiten in Gott und für Gott! Ich danke Gott für alles, was er mir durch Euch, meine Freunde, meine Familie und die Kirche gegeben hat. Danken wir miteinander dafür, dass er unser Leben und unseren Tod umgestaltet hat durch seine Vergebung, die er uns darreicht im Namen seines Sohnes, des Retters der Welt.