Ich fühle mich unaussprechlich gedemütigt, wenn ich zurückdenke an meine Gebete; wenn ich daran denke, was sie gewesen sind und was sie hätten sein sollen und können. Was ist für die meisten betenden und gläubigen Christen das Gebet? Am Abend ein paar der Sammlung gewidmete Augenblicke, mehr oder weniger kurz, manchmal sehr kurz, ein Aufschwung des Herzens zu Gott bei besonderen Gelegenheiten, die ein besonderes Bedürfnis erwecken, ihm zu nahen. Auf dieses dürftige Maß beschränkt sich bei den meisten das Beten. Deshalb bleibt auch der Segen aus, den Gottes Wort dem Gebet verheißen hat, die Früchte der Heiligung, des Trostes, der Freude. Wenn ich dem Leben wiedergegeben würde, so wollte ich dem Gebete viel mehr Zeit widmen als bisher, und mich viel mehr auf das Gebet verlassen als auf meine Arbeit, die freilich nicht verlassen werden darf, die aber nur dann gelingt, wenn sie sich auf das Gebet stützt und von Gott belebt wird.
Der Wunsch, Geld zu besitzen, ist nicht so unschuldig, als viele glauben, denn von der rechtmäßigen bis zur maßlosen Anhänglichkeit an das Geld ist nur ein schmaler und schlüpfriger Weg. Indem man die unwiderstehliche Gewalt wahrnimmt, mit der das Geld alles an sich reißt, läßt man sich von der Versuchung, nach dem irdischen Gut als dem ersten aller Güter zu trachten, mit fortreißen, und was das Herz in Weltliebe in sich trägt, vereinigt und versteckt sich in der Geldliebe. Anfangs liebt man es wegen der Vorteile, die es mit sich bringt, und unmerklich lernt man es um seiner selbst willen lieben, oder wenn ihr wollt, um der unvorhergesehenen Gelegenheiten willen, zu denen man es in der Zukunft, die man vielleicht nie erlebt, anwenden will. Man weiß ein gewisses Übermaß zu vermeiden und gilt nun in der Welt nicht für geizig. obgleich man doch von der Gier nach Reichtümern beherrscht ist, weil das Herz ganz darin lebt. Diese Gier pflanzt sich von dem einen auf den andern fort, die Menschen nähren sich gegenseitig, und mancher ohne Wort gewechselte Blick scheint zu sagen: „Schmecket und sehet, wie gut das Geld ist.“
Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1912
Wieviel Zeit und Gelegenheit, Gutes zu tun, wird von uns durch Trägheit und Unglauben, Nachlässigkeit, Selbstsucht, Eigenwillen und Unentschlossenheit und aus tausend anderen Ursachen verloren! Wieviel könnten wir wirken, wenn wir die Regel befolgten: „Alles, was dir vorkommt zu tun, das tue frisch!“; wenn wir unsere Augen allezeit auf Gott gerichtet hätten mit der Frage: „Hier bin ich, was willst du, das ich tun soll?“ Wir müssen mit Eifer jede Gelegenheit, Gutes zu tun, benutzen! Gott bietet sie uns reichlich. Dann wird vor unseren Augen sich ein Leben voll guter ausbreiten, die nur unserer Ausführung harren, die sich aneinanderreihen und eins nach dem anderen erzeugen.